SLOWENIEN Sehr kleines Land (ca. 2 Mill. Ew., ca. 20.270km2) Bis 1918 Teil der Habsburgermonarchie, 1848 slowenische Nationalbewegung Erster südslawischer Staat der Slowenen, Kroaten und Serben ungefähr auf dem Gebiet des heutigen Slowenien, aber nur ein Monat, dann angeschlossen an Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, 1929 umbenannt in Königreich Jugoslawien (zentralistisches System nach dem Vorbild Frankreichs) Ungelöste Nationalitätenproblematik seit Habsburgermonarchie Teilung im WW II in drei Zonen (deutsch, italienisch und ungarisch), Umsiedlungen vor allem in der deutschen Zone, Ansiedlung der Gottscheer Deutschen Nationaler Befreiungskampf unter Leitung der KP, ein Teil der Slowenen (unter Mitwirkung der Katholischen Kirche) bildete militärische Einheiten, die mit den Nationalsozialisten kollaborierten 1945 Ausrufung der Föderativen Republik Jugoslawien (FLRJ), SLO war einer der Teilstaaten, slowenisches Küstengebiet, das bis dahin zu Italien gehörte, in slowenisches Staatsgebiet integriert bis 1947 Verstaatlichung des gesamten privaten Sektors, Industrialisierung der vormals stark agrarischen Gesellschaft, zentralistisches Modell nach sowjetischem Vorbild 1948 Bruch mit der UdSSR, allmählich mildere Variante des Sozialismus, Dezentralisierung, Entstaatlichung, Selbstverwaltung seit 1963 Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (SFRJ), Verfassungsänderungen um Nationalitätenfrage zu lösen: in der Bundesverfassung von 1974 wurden die Teilrepubliken innenpolitisch und verfassungsrechtlich als Staaten definiert und den Völkern Souveränität zuerkannt Die Sozialistische Republik Slowenien war der am stärksten westlich orientierte Teil YU, ökonomisch am besten entwickelt, Annäherung an Marktwirtschaft Tod Titos 1980: Zuspitzung interner ökonomischer und politischer Konflikte, Krise v.a. auch wegen der großserbischen Hegemoniebestrebungen Systemwechsel und Unabhängigkeit Friedlicher Systemwechsel ermöglichte Unabhängigkeit SLO, gemeinsam getragen von Demos-Bewegung (seit 1989, Zusammenschluss von Oppositionsparteien) und den Reformkommunisten (Milan Kucan), Verfassungsänderungen bzw. -ergänzungen u.a. in Richtung demokratische Mehrparteienwahlen und gewerkschaftlichem Pluralismus, Streichung der Bezeichnung „Sozialistische“ Republik“ Erste freie Wahlen 1990 (in jeder der damals drei Kammern unterschiedliche Wahlsysteme: Gesellschaftspolitischer Rat/ Rat der vereinigten Arbeit/ Rat der Gemeinden): Bildung einer nichtkommunistischen Regierung Referendum auf Vorschlag der Sozialistischen Partei, die später von allen Parlamentsparteien unterstützt wurde: überwältigende Mehrheit (88,5%) für Unabhängigkeit (Beteiligung 93,2%), Proklamation durch Parlament im Juni 1991 (25.6.), erstmals eigener Nationalstaat, 10 Tage später Angriff der jugoslawischen Volksarmee, die Auseinanderfall YU verhindern wollte, Waffenstillstand nach 10 Tagen Krieg; EG vermittelte, Unabhängigkeit wurde um 3 Monate verzögert Ende 1991 Verabschiedung der neuen Verfassung (mit 2/3 Mehrheit, in allen drei Kammern insgesamt nur 4 Gegenstimmen), Anerkennung durch EG 1 Monat später; 1992 Aufnahme in die UNO schon vor Unabhängigkeit EG orientiert, auch als Ausdruck des Bruches mit Belgrad und dem Balkan innenpolitisch und ökonomisch im Vgl. zu anderen Transformationsstaaten weit fortgeschritten, Transformation gilt als „success story“, es war leichter Institutionen und Strukturen des Übergangs rechtzeitig zu schaffen, da das Bundestaatssystem seit 1974 den Teilrepubliken bereits im innerrechtlichen Sinn alle Attribute eines Staates gewährten, lange Tradition lokaler/ regionaler Selbstverwaltung wollte so rasch wie mgl. Assoziierungsabkommen mit EG, aber von Italien – das Unabhängigkeit SLO noch sehr wohlwollend gegen über stand - blockierte Entstaatlichung und Privatisierung Privatisierungsgesetz 1993, StaatsbürgerInnen erhielten Zertifikate, die sie als Aktien in Unternehmen ihrer Wahl anlegen konnten Entstaatlichung: Durch Wiedergutmachung einstigen Unrechts kein neues Unrecht entstehen lassen; Problem Rückerstattung/ Entschädigung, alles was nicht in natura zurück erstattet werden kann sollte aus einem staatlichen Entschädigungsfonds entschädigt werden (physische Personen können Eigentum behalten, wenn sie es gekauft haben, juristische Personen müssen es in jedem Fall zurückgeben); Probleme. Oftmaliger Besitzerwechsel, Wertsteigerung, Wertminderung; Wenn Eigentümer unsicher: ungünstige Situation für ausländische Investitionen; 1995 Moratorium für Rückgabe von Großbesitz (betr. insbesondere auch Kirche); Privatisierung von Banken, Versicherungen und des Telekommunikationssektors erst 2001 begonnen Vfg. Verbot: Kauf von Grundstücken durch AusländerInnen, später mgl. nach 3 Jahren Ansässigkeit (vgl. H) Probleme mit Nachbarländern Avnoj-Bestimmungen, Vertreibung von Deutschen nach WW II aus YU, Bevölkerung an der Grenze zwischen I und YU hatte aber das Recht zu optieren und die Staatsbürgerschaft zu wählen, viele ItalienerInnen optierten für Italien und zogen weg, deren unbewegliches Eigentum wurde verstaatlicht); Rückstellung nur für Leute mit ex YU Staatsbürgerschaft; Italien verlangte völlige Rückgabe, Mitte der 1990er Jahre trilaterale Erklärung über gute Beziehungen H/I/SLO (vgl. CZ/ Bénes-Dekrete), gemeinsame Historikerkommission SLO/A „Kärnten wird einsprachig“-Kampagne, Ortstafelproblematik, Haider (vgl. auch Streiz Symbol auf Tolar/ Herzogstuhl) – slowenischsprachige Minderheit in Kärnten seit dem 6. Jahrhundert; Ö anerkennt SLO nicht als Schutzmacht für slowenische Minderheit in Ö, aber dennoch Diskussion über Ö als potentielle Schutzmacht der dt. Minderheit in SLO (dort leben ca. 1.000 deutschsprachige BürgerInnen) Problem mit Kroatien weil Grenzen auf dem Festland nie genau und am Meer überhaupt nicht festgelegt waren, aber bis Mitte der 1990er Jahre Einigung über 90% des Grenzverlaufs auf dem Festland SLO Systemtyp Parlamentarisches System Teilung der Funktionen zwischen Parlament und Regierung nicht immer ganz eindeutig und im Detail nicht in der Verfassung sondern durch Gesetze geregelt Kompromiss zwischen Wunsch nach starker, unabhängiger Regierung versus Regierung, die nur den Willen des Parlaments befolgen soll Verfassung 1991 nach westlichem Vorbild und in Verbindung mit grundlegender Parlamentsreform Verfassung garantiert Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit, Menschen und Bürgerrechte sowie Schutz nationaler Minderheiten (ItalienerInnen, UngarInnen, z.B. doppelte Amtssprachen in deren Gebiet, gilt nicht für SerbInnen, KroatInnen und Roma, letztere haben zwar Sonderrechte aber keinen Minderheitenstatus) Präambel verweist u.a. auf Selbstbestimmungsrecht des slowenischen Volkes Verfassungsänderungen: auf Initiative von mindestens 20 Abgeordneten der ersten Kammer oder 30.000 WählerInnen, Verfahrenseinleitung: 2/3 der Anwesenden, Beschluss 2/3 aller Abgeordneten, 30 Abgeordnete können Plebiszit zu Verfassungsänderung verlangen (Wahlbeteiligung > 50% und Mehrheit muss zustimmen) z.B. 1997 und 2000 (Ausländergrunderwerb, Wahlsystem) Verfassungsgericht Ombudsmann Parlament Bedingtes oder unvollständiges Zweikammernsystem seit 1992 Staatsversammlung/ Nationalversammlung: starke Kammer mit vielen Funktionen 90 Abg. (je 1 Sitz italienische und ungarische Minderheit), 4 Jahre Abgeordnetenmandat und Regierungsamt sind nicht vereinbar einziges Gesetzgebungsorgan, ratifiziert völkerrechtliche Verträge schreibt Volksentscheide aus bestimmt MinisterpräsidentIn mit Mehrheit der Anwesenden, wählt Minister, Mitglieder des Vfg.Gerichts und Ombudsmann entscheidet über Vertrauensfrage bzw. Misstrauensvotum kann parlamentarische Untersuchung über Angelegenheiten öffentlicher Bedeutung anordnen, wenn 1/3 der MPs zustimmt Ausschüsse mit Ausnahme der Untersuchungsausschüsse sind in der Regel öffentlich Staatsrat/ Nationalrat: 40 Mitglieder (VertreterInnen der ArbeitgeberInnen, der ArbeitnehmerInnen, der Bauern, der Gewerbetreibenden, der selbständigen Berufe; nichtkommerzieller Aktivitäten und LokalvertreterInnen), bringt Korporatismus zum Ausdruck: institutionalisierte Vertretung funktionaler Interessen hpts. beratende Funktion, aber auch Gesetzesinitiative und suspensives Veto gegen Gesetze kann Referendum und Untersuchungsausschüsse beantragen Auflösung durch Präsident, wenn keine Einigung über Ministerpräsident bzw. wenn dieser Vertrauensfrage stellt und nicht die Stimmen der Mehrheit der Abgeordneten erhält bzw. nicht binnen 30 Tagen neuer Ministerpräsident gewählt wird oder dem alten doch noch das Vertrauen ausgesprochen wird Wahlsystem Wahlgesetzänderung braucht 2/3 Mehrheit (obwohl einfaches Gesetz) Staatsversammlung/ Nationalversammlung Verhältniswahlsystem in Mehrpersonenwahlkreisen, 88 Wahlbezirke, jeweils 11 ergeben einen der 8 Wahlkreise, lose gebundene Parteilisten, Präferenzstimmen, seit 2000: 4%-Klausel je ein ungarischer und ein italienischer Abgeordneter als Vertreter anerkannter autochthoner Minderheiten werden nach Mehrheitswahl in einem Einerwahlkreis von den Minderheitenangehörigen gewählt – bei Gesetzen, die ausschliesslich die rechte der jeweiligen Minderheit betreffen, haben sie absolutes Vetorecht Für Staatsrat/ Nationalrat Gesetzgebung 22 Wahlkreise unterschiedlicher Größe, mittelbare Wahl über von Gemeinden gebildete Wahlkörper bei lokal/ regional-VertreterInnen, von Interessenorganisationen im Falle von RepräsentantInnen verschiedener Funktionsbereiche Initiativrecht: Regierung, MPs der Staatsversammlung, Staatsrat und 5.000 Wahlberechtigte (in der Regel meist Regierung) Im regulären Verfahren drei Lesungen, aber auch beschleunigtes und abgekürztes Verfahren mgl. (in Ausnahmesituationen) Veto des Staatsrates kann von Staatsversammlung mit absoluter Mehrheit überstimmt werden Plebiszit bundesweit, verpflichtend auf Antrag von 1/3 MPs der Staatsversammlung, des Staatsrats oder 40.000 BürgerInnen, bindend wenn Mehrheit der abgegebenen Stimmen dafür Regierung Laut Vfg. kann Staat nicht ohne Regierung bleiben (da Krisen im Transformationsprozess befürchtet wurden), Vorzeitige Neuwahlen unwahrscheinlich, Regierungsumbildung relativ schwierig, In Krisenzeiten kann Amtsdauer der Regierung verlängert werden (nach Beratung der FührerInnen der politischen Parteien Kollegialorgan, dem Parlament verantwortlich; Ministerpräsident wird von Staats-versammlung auf Vorschlag des Präsidenten mit absoluter Mehrheit aller MPs gewählt, er bestellt die Minister, Hearing vor zuständigem Ausschuss, dann Wahl durch Mehrheit der Anwesenden Konstruktives Misstrauensvotum (gegenüber Regierung oder einzelnem Minister mgll., erfolgreich 1992) auf Vorschlag von 10 Abgeordneten; Ministerpräsident kann Vertrauensfrage stellen (führte 2000 zum Sturz der Regierung); Nationalversammlung kann Regierung beim Verfassungsgerichtshof anklagen Präsident 1990-1992 Lojze Peterle 1992, 1996 und 2000 Janez Drnovšek, seit dieser 2002 Präsident wurde Tone Rop seit 2004 Janez Jansa (liberal-konservative Slowenische Demokratische Partei, errang etwa 29% der Stimmen): Regierungskoalition aus SDS (Slowenische Demokratische Partei, ehem. Sozialdemokratische Partei Sloweniens), NSI (Christliche Volkspartei), SLS (Slowenische Volkspartei und DeSUS (Demokratische Partei der Rentner Sloweniens) Direkte Wahl, absolute Mehrheit im 1 Wahlgang, Stichwahl zwischen den beiden stimmenstärksten im 2. Wahlgang, 5 Jahre, 1x Wiederwahl mgl., repräsentative Funktion, Oberbefehl Streitkräfte, schlägt nach Beratung mit Fraktionsvorsitzenden Ministerpräsident vor, Vorschlagsrecht für Vfg.RichterInnen, in Ausnahmezuständen auf Antrag der Regierung Notverordnungen 1992-2002 parteiunabhängiger Milan Kučan (bereits Präsidiumspräsident der Teilrepublik SLO im ehemaligen YU und 1986 bis 1989 Präsident des Bundes der Kommunisten sowie Anführer demokratischer Reformen), Garant für Stabilität und Kontinuität, Integrationsfigur 2002-2007: Wunschnachfolger Janez Drnovšek (postkommunistisches Establishment) seit 2007 parteiloser Kandidat der Sozialdemokraten und Mitte-Links-Parteien Danilo Türk Seine Funktionen übernimmt bei längerer Verhinderung Präsident der Staatsversammlung kann aufgrund Verfassungsbruchs oder grober Gesetzesverstöße abgesetzt werden, wenn 30 Abgeordnete Anklage erheben und das Verfassungsgericht ihn mit 2/3 des Amtes enthebt, Staatsversammlung kann wegen politisch schädlichen Verhaltens Untersuchungsverfahren einleiten ParteienSystem Erste Parteien entstanden bereits Ende 19.Jhdt. Ära Tito: Prinzip der pluralistischen Selbstverwaltung (Interessenartikulation) als Alternative zum Parteiensystem; 1989 Parteien/Verbände/Vereine wieder als Akteure aufgetaucht, Parteienszene fragmentiert, 1990-1992 131 Parteien registriert, nicht alle zu Wahlen angetreten, aber es kandidierten meist viele Parteien (1922: 33, 1996; 22, 2000: 23); 1990-2001: 7-9 jeweils im Parlament, häufige Parteiwechsel von MPs und PolitikerInnen bereits vor Systemwechsel aktive Zivilgesellschaft, Parteien und Parlament absorbierten auch wichtige zivilgesellschaftliche RepräsentantInnen, Klerikal, liberal, sozialistisch als zentrale gesellschaftliche Konfliktlinie; z.T. parallel katholisch/Land – liberal, sozialistisch/ Stadt, starke lokale und regionale Bezüge; klassische Rechts/Links-Teilung fragwürdig, Parteinahmen täuschen oft (z.B. Sozialdemokratische Partei, die eher liberal bis rechtspopulistisch war);Spektrum von Miitte-Links über Mitte und ChristlichKonservativ bis lLberal-Populistisch zu Nationalistisch-Rechtsextrem Angehörige von Polizei und Streitkräften dürfen nicht Mitglieder in Parteien sein, Richter und Staatsanwälte kein Parteiamt übernehmen Wahlen 2004 SDS (Slowenische Demokratische Partei, ehem. Sozialdemokratische Partei Sloweniens), liberalkonservativ: 29,1% LDS (Liberaldemokratische Partei Sloweniens), liberal: 22,8% SD (Sozialdemokraten), sozialdemokratisch: 10,2% NSI (Neues Slowenien/ Christliche Volkspartei), christdemokratisch: 9,1% SLS (Slowenische Volkspartei), agrarisch: 6,8% SNS (Slowenische Nationalpartei), nationalistisch6,3% DeSUS (Demokratische Partei der Rentner Sloweniens), 4,0% Grüne scheiterten an der 4%-Hürde EU-Annäherung 1993 Kooperationsabkommen und 1996 Assoziierungsabkommen mit EU sowie Beitrittsantrag Eröffnung der 1998, Ende November 2003 erklärt die EU Kommission SLO zum am besten Bei-trittsverh. vorbereiteten Beitrittsland EU-Abstimmung und NATOAbstimmung März 2003, sehr große Mehrheit für Beitritt zu EU (89,61%) und Zweidrittelmehrheit für Beitritt zu NATO (66,02%); Beteiligung 60,29% Beitritt 2004 EP-Wahl 2004 Wahlbeteiligung 28,34% Mitglied der Euro-Zone Seit 2007 EURatsvorsitz Erstes Halbjahr 2008 (als erster der 2004 beigetretenen Staaten): rasche Ratifizierung des Reformvertrags um als Vorsitzland des Rates der Vorbildrolle gerecht zu werden (ratifizierte Reformvertrag als zweites Land nach Ungarn, Slowenische Nationalpartei wolle – erfolglos – Referendum) Unterstützung für ukrainische Bemühungen um „europäische Perspektive“ und NATO-Mitgliedschaft