Modul 2 - Fremdbilder von Polen

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Stereotype, Konflikte, Vernichtung. Polenbilder der Deutschen – eine
Sequenz zum Inhaltsfeld 12
Klaus-Michael Guse, Studienseminar Siegen
1) Planung der Unterrichtsreihe bzw. –sequenz
a) Thema der Sequenz
Stereotype, Konflikte, Vernichtung. Polenbilder der Deutschen
b) Kompetenzschwerpunkte
Das Thema gehört zum Inhaltsfeld 12; konkret geht es um Selbst- und Fremdbild in historischer Perspektive.
Die SuS „entwickeln Deutungen auf der Basis von Quellen und wechseln die Perspektive, sodass diese
Deutungen auch den zeitgenössischen Hintergrund und die Sichtweise anderer adäquat erfassen“
und „analysieren, vergleichen, unterscheiden und gewichten in Ansätzen das Handeln von Menschen
im Kontext ihrer zeitgenössischen Wertvorstellungen und im Spannungsfeld von Offenheit und Bedingtheit“;
Zur Konkretisierung siehe 2b: Sachanalyse
c) Tabellarische Auflistung der einzelnen Unterrichtseinheiten der Reihe bzw. Sequenz
nach folgendem Schema
Thematischer
Kompetenzerwartung
Basale
Schwerpunkt
(KLP-Bezug; Konkretisierung)
Unterrichtsmaterialien
[Zeitaufwand]
Stereotype
Die SuS „entwickeln Deutungen auf der Basis von
1. Karikatur aus dem „Kladgegenüber PoQuellen und wechseln die Perspektive, sodass die- deradatsch“ v. 17.1. 1919:
len im historise Deutungen auch den zeitgenössischen Hinter„Die deutsche Wirtschaft
schen Kontext
grund und die Sichtweise anderer adäquat erfasund ihre Umwandlung in
sen“; hier handelt es sich bei den Quellen um die
eine polnische Wirtschaft“
2. Darstellender Text zur
Karikaturen.
Kontextualisierung der Karikatur
Die Bedeutung
Die SuS „analysieren, vergleichen, unterscheiden
1. Quellentext von Reinhard
des Polenbildes und gewichten in Ansätzen das Handeln von MenHeydrich, Leiter des Reichsfür die Kriegsschen im Kontext ihrer zeitgenössischen Wertvorsicherheitshauptamtes, am
führung im 2.
stellungen und im Spannungsfeld von Offenheit
21. September 1939 zur
WK
und Bedingtheit“; hier bezogen auf die KriegsfühKriegsführung in Polen
rung der Deutschen in Polen 1939ff.
(2. Karikatur von David Low
im Evening Standard zum
Hitler-Stalin-Pakt)
1
Das Deutschlandbild der
Polen
Entstehung von
Stereotypen:
das Beispiel der
„polnischen
Wirtschaft“
Die SuS „ entwickeln Deutungen auf der Basis von
Quellen und wechseln die Perspektive, sodass diese Deutungen auch den zeitgenössischen Hintergrund und die Sichtweise anderer adäquat erfassen“; hier: charakterisieren das Stereotyp der Polen gegenüber den Deutschenund erweiterndadurch ihr Fremdverstehen und ihre Deutung
der deutschen Stereotypen den Polen gegenüber.
Die SuS „beschreiben wesentliche Entwicklungen,
Umbrüche und Kontinuitäten im Zusammenhang“;
hier: die SuS beschreiben die Entstehungsgeschichte des Stereotyps von der „polnischen Wirtschaft“
und benennen die Ursachen der Entstehung.
Polnische Karikatur von
1919
Auszug aus dem Text von B.
Kuhn (Basisbeitrag zu diesem Modul)
2) Planung der Unterrichtsstunde
a) Stundenthema
Stereotype im historischen Kontext: Das Beispiel der „polnischen Wirtschaft“
b) Sachanalyse und Deutung
Feindbilder und Stereotypen gehören zum gängigen politischen Instrumentarium insbesondere
rechtspopulistischer Politiker. Sie setzen sich allzu oft im Bewusstsein weiter Teile der Bevölkerung
fest und bereiten dann vielfach den Boden für Ausgrenzungen, Verfolgungen, Pogrome und Genozide. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts ist vor allem deswegen ein „Zeitalter der Extreme“ (E. Hobsbawm), weil sie eine Unzahl solcher Verfolgungs- und Vernichtungsgeschichten erlebt hat.
1919, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, gab es in Deutschland eine Vielzahl solcher Feindbilder
und Stereotypen – gegenüber den Sozialdemokraten („vaterlandslose Gesellen“, weil sie angeblich
dem unbesiegten Heer in den Rücken gefallen waren), gegenüber den Juden, die als „Weltverschwörer“ Deutschland (und wahlweise alle anderen Ländern auch) in den Weltkrieg getrieben hätten, aber
auch gegen die deutschen Nachbarn, die auf Seiten der Alliierten gekämpft hatten. Anglophobe Tiraden steckten im Köcher jedes Politikers, der imperialistische Ziele verfolgte, insbesondere seit dem
Schlachtflottenbau unter Wilhelm II.; die Franzosen galten spätestens seit den Befreiungskriegen
gegen Napoleon als „Erbfeinde“ Deutschlands; und das Stereotyp der „polnischen Wirtschaft“ (gemeint sind Chaos, Misswirtschaft und Kriminalität), entstanden im 18. Jahrhundert, war geradezu
sprichwörtlich.
Während sich in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg im Zuge des politischen Zusammenwachsens Europas und der zunehmenden Urlaubsreisen ins Ausland die Vorurteile gegenüber den westlichen Nachbarn weitgehend abgeschliffen haben, existieren sie gegenüber den östlichen Nachbarn bis
heute. Das mag auch an der Teilung Europas während des Kalten Krieges bis 1989/90, den mangelnden Begegnungen zwischen Westdeutschen und Osteuropäern sowie dem spezifischen Verhältnis
zwischen der DDR und ihren sozialistischen „Bruderländern“ liegen. Dennoch ist es erstaunlich, welche Wirkmacht Klischees über die polnische Misswirtschaft nach wie vor haben und in welchem Maße sie phasenweise sogar politik- und gesellschaftsfähig sind. Diese Tatsache verwundert umso mehr,
da eine nicht unerhebliche Zahl polnischer Migranten aus dem 19. Jahrhundert voll integriert vor
allem im Ruhrgebiet lebt.
Es gibt also hinreichend Grund, sich den osteuropäischen Nachbarn, insbesondere den Polen, auch
im Geschichtsunterricht zuzuwenden und die Genese der Vorurteile mit den Schülern zu „erforschen“. Im Mittelpunkt der hier beschriebenen Unterrichtseinheit soll eine „Doppelkarikatur“ aus
dem „Kladderadatsch“ vom 27. 7. 1919 stehen. Der Titel lautet „Die deutsche Wirtschaft und ihre
Umwandlung in eine polnische Wirtschaft“. Der Begriff „Wirtschaft“ ist hier doppeldeutig gemeint,
2
denn er zielt auf das Wirtschaften der Deutschen und der Polen, zeigt aber im Bild zwei Szenen in
einer Gastwirtschaft.
Der erste Teil der Karikatur zeigt eine deutsche Familie im Garten einer Gaststätte: Im Hintergrund
sehen wir eine Kleinstadt mit Kirchturm und eine Mittelgebirgslandschaft mit einer Burg. Unter einem Baum, an einem Tisch, sitzt das Ehepaar mit vier Kindern, das älteste im obligatorischen Matrosenanzug (ein Relikt aus der Zeit des Schlachtflottenbaus), der Jüngste im Arm der Mutter. Die Ehefrau schaut züchtig zur Seite, während der Ehemann, einen Maßkrug vor sich und eine Zigarre in der
Hand, den Wirt bezahlt, dessen Frau oder Angestellte den bestellten Kaffee zum Kuchen, der bereits
auf dem Tisch steht, serviert. Ein Schwesterchen kümmert sich liebevoll um das zweitjüngste Kind, im
Hintergrund sind zwei weitere Gäste angedeutet, die sich unterhalten. Die gesamte Atmosphäre ist
entspannt und freundlich, man tafelt unter einem Baum, ganz offensichtlich herrscht „Kaiserwetter“.
Der zweite Teil der Karikatur ist antithetisch zum ersten angelegt. Wir schauen in das Innere einer
Spelunke. Im Mittelpunkt steht eine gramgebeugte Frau, zwei verzweifelte Kinder an ihrem Rock,
eines im Arm, die offensichtlich versucht, ihren völlig betrunkenen Ehemann aus der Kneipe zu bekommen. Er sitzt an einem Tisch, Arm und Kopf auf diesen aufgestützt, ballt die Fäuste als Zeichen
der Abwehr seiner Frau. Das Glas Wein hat er im Suff umgestoßen, der Inhalt läuft über den Tisch.
Hinter ihm, an einem weiteren Tisch, findet gerade eine Schlägerei statt, die Fäuste sind erhoben,
während drum herum zwei weitere Personen in dem Tumult ihren Rausch ausschlafen. Auf der linken
Seite der Karikatur sieht man so etwas wie eine Theke, aus schlichtem Holz zusammengezimmert.
Zwei Personen stehen davor, während dahinter ein missmutiger Wirt gerade Wein ausschenkt. Die
gesamte Szenerie ist von Trunksucht und Gewalt, Missgunst und auch Schmutz geprägt. Das Innere
der Kneipe ist nicht verputzt, überall fliegen Spielkarten, Gläser und andere Gegenstände herum,
Tische und Boden sind mit Wein oder Wasserlachen übersät.
Der Titel der Doppelkarikatur gibt bereits Aufschluss über den historischen Kontext: Es ist von der
„Umwandlung“ der deutschen in eine polnische Wirtschaft die Rede. Damit bezieht sich die Karikatur
auf den durch den Versailler Vertrag bereits beschlossenen Verlust von deutschem Territorium an
Polen und einen möglichen weiteren Verlust, der durch eine ebenfalls im Versailler Vertrag beschlossene Volksabstimmung in Oberschlesien und Ostpreußen über die staatliche Zugehörigkeit der Gebiete. Die Karikatur greift das Stereotyp der „polnischen Wirtschaft“ auf mit der Intention, die deutsche Bevölkerung (nicht nur) dieser Gebiete gegen den Versailler Vertrag allgemein und die Gebietsabtretungen an Polen im Besonderen einzustimmen. Sie soll darüber hinaus motivieren, sich deutlich
gegen eine weitere Gebietsabtretung zu wehren. Dass sich dieser Stereotyp perpetuierte und
schließlich auch das Verhalten der deutschen Wehrmacht in Polen ab 1939 mit beeinflusste, gehört
zur Vorgeschichte und Geschichte des Zweiten Weltkriegs und zeigt damit exemplarisch die Wirkmächtigkeit und Gefährlichkeit von Feindbildern.
c) Bedingungsanalyse: Notwendige Kompetenzvoraussetzungen
 Sachkompetenzen: Die SuS kennen die Grundzüge der Bestimmungen des Versailler Vertrages.
Sie verfügen über grundlegende Kenntnisse der Geschichte des „Dritten Reiches“
und kennen grob den Verlauf des Zweiten Weltkrieges (für die gesamte Sequenz).
Die SuS sind in der Lage, historisches Geschehen, Strukturen und Personen grobchronologisch, räumlich und sachlich/thematisch“ einzuordnen.
 Methodenkompetenzen: SuS sind in der Lage, „grundlegende Arbeitsschritte zur sach- und
fachgerechten Informationsentnahme und Erkenntnisgewinnung aus Bildquellen“
anzuwenden.
d) Didaktische Entscheidungen
c.1) Intentionen
c.1.1) Zentrale(s) Kompetenzziel(e): KLP-Bezug; Konkretisierung
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Die SuS „entwickeln Deutungen auf der Basis von Quellen und wechseln die Perspektive, sodass diese
Deutungen auch den zeitgenössischen Hintergrund und die Sichtweise anderer adäquat erfassen“.
In dieser Stunde ist die Quelle eine zeitgenössische Karikatur. Sie SuS entwickeln eine Deutung der
Karikatur, indem sie sie zunächst beschreiben und danach auf den zeitgenössischen Kontext beziehen. Dadurch sind sie auch in der Lage zwischen der Perspektive des Darstellenden (Intention des
Karikaturisten) und den Dargestellten („den“ Polen) zu wechseln.
c.1.2) Teilkompetenzen




Die SuS wenden die grundlegenden Arbeitsschritte zur sach- und fachgerechten Informationsentnahme und Erkenntnisgewinnung aus Bildquellen an, indem sie die Karikatur inhaltlich beschreiben und eine Deutungshypothese aufstellen. (TK 1)
Die SuS kontextualisieren die Karikatur im Zusammenhang mit den Gebietsabtretungen des
Deutschen Reiches an Polen. (TK 2)
Die SuS „beschreiben wesentliche Entwicklungen, Umbrüche und charakteristische Merkmale
einzelner Epochen und Gesellschaften“; hier: beschreiben die Schüler die Auswirkungen des
Versailler Vertrages. (weitere Kompetenz (WK) 1)
Die SuS „wenden elementare Schritte […] der Analyse von Sekundärliteratur sach- und themengerecht an“; hier bezogen auf den Text von Jan Kusber. (WK 4)
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e) Gestaltung des Lernprozesses
Tabellarische Übersicht des geplanten Stundenverlaufs nach folgendem Schema
Unterrichtsschritte/-phasen
Sachaspekte
Entwicklung der
leitenden Fragestellung (Problematisierung)
Präsentation von
Fremdbildern /
Stereotypen über
Polen u. Mutmaßung über deren
Wirkung bei Polen
Entwicklung von Formulierung von
möglichen Prob- Problemfragen
lemfragen
Kompetenzbezug
-
-
Sozial-/
Hand- Kommentar; Erläuterung
lungsformen;
Medien
UG;
Einstieg dient der Motivierung der SuS;
UG,
Mögliche Problemfragen:
 Sind tatsächliche die Polen
SuS formulieren
so, wie sie hier dargestellt
die Problemstelwerden?
lung,
 Woran liegt es, dass Polen so
einseitig gesehen werden?
 Wie sehen wir unsere Nachbarn und wie werden sie gesehen?
 Welche Folgen können negative/einseitige Bilder von
Völkern haben?
Fixierung
der
leitenden Fragestellung der Unterrichtssequenz
Erarbeitung I
Lehrer leitet über
zu dem historischen Aspekt der
Problemfragen u.
fixiert ihn
Beschreibung der
Karikatur; Deutungshypothesen
Erarbeitung II
Kontextualisierung
der Karikatur
Präsentation
Deutung der Karikatur
Sicherung
Abgleich mit den
Hypothesen und
Ergebnissicherung
Rückbezug auf den
Einstieg
Transfer
-
Tafel
TK 1
EA und UG; L
notiert die Deutungshypothesen
an der Tafel
TK 2
Text von J. Kusber; kooperative
GA im „think-pairshare“-Verfahren
WK 1, WK 2 SuS präsentieren
sowie zent- eigenständig ihre
rale Kompe- Ergebnisse, übertenz
nehmen
auch
Moderation; OHP
Zentrale
UG; ggf. Tafel
Kompetenz
Zentrale
Kompetenz
Ein historisches Beispiel wird
exemplarisch untersucht.
Zunächst reine Beschreibung, keine Deutung; auf die
Antithetik achten
Nicht vortragende SuS erhalten Beobachtungsaufgaben
-
UG
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3) Materialien für die Stunde
a)Karikatur aus dem „Kladderadatsch v. 17.1. 1919: „Die deutsche Wirtschaft und ihre
Umwandlung in eine polnische Wirtschaft“
(aus: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kla1919/0401; Zugriff: 14.1.2011)
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b) Arbeitsblatt für die zweite Erarbeitungsphase: Der Historiker Jan Kusber zum historischen Kontext der Karikatur:
„Die Karikatur über die Wandlung von der „geordneten deutschen“ zur liederlichen „polnischen
Wirtschaft“ wurde 1919 in der politisch-satirischen Wochenzeitschrift „Kladderadatsch“ (erschienen
1848-1944) publiziert. Sie erschien vor dem Hintergrund des teilweise schon erfolgten und weiter
drohenden Verlustes von Territorien, die seit den Teilungen Polens im 18. Jahrhundert zu Preußen,
dann zum Deutschen Reich gehörten. Während Großpolen um Posen zu dem Zeitpunkt des Erscheinens bereits zum wieder entstanden polnischen Staat gehörte, standen die in Versailles vorgesehenen Volksabstimmungen in Ostpreußen und Oberschlesien noch aus. […] Bei der besonders kontrovers diskutierten und schließlich durchgeführten Abstimmung über Oberschlesien am 20. März 1921
wurden 59,6 % der Stimmen für Deutschland abgegeben und 40,4 % für Polen (die Wahlbeteiligung
betrug 98%). Der Versailler Vertrag sah die Möglichkeit einer Aufteilung des Gebietes vor. So verblieb
der größere, westliche Teil Oberschlesiens bei Deutschland, während der Osten um Kattowitz (Katowice) mit seinen wertvollen Kohlegruben an Polen kam. Nach der Auszählung verlangte die Regierung, wegen der insgesamt 59,6% für Deutschland abgegebenen Stimmen müsse das gesamte Gebiet
Deutschland erhalten bleiben. In Oberschlesien gingen verschiedene Gruppen (Selbstschutz und Freikorps) daran, sich zu bewaffnen und Widerstand gegen eine mögliche Abtretung zu leisten. Polnische
Freischärler unter Wojciech Korfanty versuchten dagegen, eine Abtretung ganz Oberschlesiens an
Polen zu erreichen. Am Annaberg lieferten sich polnische und deutsche Gruppen im Mai 1921 heftige
Gefechte, die als „Dritter Aufstand in Oberschlesien“ in Geschichte eingingen.Am 20. Oktober 1921
entschied eine Botschafterkonferenz in Paris, dass das Gebiet aufzuteilen sei. Diese Entscheidung
beruhigte die Situation zwar oberflächlich, auf deutscher Seite allerdings hielten sich weiterhin
Ressentiments und der Wunsch, die Entscheidung rückgängig zu machen […]“ (aus: Jan Kusber,
Ressentiment, Konflikt und Vernichtung. Osteuropa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In:
Kuhn, Bärbel (Hrsg.): Europäische Perspektiven. St. Ingbert / Röhrig Universitätsverlag 2011, S. 12;
www.roehrig-verlag.de)
Arbeitsauftrag:
1. Stellt die politischen Ereignisse dar, die für das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen
1919/21 wichtig waren.
2. Erläutert, welcher Bezug zwischen den historischen Ereignissen und der Karikatur besteht.
3. Stellt eine These zur Frage auf, welche Intention der Karikaturist hatte.
Arbeitet in der Gruppe nach dem „think-pair-share“-Verfahren:
1. Lest zunächst allein den Text durch und bearbeitet die Aufgaben. Macht euch dabei Notizen.
(think)
2. Arbeitet dann (auf ein Zeichen) in der Gruppe. Tragt eure Ergebnisse zusammen und notiert
sie auf einer Folie. (pair)
Jeder sollte die Ergebnisse vortragen können: Jeder Vortragende wird per Los bestimmt.
(share)
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4) weitere Materialien für die Sequenz
a) Karikatur von David Low im Evening Standard, nach dem deutschen Überfall auf Polen
1.9.1939 und dem folgenden Einmarsch der Roten Armee am 17.9.1939, als Folge des Hitler-Stalin-Paktes (2. Stunde):
Sie finden die Karikatur u.a. unter:
http://img526.imageshack.us/img526/9981/hitlerstalinpakteo6.jpg,
Der Text lautet in Übersetzung: "- Der Abschaum der Menschheit, nehme ich an? - Und habe ich nicht
die Ehre mit dem blutigen Mörder der Arbeiter?"
b) Vernichtung der Führungsschicht in Polen durch Deutschland (2. Stunde):
Nach dem deutschem Überfall auf Polen (1. September) und der ”erfolgreichen” Durchführung des
unter dem Decknamen ”Fall Weiß” bis ins kleinste Detail von langer Hand geplanten Polenfeldzugs
fordert Reinhard Heydrich, Leiter des Reichssicherheitshauptamtes, am 21. September 1939 in einer
Rede an die Chefs der Amtsgruppen dieser Behörde die Ausrottung der polnischen Führungsschicht.
Die Entwicklung im ehemaligen Polen ist zunächst so gedacht, daß die ehemaligen deutschen Provinzen deutsche Gaue werden und daneben ein Gau mit fremdsprachiger Bevölkerung mit der Hauptstadt Krakau geschaffen wird [...]. Dieser fremdsprachige Gau soll außerhalb des neu zu schaffenden
Ostwalls liegen. Der Ostwall umfaßt alle deutschen Provinzen, und man hat praktisch als Niemandsland davor den fremdsprachigen Gau. Als Siedlungskommissar für den Osten wird RFSS[=Reichsführer
der SS (Heinrich Himmler)] eingesetzt. Die Judendeportationen in den fremdsprachigen Gau, Abschiebung über die Demarkationslinie, ist vom Führer genehmigt. Jedoch soll der ganze Prozeß auf
die Dauer eines Jahres verteilt werden. Die Lösung des Polen-Problems – wie schon mehrfach ausgeführt – unterschiedlich nach der Führungsschicht (Intelligenz der Polen) und der unteren Arbeitsschicht des Polentums. Von dem politischen Führertum sind in den okkupierten Gebieten höchstens
noch drei Prozent vorhanden. Auch diese drei Prozent müssen unschädlich gemacht werden und
kommen in KZs. Die Einsatzgruppen haben Listen aufzustellen, in welchen die markanten Führer erfaßt werden, daneben Listen der Mittelschicht: Lehrer, Geistlichkeit, Adel, Legionäre, zurückkehrende Offiziere usw. Auch diese sind zu verhaften und in den Restraum abzuschieben. Die seelsorgische
Betreuung der Polen soll durch katholische Geistlichkeit aus dem Westen durchgeführt werden, die
aber nicht polnisch sprechen dürfen. Die primitiven Polen sind als Wanderarbeiter in den Arbeitsprozeß einzugliedern und werden aus den deutschen Gauen allmählich in den fremdsprachigen Gau
ausgesiedelt. Das Judentum ist in den Städten im Ghetto zusammenzufassen, um eine bessere Kontrollmöglichkeit und später Abschubmöglichkeit zu haben. Hierbei vordringlich ist, daß der Jude als
Kleinsiedler vom Land verschwindet. Diese Aktion muß innerhalb der nächsten drei bis vier Wochen
durchgeführt sein. Sofern der Jude auf dem Land Händler ist, ist mit der Wehrmacht zu klären, wieweit diese jüdischen Händler zur Bedarfsdeckung der Truppe noch an Ort und Stelle verbleiben müssen. Folgende Anordnung wurde erteilt:
 Juden so schnell wie möglich in die Städte,
 Juden aus dem Reich nach Polen,
 die restlichen 30.000 Zigeuner auch nach Polen,
 systematische Ausschickung der Juden aus den deutschen Gebieten mit Güterzügen.
(Zit. nach: Die faschistische Okkupationspolitik in Polen (1939-1945, hg. Von Werner Röhr u.a., Pahl-Rugenstein
Verlag Köln)
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c)Das Deutschlandbild der Polen (3. Stunde):"Perpetuum mobile"
Quelle: http://www.sbc.org.pl/dlibra/docmetadata?id=6974&from=publication&tab=1
Schlesische Digitale Bibliothek
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d) Definition des Begriffs Stereotyp:
Stereotype sind kulturell bedingte, nicht hinterfragte, festgefahrene Meinungen einer Gruppe über
Eigenschaften und Besonderheiten einer anderen. Es handelt sich um Formen der Wahrnehmung
von Fremdem, wobei die komplexe gesellschaftliche Wirklichkeit vereinfacht wird. Weiter zeichnen
sie sich dadurch aus, dass sie relativ starr und sehr langlebig sind. Sie sind nicht notwendigerweise
bösartig, im Gegenteil, sie können genauso gut positiv besetzt sein. (Lüsebrink, Hans-Jürgen: Interkulturelle Kommunikation. Interaktion, Fremdwahrnehmung, Kulturtransfer; Stuttgart: Metzler-Verlag
o.J.)
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e) Ergänzungsmaterial:
Titelbild einer antipolnischen Broschüre aus Deutschland von 1925 © bpk-Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte
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Karikatur aus der polnischen Zeitschrift „Kocynder“, Nr. 6, 1920
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