Word-Datei - beim Niederösterreichischen Landtag

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Landtag von NÖ, VIII. Gesetzgebungsperiode
II. Session
10. Sitzung am 17. Dezember 1965
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsident Weiss (Seite 339).
2. Verhandlung:
Spezialdebatte zur Gruppe 9, Finanz- und Vermögensverwaltung. Berichterstatter Abg. Anzenberger
(Seite 340); Abstimmung (Seite 341).
Gesetzentwurf über die Einhebung einer Landesumlage für das Jahr 1966. Berichterstatter Abg.
Anzenberger (Seite 340); Abstimmung (Seite 341).
Dienstpostenplan. Berichterstatter Abg. Anzenberger (Seite 341); Redner: Abg. Bieder (Seite 341),
Abg. Ludwig (Seite 343) mit Resolutionsantrag zum Dienstpostenplan (Seite 347); Abg. Staatssekretär
Rösch (Seite 347), Abg. Ludwig (Seite 351), Abg. Staatssekretär Rösch (Seite 353),
Landeshauptmann Dr. h. c. Dipl.-Ing. Hartmann (Seite 353); Abstimmung (Seite 355).
Abstimmung über den gesamten ordentlichen und außerordentlichen Voranschlag des Landes
Niederösterreich für das Jahr 1966 (Seite 355).
Landesrat Resch (Seite 355), Landeshauptmannstellvertreter Dr. Tschadek (Seite 357), Präsident
Weiss (Seite 357).
Antrag des Verfassungsausschusses, betreffend den Gesetzentwurf, womit die Dienstpragmatik der
Landesbeamten 1962 neuerlich abgeändert und ergänzt wird (2. DPL.-Novelle 1965). Berichterstatter
Abg. Reiter (Seite 358); Redner: Abg. Bieder (Seite 359), Abg. Ludwig (Seite 360); Abstimmung (Seite
360).
Antrag des Finanzausschusses, betreffend Ersatz von Aufwendungen für den Ausbau einer
Landeshauptstraße sowie einer Landesstraße an die Österreichische Donaukraftwerke
Aktiengesellschaft; Bewilligung eines Nachtragskredites. Berichterstatter Abg. Kienberger (Seite 360);
Abstimmung (Seite 362).
Antrag des Finanzausschusses, betreffend Ankauf und Adaptierung der Liegenschaft Mödling,
Wiesengasse 5, als Dienstwohngebäude für den Bezirkshauptmann in Mödling; Bewilligung eines
Nachtragskredites. Berichterstatter Abg. Ludwig (Seite 362); Redner: Abg. Czidlik (Seite 363), Abg.
Stangler (Seite 364), Landeshauptmann Dr. h. c. Dipl.-Ing. Hartmann (Seite 365); Abstimmung (Seite
365).
Antrag des Landwirtschaftsausschusses, betreffend den Gesetzentwurf, mit dem der Wirkungsbereich
der Bezirks-Landwirtschaftskammern Wolkersdorf, Mistelbach, Gänserndorf und Marchegg festgesetzt
wird. Berichterstatter Abg. Rohrböck (Seite 365); Redner: Abg. Mondl (Seite 366), Abg. Dipl.-Ing. Robl
(Seite 367); Abstimmung (Seite 368).
Antrag des Kommunalausschusses, betreffend Liegenschaft EZ. 300, KG. St. Andrä; Schenkung an
die Marktgemeinde St. Andrä v. d. Hgt. Berichterstatter Abg. Keiblinger (Seite 368); Abstimmung
(Seite 368).
Antrag des Kommunalausschusses, betreffend Ankauf des Amtsgebäudes der Stadt Tulln und eines
Grundstückes in Tulln für die Errichtung einer zentralen Tierkörperverwertungsanstalt. Berichterstatter
Abg. Anzenberger (Seite 368); Abstimmung (Seite 369).
Präsident Weiss (Seite 369).
PRÄSIDENT WEISS (um 9 Uhr 01 Minute): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten Sitzung
ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen; es ist unbeanstandet geblieben, demnach als genehmigt zu
betrachten.
Wir setzen die Verhandlungen über den Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1966
mit der Gruppe 9 fort.
Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Anzenberger, über die Gruppe 9, Finanz- und
Vermögensverwaltung, ordentlicher Voranschlag und außerordentlicher Voranschlag, zu berichten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER:
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich berichte zur Gruppe 9. Die Ausgaben und
Einnahmen der Gruppe 9, Finanz- und Vermögensverwaltung, beziehen sich auf die
Finanzverwaltung, das allgemeine Kapitalvermögen, auf das Liegenschaftsvermögen, auf das
Sondervermögen, auf die Steuern und steuerähnlichen Einnahmen und Ausgaben, auf die
Zuführungen zum außerordentlichen Haushalt, auf die Beihilfen ohne besondere Zweckbestimmung,
auf die Verstärkungsmittel, auf die Abwicklung der Vorjahre und auf sonstige in diesen Rahmen
fallende Gebarungsvorgänge.
Die Ausgaben dieser Gruppe betragen . . . . . . . S 401,383.000
ihnen stehen Einnahmen in der Hohe von . . . . S 1.676,189.000
gegenüber, so daß sich ein Nettoertrag von . . . S 1.274,806.000
ergibt.
Innerhalb des ordentlichen Voranschlages beanspruchen die Ausgaben dieser Gruppe 18,1 Prozent,
während sie im Vorjahr 22,2 Prozent betrugen.
In dieser Gruppe werden die Eingänge an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben sowie die eigenen
Steuern des Landes als hauptsächlichste Einnahmeposten des Landes veranschlagt. Damit stellt sich
diese Gruppe als die wichtigste der Landeisgebarung dar.
Die Ausgabenseite dieser Gruppe zeigt ein Sinken von rund 20,900.000 S. Dies ist darauf
zurückzuführen, daß für die Deckung des Abgangs der Vorjahre kein Kreditbetrag mehr eingesetzt
werden mußte, was gegenüber 1965 ein Sinken um rund 46,200.000 S zur Folge hatte. Hingegen
zeigen der Schuldendienst ein Ansteigen um rund 8,200.000 S, die Bedarfszuweisungen an
Gemeindeverbände mit Gemeinden ein solches von 13,200.000 S rund die Beträge für
Gemeindevertreterverbände ein Steigen um 1,200.000 S.
Neu in den Voranschlag aufgenommen wurden Voranschlagssatz 93-62, Leistungen für aus
Gründungen oder Erweiterungen von Industrieanlagen in Niederesterreich übernommene Haftungen
im Betrag von 100.000 S, und Voranschlagssatz 99-64, Förderungsbeitrag für die Zusammenlegung
von Gemeinden, mit einem Kreditbetrag von 1,200.000 S.
Die Einnahmenseite weist Mehreinnahmen von 203,500.000 S auf. Sie ergeben sich bei den Zinsen
von Wertpapieren und Guthaben mit 2,300.000 S, beim Schuldendienst mit 17,400.000 S, bei den
eigenen Steuern mit rund 10,700.000 S, bei den Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen
Bundesabgaben mit rund 143,000.000 S, bei der Landesumlage mit rund 14,600.000 S, bei den
Bedarfszuweisungen des Bundes für Gemeindeverbände und Gemeinden mit rund 13,700.000 S und
beim Kopfquotenausgleich mit 5,000.000 S.
Neu in den Voranschlag aufgenommen wurden Ansätze für die Tilgung von Darlehen für die
Elektroversorgung von Siedlungen und Tilgung von Darlehen von Wohnbauhilfen für klein- und
mittelbäuerliche Betriebe, Haftungsbeiträge und Fernsehschilling.
Eine Reihe von Einnahmenansätzen dieser Gruppe, darunter die Fernsehschutzsteuer zu 80 Prozent
und der Fernsehschilling, wären einer Zweckbindung zu unterwerfen. Im außerordentlichen Teil weist
die Gruppe 9 Einnahmen in der Höhe von 2,733.000S.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, über diese Gruppe die Verhandlungen einzuleiten.
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort ist niemand gemeldet. Zur Abstimmung liegt Gruppe 9, Finanz- und
Vermögensverwaltung, vor.
Ich lasse zunächst über die Anträge betreffend a) den ordentlichen Voranschlag ,und b) den
außerordentlichen VoranschIag und dann über die Gruppe selbst abstimmen.
Ich bitte den Herrn Berichterstatter, nunmehr seinen Antrag zur Gruppe 9, Finanz- und
Vermögensverwaltung, getrennt nach ordentlichen und außerordentlichen Voranschlag, zu erstatten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Ich stelle den Antrag, die Gruppe 9, Finanz- und
Vermögensverwaltung, welche im ordentlichen Voranschlag Einnahmen von 1.676,189.000 S und
Ausgaben von 401,383.000 S aufweist, zu genehmigen.
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Abstimmung durchzuführen.
PRÄSIDENT WEISS (nach Abstimmung über die Gruppe 9, Finanz- und Vermögensverwaltung,
ordentlicher Voranschlag in Erfordernis und Bedeckung): A n g e n o m m e n.
Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, den Antrag zum außerordentlichen Voranschlag zu stellen.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Der außerordentliche Voranschlag der Gruppe 9 weist
Einnahmen von 2,733.000 S auf. Ich bitte Sie, auch den außerordentlichen Voranschlag dieser
Gruppe zu genehmigen. Gleichzeitig bitte ich den Herrn Präsidenten, die Abstimmung durchzuführen.
PRÄSIDENT WEISS (nach Abstimmung über die Gruppe 9, Finanz- und Vermögensverwaltung,
außerordentlicher Voranschlag in Erfordernis und Bedeckung): A n g e n o m m e n.
Ich ersuche den Herrn Abg. A n z e n b e r g .e r, die Verhandlungen zum Gesetzentwurf aber die
Einhebung einer Landesumlage für das Jahr 1966 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Gesetz über die Einhebung einer Landesumlage.
Der Landtag von Niederösterreich möge beschließen:
§ 1. Von den Gemeinden, einschließlich der Städte mit eigenem Statut, im Lande Niederösterreich ist
eine Landesumlage in der Höhe von 16. v. H. der ungekürzten Ertragsanteile der Gemeinden im den
gemeinschaftlichen Bundesabgaben zu entrichten.
§ 2. (1) Der Berechnung der Landesumlage sind die ungekürzten inhaltlichen Vorschüsse auf die
Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben beziehungsweise allfällige
Nachzahlungen auf die Ertragsanteile zugrunde zu legen.
(2) Die endgültige Abrechnung der Landesumlage erfolgt anläßlich der endgültigen Abrechnung
der Ertragsanteile der Gemeinden auf Grund des Rechnungsabschlußes des Bundes.
§ 3. Auf die einzelnen Gemeinden, einschließlich der Städte mit eigenem Statut, ist die von ihnen
aufzubringende Umlage im Verhältnis ihrer Finanzkraft aufzuteilen. Diese wird erfaßt durch die
Heranziehung
1. von 50. v. H. der Ertragsanteile der Gemeinden in den gemeinschaftlichen Bundesabgaben geunäß
§ 6 Abs. 2 bis 4 des Finanzausgleichsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 97,
2. der Grundsteuer von land- und forst- wirtschaftlichen Betrieben unter Zugrundelegung der
Meßbeträge des Vorjahres und eines Hebesatzes von 300. v. H.,
3. der Grundsteuer von den Grundstücken unter Zugrundelegung der Meßbeträge des Vorjahres und
eines Hebesatzes von 300. v. H. und
4. der tatsächlichen Erträge der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital
des Vorjahres, jedoch unter der Annahme des Hebesatzes von 150. v. H.
§ 4. Dieses Gesetz tritt mit 1. Jänner 1966 in Kraft und verliert mit Ablauf des 31. Dezember 1966
seine Wirksamkeit.
Ich bitte den Herrn Präsidenten, über das Gesetz zur Einhebung der Landesumlage die Verhandlung
ein einzuleiten.
PRÄSIDENT WEXSIS: Zu Wort ist niemand gemeldet, wir kommen zur Abstimmung. (Nach
Abstimmung über den Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des Finanzausschusses, Punkt
17): Angenommen.
Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, Abg. Anzenberger, zum Dienstpostenplan 1966 TJU
beirichten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der
Dienstpostenplan befindet sich seit Iangem in den Händen der Mitglieder des Hauses. Ich habe über
ihn im Finanzausschuß ausführlich berichtet und darf auf meinen einleitenden Bericht zum
Voranschlag verweisen. Ich bitte Sie daher, mir die Verlesung des Dienstpostenplanes zu ersparen,
vorausgesetzt, daß Ehre Zustimmung dazu gegeben wird. Den Herrn Präsidenten ersuche ich, zum
Dienstpostenplan die Verhandlungen einzuleiten.
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort gelangt der Herr Abg. Bieder.
Abg. BIEDER: Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, zum
Dienstpostenplan ganz kurz einige Bemerkungen zu machen.
Aus der Gesamtübersicht können wir ersehen, daß für 1966 eine Erweiterung der Dienstposten - das
ist schon einige Male bei anderen Kapiteln zum Ausdruck gekommen - um 339 erfolgen soll. Aus dem
Bericht ist zu entnehmen, wo beziehungsweise in welchen Arbeitsbereichen die neu geschaffenen
Dienstposten in Erscheinung treten werden. Vergleicht man nun die Zahl der Dienstposten des
Dienstpostenplanes mit dem Anhang, in welchem der finanzielle Nachweis aufgeschlüsselt wird, so
kann man sehen, daß hier ungefähr 5080 Dienstposten weniger aufscheinen. Ich darf also annehmen,
daß der vorliegende Dienstpostenplan das Soll darstellt und damit nicht nur die 339 neu geschaffenen
Dienstposten auszufüllen sind, sondern daß für das kommende Jahr 500 Dienstposten zu besetzen
wären. Es genügt aber meiner Auffassung nicht, im Dienstpostenplan Stellen vorzusehen - die
vermehrte Arbeit ist da, daran zweifle ich nicht -, es müssen vielmehr auch Menschen gefunden
werden, die für die einzelnen Fachgebiete aufgenommen ,werden können. Würden wir nicht die
ausreichende Zahl an Menschen finden, müßte zweifellos die Verwaltung darunter leiden. Wäre das
nicht so, dann müßte ja bezweifelt werden, ob die erklärte Zahl notwendig erscheint. Ich zweifle nicht
daran, deswegen glaube ich, daß es notwendig ist, diese 500 Dienstposten zu besetzen. Wir müssen
alles daransetzen, diese Menschen zu bekommen.
Da wir sehr interessiert sind, daß unsere Verwaltung in Ordnung ist - ich glaube, das ist allgemein so-,
so würde ich gerne einen Vorschlag unterbreiten, der das Ziel hat, möglichst bald das Soll des
Dienstpostenplanes zu erreichen. Um Ihnen, sehr geehrte Herren, behilflich zu sein, muß ich Sie nur
um eines bitten, nämlich die derzeit in Geltung stehenden Aufnahmebedingungen in einem einzigen
Punkt zu ändern oder, wenn Sie wollen, zu kürzen. Nehmen Sie aus diesen Bedingungen das
Parteibuch heraus, und Sie werden sehen, Sie haben in mir und meiner Fraktion eine sichere und
wertvolle Stütze im Interesse der Erfüllung des Dienstpostenplanes, im Interesse unserer Verwaltung.
Wir konnten aus den Dienstpostenplänen der letzten Jahre ersehen, daß sich diese von Jahr zu Jahr
erhöhen, erhöhen müssen, um den ständig steigenden Belangen der Landesverwaltung und deren
Einrichtungen gerecht zu werden. Es wäre ernstliche zu erwägen, der Verwaltungsreform endlich
näherzutreten, da kaum eine andere Maßnahme unter den gegebenen Umständen möglich erscheint,
diese steigende Tendenz einzudämmen. Aller Voraussicht nach wird der Personalaufwand im
nächsten Jahr offenbar dadurch eine, wenn auch nicht sehr entscheidende, Verminderung erfahren,
daß die Freistellung von Mitgliedern der Personalvertretung vom Dienst in Wegfall kommt. Das gleiche
gilt für das Personal, das der Personalvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zugewiesen wurde. Der
Verfassungsgerichtshof hat nämlich vorgestern in einem vorerst mündlich verkündeten Erkenntnis den
Erlaß des Herrn Landeshauptmannes non Niederösterreich vom 20. Juli 1962, den sogenannten
Personalvertretungserlaß, von dem ich von dieser Stelle aus schon in der Diskussion zur Gruppe 90
gesprochen habe, sowie den § 1 des ersten Teiles über die Errichtung von Personalvertretung und
eine Reihe von Paragraphen des zweiten Teiles – das ist die Wahlordnung – als gesetzwidrig
bezeichnet und somit aufgehoben. Die Landesregierung ist demnach verpflichtet, dies demnächst
öffentlich kundzutun.
Ich darf noch ganz kurz auf den Anlassfall zu sprechen kommen. Bekanntlich haben am 15., 16., und
17. Oktober 1962 Wahlen in die Zentralpersonalvertretung beim Amte der niederösterreichischen
Landesregierung und Dienststellenpersonalvertretungen beim Amt sowie dezentralisierten Stellen, wie
Bezirkshauptmannschaften, Landesanstalten und dergleichen, stattgefunden, an denen sich die
Wählergruppen der sozialistischen Gewerkschafter nur aus dem Grund beteiligt hat, um die
Aktivlegitimation zur Anfechtung dieser Personalvertretungswahlen zu bekommen. In der ersten
Sitzung der Landeswahlkommission hat ein Vertreter der sozialistischen Beisitzer eine diesbezügliche
Erklärung abgegeben. Die sozialistischen Gewerkschafter haben nämlich schon damals die
Rechtsmeinung vertreten, dass die Personalvertretung mangels eines Personalvertretungsgesetzes
jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt. Diese Rechtsansicht wurde nun durch den Spruch des
Verfassungsgerichtshofes einwandfrei bestätigt. In der Folge haben auch die gewählten
sozialistischen Personalvertreter an den Sitzungen nicht teilgenommen, weil sie der Meinung waren,
dies solange nicht tun zu können, als eben nicht die Entscheidung des Obergerichtes vorliegt. Der
Verfassungsgerichtshof hat schon seinerzeit, als die beiden ersten Beschwerden aus
formalrechtlichen Gründen zurückgewiesen wurden, den Rechtsstandpunkt vertreten, dass sich
sowohl der Erlaß der Herrn Landeshauptmannes als auch die sich darauf gründenden
Personalvertretungsvorschriften nach ihrer Rechtsnatur als Verordnung darstellen.
Diesen Verordnungen fehlt aber die gesetzliche Grundlage, so dass sie gemäß Artikel 18 Abs. 2 der
Bundesverfassung verfassungswidrig sind, weil sie eben dem Artikel 18 Abs. 2 BGV. Widersprechen.
Damit, sehr verehrte Damen und Herren, ist ein neuerlicher Beweis erbracht, dass die Mehrheit, ob sie
sich nun im Landtag oder in der Landesregierung oder sonst wo manifestiert, keine Garantie für die
Erhaltung beziehungsweise Einhaltung der Bundesverfassung bietet. Es wirft sich die Frage auf, was
die Personalvertretung nunmehr ist. (Abg. Ludwig: Da kann ich die Antwort geben.) Sie ist weder eine
gesetzlich berufliche Vertretung noch eine Einrichtung, die durch die Vereinbarung der politischen
Parteien gedeckt ist. Sie ist nicht einmal ein Verein. Nach dem Vereinsgesetz müsste sie nämlich bei
der Vereinsbehörde angemeldet werden oder sein. Das soll aber nicht meine oder unsere Sorge sein,
darüber mögen sich andere den Kopf zerbrechen. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal
ausdrücklich betonen, dass wir nicht gegen die Institution einer Personalvertretung an sich sind, nu
müsste eine gesetzliche Grundlage da sein, gesetzliche Normen geschaffen sein, die die
Personalvertretung entsprechend rechtlich garantieren. Eine Personalvertretung als einseitige
Machtinstitution einer politischen Partei müssen wird, das werden Sie auch verstehen, ablehnen.
(Abg. Ludwig: auch in Wien, bei Bundesbahn, Post, usw.?) Diese Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes hat auch eine finanzielle Auswirkung, die dem Herren Finanzreferenten
sicher willkommen sein wird. Er hat ja sehr viele Wünsche in den letzten Tagen herangetragen
bekommen und hat auch zum Ausdruck gebracht: Na ja, es wäre recht schön wenn die Herrn
Abgeordneten gleichzeitig auch Bedeckungsvorschläge machen würden. In diesem Zusammenhang
bin ich als erster in der Lage – allerdings nur für eine kleine Summe, aber es ist immerhin etwas -,
Ihnen, Herr Finanzreferent, einen Ausweg zu schaffen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf
den Voranschlagsansatz in der Gruppe 0, der der Personalvertretung für das kommende Jahr eine
doppelt so hohe Dotierung wie für 1965 gewährt. Es sind das 200.000 S. Dies ist nur ein kleiner
Betrag, aber immerhin etwas, was uns zur Verfügung steht. Die rechtssubjektive Gegebenheit für die
Auszahlung ist damit meines Erachtens in Frage gestellt. (Zwischenruf: Bravo, Herr Kollege!)
Meinen Kollegen Ludwig möchte ich abschließend im besonderen ansprechen. In der Diskussion um
die Gruppe 0 haben Sie mir gesagt, ich wäre böse, weil ich bei den letzten Gewerkschaftswahlen von
der Stelle des ersten Vorsitzenden in der Landessektion Landesanstalten und Betriebe auf die zweite
Stelle zurückgefallen bin. Herr Kollege Ludwig, ich war und bin nicht böse. Wir haben damals auf
Grund einer einvernehmlich festgelegten Wahlordnung gewählt. Die Entscheidung der Wähler hat
mich an die zweite Stalle gesetzt; Ihre Entthronung erfolgte auf Grund einer Eintscheidung des
Verfassungsgerichtshofes. Ich hoffe nur, Sie sind nicht allzulange böse. (Beifall bei den Sozialisten.)
DRITTER PRÄSIDIENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Ludwig.
Abg. LUDWIG: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Anhang zum Budget finden
Sie wie alljährlich den Dienstpostenplan, und zwar den Dienstpostenplan für die Landesbediensteten
für das kommende Jahr. Dieser Dienstpostenplan gliedert sich in drei Gruppen: in die allgemeine
Verwaltung und in die Sonderverwaltung; die dritte Gruppe umfaßt die Schulen und sonstigen
Bediensteten. Es war bei den Verbandlungen, und zwar in den letzten Wochen, möglich, diesen
Dienstpostenplan dem Stand der Landesbediensteten anzupassen. Es dürfte allgemein bekannt sein,
daß die Altersstruktur der Landesbediensteten sehr ungünstig liegt. 1945 sind sehr viele gleichaltrige
Landesbedienstete beim Land in den Dienst getreten, und man hat den Dienstpostenplan hinsichtlich
der Oberposten immer mitübernommen. Gerade die Personalvertretung war es in den letzten
Wochen, die versucht hat, diesem Umstand Rechnung zu tragen und gewisse Topfpfosten in
Oberposten umzuwandeln. Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in reichlichem Maß
gelungen. Es wird also möglich sein, im Jahre 1966 den Wünschen des Personals Rechnung zu
tragen und auch jene zu befördern, die bis jetzt keine Aussicht darauf hatten.
Wenn Kollege Bieder erklärt hat, der Dienstpostenplan oder die Stellen vermehren sich um 339
Posten, so entspricht das den Tatsachen. Ich habe bereits bei der Gruppe 0 erklärt, daß dies auf
Grund der gesetzlichen Bestimmungen unter Verbesserung der Dienstpragmatik notwendig ist, dein
es sind in erster Linie die Urlaubsbestimmungen verbessert worden. Wir brauchen allein etwas über
100 Bedienstete in Anstalten und Betrieben, denn es ist einer Pflegerin, einem Pfleger oder einer
Krankenschwester nicht zuzumuten, daß sie vermehrten Dienst auf sich nehmen, wenn wir die
Möglichkeit haben, Personal einzustellen. Kollege Bieder hat auch erklärt, daß 500 Posten im Jahre
1966 beisetzt werden könnten. Ich glaube, er müßte addieren, es sind 500 Posten zur Zeit nicht
besetzt, weil wir das Personal nicht bekommen. Wir brauchen aber in anderen Sparten das Personal,
infolgedessen müßte auch hier Vorsorge getroffen werden. Es könnten also im Jahre 1966 im Land
Niederösterreich 840 Posten besetzt werden. Dies wird auch im Jahre 1966 nicht überall möglich sein,
weil eben das Personal nicht vorhanden ist. Wir bekommen keine Techniker und sonstiges Personal.
Es wurde vom Kollegen Bieder auch die Personalvertretung angerührt. Ich möchte auch hier einiges
sagen. Es dürfte allgemein bekannt sein, daß im Jahre 1962 auf Grund des sogenannten FiglErlasses diese Wahlen durchgeführt wurden. Bei diesen Wahlen am 15., 16. und 17. Oktober 1962
hat eben die Fraktion christlicher Gewerkschafter und ÖAAB 94 Prozent der Wählerstimmen erhalten
(Beifall bei der ÖVP.); die Sozialisten haben lediglich 619 Stimmen und somit 6 Prozent erhalten. Die
Kollegen im Landesdienst, auch die sozialistischen Kollegen, haben bei den konstituierenden
Sitzungen, sowohl der Zentralpersonalvertretung - siehe Hofrat Rohacik - und der einzelnen
Dienststellenpersonalvertretungen, mitgemacht. Sie waren sogar bei der Vorstellung beim verewigten
Landeshauptmann Diplomingenieur Dr. Figl dabei. Sie haben dort erklärt, sie würden mitmachen, und
es freue sie, daß sie die Möglichkeit hätten, nun im Rahmen einer gewählten Vertretung
mitzuarbeiten. Diese Freude war aber leider nur von kurzer Dauer, denn einige Wochen später kam
aus der Löweilstraße die Weisung, sie dürfen an den Sitzungen der Personalvertretung nicht
teilnehmen. Sie haben uns dies schriftlich mitgeteilt, und die Kollegen im Landesdienst, auch die der
sozialistischen Fraktion, bedauern das jetzt noch. Man möge die Fraktionsführer der Sozialisten
fragen. Lediglich die Parteihierarchie der Sozialisten hat diese Mitarbeit untersagt.
Wir hätten auf diese Angriffe eingehen und auch bei den Personalmaßnahmen reagieren sollen. Wir
wollten aber die Kollegen der sozialistischen Fraktion nicht schädigen, weil ihr Wille zur
Zusammenarbeit da war, aber die Weisung war eben eine andere. Nun hat der Kollege Bieder
irgendwie freudig erklärt: Jetzt ist diese Personalvertretung aufgehoben! Und auch die „ArbeiterZeitung“ schreibt erfreut über dieses Ereignis. Wenn man die Seite 2 der „Arbeiter- Zeitung" von heute
durchliest, so ersieht man daraus die Richtigkeit dieser Feststellung. Die Freude der SPÖLandtagsfraktion darüber, daß der Verfassungsgerichtshof einige Personalvertretungsvorschriften
aufgehoben hat, ist die Freude über ein 20jäihriges Versagen auf Bundesebene. Vom Standpunkt
einer lebendigen und aktiven Politik müßte man eine solche Haltung der Sozialisten als Perversion
bezeichnen. (Ruf bei der SPÖ: Wir leben in einem Rechtsstaat! - Abg. Grünzweig: Was ist das, eine
Perversion? - Abg. Rösch: Sagen Sie es deutsch!) Ich möchte aber jetzt gleich weitergehen und hier
einen Artikel aus der „Arbeiter-Zeitung“ verlesen. Ich berufe mich hier auf die Worte des Herrn
Abgeordneten Marsch, der gestern vor Mitternacht erklärte, er lese einen Artikel aus einer Zeitung, die
seiner Partei nicht nahe stehe, vor. Ich glaube, wenn ich nun einen Artikel aus der „Arbeiter-Zeitung“
zitiere, dann kann wirklich niemand behaupten, dass dieser Artikel von der ÖVP geschrieben wurde.
Sie können diesen Artikel wortwörtlich nachlesen, er stammt aus der „Arbeiter- Zeitung" vom
Dienstag, 3. April 1962, und da heißt es also:
„Wiens Gemeindebediensten wählen - Abgeordneter Pölzer über die Leistungen der sozialistischen
Mandatare.
Rund 49.000 Wiener Gemeindebedienstete werden Mittwoch ihre Vertrauenspersonen wählen; es gibt
bei den Wiener Gemeindebediensteten nur 37 Außenseiter…“ Dies erklärte der Vorsitzende der
Gewerkschaft, Abg. Pölzer, in einem Interview.
Gewählt wird nach einer Bedienstetenvertretungsvorschrift, die mit der Gemeindeverwaltung
vereinbart wurde. Diese Bedienstetenvertretungsvorschrift war bis zum Jahre 1950 sogar ein
Landesgesetz. „Den superklugen Kommunisten", sagte Pölzer, „die in allein ihren Erklärungen immer
wieder zum Ausdruck bringen, daß ihnen an einer wirksamen Personalvertretung so viel liegt, war es
vorbehalten, den Verfassungsgerichtshof anzurufen" (Abg. Reiter: Hört, hört, das ist interessant! Herr
Staatssekretär, was sagen Sie dazu? - Abg. Rösch: Sofort!), „der dann dieses Landesgesetz mit der
Begründung aufgehoben hat, daß die Schaffung eines Personalvertretungsgesetzes Bundessache
ist."
Ich frage nun die Sozialisten hier um Hohen Haus, ob sie vielleicht jetzt die Stellung der Kommunisten
einnehmen und vielleicht auch „superklug“ sind, um bei diesem Ausdruck in dem Artikel zu bleiben?
Ich zitiere weiter:
„Die Kommunisten glaubten, damit eine wirksame Vertretung des Personals unmöglich zu machen.
Sie hatten sich aber bei dieser Annahme gründlich geirrt…“So zu lesen in der „Arbeiter-Zeitung".
Dann heißt es in einem neuen Absatz: „Der Wiener Bürgermeister ist es, der im Wiener Gemeinderat
nach jeder Wahl verkündet, daß die Verwaltung der Stadt Wien bereit ist, die
Bedienstetenvertretungsvorschrift anzuerkennen, und daß sie auch willens ist, den
Vertrauenspersonen, die durch die Wahl ermittelt wurden, in Ausübung ihres Mandats die
Immunitätsrechte zuzuerkennen."
In demselben Artikel steht dann zu lesen:
„Wir Sozialisten haben bei den Letzten Wahlen im Jahre 1958 rund 80 Prozent der Stimmen auf Unis
vereinigen können. Das ist ein sehr hoher Prozentsatz, der nur erreicht wenden kann, wenn die
Wähler die Arbeit, die geleistet wurde, auch anerkennen."
Sehen Sie, meine Herren, auch unsere Landesbediensteten haben diese Arbeit anerkannt und haben
daher bei der Wahl eine dementsprechende Entscheidung getroffen.
Ich möchte Ihnen aber auch noch einen Artikel aus der „Arbeiter-Zeitung" vorlesen, der aus dem
heurigen Jahr stammt. Ich habe ihn sowohl in der Zeitung als auch ausgeschnitten vor mir. Beide
Ausschnitte sind aus der „Arbeiter-Zeitung" vom 22. Juni 1965. Ich glaube, da liegt ein Übersehen des
derzeitigen Chefredakteurs vor, denn somit könnte er nicht auf Seite 3 gegen die Landesbediensteten
polemisieren und auf Seite 5 dann etwas ganz anderes sagen. Ich möchte hier im Haus und vor allem
der sozialistischen Fraktion diesen Artikel vorlesen, damit Sie nicht glauben, ich würde etwas
Unwahres behaupten.
„ÖVP-Wahlmißbrauch vor Gericht. Zwei Wahlen in Körperschaften, in denen ÖVP-Organisationen die
unumschränkte Herrschaft ausüben, werden in der nächsten Zeit Nachspiele vor dem
Verfassungsgerichtshof haben . . In Niederösterreich hatte 1962 der damalige Landeshauptmann Figl
einen Erlaß herausgegeben, in dem Personalvertretungswahlen der Landmangestellten angeordnet
wurden. Abgesehen davon, daß es für diesen Erlaß keine Rechtsgrundlage gab, wurden diese
Wahlen unter dem unumschränkten Einfluß des ÖAAB durchgeführt. Das Ergebnis war
dementsprechend: Von rund 10.700 Wahlberechtigten gaben 10.200 ihre Stimme ab, davon entfielen
auf den ÖAAB 9174 und auf die sozialistischen Gewerkschafter 619 Stimmen. Die sozialistischen
Gewerkschafter haben die Wahlen unter anderem wegen des gesetzwidrigen Zustandekommens der
Wahl sowie wegen mißbräuchlicher Verwendung von Stimmzetteln . . . angefochten."
„Wahlrecht verweigert!" steht gleich daneben: „Die steirischen Bauernkammerwahlen werden von der
Organisation ,Steirisches Landvolk' angefochten, unter anderem deshalb, weil einer Reihe von
Personen das Wahlrecht verweigert worden war."
Zwei Seiten weiter können Sie in derselben Ausgabe der „Arbeiter-Zeitung" vom 22. Juni nun
folgenden Absatz lesen:
„Bei der Stadtgemeinde Neunkirchen fanden vor kurzem die Personalvertretungswahlen der
Gemeindebediensteten statt. Von den 106 Wahlberechtigten in der Hoheitsverwaltung wurden 101
Stimmen abgegeben. Alle entfielen auf die Liste sozialistischer Gewerkschafter. Von den 263
Wahlberechtigten im Krankenhaus wurden 253 Stimmen abgegeben. Auch sie entfielen zur Gänze auf
die Liste sozialistischer Gewerkschafter."
Da wir im Hohen Hans den Bürgermeister von Neunkirchen, den Herrn Abgeordneten Gerhartl, sitzen
haben, möchte ich nur die Frage an ihn Eichten, ob wir in Neunkirchen überhaupt keinen ÖVPAngehörigen oder -Bediensteten haben, der auch in dieser Gemeinde- oder Krankenhausverwaltung
unterkommen könnte (Abg. Czidlik: Schicken Sie uns einen, sofort!), denn es wurde drei Tage
hindurch sowohl vom Kollegen Czidlik wie auch von anderen hier polemisiert, im Landesdienst müßte
auf Grund der Wahlergebnisse 60:40 vorgegangen werden. Ich frage nun im konkreten Fall
Neunkirchen, ob man nicht auch dort so vorgehen könnte. (Abgeordneter Czidlik: Ja, schicken Sie uns
welche, wir nehmen sie sofort auf!) Aber ich glaube, dort, wo die Sozialisten an der Macht sind, darf
keiner von uns hineinkommen. Wir können immer noch stolz sagen: Wir haben ja die Sozialisten im
Land Niederösterreich. (Abg. Bieder: Beispiele, Beispiele!)
Ich möchte aber einen weiteren Artikel der „Arbeiter-Zeitung" vom 2. Dezember vorlesen. (Abg. Graf:
Bekommen Sie eine Provision von der AZ?) Ja, ja, vom Kreuzer krieg' ich sie, der in dieselbe Zeitung
drei verschiedene Meinungen wirft. Im Handelsministerium wurden am Dienstag die
Personalvertretungswahlen abgeschlossen. Von den gültigen Stimmen entfielen 4800, das sind 71
Prozent, lauf den ÖAAB rund 1950 Stimmen oder 28,6 Prozent auf die Fraktion sozialistischer
Gewerkschafter. Der ÖAAB erhielt demnach acht und die SPÖ drei Mandate. Der Erfolg der
sozialistischen Gewerkschafter ist beachtenswert. Ich möchte die Herren von der sozialistischen
Fraktion darauf hinweisen, daß es auch dort noch kein Gesetz gibt und die Wahlen auf Grund
desselben Erlasses wie in Niederösterreich stattfanden. Ich glaube, Sie werden diesen Erlaß dort fast
wortwörtlich vorfinden, aber die Sozialisten werden ihn dort nicht anfechten, da sie immerhin 28
Prozent und nicht nur 6 Prozent auf sich vereinigen konnten. Ich könnte jetzt noch viele
diesbezügliche Artikel aus der „Arbeiter-Zeitung" vorlesen (Abgeordneter Staatssekretär Rösch: Wir
haben Zeit!), möchte es aber nicht mehr tun, sondern nur noch den Erlaß des Bundesministers für
soziale Verwaltung bekanntgeben. Der Herr Bundesminister hat an die Herren Leiter der
nachgeordneten Dienststellen die Weisung erteilt, daß diese in allen Angelegenheiten die
Personalvertreter hinzuzuziehen haben. Jetzt frage ich Sie, nach welcher gesetzlichen Grundlage das
geschieht. Die Weisung wurde nur deswegen gegeben, weil bloß sozialistische Personalvertreter
fungieren und kein einziger von unserer Fraktion. Das stimmt schon, da braucht der Herr
Staatssekretär Rösch gar keine solchen Bewegungen machen. Ich stelle hier nur Tatsachen fest,
Tatsachen, die bereits in allen Stellen der Länder und des Bundes gelten. Ich möchte auch nicht dein
letzten Erlaß des Herrn Inneinministers zur Verlesung bringen, der auch nichts anderes enthält, will
aber einige Worte über die von den Sozialisten so bekämpfte Personalvertretung sagen, die angeblich
so schlecht war beziehungsweise in den letzten Jahren für das Personal nichts geleistet hat. Es dürfte
allen Landesbediensteten bekannt sein, daß die Personalvertretung ihre Erfolge ohne Mitwirkung der
Sozialisten erzielen konnte. Das möchte ich hier in diesem Hause festgestellt haben. Gewisse
Herrschaften, die nach außen hin nichts unversucht lassen, sich als Wahrer der Rechte der
Arbeitnehmer herauszustellen, innerlich aber eher beamtenfeindlich eingestellt sind, würden es noch
immer gerne sehen, wenn im niederösterreichischen Landesdienst eine Personalvertretung, wie sie
die Landesbediensteten selbst wünschen, verboten werden könnte.
Meine Damen und Herren! Noch schützt die österreichische Rechtsordnung das freie
Vereinigungsrecht. Leider hat das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich zum Schutz seiner
Interessen frei mit anderen zusammenzuschließen. Wenn nun Zweifel darüber geäußert werden, ob
die Schaffung einer Personalvertretung der niederösterreichischen Landesbediensteten zulässig sei
oder nicht beziehungsweise der Verfassung zuwiderlaufe, so gehen diese an der Wirklichkeit vorbei.
Es wird doch niemand ernstlich behaupten können, daß die Landesbediensteten vom Recht
ausgeschlossen sind, sich friedlich zu versammeln und sich zum Schutz ihrer Interessen frei
zusammmenzuschließen, einem Recht, das jedem Staatsbürger zukommt. Dieses Recht haben wir
niederösterreichische Landesbedienstete ausgeübt, werden es weiter ausüben und uns von
niemanden daran hindern lassen. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP sowie auf der Galerie. - Abg.
Staatssekretär Rösch: Herr Präsident, sehen Sie auf die Galerie! Das ist ja eine
Betriebsversammlung! - Präsident Weiß: Ich kann nicht sofort reagieren. Ich bitte,
Beifallskundgebungen auf der Galerie zu unterlassen.) Es war offenbar nur gestern möglich, daß man
die Galerie füllte, als der Abg. Marsch über die Landesgesellschaften sprach. (Präsident Weiss gibt
das Glockenzeichen.) Wenn es aber um die ureigensten Interessen der Landesbediensteten geht,
dann dürfen nach Meinung der Sozialisten unsere Kollegen nicht zuhören.
Meine Damen und Herren! Die Personalvertretung besteht bereits. Sie wurde nach den Grundsätzen
einer freien demokratischen Gesellschaft gewählt und von den Gewählten gestaltet. Sie arbeitet nach
denselben Grundsätzen wie jede andere Interessensvertretung, und ihre Ziele werden im
wesentlichen von den vielfältigen beruflichen Interessen ihrer Mitglieder bestimmt. (Unruhe. Präsident Weiß gibt das Glockenzeichen.) Was die Form ihrer Errichtung in formaljuristischer Hinsicht
anlangt, beunruhigt uns die Feststellung nicht, daß in ihrem Kleid noch kleine Schönheitsfehler zu
entdecken sind, die der Formaljurist und strenge Richter in seiner Sprache als Mängel bezeichnet und
die ihn zwingen, da und dort Anordnungen auszuheben. Die Personalvertretung ist von der gestrigen
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nicht überrascht worden. Sie kennt diese Formalmängel
selbst seit Beginn ihrer Funktion. Aus der Tatsache, daß der Verfassungsgerichtshof aber nur einzelne
Bestimmungen aufgehoben hat, ist jedoch zu ersehen, daß auch er das Recht der Beamten auf eine
Vertretung anerkennt. Die Schuld an diesen beanstandeten Formmängel und Formfehlern liegt aber
nicht bei den Bediensteten des Landes Niederösterreich, sondern beim Bundesgesetzgeber, der in
den 20 Jahren des Bestehens der Zweiten Republik nicht in der Lage war, Grundsätze aufzustellen,
an die man sich bei der Errichtung einer Personalvertretung hätte halten können. Die
Landesbediensteten waren aber nicht so phantasielos und haben mangels eines geeigneten Schemas
die Hände in den Schoß gelegt. Sie haben improvisiert und die Regeln, die der Gesetzgeber hätte
aufstellen sollen, vorläufig selbst geschaffen und sind unter Beachtung aller demokratischen
Grundsätze zur Durchführung dieser Wahl geschritten. Wir geben ohne weiteres zu, dass die
Landesbediensteten glücklicher wären, wenn ihrer Vertretung ein Gesetz zugrunde läge. Aber kann
man denn wirklich behaupten, dass Einrichtungen des Arbeitsrechtes erst dann bestehen dürfen,
wenn ein Gesetz erlassen worden ist? Waren etwa vor Erlassung des Betriebsrätegesetzes keine
Vertrauensmänner und Betriebsräte in den Betrieben? Was hätten Sie, meine Herren von der
Sozialistischen Partei, damals darauf geantwortet, wenn man Ihnen gesagt hätte, die
Vertrauensmänner in den Betrieben seien verfassungswidrig?
Sie bestanden eben, weil sie die Belegschaft gewählt hatten, und erst später wurde ihre Einrichtung
gesetzlich fundiert. Auch das können Sie, meine Damen und Herren, in den Erläuterungen der
Regierungsvorlage des Betriebsrätegesetzes nachlesen. Heute spielt sich genau die gleiche
Entwicklung bei den Beamten und Bediensteten des öffentlichen Dienstes ab, und niemand kann die
öffentlichen Bediensteten daran hindern, eine Personalvertretung nach ihren Wünschen zu
bestimmen, und niemand kann die Berechtigung dieses Wunsches leugnen. Es wird Sache des
Gesetzgebers sein, ehestens ein in den Gesetzen und internationalen Konventionen garantiertes
Recht der Arbeitnehmer auch den öffentlich Bediensteten zugänglich zu machen, damit ihnen die
ungestörte Ausübung ihrer Rechte gewährleistet ist. Es geht daher heute gar nicht mehr um die Frage,
on eine Personalvertretung bestehen darf oder nicht, denn ihre Existenz ist bereits eine Tatsache
geworden. Eine Tatsache, zu der sich die Landesbediensteten durch eine Wahl von 96 Prozent
bekannt haben, und der deshalb bereits heute die normative Kraft des Faktischen innewohnt. Es geht
im gegenwärtigen Zeitpunkt lediglich darum, dieser Tatsache Rechnung zu tragen und der Institution
jene Grundlage zu verschaffen, die ein ungestörtes Arbeiten ermöglichen. Jeder Prügel, der ihr vor die
Füße geworfen wird, kann ja den Weg nur beschwerlicher machen, aufhalten oder von ihrem Ziel
abbringen kann sie niemand. Die niederösterreichische Landesregierung wäre daher zu ersuchen,
alles in ihrer Macht Stehende zu tun und zu unternehmen, um der Dienstnehmervertretung jenes
formaljuristische Kleid zu verschaffen, das ihr im Rahmen unserer Rechtsordnung zukommt. Das
Fundament der Personalvertretung braucht von Ihnen, meine Damen und Herren, in keinem Gesetz
gesucht werden, dieses Fundament ist auf dem Willen tausender Landesbediensteter begründet, die
durch ihre Teilnahme an den Wahlen zur Personalvertretung freiwillig und eindeutig bekundet haben,
was sie wünschen.
Bevor ich aber einen Resolutionsantrag stelle, möchte ich noch einmal kurz zusammenfassen
- damit mir nicht etwas Falsches schoben werden könnte - und bekanntgeben: 1. Die ÖVP wird
selbstverständlich das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über den sogenannten „Figl-Erlaß
vom Jahre 1962" und, Teile der Personalvertretung und Wahlordnung respektieren. 2. Mit der
Anfechtung der Personalvertretungswahlen 1962 im niederösterreichischen Landesdienst spielt die
SPÖ dieselbe Rolle wie die KPÖ, die seinerzeit den Personalvertretungserlaß des ehemaligen
Bürgermeisters von Wien, Körner, angefochten hat. 3. Mit der Anfechtung hat die SPÖ aber auch ihre
wahre Einstellung zu einer gewählten Personalvertretung dokumentiert. Wo sie eine sichere Mehrheit
erwartet und glaubt, die Personalvertretung für ihre Zwecke ausnützen zu können, dort ist sie für die
Personalvertretung, wo sie ihr nicht dienlich ist, das heißt, wo die SPÖ in der Minderheit ist, bekämpft
sie diese Einrichtung. 4. Nach der eindeutigen Willlenskundgebung der Personalvertretung 1962 kann
es, unabhängig von formalen Fragen, keine Anerkennung bestellter, also dem Willen der
Beamtenschaft Niederösterreichs nicht entsprechender Personalvertreter mehr geben. Ich stelle daher
folgenden Resolutionsantrag zum Dienstpostenplan des Landes Niederösterreichs für das Jahr 1966
(liest):
„Die Landesregierung wird aufgefordert, in Anbetracht des Erkenntnisses des
Verfassungsgerichtshofes vom16. Dezember 1965, betreffend die niederösterreichischen
Personalvertretungsvorschriften, der Tatsache des Bestehens der in demokratischer Weise 1962
gewählten Personalvertretung Rechnung zu tragen und durch geeignete Maßnahmen das den
niederösterreichischen Landesbediensteten verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf
Vertretung ihrer Standesinteressen durch gewählte Organe weiterhin zu garantieren."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte hierüber zu eröffnen.
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort gelangt Herr Abg. Staatssekretär R ö s c h.
Abg. Staatssekretär RÖSCH: Herr Präsident, Hohes Haus! Im Zusammenhang mit ,der Diskussion
über den Dienstpostenplan entwickelt sich nun - wie ich glaube - eine nicht uninteressante Diskussion
über die Frage Personalvertretung, Personalvertretungswahlen, Vertretung in der Demokratie usw. Ich
möchte, damit auch hier kein Mißverständnis entsteht, weil wir äußerst dagegen protestiert haben,
daß sich Anwesende auf der Galerie durch Beifall in die Verhandlungen einmengen, klar feststellen:
lm Gegenteil, wir begrüßen es, daß, entsprechend dem Erlaß des Herrn Landeshauptmannes, daß
Bedienstete des Landes an den Verhandlungen während der Dienstzeit nicht teilnehmen, wenn dies
nicht von den Dienstvorständen angeordnet wird, diese Anordnung heute getroffen wurde, so daß also
wirklich die Möglichkeit besteht, in einer freien, demokratischen Diskussion den Bediensteten die
Auffassungen der beiden Parteien dieses Hauses darzutun. Ich möchte nochmals sagen, ich weiß
nicht, ob es vom Landeshauptmann persönlich veranlaßt wurde, daß alle anwesend sind, aber sicher
von den Amtsvorständen; wir danken dafür. (Präs. Reiter: Es sind noch nicht alle 4000, nur ein kleiner
Teil) Anders wäre es nicht möglich, daß sie hier sind, da der Erlaß des Herrn Landeshauptmannes
das ausdrücklich anordnet. Ich betone nochmals, ich beanstande es nicht, ich nehme an, daß es mit
Willen und Wunsch des Herrn Landeshauptmannes geschehen ist, daß ein Teil der Bediensteten
beordert wurde, hier anwesend zu sein.
Nun zur Problematik selbst. Wir haben, als diese Personalvertretungswahlen damals ausgeschrieben
wurden, schon eine Auseinandersetzung gehabt. Es geht nicht darum, ob Personalvertretungswahlen
oder nicht, um das geht es Überhaupt nicht! Ich glaube, niemand wird daran zweifeln, wenn er die
Geschichte der sozialistischen Gewerkschaftsbewegung nur einigermaßen kennt, daß wir
selbstverständlich für die Vertretung der Bediensteten gegenüber dem Dienstgeber sind. Das laßt sich
auch kaum durch noch so schön formulierte Erklärungen aus der Welt schaffen, das ist ja in der
Zwischenzeit schon in die Geschichte, nicht nur der Republik, sondern des Kontinents, eingegangen.
Die Frage ist nur, wie man zu solchen Personalvertretungen kommt. Es gilbt zwei Möglichkeiten. Die
eine ist die, daß man sich in einem Rechtstaat zusammensetzt, eine dementsprechende rechtliche
Grundlage schafft und auf Grund dieser rechtlichen Grundlage diese Wahlen durchführt. Das ist für
die gesamte private Wirtschaft in der Zweiten Republik geschehen. Die beiden großen Parteien haben
sich auf das Betriebsrätegesetz geeinigt und haben damit eine Vertretung der Arbeitnehmer
gegenüber dem Arbeitgeber geschaffen. Für den öffentlichen Dienst ist es bis heute zu einer solchen
gesetzlichen Fundierung nicht gekommen. Ich stimme mit Abg. Ludwig und allen überein, die immer
wieder sagen, wir beidauern das sehr. Mit einer Anzahl der Herren haben wir uns beim letzten großen
Kongreß der Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten getroffen, und wir waren alle der Meinung, daß
die Erklärungen des dortigen Präsidiums und der Vertreter aller im Gewerkschaftsbund vertretenen
Parteien mit der Forderung nach einer möglichst baldigen Schaffung einer rechtlichen Grundlage für
ein solches Personalvertretungsgesetz mit Beifall aufzunehmen sind. Es ist scheinbar im öffentlichen
Dienst etwas schwieriger, zu einer solchen rechtlichen Grundlage zu kommen, als in der
Privatwirtschaft. Warum? Das ist ganz logisch. Im öffentlichen Dienst sitzt sozusagen bei der
Gesetzeserstellung der Dienstgeber mit dabei, wenn das Gesetz gemacht wird. Denn wer macht das
Gesetz? Natürlich, die Bundesregierung arbeitet einen Entwurf aus, aber die Bundesregierung ihrerseits ist wieder gleichzeitig der Dienstgeber. Die Beamtenschaft, die Bürokratie, die so etwas machen
muß, (ist gleichzeitig wiederum so hoch in der Hierarchie, denn es sind nicht subalterne Beamte, die
Gesetzentwürfe .ausarbeiten, es ist also alles so eng verflochten, und es ist (daher sehr schwierig, zu
diesem Gesetz zu kommen. Ich bin überzeugt, wir werden dieses Gesetz erreichen, aber das ist - wie
gesagt - noch nicht da. Ein Bundesgesetz ist die eine Möglichkeit, zu solchen Vertretungen im
Rechtsstaat zu kommen. Es gibt noch eine zweite Möglichkeit, und das ist die, daß sich nicht im
Widerspruch zum Rechtsstaat, sondern im Rahmen [der rechts- staatlichen Begriffe die großen
politischen Gruppen zusammensetzen und zu einer Vereinbarung kommen. Auch [das ist erfolgt, das
möchte ich ausdrücklich feststellen. Darüber hat nämlich (der Herr Abg. Ludwig überhaupt nicht
gesprochen. Diese Vereinbarung der beiden großen Parteien, die bis zur Erlassung eines
entsprechenden Gesetzes gelten sollte, ist bereits zu Beginn der Zweiten Republik geschaffen
worden.
Herr Abg. Ludwig meinte, (der sogenannte Figl-Erlaß sei aufgehoben worden. Nein! Der Erlaß des
Landeshauptmannes von Niederösterreich ist durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden.
Der sogenannte Figl-Erlaß besteht heute noch; denn das ist nämlich etwas anderes. Jeder, der sich
mit der Materie beschäftigt hat, weiß das. Der sogenannte Figl-Erlaß entstand unmittelbar nach der
Entstehung der Zweiten Republik und regelte die Personalvertretung für Iden gesamten öffentlichen
Dienst, und zwar in Form eines Übereinkommens, ich sage noch einmal, in Form eines
Kompromisses. Man sagte: Damit die öffentlich Bediensteten eine Vertretung haben, sollen nach
diesen und jenen Gründsätzen diese Vertretungen eingerichtet wenden. Dieser Figl-Erlaß, den der
damalige Bundeskanzler Figl herausgegeben hat, wurde im vollen Einvernehmen der politischen
Kräfte erlassen. 'Er ist heute noch in Kraft. Er wird im größten Teil des öffentlichen Dienstes
tatsächlich auch angewendet. Allerdings ist man ungefähr 18 oder 19 Jahre später mit dem, was man
ursprünglich vereinbart hatte, :nicht mehr zufrieden und versucht, den vereinbarten Erlaß statt durch
ein Gesetz durch Oktrois - ich halbe Sie zuvor gebeten, deutsch zu reden; ,auch ich werde das tun -,
also durch Nötigungen zu ersetzen, durch Bestimmungen, die man den Leuten aufzwingt. Dagegen
und gegen sonst .nichts wendet sich unser Protest!
Kollege Ludwig schnitt dann die Frage .an, wie die Verhältnisse in Wien sind. Nebenbei hat .er auch
im Niederösterreichischen Landtag noch schnell das Viecherl der roten Katze mobil gemacht. Er hat
gesagt: Also seht, die Sozialisten Niederösterreichs sind wie die Kommunisten geworden! - Schön, ich
begreife es, daß man so etwas vor dem 6. März sagt. Ihr Generalsekretär .hat dieses Viecherl jetzt
glücklich zum Leben gebracht, lassen wir es also rennen! (Abg. Reiter: Das Viecherl lebt! Das ist ein
recht großes Viech!) Nun freilich, Sie werden es (schon aufblasen, hoffentlich platzt es nicht!
(Heiterkeit. - Abgeordneter Stangler: Dafür sorgen ja Sie, daß es groß wird!)
Nebenbei wollte ich (bemerken: Es ist hoch interessant, mit welch „furchtbaren'' Leuten Sie .sich 20
Jahre hindurch in der Regierung und Koalition zusammengesetzt haben, sollte all das, was Sie über
uns erzählen, stimmen. (Abg. Reiter: Sie erzählen ja nicht viel bessere Dinge!)
PRÄSIIDENT WEISS: Ich bitte, den Redner nicht zu unterbrechen.
Abg. Staatssekretär RÖSCH (fortsetzend): Die Herren können sich halt schwer zurückhalten, wenn sie
nervös werden. (Abgeordneter Dipl.-Ing. Robl: Das haben wir vorhin gesehen, als Ludwig sprach!)
Haben Sie sich abgeregt, Herr Kollege? Großartig!
Man sagte, daß man in Wien dasselbe gemacht habe. Dort haben die Kommunisten die Anfechtung
vorgenommen, die Sozialisten spielen also in Niederösterreich dieselbe Rolle. Herr Kollege Ludwig
hat allerdings darauf vergessen, doch auf einen Unterschied aufmerksam zu machen - er hat es
allerdings angedeutet -, nämlich auf den Unterschied, daß erstens einmal die
Personalvertretungswahlen in Wien auf Grund eines Gesetzes durchgeführt wurden. Wissen Sie, wie
dieses Gesetz zustande gekommen ist? Haben Sie sich das angesehen? 'Es war ein
Mehrheitsbeschluß des Wiener Landtages (gegen die Stimmen der Kommunisten; die beiden großen
Parteien haben dafür gestimmt. Ich habe zuvor erklärt: In der Demokratie gibt es solche Lösungen,
wenn sich die großen politischen Kräfte einigen.
Es war also eine übereinstimmende Willensäußerung der beiden Koalitionsparteien im Winer Rathaus,
welche die Kommunisten angefochten haben. Darin liegt nämlich der große Unterschied, denn der
Erlaß des Landeshauptmannes Figl aus dem Jahre 1962 faßte nicht auf einer Übereinstimmung der
beiden großen Parteien. Dieser Erlaß war nicht der Ausfluß eines Gesetzes, sondern war einseitig
zustande gekommen, und zwar völlig einseitig gegen den Protest der zweiten politischen Gruppe.
Darin liegt nämlich der große Unterschied.
Jetzt kommt der zweite Punkt. Sie sagten, dasselbe gelte für all das, was sie aufgezählt haben, für die
Eisenbahn und so weiter. Ich muß aber dazu feststellen, daß es dort überall übereinstimmende
Willensäußerungen gibt, lediglich die niederösterreichische Landesregierung ist mit der
Übereinstimmung der Bediensteten der Bundesbahnen nicht einverstanden und hat das angefochten.
Die Bundesbahner selbst, also die politischen Gruppen Ihrer Partei, unserer Partei und aller anderen
Parteien, sind damit einverstanden. (Abg. Stangler: Erzählen Sie keine Märchen! Das ist doch nicht
richtig!) Sie haben sich gemeinsam zu diesem Pensonalvertretungserlaß, als er herauskam, bekannt.
Er wurde nicht von drüben angefochten, sondern die niederösterreichische Landesregierung hat mit
einem Mehrheitsbeschluß zum Ausdruck gebracht, die Eisenbahner seien damit nicht zufrieden - und
das stellen wir, das stellt die niederösterreichische Landesregierung fest. Wir sind zwar nicht ihre
Dienstgeber, wir halben mit ihnen nichts zu tun, aber wir machen es sozusagen aus Revanche, weil
die Sozialisten Niederösterreichs den Erlaß des Landeshauptmannes von Niederösterreich
angefochten haben. Bitte, das ist eine etwas eigenartige Logik! (Abg. Stangler: Gleiches Recht für
alle!) Eben, gleiches Recht für alle! Man wird sehen, wie der Verfassungsgerichtshof entscheidet; das
wird man dann ja feststellen können.
Der Herr Abg. Ludwig sagte weiter: Die Sozialisten machen ja all das nur deswegen, weil sie so
schlecht abgeschnitten haben. Hätten sie besser abgeschnitten, dann wären sie ohnehin zufrieden.
Sie haben aber nur 6 Prozent erhalten. Man argumentiert so, wie man will. Zuerst hieß es, es seien
nur 6 Prozent, und deswegen seien die Sozialisten so unzufrieden. Dann spricht man davon, daß es
sogar 6 Prozent sind, um zu beweisen, wie demokratisch man ist. Er sagte dann, das .sei der Grund,
warum wir uns dagegen wehren. Sie haben dann .im Zusammenhang mit Wien von 80 Prozent,
glaube ich, gesprochen. (Abg. Ludwig: Das steht wortwörtlich in der „Arbeiter-Zeitung"!) Ich bestreite
es ja nicht. Ich weiß nicht, warum Sie so nervös sind. Sie sind anscheinend Ihren eigenen Aussagen
gegenüber sehr mißtrauisch, weil Sie immer gleich einen Beweis dafür bringen wollen. (Abg. Ludwig:
Muß ich!) Ich glaube 'es Ihnen ja. Niemand bezweifelt das, meine Herren! Wenn die Debatte über
dieses Thema heute in der Nacht stattgefunden hätte, dann würde ich Ihre Nervosität verstehen, denn
da war die Geisterstunde. Sie konnten sich aber in der Zwischenzeit ausruhen, also brauchen Sie
doch um 'Gottes Willen nicht so nervös zu sein.
Sie sagten also, daß in Wien die Sozialisten 80 Prozent erreicht haben, und da sei natürlich alles in
Ordnung.
Hohes Haus! überlegen Sie sich doch einmal folgendes: Hier dreht es sich doch einmal Wahlen von
Arbeitnehmervertretungen. Ich will jetzt nicht darüber rechten, wer eigentlich
Arbeitnehmervertretungen. Ich will jetzt nicht darüber rechten, wer eigentlich Arbeitnehmervertreter ist,
ob die Volkspartei oder die Sozialistische Partei. Das ist ja eine politische Philosophie. Gehen wir
vielmehr von der Realität aus. Daß sich natürlich die Arbeitnehmer – ich glaube, das werden Sie uns
nicht bestreiten – zu einem größeren Prozentsatz zur Sozialistischen Partei als zur Volkspartei
bekennen, liegt wohl auf der Hand. (Abg. Reiter: Nicht überall!) Herr Präsident! Rund 2,000.000 von
den 4,000.000 Wählern stimmen in Österreich für uns. Glauben Sie denn wirklich, daß in der Mehrzahl
Bauern und Gewerbetreibende die Sozialisten gewählt haben? (Abg. Reiter: Nein, nein!) Eben. Dann
muß doch der Großtel der 2,000.000 Stimmen von den Arbeitnehmern stammen. (Abg. Reiter: Ich
habe auch gesagt: Nicht überall! Herr Staatssekretär!) Nicht überall! Im Niederösterreichischen
Landhaus nicht (Heiterkeit bei der SPÖ) - darauf möchte ich ja kommen - aber ansonsten auf jeden
Fall. Normalerweise bekennen sich doch die Arbeitnehmer in einem .stärkeren Maße zur
Sozialistischen Partei. Es ist interessant, daß das jetzt Herr Präsident Reiter bestreitet. Herr
Landeshauptmann Hirsch, ich glaube, Sie werden im Wirtschaftsbund größere Schwierigkeiten
kriegen. (Landeshauptmannstellvertreter Hirsch: Das lassen Sie meine Sorge sein!) Ich .sehe nämlich,
daß unsere Stärke anscheinend auf den Wirtschaftstreibenden und nicht auf der Arbeiterschaft beruht.
(Abg. Stangler: Das braucht nicht ihre Sorge zu sein! Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf vom Hirsch!)
Ich bin wirklich froh darüber, daß ich mir über die Feststellungen des ÖAAB nicht den Kopf des
Wirtschaftsbundes zerbrechen muß. Da haben Sie recht.
Herr Präsident Reiter meinte, daß .das natürlich nicht überall so sei. Da es .sich also um verschiedene
Bundesländer handelt, kann er also nur meinen, daß es in Niederösterreich anders ist, denn
ansonsten wäre diese Behauptung sinnlos. (Abg. Reiter: Zistersdorf, Herr Staatssekretär!) Wir haben
einen Landesdienst für das ganze Bundesland Niederösterreich. Es ist kein Machtbereich der
Herrengasse, kein Machtbereich einzelner, sondern der Landesdienst erstreckt sich auf das ganze
Bundesland Niederösterreich. Daher müßte der Proporz, wenn ich .so sagen darf, dem tatsächlichen
Kräfteverhältnis im gesamten Bundesland Niederösterreich entsprechen.
Im Land Niederösterreich hat die Sozialistische Partei bei den Kammerwahlen 71 Prozent und die
Fraktion christlicher Gewerkschaftler nicht ganz 10 Prozent bekommen. (Abg. Cipin: Wo?) Bei der
Kammerwahl. (Abg. Stangler: 22 Prozent! - Präs. Reiter: Da müssen Sie gut nachsehen! - Abg.
Diplomingenieur Robl: Das haben Sie falsch aufgeschrieben! - Abg. Stangler: Das macht die lange
Nachtsitzung. Sie sind nicht ganz ausgeschlafen!) Sie sagten wieviel, Herr Kollege? (Abg. Cipin: 22
Prozent!) Schön! Ein paar Kommunisten waren auch noch, Freiheitliche ebenso; es war also .das
Verhältnis 71 Prozent zu 22 Prozent. (Zwischenruf bei der ÖVP: Sie lassen ja mit sich handeln!)
Vergleichen Sie jetzt dieses Verhältnis mit dem des niederösterreichischen Landesdienstes. Fällt
Ihnen da nicht auf, daß das Verhältnis 94 Prozent zu 6 Prozent in Niederösterreich die Sache direkt
auf den Kopf stellt? (Abgeordneter Cipin: Weil wir eine demokratische Wahl haben! - Abg. Wiesmayr:
Warum bist du in der niederösterreichischen Arbeiterkammer? - Abg. Stangler: Wissen Sie warum?
Weil er gewählt ist! - Abgeordneter Cipin: Bei den Arbeiterkammerwahlen müssen die Leute 20
Kilometer weit gehen! - Präs. Weiß: Bitte, weniger Zwischenrufe!) Ich glaube nämlich, Kollege
Wiesmayr stellte die Frage an Kollegen Cipin, warum er gewählt ist, weil er gestern seine Resolution,
die er am Arbeiterkammertag beschlossen hat, da niederstimmte. Sie werden es morgen in der
Zeitung lesen. Dort hat er dafür gestimmt, und gestern hat er sie hier abgelehnt. Daher fragt sich
Albgeordneter Wiesmayr natürlich, wozu er drüben gewählt ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Aber meine Damen und Herren, um wieder von dem etwas humoristischen Teil wegzukommen, es ist
doch selbstverständlich, daß dort, wo Arbeitnehmer gewählt werden, der Anteil der Sozialistischen
Partei in Österreich ein großer ist, der über dem Durchschnitt der sonstigen Wahlzahlen liegt. Das ist
natürlich. (Abg. Schlegl: Causa Hubsburg!) Denken Sie einmal darüber nach, ehe Sie einen
Zwischenruf machen. (Abgeordneter Stangler: Das ist wieder einmal Rösch!) Der Herr Abg. Schlegl
sitzt seit drei Tagen bei einer Budgetdebatte, macht den Mund nicht auf, und jetzt macht er
Zwischenrufe. (Abg. Schlegl: Das geht Sie gar nichts an!) Das muß einem doch eigenartig erscheinen.
(Abg. Schlegl: Aber Sie geht das nichts an!) Ich darf nur eine Bemerkung dazu machen. (Zwischenrufe
bei der ÖVP. - Präsident gibt das Glockenzeichen. - Präsident Weiss: Weniger Zwischenrufe, bitte! Ich ersuche, den- Redner nicht zu unterbrechen. Ich muß darauf aufmerksam machen im Hinblick auf
die Würde dieses Hauses!) Haben Sie es gehört, Herr Abg. Schlegl? Also fahren wir fort. (Abg.
Stangler: Das ist unerhört! - Abg. Dipl.-Ing. Robl: Das ist eine Gemeinheit!) Haben Sie sich wieder
beruhigt. Ich glaube, es ist doch selbstverständlich, daß der Anteil der Sozialistischen Partei bei
Arbeitnehmerwahlen größer ist als bei allgemeinen Wahlen überhaupt, weil das Hauptgewicht der
Sozialistischen Partei natürlich auf der Arbeitnehmerseite liegt. Wenn daher bei einer
Arbeitnehmerwahl im Niederösterreichischen Landhaus auf einmal nur 6 Prozent auf die Sozialistische
Partei entfallen, CO werden Sie sicherlich einsehen, daß etwas daran nicht stimmen kann. Man kann
nicht vergleichen und sagen, in Wien sind 80 Prozent. Das entspricht ja dem Verhältnis. In Wien
wählen ja auch 57 Prozent der gesamten Wähler sozialistisch. Das ist ein weitaus höherer
Prozentsatz als in Niederösterreich, wo wir nur 44 Prozent haben. Es ist an sich doch
selbstverständlich, daß dort die Ergebnisse anders sind. Einen Vergleich damit zu ziehen, sehe ich
überhaupt nicht ein.
Und zum Schluß noch etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren. Über alI das, möchte ich
sagen, kann man reden. Herr Kollege Ludwig hat noch gemeint, ein Erlaß des Herrn Sozialministers
sagt das. Der Erlaß des Herrn Sozialministers baut auf dem Figl-Erlaß auf. Die Personalvertretung im
Sozialministerium ist nicht gewählt, sie ist nach wie vor 50 zu 50 zusammengesetzt. Das ist .die
Personalvertretung .wie in ,allen Ministerien, sie ist 50 zu 50 der beiden Parteien zusammengesetzt;
daher ist der Erlaß des Herrn Sozialministers vollkommen gerechtfertigt, genauso wie der des Herrn
Landesverteidigungsministers, des Herrn Landwirtschaftsministers, des Herrn Unterrichtsministers.
Diese Erlässe sind alle auf derselben Basis aufgebaut, und zwar laut dem seinerzeitigen Figl-Erlaß mit
dem Ersuchen die Personalvertretung möglichst heranzuziehen. Ich würde nicht sagen, dass das
undemokratische ist. Ich glaube, der Herr Bundeskanzler Figl hat damals einen sehr ernsten
demokratischen Gedanken dabei gehabt. (Präs. Reiter: Damals!) Daß man ihm heute, wo er tot ist,
undemokratisches Verhalten vorwirft. (Prasident Reiter: Die Verhältnisse sind anders geworden!) Der
Erlaß ist aber heute noch gültig. Er kann sich doch nicht auf einmal in einen undemokratischen Erlaß
gewandelt haben, weil er 20 Jahre alt geworden ist. Sie wissen, daß gerade der Figl-Erlaß unter
Ausschluß des kommunistischen Vertreters erlassen wunde. (Abg. Stangler: Selbstverständlich
wissen wir das!) Dann dürfen Sie aber nicht erwähnen, daß die Kommunisten dabei waren.
(Zwischenruf bei der ÖVP.) Die haben damals bei dem Erlaß nicht mitgewirkt, der ist nur zwischen
den beiden großen Parteien gemacht worden. Aber über alle diese Fragen, wie Personalvertretung,
Recht, Unrecht usw., hat jetzt der Verfassungsgerichtshof entschieden, und wir können hoffen, daß
wir vielleicht noch einmal zu einem entsprechenden Gesetz kommen. Nur eines, meine Damen und
Herren, (das ist jetzt nicht Spaß, das sage ich mit aller Deutlichkeit. Die Erklärung des Herrn Abg.
Ludwig, die er vorhin verlesen hat, ist uns mehr als suspekt. Er hat erklärt: Der
Verfassungsgerichtshof hat zwar aufgehoben, aber die Personalvertretung besitzt die normative Kraft
des Faktischen, und es bedarf seiner Meinung nach nicht unbedingt des formal-juristischen Kleides.
So war ungefähr die Formulierung, soweit ich sie mitstenographieren konnte. (Abg. Ludwig: Es bedarf
nur noch des formal-juristischen Kleides!) Verzeihen, es bedarf nur noch des formal-juristischen
Kleides. Meine Damen und Herren, das ist im Rahmen des Rechtsstaates nicht möglich, denn auf
diesem formal-juristischen Kleid basiert bis zu einem gewissen Grad der Staat. Wenn ich nämlich
erkläre, daß ich zwar das fomal-juristische Kleid noch brauche, aber vorher machen kann, was ich will,
dann würden dadurch die Fundamente dieses Staates wahrscheinlich morsch werden und zu brechen
beginnen. Ich muß feststellen, diese Erklärung können wir nicht zur Kenntnis nehmen. Über ihre
Auffassung, politische Zweckmäßigkeit, Unzweckmäßigkeit, kann man reden, ,aber die Erklärung der
stärksten Partei des Hauses, eine vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Institution hat nach wie
vor die normative Kraft des Faktischen und bedarf nur noch des formal-juristischen Kleides, bedeutet
in Wirklichkeit eine Absage an die Rechtsstaatlichkeit und den rechtsstaatlichen Grundsatz dieses
Landes. (Abg. Stangler: Nicht so dramatisch!) Sie können das als nicht so dramatisch nehmen. Wir
können es nicht genug dramatisch nehmen, meine Herren, denn wir haben es schon einmal in diesem
Staate erlebt, wohin es führt, wenn ohne Bedacht auf das formal-juristische Kleid Entscheidungen
getroffen werden. Das hat einmal zum Untergang des Staates geführt, als man hergegangen ist und
aus grauer Vergangenheit ein Ermächtigungsgesetz hervorgezogen hat. Wir wollen das für die
Zukunft verhindern, und deswegen wollen wir mit aller Entschiedenheit sagen: Diesen Standpunkt
können wir nicht akzeptieren. Über die politische Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit, sind wir jederzeit
bereit, uns auseinanderzusetzen und auch zu diskutieren. (Lebhafter Beifall bei den Sozialisten.)
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort kommt noch einmal der Herr Abg. Ludwig.
Abg. LUDWIG: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Staatssekretär hat
hier klar seinen Standpunkt kundgetan. Er hat aber gesagt, er begrüßt es, daß auch für den öffentlich
Bediensteten diese Personalvertretung und Personalvertretungsvorschriften sowie die Gesetze
geschaffen werden. Ich glaube, es dürfte auch bekannt sein, daß bis zum Jahre 1962, und zwar bis
zum Inkrafttreten der Verfassungsgesetznovelle 1962 im Artikel 21 der Bundesverfassung, die
Personalvertretung verankert war, und zwar fanden Sie nur im Artikel 21 das Wort
,,Personalvertretung". Durch diese Verfassungsgesetznovelle ist dieser Begriff aus der
Bundesverfassung herausgenommen worden. Ich glaube also, man könnte auch argumentieren, daß
jetzt die Erlassung von Gesetzen bezüglich von Personalvertretungen nicht nur vom
Bundesgesetzgeber, sondern auch vom Landesgesetzgeber kommen könnte. Denn wenn in der
Bundesverfassung etwas nicht ausdrücklich geregelt ist - und ich glaube, Sie werden nichts mehr
finden -, dann fallen die Angelegenheiten in Artikel 15, und er sagt: Wenn nichts geregelt ist, ist es
Sache der Länder. Ich glaube also, es wird sich daher das Land Niederösterreich in absehbarer Zeit
mit dieser Personalvertretung zu beschäftigen haben. Der Kollege Abg. Rösch hat von der roten Katze
gesprochen. Bitte, das habe nicht ich erklärt, das waren seine Worte. Ich habe lediglich im
Zusammenhang mit der Personalvertretung einige Artikel aus der Arbeiter-Zeitung verlesen und
gelesen, daß es dort Kommunisten waren, die diese Personalvertretung angefochten haben. Ferner
wurde auch erklärt, es gäbe keinen Figl-Erlaß. Es gibt zwei Figl- Erlässe, und das dürfte den
Sozialisten bekannt sein, den Figl-Erlaß aus dem Jahre 1946 und den zweiten Figl-Erlaß - wie er sich
allgemein bezeichnet - aus dem Jahre 1962. Welche Unterschiede sind zwischen diesen beiden
Erlässen? Der erste Figl-Erlaß besagt, daß sich die Personalvertreter 50 zu 50 zusammenzusetzen
haben, und zwar werden diese Personallvertreter nicht gewählt, sondern von irgend jemandem
eingesetzt. Wir waren 1962 und auch schon früher der Meinung, diese Personalvertreter sollen nicht
eingesetzt werden, sondern gewählt werden. Und weil wir im Jahre 1962 gewählt haben, war dies ein
Verbrechen. Und zwar deshalb, weil wir die Jahre vorher der Meinung waren, die Zusammensetzung
50 zu 50 entspreche nicht den Tatsachen. Daß dies tatsächlich nicht den Tatsachen entsprochen hat,
haben auch die Wahlen 1962 bewiesen; wir werden den Landesbediensteten auch in der Zukunft nur
noch gewählte Vertreter zumuten und nicht eingesetzte Vertreter. Jeder Dienstnehmer soll die
Möglichkeit haben, seine Vertretung zu wählen. Man hat diese Möglichkeit den Bauern gegeben durch
die Bauernkammer, man bat sie den Gewerbetreibenden gegeben durch die Gewerbekammer, man
hat sie den Arbeitern gegeben durch die Arbeiterkammer, und man wird sie den öffentlichen
Dienstnehmern durch die Personalvertretung geben. Es wurde auch hier erklärt, der Proporz in der
Arbeiterkammer sei 72 zu 22. Wenn man bedenkt, daß in der Arbeiterkammer zirka 120 Bedienstete
sind und von diesen nur vier der OVP angehören, dann glaube ich, dürrfte auch das kein richtiger
Proporz sein. Wenn ich weiter bedenke, daß in den Gewerkschaftsinstitutionen die Angestellten nicht
unserer Fraktion angehören, denn wir haben im Gewerkschaftsbund Niederösterreichs etwas über 80
Angestellte, und davon gehören nur zwei unserer Fraktion an, dann dürfte das nicht ganz den
Tatsachen und Wünschen der Bevölkerung Niederösterreichs entsprechen. Wenn man immer wieder
von Verhältnissen spricht und sagt: Niederösterreich 94:6, dann muß ich sagen: Wien 95:5. Ich
glaube, auch in Wien hat die Österreichische Volkspartei . . . (Staatssekretär Rösch: 80 Prozent!) Ja,
in Ihrer Zeitung, aber bei den letzten Wahlen haben die ÖAABler 5 Prozent der Stimmen bekommen.
Der ÖAAB 5 Prozent. (Zwischenruf: Die Kommunisten?) Das weiß ich nicht, da bin ich überfragt, aber
ich glaube nichts. (Zwischenruf: 95:5!) Richtig. Also in Wim hat die ÖVP lediglich 5 Prozent. Ich
glaube, das dürfte nicht ganz den Verhältnissen der Wähler entsprechen. Denn wenn das so wäre,
dann hätte in Wien mindestens unsere Bedienstetenschaft auch 40 Prozent - was Sie immer wieder
im Niederösterreichischen Landhaus fordern - bekommen müssen.
Wenn ich erklärt habe, die Personailvertretbung besteht und ist ein faktischer Zustand, dann, glaube
ich, dürfte das eine Tatsache und den Sozialisten seit drei Jahren bekannt sein. Wir werden in der
nächsten Zeit dieses formal-juristische Kleid .suchen und ich glaube auch finden, und deshalb will ich
weder einen Verfassungsbruch, noch einen Gesetzesbruch begehen, noch ein Erkenntnis eines der
Obersten Gerichte mißachten. Ich habe klar zum Ausdruck gebracht, daß wir das Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofes, das gestern vormittags verkündet wurde und sicherlich in der ersten Hälfte
des Jahres 1966 zugestellt wird, beachten und anerkennen. Was nachher von der Dienstnehmerseite
unternommen wird, das bleibt vorläufig noch dahingestellt; wir werden uns sicher in den nächsten
Wochen damit zu beschäftigen haben. Ich würde jetzt schon die sozialistische Fraktion einladen,
vielleicht doch mit uns diesen Resolutionsantrag zu beschließen, denn der Herr Staatssekretär Rösch
hat klar zum Ausdruck gebracht, auch die Sozialisten wünschen, daß eine Personalvertretung kommt.
Und wenn Sie das auch im niederösterreichischen Landesdienst wünschen, dann haben Sie die
Chance, heute diesen Resolutionsantrag mit uns zu bestimmen. Wir werden sicher in den nächsten
Tagen und Wochen diesen Weg aufzeigen und auch finden, daß die niederösterreichischen
Landesbediensteten in absehbarer Zeit diese gesetzlichen und somit auch verfassungsrechtlichen
Grundlagen für Personalvertretungswahlen besitzen. Ich glaube, ich habe mich klar ausgedrückt, auch
die Betriebsräte haben zuerst kein Gesetz gehabt. Das war die Entwicklung, und erst als Betriebsräte
da waren, wurde dieses Gesetz geschaffen. Auch der öffentliche Dienst wird sich dieses Gesetz
erkämpfen. Und wenn es heißt, in allen Ministerien gilt der sogenannte Figl-Erlaß aus dem Jahre
1946, entspricht das nicht mehr den Tatsachen. Im Handelsministerium wurde vor einigen Wochen
gewählt, und dort sind bereits die gewählten Vertreter in Aktion. Ich kann der sozialistischen Fraktion
auch mitteilen in den nächsten Wochen werden auch in den anderen Ministerien Wahlen stattfinden,
und die Sozialisten werden diesen Wahlgang nicht aufhalten können, denn der öffentlich Bedienstete
wird sich die Einstellung der sozialistischen Fraktion zu dieser Gesetzes– beziehungsweise
Vertretungsvorschrift gut merken, und wir werden auch dementsprechend zu handeln wisse. (Beifall
bei der ÖVP).
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Rösch.
Staatsselretär RÖSCH: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bedaure es zuerst, dass durch eine
zweimalige Wortmeldung die Verhandlungen eintönig werden, aber nachdem sich der Kollege Ludwig
ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat, bleibt mir nichts anderes übrig als es auch zu tun. Ich möchte
vorweg eines sagen: Ich nehme für meine Person mit großer Befriedigung Ihre Erklärung zur
Kenntnis, daß Sie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes anerkennen und darnach achten
werden. Das haben Sie wohl zuerst auch gesagt mit einem Beisatz aber, daß die Personalvertretung
eine faktische Einrichtung ist, die nicht mehr wegzubringen ist und nur noch eines formal-juristischen
Kleides bedarf. In der letzten Erklärung haben Sie diesen Beisatz weggelassen. Ich sage noch einmal,
mich freut das deshalb, weil wir uns damit wieder auf einer gleichen Basis befinden, also die
Anerkennung des Erkenntnisses, das heißt also gleichzeitig, daß die Personalvertretung mit diesem
Erkenntnis, wenn es in Kraft ist, dann praktisch leben nicht mehr existiert und man eine neue Form
finden muß. Zu dieser neuen Form haben Sie einen Resolutionsantrag eingebracht. Ich möchte jetzt,
da das so schnell gegangen ist und wir in dieser Frage keine fraktionelle Beratung hatten, in aller
Öffentlichkeit meinen Parteifreunden sozusagen mitempfehlen, für Ihre Resolution zu stimmen, und
zwar unter einer Voraussetzung, das sage ich gleich. Wir knüpfen an diese Zustimmung die
Erwartung, daß das Ergebnis dessen, was aus der Resolution dann herauskommt, nicht wieder so ein
Oktroi ist wie der Figl-Erlaß aus dem Jahre 1962, sondern daß es sich dann wirklich um eine
gemeinsame Maßnahme handelt. Es wird in diesem Resolutionsantrag die Landesregierung
aufgefordert, und die Landesregierung besteht aus sieben Mitgliedern. Wenn also die
Landesregierung in ihrer Gesamtheit in dieser Frage zu einer Einigung kommt, haben wir gar nichts
dagegen einzuwenden. Ich würde daher meinen Parteifreunden empfehlen, unter dieser
Voraussetzung, in der Erwartung, daß es zu einer gemeinsamen Haltung der Regierung kommt, die
Zustimmung zu geben. Das schon aus dem einfachen Grund, weil wir uns hier auf derselben Basis
befinden.
Ich sagte Ihnen zuvor, es gibt zwei Wege: entweder das Gesetz oder die Vereinbarung. Nur den
dritten Weg, das Oktroi, gibt es unserer Meinung nach nicht. Wir können uns auf ein Gesetz einigen,
wir können uns auf eine Vereinbarung einigen, aber es können nicht einseitig von einem Teil
Maßnahmen gesetzt werden, durch die sich der andere vor den Kopf gestoßen fühlt. Das halte ich für
nicht möglich, und das war der Sinn meiner vorherigen Ausführungen.
Vielleicht hat diese Diskussion dazu beigetragen, daß ein Fehler aus der Vergangenheit - ich möchte
es so nennen -, durch den man sich aus dem Drange heraus, zu einer Lösung zu komme, zu
einseitigen Maßnahmen hat verleiten lassen, in der Zukunft nicht mehr begangen wird, daß man in der
Zukunft wieder den Weg versucht, gemeinsame Beschlüsse zu fassen. Um solche gemeinsame
Beschlüsse zu ermöglichen, bin ich eben der Meinung, daß wir diesem Resolutionsantrag unsere
Zustimmung geben sollten. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT WEIS: Zu Wort kommt der Herr Landeshauptmann.
Landeshauptmann Dipl.-Ing. Dr. h. c. HARTMANN: Verehrte Damen und Herren des
Niederösterreichischen Landtages! Als zuständiger Personalreferent der Landesregierung erlaube ich
mir, im Rahmen der Diskussion, die heute hier abgeführt wurde und zum Teil sehr leidenschaftlich
vonstatten ging, folgendes, und das auch gleich zusammenfassend, zu sagen:
Wir alle wissen - das ist heute schon wiederholt betont worden -, daß am 20. Juli 1962 mein verehrter
Vorgänger, Landeshauptmann Figl, einen Erlaß herausgegeben hat, ,der es dem
niederösterreichischen Landesbediensteten ermöglichte, eine Personalvertretung zu wählen, und der
den gewählten Vertretern eine entsprechende Mitwirkung und einen entsprechenden Schutz
garantierte. Ich persönlich bin davon überzeugt, und Sie werden mir darin sicherlich zustimmen, daß
Leopold Figl bei der Herausgabe dieses Erlasses ganz gewiß von sehr guter Absicht und von bestem
Wiillen geleitet war. Weil heute wiederholt das Fehlen einer übereinstimmenden Willensbildung betont
wurde, erlaube ich mir, auf einen einstimmigen Beschluß der Landesregierung hinzuweisen, den sie
am 4. Mai 1956 faßte. In diesem Beschluß heißt es wörtlich:
„Die niederösterreichische Landesregierung erklärt, daß sie mit einer von den niederösterreichischen
Landesbediensteten auf freiwilliger Basis durchgeführten Wahl einer Personalvertretung
einverstanden ist und eine solche unterstützen wird. Die niederösterreichische Landesregierung wird
die auf Grund einer solchen Wahl gewählten Vertreter der Landesbediensteten als solche
respektieren und für Verhandlungen über Belange der Landesbediensteten als autorisierte Vertreter
anerkennen."
Ich habe diesen Beschluß jetzt wörtlich zitiert, er ist zum erwähnten Datum einstimmig gefaßt worden.
Und auf diese einstimmige Willenskundgebung der niederösterreichischen Landesregierung, so kann
ich jetzt aus den Akten nur rekonstruieren, hat sich Leopold Figl gestützt. Außerdem lag dieser
Verfügung vom Jahre 1962 sein eigener, heute auch schon wiederholt erwähnter Erlaß aus dem
Jahre 1946 zugrunde. Dieser Erlaß - das ist ja nicht bestritten worden - bildet auch heute noch die
einzige Rechtsgrundlage für die Personalvertretung des öffentlichen Dienstes in einer großen Zahl von
Gebietskörperschaften in ganz Österreich.
Eine ähnliche Verfügung wie damals Figl im Jahre 1962 hatte für die Bediensteten der Gemeinde
Wien der damalige Bürgermeister und nachmalige Bundespräsident Dr. Körner erlassen. Wir können
auch aus diesem Bemühen Körners feststellen, daß man die Absicht, und zwar die gute Absicht hatte,
einen bedauerlichen Mangel zu überbrücken, einen Mangel, der sich daraus ergibt, daß der
Bundesgesetzgeber weder bis damals noch bis heute imstande gewesen ist, eine gesetzliche
Grundlage zu schaffen.
Ich bedaure es, daß beiden Verfügungen - es war allerdings nicht anders zu erwarten - das gleiche
Schicksal beschieden war: sie wurden beim Verfassungsgerichtshof angefochten, als
verfassungswidrig erklärt und demnach mangels einer gesetzlichen Grundlage aufgehoben.
Hohes Haus! Mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom gestrigen Tage , das ich in gar
keiner Weise kritisiere, das steht mir nicht zu, ist die Frage der Personalvertretung des gesamten
öffentlichen Dienstes in ganz Österreich und in allen öffentlichen Gebietskörperschaften meiner
Überzeugung nach in ein sehr entscheidendes Stadium getreten. Es geht doch fürwahr nicht mehr
weiter an, dieser großen Berufsgruppe allein noch langer die gesetzliche Grundlage für eine
demokratisch gewählte Interessenvertretung vorzuenthalten. (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der SPÖ.)
Es handelt sich meines Wissens um 350.000 Menschen in Österreich. Ich werde jedenfalls als
Landeshauptmann von Niederösterreich alle Möglichkeiten ausnützen, um in dieser Frage dem frei
geäußerten Willen der überwiegenden Mehrheit der Landesbediensteten Rechnung zu tragen. Ich
hoffe, daß Sie, meine 'Damen und Herren des Hohen Landtages, ebenfalls bereit sind, einen Beitrag
zur Lösung dieses mir außerordentlich wichtig erscheinenden Problems zu leisten.
Trotz der Diskussionen, die heute zum Teil sehr lebhaft geführt wurden, die aber, wie mir scheint, jetzt
einen etwas friedlicheren, vorweihnachtlichen Ausklang nehmen dürften, sollten wir uns insbesondere
hier im Landtag und auch in der Landesregierung bemühen, den Kern der Sache bloßzulegen und ihn
von allen schmückenden und nichtschmückenden Beiwerken und Arabesken zu befreien. Wenn ich
mir den Kern der Sache bloßgelegt vorstelle und ihn betrachte, dann kann ich nicht umhin zu sagen:
es ist das ein außerordentlich trauriger Anblick. Er reflektiert nämlich das Bild, daß man trotz 14 oder
15 Gesetzentwürfen - das ist ja von einem der Herren, ich glaube, vorgestern gesagt worden - seit
mehr als zehn Jahren nicht imstande ist, eine einwandfreie Kompetenz des Bundesgesetzgebers
auszufüllen. Ich bin der Meinung, daß die Leidtragenden nicht die öffentlich Bediensteten sein sollen,
die also allein keine gesetzliche Berufs- und Interessenvertretung haben.
Wenn man diesen Kern losgelöst von allem Beiwerk betrachtet, dann spiegelt sich noch ein zweites
Bild: offenbar eine gewisse Ohnmacht des Gesetzgebers, hier eine ordnungsgemäße gesetzliche
Grundlage zu schaffen. Ich wiederhole, was ich schon vorgestern gesagt habe, daß wir der
Bundesregierung anbieten werden, die Belange der Personalvertretung für die öffentlich Bediensteten
in die Länderkompetenz zu übernehmen. Diese Forderung ist auch im Länderforderungsprogramm
von allen neun Bundesländern einvernehmlich aufgestellt worden. Es wurde darüber auch schon
gesprochen, jedoch bis jetzt noch keine Einigung erzielt. Ich weiß nicht, wie lange es noch dauern
wird, bis entweder auf Bundesebene ein Gesetz zustande kommt oder sich der
Bundesverfassungsgesetzgeber dazu entschließt, dem Angebot der Länder zu entsprechen und diese
Kompetenz den Ländern zu übertragen. Ich halte es aber für untragbar, bis zur endgültigen Lösung
dieses Problems ein Vakuum eintreten zu lassen. Bis dahin betrachte ich daher im Sinne des von mir
eingangs erwähnten einstimmigen Regierungsbeschlusses vom 4. Mai 1956 die bestehende
Personalvertretung als meinen befugten Verhandlungspartner und hoffe, dass es uns gemeinsam
gelingen wird, endlich die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Die Rednerliste ist erschöpft, der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichtserstatter Abg. ANZENBERGER: Ich verzichte auf das Schlusswort.
PRÄSIDENT WEISS: Wir schreiten zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den Dienstpostenplan 1966, Punkt 19, sowie die im allgemeinen Teil des
Dienstpostenplanes festgelegten Grundsätze): A n g e n o m m e n.
Ich bitte nunmehr den Herrn Berichterstatter, Abg. Anzenberger, den Resolutionsantrag des Herrn
Abg. Ludwig zu verlesen. (Geschieht.)
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Ludwig, betreffend die Ergreifung geeigneter
Maßnahmen, um das den niederösterreichischen Landesbediensteten verfassungsgesetzlich
gewährleistete Recht auf Vertretung ihrer Standesinteressen durch gewählte Organe weiterhin zu
garantieren): A n g e n o m m e n.
Nach Verabschiedung des ordentlichen Voranschlages, des außerordentlichen Voranschlages, des
Gesetzentwurfes über die Einhebung einer Landesumlage für das Jahr 1966 und des
Dienstpostenplanes 1966 sowie nach Genehmigung der im allgemeinen Teil des Dienstpostenplanes
festgelegten Grundsätze gelangen wir nunmehr zur Abstimmung des Voranschlages des Landes
Niederösterreich für das Jahr 1966 als Ganzes hinsichtlich Erfordernis und Bedeckung und des
Antrages des Finanzausschusses zum Voranschlag, Punkt 1 bis Punkt 16, Punkt 18 und Punkt 19 und
Punkt 17, im Wortlaut des Gesetzes.
Ich lasse zunächst über den Antnag des Finanzausschusses, und zwar über die Punkte 1 bis 16 und
über die Punkte 18 und 19 unter einem und über den Punkt 17 getrennt abstimmen. Der Antrag des
Finanzausschusses liegt im vollen Wortlaut den Mitigliedern des Hauses vor. Ich glaube daher, dem
Herrn Berichterstatter die Verlesung des Antrages ersparen zu können. (Keine Einwendung.)
Ich bitte den Herrn Berichterstatter um seinen Antrag.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER : Ich beantrage, den Antrag des Finanzausschusses, Punkte 1
bis 16 und die Punkte 18 und 19 sowie getrennt Punkt 17, im Sinne des Antrages des
Finanzausschusses anzunehmen.
PRÄSIDENT WEISS (nach Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses zum Voranschlag
1966, Punkt 1 bis Punkt 16 und die Punkte 18 und 19): A n g e n o m m e n.
(Nach Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses zum Voranschlag 1966, Punkt 17, im
Wortlaut des Gesetzes): An- g e n o m m e n .
Der Voranschlag ist somit verabschiedet. Das Wort hat Herr Landesrat Roman Resch.
Landesrat RESCH: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Hohe
Landtag hat den Voranschlag für 1966 einstimmig beschlossen. Die Bedeutung dieses
Geschäftsstückes wurde durch eine große Anzahl von Rednern entsprechend unterstrichen. Ich danke
vor allem den Sprechern beider Parteien, daß sie den Bemühungen der Finanzverwaltung sowohl im
Finanzausschuß als auch jetzt im Hause, das Budget durch Umschichtung übersichtlicher zu gestalten, Anerkennung gezollt haben. Ich möchte auch den Mitgliedern des Hohen Hauses dafür
meinen Dank aussprechen, daß sie den Wegfall des Eiventualbudgets ohne größere Aufregungen zur
Kenntnis genommen haben. Meine schon in der Einbegleitung zum Ausdruck gebrachte
Uberzeugung, daß es sich unter Beriicksichtigung aller Bedürfnisse um ein sachlich richtig
ausgewogenes Budget handelt, wurde im Verlauf der Debatte im allgemeinen bestärkt. Auch die
Notwendigkeit eines neuen Finanzausgleiches wurde durch die zahlreichen Wünsche in geradezu
einmaliger Art und Weise unterstrichen.
Ich darf hier gerne bekunden, daß wir uns von der Finanzverwaltung bei den zu Beginn des
kommenden Jahres stattfindenden Verhandlungen, die wir mit den Vertretern der anderen
Bundesländer und der beiden Gemeindevertreterverbände führen müssen, sehr bemühen werden, die
Interessen des Landes Niederösterreich wahrzunehmen. Das ist nicht immer so leicht, wie es letzten
Endes bei einer Diskussion im Rahmen einer Debatte über den Voranschlag scheinen mag.
Bedauerlicherweise wurde von sozialistischer Seite ein Teil der Debatte über den Voranschlag in ein
rein politisches Fahrwasser gebracht. Das hat die Diskussion über die Preisbildung sehr deutlich
gezeigt, wo ähnliche Argumente vorgebracht wurden, wie sie seit Wochen in der ,,Arbeiter-Zeitung",
auf sozialistischen Wahlplakaten und in anderen Publikationen zu finden sind. Schon bei der Beratung
des Voranschlages im Finanzausschuß haben die Vertreter der Volkspartei feststellen müssen, daß
die Sozialisten sehr vorzeitig vom Wahlfieber erfaßt worden sind.(Abg. Marsch: Ist das eine
Wahlrede? - Abg. Dipl.-Ing. Robl: Die hat der Niklas gehalten!) Diese Feststellungen wurden durch die
Ausführungen des Parteisekretärs Abgeordneten Marsch erhärtet. (Abg. Marsch: Das war für Sie
nichts Neues!) Herr Abgeordneter Marsch hat im Hohen Hause Fragen im Zusammenhang mit der
Geschäftsführung der Newag und Niogas aufgeworfen, die zu beantworten der Landtag nicht in der
Lage ist. Seine Motivierung, daß seine Partei für Ordnung und Sauberkeit im Bereiche des öffentlichen
Lebens eintrete, ist nicht neu, sie wurde schon vor Jahren als Wahlslogan der SPÖ gebracht. Die
Vertreter der Österreichischen Volkspartei treten seit mehr als 20 Jahren in allen Bereichen des
öffentlichen Lebens für Ordnung und Sauberkeit ein und hatten hiebei nicht ein einziges Mal eine
Aufforderung von sozialistischer oder anderer Seite notwendig. Das möchte ich als Vertreter der
Volkspartei, um jeden Irrtum auszuschließen, feststellen.
Im übrigen darf ich namens der ÖVP noch folgende Erklärung abgeben: Die Landesunternehmungen
Newag und Niogas waren wiederholt Zielscheibe unsachlicher Angriffe seitens der Sozialistischen
Partei Österreichs. Ich verweise auf Erklärungen des Herrn Vizekanzlers Dr. Pittermann, die in der
„Wiener-" und ,,Arbeiter-Zeitung" veröffentlicht wurden und jeder sachlichen Grundlage entbehren.
Leider halben sozialistische Mitglieder des Aufsichtsrates beider Landesunternehmungen es nicht der
Mühe wert gefunden, ihren Parteivorsitzenden aber die wahren Begebenheiten richtig ins Bild zu
setzen. Die Sozialisten hätten die Fragen, die sie dem Landtag vorgelegt haben - der sie ja nicht
beantworten kann -, zweckmäßigerweise dem Aufsichtsrat der Newag stellen sollen. Aber scheinbar
wollte man das nicht, sondern brauchte einen billigen Wahlschlager, wobei es überhaupt keine Rolle
spielt, das Ansuchen großer wirtschaftlicher Unternehmungen in aller Öffentlichkeit herabzusetzen,
auch dann, wenn es zu später Nachtstunde geschieht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Behauptung
von Herrn Landesrat Wenger und von Herrn Parteisekretär Abgeordneten Marsch, daß im Aufsichtsrat
Fragen sozialistischer Aufsichtsräte nicht erschöpfend beantwortet werden, ist meiner Meinung nach
nicht wahr. Ich selber gehöre als Delegierter der Belegschaft seit mehr als einem Dezennium dem
Aufsichtsrat der Newag an und stelle hier fest, daß alle Anfragen von Mitgliedern sozialistischer
Aufsichtsräte zufriedenstellend beantwortet wurden. Wie ich auch noch dazu sagen müßte, daß die
Beschlüsse im Aufsichtsrat einstimmig erfolgten. Im übrigen ist es merkwürdig, daß man mit gezielter
Absicht, und unserer Meinung nach aus rein wahltaktischen Gründen, an ein Forum Fragen richtet,
das zur Beantwortung keine Kompetenz hat; das ist übrigens im Aktiengesetz nachzulesen. Es erhebt
sich die Frage und wird in nächster Zeit zu klären sein, ob es daher überhaupt berechtigt und
zweckmäßig ist, in Gremien, wie sie der Vorstand und Aufsichtsrat der Newag und der Niogas
darstellen, sozialistische Mitglieder zu berufen, da die Sozialistische Partei Offenbar nicht an einem
gedeihlichen Wirken fiir die Unternehmungen interessiert ist. Wir verstehen die Schwierigkeiten der
Sozialistischen Partei sehr gut. Wir erkennen deutlich die Kämpfe, die sich in dieser Partei abspielen,
und ich wiederhole das, was ich in der Landesregierung bereits festgestellt habe: Die Mehrheit in
diesem Hause steht vor einer großen Schwierigkeit, nämlich vor der Tatsache, daß die Vertreter der
Sozialistischen Partei in vielen Fällen offenbar nicht verhandlungsbevollmächtigt sind und daher die
Erörterung wirtschaftlicher Fragen in Gremien vorgelegt wird, in welche sie nicht gehört, um sie
politisch nach vorne zu spielen. (Landesrat Kuntner: Aber, aber!)
Die ÖVP wird gewissenhaft zu prüfen haben, wie sie sich nunmehr unter der von den Sozialisten
eingeschlagenen neuen Gangart zu verhalten gezwungen sieht. Der niederösterreichischen
Bevölkerung muß aber bei dieser Gelegenheit gesagt werden, wie wichtig es ist, daß eine starke,
regierungsfähige Merheit in diesem Lande besteht, und zwar durch die ÖVP, die, nicht von inneren
Machtkämpfen zermürbt (Zwischenrufe), in der Lage ist, die Politik des Aufbaues der vergangenen 20
Jahre zu garantieren und Probleme, wenn notwendig, auch allein zu lösen. (Zwischenruf bei der SPÖ:
Alleinherrschaft!) An die Sozialisten aber richten wir den Appell: überprüfen Sie genau den Weg, den
Sie gehen wollen. ;Bei allem Verständnis für die Schwierigkeiten, die Sie haben, die Angst, daß Ihnen
der mit Orgelmusik liquidierte Innenminister Franz Olah bei der kommenden Nationalratswalhl 10 oder
20 Mandate abnehmen könnte (Heiterkeit), sollte doch in Fragen, bei denen das Ansehen des Landes
und seiner großen wirtschaftlichen Unternehmungen auf dem Spiele steht, die Sachlichkeit und eine
mögliche Basis der Zusammenarbeit vor machtpolitiische und wahltaktische Überlegungen gestellt
werden.
Ich möchte am Schluß allen, die am Zustandekommen des Voranschlages mitgewirkt haben
(Zwischenruf Abg. Mondl), insbesondere dem Herrn Hofrat Sawerthal und dem Herrn
Buchhaltungsdirektor Hofrat Hochstraßer, herzlichst danken und abschließend meiner Überzeugung
Ausdruck geben, daß dieser Voranschlag geeignet ist, das Aufbauwerk, das sich von Jahr zu Jahr seit
1945 hier in Niederösterreich würdig aneinandergereiht hat, auch im Jahre 1966 fortzusetzen. (Beifall
bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Im Sinne des § 9 der Geschäftsordnung ist die Wechselrede eröffnet. Als
nächstem Redner erteile ich Herrn Landeshauptmannstellvertreter Dr. T s c h a d e k das Wort.
Landeshauptmannstellvertreter Doktor TSCHADEK: Hoher Landtag! Seit dem Jahre 1945 erlebe ich
Budgetdebatten im Nationalrat und seit 1960 im Hohen Niederösterreichischen Landtag. Ich habe
aber zum erstenmal erlebt, daß nach Verabschiedung der Tagesordnung ein Regierungsmitglied das
Wort ergreift, nicht um - wie es verständlich wäre - für die Verabschiedung des Budgets den Dank
auszusprechen, sondern die Debatte über einen Gegenstand aufzurollen, der gestern mit der
Abstimmung über die Gruppe 8 erledigt war. Denn der Herr Landesrat Resch hätte alle Möglichkeiten
gehabt, gestern beim gegenständlichen Punkt der Tagesordnung zur Rede des Herrn Abgeordneten
Marsch Stellung zu nehmen. Er hat - meiner Meinung nach nicht ohne Bruch der Geschäftsordnung nach Erledigung des Budgets dazu (Stellung genommen, und deshalb bedauern wir, daß eine solche
Entgleisung eines Finanzreferenten möglich ist. Hoher Landtag! Überlegen Sie sich, wohin die Taktik
führt, die nun eingeschlagen wurde. Wenn das Brauch wird, gibt es keine erledigten Punkte der
Tagesordnung mehr. Dann wird nach jeder Abstimmung ein Regierungsmitglied aufstehen und nach
erledigter Sache neuerlich darüber reden; und nach der Geschäftsordnung ist damit die Debatte neu
eröffnet, und jede Debatte wird so ad infinitum fortgesetzt werden.
Ich halte es auch mit der Würde des Hohen Hauses nicht vereinbar, wenn man erklärt: Wenn du dich,
Landtag, mit einer Frage, für die du auch zuständig bist, beschäftigst, dann wird die Regierung
Schritte unternehmen. Dann wird man prüfen müssen, ob nicht die gesamte politische Konstruktion
eine andere werden muß.
Herr Landesrat Resch, nehmen Sie zur Kenntnis: Bei allem Verständnis für die Zusammenarbeit, bei
dem besten Willen, die Probleme gemeinsam zu lösen, nehmen wir Drohungen nicht zur Kenntnis!
(Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)
Wenn Sie glauben, die Sozialistische Partei in diesem Hause mit Ihrer Rede einschüchtern zu können,
dann sagen wir Ihnen: Wir fürchten uns nicht! Wir sind schon mit Metternichen und anderen
Persönlichkeiten fertig geworden! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Wir werden auch vor dem Herrn
Landesfinanzreferenten nicht kapitulieren!
Hoher Landtag! Ich bedauere, daß es zu dieser Wechselrede gekommen ist und kommen mußte. Ich
war der Meinung, mit der Beschlußfassung aber das Budget und dessen Verabschiedung sei die
Angelegenheit, so wie es ansonsten üblich ist, in parlamentarischer und geschäftsordnungsmäßiger
Weise erledigt.
Ich möchte doch zu bedenken geben, Hohes Haus, daß gerade wir in Niederösterreich nicht einen
Weg suchen sollten, der notwendigerweise eines Tages in die Irre führt. Wir Niederösterreicher waren
einmal stolz darauf, daß in diesem Landtag im Jahre 1934 der letzte große Kampf um die Demokratie
geschlagen wurde, als Schneidmadl und ein Redner der Christlichsozialen Partei sich bemüht haben,
in gemeinsamer Arbeit die Freiheit und damit Österreich zu retten. (Abgeordneter Stangler: Sie ist
nicht in Gefahr!) Und wir waren stolz darauf, daß es Reither und Helmer waren, die, als die anderen
Landesregierungen bereits vor der Heimwehr kapituliert hatten, sich weigerten, die Heimwehrführer zu
empfangen, weil sie verfassungswidrige Forderungen stellten.
Ich glaube, es wäre gut, wenn wir nach der Erfahrung der bitteren Jahre von 1934 bis 1945 zu der
Haltung zurückfinden würden, die die großen Demokraten in Niederösterreich in diesem Saale
bewiesen haben.
Meine Herren! Sie stehen vor einer Gewissensfrage: Achten Sie das Recht der Abgeordneten, achten
Sie die Rechte des Landtags, und achten Sie die Grundregeln der Demokratie! Nur dann, wenn Sie
das tun, haben Sie die Legitimation zu sagen, daß Sie für Niederösterreich und für die Zukunft dieses
Landes kämpfen! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT WEISS: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Verabschiedung des
Voranschlages für das Jahr 1966 hat der Landtag wieder das ihm nach der Landesverfassung
zustehende grundlegende Recht zur Festlegung des Rahmens für die Einnahmen und Ausgaben des
nächsten Jahres ausgeübt. Die Debatte über den Voranschlag hat Gelegenheit geboten, die
brennenden Probleme des Landtages eingehend zu erörtern. Aus der großen Zahl dieser Probleme
möchte ich die noch immer andauernde Bevölkerungsabwanderung, das größte Sorgenkind, nämlich
den Straßenbau, und die brennende Frage der Spitalserhaltung sowie die Vorsorge für die Einführung
des 9. Schuljahres besonders hervorheben. Erfreulich ist es, daß auch die kulturellen Fragen sehr
ausführlich diskutiert worden sind.
Die Hochwasserkatastrophe des heurigen Frühjahres hat erneut gezeigt, welch überragende
Bedeutung dem weiteren Ausbau des Hochwasserschutzes zukommt. Es ist zu hoffen, dass die in
den Beratungen geäußerten Anregungen und Wünsche der Abgeordneten von der Landesregierung
entsprechend verwertet und berücksichtigt werden. Damit wäre zweifellos auch das Budgetrecht des
Landtages in geeigneter Weise gewahrt.
Mit der neuen Gliederung des Voranschlages wurde den in der Vergangenheit zum Ausdruck
gebrachten Wünschen des Landtages Rechnung getragen, was sicher verdient, mit Befriedigung
festgehalten zu werden. Damit ist ein wesentlicher Beitrag zu einer klaren Darstellung der Finanz- und
Vermögenslage des Landes geleistet worden. Aus dieser Darstellung geht neuerlich hervor, dass das
Land Niederösterreich gegenüber anderen Bundesländern noch immer entschieden benachteiligt ist,
obwohl das Land selbst die äußersten Anstrengungen unternommen hat, um den Rückstand, an dem
das Land keinerlei Verschulden trägt, aufzuholen. Ich bin der Meinung, dass nicht oft und nicht
nachdrücklich genug darauf hingewiesen werden kann, dass das Land Niederösterreich auf Grund der
besonders schweren Kriegs- und Nachkriegsschäden nunmehr eine bevorzugte Behandlung durch
den Bund auf allen Gebieten verdient. Schließlich wurden die Opfer, die Niederösterreich auf sich
nehmen musste, nicht zuletzt für ganz Österreich gebracht.
Der Voranschlag wurde in gewohnter Weise präzise ausgearbeitet und bildet mit seinen Beilagen und
Erläuterungen einen wesentlichen Behelf für die den Abgeordneten gestellten Aufgaben. Hiefür
möchte ich den Mitgliedern der Landesregierung, im Besonderen dem Herrn Landesfinanzreferenten
und dem Herrn Referatsleiter sowie seinen Mitarbeitern, unsere volle Anerkennung und unseren Dank
aussprechen.
Besonderen Dank möchte ich auch dem Herrn Berichterstatter für seine Mühe bei der Behandlung des
Voranschlages im Ausschuss und im Hause, den Mitgliedern des Finanzausschusses für die
ausführlichen Beratungen sowie allen Mitgliedern des Landtages für die im großen und ganzen sehr
sachliche Beratung und das große Interesse, das sie den Problemen des Landtages gewidmet haben,
sagen.
Sehr herzlich danke ich auch den Beamten der Landtagskanzlei, des Stenographenbüros und der
Landeskorrespondenz sowie der Presse, einerseits für die Vorbereitung und Durchführung. anderseits
für die Berichterstattung. Mit Freude vermerke ich, dass das Fernsehen unaufgefordert über den
Beginn unserer Beratungen berichtet hat.
Nicht zuletzt gebührt mein Dank den beiden Präsidenten für ihre Unterstützung im Vorsitz.
Ich glaube in Übereinstimmung mit allen Mitgliedern des Hauses feststellen zu dürfen, dass der
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1966 wesentlich zu der weiteren
Aufwärtsentwicklung des Landes und seiner Wirtschaft beitragen wird. (Allgemeiner Beifall.)
Ich ersuche den Herrn Abg. Präsident R e i t e r, die Verhandlung zur Zahl 141 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. REITER: Hoher Landtag! Ich habe namens des Verfassungsausschusses über
die Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf, womit die Dienstpragmatik der
Landesbeamten 1962 neuerlich abgeändert und ergänzt wird, zu berichten:
Der Bund sah sich gezwungen, das Pensionsrecht der Bundesbeamten, welches in zahlreichen
Rechtsquellen verstreut und daher unübersichtlich war, neu zu fassen. Es wurde daher das
Pensionsgesetz 1965 geschaffen, welches in seinen Grundzügen an den bewährten Grundsätzen des
bis dahin geltenden österreichischen Pensionsrechtes unter Anpassung an die modernen sozialen
und wirtschaftlichen Gegebenheiten festgehalten hat.
Hierbei wurde insbesondere - soweit dies mit den vorerwähnten Grundsätzen zu vereinbaren war - auf
die Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG 1955), BGBl. Nr. 189/1955,
Rücksicht genommen.
Auf Grund dieses Bundesgesetzes, welches auch einige Verbesserungen gegenüber den bereits beim
Land bestehenden fortschrittlichen Pensionsvorschriften enthält, erscheint es zur Vereinheitlichung
der für die pragmatischen Bediensteten anzuwendenden Vorschriften erforderlich, diese
Bestimmungen weitgehendst auch für die Landesbediensteten zur Anwendung bringen zu können. Es
wurde daher mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hauptsächlich das in der Dienstpragmatik der
Landesbeamten enthaltene Pensionsrecht in Angleichung an das Pensionsgesetz 1965 neu gefaßt
und die sich dadurch ergebenden Veränderungen in den übrigen Teilen der Dienstpragmatik
berücksichtigt.
Die starke Anlehnung an die Bestimmungen des ASVG 1955 wurde bereits erwähnt. So werden die
Frauen eines verstorbenen Landesbeamten in Zukunft nicht mehr gleich behandelt (ein Unterschied
bestand bisher nur hinsichtlich der Dauer der Ehe), sondern von vornherein geteilt in die letzte
Ehefrau, die Witwe, und in die übrigen, deren Ehe nicht aus ihrem (überwiegenden) Verschulden
aufgelöst worden war. Letztere bekommen im Gegensatz zum bisherigen Recht nur noch einen
Versorgungsgenus in der Höhe der Alimente (an Stelle einer Witwenpension). Die letzte Frau, also die
Witwe, erhält dagegen den vollen Witwenversorgungsgenus. Sohin kommt die neue Regelung auf
jeden Fall teurer; denn bisher haben die Versorgungsgenüsse aller Frauen zusammen 50 Prozent des
Ruhegenusses des Mannes (beziehungsweise 35 Prozent der Bemessungsgrundlage für diesen
Ruhegenus) nicht übersteigen dürfen, während durch die neue Regelung bis zu 100 Prozent des
vollen Ruhegenusses ausgeschüttet werden können. Aber diese Regelung passt sich dem ASVG an,
und darum wurde sie auch gegenüber dem Bund von der Gewerkschaft lebhafteste propagiert.
Das neue Pensionsrecht ist weiterhin gekennzeichnet durch eine Erweiterung des Begriffes ,,Kinder".
Darunter fallen hinfort nicht nur die ehelichen und die legitimierten, sondern auch die Adoptivkinder,
die Stiefkinder und die unehelichen Kinder. Es besteht Sohin die Möglichkeit, dass auch die
Letztgenannten nach dem Tode ihres natürlichen, allerdings nicht gesetzlich anerkannten Vaters
einen Versorgungsgenus erhalten, das ist ebenfalls eine dem ASVG nachgebildete Regelung.
Außerdem bringt die Neuregelung des Pensionsrechtes für die Beamten s ä m t- l i c h e r
Dienstzweige im Gegensatz zu bisherigen Sonderregelungen gleichmäßig die volle
Ruhegenussbemessungsgrundlage mit einer für den Ruhegenus anzurechnenden Dienstzeit von 35
Jahren. Auch dieser Punkt wurde im vorliegenden Entwurf für alle Landesbeamten in gleicher Weise
verwirklicht. Der Bund und die Gewerkschaft ließen sich hierbei von der Erwägung leiten, dass es
besser sei, alle Beamten im Falle vorzeitiger Dienstunfähigkeit in den Genus einer höheren Pension
gelangen zu lassen, als nur einen kleinen Prozentsatz privilegierter Schichten. Damit diese
Bediensteten in Zukunft jedoch nicht schlechter gestellt werden, bleibt bei ihnen das bisherige
Dienstrecht auch über dem 1. Jänner 1966 hinaus in Kraft. Die Neuregelung gilt daher grundsätzlich
und im Allgemeinen für alle derzeit im Dienststand befindlichen Bediensteten, sofern sie besser ist.
Dadurch, dass das Pensionsgesetz 1965 für alle Bundesbeamten Anwendung findet und damit das
Hauptziel der vollkommenen Automatik für die Pensionsparteien erreicht wurde, ist auch in der DPL
eine entsprechende Änderung ,beim Anwendungsbereich (§ 1) erforderlich gewesen. Während bisher
die DPL für die vor dem 1. Juni 1954 pensionierten Landesbeamten nur zum Teil sinngemäß
anzuwenden war, gilt sie nunmehr für alle Landesbeamten sowie für deren Hinterbliebene
(Angehörige).
Ich erlaube mir daher, namens des Verfassungsausschusses an den Hohen Landtag folgenden
Antrag zu stellen:
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
,,1. Der vorliegende Gesetzentwurf, womit die Dienstpragmatik der Landesbeamten 1962 neuerlich
abgeändert und ergänzt wird (2. DPL-Novelle 1965), wird mit den vom Ausschuss beschlossenen
Änderungen genehmigt.
2. Die Landesregierung wird beauftragt, wegen Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses das
Erforderliche zu veranlassen." Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte zu eröffnen
beziehungsweise über den Antrag abstimmen zu lassen.
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort kommt der Herr Abg. B i e d e r.
Abg. BIEDER: Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich gestatte mir, zu der vorliegenden
Gesetzesnovelle eine kurze Erklärung abzugeben. Meine Damen und Herren! Die Gewerkschaft der
öffentlich Bediensteten und der Verhandlungsausschuss der vier Gewerkschaften des öffentlichen
Dienstes haben in sehr mühevollen, langen und schwierigen Verhandlungen ein Pensionsgesetz für
alle Bundesbediensteten erreicht. In der vorliegenden Novelle wird dieses Pensionsrecht der
Bundesbediensteten für die öffentlich-rechtlichen Bediensteten des Landes anwendbar gemacht. Der
Herr Berichterstatter hat die Vorzüge dieser Anwendbarmachung unterstrichen. Es ist, das möchte ich
nochmals betonen, ein Spiegelbild des Bundesgesetzes. Ich persönlich bedaure nur, daß es nicht
gelungen ist, einer Gruppe, die meinem Dafürhalten nach zu Recht in diesem Lande eine
Vorzugsstellung gehabt hat, diese Vorzugsstellung auch in Zukunft zu erhalten. Ich bin nämlich der
Meinung, dass hier ein Unterschied zwischen dem Bundes- und Landesdienst besteht, da im
Bundesdienst praktisch keine Krankenschwestern - um die geht es vornehmlich - ist. Deshalb
brauchte auch bei den Verhandlungen im Bund auf diese Gruppe nicht Rücksicht genommen werden.
Ich habe die Auffassung vertreten, dass künftighin zumindest der Krankenpflegedienst, aber auch
jene, die bisher schon mit 30 Dienstjahren 100 Prozent der Bemessungsgrundlage erreicht haben,
diese Bevorzugung beibehalten sollen. Dass das nicht durchgesetzt werden konnte, bedaure ich
außerordentlich. Ansonsten aber glaube ich, dass mit der Novelle für alle öffentlich-rechtlichen
Bediensteten dieses Landes Gutes getan wird, weshalb auch meine Fraktion selbstverständlich gerne
die Zustimmung dazu geben wird. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT WEISS: Als nächsten Redner erteile ich Herrn Abg. L u d w i g das Wort.
Abg. LUDWIG: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Herr Berichterstatter hat
im wesentlichen darauf hingewiesen, daß durch diese zweite Novelle zur Dienstpragmatik, welche nun
beschlossen werden soll, in erster Linie die Vereinheitlichung der Dienstzeit für den gesamten
Öffentlichen Dienst erfolgt. Es dürfte auch bekannt sein, daß beim Bund mit 1. Jänner 1966 alle
Sonderregelungen weggefallen sind und somit für alle Bediensteten im öffentlichen Dienst eine
einheitliche Dienstzeit besteht. Kollege Bieder hat ausgeführt, es wäre wünschenswert, wenn man
bereits bestehende Sonderregelungen einiger Dienstzweige beibehalten würde. Dazu kann ich nur
sagen, dass in den Übergangsbestimmungen des § 100 Abs. 7 und 8 diese Besserstellung für die
pragmatischen und die Vertragsbediensteten, die bis 31. Dezember 1965 in den öffentlichen Dienst
getreten sind, beibehalten wird. Das heißt, daß erst für jene, die ab 1. Jänner 1966 in den öffentlichen
Dienst treten, die 35jährige Dienstzeit gilt. Ich glaube, daß es richtig ist, daß eine einheitliche
Dienstzeit eingeführt wird. Wenn unsere Gewerkschafter auf Bundesebene dafür gestimmt haben, und
zwar alle, auch die sozialistischen Gewerkschafter, dass eine einheitliche Dienstzeit geschaffen wird,
dann kann man im Lande Niederösterreich nicht einen eigenen Weg gehen. Beim Bund hat die
Exekutive eine 30jährige Dienstzeit gehabt, die Bundesbahner eine kürzere Dienstzeit, alle diese
Sonderregelungen sind weggefallen; und wir glauben, dass es richtig ist, dass eine einheitliche
Dienstzeit geschaffen wird.
Neu an den Bestimmungen der Dienstpragmatik wird die Einführung eines Hilflosenzuschusses sein.
Zwar hat das ASVG bisher derartige Bestimmungen gehabt, nicht aber die Dienstpragmatik. Und zwar
soll sich die Höhe nicht nach dem Ruhegenus richten, sondern nach der Hilflosigkeit, und hier sind die
Sätze verschieden. Die Anwendung der Bestimmungen für die Witwenpensionen haben wir auch neu
geregelt. Ich möchte aber noch darauf hinweisen, dass es im letzten Moment im
Verfassungsausschuss gelungen ist, auch noch die Kindergärtnerinnen in diese
Übergangsbestimmungen einzubeziehen, und zwar deshalb, weil wir Kindergärtnerinnen haben, die
vor dem Jahre 1938 im Landesdienst gestanden sind. Von 1938 bis 1945 sind diese Kindergärten
nicht vom Lande, sondern von der NSV betreut worden. Nach 1945 wurden diese Kindergärten wieder
vom Land übernommen, und die Kindergärtnerinnen, die praktisch eine ununterbrochene Dienstzeit
haben, konnten die Zeiten zwischen 1938 und 1945 nicht zur Gänze gewertet bekommen. Deshalb
waren wir der Meinung, dass in der Übergangsbestimmung im § 100 ein neuer Absatz 19 eingefügt
wird, damit auch diese Kolleginnen nicht schlechter behandelt werden als alle anderen.
Ich muß sagen, diese Novelle bringt eine weitgehende Verbesserung für die Landesbediensteten, und
unsere Fraktion wird auch hier die Zustimmung geben. Ich bitte aber gleichzeitig die Landesregierung,
vielleicht im nächsten Jahr die Dienstpragmatik wieder zu verlautbaren, denn seit der Dienstpragmatik
aus dem Jahre 1962 sind vier Novellen beschlossen worden, und es ist bereits sehr beschwerlich, die
einzelnen Bestimmungen zu finden, welche noch in Geltung sind beziehungsweise welche
aufgehoben wurden. Eines noch: Diese Novelle bringt eine wesentliche Verbesserung für den
öffentlichen Landesdienst und wird daher sehr begrüßt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Die Rednerliste ist erschöipft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. REITER: Ich verzichte.
PRÄSIDENT WEISS (nach Abstimmung über Titel und Eingang und das Gesetz als Ganzes sowie
den Antrag des Verfassungsausschusses): A n g e n o m m e n.
Ich ersuche den Herrn Abg. K i e n b e r g e r, die Verhandlung zur Zahl 144 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. KIENBERGER: Hoher Landtag! Ich habe namens des Finanzausschusses über
die Vorlage der Landesregierung, betreffend Ersatz von Aufwendungen für den Ausbau einer
Landeshauptstraße sowie einer Landesstraße an die Österreichische Donaukraftwerke
Aktiengesellschaft; Bewilligung eines Nachtragskredites, zu berichten. Im Zuge der Erbauung des
Donaukraftwerkes Ybbs-Persenbeug war die lage- und höhenmäßige Umgestaltung der im
Kraftwerks- und Rückstaubereich befindlichen Verkehrswege notwendig, wobei die Österreichische
Donaukraftwerke AG. (DoKW) auf Grund der wasserrechtlichen Bewilligung verpflichtet war, im Zuge
ihrer Baumaßnahmen die früheren Straßen durch höher gelegte oder neu trassierte Verkehrswege zu
ersetzen. Sofern durch den Wasserrechtsbescheid eine Verbesserung gegenüber dem bisher
bestandenen Zustand oder der zusätzliche Ausbau von Zwischenstrecken auferlegt wurde, sind die
Mehrkoten von der Straßenverwaltung zu tragen.
Im konkreten Fall hat es sich als notwendig erwiesen, die Verlegung der Landeshauptstraße 91 von
Kilometer 14,074 bis Kilometer 22,536 und der Landesstraße 6024 von Kilometer 0,000 bis Kilometer
0,672 zwischen Freienstein und Donaudorf am rechten Donauufer durchzuführen. Die vorgenannten
Straßen hatten früher nur eine Schotterfahrbahn von 3,50 Meter Breite. Im Einvernehmen mit der
niederösterreichischen Landesstraßenverwaltung erstellten die DoKW für diese notwendigen
Straßenverlegungen die Projekte „Donaudorf, Teuch und Willersbach“, wobei eine Fahrbahnbreite von
5 Metern bei Ausführung einer Betondecke vorgesehen war.
Hinsichtlich der vom Land Niederösterreich an die DoKW zu refundierenden Mehrkosten heißt es im
Wasserrechtsbescheid:
„Die Feststellung jener Mehrkosten der Straßenneuherstellung, welche wegen größerer Breite,
besserer Fahrbahndecke als nach dem ursprünglichen Bestand durch die Straßenverwaltung zu
übernehmen sein werden, wird bei Abgang einer gütlichen Einigung im Entschädigungsverfahren
erfolgen.“
Die straßenbaulichen Herstellungen erfolgten in den Jahren 1956 bis 1959. Mit Schreiben vom 24.
August 1964 ist die DoKW erstmalig um Refundierung ihrer Mehrkosten in Höhe von 25,494.328.27S
an das Land herangetreten, welche sich im einzelnen wie folgt zusammensetzen:
Bauaufwand der verbesserten Ausführung …………………………………………… S 15,258.077.65
Bauaufwand eines fiktiven Minimalprojektes …………………………………………. S 3,258.331.52
Nettodifferenz …………………………………………………………………………….. S 11,999.746.13
Allgemeine Nebenkosten, 35,366% …………………………………………………… S 4,243.576.30
S 16,243.322.43
Bauzinsen vom 1. 1. 1956 bis 31. 12. 1959 ………………………………………….. S 2,111.664.92
Warenumsatzkosten, 5,54% …………………………………………………………… S 1,016.880.36
Zinsen vom 1. 1. 1960 bis 30. 6. 1964 (6,5% p. a.) …………………………………. S 6,122.460.56
Zusammmen …………………………………………………………………………….. S 25,494.328.27
Am 15. Dezember 1964 wurde den DoKW von der niederösterreichischen Landesregierung erwidert,
daß sich das Land Niederösterreich bereit erklärt, ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches einen
Pauschalbetrag von 12,600.000 S anzubieten, welcher sich aus der Nettodifferenz des Bauaufwandes
der verbesserten Ausführung und des Aufwandes eines fiktiven Minimalprojekts, das sind rund
12,000.000 S, zuzüglich der Kosten für Projektierung, Bauüberwachung und Abrechnung durch ein
Zivilingenieurbüro (maximal fünf Prozent), das sind 600.000 S, sohin zusammen 12,600.000 S,
zusammensetzt.
In zwei Verhandlungen zwischen den DoKW und der niederösterreichischen
Landesstraßenverwaltung unter Heranziehung des Rechtsbüros sowie der Abteilung III/1 ist es zu
keiner Einigung über die Höhe des an die DoKW zu entrichtenden Refundierungsbetrages durch das
Land gekommen. Mit Schreiben vom 14. Juni 1965 haben die DoKW mitgeteilt, daß sich infolge
Erhöhung der Zinsen vom Zeitpunkt der Einreichung ihrer Forderung, ferner auf Grund einer
Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Körperschaften und einer Neuberechnung der Umsatzsteuer
ihre Refundierungsforderung von 25,494.328.27 S infolge Neuberechnung der Zinsen, Umsatz- und
Gewerbesteuer um 2,911.037.66 S per 31. Dezember 1964 auf 28,405.365.93 S erhöht habe.
Auf Grund einer neuerlichen Verhandlung am 17. November 1965 wurde der Österreichischen
Donaukraftwerke Aktiengesellschaft ein Vergleich mit einem Betrag von 14,000.000 S vorgeschlagen.
Wie in der Folge mündlich mitgeteilt wurde, erklärte sich der Aufsichtsrat der Österreichischen
Donaukraftwerke Aktiengesellschaft außerstande, diesen Vorschlag anzunehmen. Um nun ein
weiteres Ansteigen des durch das Bundesland Niederösterreich zu leistenden Refundierungsbetrages
durch in Zukunft anreifende Zinsen zu vermeiden, soll der bereits angebotene Betrag der
Österreichischen Donaukraftwerke Aktiengesellschaft als Aufwandersatz erstattet werden.
Da dieser Betrag aus den im Voranschlag für das Jahr 1965 für den Straßenbau bereitgestellten
Mitteln nicht geleistet werden kann, ist die Bewilligung eines entsprechenden Nachtragskredites
erforderlich. Ich stelle daher namens des Finanzausschusses folgenden Antrag (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
,,1. In den außerordentlichen Teil des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1965
ist ein neuer Ausgabenvoranschlagsatz 661-90 mit der Benennung ,Ersatz von Aufwendungen für den
Ausbau einer Landeshauptstraße sowie einer Landesstraße an die Österreichische Donaukraftwerke
AG. und einem Kreditbetrag von 14,000.000 6 aufzunehmen.
2. Die niederösterreichische Landesregierung wird ermächtigt, zur Bedeckung Darlehen in der Höhe
von 14,000.000 S aufzunehmen.
3. Die niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung dieses
Beschlusses erforderlichen Maßnahmen zu treffen." Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Verhandlung
einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
PRÄSIDENT WEISS (nach Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses):
Angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abg. L u d w i g, die Verhandlungen zur Zahl 145 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. LUDWIG: Hoher Landtag! Die Zahl 145 beschäftigt sich mit dem Ankauf und der
Adaptierung der Liegenschaft Mödling, Wiesengasse 5, als Dienstwohngebäude für den
Bezirkshauptmann in Mödling; Bewilligung eines Nachtragskredites.
Der Bezirkshauptmann in Mödling bewohnt derzeit eine Dienstwohnung im Hause Mödling,
Schillerstraße 62, welche das Bundesland Niederösterreich als Untermieter von der Niogas gemietet
hat. Da ein Untermietverhältnis für die Dauer keine Gewähr bietet, daß eine Dienstwohnung für den
jeweiligen Bezirkshauptmann zu Verfügung steht, wäre es angebracht, ein geeignetes Objekt zu
erwerben. Dem Land Niederösterreich wurde nunmehr ein villenartiges Wohnhaus in Mödling,
Wiesengasse 5, mit einem Garten im Gesamtausmaß von zirka 1350 Quadratmetern in günstiger
Lage zum Kaufpreis von 950.000 S von Frau Edith Clarik, wohnhaft in Britisch-Kolumbien, angeboten.
Die Kosten für die Errichtung des Kaufvertrages wären vom Land zu tragen. Das Haus, welches im
Jahre 1928 erbaut wurde, umfaßt eine Wohnfläche von zirka 2215 Quadratmetern und befindet sich in
einem äußerst gut erhaltenen Bauzustand. Der Kaufpreis muß auf Grund des Schätzungsgutachtens
des niederösterreichischen Gebietsbauamtes I - Wien-Umgebung vom 29. November 1965 und im
Hinblick auf die im Raum Mödling ständig im Steigen begriffenen Grundstückspreise als günstig
bezeichnet werden. Insbesondere wäre darauf zu verweisen, daß im Schätzungsgutachten das
Mobiliar, welches fast zur Gänze vom Verkäufer mit überlassen wird, keine Berücksichtigung
gefunden hat. Zur Beziehbarmachung und zum Einbau einer Zentralheizungsanlage sind
schätzungsweise 350.000 S erforderlich.
Es ist somit für den Ankauf und die Adaptierung der Betrag von rund 1,300.000 S zu bewilligen.
(Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Ich stelle daher namens des Finanzausschusses folgenden Antrag:
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
,,1. Der Ankauf der Liegenschaft Mödling, Wiesengasse 5, Parz. Nr. 753/10 mit Baufläche 1966 und
Parz. Nr. 753/9 Katastralgemeinde Mödling, zu einem Kaufpreis von 950.000 S sowie die Adaptierung
einschließlich der Nebenkosten, mit einem Kostenaufwand von 350.000 S, zusammen also 1,300.000
S, als Dienstwohngebäude für den Bezirkshauptmann in Mödling werden genehmigt.
2. Zum außerordentlichen Teil des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1965 wird
für die unter Punkt 1 angeführten Kosten ein Nachtragskredit in der Höhe von 1,300.000 S bewilligt.
Die Verrechnung hat bei dem neu zu eröffnenden Voranschlagsansatzes 03-995 mit der Benennung,
Ankauf und Adaptierung der Liegenschaft Mödling, Wiesengasse 5, als Dienstwohngebäude für den
Bezirkshauptmann in Mödling' zu erfolgen.
3. Die niederösterreichische Landesregierung wird ermächtigt, zur Bedeckung der unter Punkt 1
angeführten Kosten Darlehen in der Höhe von 1,300.000 S aufzunehmen. 4. Die
niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung dieses Beschlusses
erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Ich bitte den Präsidenten, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung durchzuführen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist der Herr
Abg.C z i d l i k.
Abg.CZIDLIK: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zur gegenständlichen Vorlage möchte ich mir
erlauben, folgendes auszuführen. Im Jahre 1959 wurde mit Zustimmung des Hohen Landtages eine
Vorlage genehmigt, mit der der Neubau eines Amtsgebäudes für die Bezirkshauptmannschaft Mödling
sichergestellt wurde. In logischer Konsequenz ergibt sich ja, daß durch die Zustimmung zum
Gesamterfordernis, das in dieser Vorlage mit 22,500.000 S angegeben wunde, auch hiefiir der
entsprechende Kredit genehmigt wurde. In einer Regierungssitzung vom November 1963 wurde im
Zuge eines Revirements bezüglich des Erwerbs des ehemaligen Newage-Gebäudes in der
Teinfaltstraße 8 und diverser Grundstückabtausche die Genehmigung erteilt, für die
Beziehbarmachung einer Dienstwohnung für den Bezirkshauptmann von Mödling 270.607 S
auszugeben. Es hatte damit der Herr Bezirkshauptmann von Mödling bis zur Zeit der Fertigstellung
eines mehrgeschossigen Wohnhauses im Zuge der Errichtung der Bezirkshauptmannschaft eine
Dienstwohnung im entsprechenden Ausmaß gesichert.
Auf Grund des Sonderberichtes aber die Bezirkshauptmannschaften, ebenfalls vom November 1963,
konnte man feststellen, dass die Planung, der Kostenvoranschlag und das Bauvorhaben fix und fertig
erstellt waren. Es waren ein Amtsgebäude, eine Gaststätte mit einem Festsaal und ein
mehrgeschossiges Wohngebäude, wo eben der Bezirkshauptmann in einem Geschoß eine zweifellos
moderst ausgestattete Wohnung erhalten sollte, vorgesehen. Da auch meine Fraktion zu diesem
Vorhaben die Zustimmung erteilt hat, ist damit bewiesen, dass wir sehr wohl verstehen - und das steht
außer Zweifel -, dass jeder Bezirkshauptmann, egal, in welchem Bezirk er zu arbeiten hat, eine
entsprechende Wohnung erhalten muss und dass wir das auf alle Fälle anerkennen.
Nun geht aber aus diesem Sondenbericht hervor, daß sich bei der Errichtung der
Bezirkshauptmannschaft in Mödling einiges getan hat. Ich möchte nicht auf Details eingehen, wie
beispielsweise auf die Rasierstecker, die in den Damenklos angebracht wurden, und so diverse
andere Dinge, die zweifellos ,,kostensenkend" gewirkt haben, sondern ich möchte mich nur auf den
Schlußsatz des zitierten Kontrollausschußberichtes beziehen, wo es heißt:
,,Schließlich gelangte der Finanzkontrollausschuß im Laufe seiner Erhebungen zu der Überzeugung,
daß bei der Planung und Ausführung des Bauvorhabens seitens der technischen Landesämter und
der kreditverwaltenden Dienststelle ein einheitliches Vorgehen nicht vorhanden war, weiter eine
Koordinierung dieser Ämter in wesentlichen Fragen fehlte und auch die rechtlichen Angelegenheiten
(Verträge, Pachtverhältnisse usw.) nicht immer die notwendige Klarheit erkennen ließen."
Nun flattert plötzlich die Vorlage 145 ins Haus, die den Ankauf und die Adaptierung der Liegenschaft
Mödling und einer darauf befindlichen Villa zum Gesamtpreis von 1,300.000 S ermöglichen soll. Dazu
möchte ich vorerst einmal feststellen: Das Gebäude wurde 1928 errichtet, und es wurde hier
ausgeführt, daß die derzeitige Besitzerin in Übersee wohnt und sich daher die Verkaufsverhandlungen
termingemäß etwas schwierig gestaltet haben.
Nach meinen Ausführungen werden Sie also verstehen, daß meine Fraktion bei Nennung der
Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen allergisch wird. Wir haben die Vorlage durchgesehen und im
Finanzausschuß die Ansicht vertreten, daß es nach den aufgezeigten Dingen doch gut wäre, diese
Vorlage zurückzustellen, um dem Kontrollausschuß die Möglichkeit einer nochmaligen Überprüfung
der ganzen Angelegenheit zu geben. Abgesehen davon, daß der Herr Obmann des
Finanzkontrollausschusses die persönliche Meinung vertreten hat, daß man auch nach Erwerb der
Liegenschaft, falls sich herausstellen sollte, daß etwas nicht in Ordnung sei, eine entsprechende Kritik
an den Landtag weiterleiten könnte - eine merkwürdige Einstellung des Herrn Obmannes -, konnten
uns auch die sonstigen von der ÖVP-Fraktion bei den Beratungen im Finanzausschuß vorgebrachten
Argumente keineswegs überzeugen. Zuerst hat man erklärt, die Angelegenheit müsse so rasch wie
möglich behandelt werden, weil die Besitzerin, also die in der Vorlage genannte Frau, nur wenige
Tage in Österreich weile, dann hat ein Herr behauptet, sie sei schon abgereist, und von anderer Seite
wurde wieder laut, daß ein Rechtsanwalt beauftragt sei, den Verkauf zu tätigen. (Zwischenruf bei der
ÖVP: Beauftragt werden könnte!) Also könnte. Diese drei Möglichkeiten wurden jedenfalls aufgezeigt.
Die vorgebrachten Argumente sind für uns kein Beweis, daß die Angelegenheit so dringlich ist, daß
sie nicht zurückgestellt werden kann, um bei den schlechten Erfahrungen, die bei Errichtung der
Bezirkshauptmannschaft Mödling gemacht wurden, nicht doch zuerst eine Überprüfung der
Berechtigung der Vorlage durchführen zu können.
Abschließend möchte ich folgendes feststellen: Eine Wohnung für den Herrn Bezirkshauptmann in
Mödling - und möge sie noch so gut ausgestattet sein - ist selbstverständlich. Eine solche war ja in
den beschlossenen Vorhaben für 1965 enthalten. Bis zur Fertigstellung des übrigens mit Mitteln aus
dem Wohnhauswiederaufbaufonds zu errichtenden Hauses hat er ja eine Dienstwohnung, die mit
einem Betrag von mehr als 270.000 S bewohnbar gemacht wurde. Auch das Argument, daß nach
Paragraph 7 des Mietengesetzes nach fälligen Reparaturen an diesem Haus eine Erhöhung des
Mietzinses bis auf das Doppelte oder Zweieinhalbfache erfolgen würde, konnte uns nicht überzeugen.
Wir haben sehr rasch rechnerisch nachgewiesen, daß der Zinsenverlust von 1,300.000 S den sagen
wir extrem auf das Zweieinhalbfache erhöhten Mietzins auf vier Jahre gedeckt hätte. Ich bin
überzeugt, daß das bei der Bezirkshauptmannschaft zu errichtende Wohngebäude in vier Jahren
fertiggestellt sein könnte. Die Gründe sind also nicht stichhältig, um dieser Vorlage ohne weiteres
zuzustimmen. Meine Fraktion hat daher im Finanzausschuß den Antrag auf Zurückstellung und
Überprüfung der Vorlage gestellt. Nachdem diesem unserem Wunsch nicht entsprochen und ein
Mehrheitsbeschluß gefaßt wurde, muß es Ihnen klar sein, daß wir unter den gegebenen Umständen
der Vorlage nicht die Zustimmung geben können. (Beifall bei den Sozialisten.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. S t a n g l e r.
Abg. STANGLER: Hoher Landtag! So wie im Ausschuß möchte ich auch hier als Obmann des
Finanzkontrollausschusses, aber auch namens der Österreichischen Volkspartei eine kurze
Stellungnahme abgeben. Ich darf wohl annehmen, daß mein Herr Vorredner das Allergischwerden
seiner Fraktion nicht, wie er sagte, auf die Bezirkhauptmannschaft Neunkirchen bezogen hat, sondern
auf Mödling. Ich nehme also an, daß ihm da ein Fehler unterlaufen ist. (Abg. Czidlik: Die
Bezirkshauptmannschaft, die Sie zuletzt genannt haben, hat uns soweit gebracht!) Ich wünsche Ihnen
das nicht; bleiben Sie ruhig und sachlich, denn es wäre sehr bedauerlich, wenn Sie gesundheitlichen
Schaden nehmen würden. (Abg. Dr. Brezovszky: Wir sind sehr ruhig!) Ich glaube, daß man ruhig und
sachlich weiterdiskutieren kann. Als ich die Vorlage in meine Hände bekam, lagen die Dinge
folgendermaßen:
Wir haben im Finanzkontrollausschuß vor zwei Jahren die Anlage der Neubauten genau untersucht
und haben unsere Feststellungen getroffen, mit denen der Landtag einstimmig einverstanden war.
Wie im Bericht angeführt, sollte in der noch vorhandenen Baulücke in einigen Jahren ein Gebäude
errichtet werden. Ich darf bemerken, daß bis heute noch nichts gebaut wurde und auch noch gar keine
Aussicht besteht, wann begonnen werden soll. Es ist aber sicher, daß die Landesregierung durch
Erhöhung des Miet- oder Untermietzinses infolge einer nach Paragraph 7 des Mietengesetzes
erfolgten Reparatur erhöhte Auslagen hätte.
Vom Standpunkt des Finanzkontrollausschusses wäre daher nur noch folgendes zu überprüfen: 1. Es
ist wohl unbestritten, daß für den Bezirkshauptmann eine Wohnung notwendig ist. 2. Die
Weiterführung des Mietverhältnisses in dem der Niogas gehörigen Gebäude ist unzweckmäßig. Als
sich ein günstiger Kauf anbot, erhob sich die Frage, ob es vertretbar und verantwortbar sei, auf das
Kaufangebot einzugehen.
Ich kann Ihnen mitteilen, dass der Kaufpreis von 950.000 S nach einem von einem berufenen
Baufachmann der Landesregierung erstellten Gutachten als absolut günstig zu bezeichnen ist, selbst
auf die Gefahr hin, dass gewisse Investitionen durchgeführt werden müssen und Kosten für die
Vertragserstellung, Steuer usw., entstehen (Zwischenruf bei der SPÖ: Zinsen!), so dass mit einer Endsumme von 1,300.000 S gerechnet werden muss. Was ist nun an Gegenwerten vorhanden? Zu der
von der nach Britisch-Kolumbinen ausgewanderten österreichischen Staatsbürgerin zu erwerbenden
Liegenschaft gehört ein Grundstück im Ausmaß von 1350 Quadratmetern. Davon sind zirka 800
Quadratmeter eine verkaufbare Parzelle, aufgeschlossen, in günstiger Lage, mit einem für Mödlinger
Verhältnisse sehr respektablen Grundpreis. Es ist gar nicht überschätzt, wenn man annimmt dass bei
einem Verkauf mindestens 280.000 S für diesen Grund zu erzielen sind. Als sich die Niogas bereit
erklärte, der Landesregierung für Investitionen an dem derzeitigen Mietobjekt 220.000 S
zurückzuerstatten, ergab sich eine Summe von rund 500.000 S, die vom Kaufpreis und den
vermutlichen Investitionen von 1,300.000 S abzuziehen sind, so daß sich tatsächliche Kosten von
800.000 S ergeben.
Meine verehrten Damen und Herren! Wir haben für die Bezirkshauptleute in Bruck an der Leitha und
Tulln ebenfalls Dienstwohngebäude errichtet und können heute feststellen, dass auch deren Kosten
mit den dazugehörigen Grundstücken zwischen 750.000 und 800.000 S gelegen sind.
Ich glaube daher, dass es wirklich vertretbar ist, eine solche Gelegenheit zu ergreifen und nicht auf
das Ungewisse zu warten, bis einmal in der bestehenden Baulücke ein mehrgeschossiges
Wohngebäude errichtet werden kann oder wird. Es ist ja nicht gesagt, dass man dann deshalb diese
Pläne nicht ändern kann; es werden halt etwas kleinere Wohnungen gebaut, und es wird sicherlich
genügend Bewerber aus den Reihen der Landesbeamten, aber auch andere geben, die eine solche
Wohnung ohne weiteres annehmen werden. Auch in Mödling gibt es immer wieder Leute, die
interessiert sind, eine schöne und neuere Wohnung zu erhalten. Es wird also dort gar keine Wohnung
für einen Bezirkshauptmann freistehen, weil für Ihn ja nunmehr vorgesorgt worden ist.
Ich darf feststellen: Aus den Unterlagen ist ersichtlich, dass keine größeren Kosten entstehen als wir
bereit waren, in ähnlichen Fällen, wie zum Beispiel für die Bezirkshauptleute in Bruck und Tulln,
auszugeben. Ich darf daher sagen, dass sich für meine Partei und meine Person nur noch die Frage
aufgeworfen hat, ist diese finanzielle Auslage vertretbar, zumutbar und zweckmäßig? Ich kann zu all
diesen Punkten sagen: Jawohl, der Ankauf ist vertretbar, er ist zweckmäßig und finanziell zweifellos
von uns als günstig zu bezeichnen. Weil wir zu dieser Ansicht gelangt sind, haben wir im
Finanzausschuss für die Vorlage gestimmt und werden in voller Verantwortlichkeit auch im Hohen
Haus dieser Vorlage unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Landeshauptmann Dipl.-Ing. Dr. h. c. H a r t m
a n n.
Landeshauptmann Dipl.-Ing. Dr. h. c. HARTMANN: Meine Damen und Herren! Das Thema ist fast
erschöpfend behandelt worden. Es wurde im Finanzausschuß und auch heute darauf hingewiesen,
daß in der Nachbarschaft der Bezirkshauptmannschaft Mödling sich ein Grundstück befindet, auf dem
ein Wohnhaus gebaut werden soll. Ich darf in Erinnerung rufen beziehungsweise mitteilen - das ist
vielleicht das einzig Neue, was ich zur Diskussion noch beitragen kann -, daß der Verkauf dieses
Grundstückes, es ist meines Wissens die Hausnummer 3-5, im April dieses Jahres auf Grund eines
einstimmigen Beschlusses der niederösterreichischen Landesregierung erfolgte.
Ich darf aus diesem Grund den Damen und Herren des Landtages empfehlen, der Vorlage die
Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDEINT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft; der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. LUDWIG: Ich verzichte auf das Schlußwort und bitte den Herrn Präsidenten, die
Abstimmung vorzunehmen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER (Abstimmung): A n g e n o m m e n.
Ich ersuche den Herrn Abg. R o h r b ö c k, die Verhandlung zur Zahl 150 einzuleiten. Berichterstatter
Abg. ROHRBÖCK: Hoher Landtag! Ich habe namens des Landwirtschaftsausschusses über die
Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf, mit dem der Wirkungsbereich der
Bezirkslandwirtschaftskammern Wolkersdorf, Mistelbach, Gänserndorf und Marchegg festgesetzt wird,
zu berichten.
Die niederösterreichische Landesregierung hat mit Beschluß vom 14. September 1965, kundgemacht
im Landesgesetzblatt Nr. 304/1965, die Vereinigung der Gemeinde Niederkreuzstetten, Gerichtsbezirk
Wolkersdorf, und der Gemeinde Oberkreuzstetten, Gerichtsbezirk Mistelbach, zur Marktgemeinde
Kreuzstetten genehmigt.
Mit Verordnung der Bundesregierung vom 5. November 1965, kundgemacht im Bundesgesetzblatt Nr.
305/1965, wurde die neu errichtete Marktgemeinde Kreuzstetten dem Sprengel des Bezirksgerichtes
Wolkersdorf zugewiesen.
Die niederösterreichische Landes-Landwirtschaftskammer hat beantragt, die Marktgemeinde
Kreuzsteten der Bezirkslandwirtschaftskammer Mistelbach zuzuweisen, und dies damit begründet,
dass die Gemeinde zu dieser Bezirkslandwirtschaftskammer verkehrsmäßig günstiger liege als zur
Bezirkslandwirtschaftskammer Wolkersdorf, und dass daher eine intensivere Betreuung ihrer
landwirtschaftlichen Interessen möglich sei.
Gemäß Paragraph 2 Absatz 1 Zahl 2 des Niederösterreichischen Landwirtschaftskammergesetzes
1962, LGBl. Nr. 41, umfaßt die Bezirkslandwirtschaftskammer das Gebiet eines Gerichtsbezirkes.
Daraus ergibt sich, daß für die Bildung von Bezirkslandwirtschaftskammern, deren Gebiet sich aber
die Grenzen eines Gerichtsbezirkes hinaus erstrecken soll, ein Landesgesetz erforderlich ist. Dieser
Notwendigkeit trägt der gegenständliche Gesetzentwurf Rechnung.
Durch das Gesetz vom 27. Jänner 1955, LGBl. Nr. 13, womit das Gesetz vom 22. Februar 1922,
LGBl. Nr. 59, über die Errichtung der Landwirtschaftskammern (Bauernkammern) geändert und die
Bezirkslandwirtschaftskammern Marchegg und Gänserndorf neu errichtet werden, wurden unter
anderem die zum Gerichtsbezirk Klosterneuburg gehörigen Gemeinden Gerasdorf und Seyring dem
Wirkungsbereich der Bezirkslandwirtschaftskammer Wolkersdorf und die zum Gerichtsbezirk
Marchegg gehörige Gemeinde Zwerndorf der Bezirkslandwirtschaftskammer Gänserndorf
zugewiesen. Dieses Gesetz ist durch die nachher erfolgte Umbildung der Gerichtsbezirke
Gänserndorf, Großenzersdorf und Korneuburg sowie durch die Auflassung des Gerichtsbezirkes
Floridsdorf-Umgebung nur noch hinsichtlich der Zuweisung der Gemeinden Gerasdorf, Seyring und
Zwerndorf zu den genannten Bezirkslandwirtschaftskammern von Bedeutung. Es erscheint daher
zweckmäßig, die Zuweisung dieser Gemeinden in den vorliegenden Gesetzentwurf aufzunehmen,
zumal seinerzeit die für die Zuweisung maßgebenden Gründe unverändert fortbestehen, und das
zitierte Gesetz zur Gänze aufzuheben.
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
,,l. Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem der Wirkungsbereich der Bezirkslandwirtschaftskammern
Wolkersdorf, Mistelbach, Gänserndorf und Marchegg festgesetzt wird, wird genehmigt.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert, zur Durchführung dieses Gesetzbeschlusses das
Erforderliche zu veranlassen.''
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung vorzunehmen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gelangt Herr Abg. M o n d l.
Abg. MONDL: Hohes Haus, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte bei Gott bei dieser
Gesetzesvorlage keine Verärgerung schaffen, und es ist auch sonst normalerweise durchaus üblich,
daß Änderungen im Wirkungsbereich vorgenommen werden, wenn diese Wahl fundiert und begründet
sind. Ich werde aber - sei Sie mir nicht böse, doch ich kenne die Geschichte dieser ganzen
Angelegenheit - das Gefühl nicht los, dass es sich zumindest bei einem Teil dieser Gesetzesvorlage
um einen richtigen Schildbürgerstreich handelt. Gewiss, es ist aus der Geschichte bekannt, dass in
früheren Zeiten die Bauern und Leibeigenen von den gräflichen oder fürstlichen Besitzern jeweils nach
Bedarf verkauft wurden; in unserer modernen Zeit werden die Bauernkammersprengel scheinbar
jeweils nach dem Wohnort der Kammerobmänner verändert.
Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen einmal die ganze Angelegenheit erzähle. Vor Monaten bahnte sich
im Bezirk Mistelbach unter anderen Gemeinden auch eine Gemeindezusammenlegung zwischen den
beiden Gemeinden Niederkreuzstetten und Oberkreuzstetten an. Diese beiden Gemeinden liegen
nördlich und südlich gesehen auf gleicher Höhe, im Norden im Gerichtsbezirk Mistelbach, im Süden
im Gerichtsbezirk Wolkersdorf. Niederkreuzstetten gehörte zum Gerichtsbezirk Wolkersdorf und
Oberkreuzstetten zum Gerichtsbezirk Mistelbach. Nun, die Verkehrsverhältnisse, die wirtschaftlichen
Bedingungen usw. waren ziemlich gleich. Als sich diese Zusammenlegung anbahnte, wurden sofort
Bedenken dahingehend geäußert, was nun geschehen wird; schließlich sind doch die
Gerichtsbezirksgrenzen zu ändern, wenn diese beiden Gemeinden zusammengelegt werden. Diese
Bedenken wurden dann doch überwunden, die beiden Gemeinden wurden zusammengelegt.
Interessant ist noch, dass im Süden von der Gemeinde Oberkreuzsteten, die dem Gerichtsbezirk
Mistelbach angehört, die Gemeinde Hornsburg liegt, welche an die Gemeinde Oberkreuzsteten
beziehungsweise an den Gerichtsbezirk Wolkersdorf beziehungsweise an den Verwaltungsbezirk
Korneuburg grenzt. Die beiden Gemeinden wurden zusammengelegt, es wurde gewählt, und alles war
in bester Ordnung. Da nun der Bürgermeister der Gemeinde Oberkreuzstetten, Herr Ullmann, zugleich
Bauernkammersprengelobmann des Bauernkammersprengels Mistelbach ist und die wirtschaftlichen
Verhältnisse und alles übrige gleich waren, würde man sich vorstellen, daß man nun die neue
Gemeinde Kreuzstetten dem Landwirtschaftskammersprengel Mistelbach angliedert. Damit wäre alles
in bester Ordnung.
Aber es kam ganz anders. In diesem Stadium regten sich andere Kräfte. Ein Angestellter der
Notariatskanzlei Wolkersdorf besuchte die Bürgermeister in den Gemeinden des Gerichtsbezirks
Wolkersdorf und sammelte Unterschriften dafür, daß die neue Gemeinde Kreuzstetten dem
Gerichtsbezirk Wolkersdorf eingegliedert werde. Begründungen dafür wurden reichlich ins Treffen
geführt. Der Notar in Wolkersdorf - wer das ist, wissen wir ja - setzte sich natürlich tatsächlich durch.
Die Grundbuchakten wanderten nun vom Grundbuch Mistelbach nach Wolkersdorf. Aber o Schreck,
nun wohnt der Bezirksbauernkammerobmann von Mistelbach, Herr Exbürgermeister Ullmann, im
Bauernkammersprengel von Wolkersdorf. Was ist nun zu tun? Ein Landesgesetz soll beschlossen
werden; aus den gleichen wirtschaftlichen und verkehrsmäßigen Gründen, aus denen Kreuzstetten
dem Gerichtsbezirk Wolkersdorf einverleibt wurde - das geschah nicht etwa vor Monaten oder Jahren,
sondern erst vor sieben Wochen -, soll jetzt die Gemeinde Kreuzstetten vom Bauernkammersprengel
Wolkersdorf abgetrennt und dem Bauernkammersprengel Mistelbach zugeführt werden. Damit die
bäuerlichen Bewohner in diesen Gemeinden eine Erleichterung haben und aus Gründen der
Verwaltungsvereinfachung reisen sie bei künftigen Interventionen in ihrer Bauernkammer zuerst nach
Wolkersdorf zum Grundbuch, holen sich dort die Unterlagen, fahren dann nach Mistelbach weiter, um
dort Kammerahngelegenheiten bearbeiten und erledigen zu lassen. - Ist das nicht eine wunderbare
Vereinfachung und eine echte Erleichterung für die betroffene bäuerliche Bevölkerung? All das
geschah nur deswegen, um den Wünschen des Herrn Notar in Wolkersdorf und des Herrn Ullmann in
Kreuzsteten zu entsprechen. Seien Sie bitte nicht böse, wenn ich erkläre, dass ich fast versucht bin,
einen Antrag zu stellen, das Gesetz über die Errichtung von Landwirtschaftskammern dahingehend
abzuändern, dass der Wirkungsbereich der Bezirkslandwirtschaftskammern dem jeweiligen Wohnort
des Obmannes der Bezirkslandwirtschaftskammer angepasst wird. (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Es tut mir außerordentlich leid, Ihnen mitteilen zu müssen, daß wir auf Grund der geschilderten
Umstände dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen können. (Beifall bei der SPÖ - Abg. Dipl.-Ing.
Robl: Sie sind ja der beste Kenner der Landwirtschaftsfragen!)
DRITTER PRÄSlDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Dipl.-Ing. R o b l.
Abg. Dipl.-Ing. ROBIL: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist, wie ich glaube, wirklich
ein Zufall, dass sich der Landtag gerade in der Zeit, in der die Landes-Landwirtschaftskammer im
Rittersaal, also im gleichen Hause, ihre Vollversammlung abführt, mit einer Vorlage der
Landesregierung befassen muss, die uns auf Ersuchen der Landes-Landwirtschaftskammer vorgelegt
worden ist. Bisher war es, wie ich feststellen muss, doch hier im Hause üblich, dass den Vorlagen der
Landesregierung, wenn es sich nicht um grundsätzliche Differenzen in den Auffassungen der beiden
Parteien gehandelt hat, der ganze Landtag ohne irgendwelche längere Erklärungen zugestimmt hat.
Bei dieser Vorlage geht man jedoch von dieser Gepflogenheit ab.
Kollege Mondl meinte, daß es nur zwei Persönlichkeiten sind, die die Österreichische Volkspartei
veranlassen, der Vorlage der Landesregierung die Zustimmung zu geben. Er hat darauf hingewiesen,
daß aus den Gemeinden Oberkreuzstetten und Niederkreuzstetten durch die Wahlen vom 28.
November dieses Jahres nunmehr die neue Gemeinde Kreuzstetten entstanden ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß es doch irgendwie schwierig ist, bei der Gründung einer
neuen Gemeinde, die zu zwei verschiedenen Gerichts- und Kammerbezirken gehört haben, plötzlich
eine einvernehmliche Lösung zu finden, das werden mir alle jene bestätigen, die mit
Gemeindezusammenlegungen zu tun hatten, von denen 81 Gemeinden betroffen waren. Es wurden
lange Verhandlungen geführt, bei denen sicherlich auch andere Probleme erörtert wurden. Denn bei
den Beratungen über die Zusammenlegung der beiden Kreuzstetten war nicht nur die Frage des
Gerichtes und der Kammer auf der Tagesordnung, sondern viel ausschlaggebender war damals,
Kollege Mondl, der Schulbau. Es ist also eine einvernehmliche Lösung zustande gekommen.
Ich darf aber darauf verweisen - Sie können sich danach erkundigen -, daß in der früheren Gmeinde
Obekreuzstetten ein einstimmiger Beschluß gefaßt wurde, der zum Ausdruck brachte, daß diese
Gemeinde beim Kammerbereich Mistelbach verbleiben wolle. Die Gemeinde Niederkreuzstetten hat
keinen diesbezüglichen Beschluß gefaßt, sondern sie hat die Frage offengelassen, von welcher
Kammer, Wolkersdorf oder Mistelbach, sie künftig betreut werden soll.
Das sind also die Tatsachen. Sie dürfen das daher nicht auf eine bestimmte Person abstellen. Ich
möchte das hier offen aussprechen. Weil die Gemeinde Niederkreuzsteten, also eine der größeren
Gemeinden des Wolkersdorfer Bezirkes, aus dem Bezirksgerichtssprengel Wolkersdorf
ausgeschieden wäre, hat man die Befürchtung geäußert, dass dadurch unter Umständen das dortige
Bezirksgericht gefährdet würde. Ich bin der Meinung, dass man gerade solchen Fragen Rechnung
tragen muss. Das war sicherlich bei der Überlegung, ob sich nun Kammersprengel und
Bezirksgerichtssprengel hinsichtlich der neuen Gemeinde Kreuzsteten decken sollen, mit
ausschlaggebend.
Die Wahlentscheidung vom 28. November hat doch gezeigt, daß die Bewohner des neuen
Kreuzstetten mit dieser Entscheidung einverstanden waren. Ich möchte daher sagen, daß es, Kollege
Mondl, durchaus kein Schildbürgerstreich der niederösterreichischen Landesregierung ist, uns eine
solch ernste Vorlage, die auf der einen Seite im Interesse der Bauernschaft, aber auf der anderen
Seite doch auch im Interesse der Erhaltung eines Bezirksgerichtes erstellt worden ist, zu unterbreiten.
Aus diesem Grunde darf ich namens meiner Fraktion erklären, daß wir dieser Vorlage
selbstverständlich gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort. Er verzichtet.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Wortlaut des vorliegenden Gesetzes sowie über den
Antrag des Landwirtschaftsausschusses. (Nach Abstimmung): A n g e n o m m e n.
Ich ersuche den Herrn Abg. K e i b l i n g e r, (die Verhandlung zur Zahl 138 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. KEIBLINGER: Hohes Haus! Ich habe namens des Kommunalausschusses über
die Vorlage der Landesregierung, betreffend Liegenschaft EZ. 300, KG. St. Andrä; Schenkung an die
Marktgemeinde St. Andrä v. d. Hgt, zu berichten: Der Gemeinderat der Marktgemeinde St. Andrä v. d.
Hgt. hat in seiner Sitzung vom 9. Juli 1965 unter Punkt 3 der Tagesordnung den einstimmigen
Beschluß gefaßt, an die niederösterreichische Landesregierung die Bitte beziehungsweise den Antrag
auf Schenkung der Liegenschaft Haus- und Grundbesitz des Niederösterreichischen
Landeskindergartens in St. Andrä v. d. Hgt., EZ. 300, KG. Sankt Andrä, in das Eigentum der
Marktgemeinde St. Andrä v. d. Hgt. zu stellen.
Der Bürgermeister hat mit Schreiben vom 14. Juli 1965 diesen Beschluß wie folgt begründet:
Die Liegenschaft gehörte vor dem Jahre 1938 dem Verein zur Errichtung und Erhaltung einer KaiserJuibiläums-Kinderwarte. Der Besitz wurde im Jahre 1938 durch die NS-Verwaltung in das Eigentum
des Reichsgaues Niederdonau und in der weiteren Folge als deutsches Eigentum in das Eigentum
des Bundeslandes Niederösterreich übertragen.
Dem Rückstellungsansuchen der Marktgemeinde St. Andrä v. d. Hgt. wurde aus formalen Gründen
nicht stattgegeben.
Das Gebäude befindet sich in einem sehr schlechten Bauzustand, ist vollkommen veraltet und
unzulänglich. Die sanitären Anlagen, Wohn- und Aufenthaltsräume bedürfen umfangreicher
Adaptierungs- beziehungsweise Modernisierungsarbeiten. Überdies wäre eine Erweiterung
erforderlich. Infolge der angespannten finanziellen Lage der Marktgemeinde St. Andrä v. d. Hgt. ist
diese aber nur dann in der Lage, diese Arbeiten ausführen zu lassen, wenn ihr für die Überlassung
der Liegenschaft keine Kosten erwachsen.
Im Kindergarten werden derzeit 70 Kinder betreut, wobei eine Sperre für Kinder unter vier Jahren
verfügt wenden mußte. Zahlreiche Eltern, welche ihre Kinder dem Landeskindergarten anvertrauen
möchten, müssen abgewiesen werden. Dies widerspricht dem Bestreben der niederösterreichischen
Landesregierung, die Kindergärten im Bundesland Niederösterreich zu fördern.
Aus den angeführten Gründen bittet der Bürgermeister um wohlwollende Behandlung und
Berücksichtigung des Ansuchens.
Namens des Kommunalausschusses, der sich mit dieser Vorlage beschäftigt hat, erlaube ich mir
folgenden Antrag zu stellen:
Der Hohe Landtag wolle beschließen: ,,1. Die Übertragung der Liegenschaft Haus- und Grundbesitz
des Niederösterreichischen Landeskindergartens in St. Andrä v. d. Hgt., und zwar: EZ. 300, KG. St.
Andrä, bestehend aus den Grundstücken 122 - Bauarea mit Haus-KNr. 84 und 406/1 - Garten im
Ausmaß von zusammen 954 Quadratmetern, in das Eigentum der Marktgemeinde St. Andrä v. d. Hgt.
im Schenkungswege mit der Auflage, daß diese Liegenschaft weiterhin für Zwecke des
Niederösterreichischen Landeskindergartens verwendet wird, wird genehmigt.
2. Die niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, wegen Durchführung des vorstehenden
Beschlusses das Erforderliche zu veranlassen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Verhandlung einzuleiten.
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort ist niemand gemeldet, wir kommen zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den Antrag des Kommunalausschusses): A n g e n o m m e n.
Ich ersuche den Herrn Abg. A n z e n b e r g e r, die Verhandlung zur Zahl 142 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich
habe namens des Kommunalausschusses über die Vorlage der Landesregierung, betreffend Ankauf
des Amtsgebäudes der Stadt Tulln und eines Grundstückes in Tulln für die Errichtung einer zentralen
Tierkörperverwertungsanstalt, zu berichten:
Die Stadtgemeinde Tulln ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 117 der KG. Tulln, auf der sich das
Haus Nr. 121 (Amtsgebäude der Stadt Tulln) befindet. In diesem Gebäude sind derzeit die
Bezirkshauptmannschaft Tulln, ein Teil des Finanzamtes Tulln und das Stadtgemeindeamt Tulln
untergebracht.
Das Finanzamt Tulln soll in ein eigenes Amtsgebäude verlegt werden, dessen Errichtung bereits im
Zuge ist. Die Stadtgemeinde Tulln beabsichtigt ebenfalls in ein neu zu errichtendes Amtsgebäude zu
übersiedeln.
In die somit leer werdenden Räume könnten die Gesundheitsabteilung, die derzeit weit entfernt von
den Büroräumen der Bezirkshauptmannschaft äußerst unzweckmäßig und gesundheitsgefährlich
untergebracht ist, das Grundsteuereinhebungsamt und eventuell das Bezirksgendarmeriekommando
aufgenommen werden. Weiter könnten die derzeit im Gebäude sehr beengt untergebrachten übrigen
Abteilungen der Bezirkshauptmannschaft etwas aufgelockert werden, was für einen
ordnungsgemäßen Dienstbetrieb äußerst wichtig erscheint.
Das Grundsteuereinhebunksamt und die Gesundheitsabteilung sind derzeit in gemieteten Objekten
untergebracht, für die nicht unwesentliche Miet- und Betriebskosten bezahlt werden müssen. Die
Gesundheitsabteilung befindet sich noch dazu in einem fast abbruchreifen Althaus. In den
Heizperioden dringen immer wieder gesundheitsgefährliche Abgase durch undichte und rissige
Kamine in die Amtsräume und kann daher den Bediensteten sowie den vorsprechenden Parteien auf
die Dauer der Aufenthalt in solchen Räumen nicht zugemutet werden. Die Behebung dieser Schäden
ist nach Ansicht von Sachverständigen nur noch durch die Errichtung neuer Kamine möglich.
Durch die Zusammenlegung aller auswärts gelegenen Dienststellen können Miet- und Betriebskosten
eingespart werden.
Die Stadtgemeinde Tulln hat dem Land Niederösterreich das Amtsgebäude der Stadtgemeinde zum
Preis von 8,200.000 S zum Kauf angeboten. In einem Schätzungsgutachten des
niederösterreichischen Gebietsbauamtes I vom 9. April 1965 wurde für das gegenständliche
Amtsgebäude sein Verkehrswert von 5,245.900 S festgelegt. In diesem Gutachten ist jedoch der
bereits durchgeführte Einbau der Zentralheizung nicht berücksichtigt. Die Kosten für den Einbau
dieser Zentralheizung betrugen 525.700 S, wovon das Land einen Anteil in der Höhe von 249.000 S
getragen hat.
Weiter wird vom Land für die Errichtung einer zentralen Tierkörperverwertungsanstalt seit geraumer
Zeit ein geeignetes Grundstück gesucht.
Die Stadtgemeinde Tulln hat auch ein für die Errichtung dieser Anstalt geeignetes Grundareal, nämlich
die Grundstücke Nummer 3881/1 und 3881/2 der KG. Tulln im Ausmaß von zirka 22.000
Quadratmetern zum Kaufpreis von 2,200.000 S angeboten.
Dem Vorschlag seitens des Landes Niederösterreich, für das Amtsgebäude einen Kaufpreis von
2,200.000 S zu bezahlen, hat die Stadtgemeinde Tulln zugestimmt. Nach weiteren Verhandlungen
erklärte sich die Stadtgemeinde Tulln mit der Bezahlung eines Gesamtkaufpreises von 8,500.000 S
unter der Bedingung einverstanden, dass der Kaufpreis noch in diesem Jahre ausbezahlt wird.
Namens des Kommunalausschusses erlaube ich mir, dem Hohen Landtag folgenden Antrag
vorzulegen:
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
,,1. Der Ankauf der Liegenschaft EZ. 117 der KG. Tulln, auf der sich das Haus Nr. 121 (Amtsgebäude
der Stadt Tulln) befindet, sowie der Ankauf der Grundstücke Nummer 3881/1 und 3881/2 der KG.
Tulln zur Errichtung einer zentralen Tierkörperverwertungsanstalt zu einem Gesamtkaufpreis
einschließlich aller Nebenkosten im Betrage von 8,500.000 S, wird genehmigt.
2. Zum außerordentlichen Teil des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1965 wird
für die Kosten des Kaufes einschließlich aller Nebenspesen ein Nachtragskredit in der Höhe von
8,500.000 S bewilligt. Die Verrechnung hat bei dem neu zu eröffnenden Voranschlagsansatz 03-992
mit der Benennung ,Ankauf des Amtsgebäudes der Stadt Tulln und eines weiteren Areals für Zwecke
der Errichtung einer Tierkörperverwertungsanstalt' zu erfolgen.
3. Die niederösterreichische Landesregierung wird ermächtigt, zur Bedeckung des Kaufpreises samt
Nebenkosten Darlehen in der Höhe von 8,500.000 S aufzunehmen.
4. Die niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung dieses
Beschlusses erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte zu eröffnen.
PRÄSIDENT WEISS: Es ist gleichfalls niemand zum Wort gemeldet, wir kommen zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den Antrag des Kommunalausschusses): A n g e n o m m e n.
PRÄSIDENT WEISS: Hohes Haus! Wir sind am Schlusse der Beratungen dieses Jahres angelangt.
Man kann dieses Jahr, so wie ich es bereits vor kurzem in meiner Festrede getan habe, als
Jubiläumsjahr bezeichnen, wenn wir uns daran erinnern, dass am 27. April das Gedenken an die 20.
Wiederkehr der Befreiung Österreichs gefeiert wurde, dass am 15. Mai zehn Jahre seit Abschluss des
Staatsvertrages vergangen sind, dass der Abzug der Besatzung am 26. Oktober zum Anlass der
Einführung des Nationalfeiertages genommen wurde und dass schließlich der 20. Jahrestag des
ersten Zusammentrittes des Landtages in einer festlichen Sitzung den Beschluss der
niederösterreichischen Landeshymne brachte.
Mit dem gleichen Recht kann man dieses Jahr aber auch als Katastrophenjahr bezeichnen, denn im
Frühjahr dieses Jahres wurde unser Heimatland wieder von einer Hochwasserkatastrophe
außergewöhnlichen Ausmaßes betroffen, und im Sommer haben andere Bundesländer schwerste
Hochwasserschäden erlitten. Die Auswirkungen dieser Katastrophen haben sich ganz besonders in
der Landwirtschaft und in der Fremdenverkehrswirtschaft gezeigt, aber wir können sie durch die
gesamte Wirtschaft verfolgen, ohne allerdings das Gesamtausmaß bis ins letzte zu überblicken. Es
wird großen Einsatzes und der schon bei der Landessammlung bewiesenen Solidarität aller
Bevölkerungskreise bedürfen, um diese schweren Schäden einigermaßen auszugleichen. Ich halte es
für meine Pflicht, bei diesem Anlass dem Österreichischen Bundesheer, unserer Exekutive und allen
freiwilligen Hilfsorganisationen den Dank des Landtages für ihren mutigen und selbstlosen Einsatz
zum Ausdruck zu bringen. (Beifall im ganzen Hause.)
Im Jahre 1965 hat das Land darüber hinaus einen sehr, sehr schmerzlichen Verlust erlitten.
Landeshauptmann Dipl.-Ing. Doktor honoris Causa Leopold Figl ist am 9. Mai für immer von uns
gegangen, und es erscheint mir angebracht, dieses großen Niederösterreichers am Jahresende
nochmals zu gedenken. (Die Anwesenden im Saale erheben sich von ihren Sitzen.) Danke.
Vor wenigen Tagen ist ein epochales Ereignis zu Ende gegangen, dessen Bedeutung für die gesamte
Welt derzeit in ihrem vollen Ausmaß vielleicht noch nicht übersehen werden kann. Ich meine den
Abschluß des Vatikanischen Konzils. Die Friedensbestrebungen, die heute so sehr notwendig
erscheinen, werden zweifellos durch die Beschlüsse dieses Konzils einen wesentlichen Auftrieb
erfahren.
In dieser friedlichen Gesinnung darf ich allen Mitgliedern des Hohen Hauses, allen Bediensteten des
Landes und der ganzen Bevölkerung unseres Heimatlandes ein frohes und gesegnetes
Weihnachtsfest sowie ein glückliches und erfolgreiches Jahr 1966 wünschen. (Beifall im ganzen
Hause.)
Abg. JIROVETZ: Sehr geehrter Herr Präsident! Als Senior des Hohen Hauses darf ich Ihnen namens
meiner Kolleginnen und Kollegen für die freundlichen Wünsche herzlich danken. Als Sprecher möchte
ich Ihnen wünschen, daß Sie anläßlich der Weihnachtsfeiertage im Kreise Ihrer Familie einige
geruhsame Tage verbringen, sich von den Anstrengungen des zu Ende gehenden Jahres erholen und
neue Kräfte schöpfen für das Jahr 1966. Also frohe Weihnachten und ein Prosit für 1966! Glück auf!
(Beifall im ganzen Hause.)
PRÄSIDENT WEISS: Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung um 12 Uhr 24 Minuten.)
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