Pressemitteilung

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Rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts der Universität Heidelberg
Pressemitteilung
Nr. 5/2004
Sicherheitsrisiko: Arzneimittelinformation im Internet
Die meisten Homepages zu Viagra informieren schlecht und gefährden den
Nutzer / Studie der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg veröffentlicht
Informationen zu ViagraR im Internet sind meist unvollständig und ungenau. Zu diesem
Ergebnis kommt eine Studie der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg, die insgesamt 303 Homepages zum Potenzmittel Viagra untersucht hat und jetzt im „British Journal
of Clinical Pharmacology“ erschienen ist. So geben zum Beispiel nur ein Fünftel der beurteilten Homepages die maximal erlaubte Dosis pro Tag an; auf Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die eine Dosisanpassung erforderlich machen, wird selten eingegangen. Homepages, die medizinisch-wissenschaftliche Literatur als Referenz angeben,
enthalten meist qualitativ bessere Informationen.
„Schlechte Informationen zu Arzneimitteln im Internet sind ein Sicherheitsrisiko. Der Nutzer ist dadurch gefährdet“, erklärt Prof. Dr. Walter Haefeli, Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin VI, Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, und weist darauf hin, dass dieses Risiko für einige Medikamente in Einzelfällen bereits belegt worden sei. Professor Haefeli hat die neue Untersuchung
gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Dr. Meret Martin-Facklam, Michael Kostrzewa und Peter Martin veröffentlicht. Vor einem Jahr hat das Forscherteam bereits in einer Veröffentlichung auf die Informationsmängel von Homepages hingewiesen, die über das antidepressiv wirkende Johanniskraut, ein nicht verschreibungspflichtiges Naturheilmittel, informieren.
Viagra im Internet weist ein besonderes Risikopotenzial auf: Das Medikament mit dem
Wirkstoff Sildenafil ist zwar verschreibungspflichtig, seine Kosten werden aber nur bei
krankheitsbedingter Impotenz von den Krankenkassen erstattet. Viagra ist zudem, wenn
es auf Rezept in der Apotheke erworben wird, sehr teuer, die Beschaffung über das Internet deshalb attraktiv. Dort konkurrieren zahlreiche Billig-Anbieter um einen wachsenden
Markt für das Life-Style-Präparat, die es dem Interessenten z.T. gegen Online-Bezahlung
nach Hause schicken.
Informationsmängel bei empfohlener Dosis und Wechselwirkungen
„Wir haben das Internet nach den Stichworten Viagra oder Sildenafil durchsucht und insgesamt 303 deutsche, englische, französische und italienische Homepages bewertet,“ berichtet Dr. Meret Martin-Facklam. Die Internet-Seiten enthielten Informationen zur Anwendung des Medikaments und boten zum Teil die Online-Bestellung an. Anhand einer
Checkliste wurde die inhaltliche Qualität und Vollständigkeit der Informationen begutachtet.
Rund 88 Prozent der Homepages machen korrekte Angaben zum medizinischen Einsatz
des Medikamentes bei Impotenz. Bei den Angaben zur täglich erlaubten Dosis und Frequenz der Einnahme gibt es größere Informationsdefizite. Auch der Hinweis, dass Viagra
eine Stunde vor Eintritt der gewünschten Wirkung genommen werden sollte, fehlte bei einem Drittel der Homepages. Nebenwirkungen wie Sehstörungen und Kopfschmerzen
werden dagegen meist genannt. Auch vor der gleichzeitigen Einnahme mit nitrathaltigen
Präparaten, die zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit eingesetzt werden, wird
zumeist gewarnt. Weniger häufig wird dagegen auf seltenere, ebenfalls gefährliche
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten eingegangen, z.B. bestimmten Antibiotika
und antivirale Mittel.
Literatur-Referenzen sind ein Indikator für die Qualität einer Homepage
Wie können Laien feststellen, ob der Informationsgehalt einer medizinischen Homepage
seriös und vollständig ist? „Wir haben nun in zwei unabhängigen Studien nachgewiesen,
dass die Wahrscheinlichkeit medizinisch korrekter Angaben zu Arzneimitteln zu finden mit
der Nennung wissenschaftlicher Literaturquellen assoziiert ist, so dass nun auch für Laien
einfach anwendbare Qualitätsmarker zur Verfügung stehen“, hebt Professor Haefeli hervor. Für verschreibungspflichtige Medikamente sind zudem Informationen der Zulassungsbehörden, auf die Homepages über Links verweisen, ein wichtiger Qualitätsindikator.
Enttäuscht waren die Wissenschaftler von ihrem fehlgeschlagenen Bemühen, die Betreiber der mangelhaften Homepages zur Nachbesserung zu bewegen. Mehr als 100 Webmaster waren per E-Mail angesprochen worden, ihre Homepages waren sieben und 22
Wochen später erneut überprüft worden und blieben meist unverändert. Deshalb schlagen
die Heidelberger Wissenschaftler vor, die Nutzer besser aufzuklären und ihr kritisches
Bewusstsein im Umgang mit medizinischer Information im Internet zu schärfen.
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Ansprechpartner:
Dr. Meret Martin-Facklam
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. Walter Haefeli /Sekretariat): 06221 / 56 87 40
E-Mail: [email protected]
Abteilung Innere Medizin VI - Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie
Medizinische Klinik und Poliklinik Universität Heidelberg
Bergheimer Straße 58, 69115 Heidelberg
Literatur:
Martin-Facklam M, Kostrzewa M, Martin P, Haefeli WE: Quality of drug information on the World
Wide Web and strategies to improve pages with poor information quality. An intervention study on
pages about sildenafil. Br J Clin Pharmacol. 2004;57(1):80-5.
Meret Martin-Facklam, Michael Kostrzewa, Falk Schubert, Christiane Gasse, Walter E. Haefeli:
Quality Markers of Drug Information on the Internet: An Evaluation of Sites about St. John's Wort,
American Journal of Medicine, 15. Dezember 2002, Band 113, S. 740 - 745.
(Die Originalartikel können bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter
[email protected] angefordert werden)
Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
http://www.med.uni-heidelberg.de/aktuelles/
Heidelberg, den 12. Januar 2004
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Voßstraße 2, Gebäude 4040
69115 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 45 36 · Fax: 06221 / 56 45 44
E-Mail: [email protected]
www.med.uni-heidelberg.de
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