Betr.: Stellungnahme des Personalrats der wissenschaftlich

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Universität Bielefeld
Personalrat der
wissenschaftlich Beschäftigten
Die Vorsitzende: Dr. Gerlinde Günther-Boemke
Universität Bielefeld  Postfach 10 01 31  33501 Bielefeld
An den
Rektor
den Kanzler
den Senat
der Universität Bielefeld
den Minister für Innovation, Wissenschaft,
Forschung und Technologie des Landes NRW
Telefon: (0521): 106-3473 / 4 / 5/ 6
Telefax: (0521) 106 - 89023
E-Mail: [email protected]
Az
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14.05.2016
Betr.: Stellungnahme des Personalrats der wissenschaftlich Beschäftigten zum
Hochschulfreiheitsgesetz (HFG)
Der Personalrat der wissenschaftlich Beschäftigten der Universität Bielefeld lehnt
den Entwurf des Hochschulfreiheitsgesetzes ab. Der Entwurf sieht nach Meinung
des Personalrats eine Verschlechterung der Stellung der Beschäftigten, speziell
auch der wissenschaftlich Beschäftigten, vor.
In wesentlichen Punkten schließt sich der Personalrat der wissenschaftlich Beschäftigten den Stellungnahmen des Personalrats der weiteren Beschäftigten, des Senats und der Schwerbehindertenvertretung an. Ergänzend wird im Einzelnen folgendes moniert:
1. Der Übergang der Dienstherreneigenschaft von der Landesregierung auf die
Universitäten, vertreten durch die Präsidentin oder den Präsidenten, ist von einer Reihe von Schwächungen der geltenden Vorschriften zu Ungunsten der Beschäftigten begleitet. Dies bezieht sich insbesondere auf die Absicherung durch
tarifliche Vereinbarungen (die vorgesehene mögliche Aufhebung des Flächentarifvertrags) und den Wegfall des Stufenverfahrens bei personalrechtlichen Angelegenheiten.
2. Unklar ist zudem die Sicherung von Beschäftigungsverhältnissen bei Auflösungen von Teilen einer Dienststelle. Hier ist, anders als bei der Auflösung der gesamten Dienststelle, keine Regelung vorgesehen, die die Beschäftigten vor dem
Verlust ihrer Arbeitsplätze schützen würde. Im Zusammenhang mit der vom Gesetz ermöglichten Insolvenzfähigkeit der Hochschulen, dem erhöhten Konkurrenzdruck und dem damit verknüpften Druck zur Profilschärfung sowie der erleichterten Möglichkeit der Errichtung oder Schließung von Teilen von Dienststellen sind Teilschließungen aber zu erwarten.
3. Die Unsicherheit, die für (wissenschaftlich) Beschäftigte bei Einführung eines
HFG, das dem vorliegenden Entwurf entspricht, entsteht, wird verstärkt durch
unscharfe, unplausible oder unterbestimmte Formulierungen im Entwurfstext.
So ist beispielsweise in Art. 8 §2 Abs. 3 die Rede von einer Übergangsfrist für
tarifrechtliche Regelungen für Hochschulpersonal, das nicht vom Geltungsbereich des BAT erfasst wird. Solange der BAT der Regeltarif für die Beschäftigten
ist, bezieht sich diese Regelung nur auf einen eingeschränkten Personenkreis,
wie etwa Lehrkräfte, Lektorinnen und Lektoren sowie wissenschaftliche Hilfskräfte, und das scheint auch intendiert. Sobald allerdings der TVöD oder ein anderer, vom BAT verschiedener, TV für die Beschäftigten an den Hochschulen in
Kraft tritt wird sich dieser Personenkreis erheblich vergrößern und alle nach
dem ab dann geltenden Tarifvertrag beschäftigten Personen umfassen. Ein Gesetzesentwurf, der so lückenhaft, unplausibel oder ungenau ist, kann nicht zustimmungsfähig sein.
4. Der Hochschulrat hat durch seine uneingeschränkte Kontrollfunktion eine Stellung, die entsprechend dem Gewicht der Universitäten bei der Ausbildung der
Bürgerinnen und Bürger, die für dieses Land so wichtig ist, eine starke demokratische Kontrolle verlangt. Da sich das Land NRW hier aus der Verantwortung
nimmt, müsste als Gegengewicht eine Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen bei der Auswahl und in der Zusammensetzung des Hochschulrats an seine
Stelle treten. Eine solche demokratische Kontrolle, geschweige denn Legitimation, des Hochschulrats ist nicht vorgesehen.
5. Die Mitgliedschaft im Hochschulrat wird gemäß dem Entwurf für das HFG "angemessen" entschädigt und die Höhe der Entschädigungen nur als Gesamtsumme veröffentlicht. Es ist in dieser Fassung des Entwurfs in keiner Weise
klar, wie hoch die Entschädigung für die Mitgliedschaft im Hochschulrat sein
soll, nach welchen Kriterien sie sich bemisst oder aus welchen Quellen sie finanziert werden soll. Durch die summarische Angabe der Höhe der Entschädigungen wird zudem die in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Entschädigungen für Ämter derzeit stark diskutierte Transparenz von Einkünften in
keiner Weise berücksichtigt.
6. Die Änderungen in den Berufungsverfahren, insbesondere die Möglichkeit der
Ausnahme von Professuren von der Ausschreibung, stellt eine Beschneidung
der Mitwirkungsmöglichkeiten der wissenschaftlich Beschäftigten bei der Festlegung der Ausrichtung der Universitäten im Vergleich zur derzeitigen Praxis
dar. Auch dass die Gleichstellungsbeauftragte bei der Entscheidung über die
Ausnahme von der Ausschreibung einer Professur nur gehört werden muß darüber hinaus etwa die Schwerbehindertenvertretung noch nicht einmal in dieser rudimentären Form in das Verfahren einbezogen wird - zeugt von einer tiefgreifenden Umorientierung der Universitäten weg von demokratisch bestimmten
Einrichtungen hin zu top-down gesteuerten Unternehmen.
Mit freundlichem Gruß
Peter Kühnlein
Stellvertretender Vorsitzender
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