Pressemitteilung Nr. 19/04 Sächsischer Städte- und Gemeindetag fordert Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und Erhalt der Gestaltungsspielräume der Städte und Gemeinden Der Landesvorstand des Sächsischen Städteund Gemeindetages hat heute in Dresden einen Katalog mit Forderungen der Städte und Gemeinden an die Abgeordneten des neuen Sächsischen Landtages und die Mitglieder der neuen Sächsischen Staatsregierung verabschiedet. „Wir wenden uns mit diesem Katalog an die politischen Entscheidungsträger auf Landesebene. Sie werden aufgefordert, die Anliegen der Städte und Gemeinden zu unterstützen und zu einer Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger beizutragen“, begründete der Präsident des Verbandes und Oberbürgermeister von Bautzen, Christian Schramm, das 39seitige Papier. Die Wiedereinführung der kommunalen Selbstverwaltung nach der Wende eröffnete den Städten und Gemeinden ganz neue Perspektiven. Gleichzeitig verbanden die Bürgerinnen und Bürger hohe Erwartungen an die Ausgestaltung dieses verfassungsmäßig verankerten Rechtes. „In der Praxis führen die rückläufigen Einnahmen und die stetig steigenden Ausgabenbelastungen jedoch zur einer Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung“, sagte Schramm. „Die Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort nehmen drastisch ab. Kommunalverwaltung wird immer mehr zur bloßen Erfüllung der staatlich vorgegebenen Pflichtaufgaben.“ Damit dieser Entwicklung Einhalt geboten werden kann, hat der Sächsische Städte- und Gemeindetag einen Forderungskatalog verabschiedet. „Wesentlichstes Element für die Entwicklung und Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden ist eine sachgerechte Finanzausstattung“, führte Schramm aus. „Diese muss auf eine tragfähige und planbare Grundlage gestellt werden. Der im Sommer geschlossene Kompromiss zum Finanzausgleichsgesetz 2005/2006 ist eine gute Grundlage. Er muss daher schnellstmöglich in Gesetzesform gegossen werden, damit wir unsere Haushalte planen können“, forderte Schramm. Nach Ansicht des Geschäftsführers des Verbandes, Mischa Woitscheck, erschweren neben den fehlenden Finanzmitteln auch die zahlreichen, aber volumenmäßig kleinen Fördermittelprogramme, die den spezifischen Bedarf der einzelnen Kommune nicht adäquat abbilden können, das kommunale Wirtschaften. „Wir fordern daher die Bündelung der Fördermittelprogramme, eine Pauschalierung der ausgereichten Mittel und die Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens“, so Woitscheck. Zudem sei es erforderlich, die kommunalen Ko-Finanzierungsanteile zu senken, damit die Fördermittel auch tatsächlich abgerufen werden können. „Vor dem Hintergrund der sich immer weiter zuspitzenden Finanzlage muss zudem stärker als bisher hinterfragt werden, ob kostenverursachende Standards und bis ins kleinste Detail ausformulierte rechtliche Vorgaben in jedem Fall erforderlich sind, um eine Aufgabe sachgerecht erfüllen zu können“, ergänzte Schramm. Er forderte in diesem Zusammenhang verständlichere und praxisorientierte Gesetze, und zwar nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundes- und europäischer Ebene. Unnötige und überzogene Standards, wie sie beispielsweise in den vergaberechtlichen Vorschriften enthalten sind, gehörten auf den Prüfstand. Vor dem Hintergrund der jüngsten OECD-Studien erwarten die Städte und Gemeinden zudem ein stärkeres Engagement der neuen Staatsregierung im Bildungsbereich. „Dazu gehört vor allem die Schaffung einer Finanzierungsregelung, die den gestiegenen Anforderungen auf Grund des Einsatzes neuer Medien in Schulen gerecht wird“, so Schramm. Das Förderprogramm „Medienoffensive Schule“ mit einem auf mehrere Jahre verteilten Gesamtfördervolumen von 89,5 Mio. Euro trage zwar dazu bei, die technische Ausstattung der Schulen zu verbessern. „Es ist jedoch von einem Bedarf von ca. 500 Mio. Euro für die Grundausstattung bei einer Schüler-PC-Relation von 10:1 auszugehen“, schätzte Schramm ein. Zudem seien die Kosten für die Systembetreuung sowie für den regelmäßigen Modernisierungsbedarf zu berücksichtigen. 2 Woitscheck machte deutlich, dass sich die Städte und Gemeinden zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen bekennen, aber auch der Freistaat beim Ausbau und der qualitativen Verbesserung des Angebotes seiner Verantwortung gerecht werden muss. Der Landeszuschuss für Kindertageseinrichtungen reiche trotz Anhebung im Januar 2003 auf Grund der erheblich gestiegenen Personal- und Energiekosten heute nicht mehr aus. „Die Erhöhung der KitaPauschale ist dringend erforderlich. Ihre Anpassung an die Kostenentwicklung muss verbindlich im Gesetz festgeschrieben werden“, forderte Woitscheck. „Ausreichende und gut ausgestattete Schulen und Kindertageseinrichtungen erhöhen die Attraktivität einer Kommune für Einwohner und Investoren“, meinte Schramm. Im ländlichen Raum reiche dies auf Grund immer noch vorhandener struktureller Probleme jedoch nicht aus, um die Abwanderung insbesondere junger Menschen zu stoppen. „Wir erwarten daher, dass die neue Staatsregierung der Entwicklung des ländlichen Raumes weiterhin eine angemessene Bedeutung einräumt, damit die Lebens- und Beschäftigungsverhältnisse in diesen Bereichen zumindest stabilisiert werden“, so Schramm. Schramm hob hervor, dass die Forderungen der Städte und Gemeinden zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung kein Selbstzweck sind. „Die Bürgerinnen und Bürger wollen aktiv die Geschicke ihrer Gemeinde, ihrer Stadt selbst gestalten. Ihr Engagement trägt nicht nur dazu bei, die Vielfalt und Lebendigkeit unserer Kommunen zu wahren und fortzuentwickeln; vielmehr stärken sie damit auch die Einsicht und das Vertrauen in demokratische Willensbildungsprozesse“, ist sich Schramm sicher. Kommunale Selbstverwaltung könne jedoch nur gelebt werden, wenn ausreichend finanzielle und rechtliche Spielräume ein Handeln überhaupt ermöglichen. „Mit unseren Forderungen wollen wir deshalb die Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement verbessern und ein Stück zur Stärkung unserer demokratischen Gesellschaftsordnung beitragen“, erklärte er abschließend. 3 Anmerkung: Der Katalog der Forderungen der sächsischen Städte und Gemeinden an die Abgeordneten des neuen Sächsischen Landtages und die Mitglieder der neuen Sächsischen Staatsregierung steht im Internet unter www.ssg-sachsen.de / Information / Positionspapiere zur Verfügung. Dresden, den 01. Oktober 2004 Anlage (nur im Rahmen der Pressekonferenz ausgereicht) Forderungen der sächsischen Städte und Gemeinden an die Abgeordneten des neuen Sächsischen Landtages und die Mitglieder der neuen Sächsischen Staatsregierung der 4. Legislaturperiode 4