1 Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen Planungsakte" von VRVGH Dr. Erwin Allesch, München Verehrte Damen und Herren, es freut mich, dass ich zu diesem Thema zu Ihnen sprechen kann. Im deutschen Verwaltungsrecht werden im Wesentlichen zwei Arten von Planungsakten unterschieden: - die Planungsentscheidung durch Satzung, die eine Norm darstellt; Hauptanwendungsfall dafür ist der Bebauungsplan, und - die Planungsentscheidung durch Verwaltungsakt, die die Bezeichnung Planfeststellungsbeschluss führt. I. Anwendungsbeispiele 1. a) Bei der Planung durch Bebauungsplan spricht man von gemeindlicher Bauleitplanung, die zum allgemeinen Städtebaurecht gehört und die im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt ist (vgl. §§ 1 ff. BauGB). Wie diese Fachbezeichnungen bereits belegen, sind Träger dieser Planung die Gemeinden (§ 1 Abs. 3 BauGB), und zwar unabhängig von ihrer Größe, und es geht im Wesentlichen um die Ausweisung von Baugebieten verschiedenster Art (vgl. § 1 Abs. 1 BauGB, §§ 1 ff. der Baunutzungsverordnung - BauNVO - ). Gegenstand solcher Planungen sind etwa die Festsetzung von Wohngebieten, von gemischten Flächen, von Gewerbe- oder Industriegebieten, aber auch etwa von zugehörigen Straßen oder Grünflächen. Geregelt wird dabei insbesondere die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise, die überbaubaren Flächen usw.; die Möglichkeiten für solche Festsetzungen sind sehr vielschichtig (vgl. z.B. § 9 BauGB, §§ 16 ff. BauNVO). b) Daneben enthält das BauGB weitere Ermächtigungsgrundlagen für den Erlass städtebaulicher Satzungen (z.B. Innen- und Außenbereichssatzungen). Ferner gibt es im Raumordnungs- und Landesplanungsrecht Möglichkeiten zum Erlass von Normen. Hierauf soll im Rahmen dieses Vortrags aber nicht eingegangen werden. 2. Für die Planung durch Verwaltungsakt (§ 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes VwVfG - ), also durch Planfeststellungsbeschluss, hat sich die Bezeichnung Fachplanungsrecht eingebürgert. Zu diesem Rechtsgebiet gehören die Planung von (qualifizierten) Straßen (insbesondere Autobahnen und sonstigen Fernstraßen), von Eisenbahnen, Wasserstraßen, Flugplätzen, U-Bahnen oder die Umgestaltung (der 2 "Ausbau") von Gewässern. Zuständig dafür sind meist Fachbehörden, bei einem dreistufigen Verwaltungsaufbau meist solche der Mittelstufe, und nur ganz ausnahmsweise Gemeinden. Die Grundlagen des Planfeststellungsrechts sind geregelt in §§ 72 ff. VwVfG sowie in ergänzenden Fachgesetzen wie dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG), dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG), dem Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) usw.. II. Rechtsnatur der Planungsentscheidungen 1. Der Bebauungsplan ist nach § 10 Abs. 1 BauGB eine gemeindliche Satzung. Eine Satzung stellt ein Gesetz im materiellen Sinn dar, das ist eine Regelung von generellabstraktem Charakter. Beim Bebauungsplan mit seinen zeichnerischen und textlichen Festsetzungen handelt es sich allerdings um den Grenzfall eines Gesetzes im materiellen Sinn, weil einzelne Festsetzungen auch einen konkreten Einzelfall regeln können; dem Charakter als Satzung (Norm) tut dies aber keinen Abbruch. Die Gemeinde erlässt den Bebauungsplan im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts ihrer Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG, § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Bei der Aufstellung und inhaltlichen Ausgestaltung übt sie ihr Planungsermessen aus. Vorgesetzte Behörden dürfen in dieses Planungsermessen nicht eingreifen, sondern nur Rechtsfehler beanstanden. Fehlerfolge bei einem fehlerhaften Bebauungsplan ist wegen des Charakters Satzung grundsätzlich die Unwirksamkeit (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ). Es gibt aber Regelungen, wonach Verletzung bestimmter (Form- und Verfahrens-)Vorschriften unbeachtlich ist (vgl. § BauGB). als der die 214 2. Der Planfeststellungsbeschluss des Fachplanungsrechts ist ein Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG). Das ist eine Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme einer Behörde, die diese zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Der Verwaltungsakt ist im deutschen Verwaltungsrecht das Institut für das behördliche Handeln schlechthin. Die Planfeststellungsbehörde übt ebenso wie eine Gemeinde ein Planungsermessen aus (sog. planerische Gestaltungsfreiheit). Vorgesetzte Behörden können in dieses Ermessen - anders als bei einer Gemeinde - grundsätzlich eingreifen. Die Fehlerfolge bei Verwaltungsakten ist grundsätzlich die Rechtswidrigkeit (Aufhebbarkeit); wird der Verwaltungsakt innerhalb der regelmäßig einen Monat betragenden Anfechtungsfrist nicht angefochten, wird er - auch wenn er rechtswidrig ist unanfechtbar und damit bestandskräftig. Er bleibt also trotz eventueller Rechtswidrigkeit wirksam. Nur bei besonders schwerwiegenden Mängeln, die außerdem offensichtlich sein müssen, ist ein Verwaltungsakt nichtig (vgl. § 44 VwVfG) und somit unwirksam (vgl. § 43 Abs. 3 VwVfG). 3 Es zeigt sich damit, dass ein Verwaltungsakt im Hinblick auf mögliche Rechtsfehler flexibler ist als eine Satzung. III. Statthafte gerichtliche Rechtsbehelfe 1. Gegen einen Bebauungsplan kann nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Antrag auf Normenkontrolle beim Oberverwaltungsgericht (in einzelnen Bundesländern als Verwaltungsgerichtshof bezeichnet) gestellt werden. In dem dreistufigen Gerichtsaufbau der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist damit die mittlere Instanz zur Entscheidung über die Gültigkeit eines Bebauungsplans zuständig. Rechtsmittel zum Bundesverwaltungsgericht sind möglich. a) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch den Bebauungsplan oder seine Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden; den Antrag könnten ferner auch Behörden stellen (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Diese Berechtigung, den Antrag stellen zu können, wird als sog. Antragsbefugnis bezeichnet. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt ein Antragsteller dabei seiner Darlegungspflicht, wenn er hinreichend substanziiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Zum Recht in diesem Sinne ist Folgendes besonders wichtig: Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot hat im Recht der Bauleitplanung zentrale Bedeutung. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt ihm vor allem aber auch drittschützende Wirkung hinsichtlich solcher privater Belange zu, die für die Abwägung erheblich sind. Das hat zur Folge, dass das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB ein Recht im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO darstellen kann. Private Belange wie die Abwehr von Lärm, die Erhaltung einer bestimmten Gebietskategorie (z.B. Wohngebiet), aber auch eine bessere Ausnutzbarkeit eines Grundstücks für eine bestimmte Bebauung können damit einer Privatperson die Befugnis verleihen, die Gültigkeit eines Bebauungsplans gerichtlich nachprüfen zu lassen. Auf diese Weise lassen sich zahlreiche Nutzungskonflikte, die bei der Aufstellung eines Bebauungsplans auftreten, einer materiellen gerichtlichen Überprüfung mit der Begründung zuführen, private Belange hätten zum notwendigen Abwägungsmaterial gehört, seien in der Abwägung jedoch nicht oder nicht genügend berücksichtigt worden. Nur geringfügig betroffene Interessen gelten danach aber als nicht schutzwürdig. In diesem Zusammenhang ist von Interesse, dass nach der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Antragsbefugnis nicht die Geltendmachung einer Rechtsverletzung verlangte, sondern die Behauptung eines erlittenen oder zu erwartenden Nachteils ausreichte. Die Änderung hatte der Gesetzgeber durchgeführt, um die Anfechtung von Planungsentscheidungen namentlich auch von Bebauungsplänen - zu erschweren. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat diese Einschränkung aber nicht mitgetragen. Vielmehr hat sie die 4 Anforderungen an die Antragsbefugnis auf der neuen Grundlage des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB so beurteilt, dass im Ergebnis keine wesentlichen Änderungen eingetreten sind. b) Der Antrag auf Normenkontrolle ist befristet. Er ist innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen. Daraus wird zugleich deutlich, dass sich der Antrag nur gegen eine bereits als solche erlassene Rechtsvorschrift richten kann, die sich selbst Geltung beimisst. Bei der Zweijahresfrist handelt es sich um eine echte Ausschlussfrist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist insoweit nicht statthaft. c) Für den Antrag herrscht Anwaltszwang (vgl. § 67 Abs. 1 VwGO). d) Vorläufiger Rechtsschutz ist möglich nach § 47 Abs. 6 VwGO. Ziel ist die vorläufige Aussetzung des Vollzugs der Norm; diese könnte dann z.B. nicht mehr Grundlage für die Erteilung von Genehmigungen sein. 2. a) Ein Planfeststellungsbeschluss kann grundsätzlich durch Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO angegriffen werden. Ziel ist dann die Aufhebung dieses Verwaltungsakts. In dem Anfechtungsbegehren ist zugleich als minus enthalten, festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf. Diese letztere Rechtsschutzmöglichkeit ist spezifisch für das Fachplanungsrecht geschaffen worden (vgl. etwa § 17 Abs. 6c FStrG, § 19 Abs. 4 WaStrG, § 20 Abs. 7 AEG, § 75 Abs. 1a VwVfG). Sie bezweckt, es zu unterbinden, dass Verwaltungsgerichte Planfeststellungsentscheidungen, die in einem äußerst aufwändigen, sich oft über Jahre hinziehenden Verfahren ergehen, wegen einzelner Mängel aufheben, wenn die Behörde die Mängel ohnedies durch Planergänzung oder in einem ergänzenden Verfahren beheben kann. Durch diese Möglichkeit der behördlichen Fehlerheilung wird die Bestandskraft von Planfeststellungsentscheidungen gestärkt. In der Praxis ist bei erfolgreichen Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse die Feststellung der Rechtswidrigkeit mit Anordnung des Vollzugsverbots die Regel; die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses bleibt die absolute Ausnahme, weil sie voraussetzt, dass der Mangel nicht behebbar ist. b) Daneben kommt im Planfeststellungsrecht durchaus auch die Verpflichtungsklage zur Anwendung (vgl. § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO). Dies ist insbesondere bei sog. Planergänzungsansprüchen der Fall. Voraussetzung ist allerdings, dass durch die Verpflichtung der Behörde zur Planergänzung die Ausgewogenheit der Planung nicht berührt wird. Ziel ist sodann der Erlass eines neuen, für den Betroffenen günstigeren Verwaltungsakts. Beispielsweise kann der Anlieger einer zu errichtenden Straße damit einen verbesserten Lärmschutz - etwa durch höhere Lärmschutzwände - erstreiten; oder der Anlieger verlangt Übernahme seines verlärmten Grundstücks durch den Baulastträger oder eine Geldentschädigung (vgl. § 74 Abs. 2 VwVfG). Auch die Planergänzung nach § 17 Abs. 6c Satz 2 FStrG etc. gehört hierher. c) Über solche Klagen in Bezug auf einen Planfeststellungsbeschluss entscheiden die Verwaltungsgerichte. Und zwar gilt nach § 48 VwGO, dass für die wichtigeren Projekte wie Bundesfernstraßen, Eisenbahnen, Bundeswasserstraßen, U-Bahnen etc. wiederum 5 die Oberverwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtshöfe), also die mittlere gerichtliche Instanz entscheidet. Die Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts mit dem Rechtsmittel der Revision oder mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist auch hier möglich. d) Ein behördliches, der verwaltungsgerichtlichen Klage vorgeschaltetes Widerspruchsverfahren findet in Planfeststellungsstreitigkeiten regelmäßig nicht statt (vgl. § 74 Abs. 1 mit § 70 VwVfG). e) Im allgemeinen Verwaltungsprozessrecht ist eine Begründung der Klage nicht zwingend vorgeschrieben; nach § 82 Abs. 1 VwGO "soll" die Klage nur begründet werden. Sehr viel strenger ist die Rechtslage im Fachplanungsrecht (z.B. Fernstraßenrecht, Eisenbahnrecht, Wasserstraßenrecht). Dort wird regelmäßig eine Begründung der Klage innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Klageerhebung vorgeschrieben (vgl. § 17 Abs. 6b FStrG, § 20 Abs. 6 AEG; § 19 Abs. 3 WaStrG). Dadurch soll eine Beschleunigung solcher Verfahren erreicht werden, zumal die entsprechenden Vorhaben vielfach ein hohes Investitionsvolumen in sich bergen. f) Für die Klageerhebung herrscht Anwaltszwang (vgl. § 67 Abs. 1 VwGO). g) Vorläufiger Rechtsschutz ist möglich, zumal die Klageerhebung im Fachplanungsrecht häufig keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. dazu §§ 80, 80a VwGO, § 17 Abs. 6a FStrG, § 20 Abs. 5 AEG). Dort ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes oftmals auch befristet. Dagegen gilt im allgemeinen Verwaltungsprozessrecht, dass eine Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 1 VwGO) und dass die Behörde, wenn sie die aufschiebende Wirkung ausschließen will, mit einer besonderen Begründung die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts anordnen muss (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). IV. Prüfungsmaßstäbe für die Entscheidung des Gerichts 1. Bebauungsplan a) Ein Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan ist erfolgreich, wenn dieser gegen höherrangiges Recht verstößt. Die entsprechende Prüfung des Gerichts ist eine objektive Rechtsprüfung; d.h. der Erfolg des Normenkontrollantrags ist nicht davon abhängig, dass ein festgestellter rechtlicher Mangel des Bebauungsplans den Antragsteller in seinen Rechten verletzt oder das verletzte höherrangige Recht dem Schutz des Antragstellers dient. b) Bei der Überprüfung eines Bebauungsplans stellt sich die Frage, wie tief und wie umfangreich - z.B. auch im Hinblick auf vom Antragsteller nicht geltend gemachte Mängel - das Gericht untersuchen soll; das ist die Frage nach der Kontrolldichte des Gerichts. 6 aa) Die Planungsbefugnis einer Gemeinde beruht im Kern auf ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG). Inhaltlich wird diese durch § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB aufgefüllt - danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Das BauGB gibt dazu nur einen gesetzlichen Rahmen verfahrensrechtlicher und materieller Vorschriften vor, die die Gemeinde bei ihrer Planung zu beachten hat. Für die Durchführung der Planung enthält das BauGB in § 1 Abs. 7 sodann das sog. Abwägungsgebot, das von grundsätzlicher Bedeutung ist; nach ihm sind die öffentlichen und die privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Bei dem Ob und Wie dieser Planung steht der Gemeinde daher ein weiter planerischer Gestaltungsspielraum - auch als planerisches Ermessen bezeichnet - zu. Die Gerichte haben nur zu prüfen, ob eine planende Gemeinde sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen dieses Gestaltungsspielraums hält. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelten für die Überprüfung der Abwägung folgende Grundsätze: Das Abwägungsgebot, das gleichermaßen für den Abwägungsvorgang wie für das Abwägungsergebnis gilt, ist verletzt, - wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), - wenn in die Abwägung nicht die Belange eingestellt wurden, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden mussten (Abwägungsdefizit), - wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen ihnen und den von der Planung berührten öffentlichen Belange in einer Weise vorgenommen wurde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsfehleinschätzung, Abwägungsdisproportionalität). Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass Bebauungspläne nur in beschränktem Umfang zu begründen sind (vgl. § 9 Abs. 8, § 10 Abs. 4 BauGB). Diese kann sich auf die prägenden Festsetzungen, die Grundgedanken der Planung und die Leitziele beschränken. Eine Begründungspflicht vergleichbar der von Verwaltungsakten (§ 39 VwVfG) besteht nicht. Die Umstände der Abwägung sind daher gegebenenfalls vom Gericht zu ermitteln. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch festgestellt, dass das Normenkontrollgericht nicht ungefragt auf Fehlersuche zu gehen hat und dass bei Vorliegen eines zur Ungültigkeit des Bebauungsplans führenden Mangels nicht - quasi gutachtlich - weitere potenzielle Mängel erörtert werden müssen. bb) Vom Gericht zu überprüfen sind insbesondere: - die Verfahrensvorschriften über die Aufstellung nach §§ 2 ff. BauGB einschließlich Beteiligung der Öffentlichkeit und von Behörden, 7 - die Vorschriften über die Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan (§ 8 BauGB); der Flächennutzungsplan ist ein sog. vorbereitender Bauleitplan, der in der Regel das ganze Gemeindegebiet erfasst und die geplante Entwicklung der Bodennutzung darstellt (§ 5 BauGB), - die Vorschriften des BauGB und von Ausführungsnormen über den Inhalt des Bebauungsplans, z.B. § 9 BauGB, §§ 1 ff. BauNVO, - die ergänzenden Vorschriften des BauGB über den Umweltschutz (§ 1 Abs. 6 Nr. 7, § 1a, § 2 Abs. 4 BauGB) einschließlich Umweltverträglichkeitsprüfung, - materielle Vorschriften außerhalb des BauGB, z.B. nach Naturschutz-, Immissionsschutz- oder Wasserrecht, - Vorschriften des jeweiligen Kommunalrechts der Bundesländer, die der Gemeinderat bei seiner Beschlussfassung zu beachten hat, - Vorschriften über eine eventuelle notwendige Genehmigung des Bebauungsplans und über die Anforderungen an seine Bekanntmachung, - die bereits erörterten Anforderungen über die Erforderlichkeit von Bebauungsplänen (§ 1 Abs. 3 BauGB) und über das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB). der c) Da Bebauungspläne in einem aufwändigen und zeitraubenden Verfahren aufgestellt werden und oftmals auch gewichtige öffentliche Belange für die Planung angeführt werden können, hat der Gesetzgeber des BauGB eine Reihe von Regelungen vorgesehen, nach denen die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB unbeachtlich bleibt, Abwägungsmängel nur unter bestimmten Voraussetzungen erheblich sind und Fristen für die Geltendmachung Verletzung von Vorschriften bestehen. § 214 Abs. 1 BauGB enthält einen abschließenden Katalog von Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB, in denen bestimmt wird, wann Rechtsverletzungen beachtlich oder unbeachtlich sind. So ist z.B. die Vorschrift über die Festlegung des Umfangs und Detaillierungsgrads der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 Satz 2 BauGB dort nicht aufgeführt, so dass ein eventueller Fehler insoweit unbeachtlich ist. Die danach beachtlichen Vorschriften weisen im Übrigen trotz ihrer Bezeichnung als Verfahrens- oder Formvorschriften klare Bezüge zum materiellen Recht der Abwägung auf; die Handhabung dieser Vorschrift wird dadurch nicht gerade erleichtert. In § 214 Abs. 2 BauGB finden sich Regelungen über die Unbeachtlichkeit materieller Fehler bei der Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die dort geregelten Fälle die städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigen. § 214 Abs. 3 BauGB sieht - in sachlicher Übereinstimmung mit dem Fachplanungsrecht - und in Anknüpfung an § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB vor, dass nur erhebliche 8 Mängel der Abwägung beachtlich sein können. Dabei werden die Verfahrenselemente des Ermittelns und Bewertens der von der Abwägung berührten Belange (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) gegenüber dem Abwägungsvorgang besonders betont. Mängel sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Maßgeblicher Zeitpunkt ist derjenige der Beschlussfassung über den Bebauungsplan. Im Falle der Fehlerheilung ist nach § 214 Abs. 4 BauGB ein rückwirkendes Inkraftsetzen zulässig. § 215 BauGB bestimmt als Frist für die Geltendmachung der Verletzung von dort aufgeführten Vorschriften - das sind Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Vorschriften über die Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan und über beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs - zwei Jahre; und zwar müssen diese Mängel von Antragstellern innerhalb von zwei Jahren gegenüber der Gemeinde schriftlich im Einzelnen bezeichnet werden. Diese Frist ist koordiniert mit der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Stellung des Normenkontrollantrags bei Gericht. Bestimmte schwerwiegende Mängel des Abwägungsergebnisses können aber unbefristet bei der Gemeinde gerügt werden. 2. Planfeststellungsbeschluss a) Eine Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss ist im Grundsatz erfolgreich, wenn dieser Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO wäre der Planfeststellungsbeschluss in diesem Fall aufzuheben. In der Praxis des Fachplanungsrechts kommt diese Lösung allerdings nur noch selten vor. Im Hinblick auf den überaus großen Aufwand, den Planfeststellungsverfahren verursachen und die gewichtigen öffentlichen Belange, die in der Regel für die Verwirklichung planfestgestellter Vorhaben streiten, hat der Gesetzgeber die Bestandskraft von Planfeststellungsbeschlüssen erheblich gestärkt. Danach gilt in erster Linie folgende Lösung (vgl. etwa § 17 Abs. 6c FStrG, § 19 Abs. 4 WaStrG, § 20 Abs. 7 AEG, § 75 Abs. 1a VwVfG): Nicht jeder Mangel der Abwägung ist erheblich; vielmehr sind nur solche Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange erheblich, die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. Das bedeutet, in der Regel ist ein ergänzendes (behördliches) Verfahren durchzuführen mit dem Ziel, Fehler des Planfeststellungsbeschlusses zu beheben, um dem dahinter stehenden Projekt doch noch zur Durchsetzung zu verhelfen. Das Gericht stellt im letzteren Fall nur fest, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf. 9 Auf die inhaltliche Übereinstimmung dieser Regelungen mit § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 BauGB ist wiederum besonders hinzuweisen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung eines Planfeststellungsbeschlusses und damit auch für die Frage, ob ein Mangel der Abwägung vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses. Soweit mit einer Verpflichtungsklage nur Planergänzungsansprüche - z.B. auf Erhöhung einer Lärmschutzwand - geltend gemacht werden, wird die Planung als solche nicht in Frage gestellt. Insoweit ergeben sich im Wesentlichen keine Besonderheiten im Verhältnis zum allgemeinen Prozessrecht. Allerdings ist maßgeblicher Zeitpunkt auch hier der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses. Zu beachten ist jedoch, das mit einer Verpflichtungsklage nur ein Anspruch auf solche Planergänzungen - insbesondere Schutzmaßnahmen (vgl. § 74 Abs. 2 Sätze 2 und 3 VwVfG - erstritten werden kann, die das Projekt nicht in der Ausgewogenheit seiner Grundzüge ändern. Wird dagegen eine Änderung im letzteren Sinne begehrt, liegt in Wirklichkeit kein Verpflichtungs-, sondern ein Anfechtungsbegehren vor, weil der Kläger die Durchführung eines anderen als des genehmigten Vorhabens, d.h. eines aliud erstrebt. Insoweit muss er dann seinen Klageantrag anpassen. b) Bei der gerichtlichen Überprüfung eines Planfeststellungsbeschlusses wird im Einzelnen untersucht, ob dieser gegen Verfahrens- und Formvorschriften, gegen zwingendes materielles Recht oder gegen das Abwägungsgebot verstößt. Für Mängel der Abwägung gelten die bereits dargestellten Einschränkungen, wonach nur erhebliche Mängel überhaupt beachtlich sind. aa) Das Gericht prüft im Fachplanungsrecht nur Mängel des Planfeststellungsbeschlusses, die vom Kläger gerügt werden. Und zwar ist es erforderlich, dass der Kläger seine Einwendungen im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde innerhalb der gesetzlichen Einwendungsfrist vorträgt (vgl. etwa § 17 Abs. 4 FStrG, § 17 Nr. 5 WaStrG, § 20 AEG, § 73 Abs. 4 VwVfG). Nach Ablauf der Einwendungsfrist sind alle nicht vorgetragenen Einwendungen ausgeschlossen, wenn in der entsprechenden Bekanntmachung der Auslegung der Unterlagen über das Vorhaben auf diese Rechtsfolge hingewiesen war. Es handelt sich insoweit um eine sog. materielle Präklusion, die von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung als verfassungsmäßig anerkannt wird. Die Einwendungen müssen freilich nur im Ansatz geltend gemacht werden; eine spätere Vertiefung eines Einwendungsgrunds ist jederzeit zulässig. Im gerichtlichen Verfahren ist jede Einwendung darauf zu untersuchen, ob sie schon im Verwaltungsverfahren vorgetragen wurde; fehlt es hieran, ist die Klage insoweit von vorneherein erfolglos. Im anschließenden gerichtlichen Verfahren gilt im Übrigen, wie bereits erwähnt, vielfach eine sechswöchige Klagebegründungsfrist (vgl. § 17 Abs. 6b FStrG, § 20 Abs. 6 AEG, § 19 Abs. 3 WaStrG). bb) Hinsichtlich des Umfangs der Rügemöglichkeiten eines Klägers ist von ausschlaggebender Bedeutung, ob er grundstücksbetroffen ist, d.h. für die Ausführung des Vorhabens ein ihm gehörendes Grundstück benötigt wird, oder ob er nur als 10 Nachbar oder Anlieger von dem Vorhaben betroffen ist. Im ersteren Fall stellt der Planfeststellungsbeschluss die bindende Grundlage für eine spätere Enteignung dar (sog. enteignungsrechtliche Vorwirkung); der Planfeststellungsbeschluss ist damit vorweggenommener Teil der Enteignung. Da eine Enteignung nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig ist und es an dieser Voraussetzung fehlt, wenn die Verwirklichung des Vorhabens gegen Rechtsvorschriften verstößt (sog. Gesetzmäßigkeit der Enteignung), hat die Rechtsprechung daraus den Schluss gezogen, dass ein grundstücksbezogener Kläger voll rügefähig ist. Das bedeutet, er kann nicht nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften rügen, die seinem Schutz dienen, sondern auch Verstöße gegen das objektive Recht geltend machen. Der nicht grundstücksbetroffene Kläger ist dagegen darauf beschränkt, Verstöße gegen drittschützende Normen zu rügen. Die Planfeststellungsbehörden sind deshalb sehr darauf bedacht, wenn möglich Grundstücksinanspruchnahmen bei einzelnen Klägern zu vermeiden. c) Die Durchführung der Prüfung eines Planfeststellungsbeschlusses betrifft insbesondere folgende Gesichtspunkte: aa) Auch im Fachplanungsrecht prüft das Gericht, ob der Planfeststellungsbeschluss Verfahrens- oder Formvorschriften verletzt. Entsprechend der deutschen Rechtstradition haben Verfahrens- oder Formvorschriften nur dienende Funktion. Fehler aus diesem Bereich können durch Nachholung gemäß § 45 VwVfG geheilt werden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich sein. Von Unbeachtlichkeit ist auszugehen, wenn die Verletzung die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat. Diese Regelungen stehen in der Tradition der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, die Verfahrensfehlern immer wieder einen Einfluss auf den Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens versagt hat, wenn der Fehler für die Entscheidung in der Sache nicht ursächlich war. Besonders hinzuweisen ist deshalb darauf, dass 1996 der Anwendungsbereich des § 46 VwVfG dadurch ausgedehnt wurde, dass man ihn auch auf Ermessensentscheidungen erstreckt hat. Ein Verfahrens- oder Formfehler ist damit nur relevant, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne ihn die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Dies gilt allerdings ausnahmsweise nicht, soweit sog. absolute Verfahrensfehler vorliegen, die unabhängig von ihren Auswirkungen auf das Verfahren rechtliche Relevanz haben; solche absoluten Verfahrensfehler werden nur selten angenommen; bejaht wurden sie bei bestimmten Grundrechtsverstößen und zum Teil auch in Bezug auf europarechtliche Regelungen. Zu erwähnen ist überdies, dass § 44a VwGO Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur im Zusammenhang mit der Anfechtung des verfahrensabschließenden Verwaltungsakts zulässt. Darüber hinaus hat das Fachplanungsrecht bei Verfahrens- oder Formfehlern eine weitere Hürde aufgerichtet, um eine Aufhebung des Verwaltungsakts zu vermeiden. Nach den bereits mehrfach erwähnten Regelungen wie § 17 Abs. 6c FStrG, § 20 Abs. 7 AEG oder § 19 Abs. 4 WaStrG führt auch eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften nur dann zur Aufhebung des Verwaltungsakts, wenn der Fehler nicht durch Planergänzung oder in einem ergänzenden Verfahren behoben werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört auch die Problematik der Umweltverträglichkeitsprüfung zum Komplex Verfahren. Das bedeutet, 11 Fehler wie die Nichtdurchführung und vor allem die fehlerhafte oder defizitäre Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zählen zu den Verfahrensfehlern. Fehler aus diesem Bereich haben in der Praxis der Rechtsprechung daher so gut wie nie durchgeschlagen, obwohl die Umweltverträglichkeitsprüfung auf der europäischen UVP-Richtlinie beruht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Umweltverträglichkeitsprüfung gerade nicht als materielles "Suchverfahren" konzipiert, das den Zweck hätte, Umweltauswirkungen aufzudecken. bb) Planfeststellungspflichtige Projekte bedürfen einer sog. Planrechtfertigung. Dies ist die Prüfung, ob das Vorhaben vernünftigerweise geboten ist. Da die Planfeststellung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Vorhabens einen vorweggenommenen Teil der Enteignung darstellt und eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist, wird im Ergebnis insoweit eine teilweise Prüfung der Zulässigkeit der Enteignung vorweggenommen. Im Fachplanungsrecht hat daher der Gesetzgeber vielfach den Bedarf für das Vorhaben im Sinne der Planrechtfertigung in in Gesetzesform erlassenen Bedarfsplänen festgeschrieben. Die Verwaltungsgerichte sind an solche gesetzliche Bedarfspläne gebunden. cc) Planfeststellungspflichtige Projekte dürfen ferner nicht gegen gesetzliche Planungsschranken oder Planungsleitlätze verstoßen. Insoweit handelt es sich um zwingendes Recht, das nicht der Abwägung unterliegt. Dazu zählt die Rechtsprechung auch das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot bei Eingriffen (§ 19 BNatSchG). Da sich dieses Gebot nur auf die Vermeidbarkeit desselben Vorhabens derselben Ausführungsart an Ort und Stelle bezieht, kann es von vorneherein nicht zur Wahl einer anderen Trasse oder zu einer Aufgabe des Vorhabens führen. dd) Sodann hat das Gericht die planerische Abwägung der öffentlichen und privaten Belange zu überprüfen. In der Praxis liegt hier der Schwerpunkt der gerichtlichen Prüfung, z.B. die Wahl einer bestimmten Straßentrasse mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen. Von Bedeutung ist hierbei die Erkenntnis, dass nur die Behörde, nicht das Gericht plant. Im Rahmen des breiten planerischen Gestaltungsspielraums, der der Planfeststellungsbehörde zusteht, ist es daher notwendigerweise so, dass sich diese Behörde bei der Abwägung der verschiedenen betroffenen Belange für die Bevorzugung bestimmter und damit zugleich für die Zurückstellung anderer Belange entscheiden muss. Darin liegt noch kein Abwägungsfehler; dies ist vielmehr die typische Situation jeder Abwägung. d) Wann das Abwägungsgebot verletzt ist und welche Mängel bei der Abwägung überhaupt nur zu einer beachtlichen Rechtsverletzung führen können, wurde bereits oben dargestellt; hierauf ist an dieser Stelle nochmals zu verweisen. Auch dieser Teil der Prüfung ist jedenfalls in der Praxis bedeutsam. V. Rechtswirkungen der Entscheidungen 1. Bebauungsplan 12 a) Hat der Normenkontrollantrag Erfolg (d.h. verstößt der Bebauungsplan gegen zwingendes höherrangiges formelles oder materielles Recht), so ist der Bebauungsplan ganz - oder soweit sich der Fehler nur beschränkt auswirkt - teilweise für unwirksam zu erklären (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Diese Entscheidung des Normenkontrollgerichts ist - nach Eintritt der Rechtskraft - allgemeinverbindlich (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz VwGO). Die Gemeinde hat in diesem Fall die Entscheidungsformel genauso zu veröffentlichen wie die Bekanntmachung des Bebauungsplans selbst (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz VwGO). Gemäß § 183 VwGO werden allerdings Verwaltungsakte (z.B. eine Baugenehmigung), die auf Grund der später für unwirksam erklärten Rechtsvorschriften erlassen wurden und unanfechtbar geworden sind, von der Unwirksamkeit nicht erfasst. Wird der Bebauungsplan für unwirksam erklärt, so ist es trotz der Bindungswirkung der Normenkontrollentscheidung nicht ausgeschlossen, dass die Gemeinde den Fehler in einem neuen Verfahren oder in einem wiederholten Verfahrensabschnitt behebt und sodann den Bebauungsplan erneut in Kraft setzt. Ob dies möglich ist, hängt von der Art und Struktur des jeweiligen Mangels ab. In der Praxis ist ein neues Inkraftsetzen durchaus nicht selten. b) Bleibt der Antrag erfolglos, so wird er vom Gericht abgelehnt. Diese Entscheidung ist nicht allgemeinverbindlich, sondern wirkt nur zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits. Eine positive Gültigkeitsfeststellung mit Allgemeinverbindlichkeit ist im Gesetz nicht vorgesehen. c) Ein Bebauungsplan hat im Gegensatz zum Planfeststellungsbeschluss keine enteignungsrechtliche Vorwirkung, d.h. er nimmt nicht einen Teil der Zulässigkeit der Enteignung vorweg. Ist allerdings eine Entscheidung des Normenkontrollgerichts über den Bebauungsplan herbeigeführt worden, so bindet die Rechtskraft dieser gerichtlichen Entscheidung die Enteignungsbehörde und die für die Nachprüfung der Enteignung zuständigen Baulandgerichte mit der Folge, dass diese nicht incidenter von einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans ausgehen dürfen. 2. Planfeststellungsbeschluss a) Für die Urteile in Bezug auf Planfeststellungsbeschlüsse gibt es im Verhältnis zum allgemeinen Prozessrecht keine nennenswerten Besonderheiten. Ist die Klage erfolgreich und wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf, so hindert dies eine Fehlerheilung durch ein ergänzendes Verfahren nicht; vielmehr ist dies meist gerade der Sinn einer solchen Feststellung (vgl. etwa § 17 Abs. 6c FStrG, § 20 Abs. 7 AEG, § 19 Abs. 4 WaStrG, § 75 Abs. 1 a VwVfG). b) Wird mit der Ausführung des planfestgestellten Vorhabens nicht innerhalb von fünf Jahren begonnen, so tritt der Planfeststellungsbeschluss außer Kraft (vgl. § 17 Abs. 7 FStrG, § 75 Abs. 4 VwVfG). Einzelne Sonderregelungen lassen eine einmalige Verlängerung dieser Frist um weitere fünf Jahre zu (vgl. § 17 Abs. 7 FStrG, Art. 75 Abs. 4 BayVwVfG). 13 c) Der Planfeststellungsbeschluss hat wie bereits dargelegt enteignungsrechtliche Vorwirkung. Er bindet deshalb die Enteignungsbehörde (vgl. z.B. Art. 28 des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung - BayEG -). Dr. Erwin Allesch, München