Achtung: Der Sachverhalt musste geändert werden! Laurenz erhielt den „Aufhebungsbescheid“ des LRA seines Landkreises über seine Baugenehmigung (korrekter Rechtsbehelfsbelehrung). Er stand unmittelbar vorm ersten Spatenstich. Das LRA begründet die Entscheidung wie folgt. Der B-Plan (in dessen Gebiet Laurenz bauen will) sei geändert und sehe auf der Fläche nunmehr eine Freiheit von Bebauung und ein Nutzung als Hochwasserausdehnungsgebiet / Flutrinne vor. Die sei nötig, um Gemeinde X vor Hochwasser zu schützen, das in den letzten Jahren wiederholt große Teile der Stadt überflutete, Sachwerte in Millionenhöhe vernichtete und die Evakuierung von jeweils mehreren hundert Menschen verursachte. Die Satzungsänderung sei eine „Anpassung“ an die geänderte Regionalplanung. Außerdem sei die Baugenehmigung gerade unter der Bedingung erlassen worden, dass sie „erlöschen könne“, falls künftig wegen Hochwasserschutzes die Fläche von Bebauung freizuhalten ist. Laurenz überzeugt das nicht. Zwar sind die Fakten korrekt, aber ein ebenso effektiver Flutschutz sei durch eine 4 m hohe die Gemeinde X völlig umschließende Flutmauer (kostet nur einige Millionen) herstellbar. Laurenz will nicht weichen und wenn er muss, dann wenigstens Geld. Hat er eine Chance? Übrigens wurde er nicht angehört (in dem Tag zwischen Satzungsänderung und Bescheidzugang). § 72 III Baugenehmigung, Baubeginn Die Baugenehmigung kann unter Auflagen, Bedingungen und dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage sowie befristet erteilt werden. … Vorfrage (Prüfung erfolgt nur in ihrem Kopf!): Welches Rechtsmittel wähle ich (Statthaftigkeit)? 0a) Anfechtungs- oder Verpflichtungssituation § 42 I Alt. 1 und 2 VwGO - Ist Aufhebung eines VA / Erteilung eines verweigerten bzw. nicht erteilten VA erstrebt? 0b) Verfahrensstadium festlegen § 90 II BVerfGG bzw. 68 I, II VwGO - Ist der Rechtsweg erschöpft (dann bleibt nur Verfassungsbeschwerde)? - Liegt Widerspruchsbescheid vor (ja: dann Klage / Nein: Regel Widerspr. / Ausnah. Klage)? Widerspruchsverfahren dient Selbstkontrolle der Behörde und ist deshalb i.d.R. vor einer möglichen Anfechtungs- o. Verpflichtungsklage durchzuführen. Gemäß § 79 VwVfG gilt für das Widerspruchsverfahren die VwGO sonst die VwVfG. A. Zulässigkeit I. Zuständigkeit Regel: II. § 73 I S. 2 Nr. 1-3 VwGO nächsthöhere Behörde Verwaltungsrechtsweg 40 I VwGO analog eröffnet Hier unproblematisch III. Statthaftigkeit § 68 I, II + § 42 I Alt. 1 VwGO + 35 VwVfG Grundsatz: Vorverfahren (= Widerspruchsv.) vor Anfechtungs-/Verpflichtungsklage statthaft Anfechtungsklage, wenn Aufhebung eines VA erstrebt wird IV. Befugnis § 42 II VwGO analog Verwaltungsakt (Anfechtungswiderspruch) verletzt Widerspruchsführer (den der widerspricht), möglicherweise in seinen Rechten und zwar selbst / gegenwärtig / unmittelbar. Rechtsverletzung (Grundrechte / einfaches Gesetz – Art 14 GG / §§ 72 SächsBauO, 49 VwVfG) selbst: kein Popularwiderspruch, VA-Adressat (= selbst) gegenwärtig: VA muss schon/noch Bestand haben, VA muss schon / noch Wirkung entfalten unmittelbar: Wirkung ohne weiteren Vollzugsakt V. Form und Frist 70 I, II (ggf. mit 58 I, II) VwGO Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe in Niederschrift bei Erlass- oder Widerspruchsbehörde erfolgen Schriftform oder zur Rechtsschutzbedürfnis Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn einfacherer, schnellerer, billigerer (effizienterer) Weg zur Durchsetzung der Interessen des Widerspruchsführers ersichtlich ist oder Widerspruch offenkundig rechtsmissbräuchlich ist (ärgern wir mal die Behörde) B. Begründetheit Anfechtungswiderspruch analog 113 I VwGO begründet, falls VA rechtswidrig + WF dadurch in Rechten verletzt I. Ermächtigungsgrundlage-Anfechtungswiderspruch Rechtsnorm (Paragraph), die Ermächtigung für Behörde für Eingriff in Rechte Widerspruchsführer 72 I SächsBauO oder § 49 I, II VwVfG II. Formelle Rechtmäßigkeit (nur Anfechtungswiderspruch) Zuständigkeit Ausgangsbehörde für Ausgangsbescheid sachlich / örtlich Verfahren 28 I, II Nr. 1 VwVfG Anhörung Ausnahme? Form 39 I VwVfG ggf.Fehlerfolge:44(nichtig:-)/ 45INr.3/ 46 unbeachtlich so ergebnisneutral (erst nach mater. RM) III. Materielle Rechtmäßigkeit - Anfechtungswiderspruch § 72 I SächsBauO direkt 1. Tatbestand Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage 72 I SächsBO erfüllt? Jedes Tatbestandsmerkmal der Rechtsnorm ist mit der entsprechenden Sachverhaltsformulierung zu belegen! Einige Tatbestandsmerkmale werden Sie auslegen müssen. Bei problematischen Punkten nutzen Sie den Gutachtenstil: (Obersatz Gemäß § 1 GewO müsste ein Gewerbe vorliegen. Definition Gewerbe ist jede wirtschaftliche Tätigkeit, die … Tatbestandsabgleich Die beabsichtigte Tätigkeit als Auktionator soll … Feststellung Die erstrebte Tätigkeit, Auktionator, ist also Gewerbe.) § 72 I SächsBauO: Bedingung (auflösende), dann wäre Aufhebung rein deklaratorisch oder Ermächtigung zur Aufhebung hier beides vertretbar (aber Konjunktiv „erlöschen könne“ eher keine auflösende Bedingung sondern Entscheidung Behörde vorbehalten § 49 II S. 1 Nr. 1, 3 S. 2 VwVfG 1. Tatbestand: 49 II -rechtmäßiger (Erlasszeitpunkt) VA: ja -begünstigend (darf bauen): ja - unanfechtbar (mangels gegenteiliger Indizien): ja Nr. 1 -Widerruf zugelassen oder in VA vorbehalten: 72ISächsBO lässt Bedingung zu + VA regelt mögliches Erlöschen, so Hochwasserschutz Freihaltung gebietet – als Widerrufsvorbehalt interpretierbar nachträglich geänderte Regionalplanung daran passt sich B-Plan an und gebietet nun Freihaltung, damit tritt Voraussetzung für Widerruf ein Nr. 3 – nachträ.Tatsachenänd.erlaubt Beh.VA nicht erlassen + ohne Widerruf öff.Interesse gefähr. nachträglich geänderte Regionalplanung daran passt sich B-Plan an und gebietet nun Freihaltung, damit wäre Behörde berechtigt Baugenehmigung nicht zu erlassen, ohne Widerruf Hochwassergefahr für Gemeinde X. bzw. finanzielle Überforderung (viele Millionen Euro) in beiden Fällen: Frist 1 Jahr ab Kenntnis aller aufhebungs-bedeutsamen Fakten 2. Rechtsfolge: Ermessen (darf) Zweck: Hochwasserschutz Baugenehmigungswiderruf geeignet: Baugenehmigungswiderruf erforderlich: kein gleich geeignetes + geringer eingreif. Mittel (Mauer) Baugenehmigungswiderruf angemessen: Interessenabwägung Baugeneh. vs. Hochwasserschutz Mauer - Kosten / Aufhebbarkeit bekannt ….. IV. Rechtsverletzung Aussage zur Begründetheit /Erfolgsaussicht Vermögensnachteilsentschädigung? 49 VI + 49 II Nr. 3: ja Nr. 1: nein / Aussicht auf Erfolg / keine Aussicht entscheiden ob via 1 oder 3