Timm Tränkler, 1. Platz Deutsche/Andere Teilnehmer

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Timm Tränkler, 1. Platz Deutsche/Andere Teilnehmer
Zusammenfassung
Verschiedene wirtschaftspolitische Eingriffe haben die Wettbewerbsfähigkeit Chinas und Deutschlands
erhöht. Seitens anderer Länder gab es seitdem mehrfach Kritik und es ist eine kontrovers diskutierte
Debatte ausgebrochen, wer die globalen Ungleichgewichte zu verantworten hat. Dieser Essay
untersucht die Voraussetzungen und Auswirkungen der starken Exportwirtschaften auf die
Weltwirtschaft. Dabei wird gezeigt, dass Wettbewerbsvorteile zum größten Teil auf die Kosten der
eigenen Bevölkerung erlangt wurden und die Weltwirtschaft durch die steigenden Ungleichgewichte
destabilisiert wurde. Die darauf folgenden Tendenzen zu Protektionismus und einer globalen
Abwertungsspirale der Währungen, stellen die Exportüberschussländer China und Deutschland vor eine
besondere Verantwortung.
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
Ökonomische Ungleichgewichte und die Rolle von Exportüberschussländern
Einleitung
Die globalen Ungleichgewichte im Handel führen zu einer Destabilisierung der Weltwirtschaft und haben
zu einer kontroversen Debatte über die Nachhaltigkeit der weltweiten Überschüsse und die
entsprechenden Defizite in den Handelsbilanzen geführt. Die Vorwürfe und Kritikpunkte zwischen den
verschiedenen Parteien zeigen die Schwächen des aktuellen Wirtschaftssystems und offenbaren die
Herausforderungen, denen sich die Weltgemeinschaft in Zukunft zu stellen hat.
Deutschland konnte sich nach der Weltwirtschaftskrise relativ schnell erholen und weist inzwischen
einen beträchtlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit und steigende Exporte aus. Vorbildlich hatte man
innerhalb der letzten Jahre die Wettbewerbsfähigkeit erhöht und dafür auf Lohnerhöhungen und
Konsum verzichtet. Ökonomen und Politiker adelten das Land als Musterschüler und als Vorbild für
Europa.
Die Vorwürfe aus Frankreich im vergangenen Jahr, Deutschland wirtschafte auf Kosten anderer Länder,
ernteten Missverständnis unter der Wirtschaftselite Deutschlands 1 . Die Kritik der französischen
Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde passte gar nicht ins Bild des erfolgreichen
Deutschlands und entfachten eine internationale Debatte über ökonomische Ungleichgewichte und die
Verantwortung von Exportüberschussländern.
Der G20-Gipfel, auf dem unter anderem die Bekämpfung der globalen Ungleichgewichte besprochen
werden sollte, endete im „Gipfel der Widersprüche“2. Schnell war klar, dass jeder den anderen als den
Übeltäter sieht und wie so oft nicht von seiner Position abzubringen war. Ähnliches hatte sich auch
schon im Oktober zuvor bei der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds gezeigt, die ohne
konkrete Beschlüsse zu Ende ging. Der IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn hatte im Vorfeld vor einem
drohenden Währungskrieg gewarnt und wollte eigentlich ein Gremium installieren, das die
Wechselkurse überwacht.
Auch die Vorwürfe gegenüber dem zweiten Exportstar sollten auf dieser Tagung diskutiert werden.
China manipuliere seine Währung, um seine Exportindustrie zu stärken und dadurch einen
Wettbewerbsvorteil zu erlangen, so die Vorwürfe des amerikanischen Finanzministers Timothy Geithner.
Dies geschehe zum größten Teil zu Lasten der amerikanischen Bevölkerung und habe die
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Reiche, Lutz und Sorge, Nils-Viktor (2010)
Kläsgen, Michael (2011)
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
amerikanischen Politiker deswegen schon zu Sanktionsankündigungen veranlasst3. Aber auch in Europa
finden sich Kritiker, die eine Aufwertung der chinesischen Währung verlangen.
Die Vorwürfe zielen also alle in die gleiche Richtung: China und Deutschland verschaffen sich
Wettbewerbsvorteile auf Kosten anderer Länder. Um diese These genauer zu beleuchten, ist es wichtig
zu verstehen, was die Grundlagen für eine starke Exportwirtschaft sind und wie sich die aktuelle
Situation in den beiden Ländern darstellt. Die beiden Exportmeister profitieren zurzeit von
verschiedenen positiven Bedingungen, die ein gutes Umfeld für eine starke Exportwirtschaft schaffen.
Dieses Umfeld ist jedoch teilweise durch wirtschafts- und währungspolitische Eingriffe geschaffen
worden und beeinflusst die durch die Globalisierung vernetzen Volkswirtschaften.
In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, wie sich diese Eingriffe auf andere Länder auswirken. Das
Hauptaugenmerk richtet sich auf die Wechselwirkungen zwischen internen Reformen und den
Auswirkungen auf andere Länder. Dies führt letztendlich zu der Fragestellung, ob China und Deutschland
sich Wettbewerbsvorteile auf Kosten anderer Länder schaffen und welche Verantwortung sie für die
Weltwirtschaft zu tragen haben.
Die Wettbewerbsvorteile Chinas und Deutschlands in der Exportwirtschaft
In der Wirtschaftstheorie gibt es maßgeblich zwei Faktoren durch die eine starke Exportwirtschaft
entsteht. Die grundlegende Annahme, dass Angebot und Nachfrage den Markt bestimmen, impliziert,
dass ein Produkt aus einem Land entweder besser oder billiger sein muss, um bei den Handelspartnern
stärker nachgefragt zu werden.
Aus Sicht der Deutschen sind die Rollen klar verteilt: Wir produzieren die hochwertigen, innovativen und
wissensintensiven Maschinen, Autos und allgemein technisch ausgefeilte Produkte. Währenddessen
flutet China den Markt mit „billigen Schrottprodukten“, die eigentlich niemand braucht. Doch warum
floriert in China und Deutschland die Exportwirtschaft?
Deutschland profitiert sicherlich von den qualitativ hochwertigen und technisch herausragenden
Produkten wie dem Maschinenbau. Es gibt aber auch noch andere Komponenten, die Deutschland
zurzeit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, und dies insbesondere gegenüber seinen europäischen
Nachbarn. Zum einen sinken in Deutschland seit einigen Jahren die Lohnkosten, während sie bei seinen
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Hulverscheidt, Claus (2010)
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Nachbarn steigen. Dies ist vor allem auf den Lohnverzicht der Arbeiter4 und die starke Fixierung der
Politik auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen5. Das hat zur Folge, dass deutsche
Produkte im Verhältnis günstiger werden und dementsprechend mehr konsumiert werden.
Weiterhin profitiert Deutschland von einem für seine momentane Wirtschaftsleistung schwachen Euro.
Durch die Währungsunion in den Euroländern und die Verlagerung der nationalen Währungs- und
Geldpolitik auf die supranationale Ebene der EZB ist eine individuelle Auf- und Abwertung von
nationalen Währungen nicht mehr möglich 6 . Da sich alle Maßnahmen der Zentralbank auf alle
Mitgliedsländer auswirken, müssten regionale Ungleichgewichte vollständig beseitigt werden, um eine
korrekt bewertete Währung für alle Länder zu garantieren, was de facto nur eingeschränkt realisierbar
wäre.
Wäre Deutschland nicht in der Währungsunion, würden steigende Exporte zu einer Aufwertung der
deutschen Währung führen und damit die deutschen Exportgüter verteuern; folglich würde die
Nachfrage aus dem Ausland zurückgehen und sich der Handelsbilanzüberschuss normalisieren.
Deutschland profitiert also im Moment von einem vergleichsweise günstigen Euro, da der
normalerweise
einsetzende
Marktmechanismus
durch
die
Mitgliedschaft
im
Euro-Verbund
abgeschwächt wird.
Es gibt zwei grundsätzliche Extreme des Wechselkurssystems: Den flexiblen Wechselkurs (free floating),
bei dem sich der Wechselkurs vollkommen unbeeinflusst über das Devisenangebot und -nachfrage
ergibt. Zum anderen das System absolut fester Wechselkurse, bei dem ein Wechselkurs verbindlich an
einen Gegenwert gebunden ist und durch Interventionen der Zentralbank garantiert wird.
In China hat sich mittlerweile ein System zwischen den beiden Extremen gebildet, das „Crawling-Peg“System genannt wird. Dabei ist immer noch eine starke Fixierung auf den Dollar zu beobachten, obwohl
der Yuan inzwischen an einen Währungskorb gebunden ist. Der Wert der chinesischen Währung soll
gegenüber dem Dollar nur um eine feste Bandbreite schwanken. Um dies zu erreichen, sind
Devisenmarktinterventionen
der chinesischen Zentralbank unerlässlich. Das bedeutet, dass sie
inländische Währung verkauft und ausländische Währungen, hauptsächlich US-Dollar, aufnimmt.
Dadurch erhöht sich das Angebot an Yuan auf dem Weltmarkt und der Außenwert der Währung
verringert sich. Von dieser Abwertung profitiert die chinesische Exportindustrie, da die Weltmarktpreise
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Nass, Matthias (2010)
Reiche, Lutz und Sorge, Nils-Viktor (2010)
6
Wikipedia, Stichwort „Handelsbilanz“
5
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
inländischer Produzenten sinken. So teilte die chinesische Zentralbank Anfang 2010 mit, dass ihre
Devisenreserven auf über 2,4 Billionen US-Dollar gestiegen sind.7
Während Deutschland von dem Euro profitiert, hebelt China den Marktmechanismus für den
Wechselkurs durch Devisenmarktinterventionen aus.
Auswirkungen der Ungleichgewichte: Der Weg in die Wirtschaftskrise?
Die Exportstärke der beiden Länder resultiert unter anderem aus der starken Ausrichtung auf den
internationalen Wettbewerb sowie den Wechselkursvorteilen. Diese beiden Faktoren wirken sich
natürlich auch auf die Volkswirtschaften anderer Länder aus und diese sind wohl auch der Grund zu der
anfangs besprochenen Kritik an den Exportüberschussländern. Das Hauptaugenmerk richtet sich dabei
sowohl auf die Währungsvorteile als auch den niedrigen Binnenkonsum der beiden Länder.
Durch den Währungsvorteil werden beispielsweise die Waren Chinas günstiger und sind dadurch stärker
nachgefragt. Das kurbelt den Exportsektor an und schafft Arbeitsplätze. Gleichzeitig verteuern sich die
Importe, was die einheimische Industrie vor Konkurrenzprodukten auf dem Heimatmarkt schützt. Im
Rückkehrschluss verlieren Länder, die nicht über diese Vorteile verfügen an Konkurrenzfähigkeit. Ihre
Produkte sind auf dem Weltmarkt relativ teurer und werden deswegen nicht so stark nachgefragt. Diese
Länder werden auf dieser Ebene also auf zweierlei Arten beeinflusst: Sie konsumieren mehr
„billige“ (chinesische) Güter und können weniger in China und dem Rest der Welt absetzen.
Das Absatzproblem wird zudem durch den niedrigen Binnenkonsum in Deutschland und China verstärkt.
Durch geringe Lohnsteigerungen und eine hohe Sparquote konsumiert die Bevölkerung der beiden
Länder nicht so viel wie sie könnte. Dies erhöht den Handelsbilanzüberschuss noch weiter und führt zu
einem weiteren Problem: Die hohen Ersparnisse sollen möglichst gewinnbringend also mit hoher
Rendite und damit über marktüblichen Sparzinsen angelegt werden.
So wurden von Deutschland „Teile der durch die Exportwirtschaft erzielten Kapitalüberschüsse in
riskante Finanzanlagen vor allem in den USA investiert“ 8 . Diese hohen Kapitalzuflüsse führten
gleichzeitig zu einem außergewöhnlichen und langfristigen niedrigen Zinssatz. Für die Amerikaner
bestand damit ein Anreiz, mehr zu konsumieren und weniger zu sparen und dies führte zu einem
7
N.N (2011): „Wirtschaftspolitische Steuerung in der EU: Kommission legt umfassendes Legislativpaket
vor“
8
Horn, Gustav (u.a.) (2009), S.14
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
Aufblähen des Immobiliensektors. Während sich durch die US-Dollar Aufwertung die Exporte
verteuerten, verbilligten sich Importe.9
Die global wachsenden Ungleichgewichte und der daraus notwendig gewordene Kapitaltransfer von den
Überschuss- zu Defizitländern hatten zur Folge, dass Finanzmarktinstrumente entwickelt wurden, die
diese Aufgabe übernahmen. Das labile Gleichgewicht wurde nachhaltig gestört, als die USImmobilienblase, in Amerika auch Subprimekrise genannt, platzte. Das führte dann zu einer weltweiten
Banken- und Finanzmarktkrise und endete in einer Weltwirtschaftskrise10.
Daraus resultierte, dass die meisten Zentralbanken eine expansive Geldpolitik betrieben, um die
Wirtschaft zu stimulieren und dem Konjunktureinbruch entgegen zu wirken.
Die niedrigen Zinsen, die durch eine solche Geldpolitik entstehen, bieten Anreize so genannte „Carry
Trades“ durchzuführen. Das ist eine Spekulationsstrategie, bei der in Niedrigzinsländern Kredite
aufgenommen und in Hochzinsländern angelegt werden. Der Spekulant hofft dabei, dass „durch die
höheren Zinseinkünfte nach Rückzahlung des Kredits noch ein Gewinn verbleibt“11.
Das heißt im konkreten Fall, dass Geld in den Industrieländer aufgenommen wurde und in die deutlich
stärker wachsenden (Entwicklungs- und Schwellen-) Länder investiert wurde. Ein Beispiel dafür ist
Brasilien,
das
unter
den
wachsenden
Kapitalimporten
und
der
daraus
resultierenden
Währungsaufwertung leidet. So beklagte sich der brasilianische Finanzminister, dass „die
internationalen Kapitalmärkte sein Land mit so viel spekulativem Geld fluteten, dass Brasilien sich
praktisch nicht mehr wehren könne“12. Die Sorge vor einem Währungskrieg, in dem immer mehr Länder
ihre Währung gezielt abwerten, ist seitdem in aller Munde.
Dieses Problem zu lösen und nicht in den Protektionismus zu verfallen, ist eine der großen
Herausforderungen der nächsten Zeit.
Wettbewerbsvorteile auf Kosten des eigenen Landes
Die Frage ist nun, inwieweit der wirtschaftliche Aufschwung Chinas und Deutschlands auf Kosten
anderer Länder erfolgte.
Es ist nicht abzustreiten, dass die extreme Ausrichtung auf Wettbewerbsfähigkeit und Exporte negative
Effekte auf andere Länder hat. Aber Länder stehen nun einmal untereinander im Wettbewerb und das
9
Ibid, S.6
Auf die genauen Wirkungszusammenhänge wird hier nicht näher eingegangen, da die Thematik den
Rahmen der Arbeit sprengen würde
11
Wikipedia, Stichwort „Currency Carry Trade“
12
Flassbeck, Heiner und Spiecker, Fridericke (2010)
10
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
nicht erst seit der Globalisierung. Unter dieser Prämisse haben sich China und Deutschland sehr gut
positioniert.
Die so genannten Erfolge in der Außenhandelsbilanz haben aber auch ihren Preis: Die Optimierung der
Wirtschaft hat zur Folge, dass die Arbeiter auf Lohnerhöhungen verzichten müssen. In Kombination mit
einer traditionell hohen Sparquote in den beiden Ländern, verwundert es nicht, dass der Binnenkonsum
nicht anzieht13. Der Titel eines Gastbeitrags des Wirtschaftsweisen Peter Bofinger in der Süddeutschen
Zeitung bringt es auf den Punkt: „Deutschland lebt unter seinen Verhältnissen“14.
Auch in China profitiert der Großteil der Bevölkerung nicht so sehr von dem enormen Wachstum, wie er
es vielleicht könnte und das führt zu enormen Disparitäten. Der schwache Yuan führt laut
Nobelpreisträger
Paul
Krugman
zu
„inflationärem
Druck
und
lenkt
einen
Großteil
des
Nationaleinkommens in den Kauf von ausländischen Wertpapieren mit einer sehr geringen
Verzinsung“15. Er spricht hier selbstverständlich von den massiven Devisenmarktinterventionen, die im
oberen Teil schon erläutert wurden.
Leidtragende der zunehmenden Inflation sind diejenigen, die am wenigsten von dem billigen Yuan
profitieren. Ein Beispiel ist der Immobilienmarkt: Durch die Abwertung der Landeswährung entstehen
inflationäre Tendenzen. Die Anleger versuchen sich vor dem Risiko zu schützen und investieren in
Immobilien, da es wenige Alternativen gibt. Dies hat zu einem Überangebot an Appartements und
Häusern geführt; trotzdem steigen die Preise immer weiter. Die Nachfrage wird von Investoren
getrieben, nicht von Leuten die tatsächlich eine Wohnung suchen.
Das steigende Preisniveau lässt sich aber auch bei allen anderen Konsumgütern beobachten und hat
auch schon zu sozialen Unruhen geführt. "Rapide steigende Preise haben sich auf die öffentliche und
sogar auf die soziale Stabilität ausgewirkt"16, sagte der chinesische Regierungschef Wen Jiabao dazu und
unterstreicht damit die Ernsthaftigkeit der Lage. Wachstum ist jetzt doch nicht mehr alles, man
konzentriert sich nun auf soziale Gerechtigkeit und konsequenterweise auf die Dämpfung der Inflation.
Die starke Positionierung der beiden Länder entstand also hauptsächlich auf Kosten ihrer eigenen
Bevölkerung. Unter dem reinen Wettbewerbsgedanken, haben China und Deutschland also ihre
Bedürfnissen zurück gesteckt und härter gearbeitet, um ihre Konkurrenten zu überholen. Die
13
Kaelble, Martin (u.a.) (2011)
Bofinger, Peter (2010)
15
Krugman, Paul (2010)
16
N.N (2011): „China hat das Turbo-Wachstum satt“
14
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
beschriebenen Effekte dieses Handelns wurden dann von den „Leidtragenden“ als unfairer
Wettbewerbsvorteil und als Wirtschaften auf Kosten anderer deklariert. Dass diese Art der
Wettbewerbsfähigkeit, aufgrund von einseitigen Exportüberschüssen, in einer globalisierten
Weltwirtschaft nicht nachhaltig sein kann, steht außer Frage.
China und Deutschland sind dabei sowohl ein Teil des Problems als auch ein Teil der Lösung. Als
Exportländer mit wachsender Wirtschaft stehen sie in der Verantwortung für ein weltweit stabiles
Wirtschaftssystem zu sorgen. Das kann nur in ihrem Interesse sein, denn Exportorientierung bedeutet
auch immer Abhängigkeit von Handelspartnern.
Abbau der Ungleichgewichte und Verantwortung der Exportländer
Ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum kann nur realisiert werden, wenn wir dabei auf ein ökonomisches
Gleichgewicht bedacht sind.
Konkret bedeutet dies, dass die Ungleichgewichte abgebaut werden müssen. Denn ein Wachstum, das
auf übermäßigen Exporten einiger Länder und auf kreditfinanzierten Importen anderer Länder basiert,
ist nicht nachhaltig. Vereinfacht gesagt: Die Defizitländer können sich die Importe nur durch Kredite von
den Handelspartner leisten. Diese Vergabe von Krediten ist nur durch Zurückhaltung möglich, die sich in
den
hohen
Sparquoten
und
dem
geringen
Binnenkonsum
zeigen.
Der
„Gewinn“
der
Exportüberschussländer ergibt sich somit zunächst nur auf dem Papier, denn falls die Kredite nicht mehr
bedient werden können, platzt das Gefüge.
Den Überschussländern darf nicht angekreidet werden, dass sie ihre Produkte verkaufen wollen.
Besteht eine Nachfrage, dann sollte diese auch erfüllt werden. Schließlich ist es nicht zielführend ein
Produkt nur auf Grund von Exportüberschussgrenzen nicht mehr verkaufen zu dürfen. Genau dieser
Gedanke wurde jedoch in einem Vorschlag für eine „Verordnung zur Vermeidung und Korrektur
makroökonomischer
Ungleichgewichte“
17
der
EU-Kommission
vorgelegt.
Dieser
entspricht
„zahlenmäßigen Korridoren für die Bekämpfung von wirtschaftlichen Ungleichgewichten“18.
17
N.N (2011): „Wirtschaftspolitische Steuerung in der EU: Kommission legt umfassendes Legislativpaket
vor“
18
N.N (2011): „EU will starke Euro-Länder bestrafen“
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
Es wäre falsch exportstarke Länder in eine solche Zwangsjacke zu zwängen. Vielmehr sollte das Land
selbst erkennen, welche offensichtlichen Vorteile ein verringerter Überschuss hat. Dieser muss ja nicht
aus zurückgefahren Exporten erzielt werden, sondern kann auch aus einem gesteigerten Binnenkonsum
erreicht werden. Eine elegante Lösung wäre die europaweite Einführung produktivitätsorientierter
Löhne, wodurch sich das deutsche Lohnniveau nach oben und vor allem das der südeuropäischen
Länder nach unten korrigieren würde.
Um die Inlandsnachfrage zusätzlich zu steigern, sollten die deutschen Ersparnisse in inländische
Investitionen gelenkt werden. Das würde nicht nur den Konsum steigern, sondern hätte auch zur Folge,
dass
„wir
nicht
länger
unsere
Altersvorsorge
auf
spanischen
oder
US-amerikanischen
Schrottimmobilien aufbauen“19. Aus politischer Sicht sollte es doch nicht so nachteilig sein, den Bürgern
das Konsumieren einfacher zu machen. Anhänger der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik sind
sogar der Meinung, dass für staatliche Investitionen Schulden aufgenommen werden könnten.
Wie auch immer sich die Wirtschaft entwickelt, sollten wir uns stets vor Augen führen, dass ein
Währungskrieg und Protektionismus die schlechtesten aller Varianten sind. China und Deutschland sind
in einer Position in der sie diesen Tendenzen entgegenwirken können. Deshalb stehen die beiden Länder
in einer besonderen Verantwortung! Die Globalisierung hat die Welt vor unzählige Probleme gestellt,
wir sollten jedoch nie vergessen, dass mit ihr ein noch nie da gewesener Wohlstand einhergegangen ist,
den es nun gilt nachhaltig zu festigen und gerecht zu verteilen.
19
Bofinger, Peter (2010)
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
Quellenverzeichnis:
Bofinger, Peter (2010): „Deutschland lebt unter seinen Verhältnissen“.
sueddeutsche.de am 16.05.2010. Einsehbar unter:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaftspolitik-deutschland-lebt-unter-seinenverhaeltnissen-1.942761 (zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
Flassbeck, Heiner und Spiecker, Fridericke (2010): „Warum wir eine globale Geldordnung brauchen“.
zeit.de am 01.11.2010. Einsehbar unter: http://www.zeit.de/wirtschaft/2010-11/g20-wechselkurse
(zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
Hahn (2010): „Chinas Devisen Reserven überschreiten die 2.4 Billionen Dollar Grenze“.
emfis.de am 15.01.2010. Einsehbar unter:
http://www.emfis.de/asien/asien/nachrichten/beitrag/id/Chinas_Devisen_Reserven_ueberschreiten_di
e_24_Billionen_Dollar_Grenze_ID83918.html (zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
Horn, Gustav (u.a.) (2009): „Von der Finanzkrise zur Weltwirtschaftskrise“. Düsseldorf, Institut für
Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK)
Hulverscheidt, Claus (2010): „Chefsache Renminbi“.
sueddeutsche.de am 05.10.2010. Einsehbar unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/treffenmerkel-und-wen-chefsache-renminbi-1.1008679 (zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
Kaelble, Martin (u.a.) (2011): „Von Konsumwunder keine Spur“. ftd.de am 25.02.2011. Einsehbar unter:
http://www.ftd.de/politik/konjunktur/:details-zum-bip-vom-konsumwunder-keine-spur/60017184.html
(zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
Kläsgen, Michael (2011): „Gipfel der Widersprüche“.
sueddeutsche.de am 18.02.2011. Einsehbar unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/treffen-derg-staaten-gipfel-der-widersprueche-1.1062156 (zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
Krugman, Paul (2010): „The Renminbi Runaround“. nytimes.com am 24.06.2010.
Einsehbar unter: http://www.nytimes.com/2010/06/25/opinion/25krugman.html (zuletzt aufgerufen:
14.03.2011)
Nass, Matthias (2010): „Sind wir zu billig?“. zeit.de am 24.03.2010. Einsehbar unter:
http://www.zeit.de/2010/13/01-Deutschland-Export (zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
N.N (2011): „China hat das Turbo-Wachstum satt“. ftd.de am 27.02.2011.
Einsehbar unter: http://www.ftd.de/politik/international/:neue-plaene-aus-peking-china-hat-das-turbowachstum-satt/60018130.html (zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
N.N (2011): „Wirtschaftspolitische Steuerung in der EU: Kommission legt umfassendes Legislativpaket
vor“. euzine.eu am 29.09.2010. Einsehbar unter: http://euzine.eu/2010/09/
wirtschaftspolitische-steuerung-in-der-eu-kommission-legt-umfassendes-legislativpaket-vor/ (zuletzt
aufgerufen: 14.03.2011)
N.N (2011): „EU will starke Euro-Länder bestrafen“. spiegel.de am 02.02.2011. Einsehbar unter:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,743136,00.html (zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
Reiche, Lutz und Sorge, Nils-Viktor (2010): „Deutsche Wirtschaft wettert gegen Lagarde“. managermagazin.de am 15.03.2010. Einsehbar unter: http://www.managermagazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,683644,00.html (zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
Wikipedia, Stichwort „Currency Carry Trade“. Einsehbar unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Currency_Carry_Trade (zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
Wikipedia, Stichwort „Handelsbilanz“. Einsehbar unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Handelsbilanz
(zuletzt aufgerufen: 14.03.2011)
der Deutsch-Chinesische Studentendialog ist ein Projekt des Studentenforum im Tönissteiner Kreis e.V., Haus der Dt. Wirtschaft, Breite Str. 29, 10178 Berlin, Tel. 030-2030 8409-0, Fax 0302030 8409-2, www.toenissteiner-studentenforum.de, Konto 409 574 0900, BLZ 120 800 00, Dresdner Bank Berlin
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