Ausarbeitung zur Einführung in die Differentialrechnung Mathematikdidaktik B, Didaktik der Sek II 21. Dezember 2009 Daniela Hinz Studienfächer Mathematik und Biologie Fachsemester: 5./ 9. In der vorliegenden Ausarbeitung soll dargestellt werden, welche Möglichkeiten es gibt, die Differentialrechnung im Unterricht einzuführen. Dabei wird auf verschiedene Grundvorstellungen vom Ableitungsbegriff eingegangen. Es sind unter anderem folgende Grundvorstellungen vom Ableitungsbegriff möglich (vergleiche auch Blum/ Kirsch in mathematik lehren, Heft 78): • Steigung der Tangente/ des Funktionsgraphen an einer Stelle • Lineare Approximation • Grenzwert • Lokale (momentane) Änderungsrate • Momentangeschwindigkeit • Umfang eines Kreises • Grenzsteuersatz (als Ableitung der Funktion, welche die Einkommenssteuer abbildet) • Kraft (als Ableitung der Arbeit nach dem Weg) • Oberfläche der Kugel (als Ableitung des Kugelvolumens nach dem Radius) • Querschnitt des Körpers in einer bestimmten Höhe (als Ableitung des Volumens eines Körpers dieser Höhe) • Ordinate des Kurvenpunktes/ Höhe an dem Punkt (als Ableitung des Flächeninhalts unter der Kurve bis zu diesem Punkt) • Funktionswert (als Ableitung des Integrals) Die zentralsten Begriffe sind hierbei (vergleiche die Darstellung Schneiders in mathematik lehren, Heft 102) zum einen der Begriff der lokalen Änderungsrate und zum anderen der Begriff der linearen Approximation, d.h. der Tangentensteigung bzw. des Grenzwertes der Sekantensteigungen. Im Folgenden werden drei Möglichkeiten der Einführung in die Differentialrechnung genauer ausgeführt: ein Einstieg mit Hilfe von Computer-Algebra-Systemen (CAS), der auf der klassischen Vorstellung der Ableitung als Tangentensteigung basiert, ein Einstieg, bei dem anhand von mathematischen Sätzen und Definitionen das mathematische Argumentieren geübt werden kann und ein Einstieg über das Konzept des lokale Änderungsverhaltens, welches auf einer Studie aus dem Bereich der didaktischen Rekonstruktion basiert. Dabei wird jeweils diskutiert, welche Voraussetzungen dafür jeweils von Seiten der Schüler notwendig sind und welche langfristigen und kurzfristigen Unterrichtsziele dabei angestrebt werden. Unterrichtsentwurf 1: Einstieg mit Hilfe von CAS/ Computer Als erstes soll hier dargestellt werden, wie man kann CAS nutzen kann, um die Differentialrechnung einzuführen. Geogebra bietet hierzu z.B. interaktive Arbeitsblätter im Internet an: http://www.geogebra.org/de/examples/funktion_steigung/funktion_steigung1.html http://www.geogebra.org/de/examples/funktion_steigung/funktion_steigung2.html http://www.geogebra.org/de/examples/funktion_steigung/funktion_steigung3.html Die hierbei angesprochene Grundvorstellung vom Ableitungsbegriff ist die Steigung der Tangente am Graphen. Die Schüler können mit den oben angegebenen Arbeitsblättern selbst Entdecken, dass der y-Wert des Ableitungsgraphen an einer Stelle x die Tangentensteigung der Ursprungskurve an der Stelle x angibt. Allerdings benötigen die Schüler hierzu bei den dargestellten Arbeitsblättern die Fähigkeit, formal eine (Polynom-) Funktion abzuleiten. Notwendige Vorkenntnisse der Schüler: - Grundlagen des Umgangs mit dem Computer - Schüler müssen bei den dargestellten Arbeitsblättern bereits formal ableiten können - Polynomfunktionen und Geradengleichungen müssen bekannt sein (Ablesen einer Geradengleichung aus dem Graphen, Erkennen eines Graphen von Polynomfunktionen 2. Und 3. Grades) - die Schule muss entsprechende Ausstattung/ Räumlichkeiten haben Mögliche Vor- und Nachteile dieses Unterrichtseinstiegs: Vorteile: - hoher Grad der Anschaulichkeit - Zusammenhang zwischen Tangentensteigung und Ableitung ist klar sichtbar - die Schüler können den Zusammenhang zwischen Ableitung und Tangentensteigung selbst entdecken - ein Arbeiten in unterschiedlichem Tempo ist möglich (innere Differenzierung), da jeder Schüler alleine arbeiten kann (bei entsprechender Ausstattung der Schule) Nachteile: - Schüler müssen nicht selbst überlegen, wie die Ableitung aussehen könnte, wenn sie der Tangentensteigung entspricht - der Computer zeichnet es selbständig - bei den Arbeitsblättern in dieser Form müssen die Schüler bereits formal ableiten können; meist ist es jedoch günstiger, das formale Ableiten an den Schluss einer Unterrichtssequenz zu setzten, da dann die Grundkonzepte bereits verstanden worden sind bevor das „Schema-Rechnen“ beginnt - das Programm kann als Spielzeug missverstanden werden, so dass der mathematische Hintergrund nicht erfasst wird Kurzfristige und längerfristige Ziele, die durch diesen Unterrichtseinstieg angesteuert werden sollen: - Erkennen, dass die Steigung der Tangente an eine Funktion sowohl negativ als auch positiv sein kann - Beobachten, dass am „tiefsten" und „höchsten Punkt" des Graphen die Steigung gleich Null ist - Erkennen, dass die Steigung der Tangenten einer Parabel, als Funktion abgetragen, eine Gerade ergibt - Erkennen, dass die Steigung der Tangenten eines Polynoms dritten Grades, als Funktion abgetragen, eine Parabel ergibt - Erkennen und Verstehen des Zusammenhangs zwischen Tangentensteigung und Ableitung einer Funktion Bemerkung: Man könnte das Arbeitsblatt jedoch auch zur Wiederholung des Zusammenhangs zwischen Ableitung und Tangentensteigung nutzen (z.B. im Anschluss an Unterrichtsentwurf 3) oder aber ein anderes CAS Programm nutzen, bei dem der Übergang von Sekanten zur Tangente für die Schüler beobachtbar ist und so der Differenzenquotient und die Ableitung als deren Grenzwert entwickelt werden kann. Unterrichtsentwurf 2: Differentialrechnung Üben des Argumentierens mit Hilfe der Heinrich Bürger und Günther Malle stellen in der Zeitschrift „mathematik lehren“ (Heft 103, S.60) einen völligen anderen Zugang zur Differentialrechnung vor. Es geht dabei darum, dass die Schüler am Beispiel der Differentialrechnung das mathematische Argumentieren lernen bzw. üben. Da es im Bereich der Differentialrechnung eine überschaubare und wohl definierte Argumentationsbasis (damit wird die Gesamtheit der beim Argumentieren verwendeten Definitionen und Sätze bezeichnet) gibt, bietet sich dieser Zugang nach Bürger und Malle an. Dabei werden zunächst den Schülern bereits bekannte Vorstellungen wie das Steigen und Fallen einer Funktion oder intuitive Begriffe wie Maximum und Minimum aufgegriffen und formal definiert sowie mit Graphen veranschaulicht. Die von Bürger und Malle vorgeschlagene Argumentationsbasis, welche mit den Schülern gemeinsam erarbeitet werden soll, sieht dann folgendermaßen aus: Nachdem Schüler zunächst lernen, Graphen mit Hilfe des Monotonieverhaltens zu skizzieren, sollen sie in einer zweiten Unterrichtsphase ihr Vorgehen auch mit Hilfe der Argumentationsbasis begründen. Dabei werden sie nach Bürger und Malle wiederkehrende Argumentationsketten aufdecken und dabei selbst Sätze entwickeln und diese mit Hilfe der Argumentationsbasis auch beweisen. Die Schüler sollen, indem sie exemplarisch die mathematische Art des Begründens praktizieren, ein unverfälschtes Bild der Mathematik bekommen und präzises Begründen generell - auch bezogen auf andere Lebensbereiche – lernen. Notwendige Vorkenntnisse der Schüler: - Grundlegende Kenntnisse über Funktionsgraphen (aus der Mittelstufe) - eventuell Kenntnisse über das Verhalten von Funktionen (Begriffe wie steigend, fallend, Maximum, Minimum) - Begriff des Intervalls muss klar sein - Schüler müssen bestimmte mathematische Notationen kennen (z.B. logischer Folgepfeil) - Grundlagen der Mengenlehre (Teilmenge, Element) - Schüler benötigen hohes Abstraktionsvermögen Mögliche Vor- und Nachteile dieses Unterrichtseinstiegs: Vorteile: - Schüler üben abstraktes Denken und erhalten Einblick in strenge mathematische Argumentationsweise - Schülern lernen, dass man in der Mathematik sehr exakt und präzise arbeiten und jeden Schritt begründen/ beweisen können muss - Nähe zur Hochschulmathematik, so dass der Übergang von Schule zu Uni erleichtert wird - für den Lehrer oft leichter, da dieser Zugang ihm aus der Uni bestens bekannt ist Nachteile: - wenig anschaulich - sehr abstrakt - für viele Schüler sicherlich abschreckend - wenig praxisnah - erzeugt eventuell ein falsches Bild von Mathematik als langweilige feinschrittige Theorie, die benutzt werden muss, um zu zeigen, was man sowieso schon weiß - die Argumentationsbasis muss zu einem großen Anteil vom Lehrer vorgegeben werden, da die Schüler von selbst nicht auf solche abstrakte Formulierungen kommen werden - es ist sehr fraglich, ob die Schüler in der Lage sind, das präzise Argumentieren auf andere Fächer/ Lebensbereiche zu übertragen, wenn dieses lediglich an einem beschränkten Feld der Mathematik geübt wird Kurzfristige und längerfristige Ziele, die durch diesen Unterrichtseinstieg angesteuert werden sollen: - selbständiges Skizzieren von Funktionsgraphen anhand des Monotonieverhaltens - Schüler lernen exakte Definition von Monotonie, Maximum, Minimum kennen - eventuell erster Kontakt bzw. Üben der mathematisch-logischen Denkweise und Exaktheit - Erkennen, dass aus bestimmten Sätzen in der Mathematik weitere Sätze abgeleitet werden können - selbständiges Ableiten und Beweisen von mathematischen Sätzen - Nutzen von Sätzen in der Mathematik zum Argumentieren und Beweisen Bemerkung: Bei dem dargestellten Entwurf handelt es sich nicht im engsten Sinne um einen Einstieg sondern vielmehr um die Darstellung einer ganzen Unterrichtssequenz, die durch einen besonderen Zugang (über die Argumentationsbasis) ausgezeichnet ist. Unterrichtsentwurf 3: Einstieg über die Ableitung als momentanes/ lokales Änderungsverhalten Ein bedeutender Vorteil der Einführung der Ableitung als Änderungsverhalten ist der starke Praxisbezug bzw. genauer die Relevanz beim Beschreiben, Modellieren und Lösen praxisnaher Probleme. Darüber hinaus greift ein solcher Einstieg optimal auf das Vorwissen der Schüler zurück, wie Steffen Hahn in einer im Rahmen seiner Promotionsarbeit durchgeführten Studie zeigt (vergleich Hahn/Prediger in JMD 29). Die Studie basiert auf der konstruktivistischen Lerntheorie, welche auch durch neurophysiologische Untersuchungen gestützt wird. Die Theorie besagt, dass Lernen die Eingliederung eines neuen Lerngegenstandes in bereits vorhandene Strukturen beim jeweiligen Lerner darstellt. Nach dieser Theorie spielt dementsprechend das Vorwissen des Lerners eine bedeutende Rolle (da dies die Möglichkeit der Integration neuer Inhalte bestimmt). Dabei kommen im Mathematikunterricht als Vorwissen sowohl alltagsweltliche Vorstellungen als auch vorunterrichtliche Vorstellungen aus vergangenem (Mathe-) Unterricht zum Tragen. Hahn untersuchte das Vorwissen von Schülern im Bezug auf die Differentialrechnung und kam dabei zu dem Schluss, dass Schüler bereits vor Einführung der Differentialrechnung weitreichende Vorstellungen vom Änderungsverhalten von Kurven haben (bei Wahl geeigneter praxisnaher Beispiele). Schüler erkennen z. B. Wendepunkte und Extrema als bedeutsame Stellen – selbstverständlich ohne die Begriffe zu kennen. Häufig treten jedoch nach seinen Untersuchungen Ebenenverwechslungen (zwischen Ableitung und Funktion bzw. Bestand und Änderung) auf, insbesondere im Fall von gegensinniger Kovariation. Mit gegensinniger Kovariation wird der Fall bezeichnet, in dem der Bestand (Funktion) steigt, die Änderung (Ableitungsfunktion) jedoch abnimmt oder aber der Fall in dem der Bestand (Funktion) fällt, die Änderung (Ableitungsfunktion) jedoch zunimmt. Selbst bei Studienanfängern treten nach Hahns Studie hierbei noch viele Verwechslungen auf. In seiner Arbeit entwickelte Hahn aus seinen Erkenntnissen zum Vorwissen von Schülern einen daran angepassten Einstieg in die Differentialrechnung. Dabei werden entsprechend des Modells der didaktischen Rekonstruktion zwei Ziele verfolgt. a) Conceptual Change: Vorstellungsänderung, d. h. falsche Vorstellungen bei den Schülern sollen gelöscht und durch neue ersetzt werden (Hahn bezeichnet dies als vertikale Vorstellungsentwicklung) b) Ergänzen zusätzlicher alternativer Vorstellungen (neben den bereits vorhandenen) sowie situationsangemessene Aktivierung der richtigen Vorstellungen (Hahn bezeichnet dies als horizontale Vorstellungsentwicklung) Das Vorgehen im Unterricht stellt er folgendermaßen dar: Begonnen wird mit einem Beispiel (vergleiche Unterrichtsentwurf unten), in dem gegensinnige Kovariation auftritt und es somit nötig wird, die Begriffe Bestand und Änderung genau voneinander abzugrenzen. Daraufhin werden die Begriffe lokaler Extrempunkt und Wendestellen als Punkte, an denen sich die Qualität des Wachstums ändert eingeführt. Dies schließt direkt an das Vorwissen der Schüler an, die in der Lage sind, diese Punkte zu identifizieren. Nun werden sie lediglich mathematisch benannt. Eine exaktere Definition und auch eine formale Berechnung erfolgt im folgenden Unterricht. Hahn konnte klare Erfolge dieser Unterrichtssequenz feststellen. Die Schüler machten bei einem Test weniger Fehler bei der Unterscheidung von Funktion und Ableitung als angehende Studenten. Dennoch lagen bei gegensinniger Kovariation nur 60% richtig, was nochmals die Schwierigkeit dieses Sachverhalts deutlich macht. Zusätzlich zu diesem Einstieg, der auf den conceptual change abzielt, da hier Veränderungen in der (intuitiv falschen) Vorstellung angestrebt werden, schlägt Hahn vor, auch auf die Ergänzungen von alternativen Vorstellungen (horizontale Vorstellungsentwicklung) einzugehen. Nach seinen Untersuchungen gaben die Schüler die Steigung anfangs häufig in Prozent an. Da diese Vorstellung nicht falsch ist, für den Bereich der Differentialrechnung jedoch weniger geeignet, besteht hier die Möglichkeit der Gegenüberstellung und der Diskussion wann welche Vorstellung nützlich ist. Es soll nun ein möglicher Ablaufplan einer Einführungsstunde skizziert werden, in dem die Vorstellung der Ableitung als Änderung genutzt und somit gezielt an das Vorwissen der Schüler angeknüpft werden soll: Zeit Lehrertätigk eit 7 min Vorstellen des Graphen der Umsätze eines Supermarktes 18 min 15 min 5 Schülertätigkeit Aufgabenstellung: 1) Interpretation des Verlaufs des Graphen (Aufschreiben von Fragen) 2) Einteilen in inhaltlich bedeutsame Phasen Monitoring Aufgabenstellung: des Prozesses 1) Mündliche in den Interpretation des Gruppen, Graphen (Diskussion eventuell untereinander, Klärung/ Hilfestellung Aufschreiben von Fragen) 2) Einteilen in inhaltlich bedeutsame Phasen 3) Plakat mit Ergebnissen erstellen Zusatzaufgabe für schnelle Gruppen: 4) Umsatzänderungsgraphen zeichnen Problematisie Vorstellung der rung der Arbeitsergebnisse der gegensinnige einzelnen Gruppen, n Diskussion, eventuell Kovariation, Vergleich verschiedener Diskussion Herangehensweisen, falls der nötig Richtigstellung Probleme, die entstanden sind Benennung der (hoffentlich) von den Sozialform Einzela rbeit Unterri chtsmit tel OHP, siehe unten Teilziele jedem Schüler die Möglichkeit zur Beschäftigung mit der Fragestellung geben, bevor in die Gruppenarbeit eingestiegen wird (wichtig für schwache Schüler) Motivation, Erfassen des Paradox der gegensinnigen Kovariation, Erkennen der Extrema und Wendepunkte als Stellen, an denen sich die Qualität der Änderung ändert Gruppe n-arbeit OHP, Blatt mit großer Kopie des Graphe n für jede Gruppe , Plakate Plenum Angefe rtigte Plakate Unterscheidung der Begriffe Bestand und Änderung Plenum Tafel Definition der Begriffe min Schülern gefundenen herausragenden Punkte (Maximum, Wendepunkt), Entwicklung von Definitionen (Sicherung im Heft) Minimum, Maximum und Wendepunkt mit Hilfe der Begriffe Bestand und Änderung (anschauliche Definition, die später konkretisiert werden kann) Abbildung für den OHP: Bemerkung: In der folgenden Stunde könnte man beispielsweise über CAS (vergleiche Unterrichtsentwurf 1) den Zusammenhang der Änderungsfunktion und der Umsatzfunktion nochmals deutlich machen und so auch die Beziehung zwischen „Änderungsgrad“ und Tangentensteigung diskutieren, so dass man den Schülern verschiedene Zugänge zum Thema bietet. Alternativ könnte man in der nächsten Stunde auch beginnen, bestimmte Werte der Änderung zu berechnen. Dabei kann man von der absoluten Änderung über die mittlere Änderung zur lokalen Änderung (Ableitung) hinführen. Dies ist durchaus auch mit Hilfe eines grafikfähigen Taschenrechners oder CAS denkbar, indem die Funktionsgleichung des in dieser Einführungsstunde behandelten Graphen angegeben wird. Es ist jedoch auch zu überlegen, hierfür zunächst eine einfachere und besser bekannte Funktion zu verwenden (z.B. Parabel). Notwendige Vorkenntnisse der Schüler: - Grundlagenwissen über Funktionen (aus der Mittelstufe): Interpretation von Funktionsgraphen; Ablesen aus einem Graphen, in welchem Bereich eine Funktion steigt und fällt; Ablesen von geringer und großer Umsatzsteigerung aus einem Graphen (in dem Umsatz gegen Zeit aufgetragen ist) - Vorkenntnisse aus dem Alltag (z.B. konstanter Umsatz bedeutet, dass sich der Umsatz nicht ändert; sinkender Umsatz bedeutet, dass eine negative Umsatzänderung vorliegt; eine starke Zunahme/ Steigerung des Umsatzes in einem kurzen Zeitraum bedeutet eine hohe Änderung des Umsatzes; eine geringe Zunahme des Umsatzes in einem kurzen Zeitraum bedeutet eine geringe Änderung) - Fähigkeit zur Gruppenarbeit (Schüler sollten mit Gruppenarbeit vertraut sein) - Fähigkeit der Erstellung von Plakaten (Grundregeln der Darstellung auf Plakaten) - Fähigkeiten des Präsentierens (Präsentieren von Ergebnissen sollte vorher geübt worden sein, z.B. Vorrechnen und Erklären einer Hausaufgabe) Mögliche Vor- und Nachteile dieses Unterrichtseinstiegs: Vorteile - das Vorwissen der Schüler wird gezielt aufgegriffen und genutzt - falsche Vorstellungen (z.B. zur gegensinnigen Kovariation) werden gezielt angesprochen und können somit für die Zukunft vermieden werden - die Schüler arbeiten selbständig am Thema (entdeckendes Lernen) - die Schüler können sich verschiedene Zugänge erarbeiten (es sind z.B. verschiedene Einteilungen des Graphen in Phasen möglich) - Anschluss an Alltagssituationen (Praxisbezug) - der Lehrer ist lediglich Moderator, nicht bestimmendes Element des Unterrichts - viele langfristige Ziele werden bei diesem Unterricht mit abgedeckt (siehe unten) Nachteile - man kommt in dieser ersten Stunde noch nicht zu mathematisch exakten Begriffen von Ableitung oder Extremwerten - hohe Anforderungen an den Lehrer bei der Vorstellung der Ergebnisse, um diese zusammenzufassen, verschiedene Aspekte herauszuheben und nochmals zu diskutieren - Problem der Vielfalt der Zugänge, die zum Schluss gebündelt werden müssen - starke Abhängigkeit von zielführenden Schülerideen; wenn diese nicht kommen, muss der Lehrer viel vorgeben - geringere Planbarkeit des Unterrichtsverlaufs (schlecht für unsichere Lehrer) - in der Gruppenarbeit bringen sich eventuell nicht alle Schüler gleich stark ein Kurzfristige und längerfristige Ziele, die durch diesen Unterrichtseinstieg angesteuert werden sollen: Kurzfristige Ziele: - Unterscheidung zwischen der Ebene des Bestandes und der Änderung - Erfassen des Paradox der gegensinnigen Kovariation (insbesondere: Wenn der Bestand steigt, heißt das nicht automatisch, dass auch die Änderung steigt) - Erkennen der Extrema und Wendepunkte als Stellen, an denen sich die Qualität der Änderung ändert - anschauliche Definition der Begriffe Maximum, Minimum und Wendepunkt Längerfristige Ziele: - Sozialkompetenz durch Gruppenarbeit - mathematisches Kommunizieren und Argumentieren durch die Diskussion in der Gruppe - Präsentieren (Plakaterstellung und –vorstellung) Literatur: Blum, Werner und Kirsch, Arnold: Die beiden Hauptsätze der Differential- und Integralrechnung in mathematik lehren, Heft 78, S.60-65 Bürger, Heinrich und Malle, Günther: Eine Chance, argumentieren zu lernen in mathematik lehren, Heft 103, S.60-64 Hahn, Steffen und Prediger, Susanne: Bestand und Änderung – Ein Beitrag zur Didaktischen Rekonstruktion der Analysis in JMD 29 (2008), Heft 3/4, S.163-198 Schneider, Edith: Einstieg in die Differentialrechnung mit CAS in mathematik lehren, Heft 102, S.40-43 http://www.geogebra.org/de/examples/funktion_steigung/funktion_steigung1.html http://www.geogebra.org/de/examples/funktion_steigung/funktion_steigung2.html http://www.geogebra.org/de/examples/funktion_steigung/funktion_steigung3.html http://www.geogebra.org/de/examples/funktion_steigung/funktion_steigung_projektbeschreib ung.pdf