AssistentInnenverband Wirtschaftsuniversität Wien ao. Prof. Dr. Wolfgang Elšik Univ.Ass. Mag.a iur. Patricia Heindl Vorstand des WU-AssistentInnenverbandes 1090 Wien, Augasse 2-6 An Frau/Herrn Nationalratsabgeordneten Vor- und Zuname Parlamentsklub der Partei Dr.-Karl-Renner-Ring 3 1017 Wien Wien, am 18. Juni 2001 Betrifft: Dienstrechts-Novelle 2001 – Universitäten Sehr geehrte/r Frau/Herr NR.Abg. Name, im Nationalrat wird in einer der nächsten Sitzungen die Regierungsvorlage eines Dienstrechtsänderungsgesetzes Universitäten“) behandelt. Die für („Dienstrechts-Novelle Universitäten Stellungnahmen zum 2001 Begutachtungsentwurf – waren hinsichtlich der Ziele der Reform zum Teil positiv, betreffend der Umsetzung dieser Ziele durch die vorgeschlagenen Maßnahmen jedoch durchwegs negativ. Der überarbeitete Gesetzesentwurf, der nun als Regierungsvorlage zur parlamentarischen Behandlung ansteht, bringt zwar in einigen Details Verbesserungen mit sich, die grundsätzliche Linie ist jedoch die gleiche geblieben. Nach wie vor sind die zu erwartenden Konsequenzen dieser Dienstrechtsänderung für das österreichische Universitätswesen äußerst negativ zu bewerten. Darüber kann auch die Einigung mit der Gewerkschaft nicht hinwegtäuschen. Dieser Kompromiss ist lediglich als – äußerst bescheidene – Schadensbegrenzung zu sehen. Der zentrale Kritikpunkt betrifft die zukünftige Rekrutierung qualifizierten wissenschaftlichen Personals. Schon jetzt ist es in vielen Fällen sehr schwierig, geeignete MitarbeiterInnen zu gewinnen, die sich für eine wissenschaftliche Karriere begeistern lassen. Der Gesetzesentwurf wird diese Situation noch verschärfen. Zum einen ist der Einstieg in die Wissenschaft mit einem äußerst unattraktiven Einstiegsgehalt verbunden (ÖS 291.278,- pro Jahr für eine/n AkademikerIn, noch vor Abzug der auch im 1 Doktoratstudium fälligen Studiengebühren, können den Verlust der Vorteile des bisherigen öffentlichen Dienstrechts nicht ausgleichen). Schon Durchschnittsjobs in der Privatwirtschaft sind weitaus lukrativer; von den Aufstiegschancen ganz zu schweigen. Zum anderen bietet auch der neue Entwurf keine langfristige Perspektive. Der Karrierefortschritt hängt von unkalkulierbaren Zufällen ab und nicht von der eigenen Leistung. In vielen Fällen werden die Universitäten gezwungen sein, sich von Personal zu trennen, unabhängig davon, ob es sich um gute oder weniger gute MitarbeiterInnen handelt – eine in der Privatwirtschaft undenkbare Vorgehensweise. Die letztlich nun doch gewährte Möglichkeit einer unbefristeten Anstellung als „Staff Scientist“ ist von den Voraussetzungen der Einrichtung einer solchen Stelle, vom Aufgabenprofil, vom Einstiegsgehalt sowie vor allem von der Gehaltsentwicklung her völlig unattraktiv. Für die persönliche Karriereplanung besonders problematisch ist der Zeitpunkt der damit verbundenen Bedarfsprüfung, die im Vergleich zur bisherigen auch noch erschwert werden soll. Diese Prüfung erfolgt erst 4 bis 6 Jahre nach Abschluss der Dissertation. Das Doktorat ist jedoch der entscheidende Zeitpunkt für eine persönliche Weichenstellung. Eine universitäre Karriere nach dem Doktorat unter extremer Unsicherheit ist nicht nur individuell widersinnig. Auch gesamtwirtschaftlich betrachtet ist es nicht zielführend, Menschen über das Doktorat hinaus für die Wissenschaft zu qualifizieren, um sie dann aus dem Wissenschaftsbetrieb zu entfernen. Allein die genannten Aspekte werden die Nachfrage nach wissenschaftlichen Einsteigerpositionen seitens unserer AbsolventInnen dramatisch weiter sinken lassen eine alarmierende Entwicklung, die sogar schon bisher zu verzeichnen war. Sicherlich werden sich auch weiterhin AbsolventInnen finden, die schnell die Dissertation als „wissenschaftliche MitarbeiterInnen in Ausbildung“ machen wollen. Wir sollten uns aber keinen Illusionen hingeben: es werden nicht die besten und sicher nicht, was das Engagement in Forschung und Lehre betrifft, die motiviertesten AbsolventInnen sein. Nennenswerte Impulse für die Forschung werden davon kaum ausgehen, von der Lehre einmal völlig abgesehen. In Einzelfällen wird das neue Dienstrechtsmodell bereits in naher Zukunft unbewältigbare Probleme mit sich bringen. Mittelfristig wird das gesamte Universitätswesen darunter massiv leiden. Die Personalfluktuation wird weitaus größer sein als intendiert. Kontinuität als Grundvoraussetzung für nachhaltige Forschung wird eine seltene Ausnahme sein. Die vorgesehenen All-Inclusive-Gehälter konterkarieren jede Zielsetzung moderner leistungsabhängiger Bezahlung, und es wurde kein Versuch unternommen, Anreize zur Weiterentwicklung für MitarbeiterInnen in definitiven Dienstverhältnissen zu schaffen. 2 Der „Erfolg“ der Dienstrechtsreform ist unvermeidbar: die Zahl der BundesbeamtInnen im Universitätswesen wird eindrucksvoll sinken. Ebenso zwangsläufig und absehbar wird aber auch die Leistungsfähigkeit der österreichischen Universitäten absinken. Es ist daher nicht angebracht, in einigen Jahren von „nicht vorhersehbaren Fehlentwicklungen“ zu sprechen. Diese Entwicklungen zeichnen sich schon jetzt klar ab und sind die zwingende Folge eines Dienstrechtsentwurfs, der unausgegoren ist und auf keiner adäquaten Ausgangs- und Wirkungsanalyse beruht. Eine Zustimmung zu diesem Gesetz kommt daher einer erheblichen Beschädigung des österreichischen Universitätswesens gleich. Die zu erwartenden Auswirkungen des neuen Dienstrechts werden die geplante Vollrechtsfähigkeit stark beeinträchtigen und den Übergang in die Autonomie wesentlich erschweren. Unter diesen Umständen halten, gemäß einer aktuellen Umfrage, 81.7% des wissenschaftlichen Personals an der Wirtschaftsuniversität Wien die Vollrechtsfähigkeit für einen grundsätzlich ungeeigneten Ansatz. Der AssistentInnenverband der Wirtschaftsuniversität-Wien will aktiv zum Reformprozess der österreichischen Universitäten beitragen. Deshalb haben wir schon vor Monaten ein alternatives Dienstrechtsmodell erarbeitet und in die Diskussion eingebracht sowie eine ausführlich begründete Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf abgegeben (die entsprechenden Unterlagen können unter http://www.wu-wien.ac.at/groups/assvb/ im World Wide Web abgerufen werden). Selbstverständlich sind wir auch gerne für persönliche Gespräche offen! Wir ersuchen Sie, sehr geehrte/r Frau/Herr Nationalratsabgeordnete/r Name, Ihre persönliche Entscheidung vor diesem Hintergrund reiflich zu überdenken und sich insgesamt der Folgen bewusst zu sein. Wir danken Ihnen für Ihre intensive Auseinandersetzung mit dieser Thematik. Mit freundlichen Grüßen ao. Prof. Dr. Wolfgang Elšik Univ.Ass. Mag.a iur. Patricia Heindl Für den Vorstand 3