Mass culture and popular culture In: Dominic Strinati. An Introduction to Theories of Popular Culture, Routledge, 1995 Abstract Strinati wendet die wichtigsten Theorien der Sozialwissenschaften an, um das Phänomen der „popular culture“ zu untersuchen . Er interessiert sich dabei sowohl für die Entwicklung als auch für den Effekt der Popkultur auf die Menschen in der kapitalistischen Gesellschaft. In dem vorliegenden Text setzt er sich vor allem mit der „mass culture theory“ auseinander. Schlagwörter Mass culture, mass society, popular culture, folk culture, mass culture theory, Amerikanisierung Lilly Wonder Matrikelnr. 0126182 VO Medienpädagogik LV Leiter: o. Univ. Prof. Dr. Thomas A. Bauer WS 2004/05 Der Text von Dominic Strinati beschäftigt sich zum größten Teil mit der Massenkultur und ist in fünf Teile gegliedert: 1, Massenkultur und Massengesellschaft 2, Die Debatte über Massenkultur 3, Massenkultur und Amerikanisierung 4, Amerikanisierung und Kritik an der Massenkulturtheorie 5, Kritik an der Massenkulturtheorie Strinati geht deswegen so genau auf die Massenkulturtheorie ein, weil sie auch viele relevante Punkte für die Theorien über die Populärkultur enthält. Im ersten Teil beschreibt er das Entstehen der Massenkultur aus der Sicht der Massenkulturtheorie. Durch die Industrialisierung entstanden große anonyme Städte (Urbanisierung) und das bis dahin geltende soziale Gefüge der Gesellschaft und ihrer Hierarchien änderte sich grundlegend. Menschen erleben, da sie nicht mehr in einem klaren gesellschaftlichen Kontext aufwachsen, kaum mehr eine „moralische Integration“. Der Mensch ist allein, laut Strinati „atomized“1, und nicht mehr in eine Gemeinschaft oder Institution die Werte bietet, integriert. Daraus entsteht in der Massenkulturtheorie die Befürchtung, dass sich die Menschen falschen sozialen und sozialen Werten zuwenden und manipulierbar werden. Die Theorie besagt, dass Demokratisierung und Bildung schlechte Entwicklungen sind, weil dadurch eine Massengesellschaft entsteht, und die gesellschaftlichen Hierarchien damit zerstört werden. Das Mitspracherecht aller bewirkt einen Niveauverlust der Informationen und der Kultur, da man alles auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bringen muss, um von allen Menschen verstanden zu werden. Die Massenkulturtheorie definiert die „pre – mass society“ als organisches Ganzes, in der Gemeinschaft und Institutionen die Werte und Normen für ihre Mitglieder festlegen, eine Gesellschaft, die durch eine Hierarchie und durch Unterschiede gekennzeichnet ist. Die Massengesellschaft dagegen gilt als eine anonyme Masse, die von den Medien manipuliert werden kann, da diese die einzigen Sozialisationsinstanzen sind. 1 Srinati, S.6 Die Massenkultur zerstört demnach sowohl die hohe Kunst als auch die Volkskultur, da sie von wenigen Technikern produziert wird, die wiederum von Geschäftsleuten engagiert sind. Die Volkskultur dagegen wird von den Menschen für die Menschen gemacht, und verliert durch die Massenkultur an Nährboden, da diese aus den Rezipienten passive Konsumenten macht, die nicht mehr selbst an der Kultur teilnehmen können. Im zweiten Teil seines Textes geht Strinati noch näher auf die Massenkultur ein: sie ist eine kommerzielle Kultur, die für einen Massenmarkt massenproduziert wird. Demnach bleibt für alle anderen Kulturformen, die keinen Profit schaffen, kein Platz mehr. In der Massenkultur sehen Kritiker also eine Gefahr, sie gilt als trivial und sie verbreitet sich auf Kosten der Intellektuellen, wobei sie beginnt, die soziale Realität zu definieren. Die reale Welt, so befürchten viele, wird vereinfacht. Zu den verschiedenen Standpunkten und Ansätzen der Massenkulturtheorie bringt Strinati viele Zitate und Aussagen von Wissenschaftlern, Theoretikern und Schriftstellern, auf die ich aufgrund der Kürze dieser Arbeit nicht eingehen kann. Der dritte Teil des Textes ist der Amerikanisierung durch die Massenkultur, hier am Beispiel Englands, gewidmet. Die amerikanische Populärkultur schien alle negativen Aspekte der Massenkultur darzustellen, weswegen man sich in Großbritannien ernste Sorgen machte, dass die eigene Kultur amerikanisiert werden könnte. Kritiker sahen eine Bedrohung der kulturellen Werte und der Ästhetik der nationalen Kultur. Sie sprachen eine moralische Warnung aus, da sie befürchteten, dass vor allem die Jugendlichen ihre Kultur an die Import – Werte aus den USA verlieren. Der „American dream“, ein wichtiger Teil der amerikanischen Massenkultur, verbreitet sich nun auch in Europa. Strinati zitiert an dieser Stelle den deutschen Filmemacher Wim Wenders: „die Amerikaner haben unser Unterbewusstsein kolonialisiert“. Im Anschluss daran zeigt der Autor im vierten Abschnitt des Textes die Kritikpunkte am „Amerikanisierungsansatz“ auf. Befürworter der amerikanischen Kultur lenken das Augenmerk auf deren positiven Seiten: die durchgesetzte Demokratie und die Wissenschaft. Der Engländer Huxley2 meint optimistisch, dass die USA eine wissenschaftliche und rationale Zukunft repräsentieren und sieht große Möglichkeiten in diesem Bereich. Auch im Bereich des Films und der Literatur kann der amerikanische Einfluss positiv gesehen werden: die „crime novels“ und Kinofilme bieten, vor allem den jungen Männern der Arbeiterklasse, Helden, mit denen sie sich identifizieren können. Das war bis dahin in der englischen Literatur weniger möglich. Wenn man die Populärkultur und ihren Einfluss von „unten“ (aus der Perspektive der Rezipienten) betrachtet, kommt man also zu anderen Ergebnissen als die Kritiker der Massenkultur. Manche der Kritikpunkte an der Amerikanisierungstheorie sind auch für die Kritik an der Massenkulturtheorie gültig, der sich der fünfte Abschnitt des Textes widmet. Heute gibt es nicht mehr viele Anhänger der Massenkulturtheorie, abgesehen von kleinen Gruppen, die eine „hohe“ Kunst und Literatur verteidigen. In manchen Punkten stimmen sich aber auch jetzt noch viele überein: der Unterschied zwischen Populärkultur und Kunst etwa ist immer ein vieldiskutiertes Thema, genauso wie der Qualitätsverlust der Populärkultur der letzten Jahrzehnte. Dominic Strinati listet mehrerer Kritikpunkte an der Massenkulturtheorie auf: 1, „Elitism“3 – die Theorie ist elitär. Eine elitäre Position geht davon aus, dass die Massenkultur und die Populärkultur nur von einer „höheren“ Position aus verstanden und interpretiert werden kann. Doch die Elite ignoriert laut Strinati die Vielschichtigkeit der Masse, sie sieht diese fälschlicherweise als homogen an. Dabei übersieht sie die Selektionsmöglichkeiten, die sich den Menschen bieten. 2, Authenzität – die Massenkulturtheorie besagt, dass die Populärkultur nicht authentisch ist, da sie nicht wie Volkskultur von den Menschen für die Menschen gemacht wird. Was aber ist authentisch? Und: gibt es überhaupt „pure“ Authenzität, ganz ohne äußeren Einfluss? Die Definition dieses Wortes ist nicht einfach, und von den Kritikern der Massenkultur nicht durchdacht. 3, Die Massenkulturtheorie idealisiert und romantisiert die Vergangenheit. Sie überschätzt die Vergangenheit (die nicht genau definiert ist – Wo? – Wann?) und 2 3 in Johnson, S. 50 Strinati, S. 36 unterschätzt die Gegenwart. Diese verklärende Sichtweise der Vergangenheit ist nur durch Nostalgie, einem Kennzeichen vieler Argumente der Theoretiker der Massenkulturtheorie zu erklären. 4, Die Massenkulturtheorie hat kein richtiges Verständnis für sozialen und kulturellen Wandel. Sie zeigt und kritisiert zwar das Auftreten der Populärkultur, kann aber ihre Entstehung nicht exakt erklären. Die genauen Verbindungen zur Industrialisierung kann sie nicht aufzeigen, und eine Theorie, die nicht genau versteht, was sie angreift, kann keine starken Argumente liefern. 5, Die Theorie kann die Unterschiede zwischen Massenkultur und „high culture“ nicht genau definieren. Es gibt zwischen den beiden Kulturformen keine klaren Grenzen, nur fließende Übergänge, die sich im Laufe der Zeit auch verschieben. Zum Beispiel gelten Kinofilme als Massenkultur, wobei einige Ausnahmen als Kunst angesehen werden. 6, Die Massenkulturtheorie hat anti – demokratisches Potential 7,Die Theorie versteht die Rolle der Rezipienten nicht. Die Massenkulturtheorie sieht die Rezipienten als eine passive Masse, die keine eigenen Entscheidungen treffen kann. Aber gibt es diese „mass audience“ überhaupt? Laut Strinati ist es für die Erforschung und Interpretation der Populärkultur und ihrer Effekte wichtig, die Rezipienten nach ihrem sozialen Kontext und ihrem kulturellen Umfeld zu unterscheiden. Er meint auch, dass man den „cultural taste“ der Menschen als sozial konstruiert ansehen muss und dass die Rezipienten nicht so kulturlos und niveaulos sind, wie die Theorie besagt. Die Ängste der Kritiker der Massenkultur waren der Niveauverlust und das Ende der qualitativ hochwertigen Kultur und Kunst, sowie ein durch die Massenmedien verbreiteter Verlust der eigenen kulturellen und sozialen Identität (Amerikanisierung) und die Entstehung einer homogenen Massengesellschaft, bestehend aus passiven Rezipienten und Konsumenten, die anfällig sind für Manipulation durch die Medien (Propaganda). Dominic Strinati hat zwar bewiesen, dass solche Ängste in diesen Formen teilweise übertrieben sind, trotzdem existieren auch heute noch ähnliche Ängste, wenn auch in anderen Formen. Durch das Aufkommen vieler neuer elektronischer Medien ist die Debatte über den Einfluss der Massenmedien und deren Inhalte auf Kinder und Jugendliche immer aktuell. Durch weniger geregelte soziale Gemeinschaften (Familie) ist der Fernseher, extrem ausgedrückt, zu einer Sozialisationsinstanz geworden. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist es, dass Kinder schon früh lernen, zwischen der sozialen Realität und der konstruierten Welt der Medien zu unterscheiden. Außerdem müssen sie lernen, die Medien nach richtigen Auswahlkriterien zu nutzen. Heute weiß man, das die Medien auch im Bereich der Pädagogik sehr wohl positive Verwendung finden können, sofern man die richtige Mediennutzung vermittelt. Verschiedene Ansätze der Medienpädagogik beschäftigen sich mit diesen Aspekten und werden, auch durch die rasante und unaufhaltsame Weiterentwicklung der elektronischen Medien und deren Einfluss auf die Gesellschaft, weiter an Wichtigkeit zunehmen. Medienpädagogik hat die „die Absicht, Menschen mit Medien vertraut zu machen, ihnen zu helfen, sich mit Medien auszudrücken, sie zur Informationsübermittlung, für kreative Zwecke und zur Verständigung zu nutzen.“4 4 Schäfer/Hille Weiterführende Literatur STRINATI, D. An Introduction to Theories of Popular Culture, London 1995, Routledge HOGGART, R. The Uses of Literacy. Harmondsworth 1952, Penguin JOHNSON, L. The Cultural Critics, London 1979, Routledge and Kegan Paul LEAVIS, F.R. Mass Civilation and Minority Culture, London 1930, Minority Press MACDONALD, D. “A theory of mass culture”, in B. Rosenberg and D. White (Hrsg.) Mass Culture, Glencoe 1957, Free Press ORWELL, G. The Decline of the English Murder and Other Essays, Harmondsworth 1965, Penguin SCHÄFER, D.; HILLE, A. Medienpädagogik. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für sozialpädagogische Berufe. Freiburg im Breisgau 2000, Lambertus – Verlag WILLIAMS, R. Keywords: A Vocabulary of Culture and Society, London 1976, Fontana