A. Der Arbeitsvertrag I. Vorbemerkung Die Bedeutung des Arbeitsvertrages wird allgemein sehr vernachlässigt. Immer wieder werden keine schriftlichen Arbeitsverträge abgeschlossen, oder aber nur Formverträge genutzt, welche nicht individualisiert werden oder hierfür allein schon aus Platzgründen kein Raum ist. Das durchschnittliche Arbeitsverhältnis besteht über einen Zeitraum von über 10 Jahren. Bei einem Jahresbruttogehalt von 40. 000,- € zzgl. Sozialversicherungsabgaben von ca. 20 % beträgt das vom Arbeitgeber aufzuwendende Volumen 50. 000,- € jährlich. Bei einer Vertragsdauer von ca. 10 Jahren bedeutet dies ein Investitionsaufwand von rund 500. 000,- €. Würden Sie beim Kauf eines Anlagegutes i.H.v. 500. 000,- € den Kaufvertrag ebenso formulieren ? II. Der Arbeitsvertrag 1. Form des Arbeitsvertrages Gem. § 105 GewO ist die Vereinbarung über ein Arbeitsverhältnis formfrei. Ausnahmen bestehen nur über zwingende gesetzliche Vorschriften (§ 14 IV TzBfG, Wettbewerbsverbot, Einbeziehung Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen) 2. Inhalt Der notwendige Inhalt ergibt sich aus § 2 I Satz 2 NachwG, wobei die dortige Aufzählung nicht abschließend ist. Im Falle kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegt, regelt das Nachweisgesetz die Beweislast, d.h. wer hat nachzuweisen, was vertraglich vereinbart ist. Grds. obliegt diese dem Arbeitgeber. Kann er nicht durch schriftliche Vereinbarung oder Zeugen bestimmte Vertragsvereinbarungen nachweisen, so wird als wahr unterstellt, was der Mitarbeiter behauptet. III. Einzelne Regelungen 1. Probezeit Eine Probezeit zu Beginn des Arbeitsverhältnisses ist möglich und auch üblich. Diese kann bis zur Dauer von 6 Monaten erstreckt werden. Innerhalt der ersten 6 Monate der Beschäftigung können auch kürzere Kündigungsfristen von 2 Wochen (§ 622 III BGB) vereinbart werden. Die Probezeit kann auch kürzer als 6 Monate gewählt werden, nach Ablauf der Probezeit kann jedoch die kurze Kündigungsfrist des § 622 III BGB nicht mehr angewandt werden. In der üblichen Formulierung liegt der Nachteil, dass eine Kündigung erforderlich ist (zu beachten auch der bes. Kündigungsschutz nach § 9 MuSchG, ...) Der Vorteil liegt hier eindeutig auf der Akzeptanz der Bewerber. Möglich ist jedoch auch eine befristete Probezeit nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBefG, mit der Möglichkeit der verkürzten Kündigungsmöglichkeit innerhalb der Probezeit. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 1 2. Beschreibung der Tätigkeit - Arbeitsort Grds. kann ein Mitarbeiter örtlich versetzt werden. Im Falle der Einbindung einer Versetzungsklausel muß jedoch beachtet werden, dass hierdurch im Kündigungsfalle eine größere Anzahl von vergleichbaren Mitarbeitern besteht. - Tätigkeit Die Angabe eines charakteristischen Berufsbildes ist notwendig. Die allgemeine Beschreibung als „Sachbearbeiterin“, „kfm. Angestellte“ ist nicht hinreichend konkretisiert, wodurch Versetzungsmöglichkeiten abgeschnitten werden können Die Vereinbarung weitergehender Einsatzmöglichkeiten erleichtert jedoch den flexiblen Einsatz des Mitarbeiters im Wege der Versetzung. Änderungskündigungen sind dann nicht erforderlich. - Zuweisung geringwertiger Tätigkeit Nach dem BAG ist eine Versetzung nur dann möglich, wenn diese auf einen gleichwertigen, gleichrangigen und gleichdotierten Arbeitsplatz erfolgt. Ist dies nicht der Fall, muss eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. 3. Dauer der Arbeitszeit Die Pflicht zur Leistung von Überstunden muss dem Mitarbeiter nachgewiesen werden (ggf. genügt Verweis auf TV oder BV). Ist diese Pflicht nicht vertraglich vereinbart, muss der Mitarbeiter keine Überstunden ableisten. Daher ist eine solche Pflicht in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. „Der Mitarbeiter ist verpflichtet, bei Bedarf bis zu 10 Überstunden pro Monat zu Leisten. Im Falle besonderer betrieblicher Belange können darüber hinaus Überstunden angeordnet werden.“ Oder im Falle von „leitenden Angestellten“: „Die Arbeitszeit richtet sich nach den wahrzunehmenden Aufgaben und nach den betrieblichen Erfordernissen. Dabei gehen die Vertragspartner davon aus, dass die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden nicht unterschreitet.“ 4. Lage der Arbeitszeit In Betrieben ohne Betriebsrat kann die Lage der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag geregelt werden, ansonsten besteht ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 I Nr.2 BetrVG. Der Arbeitgeber kann sich nach § 106 GewO jedoch vorbehalten, die Lage der Arbeitszeit durch sein Direktionsrecht nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Ggf. sind betriebliche Notwendigkeiten mit Belangen der Mitarbeiter abzuwägen. 5. Sonderzahlungen Die arbeitsvertragliche Zuweisung eines Weihnachtsgeldes ermöglicht deren Kürzung bei Krankheit das Entgeltbestandteil. Freiwillige Zuwendungen sollten arbeitsvertraglich definiert werden und unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt stehen. Ferner sind Rückzahlungsvoraussetzungen zu benennen. 6. Urlaub Der Urlaubsanspruch ergibt sich aus Gesetz, TV oder BV. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 2 Der gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werktagen ist zu gewähren, § 3 I BUrlG. Sinnvoll ist, eine vertragliche Übernahmeregelung auf das nächste Quartal des folgenden Urlaubsjahres zu vereinbaren, im Falle der Urlaub nicht in Gänze im Urlaubsjahr genommen werden kann. Mit Ende des Folgeurlaubsquartals ist dieser Anspruch erloschen, soweit der Urlaub nicht genommen wurde, oder vom Arbeitgeber verweigert. Zu beachten ist auch die Aufnahme einer 12-tel Regelung für das erste Tätigkeitsjahr und das Ausscheidensjahr nach der ersten Jahreshälfte. 7. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot Hier genügt nach neuerer BAG-Rspr. auch ein Verweis auf § 174 HGB. Die Vereinbarung eines solchen Verbotes muss jedoch infolge der hieraus sich ergebenden Rechtsfolgen zu Lasten des Arbeitgebers genau geprüft werden. 8. Vertragsstrafen Die Vereinbarung einer solchen ist grds. möglich, jedoch nach BAG begrenzt auf ein Bruttomonatsentgelt. Abzustellen ist jedoch auf den Einzelfall und die konkrete Angemessenheit der Vertragsstrafe zum jeweiligen Verstoß. 9. Altersgrenze „Das Arbeitsverhältnis endet mit Ende des Monats, in dem der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet, oder das Regelrentenalter erreicht.“ 10. Verfallklauseln Abgesehen von Tarifverträgen können derzeit nach dem BAG Mindest-Verfallklauseln von 3 Monaten zugrunde gelegt werden. Sind diese nicht eingehalten, so gilt hier keine geltungserhaltende Reduktion, sondern die Vertragsklausel ist nichtig, mit der Folge der 3-jährigen Verjährungsfrist. IV. Befristung des Arbeitsvertrags 1. Arbeitsvertragsparteien können nicht nur ein unbefristetes, sondern auch ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbaren. Da das befristete Arbeitsverhältnis ohne Ausspruch einer Kündigung endet, findet auch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) keine Anwendung. Wird ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart, so bedarf es der Schriftform, zumindest die Befristungsvereinbarung (§ 14 IV TzBfG), ansonsten ist von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen. Die Befristung kann auch nicht nachträglich nachgeholt werden ! Beginnt der Arbeitnehmer seine Tätigkeit und die Befristungsabrede wird auch nur am nächsten Arbeitstag (teils auch früher) schriftlich vereinbart, so gilt diese nicht mehr, es ist zwingend von enem unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen. 2. Es gibt verschiedene Formen der Befristung: a. Zeitablauf: Hier wird eine Zeit vereinbart (kalendermässig bestimmt), nach welcher das Arbeitsverhältnis automatisch endet. b. Zweckbefristung/auflösende Bedingung: Das zweckbefristete Arbeitsverhältnis endet nach § 15 II TzBfG mit Erreichen des Zwecks (z.B. Rückkehr der vertretenen vormals Schwangeren), frühstens jedoch 2 NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung. 3. Kündigung: Ein so befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies vertraglich vereinbart wurde (§ 15 III TzBfG). Wird eine Befristung mit einer Mindestdauer vereinbart, so ist die ordentliche Kündigung bis zum Ablauf der Mindestbefristung regelmässig ausgeschlossen. Ist das Recht zur ordentlichen Kündigung vereinbart, so gilt dies grundsätzlich auch für beide Vertragsparteien. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung kann nicht ausgeschlossen werden. B. Inhalt des Arbeitsverhältnisses I. Arbeitspflicht Rechtsgrundlage für die Arbeitspflicht und ihren konkreten Inhalt im Einzelfall, ihr zeitliches Ausmaß ist in erster Linie der Arbeitsvertrag i.V.m. § 611 BGB. Weitere Regelungen ergeben sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen, allg. Arbeitsbedingungen, betriebliche Übung und letztlich auch das Direktionsrecht des Arbeitgebers. 1. Arbeitszeit Das privatrechtlich geschuldete Maß der vom Arbeitnehmer abzuleistenden Arbeitszeit ergibt sich im Einzelfall aus den o.g. Rechtsquellen. a. Überarbeit Aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers ergibt sich darüber hinaus die Verpflichtung, bei Vorliegen besonderer Gründe auch einmal länger, d.h. über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus, zu arbeiten (sog. Überzeit). Für eine derartige Überzeit kann grds. eine zusätzliche Vergütung nach dem Maßstab verlangt werden, nach dem sonst der Lohn berechnet wird. b. Darlegungslast im Prozeß Obliegt voll dem Arbeitnehmer. Dieser muß vor Gericht im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Arbeitszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus tätig wurde. Er muß ferner eindeutig vortragen und ggf. beweisen, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder zur Erledigung der ihm obliegenden Arbeit notwendig waren oder vom Arbeitgeber gebilligt oder zumindest geduldet wurden. 2. Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers Dem Arbeitnehmer steht gem. § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitskraft zu, wenn der Arbeitgeber seiner Entlohnungspflicht nicht nachkommt. Kurzfristige Verzögerungen der Gehaltszahlung spielen hierbei jedoch keine Rolle, der Arbeitnehmer muß den Arbeitgeber darauf aufmerksam machen, dass ihm größerer Schaden entsteht, im Falle er seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. 3. Schadensersatzpflicht des Arbeitnehmers NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 4 Verletzt der Arbeitnehmer die ihm obliegende Arbeitspflicht, so macht er sich schadensersatzpflichtig. Besteht der Arbeitsvertrag noch und hat der Arbeitnehmer seine Nichtleistung zu vertreten, so ergibt sich der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. II. Beschäftigungsanspruch Nach der Rspr. des BAG hat jeder Arbeitnehmer im Rahmen eines unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnisses grds. einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, auf sein Verlangen hin auch tatsächlich beschäftigt zu werden. Dieser Anspruch steht nur zurück, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers entgegen stehen. III. Anspruch auf Lohnzahlung 1. Rechtsgrundlage Anspruchsgrundlage ist hier § 611 BGB. Wurde im Vertrag keine Vergütungsregelung getroffen, so gilt die übliche Vergütung als geschuldet. Lohnzahlung durch Naturalleistung ist ausgeschlossen. 2. Gratifikation, Sonderzuwendung Hierbei handelt es sich um Leistungen, welche der Arbeitgeber aus bestimmte Anlässen (z.B. Weihnachten, Urlaub) neben der Arbeitsvergütung gewährt. Sie sind Anerkennung für geleistete Dienste und Anreiz für weitere Dienstleistung. Jedoch steht die Anreizfunktion nicht derart im Vordergrund, dass der Arbeitnehmer zu ihrer Rückzahlung verpflichtet ist, wenn er das Arbeitsverhältnis alsbald kündigt. Hiervon abzugrenzen ist das sog. 13. Monatsgehalt, wie auch sonstige Sonderzuwendungen, durch die alleine Leistungen in der Vergangenheit abgegolten werden sollen. 3. Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers Gem. § 614 BGB muß das Arbeitsentgelt erst nach der Leistung der Dienste bezahlt werden, sodass der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig ist. 4. Schutz des Arbeitseinkommens = Pfändungsfreigrenzen Gem. §§ 850 ff ZPO sind Lohnansprüche nur beschränkt pfändbar. Gem. § 394 BGB ist eine Aufrechnung nicht zulässig, soweit der Lohnanspruch der Pfändung nicht unterworfen ist. IV. Urlaub 1. Rechtsnatur Der Urlaubsanspruch entsteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr langfristig krank war und besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer langfristig nicht gearbeitet hat. Demgegenüber ist der Urlaub streng an das Urlaubsjahr gebunden, d.h. der Urlaub verfällt, wenn er nicht bis zum 31.12.des Urlaubsjahres genommen wurde, es sei NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 5 denn, es besteht eine betriebliche Vereinbarung, wonach der Urlaubsanspruch auf das 1. Quartal des Folgejahres übernommen wurde, oder es bestehen in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe, z.B. langanhaltende Krankheit. Ist der Urlaub jedoch nicht bis zum 31.03. des Folgejahres genommen, erlischt der Anspruch. 2. Urlaubsgeld, Urlaubsabgeltung Nach dem BUrlG kann der Urlaub ausnahmsweise abgegolten werden, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann (= Urlaubsabgeltung). Ein Urlaubsgeld kann vom Arbeitnehmer jedoch nur dann beansprucht werden, wenn eine entspr. arbeitsvertragliche Regelung vorliegt, oder entspr. Tarifverträge. 3. Verfallfristen Aus Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag können sich Verfallfristen ergeben. Macht der Arbeitnehmer seine Ansprüche nicht binnen der dort genannten Fristen geltend, so gelten diese als verfristet. 4. Zweckbindung Ursprünglich hat das BAG entschieden, dass sollte der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht zum Zwecke der Erholung nutzen, sondern arbeiten, dieser das in der Urlaubszeit entstandene Arbeitsentgelt an den Arbeitgeber zurückzahlen muß. Das BAG hat diese Auffassung nun jedoch vollständig zurückgenommen. 5. Rechtsschutz Besteht zwischen den Parteien Streit über die Urlaubsgewährung, so kann Leistungsklage auf Urlaubsgewährung für einen bestimmte, in der Zukunft liegenden Zeitraum erhoben werden. Der Arbeitgeber hat die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers angemessen zu berücksichtigen, unter der Voraussetzung, dass keine betrieblichen Belange (auch Urlaubsinteressen anderer Arbeitnehmer)entgegenstehen. V. Leistungsstörungen, Leistungshindernisse Die ausgefallene Arbeit ist i.d.R. nicht nachholbar. Nichtleistung der Arbeit heißt daher i.d.R. Unmöglichkeit der Arbeit. Die bewußte Zurückhaltung der Arbeitsleistung, das bewußte Langsamarbeiten wird demgegenüber als Schlechterfüllung der Arbeitspflicht angesehen. 1. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Der Arbeitnehmer verliert nach Beginn der Beschäftigung dann, wenn er ohne sein Verschulden an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, nicht den Anspruch auf Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von 6 Wochen. Ist der Arbeitnehmer jedoch schon zu Beginn der Arbeit (Abschluß der Arbeitsvertrages) arbeitsunfähig, so kann er keine Lohnfortzahlung verlangen, wenn die Arbeitsunfähigkeit auch noch zu dem Zeitpunkt fortbesteht, zu dem der Arbeitnehmer die Arbeit vereinbarungsgemäß beginnen soll. a. Unverschuldete Arbeitsunfähigkeit NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 6 Erforderlich ist stets, das den Arbeitnehmer kein Verschulden an der Erkrankung trifft. Der Lohnfortzahlungsanspruch ist dann ausgeschlossen, wenn die Erkrankung auf einem gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten beruht. Die Beweislast hierfür trifft jedoch den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer hat hier jedoch Mitwirkungspflichten an der Aufklärung aller für die Entstehung der Erkrankung erheblichen Umstände (z.B. Gründe für eine Alkoholabhängigkeit). Das kann die Verpflichtung, den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden mit einschließen. b. Arbeitsunfähigkeit Diese besteht, wenn der Arbeitnehmer infolge der Erkrankung unfähig ist, seine ihm vertragsmäßig obliegende Leistung zu verrichten oder diese ihm vernünftigerweise nicht zugemutet werden kann. Entscheidend sind insoweit objektive medizinische Kriterien, die subjektive Beurteilung der Parteien ist unerheblich. Problematisch ist, dass der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Bekanntgabe der Krankheitsbezeichnung hat. c. Mitteilungs- und Nachweispflichten Alle Arbeitnehmer haben ihrem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen. Gem. § 5 EntgfortzG hat der Arbeitnehmer die Erkrankung unverzüglich dem Arbeitgeber anzuzeigen und deren voraussichtlich Dauer mitzuteilen. Eine ärztliche Krankmeldung ist nach 3 Arbeitstagen vorzulegen, es sei denn es wurde vertraglich ein früherer Zeitpunkt vereinbart. Kommt der Arbeitnehmer diesem Anspruch nicht nach, so kann de4ises Verhalten mittels Abmahnung gerügt werden. Im Wiederholungsfalle ist auch eine hierauf begründete Kündigung nicht ausgeschlossen. d. Beginn und Inhalt des Anspruchs Der Anspruch beginnt mit dem erstmaligen Gang zum Betrieb, nicht jedoch mit der Anreise zum Beschäftigungsort. Wege- und Fahrgelder jedoch nur dann, wenn sie auch ohne Rücksicht auf deren Anfall gewährt worden wären. e. Darlegungs- und Beweislast Im arbeitsgerichtlichen Verfahren hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit zu beweisen. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die Frage, welchen Beweiswert besitzt die ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit. Gem. LAG Hamm (BB 1985,273) hat der Arbeitgeber kein Recht, die Lohnfortzahlung generell zu verweigern, weil der Arbeitnehmer sich weigert, einer Vorladung der Krankenkasse zur vertrauensärztlichen Untersuchung zu folgen. 2. Annahmeverzug des Arbeitgebers a. Angebot der Arbeitsleistung Annahmeverzug setzt voraus, dass der Arbeitgeber ein Angebot des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung ablehnt; der Arbeitnehmer muß die Arbeitsleistung tatsächlich so anbieten, wie sie zu bewirken ist. Nach der nun ständigen Rspr. des BAG bedarf es nach Ausspruch der Kündigung durch den Arbeitgeber auch keines wörtlichen Dienstleistungsangebotes des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, ihm ferner Arbeit zuweisen muß uns somit eine nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung vorzunehmen hat. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 7 Da der Arbeitgeber mit Ausspruch der Kündigung den entgegengesetzten Willen unzweideutig zu erkennen gibt, muß er den Arbeitnehmer wieder zur Arbeit auffordern- im Falle der außerordentlichen Kündigung sofort bzw. nach Ablauf etwaiger Auslauffristen- wenn er trotz der Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will. Im Falle des Entzuges der Fahrerlaubnis kann der Arbeitnehmer zunächst seine vertragliche Pflicht nicht erfüllen. Um dem Annahmeverzug zu entgehen, muß der Arbeitgeber zunächst prüfen, ob er dem Arbeitnehmer eine vorübergehende zumutbare Arbeit anbieten kann und im bejahenden Falle auch dies tun. b. Beendigung des Annahmeverzugs - - Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer anbieten, ihn vorübergehend im Rahmen eines faktischen Arbeitsverhältnisses weiter zu beschäftigen zur Vermeidung von Verzugslohn im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses. Hierdurch wird jedoch der Annahmeverzug nicht beendet, zum anderen darf sich der Arbeitnehmer weigern auf das Weiterbeschäftigungsangebot einzugehen. Der Arbeitgeber kann eine Weiterbeschäftigung zu alten Bedingungen anbieten, ohne die Kündigung für ungerechtfertigt zu erklären Der Arbeitgeber kann ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbaren, bis zum Prozessende. In allen Fällen verneint jedoch das BAG eine Beendigung des Annahmeverzuges. In Ausnahmefällen kann jedoch die Ablehnung des Weiterbeschäftigungsangebotes ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs bedeuten. VI. Haftung im Arbeitsverhältnis Nachdem selbst der schlechtleistende Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nachkommt, kann diesem keine Minderung des Lohnanspruches vorgehalten werden. Dem Arbeitgeber können jedoch hieraus Schäden entstehen, woraus sich Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer ergeben. 1. Gefahrgeneigte Arbeit Die Anwendung des Zivilrechtes würde zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn der betroffene Arbeitnehmer Arbeiten verrichtet, bei denen bereits ein leichter oder normaler Sogfaltsverstoß zu einem Schaden führen kann, der oft außer Verhältnis zu den vom Arbeitnehmer bezogenen Arbeitslohn steht. Daher hat die Rspr. das Institut der gefahrgeneigten Arbeit entwickelt. Grob umrissen haben sich folgende Grundsätze entwickelt: - - leichte Fahrlässigkeit: keine Haftung des Arbeitnehmers mittlere Fahrlässigkeit Schadensaufteilung zwischen den Vertragspartnern unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz volle Haftung des Arbeitnehmers Seit 1987 geht das BAG nunmehr davon aus, dass ein Arbeitnehmer bei gefahrgeneigter Arbeit nicht grob fahrlässig Fehlen einer individual- oder kollektivrechtlichen Vereinbarung Haftungserleichterungen grundsätzlich zwischen Arbeitgeber quotenmässig zu verteilen ist. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 Schaden, den ein verursacht hat, bei über weitergehende und Arbeitnehmer 8 2. Darlegungs- und Beweislast Es gelten folgende Grundsätze: Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für den Eintritt des Schadens, der Höhe desselben und des Verschuldens des Arbeitnehmers. Im Falle aus dem Dienstwagen Zubehör entwendet wurde, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer das Fahrzeug unverschlossen zurückgelassen hat. 3. Mankohaftung Es handelt sich hierbei um die Haftung für Schäden, welche der Arbeitgeber dadurch erleidet, dass ein dem Arbeitnehmer anvertrauter Warenbestand oder eine von ihm zu führende Kasse eine Fehlmenge oder Fehlbetrag aufweist. Hier können die Vertragsparteien eine sog. Mankoabrede treffen, deren Inhalt dahingehend auszulegen ist, ob der Arbeitnehmer nur für verschuldetes Manko eintreten oder ob er -was bei fehlender Zahlung eines sog. Mankogeldes nicht zu vermuten ist- ohne Rücksicht auf Verschulden haften soll. Der Arbeitgeber hat jedenfalls die Abrede, den Schaden und die haftungsbegründende Kausalität darzulegen und zu beweisen. Grds. zulässig sind insoweit vertragliche Vereinbarungen, nach denen sich das Verkaufspersonal beim Eintritt von Fehlbeständen gem. § 282 BGB zu entlasten hat. 4. Schäden anderer Arbeitnehmer oder Dritter Verursacht ein Arbeitnehmer bei betrieblicher Tätigkeit einem anderen Kollegen einen Schaden, so können diese Schäden u.U. sowohl gegen den Arbeitgeber, als auch gegenüber dem Kollegen geltend gemacht werden. Aber: Es besteht grds. keine Haftung für Personenschäden von Arbeitskollegen, die auf einen von einem anderen Kollegen verursachten Betriebsunfall zurückzuführen sind. Anderes gilt nur, wenn der Schaden vorsätzlich, oder im Straßenverkehr verursacht wurde. 5. Freistellungsanspruch anderer Arbeitnehmer Handelt es sich um gefahrgeneigte Arbeit, so hat der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber einen sog. Freistellungsanspruch, soweit ihn nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleiches eine Haftung trifft. Der Arbeitnehmer kann deshalb von seinem Arbeitgeber in dem Umfang Freistellung verlangen, in dem eine Ersatzpflicht gegenüber dem Arbeitnehmer nicht bestünde, wenn dieser den Schaden bei der Verrichtung schadensgeneigter Arbeit durch den Arbeitnehmer erlitten hätte. C. Beendigung des Arbeitsverhältnisses I. Die ordentliche Kündigung 1. Die Kündigungerklärung a. Inhalt und förmliche Voraussetzungen Es handelt sich hierbei um eine einseitige, empfangsbedürftige und rechtsgestaltende Willenserklärung. Sie hat schriftlich zu erfolgen. Der Kündigende muß den Beendigungswillen zum Ausdruck bringen. Ein Beendigungsdatum muß nicht aufgenommen werden, es genügt der Hinweis, dass die Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt gelten soll. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 9 Nicht erforderlich –teils auch schädlich- ist die Angabe von Kündigungsgründen. Muster: Sehr geehrter Mitarbeiter, hiermit kündigen wir den zwischen uns am ____ geschlossenen Arbeitsvertrag unter Einhaltung der vertraglichen/tarifvertraglichen/gesetzlichen Frist zum ____. Rein vorsorglich kündigen wir zum nächstmöglichen Termin. Der Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigung angehört worden. Er hat der Kündigung zustimmt/widersprochen/sich nicht geäußert. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist stehen Ihnen für das Urlaubsjahr ____ noch ____ Urlaubstage, für das Urlaubsjahr ____ noch ____ Urlaubstage zu. Diesen Urlaub erteilen wir Ihnen für die Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie müssen daher am ____ zum letzten Mal zur Arbeit erscheinen. Ihre Arbeitspapiere werden Ihnen am letzten Arbeitstag ausgehändigt. Sollten Sie vorab für evtl. Bewerbungen ein Zwischenzeugnis oder sonstige Unterlagen benötigen, geben Sie bitte kurz in der Personalabteilung Bescheid. Zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich nach Erhalt dieser Kündigung persönlich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden. Sofern dieses Arbeitsverhältnis länger als drei Monate besteht, ist eine Meldung drei Monate vor der Beendigung ausreichend. Weiter sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen. Wir haben Verständnis dafür, dass unsere Entscheidung Sie hart trifft. Aber aus den Ihnen mündlich erläuterten Gründen blieb uns keine andere Wahl. Mit freundlichen Grüßen ____ Unterschrift des Arbeitgebers Das Original habe ich am ____ erhalten. ____ Ort, Datum ____ Mitarbeiter b. Zugang der Kündigung Die Kündigung muß zugegangen ein. Der Arbeitgeber trägt die Beweislast dafür, dass diese zugegangen ist. Ein an die Heimatanschrift gerichtetes Kündigungsschreiben gilt grds. auch dann als zugegangen, wenn der Arbeitnehmer in Urlaub ist und dieses dem Arbeitgeber bekannt ist. Der Arbeitnehmer hat jedoch ggf. einen Wiedereinsetzungsgrund. Die beste Form der Übergabe der Kündigung ist die persönliche Übergabe gegen Empfangsbestätigung. Sodann folgt das Einwurfeinschreiben. Von einem Einschreiben gegen Rückschein ist abzusehen. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 10 c. Ordnungsgemäße Bevollmächtigung Eine Kündigung, die ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt ist unwirksam, sofern sich der Bevollmächtigte nicht durch Vollmachtsurkunde im Original ausweist und der Gekündigte diese unverzüglich zurückweist. Dies gilt dann nicht, wenn der Bevollmächtigte mit Wissen des Gekündigten an eine Stelle berufen wird, an welcher er das Kündigungsrecht hat (z.B. Personalabteilung). Dies gilt aber nicht, wenn die Kündigung nur durch einen Sachbearbeiter der Personalabteilung ausgesprochen wird. d. Rücknahme der Kündigung Da mit dem Zugang der Kündigung ihre Gestaltungswirkung unmittelbar herbeigeführt wird, kann der Kündigende die einmal ausgesprochene Kündigung nicht mehr einseitig zurücknehmen. Hierin ist jedoch ein Angebot auf ein neues Arbeitsverhältnis zu sehen oder die Fortführung des alten Arbeitsverhältnisses. 2. Kündigungsfristen,- termine a. Grundsätze aa. Kündigungsfristen ergeben sich rglm. aus Gesetz (§ 622 BGB), Vertrag oder Tarifverträgen. bb. Berechnung der Kündigungsfrist: Nach § 187 I BGB wird der Tag, an dem die Kündigung zugeht, nicht mitgerechnet; der Fristablauf beginnt erst am folgenden Tage. Unerheblich ist dabei, ob der letzte Tag, an dem noch gekündigt werden kann, auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. Ohne Bedeutung für die Fristberechnung ist auch, dass der Tag, an dem das Arbeitsverhältnis durch Kündigung enden soll, ein Samstag, Sonntag oder Feiertag ist. Ebenso unerheblich ist, ob der zu kündigende Arbeitnehmer krank ist. Kündigungen: Kündigung zum in Monaten bis 30 Tagen in Monaten bis 31 Tagen Monatsende 15. des Monats Kündigungszugang bis Kündigungszugang bis 17. des Vormonats 2. des Monats 18. des Vormonats 3. des Monats b. abweichende Regelungen Diese können sich ergeben aus Tarifverträgen (z.B. für das Friseurhandwerk, Transportund Verkehrsgewerbe) oder können im Rahmen eines Probearbeitsverhältnisses vereinbart werden. Auch für Aushilfsarbeitskräfte kann eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden (§ 622 V 1 u. 2 BGB). 3. Beschränkungen des Rechts zur Erklärung einer Kündigung NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 11 II. Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung 1. Eine solche kann nur begründet werden, wenn ein sog. wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers in einem Maße vorliegt, dass es dem Arbeitgeber schlicht unzumutbar ist, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. 2. a. b. c. Sonstige Unwirksamkeitsgründe Beteiligung des Betriebsrates Kündigungsschutzgesetz Mutterschutzgesetz Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamtes Schwerbehinderung Zustimmung des Integrationsamtes Umdeutung einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung Regelmäßig ist eine fristlose in eine fristgerechte Kündigung umzudeuten, sofern der Kündigende hinreichend deutlich macht, dass er auf jeden Fall die Beendigung des Arbeitsverhältnisses will und dies auch für den Gekündigten klar ersichtlich ist. Um Schwierigkeiten zu vermeiden, sollte jedoch auch im Falle einer fristlosen Kündigung hilfsweise fristgerecht gekündigt werden. Sollte eine hilfsweise fristgerechte Kündigung nicht ausgesprochen worden sein, könnte im Falle die fristlose Kündigung keinen Bestand hat, das Arbeitsverhältnis weiter fortbestehen. d. e. III. Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber eine Kündigung gegenüber seinem Arbeitnehmer aussprechen, deren Rechtfertigung nicht von einem Gericht überprüft werden kann, soweit die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen eingehalten werden es sich um einen sog. Kleinbetrieb handelt die Kündigung nicht sittenwidrig oder treuwidrig ist. Beim sog. Kleinbetrieb findet zum großen Teil das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) keine Anwendung, z.B. bei Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Gem. § 23 KSchG ist ein Kleinbetrieb ein solcher, in welchem nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Die Zahl der Arbeitnehmer wird jedoch nicht nach Köpfen bemessen, sondern nach dem Umfang der geleisteten Arbeit. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit nicht mehr als 20 Stunden/Woche (also auch 400,- €-Kräfte) werden mit dem Faktor 0,5 berechnet, Arbeitnehmer mit nicht mehr als 30 Stunden/Woche mit 0,75. Beschäftigt ein Arbeitnehmer somit 15 400,- €-Kräfte, so ist er ein Kleinbetrieb, da er insgesamt nach dem KSchG 7,5 Arbeitnehmer beschäftigt. Über die konkrete Zahl der Beschäftigten wird im Einzelfall somit heftig gestreiten, wobei auch mitbeschäftigte Ehepartner und Reinigungskräfte addiert werden müssen. Werden in einem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, gilt das Kündigungsschutzgesetz aber auch erst dann, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung schon länger als 6 Monate dort beschäftigt ist. Eine Besonderheit ist zu beachten: Das o.g. Gesetz ist mit Datum vom 31.12.03 in Kraft getreten. Zuvor galt die Regelung, dass das KSchG bereits bei mehr als 5 Arbeitnehmern Anwendung findet. Wegen der Gesetzesänderung wurde für "Altarbeitnehmer" eine Übergangsregelung gefunden. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 12 Im Falle auch heute noch mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt sind, die auch schon vor dem 31.12.03 beschäftigt waren, so haben diese ebenfalls noch die Schutzrechte des KSchG-es. Dies sollte in jedem Falle vom Anwalt überprüft werden. IV. Kündigungsgründe 1. ordentliche betriebsbedingte Kündigung a. Begriff des „betrieblichen Erfordernisses“ Eine ordentliche Kündigung kann dann sozial gerechtfertigt sein, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist (§ 1 II S.1 KSchG) b. Wegfall des Arbeitsplatzes Eine betriebsbedingte Kündigung liegt nur dann vor, wenn der Arb.geb. dem Arbeitnehmer den von ihm vertraglich geschuldeten Arbeitsplatz nicht mehr zur Verfügung stellen kann. Zu prüfen ist daher, ob der Arbeitsplatz des gekündigten AN weggefallen ist. Bei der Prüfung dieser Frage kommt es auf die jeweilige betriebliche Zielsetzung an, also auf die Verhältnisse des Betriebes, in dem der AN beschäftigt war. Hingegen kommt es nicht auf die Verhältnisse des Unternehmens an, in das der Betrieb eingebunden ist. Die Ursachen dafür, dass der Betrieb die Arbeitskraft des AN nicht mehr sachgerecht verwerten kann, können auf den verschiedensten Gründen beruhen. Diese können entweder im außerbetrieblichen oder im innerbetrieblichen Bereich liegen, wobei sich nicht in jedem Fall eine genaue Unterscheidung ermöglichen läßt. c. Die Ursachen für den Wegfall des Arbeitsplatzes Ursachen sind hier im außer- oder innerbetrieblichen Bereich zu suchen. Die außerbetrieblichen Ursachen werden dabei wesentlich durch das Marktgeschehen – z.B. sinkende Nachfrage-, die innerbetrieblichen Ursachen durch betriebs-, bzw. unternehmensinterne Entscheidungsprozesse bestimmt. außerbetriebliche Ursachen können niemals unmittelbar den Wegfall eines Arbeitsplatzes bewirken. Sie können lediglich ein bestimmendes Motiv für die Betriebs- oder Unternehmensführung sein, um innerbetriebliche Maßnahmen zu dem Zweck zu ergreifen, akuten oder drohenden Nachteilen zu begegnen oder vorzubeugen. Der Wegfall des Arbeitsplatzes ist nur als Auswirkung dieser innerbetrieblichen Maßnahme denkbar. Außerbetriebliche Ursachen können eine betriebsbedingte Kündigung nur dann bedingen, wenn drei Stufen festgestellt werden können: 1. Stufe: die außerbetriebliche Ursache 2. Stufe: die innerbetriebliche Ursache als Reaktion des Betriebes auf die Ursache der 1. Stufe 3. Stufe: der Wegfall des Arbeitsplatzes infolge der innerbetrieblichen Maßnahme nach Stufe 2. d. Die außerbetrieblichen Ursachen: aa. Absatzschwierigkeiten, -rückgang Unter Absatz versteht man die Menge der innerhalb eines bestimmten Zeitraumes veräußerten Produkte des Betriebes. Die Höhe des Absatzes wird bestimmt durch die Größe der Nachfrage am Markt. Bei sinkendem Absatz kann der Unternehmer wie folgt reagieren: Produkte auf Lager nehmen und auf bessere Zeiten hoffen seine Produktionszahlen drosseln. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 13 bb. cc. dd. ee. Im ersten Fall besteht kein akuter Anlaß für Personalreduzierungen, im zweiten Fall kann dies Freistellung von Arbeitskräften und damit der Wegfall der Arbeitsplätze bedingt sein. Auftragsmangel: Dieser liegt dann vor, wenn die für den jeweiligen Betrieb vorhandenen Aufträge auch bei sinnvoller innerbetrieblicher Disposition nicht ausreichen, um die vorhandene sächliche und personelle Kapazität des Betriebes auszulasten. Um einen Auftragsmangel feststellen zu können, muß man also einen Größenvergleich zwischen der gegebenen Produktionskapazität des Betriebes und dem Volumen des Auftragsbestandes vornehmen. Bei so festgestellten Auftragsmangel kann der Arb.geb. durch Kurzarbeit oder Entlassungen begegnen Lohneinsparungen Rentabilität Umsatzrückgang Die Frage nach der kündigungsrechtlichen Relevanz eines Umsatzrückganges im Betrieb besitzt erhebliche praktische Bedeutung. Die meistens betriebsbedingten Kündigungen werden auf die Ursache „Umsatzrückgang“ gestützt. Tatsächlich kann eine nicht nur kurzfristige und unerhebliche Verminderung des Umsatzes die Ursache einer betriebsbedingten Kündigung sein. Wird nämlich ein Betrieb über längere Zeit mit einem Personalaufwand gefahren, der außer Verhältnis zu dem erzielten Umsatz steht, droht der betrieb unrentabel zu werden, sodass gegebenenfalls der Verlust sämtlicher Arbeitsplätze droht. Das Recht räumt dem Arbeitgeber grds. die Möglichkeit ein, den Personalbestand dem Umsatz anzupassen (BAG AP Nr.6 zu § 1 KSchG 1969 „Betriebsbedingte Kündigung, BB 1978 S. 1215 f) e. Die innerbetrieblichen Ursachen aa. Änderung und Einführung neuer Arbeitsmethoden Dies kann bedeuten eine Arbeitsstreckung, Änderung der Produktionsmethoden, Rationalisierungsmaßnahmen und Stillegung von Betriebsteilen. Diese Faktoren können entweder für sich alleine oder in beliebiger Kombination vorliegen. Ob sie jedoch eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, ist jeweils anhand der konkreten betrieblichen Gegebenheiten zu überprüfen. bb. Betriebseinschränkung Eine solche liegt vor, wenn der betrieb zwar noch in seiner Gesamtheit arbeitet, jedoch mit verminderter Leistung. Es kann z.B. ein Dreischichtbetrieb auf einen Zweischichtbetreib umgestellt werden, es können auch einzelne Maschinen stillgelegt werden. Eine Betriebseinschränkung kann leicht feststellbar zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen, wenn eine ganze Schicht entfällt, oder einzelne Maschinen stillgelegt werden. Hier sind bestimmte Arbeitsplätze weggefallen, die Voraussetzung dafür sind, dass die dort beschäftigten AN ihre geschuldete Arbeitsleistung einbringen können. Wesentlich schwieriger ist es, wenn der gesamte Betrieb seine Leistung vermindert. Dann ist der Wegfall einzelner Arbeitskräfte nicht augenfällig, sondern kann nur in einer Gesamtschau aller betrieblichen Umstände im Vergleich der Situation vor mit derjenigen nach der Betriebseinschränkung festgestellt werden. In solchen Fällen muß ggf. der Nachweis erbracht werden, dass die betrieblichen Ziele nach der Betriebseinschränkung von der Belegschaft auch ohne die von einer Kündigung betroffenen AN erbracht werden können. Der NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 14 Wegfall eines oder mehrerer Arbeitsplätze muß sich also aus der Sicht der betrieblichen Produktionsziele zwingend ergeben. Liegen diese Voraussetzungen vor und lassen sie sich ggü dem Arbeitsgericht objektivieren, kann eine Betriebseinschränkung Kündigungen betrieblich bedingen. cc. dd. ee. ff. gg. Betriebsstilllegung Wird der Betrieb stillgelegt, kann hierin ein betriebliches Erfordernis darstellen, welches eine Kündigung bedingt. Unter Betriebsstilllegung ist die Aufgabe des Betriebszwecks und die Auflösung der zwischen ArbG und AN bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu sehen. Der ArbG muß die ernstliche Absicht haben seine wirtschaftliche Tätigkeit auf eine nicht unerhebliche Zeitspanne einzustellen. Keine Betriebsstillegung ist: bloße Änderung des Betriebszwecks unter Beibehaltung der betrieblichen Organisation bloße Veräußerung des Betriebes, da der Erwerber nach § 613 a BGB in alle Rechte und Pflichten eintritt. Eine differenzierte Betrachtungsweise ist allerdings erforderlich, wenn die Betriebsstillegung nicht in einem Zuge, sondern abschnittsweise erfolgt. Dieser Fall ist so zu behandeln, als fände jeweils die Stilllegung nur eines Betriebsteiles statt. Es stellt sich also die Frage, ob die Weiterbeschäftigung des von der Stillegung betroffenen AN auf einem anderen Arbeitsplatz möglich ist. Gibt es einen anderen freien Arbeitsplatz nicht, stellt sich die Frage, ob anstelle des betroffenen AN ein anderer, von der Teil-Stilllegung nicht betroffener AN nach den Grds. der sozialen Auswahl zu entlassen ist. Dies gilt selbst dann, wenn der ArbG zwar allen AN zu einem gemeinsamen Zeitpunkt gekündigt hat, einige AN aber über den Kündigungszeitpunkt hinaus weiter beschäftigt. Auch in diesem Fall fehlt das dringende betriebliche Erfordernis zur Kündigung der betroffenen AN, wenn nach allg. Grds. die Möglichkeit zu einer weiteren Beschäftigung besteht, und sei es auch nur für eine begrenzte Zeit, etwa für die Dauer von Abwicklungsarbeiten. Einführung neuer oder Änderung gegebener Produktionsmethoden Rationalisierungsmethoden Stellenstreichung Stilllegung von Betriebsabteilungen 2. Dringende betriebliche Erfordernisse a. Der Begriff der Dringlichkeit Sind im Einzelfall betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen gegeben, muß als weitere Voraussetzung einer sozial gerechtfertigten Kündigung hinzukommen, dass diese betrieblichen Erfordernisse dringend sind (72) Nicht jedes betriebliche Erfordernis ist dringend i.S.d. KSchG. Nur ein dringendes Erfordernis kann eine Kündigung sozial rechtfertigen. Ein betriebliches Erfordernis ist dann dringend, wenn es dem Arb.geb. nicht möglich ist diesen Erfordernissen auf andere Weise, durch andere Maßnahmen auf technischem, wirtschaftlichem, organisatorischem oder personellem Gebiet zu begegnen. Die Kündigung muß also in Anbetracht der betrieblichen Situation unvermeidbar sein (ultima ratio-Prinzip). Der Betrieb muß sich in einer Zwangslage befinden, die nur durch eine Kündigung, nicht durch andere Maßnahmen beseitigt werden kann (73). Ferner ist bei der Feststellung der Dringlichkeit eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen dem Interesse des Arb.geb. an der Kündigung einerseits und des AN an der Weiterbeschäftigung andererseits. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 15 Eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist dann sozial nicht gerechtfertigt, wenn die zu erwartenden Vorteile des Arb.geb. zu den Nachteilen, die sich für den AN hieraus ergeben, in keinem vernünftigen Verhältnis stehen (74). Allerdings kann die Interessenabwägung nur ganz ausnahmsweise dazu führen, dass der betroffene AN weiterzubeschäftigen ist. Dann muß der betroffene AN aufgrund schwerwiegender persönlicher Umstände besonders schutzwürdig sein (= echter sozialer Ausnahmefall). b. Die Beseitigung der Dringlichkeit durch geeignete Gegenmaßnahmen 3. Prüfliste betriebsbedingte Kündigung a. Unternehmerentscheidung (1) Konzept der Angleichung des Personalbestandes an den Arbeitsbedarf (2) Etwaige Mißbrauchskontrolle b. Inner- außerbetriebliche Gründe (1) Innerbetriebliche Gründe sind gegeben, wenn der Arb.geb die Ertragslage zum Anlaß nimmt, zur Kostenersparnis oder zur Verbesserung des Betriebsergebnisses durch technische oder organisatorische Maßnahmen die Zahl der Arbeitsplätze zu verringern. Hier muß der Arb.geb. darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sie sich auf den Arbeitsplatz des gekündigten AN auswirken (BAG 24.10.79 NJW 1981, 301). Ist ein Verlust im Geschäftsjahr nur der Anlaß für eine Umorganisation, so muß der Arb.geb. nicht zur Begründung der innerbetrieblichen Erfordernisse die Entwicklung der Geschäftsergebnisse und den Anteil der Personalausgaben mit weiteren Angaben und Zahlen belegen. (2) Außerbetriebliche Gründe sind z.B.: Auftragsmangel und Umsatzrückgang. Eine auf diesen Gründen basierende Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Arb.geb. Umsatzzahlen oder die Entwicklung der Auftragslage sowie deren unmittelbare Auswirkung auf den Arbeitsplatz im einzelnen darlegt (BAG 24.10.79 NJW 1981, 301). (3) Darlegungs-und Beweislast c. Wegfall des Arbeitsplatzes (1) Arbeitsmenge und Vertragsfaktoren (2) Arbeitsmenge und Betriebsfaktoren d. Dringendes betriebliches Erfordernis (1) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (2) Ausschlußtatbestände Versetzungsmöglichkeit Umschulungsmöglichkeit Vorrang der Änderungskündigung Versetzung in Unternehmen oder Konzern Interessenabwägung e. f. Art des betriebsbedingten Grundes und seine jeweiligen Besonderheiten zur Kündigung g. Soziale Auswahl NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 16 (1) (2) (3) h. Horizontale Ebene gleiche Arbeitsplätze subjektive Unterschiede bei Teilidentität der Arbeitsplätze Vertikale Ebene Arbeitnehmer desselben Ranges Erweiterung der Auswahl durch Vertragsangebot des Arbeitnehmers Räumlicher Bereich der sozialen Auswahl Auswahlmerkmale bei der sozialen Auswahl (1) Lebensalter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltsverpflichtungen der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer (2) Sonstige Auswahlmerkmale: Familienstand, Einkünfte, auch von Familienangehörigen, Vermögen, Verschuldung, Gesundheitszustand, Erkrankungen und Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger, Arbeitsmarktchancen (3) Ausgeschlossene Auswahlmerkmale: Flexible Altersgrenze, Altersteilzeitarbeit, Eignungs- und Wehrübungen. 4. ordentliche personenbedingte Kündigung Prüfliste personenbedingte Kündigung a. b. Wiederholungskrankheiten oder langandauernde Erkrankungen Wiederholungskrankheit (1) Aufstellung der Fehlzeiten in den letzten drei Jahren und Art der Erkrankungen. (2) Worauf ist die Erkrankung zurückzuführen, soweit bekannt (chronische Erkrankung, arbeitsbedingte Erkrankung, Betriebsunfall) (3) Entwicklung der Fehlzeiten, steigende, abfallende (4) Zukunftsprognose des Arztes des Mitarbeiters auf Befragen (5) Auswirkung der Erkrankung auf Betrieb Betriebsstörung Vertretungsmöglichkeit Einstellung von Aushilfen (6) Prüfung der Versetzungsmöglichkeit auf einen anderen Arbeitsplatz, Umschulung oder Fortbildung (7) Durchführung von Rehabitilationsmaßnahmen, Kuren etc c. langanhaltende Krankheiten (1) krank seit: ........... (2) Prognose der Krankheit, wie lange ................ (3) Wiederherstellungsaussichten (4) Prognose der Wiederholungserkrankung oder Gesundheitsbeeinträchtigungen (5) Auswirkungen auf den Betrieb (6) Vertretungsmöglichkeit (7) Versetzungsmöglichkeit auch durch Änderungskündigung bleibende 5. ordentliche verhaltensbedingte Kündigung Prüfliste verhaltensbedingter Kündigung Verhaltensbedingte Kündigung (1) Wiederholungsfall desselben Unrechtswertes nach Abmahnung NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 17 (2) (3) (4) (5) (6) (7) V. Zeitlicher Abstand zur vorigen Abmahnung Konnte Mitarbeiter in der vergangenen Zeit Verhalten ändern Versetzungsmöglichkeit und Änderungskündigung Berücksichtigung der Interessen des Mitarbeiters (Betriebszugehörigkeit, soziale Lage) Zwischenzeitliche Belobigung oder sonstige Auszeichnungen Anhörung des Mitarbeiters, insbesondere bei Verdachtskündigung Kündigung mit mehreren Kündigungsgründen (Mischtatbestände) Im Falle eine Kündigung den Kündigungsgrund mitteilt, ist der Arbeitgeber daran gebunden. Es ist daher sinnvoller, den Kündigungsgrund wegzulassen, im Falle die Möglichkeit besteht, dass ein weiterer Kündigungsgrund ebenfalls möglich ist. Ferner ist davon auszugehen, dass im Falle der verhaltensbedingten Kündigung der Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit eine Sperre für den Bezug des Arbeitslosengeldes von 3 Monaten erhält. Im Falle ihm aus betriebsbedingten Gründen gekündigt wird ist dies nicht der Fall. Im Kündigungsschutzprozess wird daher der Arbeitnehmer umso intensiver um die Weiterbeschäftigung kämpfen, als er zu befürchten hat, er bekommt für 3 Monate auch noch eine Sperre. VI. Änderungskündigung Eine Änderungskündigung besteht aus zwei Bestandteilen. Zum einen die Kündigung, welche das bestehende Arbeitsverhältnis beendet, zum anderen jedoch auch aus dem Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Der Arbeitnehmer kann hierauf wie folgt reagieren: Er kann das Änderungsangeot annehmen. Längstens hat er hierfür jedoch nur 3 Wochen Zeit, gerechnet ab dem Zugang der Kündigung. Sollte die Annahmefrist kürzer sein, so ist diese kürzere maßgebend. Nimmt der Arbeitnehmer die Änderungskündigung nicht fristgerecht an, verliert das Angebot seine Wirkung, d.h. gestritten kann dann nur noch über die Beendigungskündigung werden. Falls diese greift, d.h. wirksam ist, ist das Arbeitsverhältnis beendet, ohne dass der Arbeitnehmer noch das Angebot zur Tätigkeit zu geänderten Bedingungen wahrnehmen kann. Hier ist also Vorsicht geboten. Im Falle der Arbeitnehmer jedoch nicht mit der Änderungskündigung einverstanden ist, muß er binnen 3-er Wochen nach Erhalt der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben. Das Gericht prüft sodann, ob die Änderungskündigung aus dringenden betrieblichen Gründen gerechtfertigt ist und dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen zumutbar ist. Kommt jedoch das Gericht zu dem Ergebnis, die Änderungskündigung sei gerechtfertigt, so ist dadurch das Arbeitsverhältnis insgesamt beendet, da das Angebot zu geänderten Bedingungen weiter tätig zu sein vom Arbeitnehmer nicht angenommen wurde. Somit ist auch hier Vorsicht geboten. - Aber: Der Arbeitnehmer kann die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung annehmen und zeitgleich Änderungskündigungsschutzklage binner der 3-Wochen-Frist erheben. Dann arbeitet der Arbeitnehmer zunächst zu geänderten Bedingungen weiter, das Arbeitsgericht überprüft jedoch, inwieweit die Änderungskündigung sozialwidrig ist. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 18 Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, die Änderungskündigung sei gerechtfertigt, so hat der Arbeitnehmer zumindest noch seinen Arbeitsplatz, wenn auch zu geänderten Bedingungen. Es ist aber zu beachten, dass auch der Vorbehalt schriftlich binnen der o.g. 3Wochen-Frist dem Arbeitgeber zugehen muß ! Die Beweislast hierfür trägt der Arbeitnehmer. Der Vorbehalt sollte wie folgt erklärt werden: „Ihre Änderungskündigung nehme ich unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Zur Überprüfung der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung habe ich eine Klage beim Arbeitsgericht eingereicht. Mit freundlichen Grüßen ...“ Ist der Arbeitnehmer mit seiner Klage erfolgreich, so muß der Arbeitgeber ihn zum einen wieder zu alten Bedingungen weiter beschäftigen, zum anderen jedoch auch z.B. Lohndifferenzen nachentrichten. VII. Abmahnung 1. Prüfschema (1) Wann ereignete sich der abgemahnte Pflichtverstoß und was lag der Abmahnung zugrunde (2) In welchem Betrieb ereignete sich der Pflichtverstoß (Leistungsbereich, betriebliche Verbundenheit, Unternehmensbereich, Vertrauensbereich) (3) Abmahnungsberechtigung (4) Sachverhalt der neuen Pflichtverletzung und Beweismittel (5) Verhältnismäßigkeit, reicht weitere Abmahnung (Ultimo ratio-Prinzip) 2. Die Abmahnung ist Ausruck der Mißbilligung eines Verhaltens unter Androhung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sofern das Verhalten nicht geändert wird. Mit der Abmahnung soll der Arbeitnehmer an seine vertraglichen Pflichten erinnert (Erinnerungs- oder Warnfunktion) und vor Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis bei weiterem Fehlverhalten gewarnt werden Infolge des Grundsatzes der Verhältnissmäßigkeit ist bei einer ordentlichen verhaltens-bedingten Kündigung vorab abzumahnen. Wie viele Abmahnungen zur Kündigung nötig sind hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und von der Schwere der Pflichtverletzung. Je schwerer die Pflichtverletzung umso weniger häufig muß abgemahnt werden, wobei auch eine Rolle spielt, wie lange die letztmalige Pflichtverletzung zurückliegt. Zu beachten ist jedoch, dass zuviele Abmahnungen eine sodann ausgesprochene Kündigung zunichte machen können, da in einem solchen Falle die Warnfunktion der Abmahnung verpufft. Wie beim Fehlverhalten eines Kindes, welches ohne tatsächliche Konsequenz immer nur ermahnt wird, braucht der Arbeitnehmer bei einer Vielzahl von Abmahnungen nicht mehr mit einer Kündigung zu rechnen. 3. Abmahnungsberechtigt: sind nicht nur kündigungsberechtigten Personen, sondern alle Mitarbeiter, die nach ihrer Aufgabenstellung berechtigt sind, Anweisungen zu erteilen, somit auch die Fachvorgesetzten. 4. Abmahnung des Betriebsratsmitgliedes ist möglich, jedoch nicht wegen der Betriebsratstätigkeiten. berechtigten NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 Wahrnehmung von 19 5. Formalien und Wirksamkeitsvoraussetzungen: Die Abmahnung muß hinreichend bestimmt sein, da sie ansonsten keine Wirkung entfalten kann. Die Pflichtverletzungen/Leistungsmängel müssen konkretisiert sein und die Kündigung im Wiederholungsfall muß angedroht sein. Daneben sollte die Abmahnung dringend schriftlich erfolgen. Sie ist zwar mündlich möglich, jedoch kaum beweisbar. Die Abmahnung muß an den Adressaten zugehen, d.h. es muß der Beweis des Zuganges geführt werden. Dies wird erreicht, indem der Adressat dem Empfang quittiert oder die Abmahnung in Gegenwart von Zeugen übergeben wird. Einschreiben mit Rückschein sind kritisch, da im Falle der Adressat nicht zu Hause ist, die Abmahnung postlagernd abzuverlangen ist, ansonsten wird sie nach Wochen (ohne Zugang) an den Versender zurückgeschickt. Bei mehreren Vorwürfen ist die Abmahnung nur wirksam, wenn alle Vorwürfe richtig sind. Trifft einer nicht zu, so muß die Abmahnung aus der Personalakte entfernt werden. Der Arbeitgeber kann jedoch wegen des wirksamen Restes eine neue Abmahnung aussprechen. Ein Austausch der Abmahngründe oder deren Nachschieben im Prozess ist nicht statthaft. Stellt sich im Prozess heraus, dass die Abmahngründe nicht zutreffen, kann der Arbeitgeber nicht andere Gründe nachschieben. Es bleibt ihm nur noch, aus diesen Gründen heraus eine neue Abmahnung zu erteilen. Die Auswirkungen einer Abmahnung sind zeitlich begrenzt. Es steht dem Arbeitgeber frei, ob und wann er abmahnt. Zu beachten ist jedoch, dass je länger der Arbeitgeber wartet um abzumahnen, die Wirkung der Abmahnung immer schwächer wird. Die Abmahnung unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates. 6. Allgemeines: Beim Ausspruch einer fristlosen Kündigung ist eine Abmahnung grds. nicht erforderlich. Im Rahmen der ordentlichen (fristgerechten) verhaltensbedingten Kündigung ist zu beachten, dass im Kündigungszeitpunkt davon ausgegangen werden können muß, dass der Arbeitnehmer sein negatives Verhalten auch in Zukunft nicht ändert Im Falle zuvor bereits eine entspr. Abmahnung erteilt wurde, ist davon auszugehen, dass sein Verhalten auch zukünftig negativ ist. Im Falle deutlich und klar ist, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig sein Fehlverhalten nicht ändert kann eine vorige Abmahnung jedoch auch entbehrlich sein. Hier ist auch die Schwere und Intensität, wie auch Außenwirkung des Fehlverhaltens relevant, z.B. Straftaten, sexuelle Zudringlichkeiten, etc. Im Falle der Arbeitgeber abmahnt, kann er aus dem abgemahnten Grund heraus nicht mehr kündigen. 7. Einsichtsrecht in Personalakte: Alle Arbeitnehmer haben Einsichtsrecht in ihre Personalakte. Sie dürfen sich hierzu auch durch einen Bevollmächtigten (z.B. Betriebsrat) vertreten lassen. 8. Rechtliche Möglichkeiten gegen die Abmahnung: Gegendarstellung in die Personalakte fertigen Anspruch auf Vervollständigung der Personalakte durch Gegendarstellung kann gerichtlich durchgesetzt werden. Klage vor dem Arbeitsgericht Es kann Klage auf Rücknahme und Beseitigung der Abmahnung vor dem Arbeitsgericht erhoben werden. Dies sollte jedoch mit Vorsicht überlegt werden, da durch die Klage das Arbeitsverhältnis nicht gering belastet wird. Gar nichts tun Kann Sinn machen vor dem Hintergrund, dass im Falle eine verhaltensbedingte Kündigung anzugreifen ist, zu diesem Zeitpunkt die NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 20 Abmahnung, welche ja Grundlage der Kündigung darstellt, angegriffen werden kann. Bei entspr. Zeitablauf können dem Arbeitgeber sodann die Beweismittel fehlen oder verlustig gegangen sein. Der Arbeitgeber hat die Beweislast für die Behauptung, dass ein Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers vorliege. 9. Ausschlußfristen: Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes unterliegt der Beseitigungsanspruch keiner tariflichen Verfallfrist. 10.Beispiel für die Abmahnung: a.Rahmentext eines Abmahnungsschreibens: Sehr geehrte(r) Frau/Herr ____, zu unserem Bedauern müssen wir feststellen, dass Ihnen Folgendes vorzuwerfen ist: ____. Zeugen dieses Vorfalls waren ____. Ihr Verhalten stellt eine Pflichtwidrigkeit dar, denn ____. Wir bitten Sie ganz eindringlich, in Zukunft Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen. Im Wiederholungsfall sind wir leider gezwungen, das Arbeitsverhältnis mit Ihnen zu beenden. Wir bedauern diesen Schritt, sehen jedoch aufgrund Ihres unverständlichen, nicht mehr zu akzeptierenden Verhaltens keinen anderen Weg. Eine Ausfertigung dieser Abmahnung werden wir zu Ihren Personalunterlagen nehmen. Eine weitere Ausfertigung wird dem Betriebsrat zur Kenntnisnahme zugeleitet. Mit freundlichen Grüßen Erklärung des Mitarbeiters Die Abmahnung ist mir am ____ ausgehändigt worden. Ich habe den Inhalt zur Kenntnis genommen und erkenne die gegen mich erhobenen Vorwürfe in tatsächlicher Hinsicht als zutreffend an. ____ Datum, Unterschrift des Empfängers b.Abmahnung wegen Verstoß gegen Alkoholverbot Abmahnung Sehr geehrte(r) Frau/Herr ____, am ____ wurden Sie, offensichtlich alkoholisiert, an Ihrem Arbeitsplatz angetroffen. Deutliche Indizien Ihrer Alkoholisierung waren ____. Wie Ihnen bekannt ist, besteht in unserem Betrieb ein allgemeines Verbot von Alkoholgenuss während der Arbeitszeit. Zu unserer Überzeugung steht fest, dass Sie gegen das Alkoholverbot verstoßen haben. Zeuge sind: ____. Wir mahnen Sie wegen des festgestellten Pflichtverstoßes hiermit förmlich ab. Wir weisen darauf hin, dass Sie im Wiederholungsfalle mit weitergehenden NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 21 arbeitsrechtlichen Schritten rechnen müssen, die bis hin zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses reichen können. Diese Abmahnung nehmen wir zu Ihrer Personalakte. Mit freundlichen Grüßen c.Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens Abmahnung Sehr geehrte(r) Frau/Herr ____, am ____ von ____ Uhr bis einschließlich ____ Uhr sind Sie nicht zur Arbeit erschienen. Gründe für Ihr Fernbleiben haben Sie uns trotz entsprechender Nachfrage bis heute nicht mitgeteilt. Damit sind Sie unentschuldigt von der Arbeit ferngeblieben. Dieses Verhalten stellt einen Verstoß gegen Ihre Arbeitsleistungspflicht dar. Wegen des festgestellten Pflichtverstoßes mahnen wir Sie hiermit ab. Wir weisen darauf hin, dass Sie im Wiederholungsfalle mit weitergehenden arbeitsrechtlichen Schritten rechnen müssen, die bis hin zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses reichen können. Wir werden diese Abmahnung zu Ihrer Personalakte nehmen. Mit freundlichen Grüßen VIII. Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht Üblicherweise entscheidet das Arbeitsgericht nur über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, d.h., inwieweit die Kündigung sozial gerechtfertigt ist oder nicht. Ist die Kündigung rechtmäßig, so wird entschieden, dass das Arbeitsverhältnis mit ordentlicher Beendigung geendet hat. Ist die Kündigung nicht rechtmäßig, so wird der Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung verpflichtet und ggf. zur Nachentrichtung des Verzugslohnes. Ist jedoch die Kündigung nicht rechtmäßig, demgegenüber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar, kann das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitnehmers eine Abfindung, welche im Ermessen des Gerichtes steht aussprechen. IX. 1. Auflösung des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitsgericht durch Abwicklungsvergleich Aufhebungsvertrag Allgemein wird die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Vertrag zwischen den Parteien als Aufhebungsvertrag bezeichnet. Dies ist jedoch nicht richtig: Als Aufhebungsvertrag sind nur diejenigen Vereinbarungen zwischen den Parteien zu bezeichnen, welche das Arbeitsverhältnis vertraglich vor dem ordentlichen Beendigungszeitpunkt beenden. In diesem Falle ist zwingend von der Verhängung einer Sperre für den Bezug von Arbeitslosengeld von der Agentur für Arbeit und im Falle der Zahlung einer Abfindung von dem Ausspruch des Ruhen des Bezuges von Arbeitslosengeld zu rechnen. 2. Abwicklungsvertrag NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 22 Dies stellt einen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb dessen die Modalitäten der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden. Voraussetzung ist rglm. immer –und dies im Gegensatz zum Aufhebungsvertrag-, dass das Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher fristgerechter Kündigung beendet wird und der Abwicklungsvertrag quasi lediglich die Folgen der Beendigung regelt. Bislang war davon auszugehen, dass dieser Vertrag auch außergerichtlich, ggf. unter Zuhilfenahme von Rechtsanwälten abgeschlossen werden kann. Nun hat das Bundessozialgericht in einer Entscheidung Dezember 03 in einem Urteil deutlich gemacht, dass auch im Falle des Abschlußes eines außergerichtlichen Abwicklungsvertrages seitens der Agentur für Arbeit (Arbeitsamt) eine Sperre von 3 Monaten bezüglich des Bezuges von Arbeitslosengeld und weitere sozialversicherungsrechtliche Nachteile folgen können. Es kann daher grds. nur angeraten werden, solche Abwicklungsmodalitäten vor dem Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage in Form eines Vergleiches zu vereinbaren. Die Modalitäten dürfen jedoch zuvor noch nicht vereinbart worden sein. Zur Vermeidung von zukünftigem Streit sollte zu den Abwicklungsmodalitäten auch die Fixierung der Ausgestaltung eines Zeugnisses gehören. An dieser Stelle kann meist im Rahmen einer Gesamtabwicklung eine Benotung vereinbart werden, welche isoliert zu einem späteren Zeitpunkt zu großen Streitigkeiten führen kann. 3. Abfindung Es besteht grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Ausnahmen ergeben sich aus § 1 a KSchG. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Arbeitgeber bei betriebsbedingter Kündigung im Kündigungsschreiben ein Abfindungsangebot macht und er Arbeitnehmer die 3-Wochen-Klage-Frist des § 4 KSchG verstreichen lässt. Die Abfindung beträgt sodann 0,5 durchschnittl. Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr. - - § 9 KSchG Im Falle das Gericht feststellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung aufgelöst ist, jedoch dem Arbeitnehmer infolge Verschulden des Arbeitgebers unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, kann das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis auflösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen. Die Unzumutbarkeit ist jedoch von der jeweiligen Partei zu beweisen und die Hürde ist hoch. Ein Anspruch auf Abfindung ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag (sehr selten), aus einem Tarifvertrag (z.B. Rationalisierungstarifvertrag) oder einem Sozialplan (Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat). Eine weitere Ausnahme liegt vor, wenn zeitnah viele Arbeitnehmer entlassen wurden und darum der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat einen sogenannten Interessenausgleich hätte versuchen müssen, es aber nicht getan hat, oder aber von einem vereinbarten Interessenausgleich abwich, als er kündigte. D. Sozialversicherungsrechtliche Folgen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses I. Anspruch auf Arbeitslosengeld 1. Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 23 - 2. Anspruchsdauer - II. Arbeitslosigkeit Beschäftigungslosigkeit Eigenbemühungen Verfügbarkeit Arbeitslosmeldung Erfüllung der Anwartschaft Grundsatz Minderung der Anspruchsdauer wegen verspäteter Meldung, Anrechnung von Nebeneinkommen Höhe des Arbeitslosengeld (60 – 67 % des Netto) Ruhenstatbestände bei Entlassungsentschädigung, Urlaubsabgeltung, wegen Arbeitsaufgabe Urteil des BSG Dez. 04 E. Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist mit Datum vom 18.08.06 in Kraft getreten. Ziel der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG war u.a, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen ethnischer Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG). I. Das vor allem arbeitsrechtlich relevante AGG ist in sieben Abschnitte unterteilt. 1. Abschnitt 1 regelt in den §§ 1 – 5 AGG den allgemeinen Teil des Gesetzes. Hervorzuheben ist: § 2 AGG § 3 AGG über den sachlichen Anwendungsbereich der Begriffsbestimmungen enthält, u.a.. dahingehend, wann eine unmittelbare und eine mittelbare Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale vorliegt. 2. Abschnitt 2 enthält in den §§ 6 bis 18 AGG Bestimmungen zum Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligungen. Der in § 6 Abs. 1 AGG definierte Begriff des Beschäftigten geht über den arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers hinaus. Besonders wichtig ist, dass nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist, gelten. Das erlangt besondere Bedeutung, wenn eine Arbeitsplatzausschreibung unzulässig unter Anknüpfung an eines der in § 1 AGG genannten Merkmale erfolgt, etwa durch Aufstellung einer sachlich nicht begründeten Höchstaltersgrenze für die Einstellung (siehe § 11 AGG). § 7 AGG normiert das Verbot der Benachteiligung von Beschäftigten wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale. Folgend regelt das Gesetz Gründe, die eine Benachteiligung rechtfertigen können. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 24 Nach § 8 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. § 9 AGG erlaubt Religionsgemeinschaften unter den dort genannten Voraussetzungen eine unterschiedliche Behandlung von Beschäftigten wegen der Religion oder Weltanschauung. § 10 AGG enthält einen auf den Fall der Benachteiligung wegen Alters speziell zugeschnittenen Rechtfertigungsgrund. Gem. § 10 Sätze 1 und 2 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung des Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Wegen der vielfach vorhandenen Altersgrenzen im deutschen Arbeitsrecht bzw. Arbeitsvertragsrecht dürfte diesem Rechtfertigungsgrund in der Praxis besondere Bedeutung zufallen. Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf (bisher) typische altersbezogene Differenzierungen im Arbeitsrecht in § 10 Satz 3 Nr. 1 bis 8 AGG beispielsweise Tatbestände formuliert, in denen eine Altersdifferenzierung gerechtfertigt sein kann. Die Rspr. wird sich damit auseinander zu setzen haben, ob diese Tatbestände den Anforderungen an die EG-Richtlinie genügen. § 5 AGG Hier ist die Ergreifung positiver Maßnahmen zur Beseitigung einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals als Rechtfertigungsgrund genannt. Bei unzulässiger Benachteiligung kommt für Beschäftigte ein Anspruch auf materiellen und immateriellen Schadensersatz gem. § 15 AGG in Betracht. 3. Im dritten Abschnitt finden im Rahmen der §§ 19 bis 21 AGG Regelungen zum Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr. Erfasst werden sog. Massengeschäfte und privatrechtliche Versicherungen. 4. Im vierten Abschnitt werden gem. § 22 AGG Beweislastregelungen aufgestellt, welche bei Vorliegen einer der Voraussetzungen zu einer Umkehr der Beweislast führen. Beweist im Streitfall die eine Partei –der „Benachteiligte“- Indizien, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, so trägt die andere Partei (i.d.R. der Arbeitgeber) die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutze vor Benachteiligung vorgelegen haben. 5. Im Abschnitt 5 findet sich mit § 24 AGG eine Sonderregelung für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse von Beamten, Richtern und Zivildiensleistenden. 6. Abschnitt 6 enthält Vorschriften über eine einzurichtende Anti-diskriminierungsstelle (§§ 25 bis 30 AGG). 6. Abschnitt 7 enthält die Schlussvorschriften. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 25 Die fristlose Kündigung im Arbeitsrecht 1. Außerordentliche Kündigung bei sexueller Belästigung BAG Urt.v. 20.11.14 -2 AZR 651/13- BAGE 149, 355 Eine sexuelle Belästigung i.S.v. § 3 Abs.4 AGG stellt nach § 7 Abs. 3 AGG eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Sie ist "an sich" als wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs.1 BGB geeignet. Ob sie im Einzelafll zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, u.a. von ihrem Umfang und ihrer Intensität. 2. Fristlose Kündigung bei Konkurrenztätigkeit BAG Urt.v. 23.10.14 -2 AZR 644/13- NJW 2015, 1003 Ein Verstoß gegen das Verbot, während dees bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten zu entfalten, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordetnliche Kündigung i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Falls die Wettbewerbstätigkeit erst durch eine frühere - unwirksame - Kündigung ausgelöst wurde, der Wettbewerb nicht auf eine dauerhafte Konkurrenz zum bisherigen Arbeitgeber angelegt war und dem Arbeitgeber durch die Konkurrenztätigkeit nicht unmittelbar ein Schaden zugeführt wurde, ist dies bei der erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen. 3. Außerordentliche Kündigung - Androhung nachteiliger Folgen im Falle der Nichteinigung durch Arbeitnehmer BAG Urt.v. 08.05.14 -2 AZR 249/13a. Droht der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber naxchteilige Folgen mit dem Ziel an, umstrittene eigene Forderungen durchzusetzen, kann darin - je nach den Umständen des Einzelfalls - eine erhebliche, die frislose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigende Verletzung seiner Pflicht liegen, auf berechtigte Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. b. Ein Arbeitnehmer handelt nicht rechtswidrig, wenn er sich bei zweifelhafter Rechtslage dem Arbeitgeber gegenüber auf einen objektiv vertretenen Rechtsstandpunkt stellt, um diesen zum Einlenken in einem Kündigungsschutzprozess zu bewegen. Die Ankündigung, einen Schriftsatz bestimmten Inhalts bei Gericht einzureichen, um den Abschluss eines Vergleichs zu erreichen, ist jedenfalls dann widerrechtlich, wenn in dem Schriftsatz bewusst oder leichtfertig falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden oder der darin eingenommene rechtliche Standpunkt gänzlich unvertretbar ist. c. Ein Arbeitnehmer darf sich nicht ohne Einverständnis des Arbeitgebers diesem gehörende betriebliche Unterlagen aneignen oder entsprechende Schriftstücke und/oder daten für betriebsfremde Zwecke vervielfältigen. Ob eine rechtswidrige und schuldhafte Zuwiderhandlung gegen diese Vorgabe einen Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses bildet, hängt insbesondere von der Motivation des Arbeitnehmers und möglicherweise nachteiligen Folgen für den Arbeitgeber ab. 4. Fristlose Kündigung bei Arbeitsverweigerung BAG Urt.v. 22.10.15 -2 AZR 569/14- = BeckRS 2016, 66796 = NJW-Spezial 2016, 210 Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung kann darin liegen, dass sich ein Arbeitnehmer zu Unrecht auf ein Leistungsverweigerungsrecht (Arbeitsverweigerung) oder Zurückbehaltungsrecht (der Arbeitsleistung) beruft. Anm.: Es kann somit einem Arbeitnehmer im Regelfall also nicht geraten werden, die Arbeit als Druckmittel zur Durchsetzung möglicher Ansprüche zu verweigern. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 26 Sollte der Arbeitnehmer dies tun, so ist ihm zumindest dringend anzuraten, den Arbeitgeber vorab abzumahnen und die Arbeitsverweigerung in Aussicht zu stellen. Jedoch ist auch hier Vorsicht geboten und es sollte drigend anwaltlicher Rat eingeholt werden. 5. Fristlose Kündigung wegen unerlaubter Herstellung digitaler Kopien am Arbeitsplatz BAG Urt.v. 16.07.2015 -2 AZR 85/15- NZA 2016, 161 a. Ein Arbeitnehmer, der dienstliche Computer ohne Erlaubnis dazu benutzt, unter Umgehung eines Kopierschutzes Vervielfältigungen privat beschaffter Musik- oder Film-CDs/DVDs herzustellen, verletzt seine arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme erheblich. Ein solches Verhalten ist - zumal dann, wenn der Arbeitnehmer für die Anfertigung der Kopien dem Arbeitgeber gehörende CD/DVDRohlinge verwendet - grundsätzlich geeignet, eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Das gilt unabhängig von einer möglichen Strafbarkeit der damit verbundenen "Brenn"- und Kopiervorgänge. b. ... c. ... d. ... e. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers hat, kann grundsätzlich den Fortgang eines laufenden Straf- und/oder Ermittlungsverfahrens abwarten. Kündigt er in einem solchen Fall zu einem nicht willkürlich gewählten späteren Zeitpunkt, reicht dies zur Wahrung der Frist des § 626 II BGB regelmässig aus. Diese Möglichkeit des Zuwartens schränkt den Arbeitgeber in der Wahl seiner Mitel zur Sachaufklärung nicht ein. Es steht ihm frei, eigene Ermittlungen anzustellen und die Strafverfolgungsbehörden nicht oder nicht unmittelbar einzuschalten. Auch "private" Ermittlungen hemmen -zügig vorangetrieben- den Lauf der 2-Wochenfrist. f. Der Arbeitgeber klann vor Erklärung der Kündigung seine Informationen gegenüber dem Betriebs-/Personalrat jederzeit ergänzen. Die Beurteilung, ob darin eine eigenständige Anhörung liegt, mit der die Äußerungsfrist für den Betriebs/Personalrat neu in Lauf gesetzt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. 6. Urlaubsgewährung nach fristloser Kündigung BAG Urt.v. 10.02.15 -9 AZR 455/13- NZA 2015, 998 Ein Arbeitgeber gewährt durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt. 7. Fristlose Kündigung - Beweiskraft strafrechtlicher Verurteilung BAG Urt.v. 23.10.14 -2 AZR 865/13- = BeckRS 2015, 65433 = NJW-Spezial 2015, 82 Ein Arbeitsgericht darf sich im Kündigungsschutzprozess hinsichtlich der Frage, ob sich ein bestimmtes Geschehen zugetragen hat, auf ein einschlägiges Strafurteil stützen. Anm.: Vorliegend hatte der kläger im Prozess aber auch versäumt, der Verwertung der Strafakten zu widersprechen und rechtzeitig der Vernehmung des/der Belastungszeugen zu verlangen. Dies war sodann für das Revisionsgericht unbeachtlich, mit der Folge der Verwertungsmöglichkeit der Strafakte durch das Tatgericht. 9. Fristlose Kündigung - Rechtsirrtum des Arbeitnehmers schhützt im Zweifel nicht BAG Urt.v. 29.08.13 -2 AZR 273/12- = BeckRS 2014, 66663 = NJW-Spez. 2014, 146 NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 27 Die Annahme des Arbeitnehmers, er handele bei einer Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten rechtmässig, schließt eine fristlose Kündigung grundsätzlich nicht aus. Anm.: Auch wenn der Arbeitnehmer sich im Recht glaubt, so erlaubt das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitgeber eine fristlose Kündigung wegen vermeintlicher Vertragsverletzungen des Arbeitnehmers. Dieser hat im Vorfeld sämtliche Erkenntnisquellen auszuschöpfen und ggf. bei einem Anwalt zu erkundigen, inwieweit sein mögliches vertragswidriges Verhalten möglicherweise tatsächlich eine Vetragsverletzung darstellt. Es ist daher dem Arbeitnehmer zu empfehlen, die betroffene Weisung des Arbeitnehmers zunächst unter Vorbehalt zu befolgen und ggf eine gerichtliche Klärung darüber herbeizuführen, inwieweit diese rechtmässig war. Dies können Weisungen des Arbeitgebers z.B. wegen der Lage der Arbeitszeit, des Arbeitsorts und der konkreten Tätigkeit betreffen. 10. fristlose Kündigung bei Diebstahl geringwertiger Sachen LAG Rheinland-Pfalz v. 03.05.2012 -2 Sa 620/12Die Mitnahme einer Zigarettenschachtel aus einer Zigarettenproduktion kann im Einzelfall auch bei 20-jähriger Beschäftigung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Bei einer Tatkündigung trägt der Arbeitgeber allerdings die Darlegungsund Beweislast für den inneren Diebstahlvorsatz und die Unwahrheit einer vom Arbeitnehmer vorgebrachten entlastenden Erklärung. 11. Außerordentliche fristlose Kündigung wg Nichtmitteilung der Untersuchungshaft an Arbeitgeber BAG Urt.v. 26.03.15 -2 AZR 517/14- NZA 2015, 1180 a. Ein in Untersuchungshaft genommener Arbeitnehmer ist gehalten, den Arbeitgebner unverzüglich über seine Inhaftierung in Kenntnis zu setzen.Im Rahmen des möglichen hat er ihn auch über die voraussichtliche Haftdauer zu unterrichten, etwa durch Mitteilung von Terminen zur Haftprüfung. Diese arbeitsvertraglichen Nebenpflichten sind Ausdruck der sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebenden allgemeinen vertraglichen Pflichten zur Rücksichtnahme. b. Ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Mitteilungspflichten kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Eine fristlose Kündigung kommt regelmässig erst dann in Betrachte, wenn das Gewicht der Pflichtverletzung durch besondere Umstände erheblich verstärkt wird. Solche Umstände können darin liegen, dass der Arbeitnehmer seine Nebenpflichten beharrlich verletzt und durch sein Verhalten auf andere Weise deutlich macht, er werde die berechtigten Interessen des Arbeitgebers auch zukünftig nicht wahren. 12. fristlose Kündigung bei heimlicher Aufzeichnung des Personalgesprächs LAG Rheinland-Pfalz v. 30.04.2012 -5 Sa 687/11Die heimliche Aufzeichnung eines Personalgesprächs auf einem Mobiltelefon kann eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen. Es ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich verwehrt, zu einem Gespräch mit seinem Arbeitgeber ein aufnahmebereites Tonbandgerät heimlich mit sich zu führen. Die sich darin dokumentierende Bekundung des Misstrauens gegenüber dem Arbeitgeber schließt eine zukünftige gedeihliche Zusammenarbeit eigentlich aus und kann auch eine außerordentliche fristlose kündigung rechtfertigen, den die Sicherung dessen, was tatsächlich besprochen wurde, kann der Arbeitnehmer dadurch erreichen, dass er eine Person seiner Wahl hinzuzieht (Betriebsratsmitglied, Anwalt, usw.). Darauf muss sich der Arbeitgeber auch bei innerbetrieblichen Gesprächen einlassen, wenn er selbst eine dritte Person zum Gespräch hinzuzieht. Wenn ein Gesprächsteilnehmer Aufzeichnungen eines Gesprächs fertigen will, muss er den Gesprächspartner vorab darüber informieren und um die Erlaubnis bitten, das Gespräch aufzeichnen zu NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 28 dürfen. Nur dann hat dieser die Möglichkeit, entweder die Teilnahme am Gespräch zu verweigern oder aber seine Worte unter Berücksichtigung der Aufzeichnung auf einen Tonträger zu wählen. Vorliegend konnten die Gesprächsteilnehmer davon ausgehen, dass das vertrauliche Personalgespräch nicht aufgezeichnet wurde. Die Klägerin hat durch dieses Verhalten das Vertrauensverhältnis gegenüber der beklagten zerstört und zudem auch den Tatbestand des § 201 Abs.1 Nr.1 StGB verwirklicht. 13. fristlose Kündigung bei Beleidigung des Arbeitgebers LAG Rheinlad-Pfalz v. 04.05.2011 -8 Sa 361/10Die Äußerung eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber "Sie haben mir nichts mehr zu sagen. Ihre zeit ist abgelaufen." beinhaltet eine grobe Beleidigung, nämlich eine erhebliche Miss- und Nichtachtung der Person in seiner Stellung als Arbeitgeber, die grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung und erst recht eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigt. 14. fristlose Kündigung wegen Vorteilsannahme LAG Düsseldorf v. 02.03.2012 -6 Sa 1081/11Der Vertriebsleiter, der sich von einem Geschäftspartner unberechtigt Vorteile gewähren lässt (private Bauleistungen durch Erstellung einer Terrasse nebst Beleuchtung) bietet Anlass zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung. 15. Nach-Tat-Verhalten des Arbeitnehmers vor Kündigung Kündigung verhaltensbedingt, Berücksichtigung des Nach-Tat-Verhaltens vor Kündigungsausspruch nach "Emmely" LAG Berlin-Brandenburg v. 01.12.2011 -2 Sa 2015/11Nach der langjährigen Rechtsprechung des 2. Senats des BAG (vgl. BAG vom 24.11.2005 -2 AZR 39/05-) kann das Verhalten des Arbeitnehmers nach Begehung einer Pflichtwidrigkeit, aber vor Ausspruch der Kündigung ("Nach-tat-Verhalten") in die Interessenabwägung einbezogen werden und sich ggf. zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken, wenn dieser beispielsweise die Pflichtwidrigkeit beharrlich leugnet und gegenüber dem Arbeitgeber mehrfach die Unwahrheit sagt. An dieser -das Prognoseprinzip betonenden- Rechtsprechung ist ungeachtet der Entscheidung des 2. Senats des BAG (Urt.v. 10.06.2010 -2 AZR 541/09-) festzuhalten, auch wenn der Senat dort alleine das "Prozess- Verhalten der Arbeitnehmerin gewürdigt hat. 16. fristlose Kündigung eines Schwerbehinderten Fristlose Kündigung eines schwerbehinderten Menschen –Kündigungserklärungsfrist BAG Urt. v. 21.04.05 NZA 2005, 991 Stempelt ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit bewußt nicht richtig, ist dies an sich geeignet, eine fristlose Kündigung, auch ohne vorige Abmahnung, zu rechtfertigen. Die Kündigung muß dem schwerbehinderten Arbeitnehmer unverzüglich nach Kenntnis von der Zustimmung des Integrationsamtes bzw. Widerspruchsausschusses zugehen; die (fern-)mündliche Auskunft durch das Amt/den Ausschuss genügt. Hierdurch ist zwar ggf. die 2-Wochenfrist des § 626 II BGB nicht eingehalten, dies ist jedoch dann unschädlich, wenn unverzüglich nach Kenntnis der Erteilung der Zustimmung gekündigt wird. Wichtig ist hier jedoch zu beachten, dass die fernmündlich erlangte Kenntnis genügt, ein Abwarten auf den schriftlichen Bescheid kann zur Versäumung der Frist führen. Weiter ist davon auszugehen, dass die Untergerichte bei einmaliger „Falschstempelung“ eine fristlose Kündigung ohne vorige Abmahnung wohl nicht als gerechtfertigt ansehen werden. 17. fristlose Kündigung eines "tariflich unkündbaren" Arbeitnehmers wichtigem Grunde Verhaltensbedingte Kündigung, wichtiger Grund bei tariflicher Unkündbarkeit NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 aus 29 LAG RheinlandPfalz v. 03.05.2012 -2 Sa 620/11Einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer kann aus einem verhaltensbedingten wichtigem Grund fristlos nur gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung nicht einmal bis zum Ablauf der "fiktiven Frist" zur ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist (hier: unentschuldigtes Fehlen). 18. fristlose Kündigung "Toilettenschlaf" Toilettenschlaf stellt keinen außerordentlichen Kündigungsgrund dar LAG Hamm Urt. v. 26.11.04 NZA-RR 2005, Heft 8 Der einmalige Schlaf am Arbeitsplatz rechtfertigt keine Kündigung, wenn das Arbeitsverhältnis seit 18 Jahren beanstandungsfrei besteht. 19. fristlose Kündigung eines Fleischbeschauers LAG Rheinland-Pfalz Urt.v. 10.02.05 NZA 2006, 273 a. Verletzt ein Fleischbeschautierarzt nachhaltig seine Pflichten im Zusammenhang mit der fleischhygienischen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE, ist diese Pflichtverletzung an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. b. Eine vorherige vergebliche Abmahnung muss einer derartigen Kündigung nicht immer vorangehen 20. fristlose Kündigung wegen unerlaubten Kaffeetrinkens einer Buffetkraft Kündigung wegen unerlaubten Genusses einer Tasse Kaffee LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2004, AZ. 12 Sa 107/04 Keine außerordentliche Kündigung wegen unerlaubten Genusses einer Tasse Kaffee (Entwendung geringfügiger Gegenstände). Ordentliche Kündigung rechtens wegen demonstrativer Missachtung einer betrieblichen Regelung über die Entgeltlichkeit eines Frühstücks für eine Buffetkraft. 21. Kündigungserklärung, Erkennbarkeit einer außerordentlichen Kündigung LAG Rheinland-Pfalz v. 25.04.2012 -8 Sa 677/11Die Erklärung einer außerordentlichen Kündigng aus wichtigem Grund muss für den Erklärungsempfänger zweifelsfrei den Willen des Erklärenden erkennen lassen, von der sich aus § 626 Abs.1 BGB ergebenden besonderen Kündigungsbefugnis Gebrauch zu machen. Ist dies nicht der Fall, ist die Erklärung regelmäßig als ordentliche Kündigung zu werten. 22. Urlaubsgewährung nach fristloser Kündigung Urlaubsgewährung nach fristloser Kündigung BAG Urt. v. 22.01.15 -8 AZR 139/14- = BeckRS 2015, 69308 = NJW-Spezial 2015, 402 Ein Arbeitgeber kann nach Ausspruch einer fristlosen Kündigung dem Arbeitnehmer nur dann (vorsorglich) wirksam Urlaub erteilen, wenn er ihm die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs tatsächlich zahlt oder zumindest vorbehaltlos zusagt (Änderung der Rechtsprechung). 23. Die hilfsweise ordentliche Kündigung BAG Urt.v. 20.01.16 -6 AZR 782/14- = BeckRS 2016, 67196 = NJW-Spezial 2016, 211 Wird eineordentliche Kündigung hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung erklärt, ist die Angabe eines bestimmten Beendigungstermins für die hilfsweise ordentliche Kündigung nicht erforderlich. 24. Verdachtskündigung im Berufsausbildungsverhältnis BAG Urt.vb. 12.02.15 -6 AZR 845/13- NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 30 Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung Auszubildenden kann einen wichtigen Grund zur Kündigung Berunfsausbildungsverhältnisses nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG darstellen. NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - 0711-820340-0 des des 31