Rechtsprechungsübersicht Betriebsversammlungen Gliederung: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Die Betriebsversammlung in der neuen Betriebsverfassung Die zentrale Bedeutung der Betriebsversammlung für die Arbeit der Betriebsräte Fragen der Geschäftsführung (Einladung, Zeitpunkt, Hausrecht) TeilnehmerInnen von Betriebsversammlungen Themen einer Betriebsversammlung Entgeltfortzahlung während der Betriebsversammlung Bericht des Arbeitgebers auf der Betriebsversammlung Protokolle der Betriebsversammlung Mitarbeiterversammlungen des Arbeitgebers Keine Behinderung der Betriebsversammlungen Die weitere (außerordentliche) Betriebsversammlung Betriebsversammlung und Betriebsratswahl 1. Einführung in die Thematik Mit dem neu beschlossenen Betriebsverfassungsgesetz gibt es zum vierten Abschnitt: "Betriebsversammlung" aus juristischer Perspektive nur geringfügige Änderungen. So wird dem Arbeitgeber 1. aufgegeben, in seinem Bericht zum Personal- und Sozialwesen "über den Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie der Integration der im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer" zu berichten. 2. - entsprechend der gesellschaftlichen Bedeutung - hat der Arbeitgeber nicht nur über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Betriebes zu informieren, sondern auch den "betrieblichen Umweltschutz" zu beleuchten. Analog wurde der Katalog möglicher Themen, die auf Betriebs- und Abteilungsversammlungen angesprochen werden können (§ 45 BetrVG), um die Themen Umwelt, Zusammenleben von Deutschen und Migranten im Betrieb erweitert. Nach dem Amsterdamer Vertrag sind die EG-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu einer Querschnittsaufgabe der Politik zu machen. Einen bescheidenen Niederschlag findet dieses neue Leitprinzip nun auch in § 45 BetrVG. Es heißt jetzt nicht mehr "Fragen der Frauenförderung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie" sondern "Fragen der Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen und der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit." War es schon vorher nicht verboten, diese zentralen lebensweltlichen und betrieblichen Themen anzusprechen, so kommen diese 1 Änderungen sowohl in § 43 sowie in § 45 BetrVG die Funktion zu, sowohl Arbeitgeber als auch Betriebsrat aufzutragen, diese Fragen im betrieblichen Alltag nicht aus dem Blick zu verlieren. Mit Ausblick auf die kommenden Betriebsratswahlen in 2002 stellt sich die Frage, wie der Betriebsrat seinen Schutz- und Gestaltungsauftrag nach dem BetrVG vor diesem Hintergrund wahrnimmt. Es geht ein Stück weit um seine Zukunftsfähigkeit. Insbesondere Alleinerziehende und Eltern mit Kindern im Vorschul- oder Schulalter, die beide berufstätig sind oder dies anstreben, erwarten mehr Flexibilität der Betriebe bei der Koordination beruflicher und erzieherischer Pflichten. Das Aufgreifen dieser Interessenlagen erhöht den Stellenwert des Betriebsrates für die Belegschaft. Hierfür sind Betriebs- und Abteilungsversammlungen der geeignete Rahmen schlechthin, um erste Anstöße sowie Informationen zu geben sowie Diskussionen in Gang zu setzen - oft erst nach dem offiziellen Ende der Betriebsversammlung, was aber die Qualität nicht schmälern muß. Für die überwiegende Mehrheit der Arbeitgeber steht die Frage im Raum, ob überhaupt eine Betriebsversammlung stattfinden muss – insbesondere wegen der Kosten. Der Betriebsrat, der sich zu einer Betriebsversammlung durchringt, fragt sich vielmehr, wie er sie am besten gestaltet. Gerade zum "ob" und "wie" von Betriebsversammlungen kann das Sichten einer Rechtsprechungsübersicht sehr hilfreich sein. Sie zeigt den Arbeitgebern mehr ihre Grenzen und den Betriebsräten dagegen ihre (bisher häufig nicht genutzten) Gestaltungsmöglichkeiten bei der Durchführung von Versammlungen auf. Obgleich der Zweck dieser Rechtsprechungsübersicht darin besteht, mit Hilfe einer Gliederung interessierte Betriebsräte eine schnellen, konkreten Überblick über die Rechtslage zu geben, ist es sinnvoll in Form von acht Kernaussagen, die betriebspolitische Bedeutung von Betriebs-, Abteilungs- und Teilversammlungen hervor zu heben. 2. Die zentrale Bedeutung der Betriebsversammlung für die Arbeit der Betriebsräte 1. Die Betriebsversammlung ist das wichtigste Kommunikationsmittel und die wichtigste Form der Willensbildung zwischen dem Betriebsrat und den ArbeitnehmerInnen des Betriebes. Daran ändern auch die EDV-gestützten Kommunikationsmittel wie Inter-, Intranet und Email nichts, die sicherlich für die Übermittlung von Einladungen, Mitteilungen und Rundschreiben herkömmlichen Schwarzen Brettern überlegen sind (vgl. dazu LAG Köln 10.1.1192 in AiB 1992, S. 292, ArbG München 17.10.91 in AiB 1992, S. 95, a.A. wohl enger BAG 17.2.93, NZA 1993, S. 854). 2. Es sind nur wenige rechtliche Hindernisse, die einer effektiven Durchsetzung von Betriebsversammlungen im Wege stehen. Im großen und ganzen hat der Betriebsrat beim Thema Betriebsversammlung eine (vom Gesetz gewollte!) Gestaltungsfreiheit, das Gesetz und die Rechtsprechung auf seiner Seite. 2 3. Dort wo die Rechtsprechung die Handlungsfreiheit des Betriebsrats bei Betriebsversammlungen in den letzten Jahren sehr eingeschränkt hat, konnte dies deshalb so problem- und widerstandslos passieren, weil die Praxis vielfach hinter dem Gesetz geblieben ist. 4. Gerade im letzten Jahrzehnt haben sich die Entscheidungen gehäuft, die den Arbeitgebern untersagt haben, entweder durch Gegenveranstaltungen oder durch andere Formen der Behinderung, das Instrument der Betriebsversammlung dem Betriebsrat aus der Hand zu nehmen. Daraus lassen sich mehrere Rückschlüsse ziehen. Die Arbeitgeber sind sich sehr bewußt darüber, welche Lern- und Solidarisierungsprozesse durch Betriebsversammlungen entstehen können. Wenn Urteile nur immer die Spitze des Eisbergs darstellen, liegt der Schluss nahe, daß die Versuche zugenommen haben, den Betriebsrat in seiner Handlungsfreiheit einzuschränken. Viele Betriebsräte berichten, daß ein sehr starker Druck auf Ihnen lastet, Betriebsversammlungen möglichst nicht während der regulären Arbeitszeit stattfinden zu lassen. Dieser Druck speist sich beim Arbeitgeber häufig nicht aufgrund von ökonomischen Abhängigkeiten, sondern vielmehr mit den gesteigerten Renditeerwartungen auf das eingesetzte Kapital. 5. Es gibt in der Praxis noch eine ganze Reihe von gesetzlich eingeräumten, aber nicht genutzten Handlungs- und Gestaltungsspielräumen bei Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlungen. Es sei vor allem daran erinnert, daß nur in sehr wenigen Betrieben die vorgeschriebene Pflichtzahl von einer Betriebsversammlung pro Kalendervierteljahr erreicht wird. Hier liegt eine oben beschriebene Gefahr, daß eine Diskussion von interessierter Seite begonnen wird, das niedergeschriebene Recht der Praxis anzupassen und damit (ein weiteres Mal) zu verschlechtern. 6. Die Schwierigkeiten und Probleme des Betriebsrates bei der Vorbereitung und Durchführung von Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlungen liegen aber weniger in den juristischen Auseinandersetzungen. Es geht eher um die Gestaltung des Tätigkeitsberichts, die Diskussions- und Teilnahmebereitschaft der Belegschaft überhaupt. 7. Es gibt auch eine Reihe von praktischen Tips, Ideen und Anregungen, die erst eine gewisse Zeit angewandt werden müssen, um lang- und mittelfristig Erfolg zu zeigen. Niemand kann erwarten, daß z.B. nach Jahren schweigsamer und mühseliger Betriebsversammlungen eine einzige anders aufgebaute und vorbereitete Betriebsversammlung einen sichtbaren Erfolg bringt. 8. Die Betriebsversammlung ist ein Ort, wo die Betriebsparteien vor der Belegschaft aufeinandertreffen, und vielfach verhalten sich Belegschaften dabei ein klein wenig wie Zuschauer bei einem Ringkampf. Deshalb bedarf eine Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlung der sorgfältigen und langfristigen Vorbereitung. Eine noch so vollständige Rechtsprechungsübersicht kann nicht alle herbei auftauchenden praktischen Fragen beantworten. Deshalb ein Lesetip: Fricke u.a., Die Betriebsversammlung: So wird`s gemacht! Bund-Verlag, Köln) Dies ist nach 1989 (AiB 1989, S. 204 ff.) und 1994 (AiB 1994, S. 403 ff.) die dritte Rechtsprechungsübersicht zur Betriebsversammlung. Wir haben den Versuch unternommen, alles bekanntgewordenen Entscheidungen zusammenzutragen (wenn ein Verfahren durch mehrere Instanzen gegangen ist, grundsätzlich die höchste Instanz). Wenn Entscheidungen, 3 die zum BetrVG 1952 ergangen sind, noch Bedeutung für die heutige Praxis haben, wie z.B. zum Hausrecht des/ der Betriebsratsvorsitzenden, wurden diese gleichfalls berücksichtigt. Urteile, die mehrere Aspekte behandeln, werden wegen den besseren Verständnisses wiederholt zitiert. 3. Fragen der Geschäftsführung (Einladung, Zeitpunkt, Hausrecht) Pflicht zur Einberufung von Betriebsversammlungen 1. Der Betriebsrat ist aufzulösen, wenn sich dieser beharrlich weigert, in jedem Kalendarvierteljahr eine (Pflicht-) Betriebsversammlung gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 BetrVG abzuhalten. 2. Bei § 45 Abs. 1 S. 1 BetrVG handelt es sich um eine zwingende Gesetzesvorschrift, die nicht zur Disposition des Betriebsrats, des Arbeitgebers oder der Gewerkschaft steht. Hessisches LAG, Beschluß vom 12.8.1993 - 12 Ta BV 203/92 - (rechtskräftig) im Anschluß an den Beschluß des ArbG Wetzlar vom 22.9.1993 - 1 BV 10/93 - Ein Unterlassen der Einberufung der Pflichtversammlung nach § 42 Abs. 1 BetrVG (1952) oder der Abgabe des Tätigkeitsberichts ist eine grobe Verletzung der gesetzlichen Pflichten des Betriebsrates im Sinne § 23 BetrVG. - LAG Hamm, Beschluß vom 25.9.1959 - 5 Ta BV 48/59 -, LAG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 5.4.1960 - 1 Ta BV 1/60 - Wenn in 21 Monaten der Amtszeit eines Betriebsrates statt sieben nur zwei Betriebsversammlungen durchgeführt wurden, so liegt darin ein Verstoß gegen Pflichten des Betriebsrats im Sinne des § 23 BetrVG. - ArbG Bamberg, Beschluß vom 19.10.1976 Leitung der Betriebsversammlung bei Verhinderung des BR-Vorsitzenden Sind der Betriebsratsvorsitzende und sein Stellvertreter verhindert, kann der Betriebsrat ein anderes seiner Mitglieder mit der Leitung der Betriebsversammlung beauftragen. - BAG, Beschluß vom 19.5.1978 - 6 ABR 41/75 - Hausrecht Das Hausrecht auf der Betriebsversammlung und den Zugangswegen zum Ort der Betriebsversammlung hat ausschließlich der Betriebsratsvorsitzende. - BAG, Beschluß vom 18.3.1964 - 1 ABR 12/63 - und BAG, Beschluß vom 14.2.1967 - 1 ABR 7/66 - Vorbereitung Ein Betriebsratsmitglied darf sich während der Arbeitszeit auf eine Betriebsversammlung vorbereiten. - Hessisches LAG, Urteil vom 23.8.1983 - 3 Sa 717/83 Schriftlicher Tätigkeitsbericht Bei einem umfangreichen Tätigkeitsbericht des Betriebsrats nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann es erforderlich sein, den Bericht den Arbeitnehmer schriftlich vorzulegen. Das gleiche gilt, wenn ein nicht unerheblicher Teil der Belegschaft, aus welchen Gründen auch immer, nicht an der Betriebsversammlung teilnehmen kann. - LAG Baden-Württemberg, Beschluß vom 10.2.1983 - 7 Ta BV 5/82 - Tätigkeitsbericht des Betriebsrats für ausländische Arbeitnehmer 4 Der Betriebsrat mag es unter Berücksichtigung der jeweiligen betrieblichen Situation für angemessen halten können, für eine mündliche Übersetzung seines Tätigkeitsberichtes an ausländische Mitarbeiter anläßlich einer Betriebsversammlung Vorsorge zutreffen, und zwar auf Kosten des Arbeitgebers. In einem Kleinbetrieb sind die Kosten für eine schriftliche Übersetzung nicht erstattungsfähig. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 30.1.1981 - 16 Ta BV 21/80 - und ArbG München, Beschluß vom 14.3.1974 - 20 BV 57/73 - Dolmetscher Ein hoher Anteil ausländischer Arbeitnehmer ist ein sachlicher Grund dafür, daß der Betriebsrat zu einer Betriebsversammlung einen Dolmetscher hinzuzieht. Der Arbeitgeber darf für die durch die Übersetzung verlängerte Versammlungszeit kein Arbeitsentgelt abziehen. - ArbG Stuttgart, Urteil vom 27.2. 1986 - 17 Ca 317/85 Kosten für ausländische Referenten Lädt der Betriebsrat z.B. einen französischen Betriebsrats-Kollegen von einer Schwestergewerkschaft zu einer Betriebsversammlung ein, damit dieser über gemeinsame Probleme und Lösungsmöglichkeiten (Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat, Arbeitszeitregelung, Produktpalette) referiert, hat der Arbeitgeber notwendige Fahrtauslagen und Dolmetscherkosten zu erstatten. - LAG Baden-Württemberg, Beschluß vom 16.1.1998 - 5 Ta BV 14/96 - Kosten für Sachverständige Die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat bedarf der vorherigen näheren Vereinbarung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auch dann, wenn der Sachverständige in der Betriebsversammlung ein Referat halten soll; ohne solche Vereinbarung sind die Kosten für den Sachverständigen nicht vom Arbeitgeber zu tragen. BAG, Beschluß vom 19.4.1989 - 7 ABR 87/87 - Einladung mithilfe eines EDV-gestützten Kommunikationssystems Muß aufgrund besonderer Umstände eine Betriebsversammlung sehr kurzfristig einberufen werden, so ist die Nutzung eines EDV-gestützten Kommunikationssystems erforderlich. ArbG München, Beschluß vom 19.11.1996 - 19 BV 00126/96 - Einladungsfrist Das BetrVG enthält über die Form der Einberufung zur Betriebsversammlung keine besonderen Regeln. Ort, Zeit und Tagesordnung sind vom Betriebsrat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beschließen den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber rechtzeitig mitzuteilen. Die Einladungsfrist bei der Anberaumung regelmäßiger Betriebsversammlungen wird drei Tage nicht unterschreiten dürfen, damit alle Teilnehmer Gelegenheit zur Kenntnisnahme, Teilnahme und zu deren sachgerechten Vorbereitung erhalten. Nach den jeweiligen betrieblichen Verhältnissen kann eine längere Einladungsfrist geboten sein. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 11.4.1989 - 12 Ta BV 9/89 - Zeitpunkt 5 Über die Festlegung des Zeitpunkts der regelmäßigen Betriebsversammlung entscheidet der Betriebsrat nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Durchführung in regelmäßigen Abständen mag ratsam sein. Das Gesetz enthält aber keine Festlegung, in welchen Abständen die Versammlungen durchzuführen sind. - ArbG Bielefeld, Beschluß vom 20.4.1990 - 2 BV Ga 12/90 Zeitliche Lage Regelmäßige Betriebsversammlungen im Sinne des § 43 Abs. 1 BetrVG haben grundsätzlich während der Arbeitszeit stattzufinden und sind von Gesetzes wegen zeitlich nicht begrenzt. Hieraus folgt nicht nur die Berechtigung des Betriebsrates, die für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Tagesordnung erforderliche Zeit ohne Rücksicht auf den dadurch verursachten Produktionsausfall in Anspruch zu nehmen, sondern auch die grundsätzliche Zulässigkeit der Fortführung einer bei regulärem Arbeitsschluß in Bezug auf die abzuhandelnden Themen noch nicht erledigten Betriebsversammlung. Überwiegende Interessen des Arbeitgebers, eine Fortsetzung der regelmäßigen Betriebsversammlung im Wege der einstweiligen Verfügung untersagen zu lassen, können allein mit Produktionsausfall nicht begründet werden, weil bei einer weiteren Betriebsversammlung im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG in ähnlicher Weise Produktionsausfall entstehen würde. Die Betriebsversammlung dient der Unterrichtung des Arbeitnehmers und der Aussprache zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern über die sie interessierenden wesentlichen Fragen. Der ungestörten und freien Aussprache kommt im Rahmen der Betriebsversammlung rechtlich ein hoher Stellenwert zu. Die Entscheidung eine Betriebsversammlung nicht wesentlich über das Ende der Arbeitszeit hinaus fortzusetzen, ist nicht zu beanstanden. Es läßt sich kein Ermessensfehler erkennen, wenn der Betriebsrat davon ausging, daß für die Aussprache über die vom Arbeitgeber in Zweifel gezogene Betriebsfähigkeit eines Werkes, die Auswirkungen der eingeleiteten Gemeinkostenwertanalyse und die geplante Änderung des § 116 AFG noch ein Zeitraum von jedenfalls mehr als einer Stunde benötigt wird und damit die Vertagung der Betriebsversammlung begründet wird. - LAG Stuttgart, Beschluß vom 12.12.1985 - 14 Ta BV 22/85 - Der Begriff des zwingenden Erfordernisses einer anderen Regelung im Sinne des § 43 BetrVG 1952 bezieht sich auf die technische Weite des Betriebes. Eine technische Unmöglichkeit, die Betriebsversammlung während der Arbeitszeit abzuhalten, besteht dann, wenn diese während der Arbeitszeit abgehaltene Betriebsversammlung zur Stillegung eines Betriebes für einen ganzen Tag führt. - BAG, Beschluß vom 26.10.1956 1 ABR 26/54 Die in § 44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG genannten Betriebsversammlungen finden in der Regel während der Arbeitszeit statt. Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn „die Eigenart des Betriebes eine andere Regelung zwingend erfordert“. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Bloße Mißhelligkeiten und Unbequemlichkeiten reichen nicht aus; nur untragbare Störungen des Arbeitsablaufes gehören hierher. Bei Filialbetrieben muß hingenommen werden, daß am Tag der Betriebsversammlung frühen geschlossen wird. - LAG Berlin, Beschluß vom 23.3.1974 - 2 Ta BV 1/74 - 1. Im Einzelhandel führt die Abhaltung von Betriebsversammlungen zwangsläufig zur vorübergehenden Schließung des Betriebs. Dies ist grundsätzlich vom Arbeitgeber hinzunehmen. 2. Grundsätzlich muss der Betriebsrat den Arbeitgeber mindestens 14 Tage vor Abhaltung der Betriebsversammlung informieren. - ArbG Berlin, Beschluß vom 11.12.1972 - 4 BV 2/72 Einstweilige Verfügung 6 Die Duldung der Durchführung der Betriebsversammlung während der Arbeitszeit kann ggf. durch eine einstweilige Verfügung im Beschlußverfahren erzwungen werden. - ArbG Frankfurt, Beschluß vom 17.5.1976 - 11 BV Ga 6/76 - Durchführung in der Kernarbeitszeit Der Betriebsrat ist berechtigt, bei gleitender Arbeitszeit die Versammlung in der Kernarbeitszeit zu legen. - ArbG München, Urteil vom 27.7.1972 - 17 Ca 56/72 Betriebsversammlung/ Teilversammlung 1. Alleine die Größe eines Betriebes (hier: Niederlassung der Deutschen Post AG) mit ca. 2462 Beschäftigten) stellt keine „Eigenart des Betriebes“ im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 3 BetrVG dar, die es erforderlich machen würde, anstelle einer Betriebsversammlung als Vollversammlung aller Arbeitnehmer Teilversammlungen durchzuführen. 2. Die Durchführung einer Betriebsversammlung außerhalb der Arbeitszeit ist nur in wirklich zwingenden, durch die Eigenart des Betriebs bedingten Fällen zulässig. 3. Der grundgesetzliche Auftrag, im Bereich des Postwesens flächendeckend eine angemessene und ausreichende Dienstleistung zu gewähren, führt nicht dazu, daß in den Betrieben der Deutschen Post AG Betriebsversammlungen nur als Teilversammlungen oder durch Abhalten einer Vollversammlung außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werden können. - ArbG Wuppertal, Beschluß vom 9.7.1996 - 9 BV Ga 12 /96 -, so auch im Ergebnis LAG SchleswigHolstein, Beschluß vom 28.10.1996 - 1 Ta BV 38/96 - Schichtbetrieb Die Betriebsversammlung muß so gelegt werden, daß sowohl die Arbeitnehmer unterschiedlicher Schichten an der Betriebsversammlung teilnehmen können. - LAG Niedersachsen, Beschluß vom 30.8.1982 - 11 Ta BV 8/81 - und LAG Schleswig-Holstein, Beschluß vom 30.5.1991 - 4 Ta BV 12/91 - Einzelhandel Nach der gesetzlichen Regelung finden Betriebsversammlungen im Einzelhandel während der Ladenöffnungszeiten statt. Dies gilt auch, wenn eine Schließung des Hauses während der Ladenöffnungszeit ab Vormittag erforderlich wird. Die Besonderheiten des Einzelhandels rechtfertigen keine Abweichung von der gesetzlichen Regelung. Betriebsversammlungen um 7.00 Uhr früh sind für die Beschäftigten unzumutbar. - LAG Berlin, Beschluß vom 7.10.1980 8 Ta BV 3/80 - Warenhaus Der Betriebsrat eines Warenhauses ist nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) im allgemeinen verpflichtet, eine Betriebsversammlung nicht in verkaufsstarke Zeiten (z.B. Weihnachtsgeschäft) zu legen. Eine Ausnahme kann gelten, wenn der Betriebsrat infolge Fehlzeiten des Vorsitzenden und seines Vertreters nicht in der Lage war, die Betriebsversammlung zu einem früheren Zeitpunkt abzuhalten und eine Verschiebung dazu führen würde, daß die (vierteljährliche) Betriebsversammlung erst in dem neuen Quartal stattfinden könnte. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 10.12.1984 - 5 Ta BV 134/84 - 7 1. Im Einzelhandel führt die Abhaltung von Betriebsversammlungen zwangsläufig zur vorübergehenden Schließung des Betriebs. Dies ist grundsätzlich vom Arbeitgeber hinzunehmen. 2. Grundsätzlich muss der Betriebsrat den Arbeitgeber mindestens 14 Tage vor Abhaltung der Betriebsversammlung informieren. - ArbG Berlin, Beschluß vom 11.12.1972 - 4 BV 2/72 Lebensmittelfilialunternehmen Wirtschaftliche Zumutbarkeitserwägungen reichen grundsätzlich nicht aus, damit eine Betriebsversammlung wegen zwingender Erfordernisse außerhalb der Arbeitszeit stattfindet. Der Unternehmer kann sich deshalb nicht darauf berufen, daß Produktionsausfälle oder das Nichterbringen von Dienstleistungen zu wirtschaftlichen Einbußen führen. In Lebensmittelfilialunternehmen erfordert die Eigenart des Betriebes deshalb nicht ohne weiteres, daß die Betriebsversammlung außerhalb der Ladenöffnungszeiten stattfindet. - BAG, Urteil vom 9.3.1976 - 1 AZR 74/74 - Bauwirtschaft Es ist unbeachtlich, wenn in der Bauwirtschaft wegen der Abhaltung von Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit Schwierigkeiten bei der Belieferung der Baustellen mit Baumaterial sowie Stillstand von Maschinen eintreten können bzw. schon einmal eingetreten sind. - ArbG Mannheim, Beschluß vom 18.12.1973 - 5 Bv 23/73 Teilzeitkräfte Weicht die persönliche Arbeitszeit einer bestimmten Arbeitnehmergruppe (z. B. der Teilzeitarbeitnehmer) von der Arbeitszeit eines wesentlichen Teils der Belegschaft ab, so liegen keine sich aus der Eigenart des Betriebes ergebenden zwingenden Erfordernisse i.S. des § 44 Abs. 1 BetrVG vor, die den Betriebsrat dazu berechtigen, eine regelmäßige Betriebsversammlung außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit einzuberufen. Für die Teilnahme an einer vom Betriebsrat zu Unrecht außerhalb der Arbeitszeit einberufenen regelmäßigen Betriebsversammlung steht dem Arbeitnehmer nach § 44 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ein Vergütungs- und ein Aufwendungsersatzanspruch jedenfalls dann nicht zu, wenn der Arbeitgeber vorher der Belegschaft gegenüber der Einberufung der Betriebsversammlung außerhalb der Arbeitszeit widersprochen hat. - BAG, Beschluß vom 27.11.1987 - 7 AZR 29/87 Dauer der Betriebsversammlung Geht es um eine drohende Massenentlassung, kann eine über vier Tage reichende Betriebsversammlung gerechtfertigt sein. - ArbG Hamburg, Beschluß vom 28.6.1977- 4 Ga BV 19/77 Eine planmäßige zeitliche Begrenzung der vierteljährlichen Betriebsversammlung auf die Höchstdauer von einer Stunde ist betriebsverfassungsrechtlich unzulässig. - LAG Saarbrücken, Beschluß vom 27.12.1960 – Ta 6/98 - Vertagung einer Betriebsversammlung Kann in einer regelmäßigen Betriebsversammlung die vorgesehene Tagesordnung nicht bis zum Ende der Arbeitszeit abschließend behandelt werden, so kann der Betriebsrat 8 grundsätzlich die Fortsetzung für den nächsten Tag innerhalb der Arbeitszeit bestimmen. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.5.1982 - 2 Sa 122/81 - Verlegung Trifft ein Betriebsrat aus sachlichen Gründen die Entscheidung, eine Betriebsversammlung zu einem anderen als dem bisherigen Zeitpunkt einzuberufen, so kann dies nicht als rechtswidrig abgesehen werden. Die von ihm genannten Gründe brauchen nicht unbedingt überzeugend und zwingend zu sein. Es ist lediglich zu verlangen, daß der Betriebsrat seinen Beschluß nicht willkürlich gefaßt hat. Bei der Überprüfung der Entscheidung durch das Arbeitsgericht sind zwar die Interessen des Betriebsrats gegenüber denen des Arbeitgebers abzuwägen; aber es ist zu berücksichtigen, daß der Betriebsrat einen wissen Ermessensspielraum hat, der weder durch den Arbeitgeber noch durch das Gericht eingeengt werden kann. - ArbG Braunschweig, Beschluß vom 22.6.1981 - 2 BV Ga 5/81 - Betriebsschließung während der Betriebsversammlung § 44 Abs. 1 BetrVG (Betriebsversammlung während der Arbeitszeit) ist keine Rechtsgrundlage, mit der die Schließung eines Kaufhauses während der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten begründet werden kann. Ein solcher Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte unternehmerische Handlungsfreiheit kann überhaupt erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn der Betriebsrat alle die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einer anderweitigen ungestörten Abhaltung der Betriebsversammlung während der Arbeitszeit ausschlagen durfte oder der Arbeitgeber in unzulässiger Weise die Teilnahme einzelner Arbeitnehmer an der Betriebsversammlung während der Arbeitszeit behindert. - LAG Köln, Beschluß vom 23.10.1985 - 3 Ta BV 56/85 - Dem Arbeitgeber ist nicht verwehrt, mit seiner Entscheidung, den Betrieb während einer Betriebsversammlung zu schließen, zu warten, bis feststeht, wie viele Mitarbeiter tatsächlich zur Betriebsversammlung gehen wollen und wieviele es vorziehen zu arbeiten. Die Einräumung der Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme ist allein nicht als unzulässiger Druck zur Nichtteilnahme an der Betriebsversammlung anzusehen. - LAG Köln, Beschluß vom 19.4.1988 - 11 Ta BV 24/88 - Betriebsversammlung während einer Tarifrunde Die Abhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Betriebsversammlung und die Teilnahme daran sind auch während laufender Tarifauseinandersetzungen keine Arbeitskampfmaßnahmen. Es fehlt das Merkmal der Gemeinsamkeit und Planmäßigkeit der Arbeitsniederlegung zur Erreichung des Kampfzieles, denn die Betriebsversammlung dient, wenn sie sich im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 45 BetrVG bewegt, nicht der Erreichung eines Kampfzieles. - LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.5.1982 - 2 Sa 122/81 Beim Vorliegen von konkreten betrieblichen Bezugspunkten ist die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer Art auf einer Betriebsversammlung zulässig. Kann dies auf der quartalsmäßigen Betriebsversammlung nicht geschehen, so kann auch eine weitere Betriebsversammlung durchgeführt werden, wenn eine sofortige Aussprache zweckmäßig ist. Dies gilt dann, wenn der Betriebsrat auf dieser Betriebsversammlung die Belegschaft informieren will und seinerseits von der Belegschaft Informationen erhalten kann, um eigene Rechte im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG wahrzunehmen. - LAG BadenWürttemberg, Urteil vom 25.9.1991 - 10 Sa 32/91 -; so auch ArbG Freiburg, Urteil vom 24.9.1991 - 7 Ca 289/91 - 9 Betriebsversammlung während eines Arbeitskampfes Betriebsversammlungen können während eines Arbeitskampfes stattfinden. Die teilnehmenden Arbeitnehmer haben Anspruch auf die Vergütung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BetrVG unabhängig davon, ob sie sich an dem Streik beteiligen oder nicht. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, allen teilnehmenden Arbeitnehmern die Vergütung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 oder 3 zahlen zu müssen, stört nicht die Kampfparität. - BAG, Urteil vom 5.5.1987 1 AZR 292/85 - Betriebsversammlung während arbeitskampfbedingter Kurzarbeit Regelmäßige Betriebsversammlungen im Sinne von § 43 Abs. 1 BetrVG können auch dann stattfinden, wenn im Betrieb wegen arbeitskampfbedingter Störungen nur verkürzt gearbeitet wird. Die teilnehmenden Arbeitnehmer haben für die Zeit der Teilnahme an diesen Betriebsversammlungen Anspruch auf eine Vergütung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BetrVG, auch wenn sie für den Tag der Betriebsversammlung Kurzarbeitergeld erhalten haben. - BAG, Urteil vom 5.5.1987 - 1 AZR 666/85 Betriebsversammlung bei Auslandstätigkeit Betriebsversammlungen, Teil- und Abteilungsversammlungen können für vorübergehend ins Ausland entsandte Arbeitnehmer nicht im Ausland abgehalten werden. - BAG, Beschluß vom 27.5.1982 - 6 ABR 28/80 - 4. TeilnehmerInnen von Betriebsversammlungen Recht auf Teilnahme Der Arbeitgeber darf die Teilnahme an einer Betriebsversammlung nicht einseitig untersagen. Wenn Arbeitgeber dringende betriebliche Bedürfnisse für die Weiterarbeit einzelner oder von Gruppen von Arbeitnehmern geltend macht, so muß er diese Frage dem Betriebsrat klären. Eine Kündigung wegen Teilnahme ist unzulässig, die Arbeitnehmer haben einen Entgeltanspruch und sind nicht zur Nacharbeit verpflichtet. - LAG Hamburg, Urteil vom 12.7.1984 7 Sa 30/84 - Notdienst Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, während der Betriebsversammlung Notdienste einzuteilen. - ArbG Hamburg, Beschluß vom 2.11.1979, 18 Ga Bv 1/79 Unter den in § 44 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG in Verbindung mit § 17 BetrVG geregelten Voraussetzungen sind die Arbeitnehmer von Gesetzes wegen zur Teilnahme an der Betreffenden Betriebsversammlung berechtigt, ohne daß es diesbezüglich einer Freistellung durch den Arbeitgeber bedürfte. Für eine diesbezügliche einstweilige Verfügung fehlt es daher sowohl am Verfügungsgrund als auch am Verfügungsanspruch. - LAG München, Beschluß vom 11.3.1987 - 7 (8) Ta BV 38/86 - Teilnahme von Beschäftigten während des Urlaubs 10 Ein Arbeitnehmer kann während seines Erholungsurlaubs an einer regelmäßigen Betriebsversammlung teilnehmen. Er hat für die Zeit der Teilnahme Anspruch auf eine Vergütung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BetrVG . - BAG, Urteil vom 5.5.1987 - 1 AZR 665/85 Teilnahme von Beschäftigten während des Erziehungsurlaubs Der Arbeitnehmer darf auch während seines Erziehungsurlaubs an einer Betriebsversammlung teilnehmen. Er hat hierfür einen Vergütungsanspruch aus § 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. - BAG, Urteil vom 31.5.1989 - 7 AZR 574/88 Teilnahme von Beschäftigten während des Kündigungsschutzverfahrens Ein Arbeitnehmer, dem gekündigt wurde und der wegen dieser Kündigung ein Kündigungsschutzverfahren eingeleitet hat, ist Teilnahmeberechtigter einer Betriebsversammlung. - ArbG Hamburg 14.7.19977 - 14 Ga/Bo 31/77 Teilnahme von Politikern Es liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Betriebsversammlung vor, wenn der Betriebsrat auf einer Betriebsversammlung einen betriebsfremden Referenten ein Kurzreferat zu einem sozialpolitischen Thema von unmittelbarem Interesse für den Betrieb und seine Arbeitnehmer halten läßt. Hierzu bedarf es keines Einverständnisses des Arbeitgebers. Der Referent wird hier nicht als Sachverständiger i. S. des § 80 Abs. 3 BetrVG tätig, auf dessen Person sich Betriebsrat und Arbeitgeber einigen müssen. Es liegt aber eine unzulässige parteipolitische Betätigung vor, wenn ein derartiges Referat gerade und nur zu Zeiten des Wahlkampfes von einem Spitzenpolitiker in seinem Wahlkreis im Rahmen seiner Wahlkampfstrategie gehalten wird. - BAG, Beschluß vom 13.9.1977 1 ABR 67/75 - Teilnahme von Sachverständigen Die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat bedarf der vorherigen näheren Vereinbarung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auch dann, wenn der Sachverständige in der Betriebsversammlung ein Referat halten soll; ohne solche Vereinbarung sind die Kosten für den Sachverständigen nicht vom Arbeitgeber zu tragen. BAG, Beschluß vom 19.4.1989 - 7 ABR 87/87 - Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern ausländischer Betriebe Teilnahmeberechtigt sind auch Mitglieder des Betriebsrats oder vergleichbarer Interessenvertretungsorgane ausländischer Betriebe und Unternehmen, wenn diese mit dem Unternehmen, dem der Betrieb des einladenden Betriebsrats angehört, wirtschaftlich und/oder gesellschaftsrechtlich verbunden sind. LAG Baden Württemberg, Beschluß vom 16.1.1198 - 5 Ta BV 14/96 - Einladung von Vertretern der im Betrieb vertretenen Krankenkassen Die Hinzuziehung sachkundiger Personen (hier Krankenkassenvertreter) ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn dem Arbeitgeber dadurch keine besonderen Kosten entstehen und sich das Thema im Rahmen der Maßgaben des § 45 BetrVG hält. - ArbG Paderborn, Beschluß vom 24.10.96 - 2BVGa 4/96 - 11 Teilnahme von Gewerkschaftsbeauftragten Der Arbeitgeber kann einem Gewerkschaftsbeauftragten die Teilnahme an einer Betriebsversammlung nicht verwehren. Es besteht auch keine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Es besteht deshalb für den Arbeitgeber auch nicht die Möglichkeit, dem Gewerkschaftsbeauftragten die Teilnahme aus einem der in § 2 Abs. 2 BetrVG genannten Gründen zu untersagen. - BAG, Beschluß vom 14.2.1967 - 1 ABR 7/77 Zum Ausschluß eines Gewerkschaftsbeauftragten von der Teilnahme an Betriebsversammlung wegen seiner Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat eines Konkurrenzunternehmens. - LAG Hamburg, Beschluß vom 28.11.1986 - 8 Ta BV 5/86 Teilnahme des Arbeitgebers Teilnahmebefugnis des Personalleiters auf Grund einer generellen Bevollmächtigung des Arbeitgebers an Betriebsversammlungen. Der Betriebsrat hat kein rechtlich schützenswertes Interesse daran, den generell Bevollmächtigten und mit uneingeschränkter Vertretungsvollmacht ausgestatteten Personalleiter des Arbeitgebers von der Teilnahme an der Betriebsversammlung auszuschließen. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 11.2.1982 - 21 Ta BV 109/81 - Bei einem Filialunternehmen muß es der Betriebsrat nicht dulden, daß außer den Geschäftsführern und den Leitern der zentralen Bereiche (Lager, Verwaltung, Fuhrpark, Verkauf) auch noch die Bezirksleiter an der Betriebsversammlung teilnehmen, denen die Leiter der einzelnen Filialen unterstellt sind. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 4.9.1991 - 4 Ta BV 60/91 Nimmt der Arbeitgeber an einer Betriebsversammlung in seinem Betrieb teil, so kann er vom Leiter der Betriebsversammlung verlangen, daß dem von ihm hinzugezogenen Beauftragten seiner Arbeitgebervereinigung zu bestimmten Einzelthemen an seiner Stelle und für ihn das Wort erteilt wird. - BAG, Beschluß vom 19.5.1978 - 6 ABR 41/75 Auf Wunsch der ArbeitnehmerInnen Eine Betriebsversammlung, die auf Wunsch der wahlberechtigten Beschäftigten durchgeführt wird, ist immer dann während der Arbeitszeit durchzuführen, wenn im Kalendervierteljahr noch keine Betriebsversammlung stattgefunden hat. Der Wunsch der Belegschaft zur Durchführung einer Betriebsversammlung kann die Durchführung einer weiteren Betriebsversammlung im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG rechtfertigen. Dies ist möglich, wenn die Durchführung aus besonderen Gründen zweckmäßig erscheint. Der Betriebsrat hat hierbei einen Ermessensspielraum. Ein besonderer Grund zur Durchführung einer weiteren Betriebsversammlung i.S. von § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG liegt vor, wenn mehr als 1/4 der Wahlberechtigten Beschäftigten die Durchführung einer Betriebsversammlung zur Vorstellung der Kandidaten für die Betriebsratswahl verlangen. - ArbG Heilbronn, Beschluß vom 6.3.1990 - 3 BV Ga 1/90 - 5. Themen einer Betriebsversammlung Forum freier Kritik 12 1. Der Arbeitgeber kann die Teilnahme eines bestimmten Gewerkschaftsvertreters gemäß § 45 BetrVG an einer Betriebsversammlung nur dann untersagen, wenn durch die Entsendung gerade dieses Gewerkschaftsvertreters in eine Betriebsversammlung Störungen im Bereich des Betriebsgeschehens ernstlich zu befürchten sind. Ob eine solche Befürchtung zu Recht besteht, kann nur aufgrund einer umfassenden Würdigung des Gesamtsachverhalts beurteilt werden. 2. Auch überbetriebliche Fragen, insbesondere solche, die die gesamte Branche oder einen größeren Wirtschaftsraum betreffen, können zum Gegenstand der Beratung durch den nach § 45 BetrVG zu den Betriebsversammlungen entsandten Gewerkschaftsbeauftragten gemacht werden, soweit sie in einem sachlichen und erörterungswerten Zusammenhang mit dem betreffenden Betrieb stehen. - BAG, Urteil vom 15.1.1986 - 5 AZR 460/84 Die Betriebsversammlung ist ein legitimes Forum freie Meinungsäußerung über betriebliche Angelegenheiten. Dabei darf ein Arbeitnehmer Kritik nicht nur an Mißständen im Betrieb, sondern auch an den Personen üben, die für diese Mißstände verantwortlich sind. Diese Kritik darf sich auch auf den Arbeitgeber und die von ihm mit der Leitung des Betriebes beauftragten Personen erstrecken. Die Kritik muß aber so vorgebracht werden, daß Verletzungen und Störungen des Betriebsfriedens vermieden werden. Eine darüber hinausgehende Kritik kann ein Kündigungsgrund sein. - BAG, Urteil vom 27.10.1964 - 2 AZR 479/63 - Die Betriebsversammlung ist ein Forum, in dem betriebliche Angelegenheiten frei erörtert werden können. Der Arbeitnehmer darf Kritik an allen Angelegenheiten üben, die den Betrieb berühren. Selbstverständlich erstreckt sich diese Kritikmöglichkeit auch auf die Geschäftsleitung. Die Kritik darf allerdings nicht ehrverletzend sein oder den Betriebsfrieden stören. Die Äußerung einer unrichtigen Rechtsauffassung und Hinweise auf ein Leistungsverweigerungsrecht der Arbeitnehmer rechtfertigen noch keine Abmahnung. - BAG, Beschluß vom 14.2.1967 - 1 ABR 7/66 - Bericht über die Vertrauensleutearbeit Der Bericht über die Vertrauensleutearbeit im Betrieb ist ein grundsätzlich zulässiges Thema einer Betriebsversammlung, soweit dieser Bericht keine Gewerkschaftswerbung enthält. Hat der Arbeitgeber die Streichung eines solchen Berichts von der bekanntgemachten Tagesordnung einer Betriebsversammlung veranlaßt, so hat der Arbeitgeber den Versammelten den Lohn für eine Zeit von 10 Minuten fortzuzahlen, in der trotzdem der Bericht erstattet wird. - LAG Hamm, Urteil vom 3.12.1986 - 3 Sa 1229/86 Referat eines Rentenberaters Das Referat eines Rentenberaters auf einer Betriebsversammlung kann bei entsprechender Zusammensetzung der Belegschaft ein zulässiges Thema sein. Bei Streit über die Zulässigkeit hat der Arbeitgeber eine einstweilige Verfügung zu erwirken und seine Bedenken betriebsüblich bekanntzumachen. Nimmt ein Arbeitnehmer im Glauben an die Zulässigkeit des Referats an der Betriebsversammlung teil, so ist der Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet. - LAG Bremen, Urteil vom 5.3.1982 - 1 Sa 374-378/81 Referat: "Rückenschulung und Hebetechnik" 13 Bei dem Tagesordnungspunkt "Referat Rückenschulung und Hebetechnik“ handelt es sich um ein zulässiges Thema einer Betriebsversammlung. - ArbG Frankfurt/Main, Beschluß vom 26.4.1993 11 BV Ga 23/93 - Thema: "Wahlfreiheit in der Krankenversicherung" Der Betriebsrat ist berechtigt, das Thema der Wahlfreiheit für Pflichtversicherte im Krankenversicherungsbereich zum Gegenstand einer Betriebsversammlung zu machen und sich hierzu Experten zu bedienen. - Arbeitsgericht Paderborn, Beschluß vom 24.10.1996 - 2 BV Ga 4/96 Thema: “Sparpaket der Bundesregierung“ Die Auswirkungen des Sozialabbaus auf die Arbeitnehmer aufgrund des „Sparpakets“ der Bundesregierung können Thema einer Betriebsversammlung sein. - ArbG Minden, Beschluß vom 2.7.1996 - 2 BV Ga 2/96 - „Golfkrise“ Der Betriebsrat kann eine Betriebsversammlung mit dem Thema „Golfkrise“ einberufen, wenn sich der Golfkrieg auf die Arbeit der Beschäftigten des Betriebes auswirken könnte. ArbG Mannheim, Kammern Heidelberg, Beschluß vom 17.1.1991 - 8 BV Ga 4/91 - Überschreitung des zulässigen Themenkreises Eine nur geringfügige Überschreitung des gesetzlich zulässigen Themenkreises von Betriebsvereinbarungen ist unwesentlich. Als solche Abweichung wird eine maximal viertelstündige Erörterung eines außerhalb des Themenbereiches von Betriebsversammlungen angesiedelten Themas angesehen. Im entschiedenen Fall hatte das Gericht das Thema „Vertrauensleute-Arbeit“ nicht als unzulässige Angelegenheit und die 30-Minuten-Zeitdauer des Referats nicht als eine für den Rahmen der Betriebsversammlung erhebliche Überschreitung angesehen - LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.3.1981 - 11 Sa 1453/80 Behandlung unzulässiger Themen Der Arbeitgeber wird nicht automatisch von der Entgeltzahlungspflicht frei, wenn ein unzulässiges Thema behandelt wird. Es ist ihm vielmehr auch bei wesentlichen Verstößen gegen § 45 BetrVG zuzumuten Bedenken betriebsüblich bekanntzumachen und darüber hinaus gegebenenfalls durch einstweilige Verfügung die Erörterung seiner Meinung nach unzulässiger Tagesordnungspunkte untersagen zu lassen. - LAG Bremen, Urteil vom 5.3.1982 - 1 Sa 374-378/81 -; so im Ergebnis auch ArbG Göttingen, Urteil vom 17.11.1981 - 1 Ca 525/81 - Hält der Arbeitgeber die Behandlung einzelner Themen in der Betriebsversammlung für unzulässig und will er deshalb die Entgeltansprüche ablehnen, so muß er seine Bedenken vorher bekanntgeben. - LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.2.1987 - 8(14) Sa 106/86 Wenn eine unmittelbare Betroffenheit der Arbeitnehmer des Betriebes durch die Änderung des § 116 AFG auch für den Betriebsrat erkennbar nicht gegeben war, gleichwohl dann aber 3/4 der Gesamtdauer der Betriebsversammlung der Erörterung des Themas „Änderung des § 116 AFG“ gewidmet wurden, handelt es sich insoweit um ein für die Betriebsversammlung unzulässiges Thema. Hierfür schuldet der Arbeitgeber keine Vergütung, wenn er zuvor auf die Unzulässigkeit des Themas hingewiesen hat. - LAG München vom 29.9.1987 2 Sa 106/87 14 6. Entgeltfortzahlung während der Betriebsversammlung Grundsatz § 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG fingiert für die Teilnehmer an einer Betriebsversammlung einen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Folglich handelt es sich um einen Anspruch „aus dem Arbeitsverhältnis“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG, der im Urteilsverfahren zu verfolgen ist . - BAG, Urteil vom 1.10.1974 - 1 AZR 394/73 § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG enthält eine eigenständige, in sich abgeschlossene Regelung der Vergütung für die Zeiten, in denen Arbeitnehmer an Betriebsversammlungen teilnehmen. Die Ansprüche der Arbeitnehmer sind nur davon abhängig, daß die Arbeitnehmer an den in § 44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG genannten Betriebsversammlungen teilnehmen. Es ist nicht zu prüfen, ob ein Arbeitnehmer, hätte er nicht an der Betriebsversammlung teilgenommen, einen Lohnanspruch erworben hätte. Es kommt auch nicht darauf an, ob und inwieweit der Arbeitnehmer ohne die Vergütung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BetrVG einen Lohnverlust erleiden würde. Fällt die Betriebsversammlung in die betriebliche Arbeitszeit, entstehen Ansprüche nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG; liegt die Betriebsversammlung ganz oder teilweise außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit, ist § 44 Abs. 1 Satz 3 BetrVG anzuwenden. Zusätzliche Wegezeiten im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG sind die Zeiten, die ein Arbeitnehmer über die Wegezeit hinaus aufwenden muß, die er benötigt, um seine vertraglich geschuldete Leistung erbringen zu können. - BAG, Urteil vom 5.5.1987 - 1 AZR 292/85 Mängel bei der Einladung Mängel bei der Einberufung der Betriebsversammlung und bei der Einladung des Arbeitgebers führen nicht zum Verlust des Anspruchs auf Vergütung für die Zeit der Teilnahme an der Betriebsversammlung. - LAG Baden-Württemberg v. 17.2.1987 - 8[14] Sa 106/86 „Auslösung“ / Schmutzzulagen Der Zeit der Teilnahme an einer Betriebsversammlung ist nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG den Arbeitnehmern „wie Arbeitszeit“ zu vergüten. Das heißt, daß auch Lohnnebenkosten (Auslösungen, Schmutzzulage u.ä.), anders als im Krankheitsfall, zu zahlen sind. - LAG Düsseldorf, Urteil vom 16.1.1978 - 20 Sa 1562/77 - Akkordlohn Nimmt ein im Akkord stehender Arbeitnehmer einer Betriebs- oder Abteilungsversammlung teil, erhält er den Durchschnitt des zuletzt erzielten Akkordlohnes. - BAG, Urteil vom 23.9. 1960 1 AZR 508/59 - Lohnausfallprinzip - Wegezeiten/Akkord Nach § 44 Abs. 1 BetrVG ist die Zeit der Teilnahme an einer Betriebsversammlung einschließlich der zusätzlichen Wegezeiten des Arbeitnehmers wie Arbeitszeit zu vergüten. Zu zahlen ist der Betrag, der dem Arbeitnehmer zustehen würde, wenn er während der Zeit der Betriebsversammlung gearbeitet hätte. Das ist bei Akkordlohn der durchschnittliche Akkordverdienst. - LAG Düsseldorf, Urteil vom 11.12.1972 - 10 Sa 810/72 Kein Mehrarbeitszuschlag außerhalb der individuellen Arbeitszeit 15 Findet eine Betriebsversammlung außerhalb der Arbeitszeit statt, hat der Arbeitgeber die Wegezeit und die Zeit der Betriebsversammlung wie Arbeitszeit zu vergüten, jedoch ohne Mehrarbeitszuschlag. - LAG Düsseldorf, Urteil vom 8.12.1972 - 4 Sa 945/72 Findet eine ordentliche Betriebsversammlung wegen der Eigenart des Betriebes außerhalb der Arbeitszeit statt, so hat der teilnehmende Arbeitnehmer Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das er bei Abhaltung der Betriebsversammlung innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit erhalten hätte. Die Bezahlung einer Überstundenvergütung kommt allerdings insoweit in Betracht, als bei Fortgang der Arbeit im Betrieb eine derartige Vergütung angefallen wäre. - BAG, Urteil vom 18.9.1973 - 1 AZR 116/73 - Sonntagszuschlag Ein in Schichtarbeit eingeteilter Arbeitnehmer, der an einer an einem Sonntag erfolgenden Betriebsversammlung teilnimmt, die in seiner Freischicht durchgeführt wird, hat keinen Anspruch auf den tariflich vorgesehenen Sonntagszuschlag - BAG, Urteil vom 1.10.1974 - 1 AZR 394/73 - Kurzarbeit Die gesetzlichen Fiktion in § 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG begründet eine Vergütungsgarantie. Der Anspruch auf Vergütung der Zeit der Teilnahme an einer Betriebsversammlung gem. § 44 Abs. 1 Satz 3 BetrVG wird durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld nicht berührt, wenn die Betriebsversammlung außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers stattfindet. - LAG Hamm, Urteil vom 2.8.1985 - 16 Sa 567/85 Zu den das Kurzarbeitergeld mindernden Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird, gehören auch die Zeiten innerhalb des Gewährungszeitraumes, die der Arbeitgeber gemäß § 44 Abs. 1 BetrVG wegen einer sonntäglichen Betriebsversammlung wie Arbeitsentgelt vergütet. - BSG, Urteil vom 24.08.1988 Az 7 RAr 82/86 - Schichtarbeit/ Ruhen des Betriebes wegen Kurzarbeit Der Schichtarbeiter, der an einer während seiner üblichen Schichtzeit stattfindenden Betriebsversammlung teilnimmt, hat auch dann Anspruch auf Vergütung der aufgewandten Zeit nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 BetrVG, wenn der Betrieb zur fraglichen Zeit aus Anlaß von Streiks in Zulieferbetrieben ruht und eine Vergütung der ausfallenden Arbeitszeit sonst nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ausscheidet. - LAG Hamm, Urteil vom 2.9.1985 - 8 Sa 580/85 - „Urlauber“ Auch Urlaubern muß der Arbeitgeber die Zeit der Teilnahme an der Betriebsversammlung und die Wegezeit von Wohnung zum Betrieb und zurück wie Arbeitszeit vergüten, sowie die Fahrtkosten für den Weg von der Wohnung zum Betrieb und zurück erstatten. Das Urlaubsentgelt darf nicht angerechnet werden. - LAG Hamm, Urteil vom 2.5.1974 - 4 Sa 954/73 Der Anspruch auf Urlaubsvergütung und der Anspruch auf Vergütung der Zeit der Teilnahme an einer Betriebsversammlung gem. § 44 Abs. 1 BetrVG stehen zueinander im Verhältnis der Anspruchshäufung zumindest dann, wenn die Betriebsversammlung zu einem Zeitpunkt stattgefunden hat, an dem der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hätte, wenn ihm kein Urlaub gewährt worden wäre. - LAG Hamm, Urteil vom 2.8.1985 -16 Sa 174/85 16 7. Bericht des Arbeitgebers auf der Betriebsversammlung Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen Wird von den Beschäftigten mehrerer Unternehmen ein einheitlicher Betriebsrat gewählt, muß der Bericht nach § 43 Abs. 2 BetrVG von sämtlichen betroffenen Arbeitgebern für alle Unternehmen in einer Betriebsversammlung gegeben werden. - LAG Hamburg, Beschluß vom 15.12.1988 - 2 Ta BV 13/88 - Tendenzunternehmen Auch in einem von zwei Stadtgemeinden gemeinsam in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts betriebenen Tendenzunternehmen (Theater) haben die Arbeitgeber in der Betriebsversammlung den jährlichen Lagebericht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zu erstatten. Dieser Bericht braucht sich im Normalfall nicht auf die nähere Darlegung konkreter künstlerischer Entscheidungen zu erstrecken. - BAG, Beschluß vom 8.3.1977 - 1 ABR 18/75 - 8. Protokolle der Betriebsversammlung Protokolle sind grundsätzlich zulässig Wortgetreue Aufzeichnungen von Reden und Gegenreden auf der Betriebsversammlung sind zulässig. Das Gebot der Nichtöffentlichkeit wird dadurch nicht verletzt. - LAG Berlin, Beschluß vom 12.12.1978 - 3 Ta BV 5/78 - Kein Wortprotokoll des Arbeitgebers Dem Arbeitgeber ist es weder erlaubt, in Betriebsversammlungen ein Tonband mitlaufen zu lassen, noch die Redebeiträge der Betriebsangehörigen mitzustenografieren. - LAG Hamm, Beschluß vom 9.7.1986 - 3 Ta BV 31/86 - Stichwortartige Aufzeichnungen erlaubt Es kann dem Arbeitgeber nicht versagt werden, sich über den Verlauf einer Betriebsversammlung ein eigenes Protokoll anzufertigen. - LAG Baden-Württemberg, Beschluß vom 27.10.78 – 9 Ta BV 3/78 - Der Betriebsrat ist verpflichtet, die Fertigung stichwortartiger Aufzeichnungen über den Inhalt der Betriebsversammlungen durch den Arbeitgeber zu dulden. Allerdings darf in solchen Aufzeichnungen der Name eines Mitarbeiters, der sich äußerst, nicht vermerkt werden. Etwas anderes gilt nur, wenn der Mitarbeiter seinen Namen ausdrücklich vermerkt wissen will. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 4.9.1991 - 4 Ta BV 60/91 - Keine Tonbandaufnahme Der verfassungsrechtlich garantierte Persönlichkeitsschutz läßt die Aufzeichnung des in einer Betriebsversammlung gesprochenen Wortes auf Tonband durch Dritte und die spätere Verwendung nur bei vorliegendem Einverständnis des Redners zu. Regelungsabsprachen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geben dazu keine Anspruch. Von jedem Redner in der Betriebsversammlung müßte das Einverständnis vorliegen, ein Hinweis des Betriebsrates auf 17 den Anspruch des Arbeitgebers zum Abhören ersetzt dieses Einverständnis nicht. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 14.1.1981 - 15 Ta BV 92/80 - Tonbandaufzeichnungen der Betriebsversammlung sind ohne Zustimmung und ohne entsprechenden Hinweis des Versammlungsleiters den Teilnehmern der Betriebsversammlung gegenüber in jedem Fall unzulässig. - LAG München, Beschluß vom 15.11.1977 - 5 Ta BV 34/77 Die heimliche Tonbandaufnahme in einer Betriebsversammlung verletzt das Persönlichkeitsrecht der Teilnehmer der Versammlung. Sie verletzt auch den Tatbestand des § 201 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch. Fertigt jemand heimlich ohne Einverständnis des Betriebsrates in einer Betriebsversammlung eine Tonbandaufzeichnung an. so rechtfertigt dies die außerordentliche Kündigung. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 28.3.1980 - 9 Sa 67/80 - 9. Mitarbeiterversammlungen des Arbeitgebers Der Arbeitgeber ist berechtigt auf von ihm einberufenen Mitarbeiterversammlungen über betriebliche Belange zu informieren, auch wenn Fragen berührt werden, für die der Betriebsrat zuständig ist. Solche Mitarbeiterversammlungen dürfen jedoch nicht zu „Gegenveranstaltungen“ gegenüber Betriebsversammlungen mißbraucht werden. - BAG, Beschluß vom 27.6.1989 - 1 ABR 28/88 - Gegenveranstaltung des Arbeitgebers Der Arbeitgeber ist zwar grundsätzlich berechtigt, Versammlungen seiner Arbeitnehmer einzuberufen, auf denen Gegenstände erörtert werden, für die eine Zuständigkeit des Betriebsrats besteht. Allerdings darf der Arbeitgeber eine solche Veranstaltung nicht dazu nutzen, um die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung durch Abhaltung einer Gegenveranstaltung gegen eine vom Betriebsrat einberufene Betriebsversammlung zu missbrauchen. - ArbG Duisburg, Beschluß vom 15.12.1993 - 1 B 32/93 Verbot von (Teil-) Belegschaftsversammlungen durch den Betriebsrat 1. Ein Arbeitgeber überschreitet seine Befugnis zur Veranstaltung von (Teil-) Belegschaftsversammlungen, wenn er diese dazu mißbraucht, die Institution der Betriebsversammlung zu schädigen und die Rechte des Betriebsrats einzuschränken. 2. Sofern ein Arbeitgeber seine Befugnis von (Teil-) Belegschaftsversammlungen mißbraucht, kann ihm die Durchführung der Veranstaltung mittels einstweiliger Verfügung verboten werden. - Arbeitsgericht Darmstadt, Beschluß vom 6.5.1996 - 4 BV Ga 14/96 Unzulässigkeit einer Mitarbeiterdienstbesprechung als Gegenveranstaltung zu einer Betriebsversammlung Der Arbeitgeber überschreitet seine Befugnisse im Hinblick auf die Veranstaltung von "Mitarbeiterversammlungen", wenn er diese Versammlungen dazu missbraucht, um die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung durch die Abhaltung einer Gegenveranstaltung zur Betriebsversammlung zu stören. Eine "Mitarbeiterdienstbesprechung", die der Arbeitgeber einen Tag nach der Betriebsversammlung anberaumt, erweckt allein schon wegen der unmittelbaren zeitlichen Nähe den Eindruck einer unzulässigen Konkurrenzveranstaltung. Dieses betriebsverfassungswidrige Verhalten kann der Betriebsrat im Wege der einstweiligen Verfügungsverfahren untersagen lassen. - ArbG Osnabrück, Beschluß vom 25.6.1997 - 4 BV Ga 3/97 Gegenveranstaltung zur Betriebsversammlung 18 Der Arbeitgeber überschreitet seine Befugnis zur Veranstaltung von Mitarbeiterversammlungen, wenn er die Versammlungen dazu missbraucht, die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung durch die Abhaltung einer Gegenveranstaltung zur Betriebsversammlung zu stören. - Arbeitsgericht Offenbach/Main, Beschluß vom 16.6.2000 - 2 BV Ga 026/00 - 10. Keine Behinderung der Betriebsversammlungen Behinderungsversuche durch Arbeitgeber ist strafbar Einwendungen gegen eine Betriebsversammlung hat der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht im einstweiligen Rechtsschutzes geltend zu machen. Die Grenzen der dem Arbeitgeber von Rechts wegen zustehenden Einwirkungsmöglichkeiten werden dadurch überschritten, daß er in einem „PS“ erklärt, er könne „den Meistern und Leuten empfehlen, diese Versammlung zu besuchen“; es bleibe dem Betriebsrat „unbenommen, für ihre Mitglieder eine private Versammlung abzuhalten.“ Durch ein solches ausgehängtes Schreiben wird das Organisationsrecht des Betriebsrats in schwerwiegender Weise beeinträchtigt, was eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit darstellt. Der Tatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist bereits mit der Behinderung der Betriebsratstätigkeit bei der Einberufung der Betriebsversammlung vollendet. - OLG Stuttgart, Beschluß vom 9.9.1988 Aushang am Schwarzen Brett in sachlicher Form Macht der Arbeitgeber durch Aushang am Schwarzen Brett auf seine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Betriebsversammlung, auf den Fortfall seiner Entgeltzahlungspflicht für die Zeit der Teilnahme und auf die grundsätzliche Freiwilligkeit der Teilnahme der Arbeitnehmer an Betriebsversammlungen aufmerksam, so stellt dies keinen groben Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtungen im Sinne von § 23 Absatz 3 BetrVG dar. - ArbG Hamburg, Beschuß vom 5.11.1997 - 6 BV 6/97 Störung der Betriebsratstätigkeit Der Betriebsrat kann dem Unternehmer gerichtlich Äußerungen untersagen lassen, mit denen die Belegschaftsmitglieder aufgefordert werden, an einer rechtmäßigen Betriebsversammlung nicht teilzunehmen. Derartige Aufforderungen stellen eine Störung der Betriebsratstätigkeit dar. - ArbG Köln, Beschluß vom 28.4.1982 - 7 BV Ga 7/82; - ArbG Detmold, Beschluß vom 12.5.1992 - 3 BV Ga 7/92 - Keine Teilnahmeverhinderung durch Arbeitgeber Der Arbeitgeber darf die Teilnahme an einer Betriebsversammlung nicht einseitig untersagen. Wenn der Arbeitgeber dringende betriebliche Bedürfnisse für die Weiterarbeit einzelner oder von Gruppen von Arbeitnehmern geltend macht, so muß er diese Frage mit dem Betriebsrat klären. Eine Kündigung wegen der Teilnahme ist unzulässig, die Arbeitnehmer haben einen Entgeltanspruch und sind nicht zur Nacharbeit verpflichtet. - LAG Hamburg, Urteil vom 12.7.1984, 7 Sa 30/84 - Wird ein Betrieb mit Betriebsrat in einen anderen Betrieb mit Betriebsrat eingegliedert, so besteht das Betriebsratsmandat des eingegliederten Betriebs bei nahe bevorstehender Neuwahl fort bis zur Konstituierung des neuen Betriebsrates. Dem Arbeitgeber wird deshalb aufgegeben, es zu unterlassen, dem Betriebsrat des eingegliederten Betriebes 19 Betriebsratstätigkeit zu untersagen und die Mitarbeiter an der Teilnahme an einer Betriebsversammlung zu hindern. Ferner wird dem Arbeitgeber aufgegeben, das Verbot, eine Betriebsversammlung durchzuführen, unverzüglich zurückzunehmen und die Belegschaft darüber zu informieren. - ArbG Hamburg, Beschluß vom 14.10.1998, 11 Ga BV 1/98 Grober Verstoß des Arbeitgebers Der Versuch des Arbeitgebers, eine Betriebsversammlung durch Überhängen der Einladung und das Versprechen eines halben Tages Zusatzurlaub bei Nichtteilnahme zu verhindern, ist ein grober Verstoß im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG. - LAG Baden Württemberg, Beschluß vom 30.4.1987 - 13 (7) Ta BV 15/86 - Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei betriebsinterner Veröffentlichung von Betriebsratskosten § 43 Abs. 2 BetrVG verlangt vom Arbeitgeber nicht, sich auf einer Betriebsversammlung zu den Kosten der Betriebsratsarbeit zu äußern. Hat der Arbeitgeber hieran ein berechtigtes Interesse, dar er durch die Art und Weise der Veröffentlichungsgestaltung und -vermittlung den Betriebsrat nicht in seiner Amtsführung beeinträchtigen. - BAG, Beschluß vom 19.7.1995 - 7 ABR 60/94 - Unzulässiger Druck rechtfertigt Unterlassungsanspruch Ein Schreiben des Arbeitgebers, mit dem zu einer "außerordentlichen Betriebsversammlung" eingeladen und zugleich zur Stimmabgabe für das Unternehmen oder das "Chaotenteam" des Betriebsrats aufgefordert wird, ist rechtswidrig. Hiergegen besteht ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats nach §§ 78 BetrVG, 823, 1004 BGB. - ArbG Marburg, Urteil vom 15.12.1995 - 2 BV Ga 22/95 - Kündigung wegen Redebeitrag auf Betriebsversammlung nicht gerechtfertigt Der Arbeitgeber kann einen Arbeitnehmer, der sich mit einem Diskussionsbeitrag nicht im Rahmen der nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zulässigen Themen hält, deswegen nicht kündigen, wenn der Betriebsratsvorsitzende als Versammlungsleiter die Fortsetzung des Diskussionsbeitrages nicht verhindert hat. - LAG Frankfurt, Urteil vom 13.3.1972 - 8 Sa 63/73 - 11. Die weitere und außerordentliche Betriebsversammlung Allgemeine Voraussetzungen Die Voraussetzungen für eine weitere Betriebsversammlung nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG liegen nur vor, wenn die Angelegenheit, die mit der Belegschaft erörtert werden soll, so bedeutend und dringend ist, daß ein sorgfältig amtierender Betriebsrat unter Berücksichtigung der konkreten Situation im Betrieb die Einberufung einer weiteren Betriebsversammlung für sinnvoll und angemessen halten darf. Dabei ist auch zu berücksichtigen, welche Informationen der Belegschaft schon gegeben werden können, wie sinnvoll ein Meinungsaustausch im Zeitpunkt der vorgesehenen Betriebsversammlung ist und welche Folgen die Nichteinberufung der vorgesehenen Betriebsversammlung haben kann. - BAG, Beschluß vom 23.10.1991 - 7 AZR 249/90 - 20 Die Entscheidung, ob eine weitere Betriebsversammlung nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG durchgeführt wird, hat der Betriebsrat nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffen. Nur insoweit unterliegt die Durchführung einer Betriebsversammlung einer gerichtlichen Überprüfung. Die Absicht des Betriebsrates, in dieser Betriebsversammlung die Kandidaten für die nächste Betriebsratswahl vorzustellen, verletzt nicht dieses ihm vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessen. - LAG Berlin, Beschluß vom 12.12.1978 - 3 Ta BV 5/78 Weitere Betriebsversammlung wegen Änderung des § 116 AFG? Die Durchführung einer weiteren Betriebsversammlung zum Thema "Auswirkungen der bevorstehenden Änderung des § 116 AFG auf die Beschäftigung der Arbeitnehmer im Betrieb" ist rechtswidrig, da der aktuelle betriebliche Bezug fehlt. - ArbG München, Beschluß vom 3.2.1986 - 22 BV Ga 17/86 - Weitere Betriebsversammlung - unzulässige Thematik Eine weitere Betriebsversammlung mit der Tagesordnung "Berichterstattung und Diskussion über die Forderungen des Arbeitgebers zur Manteltarifverhandlung" ist nicht zulässig. ArbG Wilhelmshaven, Beschluß vom 27.10.1988 - 1 BV GA 5/88 - Weitere Betriebsversammlung - Bericht über den Stand der Tarifverhandlungen Eine weitere Betriebsversammlung mit der Tagesordnung „Die tarifliche Situation in der SIndustrie“ ist jedenfalls dann zulässig, wenn durch auch vom Arbeitgeber verteilte Flugblätter bei den Arbeitnehmern ein sachliches Bedürfnis für aktuelle Informationen besteht. - ArbG Oldenburg, Beschluß vom 29.5.1989 - 5 BV/Ga 1/89 - Weitere Betriebsversammlung - Tagesordnung: 1. Stand der Tarifverhandlungen, 2. Verschiedenes Beim Vorliegen von konkreten betrieblichen Bezugspunkten ist die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer Art auf einer Betriebsversammlung zulässig. Kann dies auf der quartalsmäßigen Betriebsversammlung nicht geschehen, so kann auch eine weitere Betriebsversammlung durchgeführt werden, wenn eine sofortige Aussprache zweckmäßig ist. Dies gilt dann, wenn der Betriebsrat auf dieser Betriebsversammlung die Belegschaft informieren will und seinerseits von der Belegschaft Informationen erhalten kann, um eigene Rechte im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG wahrzunehmen. - LAG BadenWürttemberg, Urteil vom 25.9.1991 - 10 Sa 32/91 -; ArbG Freiburg, Urteil vom 24.9.1991 - 7 Ca 289/91 - Weitere Betriebsversammlung - Grenzen der Behandlung tarifpolitischer Themen bei Fehlen des betrieblichen Bezuges Allein das herannahende Ende der Friedenspflicht, das sämtliche Betriebe einer Branche betrifft, stellt keinen betrieblichen Bezug der besonderen Gründe als Voraussetzung für eine weitere Betriebsversammlung dar. - ArbG Neumünster, Beschluß vom 25.1.1994 - 3a BV Ga 3/94 Unterschriftensammlung für außerordentliche Betriebsversammlung Die Unterschriftensammlung für einen Antrag der Belegschaft für eine außerordentliche Betriebs- oder Abteilungsversammlung kann während der Arbeitszeit ohne Minderung des Arbeitsentgeltes stattfinden. § 43 Abs. 3 BetrVG gilt auch für Abteilungsversammlungen, so 21 daß die Arbeitnehmer auch hier ein Initiativrecht haben. - ArbG Stuttgart, Urteil vom 13.5.1977 - 7 Ca 117/77 - Eine zusätzliche Betriebsversammlung über die tarifliche Situation nach Scheitern von Tarifverhandlungen ist jedenfalls dann zulässig, wenn sich eine Vielzahl von Arbeitnehmern des Betriebes an den Betriebsrat mit der Bitte um weitere Information gewandt hat. - ArbG Oldenburg, Beschluß vom 29.5.1989 - 5 BV Ga 1/89 - Kein Teilnahmerecht des Arbeitgebers Für die außerordentlichen Betriebsversammlungen, die auf Wunsch des Betriebsrates oder eines Viertels der Belegschaft einberufen werden, besteht kein Teilnahmerecht des Arbeitgebers. - BAG, Beschluß vom 27.6.1989 - 1 ABR 28/88 Vergütungspflicht des Arbeitgebers Nur Betriebsversammlungen, die den Anforderungen des § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG genügen, lösen eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers nach § 44 Abs. 1 BetrVG aus. Es kommt nicht darauf an, ob das Fehlen eines besonderen Grundes für eine weitere Betriebsversammlung offensichtlich oder nicht offensichtlich war. Eine Vertrauenshaftung des Arbeitgebers und eine Schadensersatzpflicht wegen Verletzung vertraglicher Nebenpflichten kommen nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber die Belegschaft darauf hinweist, daß die Voraussetzungen für eine weitere Betriebsversammlung nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG nicht erfüllt sind. - BAG, Urteil vom 23.10.1991 - 7 AZR 249/90 - 12. Betriebsversammlung und Betriebsratswahl Vorrang der Wahl des Wahlvorstandes durch eine Betriebsversammlung Die Bestellung eines Wahlvorstandes durch das Arbeitsgericht gemäß § 17 Abs. 3 BetrVG hat nur subsidiäre Bedeutung. Durch die Anrufung des Arbeitsgerichts geht der Betriebsversammlung das ihr nach § 17 Abs. 1 BetrVG zustehende Recht, einen Wahlvorstand zu wählen, so lange nicht verloren, wie eine rechtskräftige Entscheidung noch nicht vorliegt. - BAG, Beschluß vom 19.3.1974 - 1 ABR 87/73 Form der Einladung Die Wahl des Wahlvorstandes in einer Betriebsversammlung ist dann nichtig, wenn die Einladung zu dieser Versammlung nicht so bekanntgemacht worden ist, daß alle Arbeitnehmer des Betriebs hiervon Kenntnis nehmen konnten, diese auch nicht auf andere Weise tatsächlich hiervon erfahren haben und durch das Fernbleiben der nicht unterrichteten Arbeitnehmer das Wahlergebnis beeinflußt werden konnte. - BAG, Urteil vom 7.5.1986 - 7 AZR 349/85 - Für die Ordnungsmäßigkeit der Einladung zu einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 1 BetrVG genügt es, wenn der Arbeitnehmer durch einen Aushang zu einer Betriebsversammlung eingeladen werden und damit die Möglichkeit erhalten, an dieser teilzunehmen. Daß der Aushang unterschrieben ist, ist nicht erforderlich. - LAG Hamm, Urteil vom 29.11.1973 - 3 Sa 663/83 - Die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes nach § 17 Abs. 3 BetrVG setzt jedenfalls grundsätzlich voraus, daß zuvor eine ordnungsgemäße Einladung zu einer 22 Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 2 BetrVG erfolgt ist. Von dieser Voraussetzung kann nicht schon dann abgesehen werden, wenn der Arbeitgeber sich weigert, eine ihm obliegende, zur Bewirkung der Einladung notwendige Mitwirkungshandlung vorzunehmen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, allen regelmäßig auswärts beschäftigten Arbeitnehmern eine Einladung zu einer Betriebsversammlung zum Zweck der Wahl eines Wahlvorstandes für die erstmalige Wahl eines Betriebsrates zukommen zu lassen. - BAG, Beschluß vom 26.2.1992 - 7 ABR 37/91 - Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG beinhaltet die Verpflichtung der Arbeitgeber, die Namen und Adressen ihrer Arbeitnehmer der Gewerkschaft zu offenbaren, damit diese ordnungsgemäß zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands einladen kann. Ist die postalische Versendung von Einladungen der einzige Weg, um zu gewährleisten, daß alle Beschäftigten des Betriebes von diesen Kenntnis nehmen können, so ist der Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet, seinen Beschäftigten Einladungsschreiben der Gewerkschaft zu der Teilnahme an einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes nach entsprechender Aufforderung durch die Gewerkschaft zu übersenden. - LAG Hamburg, Beschluß vom 16.6.1992 - 2 Ta BV 10/91 Kein Teilnahmerecht des Arbeitgebers Das Teilnahmerecht des Arbeitgebers an Betriebsversammlungen gemäß § 43 Absatz 1 BetrVG gilt nicht für Betriebsversammlungen zur Bildung eines Wahlvorstandes gemäß § 17 BetrVG. § 17 BetrVG will den Arbeitnehmern ermöglichen, eine Betriebsratswahl vorzubereiten, ohne Sanktionen des Arbeitgebers befürchten zu müssen. Der Arbeitgeber hat deshalb kein Teilnahmerecht an einer Betriebsversammlung zur Vorbereitung der Betriebsratswahl. - ArbG Bielefeld, Beschluß vom 23.6.1982 - 5 BV Ga 12/82; - ArbG Stuttgart 25.6.1992 5 Bv Ga 11/92 - Zugangsrecht des Gesamtbetriebsrats zu Betriebsversammlungen zur Einsetzung des Wahlvorstandes Wird ein Mitglied des Gesamtbetriebsrats von drei wahlberechtigten Arbeitnehmern eingeladen, an einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes in einem betriebsratslosen Betrieb gemäß § 17 BetrVG teilzunehmen, so hat das Mitglied des Gesamtbetriebsrats ein Zugangsrecht. Bei Verstößen mit Behinderung hiergegen besteht ein Unterlassungsanspruch als Nebenleistungsanspruch aus § 17 BetrVG i.V. mit § 42 BetrVG und § 44 BetrVG. - ArbG Frankfurt am Main, Beschluß vom 31.10.1996 - 18 BV 73/96 Gemeinschaftsbetrieb Wird von den Beschäftigten mehrerer Unternehmen ein einheitlicher Betriebsrat gewählt, muß der Bericht nach § 43 Abs. 2 BetrVG von sämtlichen betroffenen Arbeitgebern für alle Unternehmen in einer Betriebsversammlung gegeben werden. - LAG Hamburg, Beschluß vom 15. 12. 1988 - 2 Ta BV 13/88 - Haben zwei räumlich nur 20 km auseinanderliegende Betriebsstätten bisher getrennte Betriebsräte gewählt, ist aber nach Meinung einer in beiden Betrieben vertretenen Gewerkschaft zukünftig die Wahl eines gemeinsamen Betriebsrats aus juristischen Gründen geboten, so muß auf einer gemeinsamen Betriebsversammlung beider Betriebsstätten ein Wahlvorstand gewählt werden. Diese Betriebsversammlung kann der Arbeitgeber jedenfalls dann nicht durch eine einstweilige Verfügung untersagen lassen, wenn es nicht 23 ausgeschlossen erscheint, daß es sich bei beiden Betriebsstätten um einen einheitlichen Betrieb i.S.v. § 1 oder § 4 BetrVG handelt. - LAG Bremen, Beschluß vom 20.3.1987 - 2 Ta BV 8/87 Besteht in einem von drei Betriebsteilen ein Betriebsrat, so hat dieser nach § 16 BetrVG einen Wahlvorstand zu bestellen. Kommt dieser bestellte Wahlvorstand zu dem Ergebnis, dass die drei Betriebsteile einen einheitlichen Betrieb bilden, ist er berechtigt, eine Betriebsratswahl für diesen einheitlichen Betrieb durchzuführen. Eine Wahl des Wahlvorstandes durch die Betriebsversammlung nach § 17 BetrVG ist in diesem Fall nicht zulässig. - LAG Niedersachen, Beschluß vom 13.5.1998, 13 Ta BV 40/98 - Vorstellung der Kandidaten auf „weiterer“ Betriebsversammlung Es ist zulässig, eine weitere Betriebsversammlung nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG einzuberufen, um auf ihr die Kandidaten für die Betriebsratswahlen vorzustellen. Der Betriebsrat verletzt dabei nicht das vom Gesetz ihm eingeräumte Ermessen. - LAG Berlin, Beschluß vom 12.12.1978 - 3 Ta BV 5/78 - Ein besonderer Grund zur Durchführung einer weiteren Betriebsversammlung i.S. von § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG liegt vor, wenn mehr als 1/4 der Wahlberechtigten Beschäftigten die Durchführung einer Betriebsversammlung zur Vorstellung der Kandidaten für die Betriebsratswahl verlangen. - ArbG Heilbronn, Beschluß vom 6.3.1990 - 3 BV Ga 1/90 Strafbare Wahlbehinderung und Zugangsverweigerung Die Bedrängung von Wahlvorstandsmitgliedern und die Zugangsverweigerung für Gewerkschaftsbeauftragte zur Betriebsversammlung stellt eine strafbare Behinderung der Betriebsratswahl i.S.d. § 119 Abs. 1 Ziffer 1 BetrVG dar. - Landgericht Siegen vom 13.11.1986 - 6 Ls 25 Js 354/84 S 2/85 4.8.2001 24