Vorschläge für Lernsituationen im Lernfeld 7: „Klassische genetische Verfahren anwenden“ Lernsituation 1: Drosophila-Mutanten kreuzen In Vorbereitung auf das genetische Praktikum von Biologiestudenten sind Sie beauftragt worden, die Grundlagen der Drosophila-Genetik an praktischen Beispielen zu erarbeiten (s. Anlage 1 und 2). Folgende fachliche Inhalte sollen die Studenten am Ende des Praktikums beherrschen: Unterscheidung von Drosophila-Mutanten und Geschlecht Haltung (Nährboden, Betäubung und Umsetzung) Entwicklungsstadien, Generationszeit bei unterschiedlichen Temperaturen Kreuzungsansätze inkl. Kreuzungsbögen: monohybrid dihybrid gonosomal Am Tag X bekommen Sie von ihrer Professorin jungfräuliche Tiere in Zuchtröhrchen vorgelegt, mit denen die Studenten oben genannte Kreuzungen ansetzen sollen. Erstellen Sie in Partnerarbeit einen Zeitplan für die Studenten. Führen Sie die Kreuzungen in Partnerarbeit durch und füllen Sie die Kreuzungsbögen aus. Lernsituation 2: Anwendungsbeispiel aus aktueller Forschung (evt. in engl. Sprache) In ihrer Arbeitsgruppe steht das wöchentliche Mitarbeiterseminar an. Hier werden Forschungsergebnisse präsentiert. Der Inhalt des vorliegenden Fachtextes soll von Ihnen dargestellt werden. Lernsituation 3: Nachweis einer Stoffwechselblockade bei Drosophila (s. Anlage 3) Ihre Arbeitsgruppe arbeitet auf dem Gebiet der Annotation (welches Gen macht was?). Der Nachweis von Stoffwechselblockaden gehört zu einer der Untersuchungsmethoden. Unter Anleitung Ihres Projektleiters (Lehrer) führen Sie exemplarisch den Nachweis der Stoffwechselblockade der Augenpigmente bei Drosophila durch. Dabei sind Sie angehalten in Ihrem Protokoll die allgemeinen Richtlinien einzuhalten. Anlage 1: Drosophila – Kreuzungen Ziele: Experimentelle Erarbeitung der Mendelschen Regeln Zucht von Fruchtfliegen als exemplarisches Beispiel für den Umgang mit Labortieren Basisinformationen: Drosophila war und ist das Standardsystem der Genetiker. Die Fliegen haben eine schnelle Generationszeit (10 bis 14 Tage bei 25° - 28°C) mit vielen Nachkommen. Die Haltung ist einfach und relativ billig. Ein Nachteil ist, dass, anders als z.B. bei vielen Mikroorganismen, Stämme nicht konserviert werden können, sondern ständig fortgepflanzt und gewartet werden müssen. In einzelnen Labors werden oft Hunderte von Stämmen (Mutanten) gehalten und eine geschulte Kraft ist für die dauernde Versorgung erforderlich. Drosophila melanogaster ist etwa 2mm groß und ernährt sich von Obstsäften. Der Geruch von überreifem oder gärendem Obst lockt im Sommer und Herbst viele der zu den Taufliegen gehörenden Insekten an. Sie dürften deshalb jedem bekannt sein. Mit einer Lupe können die Geschlechter leicht unterschieden werden: Der Hinterleib der Weibchen ist zugespitzt und die schwarze Bänderung der Hinterleibsringe setzt sich bis zum Ende fort. Der Hinterleib der Männchen ist abgerundet und die dunklen Ringe scheinen zu einem einheitlichen schwarzen Band verschmolzen zu sein. Die Weibchen legen ihre etwa 0,5mm großen Eier auf die Oberfläche von Obst (bzw. Nährboden s.u.). Die Embryonalentwicklung des Keimes ist nach etwa einem Tag abgeschlossen, dann schlüpft die Larve (Made) und bohrt sich in das Obst (Nährboden). In den nächsten drei Tagen häuten sich die Larven zweimal und wachsen bis zu einer Größe von 2mm heran. Dann verlassen die Larven den Nährboden wieder und verpuppen sich (an der Wand des Zuchtgefäßes). Während der Puppenruhe färbt sich die tönnchenförmige Puppe von gelblichweiß nach braun um. Wenn die Metamorphose (Umwandlung) nach 4-5 Tagen beendet ist, schlüpft die Imago (das fertige Insekt). Bereits sechs bis acht Stunden nach dem Schlüpfen sind die Tiere zeugungsfähig! Neben dem Drosophila Wildstamm (+) besitzt die Merkmale in der ursprünglichen Ausprägung, z.B.: Körper bräunlich gefärbt, dunkelrotbraune Augenfarbe, lange und gerade Flügel gibt es zahlreiche Mutanten, mit denen die Mendelschen Regeln experimentell bestätigt werden können, z.B.: vestigial (vg) Stummelflügel, rezessives Allel auf Chromosom 2 ebony (e) schwarze Körperfarbe, rezessives Allel auf Chromosom 3 für geschlechtsgebundene Vererbung: white (w) weiße (pigmentlose) Augen, rezessives Allel auf dem x-Chromosom Doppelmutanten für genetischen Stoffwechselblock: cinnabar-brown (cn.bw) u. vermillion-brown (v.bw) Beide Stämme haben weiße (pigmentlose) Augen durch rezessive Allele in der Synthesekette zur Bildung der Augenfarbstoffe (siehe spezielle VA), cn: 2.Chromosom bw: 2.Chromosom v: x-Chromosom Dreifachmutante für Anlagenkopplung und crossing over: black-cinnabar-vestigial (b.cn.vg) schwarze Körperfarbe, zinnoberrote Augen, Stummelflügel, alle drei Allele auf Chromosom 2 Um die Schreibweise für Kreuzungsansätze zu vereinheitlichen, hat man sich auf folgende Regeln verständigt: - Rezessive Mutanten-Allele werden klein, dominante Mutanten-Allele groß geschrieben. - Zuerst wird das mütterliche Individuum beschrieben, dann das väterliche. + - Die jeweiligen Wildtyp-Allele werden durch den Index „+“ gekennzeichnet, z.B. vg . - Der Genotyp wird als Bruch dargestellt. - Über dem Bruchstrich werden die mütterlichen Allele mit ihren entsprechenden Abkürzungen aufgeführt, darunter die väterlichen. Material: Drosophila Wildstamm und geeignete Mutanten (s.o.) Zuchtgefäße (s.u.), Zutaten für Nährboden (s.u., Hinweis: Trockenbierhefe, Maisgries, Malzextrakt und Vollsojamehl erhält man in Reformhäusern.), Kochtopf, Heizplatte, Rundfilter, Nipagin (4-Hydroxybenzoesäuremethylester, Methyl-4-Hydroxybenzoat), Diethylether Durchführung: 1. Vorbereiten der Zuchtgefäße: Im Handel (Fa. Greiner) sind Drosophila-Zuchtgefäße aus Kunststoff mit Schaumstoffdeckel erhältlich. Als Zuchtgefäße eignen sich u.a. auch sterile Gläschen von Babynahrung, die mit Wattestopfen verschlossen werden. Zur Trockensterilisation der Gläschen saubere und trockene Gläschen ohne Etiketten in kalten Trockenschrank legen; 2h bei 180°C erhitzen; bis zum Erkalten in geschlossenem Trockenschrank belassen, um ein Springen der Gläser zu vermeiden. Zum Herstellen der Stopfen in ein Stück Mullbinde ein Knäuel Watte geben und die Mullbinde zubinden. 2. Vorbereiten der Filterpapiere (etwa 25 Stück): Man löst in einer großen Petrischale zwei Spatelspitzen Nipagin in etwa 20ml Ethanol, taucht Rundfilter (90 o. 110mm) in die Lösung und legt sie zum Trocknen. 3. Herstellung des Nährbodens (ausreichend für 20-25 Zuchtgefäße): Rezept für Futterbrei: 1 Liter Wasser 8g Agar 20g Trockenbierhefe 75g Maisgries 40g Zuckerrübensirup (etwa 2 Esslöffel) 80g Malzextrakt oder Zucker 10g Vollsojamehl (bei D. melanogaster nicht unbedingt erforderlich) 5ml Propionsäure 1 Spatelspitze Nipagin (Methyl-4-Hydroxybenzoat) 1 Würfel Bäckerhefe Das Wasser wird zusammen mit dem Agar und der Trockenbierhefe in einem Kochtopf auf einer Herdplatte unter Rühren zum Kochen gebracht, dann wird der Maisgries und die übrigen Zutaten nach und nach unter Rühren hinzugefügt. Der Brei muss unter ständigem Umrühren etwa 10–20 Minuten lang aufgekocht werden. Man lässt etwas abkühlen, setzt eine Spatelspitze Nipagin und 5ml Propionsäure zu und verrührt diese Zusätze gleichmäßig. Beim Ausgießen muss der Brei so warm sein, dass er noch zu gießen ist, aber der Maisgries sich nicht mehr absetzen kann. Nachdem der Brei etwa 3cm hoch in die Gläschen ausgegossen und weiter abgekühlt ist, wird die Breioberfläche mit wenigen Tropfen Bäckerhefe-Schlämme (ein Stück Bäckerhefe mit wenig Wasser suspendieren) benetzt und zu einem Film über den Brei gleichmäßig verteilt. Zum Schluss werden die vorbereiteten, getrockneten, zu einem Kegel gefalteten Rundfilter in den Brei gesteckt. Erst wenn der Brei vollständig erkaltet, der Hefefilm angetrocknet und an den Wänden der Zuchtbehälter kein Kondenswasser mehr zu sehen ist, dürfen die Fliegen eingesetzt werden. Die Kulturen gehen am besten an, wenn der Brei nicht älter als 1 – 2 Tage ist, notfalls können vorbereitete Kulturgefäße eine Woche im Kühlschrank aufbewahrt werden. Während der Kultur, z.B. im Thermostaten bei 25° - 28°C, ist darauf zu achten, dass der Brei nicht eintrocknet. Spätestens wenn er sich von der Glaswand gelöst hat, muss etwas Wasser zugesetzt werden. Dies kann am einfachsten mit einer Spritze und Kanüle durch den Schaumstoffdeckel bzw. Wattestopfen geschehen. 4. Zuchtansatz (Reinstammkulturen) Die für die Kreuzungen benötigten Reinzuchten werden über den Lehrmittelhandel oder von einem genetischen Institut besorgt. 14 Tage bevor man mit den Kreuzungen beginnen will, werden von jedem Stamm zwei bis drei Zuchtgefäße mit je etwa 10-15 Weibchen und Männchen angelegt, um unvorhersehbaren Verlusten vorzubeugen. Die Zuchtgefäße sind mit dem jeweiligen Genotyp und dem Datum des Zuchtansatzes zu beschriften. Die Zuchtgläser werden bei ca. 25°C im Brutschrank aufbewahrt. Larven treten etwa nach 5 Tagen auf. Man sieht sie von der Seite des Gefäßes in der Oberflächenschicht des Nährbreis kriechen. Sind nach 5-7 Tagen keine Larven zu sehen, ist die Kultur nicht angegangen. Etwa nach 4 Wochen sollten erneut Reinstammkulturen angelegt werden. 5. Narkotisieren Für die genaue Geschlechts-Diagnose müssen die Fliegen betäubt werden. Man benötigt dazu einen Kork- oder Gummistopfen, der auf die Zuchtgefäße passt. Auf der Innenseite des Stopfens wird ein Wattebausch mit einer Reißzwecke befestigt. Direkt vor der Betäubung wird der Wattebausch mit wenigen Tropfen Diethylether getränkt. Man stößt das Zuchtgefäß mehrfach leicht auf den Handballen. Die Fliegen fallen dadurch nach unten. Dann ersetzt man rasch den Stopfen des Zuchtgefäßes gegen ein umgedrehtes, sauberes, leeres Zuchtgefäß, das als Betäubungsgefäß dient. Umschließt man mit den Händen das untere Gefäß, fliegen oder laufen die Fliegen dem Licht entgegen in das obere Gefäß. Man kann die beiden Gefäße auch um 180° drehen und die Fliegen durch leichtes Klopfen in das Narkosegefäß befördern, aber ein Umstülpen der Gefäße birgt die Gefahr, dass sich der Nährboden löst bzw. auch Puppen in das Betäubungsgefäß fallen. Keinesfalls sollten die Gefäße umgestülpt werden, wenn in dem Zuchtgefäß Schimmelbefall zu erkennen ist. Sind die Fliegen im Betäubungsgefäß, wird dieses rasch mit dem Betäubungsstopfen, das Kulturgefäß mit dem normalen Stopfen verschlossen. Die Betäubung erfolgt schneller, wenn man die an der Wand nach oben laufenden Fliegen mehrfach auf den Boden des Betäubungsgefäßes schüttelt. Wenn die Tiere sich nicht mehr bewegen bzw. nur noch mit den Beinen zucken, gibt man sie auf einen weißen Rundfilter. Zu lange Ethereinwirkung tötet die Tiere, direkte Benetzung tötet sie sofort. Tote Fliegen sind an abgespreizten Flügeln zu erkennen. Es empfiehlt sich, die Fliegen zügig unter der Lupe zu identifizieren. Mit einem feinen Pinsel lassen sich die Tiere bewegen. Will man die narkotisierten Fliegen in Zuchtgefäße mit Nährbrei umsetzen (z.B. zum Ansetzen einer Kreuzung) gibt man sie mit Hilfe des Pinsels in den Filter des Zuchtgefäßes, damit die Flügel nicht an dem Nährbrei festkleben können. Bei jeder erneuten Benutzung des Betäubungsglases ist darauf zu achten, dass keine Fliegen von der vorangegangenen Narkose im Glas geblieben sind. Nicht mehr benötigte Fliegen werden in narkotisiertem Zustand in einer Laborflasche mit Ethanol abgetötet. Einfaches Freilassen der Fliegen in Labor oder „Wildnis“ zeugt von geringem Verantwortungsbewusstsein. 6. Kreuzungsansätze Jeder Praktikant führt eine Zweifaktorenkreuzung bis zur F2 eigenständig und selbstverantwortlich durch. Die Praktikumsleitung achtet darauf (insbesondere bei geschlechtsgebundener Vererbung), dass ein anderer Praktikant auch die reziproke Kreuzung durchführt. Das Sammeln von virginen (unbefruchteten, jungfräulichen) Weibchen (s.u.) und auch die Kreuzungsansätze selbst werden i. d. R. nicht während der Praktikumszeiten erfolgen. Für den Ansatz der Kreuzungsversuche sind unbefruchtete Weibchen nötig. Um diese zu erhalten, entfernt man spätestens nach zehn Tagen die Eltern aus den benötigten Stammkulturen und wartet, bis die ersten Jungfliegen schlüpfen. Dann werden (i. d. R. morgens vor der ersten Unterrichtsstunde) alle geschlüpften Fliegen aus den Zuchtgefäßen entfernt. Es ist darauf zu achten, dass wirklich keine Fliege in den Flaschen zurückbleibt (z. B. im Filter). Die innerhalb der nächsten 6 Stunden (bis zum Mittag) schlüpfenden Tiere sind sicher unbefruchtet. Sie können w. o. beschrieben betäubt und sortiert werden. Für einen Kreuzungsansatz werden mindestens 3 Weibchen und 3 Männchen benötigt. Sind nicht ausreichend Fliegen geschlüpft, muss am nächsten Tag die Prozedur wiederholt werden. Die Geschlechter sind bis zum Kreuzungsansatz in beschrifteten Zuchtgefäßen mit Nährbrei getrennt zu halten. Hat man ausreichend Tiere gesammelt, kann die gewünschte Kreuzung in einem beschrifteten (Generation, Art der Kreuzung, Datum, Name des Praktikanten) Zuchtgefäß erfolgen. Die Bebrütung erfolgt w. o. a.. Alle Elterntiere sind zu entfernen, sobald Puppen erscheinen (7.-8. Tag nach Kreuzungsansatz). Eine erfolgreiche Zucht enthält 200300 Nachkommen. Soll erneut eine Kreuzung angesetzt werden, z.B. die F1 untereinander, wird w.o.a. betäubt, sortiert und neue beschriftete Zuchtgefäße besetzt. Für die Kreuzung der F1 untereinander benötigt man selbstverständlich keine unbefruchteten Weibchen. Auch hier werden nach 7-8 Tagen alle F1-Tiere entfernt. 7. Auswertung 10-14 Tage nach Ansatz der Kreuzung wird das Ergebnis ausgewertet. Die Betäubung der Fliegen erfolgt w.o.a.. Die nur noch zur Auszählung benötigten Fliegen können intensiv betäubt (und dabei meist bereits abgetötet) werden. Es werden so viele Fliegen nach ihren Phänotypen sortiert und ausgezählt, bis sich eine stabile Prognose des Gesamtergebnisses ergibt. Aufgaben: 1. Entwickeln Sie das Kreuzungsschema für Ihre Kreuzung und formulieren Sie die zu erwartenden Ergebnisse. 2. Protokollieren Sie Ihre tatsächlichen Versuchsergebnisse und vergleichen Sie diese mit den zu erwartenden. 3. Überlegen Sie, welcher Phänotyp der F2 zur Rückkreuzung einzusetzen ist, mit welcher Fliege diese F2 zu kreuzen ist und ob unbefruchtete Weibchen verwendet werden müssen. Literatur: Genetik-Band der Materialien SII, Schroedel Materialien-Handbuch Kursunterricht Biologie, Genetik I, Aulis Anlage 2 (Vorderseite): KREUZUNG NR. ….1… Datum: …XXXX.…… Problemstellung: monohybrider, autosomaler, dominant-__________ rezessiver Erbgang____________________________ Phänotypen Generation P F1 F2 ♀ ♂ Körperfarbe (Kf) ebenholz (ebony = e) Kf hellgelb (Wildtyp = +) Kf Wildtyp Kf Wildtyp Körperfarbe: Wildtyp ebony Körperfarbe: Wildtyp ebony Bemerkungen Anmerkungen für den Lehrer: Schüler zählen das tatsächliche Zahlenverhältnis aus und rechnen auf den kleinsten Nenner herunter, so dass bei optimalem Verlauf folgendes Ergebnis der F2 abgeleitet werden kann: Verhältnis ebony : Wildtyp = 1 : 3 Anlage 2 (Rückseite) Genotypen / Erbschema ♀ Generation e e P ♂ Bemerkungen + + homozygot Kf ebony x homozygot Kf Wildtyp (gesprochen: e über e) Keimzellen: e Keimzellen: e + und + und F1 ♂ ♀ e e + + e + e + e + e + e + siehe links monohybride Bastarde, die in Bezug auf ein Allelenpaar heterozygote sind e + F2 ♂ ♀ e + e + e e e + e + + + Verhältnis Genotyp: siehe links e : e : + e + + 1 : 2 : 1 Erklärung: Es liegt ein monohybrider Erbgang vor. Monohybrid deshalb, weil sich die Eltern in nur einem Allelenpaar homozygot unterscheiden (hier Körperfarbe). Das Merkmal liegt nicht auf dem Geschlechtschromosom, ist also autosomal. Alle Individuen einer solchen Kreuzung sind in der F1-Generation heterozygot uniform. Dabei ist es egal, welches der beiden Allel vom Vater oder von der Mutter vererbt wird (1. MENDEL-Gesetz: Uniformität und Reziprozität). Der Phänotyp der Fliegen ist hellgelb (Wildtyp), da dieses Allel dominant ist. Anlage 3: Stoffwechselblock in der Augenpigmentsynthese bei Drosophila Ziele: Experimentelle Demonstration der „Ein-Gen-ein-Enzym (Protein)-Hypothese“ anhand eines Stoffwechselblocks Basisinformationen: Über Stoffwechselketten, deren Realisation durch Enzyme, die „ein-Gen-ein-Enzym (Protein)Hypothese u.a. Grundlagen informiere man sich ggf. in einem Lehrbuch. Die Wildform von Drosophila besitzt 2 verschiedene Augenpigmente: Ommochrom (braun-rot) und Pteridin (leuchtend rot) Die Mutation brown (bw, 2. Chromosom) greift in die Stoffwechselkette zur Bildung des Pteridins ein. Die Mutationen cinnabar (cn, 2. Chromosom) und vermillion (v, x-Chromosom) greifen an unterschiedlichen Stellen in die Stoffwechselkette zur Bildung des Ommochroms ein. Der jeweilige Augenfarbstoff kann nicht gebildet werden, da seine Synthese unterbrochen ist. Die Doppelmutanten v.bw und cn.bw sind für die hier beschriebenen Experimente besonders gut geeignet, da bei ihnen, neben Ommochrom auch das Pteridin fehlt, die Fliegen demnach pigmentlose (weiße) Augen haben. Auch die Mutante white (w) ist zur Bildung von Augenpigmenten nicht befähigt. Vereinfacht dargestellt verläuft die Ommochromsynthese über folgende Zwischenstufen: Tryptophan vermillion (v) x-Chromosom Kynurenin cinnabar (cn) 2. Chromosom 3-Hydroxy-Kynurenin white (w) x-Chromosom Ommochrom vermillion (v): Bei dieser Mutante befindet sich der genetische Stoffwechselblock zwischen Tryptophan und Kynurenin. Das betreffende Gen ist mutiert und das gebildete Genprodukt ist als Enzym unwirksam. Kynurenin und damit auch das folgende Zwischenprodukt und Ommochrom können nicht gebildet werden. cinnabar (cn): Der Syntheseschritt vom Kynurenin zum 3-Hydroxy-Kynurenin ist blockiert. In der Synthesekette entsteht zwar Kynurenin. Dieses wird aber nicht weiterverarbeitet. Kynurenin häuft sich daher im Organismus an und wird auch von den Larven ausgeschieden. Auf diese Weise gelangt Kynurenin in den umgebenden Nährboden (s.u. gemeinsame Aufzucht...). white (w): Bei diesem Drosophila-Stamm kann das Zwischenprodukt 3-Hydroxy-Kynurenin nicht in Ommochrom verwandelt werden. Das Kynurenin wird zwar weiterverarbeitet. Ein Rückstau sorgt jedoch für einen, im Vergleich zur Wildform deutlich erhöhten Kynureninspiegel. Außerdem können die Larven der Mutante white Kynurenin ausscheiden. wild (+): Bei der Wildform verläuft die Ommochrom- und Pteridinsynthese ungestört. Kynurenin ist als Zwischenprodukt der Ommochromsynthese nur in sehr geringen Mengen nachweisbar. Wie ersichtlich ist, lässt die Kynureninmenge Rückschlüsse auf die Lage des genetischen Stoffwechselblockes zu (s.u. Nachweis von Kynurenin durch DC). Ein genetischer Defekt lässt sich phänotypisch ausgleichen, wenn das hinter dem Stoffwechselblock liegende Zwischenprodukt der Synthesekette, das nicht gebildet werden kann, von außen dem Organismus zugeführt wird. Drosophila-Larven können Kynurenin aus dem Nährboden aufnehmen. (s.u. Verfütterung von Kynurenin...). I. Verfütterung von Kynurenin an Larven von vermillion-brown und cinnabar-brown Material: Drosophila-Stamm vermillion-brown (v.bw) und cinnabar-brown (cn.bw) Zuchtgefäße, Instant-Nährboden, Kynurenin Durchführung: Herstellung des Nährbodens: Je eine Messbecherfüllung Instant-Nährboden in zwei Zuchtgefäße geben und jeweils eine Lösung von ca. 10 mg Kynurenin in 10ml Wasser hinzufügen. Aus Zuchtgefäßen mit Reinstämmen von vermillion-brown und cinnabar-brown werden je mehrere Weibchen (von denen man annimmt, dass sie bereits befruchtet sind) entnommen und getrennt in je ein Zuchtgefäß mit frischem Nährboden + Kynurenin gebracht. Wie üblich werden die Elterntiere entfernt, wenn sich Puppen bilden und die geschlüpften Jungfliegen untersucht. Aufgaben: 1. Erklären Sie, warum v.bw-Fliegen rotbraune Augen besitzen, während die Augen von cn.bwFliegen farblos sind. II. Gemeinsame Aufzucht der Stämme vermillion-brown und cinnabar-brown Material: Drosophila-Stamm vermillion-brown (v.bw) und cinnabar-brown (cn.bw) Zuchtgefäße, Zutaten für Nährboden usw. siehe VA Drosophila Kreuzungen Durchführung: Der Umgang mit Fruchtfliegen kann der VA Drosophila-Kreuzungen entnommen werden. Aus Zuchtgefäßen mit Reinstämmen von vermillion-brown und cinnabar-brown werden je mehrere Weibchen (von denen man annimmt, dass sie bereits befruchtet sind) entnommen und in ein Zuchtgefäß mit frischem Nährboden gebracht. In den folgenden Tagen entwickeln sich die Larven der beiden Stämme nebeneinander im gemeinsamen Nährsubstrat. Wenn sich Puppen bilden, werden die Elterntiere entfernt. Nach ca. 14 Tagen schlüpfen die Fliegen der nächsten Generation. Sie werden wie üblich (s. VA Drosophila-Kreuzungen) untersucht. Aufgaben: 1. Vergleichen Sie die Augenfarbe der gemeinsam aufgezogenen Fliegen mit der Augenfarbe der getrennt aufgezogenen Stammkulturen. 2. Versuchen Sie zu erklären, warum sich unter den gemeinsam aufgezogenen Fliegen auch einige mit braunroten Augen befinden. Welchen Genotyp sollten diese Fliegen haben? III. Kreuzung der Mutanten cn.bw und v.bw falls in VA Drosophila-Kreuzungen nicht durchgeführt Material und Durchführung s. VA Drosophila Kreuzungen Es sind unbefruchtete Weibchen zu verwenden. Es sind reziproke Kreuzungen durchzuführen. Aufgaben: 1. Erklären Sie Ihre Beobachtungen. IV. Nachweis von Kynurenin durch Dünnschichtchromatographie Material: schlüpfreife Puppen der Drosophilastämme cn.bw und v.bw sowie w und + Trennkammer, DC-Fertigfolien Kieselgel Laufmittel: 2 Volumenteile n-Propanol und 1 Volumenteil 2%ige Ammoniaklösung Kynurenin UV-Lampe Durchführung: Benötigtes Volumen Laufmittel herstellen und in Trennkammer geben (Kammersättigung) 0.05%ige Kynurenin-Lösung herstellen (50mg in 100ml) DC-Folie vorbereiten (Startlinie ca. 2cm vom unteren Rand entfernt, soviel Startpunkte wie Larventypen +1 für Kynurenin-Standard) Auf den entsprechenden Startpunkt je eine schlüpfreife (dunkel gefärbte!) Puppe legen und mit Hilfe eines Glasstabs auf möglichst kleiner Fläche ausquetschen. Flüssigkeitsfleck kurz antrocknen lassen. Als Vergleichssubstanz Kynurenin auf entsprechenden Startpunkt auftragen. DC-Folie in die Trennkammer stellen (Achtung, Startlinie darf nicht in Laufmittel tauchen). Dauer des Trennvorganges etwa 30-60min. Chromatogramm entnehmen und trocknen lassen. Chromatogramm im UV-Licht betrachten. (Hinweis: Der im UV-Licht orange-rot leuchtende Fleck bei der Wildtyp-Larve nahe am Startpunkt ist auf Pteridine zurückzuführen.) Aufgaben: 1. Werten Sie das Chromatogramm aus. Literatur: Bange, Scheffner: Vom Phän zum Gen, P.d. Nat. (Biologie) 9 (1984) Infoblatt Schlüter Biologie