Prof. Dr. Karlheinz Ortmann Folien zur Vorlesung „Sozialmedizin“ WS 2002/2003 empfohlene Literatur: Hurrelmann, K. (2000): Gesundheitssoziologie. Weinheim und München, Juventa Verlag Ortmann, K.; Waller, H. (Hrsg.) (2000): Sozialmedizin in der Sozialarbeit. Forschung für die Praxis. Berlin, Verlag für Wissenschaft und Forschung Waller, H. (2002): Sozialmedizin. Stuttgart, Berlin, Köln, Kohlhammer Waller, H. (2002): Gesundheitswissenschaft. Stuttgart, Berlin, Köln, Kohlhammer Rudolf Virchow Salomon Neumann Medizin ist in ihrem innersten Kern eine soziale Wissenschaft. Die Gesundheit der Menschen ist eine Angelegegenheit von direktem sozialen Rang. Soziale und wirtschaftliche Faktoren üben eine wichtige Wirkung auf Gesundheit und Krankheit aus. Es müssen soziale und medizinische Maßnahmen ergriffen werden, um die Gesundheit zu fördern und Krankheiten zu bekämpfen. Gegenstand und Ziele der Sozialmedizin Gegenstand sind die sozialen Bedingungen und Folgen von Krankheiten. Es wird nach Zusammenhängen (Wechselwirkungen) zwischen individueller Gesundheit/Krankheit und gesellschaftlichem (sozialem) Geschehen gesucht. Die Gesundheit der Bevölkerung soll geschützt, erhalten, gebessert und wiederhergestellt werden. Arbeitsgebiete der Sozialmedizin Prävention Rehabilitation Epidemiologie Gesundheitssystemforschung Versorgungsforschung Begutachtung Definition von Sozialarbeit International Federation of Social Workers (IFSW) „Soziale Arbeit als Beruf fördert den sozialen Wandel und die Lösungen von Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen, und sie befähigt die Menschen, in freier Entscheidung ihr Leben besser zu gestalten. Gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse über menschliches Verhalten und soziale Systeme greift Sozialarbeit dort ein, wo Menschen mit ihrer Umwelt in Interaktion treten. Grundlagen der Sozialen Arbeit sind die Prinzipien der Menschen-rechte und der sozialen Gerechtigkeit.“ Das biomedizinische Modell Jede Erkrankung besitzt eine spezifische Ursache. Jede Krankheit zeichnet sich durch eine bestimmte Grundschädigung aus, die entweder in der Zelle oder im Gewebe lokalisiert ist oder in der Fehlsteuerung von mechanischen oder biochemischen Abläufen besteht. Krankheiten haben typische äußere Zeichen (Symptome) und können daher durch wissenschaftlich geschultes Personal erkannt werden. Krankheiten haben beschreibbare und vorhersagbare Verläufe, die sich ohne medizinische Intervention verschlimmern. Das biopsychosoziale Modell Menschen werden als biopsychosoziale Einheiten aufgefaßt. Gesundheitliche Problemlagen lassen sich physiologischen, psychischen und sozialen Systemebenen zuordnen, die miteinander kommunizieren und durch Auf- und Abwärtsbewegungen untrennbar biopsychosozial verwoben sind. Die bio-psycho-sozialen Aspekte von Krankheit sind potentiell gleichrangig. Krankheit ist grundsätzlich biopsychosozial zu verstehen. Das salutogenetische Modell Kohärenzgefühl (sense of coherence) Gefühl von Verstehbarkeit (sense of comprehensibility) Gefühl von Bewältigbarkeit (sense of manageability) Gefühl von Sinnhaftigkeit (sense of meaningfulness) Je mehr es einer Person gelingt, die Welt als zusammenhängend, in sich stimmig und sinnvoll zu erleben und Krisen zu meistern, desto mehr Gesundheit und Gesundung wird möglich. Sozialer Rückhalt/Social Support emotionale Unterstützung Zusammensein/positiver sozialer Kontakt Instrumentelle Unterstützung Informationelle Unterstützung Bewertungs-/ Einschätzungsunterstützung Soziale Stressoren Was macht potentiell krank? lebensverändernde Ereignisse z.B. Tod des Ehepartners, Verlust des Arbeitsplatzes, Umzug chronische Umweltüberforderungen z.B. Arbeitsstreß, Eheprobleme psychosoziale Transitionen, z.B. Übergänge in die Witwen-, Rentner- oder Arbeitslosenrolle Soziale Stressoren beeinträchtigen die Gesundheit und wirken krankheitsfördernd. Psycho-soziale Ressourcen Was hält potentiell gesund? persönliche Ressourcen die Fähigkeit und soziale Kompetenz, allein mit einem Problem fertig zu werden. soziale Ressourcen Hilfe und Unterstützung, die aus dem sozialen Netzwerk des Individuums stammen. Psychosoziale Ressourcen wirken wie ein psychosoziales Immunsystem und sorgen für Gesundheit. Die Quantität und Qualität von Ressourcen ist ausschlaggebend, ob und wie soziale Stressoren die Gesundheit bedrohen. SGB 5 § 11 Leistungsarten (1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen 1. (weggefallen) 2. zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b), 3. zur Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26), 4. zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52). Ferner besteht Anspruch auf Sterbegeld (§§ 58 und 59). (2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist. (3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten. (4) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. SGB 5 § 37a Soziotherapie (1) Versicherte, die wegen schwerer psychischer Erkrankung nicht in der Lage sind, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbständig in Anspruch zu nehmen, haben Anspruch auf Soziotherapie, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist. Die Soziotherapie umfasst (...) die im Einzelfall erforderliche Koordinierung der verordneten Leistungen sowie Anleitung und Motivation zu deren Inanspruchnahme. Der Anspruch besteht für höchstens 120 Stunden innerhalb von drei Jahren je Krankheitsfall. Der Öffentliche Gesundheitsdienst Bundesebene - BzGA - Robert-Koch-Institut (Berlin) - Bundesamt für Sera und Impfstoffe (Paul-Ehrlich-Institut), Langen - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Berlin) - Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (Köln) Landes- und kommunale Ebene - Gesundheitsämter Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (GDG) § 1 Dem öffentlichen Gesundheitsdienst obliegt es, unter Berücksichtigung der medizinischen, sozialen sowie der physischen Lebens- und Umweltbedingungen die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und zu fördern. Aufgabenbereiche des Gesundheitsamtes: Aufsicht über die Berufe und Einrichtungen des Gesundheitswesens Gesundheitsschutz Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitsplanung Gesundheitsförderung und Prävention Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitsplanung Gesundheitspolitische Zielsetzungen und Prioritäten Bevölkerung und sozialdemographische Strukturen Gesundheitszustand Gesundheitsrelevante Verhaltensweisen Gesundheitsrisiken aus der natürlichen und technischen Umwelt Angebotsstrukturen und Versorgungsprofile von Einrichtungen der Gesundheitsversorgung Inanspruchnahme von medizinischen Angeboten durch die Bevölkerung Ausbildung und Beschäftigte im Gesundheitswesen Kosten, Finanzierung und Krankenversicherungsschutz Gesundheitsförderung und Prävention Beratung und Betreuung von Familien und Schwangeren Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Zahnärztlicher Dienst Sportmedizin Behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen Psychisch Kranke und Abhängigkeitskranke sowie aufgrund solcher Erkrankungen Behinderte Betreuung von Krebskranken und anderen Chronischkranken Sexuell übertragbare Krankheiten sowie AIDS Gesundheitshilfe bei Tuberkulose und Lungenerkrankungen Beratungsstelle für Behinderte, chronisch Kranke und Krebskranke Zielgruppe: Erwachsene und deren Angehörige, die körperlich behindert, von einer Behinderung bedroht oder die an Krebs erkrankt sind. Beratung in sozialrechtlichen Fragen Unterstützung bei der Suche nach Wohnraum Information über Pflegemöglichkeiten, Kuren, Hilfsmitteln Vermittlung zu Gruppen, Selbsthilfeorganisationen und anderen Beratungsstellen Gespräche zur persönlichen Situation Gruppen- und Kursangebote (z.B. Schwimmen für brustoperierte Frauen, Gehörlosengruppe Fragestellungen der Versorgungsforschung: Wie läßt sich der Gesundheitszustand einer Gesellschaft wissenschaftlich erfassen? In welche Richtung entwickelt sich das Gesundheitswesen? Wie steht es um Finanzierung, Bedarfsgerechtigkeit, Zugang, Menge, Preise, Qualität einzelner Teilsektoren Wie verlaufen einzelne Versorgungsprozesse? Welcher Reformbedarf besteht im Gesundheitswesen? Schwerpunktsetzungen in der Gesundheitsversorgung stärkere Umorientierung des Gesundheitssystems hin zu Prävention bzw. Gesundheitsförderung bestmögliche Langzeitversorgung chronisch Kranker Stärkung der Position der Nutzer gesundheitlicher Leistungen Deklaration von Alma Ata 1978 Bestimmten Problemgruppen der Bevölkerung sollen Prioritäten in der Versorgung eingeräumt werden Der Komplexität der Gesundheitsproblematik soll eine komplexe Versorgung entsprechen Die Versorgungskontinuität sollte durch die Kooperation einzelner Institutionen gewährleistet sein Die Versorgung soll adäquat sein, d.h. differenziert, flexibel, akzeptabel und auch in Problemlagen erreichbar Die Betroffenen sollten die Möglichkeit haben, sich an der Gestaltung der Versorgung zu beteiligen Die soziale Ungleichheit sollte durch die ungleiche Zuweisung der Mittel nicht verstärkt werden Aufgaben und Ziele der Epidemiologie Beschreibung und Untersuchung der Verteilung der Häufigkeit von Krankheiten in menschlichen Populationen Identifikation ätiologischer Faktoren in der Pathogenese von Krankheiten Bereitstellung von Daten für die Planung, Durchführung und Beurteilung von Maßnahmen zur Vorbeugung, Bekämpfung und Behandlung von Krankheiten und für die Festlegung von Prioritäten zwischen verschiedenen Maßnahmen Datenquellen der Epidemiologie 1. Kontinuierlich geführte Statistiken auf gesetzlicher Grundlage 2. Kontinuierlich geführte Statistiken für die Verwaltungszwecke einzelner Institutionen 3. Für die Bevölkerung der Bundesrepublik hochrechnungsfähige Einzelstudien 4. Sonstige Datenquellen AIDS/HIV in Deutschland Robert-Koch-Institut (Daten von 2001) Menschen, die Ende 2001 mit HIV/AIDS leben:~38.000 Männer: ~29.500 Frauen: ~8.300 Kinder : <400 darunter Menschen, die mit AIDS leben: ~5.000 Zahl der Neuinfektionen im Jahr 2001: Männer: ~1.500 Frauen: ~500 Kinder : <20 ~2.000 Infektionswege: Homosexuelle Kontakte bei Männern: 50% Herkunft aus Hochprävalenzgebiet 21% Heterosexuelle Kontakte: 18% i.v. Drogengebrauch: 10% Mutter-Kind-Transmission: <1% Neue AIDS-Erkrankungen im Jahr 2001: Männer: ~570 Frauen: ~130 Kinder : <5 HIV/AIDS-Todesfälle im Jahr 2001: HIV-Infizierte seit Beginn der Epidemie: AIDS-Erkrankungen seit Beginn der Epidemie: Männer: ~20.600 Frauen: ~2.800 Kinder: <150 ~700 ~600 60.000 ~23.500 Gesamt der HIV/AIDS-Todesfälle seit Beginn der Epidemie: ~19.000 Maßzahlen der Epidemiologie Mortalität Sterblichkeit: Angabe der Sterbefälle auf eine bestimmte Zahl der Bevölkerung (zumeist auf 10000) Morbidität Erkrankungshäufigkeit: Angaben der Erkrankungshäufigkeit auf eine bestimmte Zahl der Bevölkerung (meistens auf 10000) Letalität Sterbequote: Angabe der Sterbefälle bezogen auf eine bestimmte Zahl von Erkrankten Säuglingssterblichkeit Todesfälle von der Geburt bis zum vollendeten ersten Lebensjahr bezogen auf die Lebendgeborenen des gleichen Zeitraums Perinatale Sterblichkeit Sterblichkeit nach der 29. Schwangerschaftswoche, unter der Geburt oder kurz danach. Postnatale Sterblichkeit Sterblichkeit nach der 1. Lebenswoche bis zum Ende des 1. Lebensmonats. Krankenstand Zahl der arbeitsunfähig erkrankten Personen bezogen auf die Zahl der Arbeitnehmer eines Betriebes etc. Inzidenz Erkrankungshäufigkeit: Angabe der Zahl der in einer bestimmten Zeiteinheit an einer bestimmten Erkrankung neu Erkrankten (bezogen auf eine Bevölkerungszahl). Prävalenz Krankheitshäufigkeit: Angabe der Zahl aller (d. h. neu Erkrankter und bereits Kranker) an einer bestimmten Krankheit Erkrankten (pro Zeiteinheit und Bevölkerungsgruppe). Unterscheidungen in der Epidemiologie Deskriptive Epidemiologie Methoden zur Darstellung der Verteilung von Krankheitshäufigkeiten in der Bevölkerung. Analytische Epidemiologie Methoden zur Analyse der Ursachen von Krankheiten Experimentelle Epidemiologie Methoden zur Durchführung von Wirksamkeitsuntersuchungen Studientypen in der Epidemiologie Querschnittsstudie Fall-Kontroll-Studie Kohortenstudie Interventionsstudie Erhöhte Säuglingssterblichkeit niedriges Einkommen der Eltern geringer Bildungsgrad sowohl der Mutter wie des Vaters Zugehörigkeit zu ethnischen Minoritäten Familienstand (NichtVerheirateten-Status der Mutter) Familiengröße (insbesondere Geburt als drittes oder weiteres Kind) Alter der Mutter (insbesondere jugendliches Alter) Prävention: „Verminderung von Risiken“ Gesundheitsförderung: „Vermehrung von Ressourcen“ Prävention Gesundheitsförderung 1 Ebene Verminderung von Risiken Vermehrung von Ressourcen Physische Umwelt Verminderung von Luft-, Boden-und Gewässerverschmutzung Erhaltung und Schaffung von Naherholungsgebieten Verringerung von Unfallgefährdung auf Straßen und in Betrieben Schaffung sicherer und zugänglicher Verkehrs- und Kommunikationsmittel Beseitigung gesundheitsgefährdender Wohnungen Soziale Umwelt Erhaltung und Schaffung von ausreichenden menschenwürdigen Wohnungen Beseitigung von Armut Erhaltung und Ausbau und Arbeitslosigkeit sozialer Sicherungssysteme Verminderung von sozialer Isolation und Einsamkeit Förderung sozialer Einrichtungen und Netzwerke Verminderung von Gewalttätigkeit Ausbau der Bürgerbeteiligung im kommunalen Bereich Verminderung von Förderung der gesundheitsschädigen Mitbestimmung in der den ArbeitsArbeitswelt bedingungen Überwachung der Gesundheitsdienst Gesundheitsdienste Systematische Gesundheitsberichterstattung Verringerung unnötiger Ausbau präventiver medizinischer Eingriffe und beratender Dienste Personale Faktoren Lebensweisen Verringerung des Förderung von Medikamentenmißbrau Selbsthilfechs einrichtungen und gruppen Verringerung Förderung körperlicher körperlicher Widerstands-und Risikofaktoren Leistungsfähigkeit Linderung körperlicher Störungen und Gebrechen Verringerung gesundheitsgefährdender Selbstbehandlung Verminderung gesundheits-riskanter Verhaltensweisen Vermeidung risikoreicher Bewältigungsmuster Quelle: Noack 1990, S. 34) Förderung individueller gesundheit-licher Handlungsfähigkeit „Richtige“ Nutzung der Gesundheitsdienste Entwicklung gesundheitsfördemder Verhaltensweisen Erlernen gesundheitsgerechter Bewältigungsmuster Drei Stufen der Prävention Primäre Prävention (Krankheiten verhindern) Sekundäre Prävention (Krankheiten frühzeitig erkennen) Tertiäre Prävention (Folgeerkrankungen und Verschlimmerungen verhindern) Prävention in der Gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) Leistungen zur Verhütung von Krankheiten § 20 § 21 § 22 § 23 § 24 § 24a § 24b Prävention und Selbsthilfe Verhütung von Zahnerkrankungen (Gruppenprophylaxe) Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe) Medizinische Vorsorgeleistungen Medizinische Vorsorge für Mütter und Väter Empfängnisverhütung Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten § 25 § 26 Gesundheitsuntersuchungen Kinderuntersuchung Ottawa- Charta 1986 Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozeß, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Um ein umfassen-des körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen, ist es notwendig, daß sowohl einzelne als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihre Wünsche und Hoffnungen wahrnehmen und verwirklichen sowie ihre Umwelt meistern bzw. verändern können. Gesundheit steht für ein positives Konzept in gleicher Weise wie die Bedeutung sozialer individueller Ressourcen für die Gesundheit ebenso betont wie die körperlichen Fähigkeiten. Die Verantwortung für Gesundheitssicherung liegt deshalb nicht nur bei dem Gesundheitssektor, sondern bei allen Politikbereichen, und zielt über die Entwicklung gesünderer Lebensweise hinaus auf die Förderung von umfassenden Wohlbefinden hin. Fünf Prinzipien der Gesundheitsförderung Gesundheitsförderung umfaßt die gesamte Bevölkerung in ihren alltäglichen Lebenszusammenhängen, und nicht ausschließlich Risikogruppen Gesundheitsförderung zielt darauf ab, die Bedingungen und Ursachen von Gesundheit zu beeinflussen Gesundheitsförderung verbindet unterschiedliche, aber einander ergänzende Maßnahmen oder Ansätze, einschließlich Information, Erziehung, Gesetzgebung, steuerliche Maßnahmen, spontane Maßnahmen gegen Gesundheitsgefährdung Gesundheitsförderung bemüht sich besonders um eine konkrete und wirkungsvolle Beteiligung der Öffentlichkeit Gesundheitsförderung ist primär eine Aufgabe im Gesundheits- und Sozialbereich und keine medizinische Dienstleistung Handlungsqualifikationen der Gesundheitsförderung Interessen vertreten Befähigen und ermöglichen Vermitteln und vernetzen Handlungsstrategien Umsetzung Entwicklung einer Gesetzesinitiativen gesundheitsfördern- Steuerliche Maßnahmen den Gesamtpolitik Chancengleichheit in der Gesundheits- und Sozialpolitik Entwicklung gesunder Konsumgüter Schaffung sauberer und erholsamer Umgebungen Schaffung Schutz der natürlichen und der gesundheitsfördersozialen Umwelt licher Lebenswelten Erhaltung der natürlichen Ressourcen Schaffung sicherer Arbeits- und Lebensbedingungen Unterstützung Stärkung von Nachbarschaften gesundheitsförderund Gemeinden licher Gemein Unterstützung von Selbsthilfe, schaftsaktionen und Mitbestimmung Finanzielle Unterstützung gemeinschaftlicher Initiativen Entwicklung Unterstützung der Entwicklung persönlicher von Persönlichkeit und sozialen Kompetenzen Fähigkeiten Verbesserung sozialer Kompetenzen und lebenspraktischen Fähigkeiten Neuorientierung der Entwicklung eines Gesundheitsdienste Versorgungssystems, das auf die stärkere Förderung von Gesundheit ausgerichtet ist Orientierung auf die Bedürfnisse des Menschen als ganzheitliche Persönlichkeit Merkmale einer gesunden Stadt 1. Saubere und sichere physische Lebensbedingungen von hoher Qualität (einschließlich Wohnqualität) 2. Eine ökologische gut ausgewogene Umwelt inmitten eines globalen Ökosysterns, das sich auf lange Sicht selbst erhalten kann 3. Starke, sich gegenseitig unterstützende Gemeinschaften/Nachbarschaften 4. Ein hohes Maß an öffentlicher Teilhabe und Kontrolle über Entscheidungen, welche die Gesundheit der Bürger beeinflussen 5. Die Gewährleistung der Grundbedürfnisse für alle Bevölkerungsgruppen in bezug auf Wasser, Unterkunft, Einkommen, Sicherheit, Arbeit 6. Zugang flur alle zu einer breiten Vielfalt an Kenntnissen, Erfahrungen und Dienstleistungen mit der Möglichkeit zu mannigfaltigen Kontakten 7. Eine vielfältige, vitale und ökologisch ausgerichtete städtische Wirtschaft 8. Förderung der Verbundenheit mit der Vergangenheit, dem eigenen kulturellen Erbe und dem anderer ethnischer Gruppen 9. Ein Stadtmodell und eine städtische Verwaltungsform, die selbst in Einklang stehen mit den genannten Gesunde-Städte-Merkmalen 10. Ein optimales, für jedermann (und jederfrau) zugängliches Maß an öffentlicher Gesundheits- und Krankheitsversorgung 11. Hohe Gesundheit im Sinne eines positiven Gesundheitszustands (Wohlbefinden) als auch niedrigen Krankheitsstandes