„Der Begriff des Sexuellen umfaßt in der Psychoanalyse weit mehr

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„Das Ziel eines Triebes ist allemal die Befriedigung [...].
Aber wenn auch dies Endziel für jeden Trieb unveränderlich bleibt,
so können doch verschiedene Wege zum gleichen Endziel führen“
(Sigmund Freud 1915c, 215)
TRIEBSCHICKSALE
SIGMUND-FREUD-VORLESUNGEN 2011
I:
Geschlechter. Differenzen
Freitag, 6. Mai 2011, 16.00–20.00
Samstag, 7. Mai 2011: 9.00–18.00
Das Leben der Geschlechter beunruhigt und führt zu Differenzen. Der Psychoanalyse wird ein
besonderes Wissen über das Geschlecht unterstellt, was sich an der breiten Aufnahme
psychoanalytischer Theorien zum Geschlecht in human- und kulturwissenschaftlichen Feldern
abzeichnet. Psychoanalytische Thesen zum (weiblichen) Geschlecht werden seit Freud innerhalb
und außerhalb der Psychoanalyse heftig diskutiert, als wäre da etwas, was sich nur schwer
beruhigen lässt. Die Frage nach ihrem Geschlecht bewegt Subjekte, nicht zuletzt weil ihr
Liebesschicksal in engem Zusammenhang mit dem Geschlecht steht.
II:
Perversion
Freitag, 25. November 2011, 16.00–20.00
Samstag, 26. November 2011, 9.00–18.00
Freud setzt die Perversion - und das ist grundlegend neu an seiner Sexualtheorie von 1905 - nicht
in einen Gegensatz zur Normalität sondern stellt sie in eine Reihe mit den Neurosen, der Sexualität
von Gesunden und der als polymorph-pervers charakterisierten kindlichen Sexualanlage. Gleich
allen anderen Triebschicksalen macht er die Perversion damit zum Gegenstand psychoanalytischer
Arbeit. Seine Spekulationen zum Todestrieb führen ihn dann zu neuen Überlegungen hinsichtlich
der Genese von Sadismus und Masochismus. Im Gefolge der Einführung der Strukturtheorie und
seiner Studien zur Kastrationsangst setzt Freud 1927 Neurose und Perversion ins Verhältnis zur
Psychose, indem er dem Fetischismus den Abwehrmechanismus der Verleugnung, eine Form
nichtpsychotischer Spaltung, zugrunde legt.
Aktuelle psychoanalytische Theorien zur Perversion denken sowohl die Entwicklungen der
Psychoanalyse seither als auch die Änderung der soziokulturellen Voraussetzungen und
Ausdrucksformen perverser Modi mit.
AUSSTELLUNG:
work in progress
Internationale Psychoanalytische Vereinigung 1910-2010
Ort: Salzgries 16/3, 1010 Wien
Ort: Wiener Psychoanalytische Akademie. A-1010 Wien. Salzgries 16/3
Anmeldung: www.psy-akademie.at/[email protected]
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I:
Geschlechter. Differenzen
Freitag, 6. Mai 2011, 16.00–20.00
Samstag, 7. Mai 2011: 9.00–18.00
Freitag, 6. Mai 2011, 16.00–20.00
16.00-18.00
Begrüßung und Einführung: Ulrike Kadi
Moderation: Georg Gröller
Elisabeth Brainin: Die Entwicklung von sexueller Identität und Körperbild
Die Entstehung von Körper-Ich und sexueller Identität wird als eine Entstehung von Ich-Funktionen
gezeigt. Babybeobachtungen der Analytikergeneration der 40er und 50er Jahre sehen das Ich in
statu nascendi. Körperveränderungen in den verschiedenen Entwicklungsphasen sind
Anforderungen des Körpers an das Seelenleben. Das Ich ist in erster Linie ein Körperliches. Die
Identität, insbesondere die sexuelle, wird als Ich-Funktion betrachtet.
Thomas Aichhorn: Zur Einführung eines 'Konzepts Adoleszenz' in die Psychoanalyse
Geht man von Freuds Annahme aus, dass die Symptome der Hysterie durch „Reminiszenzen“
ausgelöst werden, dann ist es naheliegend, zu behaupten, dass die Phänomene der Adoleszenz von
allem Anfang an mit der Entdeckung und Entwicklung der Psychoanalyse untrennbar verbunden
waren. Freuds 1895 geschriebener „Entwurf“ kann dann als die grundlegende Arbeit über die
Psychoanalyse der Adoleszenz angesehen werden, „Jenseits des Lustprinzips“ als Freuds später
Beitrag zu einer Psychoanalyse der Adoleszenz. Folgt man diesem Gedankengang, dann wäre es
naheliegend, ein „Konzept Adoleszenz“ in die Psychoanalyse einzuführen. Damit ist die Konfliktlage
gemeint, die ab der sexuellen Reife – und von da an während des gesamten Erwachsenenlebens –
die entscheidende Rolle im innerpsychischen Geschehen spielt. So gesehen stellt die Pubertät eine
Schwelle dar, hinter die es kein unvermitteltes Zurück mehr geben kann.
18.00-18.30: Pause
18.30-20.00
Moderation: Katharina Leithner-Dziubas
Henriette Löffler-Stastka: Zur Bedeutung des Geschlechts der/s TherapeutIn
Ausganspunkt sind Beobachtungen aus dem medizinischen Alltag. In der Untersuchung und
Darstellung der ärztlichen Kommunikation in den unterschiedlichen Geschlechter-Dyaden zeigen
sich wie auch nicht anders zu erwarten Rollenstereotypien und Vorurteile, die es psychoanalytisch
zu verstehen gilt. Ob und welche Bedeutungen das Geschlecht in Behandlungen haben kann wird
anhand der Erkenntnisse E. Glovers, M. Kleins und R. Reiche diskutiert.
Angelika Groysbeck: Das Geschlecht des Teufels
Der spezifische Einfluß der phallischen Periode auf das Phantasieleben wird von der amerikanischen
Psychoanalytikerin Phyllis Greenacre am Begriff der Inspiration erörtert. Ein und Ausatmung und
Erektion wecken das Interesse für unsichtbare Kräfte, die Bewegung und Formveränderungen
bewirken. In der äußeren Welt faszinieren die Phänomene des Windes, der Wolken und der
Schatten.
Die Analyse einer Deckerinnerung, die als Teufelserscheinung eines Mädchens im fünften
Lebensjahr berichtet wurde, beschreibt Auswirkungen dieser spezifischen Entwicklungsstufe.
Samstag, 7. Mai 2011: 9.00–18.00
9.00–10.30
Moderation: Hannes Schmid
Wolfgang Berner: Sex and Gender - 40 Jahre nach Robert Stollers bahnbrechendem Werk
Ort: Wiener Psychoanalytische Akademie. A-1010 Wien. Salzgries 16/3
Anmeldung: www.psy-akademie.at/[email protected]
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Stoller war der erste Psychoanalytiker, der Freuds enge Verknüpfung von sexueller- und
Geschlechts-Identitäts-Entwicklung aufbrach und getrennte Entwicklungswege für die sexuelle und
die Geschlechtsrollensphäre annahm, wobei er sich besonders auf die Phänomene der
Transsexualität und der Intersexualität bezog, die er gemeinsam mit dem Sexualforscher John
Money aber auch mit Psychoanalytikern wie Greenson studiert hatte. Dies führte therapeutisch zu
einem neuen Umgang mit den Betroffenen und hat auch die psychoanalytische Theorie-Bildung
maßgeblich beeinflusst. Die letzten 40 Jahre haben zu einer deutlichen Differenzierung unseres
Wissens über die „biological forces“ geführt, die eine solche Entwicklung beeinflussen, sodass sich
vieles aus den ursprünglichen Ansätzen neuerlich gewandelt hat. Der Vortrag beschäftigt sich mit
der Bedeutung dieses Wandels weit über den Umgang mit den klassischen GeschlechtsIdentitätsstörungen hinaus, nämlich für die tägliche Arbeit mit Patienten, die aus vielerlei Gründen
die unterschiedlichsten Konflikte mit ihrer Geschlechtsrolle entwickeln können.
10.30-11.00: Pause
11.00–12.45
Moderation: Karl Stockreiter
Eveline List: Elemente einer psychoanalytischen Anthropologie der Geschlechterdifferenz
Den Menschen spezifisch ist, dass sie nicht instinkthaft, sondern symbolbildend überleben. Damit
im Zusammenhang stehen ‚extrauterin verlängerte Schwangerschaft’, intensive BindungsIdentifizierungs- und Trennungserfahrungen, sowie Aneignung der Welt über Bedeutungsgebung.
Dies ist auch Grundlage der Unterscheidung in weibliche, männliche oder auch
andersgeschlechtliche Menschen und daraus resultierende Wahrnehmungsweisen. Was sich auf
kultureller Ebene in Symbolen, Institutionen und Mythen manifestiert, schlägt sich bei den
Individuen als Urszenenphantasien nieder und führt u. a. zu jeweils besonderen Ausformungen des
Ödipuskomplexes. Die Verschiedenheit der Geschlechter hat – immer spezifisch ausgeprägt – stets
gesellschaftlich und individuell grundlegend strukturierende und organisierende Macht.
Beate Hofstadler: Wo von Gender gesprochen wird, hat das Sexuelle zu schweigen?
Wenn es um die Sexualität und das Sexuelle geht herrscht Sprachverwirrung. Innerhalb der
psychoanalytischen Profession besteht keine Einigkeit darüber, wovon dabei die Rede ist. Freud
beschreibt in den Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905) die infantile Sexualität. Diese
infantile Sexualität fassen viele TheoretikerInnen als das Sexuelle, um sie von der praktizierten
Sexualität zu unterscheiden. Laplanche spricht vom Sexualen und grenzt dies von Geschlecht und
Gender ab. Für Morgenthaler entsprach das Sexuelle dem Primärprozesshaften und die Sexualität
dem Sekundärprozesshaften. Wie also die psychoanalytische Konzeption der infantilen Sexualität/
des Sexuellen/ des Sexualen mit Theorien aus der Frauenforschung, feministischen Forschung
verbinden? Die Sexualtheorie Freuds ist keine Geschlechtertheorie. Kann die Idee der
Dekonstruktion in Genderforschung oder queer theory mit psychoanalytischen Vorstellung des
polymorph perversen Sexuellen in Zusammenhang gedacht werden oder ‚brauchen’
PsychoanalytikerInnen all dieses theoretische Rüstzeug nicht wie immer wieder zu hören ist? Wie
kann uns der Diskurs der Postsexualität(en) in der Psychoanalyse bereichern? Diese verweisen auf
neue Möglichkeiten, die sich mit kulturellem und sozialem Wandel für die Sexualität ergeben.
Immer wieder beobachte ich Skepsis, Ablehnung, Ressentiments dieser Diskurse gegenüber, vor
allem dann, wenn sie im feministischen Kontext erscheinen. (Ähnlich wie die Haltung zu
Homosexualität oft von Irrationalität und Angst gekennzeichnet ist, obwohl uns Freud erzählte,
Heterosexualität ist ebenso zu hinterfragen wie Homosexualität.) Ich gehe davon aus, dass es zu
anderen Disziplinen hin stets hilfreich ist, das Trennende herauszuarbeiten. Ich bin jedoch auch
überzeugt davon, dass diese Diskurse viel Bereicherung für die tägliche klinische Arbeit bringen.
12.45-14.00: Pause
14.00–15.30
Moderation: Irene Bogyi
Ulrike Kadi: Nicht eins. Luce Irigarays Zweifel am Geschlecht der Psychoanalyse
Im Rahmen ihrer Patriarchatskritik hat sich die belgische Psychoanalytikerin Luce Irigaray in den
1970ger Jahren gegen die Psychoanalyse und einen, dieser inhärenten Phallozentrismus gewehrt.
Geschlecht und Geschlechterdifferenz sieht sie explizit in Opposition zu Jacques Lacans
Sexuierungsmodell im anatomisch beschreibbaren Körper fundiert, was ihr Kritik vonseiten der
Gendertheorie eingebracht hat. Ihr Denken der sexuellen Differenz könnte heute neu zum
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Ausgangspunkt einer Diskussion zwischen Gendertheorie und Psychoanalyse werden (Soiland
2010).
Ela Hornung: Psychoanalytische Konzepte zu Männlichkeit
Trotz aller Kritik war die Psychoanalyse bis in die 1970er Jahre hinsichtlich der psychosexuellen
Entwicklung an einem eingeschlechtlich, männlich konzipierten Modell des Subjekts orientiert.
Dennoch scheint Männlichkeit selbst kaum problematisiert und zum Forschungsgegenstand
geworden zu sein. Im Zug der nachfolgenden Forschung zur weiblichen Seite wurde an einem
dualen Geschlechterkonzept festgehalten, und unbemerkt einer binär naturalisierenden
Konzeptualisierung von Geschlecht Vorschub geleistet. Historische Männlichkeits- und
Queerforschung versuchen seit den 90er Jahre eine Neubestimmung von Männlichkeit. Dabei
gerieten Freuds Ansätze zur Bisexualität und zur kulturellen Dimension von Geschlecht aus dem
Blick. Stehen in der Psychoanalyse seit jeher Männlichkeit und Weiblichkeit in einem
Spannungsverhältnis von Natur und Kultur, so stellt sich unter anderem die Frage, welche
Dimensionen des Unbewussten historisch konstruiert sind.
15.30-16.00: Pause
16.00–17.30
Moderation: Judith Kürmayer
Ortrun Hopf: Doch Judith Butler! Melancholie und Geschlechtsidentität
Anhand von Butlers Ausführungen zum Verhältnis von Melancholie, Identifizierung und Geschlecht
soll gezeigt werden, wie die Geschlechtsidentität einem nicht betrauerbaren Ausschluss der
Homosexualität geschuldet ist. Das ist ein Ansatz, der sich nur mit der Annahme einer bisexuellen
Identifizierung des Kindes mit beiden Elternteilen, von denen eine zugunsten eines eindeutigen,
„eigenen“ Geschlechts aufgegeben werden muss, verstehen lässt. Der wesentliche Effekt der
kulturellen Vorherrschaft der Heterosexualität scheint in dieser Theorie, so Ilka Quindeau, darin zu
bestehen, das jeweils andere Geschlecht zu verwerfen, also zu einer eindeutigen Zuordnung –
entweder männlich oder weiblich – zu zwingen.
Bettina Reiter: „Voi que sapete...“ Cross Dressing und Cross Loving in Mozarts Opern
Der Vortrag wird versuchen, paradigmatisch anhand der Figur des Cherubino aus der Oper „Le
nozze di Figaro“ darzustellen, wie Mozart hier nicht nur die Klassengrenzen sprengt (eine bekannte
Lesart der Oper), sondern die Hosenrolle – das Cross Dressing einer Frau als Mann auf der Bühne –
zum Vehikel einer Darstellung mehrfach gebrochener Identität als geschlechtlich UND
gesellschaftlich festgelegtes Individuum wird.
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II:
Perversion
Freitag, 25. November 2011, 16.00–20.00
Samstag, 26. November 2011, 9.00–18.00
Freitag, 25. November 2011, 16.00–20.00
16.00–18.00
Einführung und Moderation: Marianne Scheinost-Reimann
Christine Diercks: „aus Gegensätzen doppelt geknüpft“. Figuren der Perversion bei Freud
Zeitgenössische psychoanalytische Konzepte zur Perversion kommen zu widersprüchlichen
Ergebnissen, sie alle aber werden in der Herleitung ihrer Thesen auch fündig bei Freud. Bei ihm
treffen wir unter anderem auf den verführenden, missbrauchenden Vater, das verführte,
traumatisierte, hysterisierte Kind, das verführerische, polymorph-perverse Kind, die verführerische
Mutter, die Mutter mit dem Penis, auf den Masochismus, Eros und Thanatos und auf den Fetisch.
Freuds „aus Gegensätzen doppelt geknüpft, hält natürlich besonders gut“ verweist auf eine
spezifische Funktion der Perversion und es stellt sich die Frage, wie diese jeweils in den Figuren
verkörpert wird.
Franz Oberlehner: Postmoderne Sexualität. Von der Normalneurose zur
Normalperversion
Der eigentliche Skandal des Sexuellen, die Geschlechterdifferenz, dass man nur entweder weiblich
oder männlich sein kann, nicht beides, war immer schon eine Herausforderung für die
Realitätsfunktion des Ich. Vieles in der Diskussion des Geschlechterverhältnisses scheint diese
Herausforderung zu relativieren, den Skandal weniger brisant zu machen: irgendwie können wir ja
doch beides sein. Mit der Entkoppelung von Sexualität und Fortpflanzung wird ein anderer
Unterschied verwischt, nämlich die Differenz zwischen polimorph-perverser Kindersexualität und
auf Fortpflanzung ausgerichteter Erwachsenensexualität. Die Ökonomisierung der Sprache dient
der Abwehr des Schicksalhaften unseres (geschlechtlichen) Lebens. Es ist also der „Skandal des
Sexuellen“, der wie eh und je abgewehrt wird, nur das Wie dieser Abwehr folgt dem Zeitgeist.
18.00-18.30: Pause
18.30–20.00
Moderation: Marlene Roth-Greussing
Alfred Springer: Zeitgemäßes zur Perversionsfrage
Ausgehend von Freud:
Der von Freud früh angedachte Bezug zwischen Neurose und Perversion (Die Neurose beruht auf
der Verdrängung „perverser“ Komponenten der psychischen Sexualität)Eine Interpretation, die die Pathologisierung der Sexualität vermeidet.
Der Einfluss der Kultur und der individuellen „sexuellen Konstitution“.
Die aktuelle Situation:
Die neue Klassifikation der Perversion nach den diagnostischen Kriterien und Mustern der
Persönlichkeitsstörungen. Umschiftung des „Focus of Interest“ und der klinischen Bewertung vom
Triebgeschehen zum Beziehungsproblem (die kritische Position von Sigusch)
Der Freudsche Interpretationsmodus scheint auf den Kopf gestellt: das sexuelle Bedürfnis und der
Ausdruck der Sexualität wird in stärkerem Ausmaß pathologisiert.
Andererseits veränderter kultureller Rahmen: Neubewertung der Bedeutung und Funktion der
Partialtriebe.
Schlussfolgerung:
Es scheint angezeigt, in der neuen Situation den Perversionsbegriff und seine Anwendung zu
überdenken und zu einer Neudefinition des Bezuges zwischen „Störung“ und sexueller
Bedürfnislage/sexuellem Ausdruck zu kommen.
Ort: Wiener Psychoanalytische Akademie. A-1010 Wien. Salzgries 16/3
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Rainer Danzinger: Schaulust und Zeigelust, Voyeurismus und Exhibitionismus
Der Beitrag geht zunächst von S. Freuds Überlegungen zum Schautrieb in den „Drei Abhandlungen“
1905, der „Psychogenen Sehstörung“ 1910, vor allem aber von der sprachanalytischen Passage in
„Triebe und Triebschicksale“ 1915, aus. (S. Freuds Vorgangsweise wird übrigens von J. Lacan, ähnlich
unkorrekt wie beim „Fall Schreber“ als „Deklination“ bezeichnet.) Nach ausführlicher Würdigung von K.
Abrahams (1913) sowie O. Fenichels(1935) umfangreichen Aufsätzen zur Thematik und einer Kritik der
rezenten, entsprechenden Literatur (H. Christoffel 1936, S. Lorand 1956, A. Ruhs,1999) erfolgt eine
systematische Darstellung der unbewussten Dynamik des Gegensatzpaares VoyeurismusExhibitionismus. Klinische Vignetten aus Analysen, mit einem Akzent auf suchtartigen voyeuristischen
Gebrauch pornografischer Internetseiten sowie kultur- und kunstkritische Beispiele werden zur
Vertiefung des Verständnisses herangezogen. Abschließend werden auch mögliche ubw. Motive der
Vermeidung des Blickkontaktes im psychoanalytischen Behandlungssetting diskutiert (Danzinger,
„texte“1999).
Samstag, 26. November 2011, 9.00–18.00
9.00–11.00
Moderation: Christof Zedrosser
Fritz Lackinger: Die Perversion der Übertragung
Sowohl in perversen Symptomen als auch in perversen Charakterstrukturen spiegeln sich letztlich
verinnerlichte Objektbeziehungen, in denen die fundamentalen Werte, auf denen menschliche
Beziehungen beruhen, verdreht und verkehrt werden. Diese internalisierten
Beziehungsvorstellungen prägen die unbewusste Phantasie solcher Patienten und damit auch die
Matrix, entlang der sich die Übertragungs-Gegenübertragungs-Bewegung in der analytischen
Behandlung entspinnt. In dem Vortrag wird untersucht, welche Modalitäten perverser Übertragung
und Gegenübertragung beschrieben wurden, ob es Möglichkeiten gibt, diese analytisch zu
verstehen, und wo die Grenze liegt, jenseits der der Zwang zur Zerstörung des Verstehens alle
analytischen Deutungsversuche vereitelt. Der Vortragende stellt Verbindungen her zwischen seiner
Arbeit in der psychoanalytischen Privatpraxis und seiner analytisch inspirierten Arbeit mit
Straftätern.
Sabine Schlüter: Triebbefriedigung in fremden Diensten.
Fritz Morgenthalers Überlegungen zur Perversion als Plombe
Was Fritz Morgenthaler besonders faszinierte, wenn er über die sogenannten Perversionen
nachdachte, war die Frage, wie es zugeht, dass man der Sexualität eines Menschen einen
bestimmten Platz anweist, ihr eine gewisse Gestalt abverlangt und sie einem definierten Ziel
unterwirft - auch in der Psychoanalyse. Das, so Morgenthaler, ist ein Widerspruch in sich, denn die
unbewussten (und immer sexuellen) Triebregungen sind - zumindest wenn man der Freud'schen
Konzeption des Unbewussten folgt - immer ungerichtet. In seiner Auseinandersetzung mit diesem
Thema entwickelt er hochinteressante metapsychologische Überlegungen zu den Perversionen,
aber auch zur Sexualität an sich. Im Dialog mit Freud gelesen, öffnen seine Arbeiten reiche
Möglichkeiten, sich mit diesen Widersprüchen zu beschäftigen und ihnen ein Stück weit auf die
Spur zu kommen.
11.00–11.30: Pause
11.30–13.00
Moderation: Monika Huber
Reimut Reiche: Das Schicksal der perversen Plombe im Behandlungsverlauf und im
Verlauf des Lebens. Dargestellt an drei Psychoanalysen
Die Plombentheorie von Fritz Morgenthaler ist trotz ihrer metapsychologischen Schwächen noch
immer das am meisten erfahrungsnahe Konzept zum Verständnis der Perversionen. Es sollen drei
typische Schicksale der Perversion besprochen werden, die im Verlauf der psychoanalytischen
Behandlung – und danach - offenbar werden: 1) die Zementierung der Plombe, 2) das Zerbrechen
der Plombe, 3) die Auflösung der Plombe.
Ort: Wiener Psychoanalytische Akademie. A-1010 Wien. Salzgries 16/3
Anmeldung: www.psy-akademie.at/[email protected]
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13.00–14.30: Pause
14.30–16.00
Moderation: Franz Knasmüller
Marianne Springer-Kremser: Weibliche Perversion.
Dieser Beitrag geht der Frage eines theoretisch fundierten Konzepts einer perversen Struktur des
weiblichen Geschlechts um perverses Verhalten zu beschreiben, definieren und verstehen, nach.
Einleitend werden ältere psychoanalytische Positionen zum Thema weibliche Perversionen
präsentiert. Anhand von Fallmaterial werden Charakteristika der psychopathologischen Struktur
von Patientinnen der psychosomatischen Frauenambulanz mit ‚perversem Verhalten’ untersucht;
triebtheoretische und objektbeziehungs-relevante Faktoren diskutiert. Ein auffallend wichtiges
Merkmal der Patientinnen war die starke Präsenz des eigenen Körpers, die Einbeziehung des
„inneren Raumes“, bzw. dessen „Produkt“(Kind) in das perverse Verhalten. Weiters wird die Frage
aufgeworfen, inwieweit manche Formen von ‚Cosmetic surgery’ bzw. ‚body modification’ nahe
Beziehungen zu perversem Verhalten aufweisen.
Sabine Janda: Perversionstheorien bei Janinen Chasseguet-Smirgel
Das Wort Perversion wird gewöhnlich mit sexuellen Perversionen in Verbindung gebracht. In den
letzten Jahrzehnten zeichnete sich allerdings ein Wandel ab. Dem Begriff kommt zunehmend eine
umfassendere Bedeutung zu. Chasseguet-Smirgel betont wie die Wirklichkeit in Perversionen
missrepräsentiert wird. Perversion ist nicht nur eine Abweichung von der natürlichen Sexualität,
sondern im weiteren Sinne eine Dimension der menschlichen Psyche im Allgemeinen. In diesem
Vortrag soll der Entwicklung ihres Perversionskonzeptes nachgegangen werden.
16.00–16.30: Pause
16.30–18.00
Moderation: Ruth Neumeister
August Ruhs: Der Ruf nach dem Gesetz des Vaters
sowie einige Bemerkungen zu den obszönen Dimensionen des Invokationstriebes
Entsprechend der Grundklassifizierung Freuds ist auch für die strukturale Psychoanalyse Lacans die
perverse Struktur eine klinische Einheit, welche sich von Neurose und Psychose durch eine
spezifische Subjektposition, durch besondere Elementarphantasmen und durch bestimmte
Abwehrmechanismen mit entsprechenden Symptombildungen unterscheidet.
Korrelativ dazu stellen Alienation und Separation als Übergänge vom Genießen zum Begehren die
entsprechenden Schritte in der Subjektentwicklung dar: Während der Psychotiker schon von der
Separation Halt macht, scheitert das perverse Subjekt an einer gelungenen Alienation mit ihrem
Zugang zum Begehren, wodurch es sich wiederum vom Neurotiker, welcher beide Phasen
durchlaufen hat, unterscheidet. Indem der Perverse in seinen Handlungen das sexuelle UnVerhältnis zwischen Mann und Frau, die Differenz und die unerträgliche Vorstellung der Kastration
durch das Streben nach einem absoluten Genießen des Körpers zu überwinden trachtet und sich
dabei für den Anderen als dessen Objekt des Genießens aufopfert, fordert er in seinen
Inszenierungen auch permanent das Gesetz, die Grenzsetzung und das Verbot heraus, welches ihm
ein Versagen der väterlichen Instanz in Anbetracht eines massiven mütterlichen Anspruchs an das
Kind vorenthalten hat.
In Ergänzung dazu soll der von Lacan herausgearbeitete Partialtrieb der Invokation
(Anrufungstrieb) in seinen verschiedenen Dimensionen bis hin zu seinen perversen Ausformungen
dargestellt werden.
Elisabeth Skale: Angst und Perversion: Kleinianische Aspekte
Christine Diercks: Vorschau Sigmund-Freud-Vorlesungen 2012
Ort: Wiener Psychoanalytische Akademie. A-1010 Wien. Salzgries 16/3
Anmeldung: www.psy-akademie.at/[email protected]
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WIENER PSYCHOANALYTISCHE AKADEMIE
Die Wiener Psychoanalytische Akademie versteht sich als ein auch öffentlich zugängliches Zentrum
für Psychoanalyse und ihre Anwendungen. Sie stellt den institutionellen Rahmen für Vermittlungsund Forschungsaufgaben, interdisziplinären Austausch, projektbezogene Zusammenarbeit und
Fortbildung zur Verfügung.
Getragen wird die Akademie vom Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse und der Wiener
Psychoanalytischen Vereinigung. Beide sind Mitglieder der Internationalen Psychoanalytischen
Vereinigung (IPV/IPA).
ANMELDUNG/INSKRIPTION:
www.psy-akademie.at
ADMINISTRATION:
Wiener Psychoanalytische Akademie
Viola Seibert
Salzgries 16/3, A-1010 Wien
T +43 1 532 01 50
M [email protected]
INSKRIPTIONSGEBÜHREN:
Inskriptionsgebühren bitte mit der Anmeldung überweisen.
EN-BLOC-INSKRIPTION (beide Tagungen)
100,–/50,–*
EINZELKARTEN FÜR EINE TAGUNGEN:
Tagung I:
Freitag, 6./Samstag, 7. Mai. 2011
70,–/35,–*
Tagung II:
Freitag, 25./Samstag, 26. November 2011
70,–/35,–*
* Ermäßigung für StudentInnen, Ausbildungs- und PropädeutikumsteilnehmerInnen
Bankverbindung: BA-CA, BLZ: 12 000, Ktnr: 528 543 34 501
Als Fortbildung anerkannt bei: ÖBVP, BÖP, ÖÄK (DFP). Bestätigung bei der Tagung
Diese Vorlesungsreihe entsteht auch 2011 wieder in guter Zusammenarbeit mit den
WIENER VORLESUNGEN – DIALOGFORUM DER STADT WIEN.
Wissenschaftliche Leitung, Organisation:
Christine Diercks (Gesamtleitung, Koordinierung für die WPV und der Tagung II)
Ulrike Kadi (Koordinierung für den WAP und der Tagung I)
Für die Unterstützung danken wir:
WIENER VORLESUNGEN – DIALOGFORUM DER STADT WIEN
Impressum:
Wiener Psychoanalytische Akademie
Salzgries 16/3, A-1010 Wien
Für den Inhalt verantwortlich: Christine Diercks
Ort: Wiener Psychoanalytische Akademie. A-1010 Wien. Salzgries 16/3
Anmeldung: www.psy-akademie.at/[email protected]
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