Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit Kritisch nachgefragt: Entwicklungszusammenarbeit Kapitel 1: Österreich und die Entwicklungszusammenarbeit Oder: Wieso noch mehr helfen? ............... 3 Was hat denn Österreich eigentlich von den Entwicklungszusammenarbeit -Ausgaben? ....................... 3 Österreich ist ein kleines Land, warum sollen wir immer helfen? ............................................................ 3 Trotzdem: Uns hat doch in der Vergangenheit auch niemand geholfen! ................................................. 4 Österreich engagiert sich doch ohnehin sehr stark! Wir spenden sehr viel, warum soll auch der Staat noch zusätzlich helfen? ............................................................................................................................. 4 Es wird doch in allen Ressorts gespart - was spricht eigentlich dagegen, dass auch die Entwicklungszusammenarbeit ihren Teil zur Budgetsanierung beitragen muss?..................................... 4 Warum ist die Entschuldung von Entwicklungsländern keine Entwicklungszusammenarbeit? ............... 5 Kapitel 2: „Problemverstärker Entwicklungshilfe“ Oder: Ohne Entwicklungszusammenarbeit wäre ja alles viel besser .................................................................................................................................. 5 Die Entwicklungshilfegemeinschaft hält lediglich eine Hilfs- und Problemmentalität aufrecht! ............. 5 Entwicklungshilfe verlängert nur die Probleme der Menschen in den Entwicklungsländern – wer ständig am Tropf hängt, verlernt jede Eigeninitiative und eigenständige Lösung von Problemen. Oder? ................................................................................................................................................................... 5 Gäbe es keine Hilfe, wäre die jeweilige Regierung gezwungen, endlich einmal selbst aktiv zu werden! 6 Die Entwicklungshilfe schwächt doch letztendlich die lokalen Märkte und den Unternehmergeist, kurz gesagt: Sie untergräbt die für erfolgreiche Entwicklung so wichtige Eigeninitiative. ............................... 6 Es leben ja ganze Staaten von ausländischer Hilfe – anstatt sich selbst zu helfen, fließt das Geld in die Korruption! ................................................................................................................................................ 7 Unterstützt man mit den Geldern, die die westlichen Regierungen Entwicklungsländern – etwa im arabischen Raum – zur Verfügung stellen, nicht auch Regimes wie die Taliban und andere Terroristen? Wieso soll dafür (noch mehr) Geld ausgegeben werden? ........................................................................ 7 Hilfe behindert doch nur das Wirtschaftswachstum und macht daher arm! ........................................... 7 Die Geschichte der Entwicklungszusammenarbeit zeigt doch eindeutig: Mehr Geld bedeutet nicht automatisch mehr und bessere Hilfe für die Menschen!.......................................................................... 8 1 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit Dass die Entwicklung in manchen Staaten so langsam voranschreitet bzw. nicht existent ist, hat ja wohl auch damit zu tun, dass Entwicklungshilfe nicht funktioniert. Warum also weiter Geld reinbuttern? .... 8 Solange diese Rahmenbedingungen bestehen, kann die Entwicklungszusammenarbeit also gar nicht wirklich erfolgreich sein, oder? ................................................................................................................. 9 Kapitel 3: Das Eigeninteresse der Entwicklungshilfe Oder: Eine Branche arbeitet ausschließlich für sich selbst ................................................................................................................................................. 9 Das Geschäft mit der Armut sichert Arbeitsplätze – im reichen Norden.................................................. 9 Man spendet doch nicht, um Arbeitsplätze zu finanzieren. Soweit kann es mit der eingeforderten Solidarität nicht her sein, wenn die Menschen sich für ihre Arbeit in der Entwicklungszusammenarbeit bezahlen lassen, oder? ............................................................................................................................ 10 „Afrikanische Probleme müssen von Afrikanern gelöst werden“ ........................................................... 10 Die Experten handeln immer wieder so als fände Entwicklung quasi unter Laborbedingungen statt. Sie wissen in der Regel viel zu wenig über die Sozialstrukturen, Kulturen und Traditionen ihrer Einsatzgebiete. ........................................................................................................................................ 10 “Aid has made poor poorer“ ................................................................................................................... 11 Häufig überlappen sich die Programme der UN, bilateralen Geber und rivalisierenden Organisationen, es kommt zu Doppel- oder Mehrfachförderungen. Allein die Vereinten Nationen kostet der Wildwuchs und die miserable Koordination nach eigenen Schätzungen rund sieben Milliarden Dollar pro Jahr.... 11 Kapitel 4 „Entwicklungshilfe vs. wirtschaftliche Entwicklung“ Oder: Ohne Entwicklungshilfe würde die Wirtschaft gedeihen ......................................................................................................................... 12 Statt zu helfen, schrecken die Hilfsorganisationen Touristen und Investoren mit ab, indem sie ein negatives Bild Afrikas vermitteln (lt. Shikwati) ....................................................................................... 12 Die Kooperation mit China bringt den Entwicklungsländern mehr als die Entwicklungshilfe! ............... 12 Wieso kann man nicht einfach einen Marshallplan für Afrika durchführen (kurzfristig viel Geld hineinpumpen und dann zurückziehen)?................................................................................................ 12 Dambisa Moyo sagt: „Stoppt die Hilfe (…) und Afrika wird ein korruptions- und konfliktfreier Kontinent, dessen Wirtschaft blüht, denn schlimmer kann’s nicht werden“ ......................................... 13 Was hat Entwicklungshilfe bisher gebracht? .......................................................................................... 13 2 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit Von 1970 bis 2000 sind ca. 300 Milliarden Euro alleine dem afrikanischen Kontinent zugute gekommen. Dennoch hat sich an den Lebensumständen der Bevölkerung vielerorts nur wenig verbessert. Die oft gestellte Frage, warum ausländische Hilfe nicht immer und überall die erwünschte Wirkung erzielt hat, ist deshalb verständlich und legitim. Immer wieder ist beispielsweise die Rede von finanzieller Hilfe für Afrika, die mehr schaden als nützen würde; die Abhängigkeiten erzeuge und jegliche Eigeninitiative lähmen würde. Dazu kommt: Das mediale und öffentliche Bild Afrikas wird dominiert von einer Bandbreite negativer Ereignisse, Entwicklungen und Themen: Dürren, Hunger, Armut, Krankheiten, Krieg, Korruption und schlechte Regierungsführung – um nur einige davon zu nennen. Dies bildet mitunter keine leichte Ausgangsposition für die Legitimierung von Entwicklungshilfe, denn viele der westlichen Vorstellungen und Bilder von afrikanischen bzw. anderen Entwicklungsländern sind fest und seit Jahrzehnten in unserer kollektiven und öffentlichen Meinung verankert. Dieser Fragenkatalog greift die wichtigsten kritischen Fragen zur Entwicklungshilfe auf und versucht diese nachvollziehbar zu beantworten. Er stellt sich aktiv der Kritik an der Entwicklungszusammenarbeit und versucht differenzierte, verständliche und klare Erklärungen auf eine Vielzahl von berechtigen, zum Teil jedoch pauschalierenden Fragen und Kritikpunkten zu geben, um damit die Transparenz von Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen und die Mechanismen ihrer Wirkung zu erklären. Wir hoffen, damit einen Beitrag zur besseren Argumentation für die Entwicklungszusammenarbeit zu leisten und es zu ermöglichen, manche alt eingesessenen, immer wiederkehrenden Vorwürfe – auf die man eventuell nicht immer eine schnelle und fundierte Antwort parat hat – zu entkräften. Kapitel 1: Österreich und die Entwicklungszusammenarbeit Oder: Wieso noch mehr helfen? Was hat denn Österreich eigentlich von den Entwicklungszusammenarbeit Ausgaben? Auch wenn sich die Auswirkungen nicht über Nacht bemerkbar machen: Als Teil der Außenpolitik trägt die Entwicklungspolitik zur Stabilisierung der weltweiten Sicherheit und der globalen Wirtschaft bei. Entwicklungszusammenarbeit ist eine Investition in die Zukunft, die zur Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen in einer globalisierten Welt beitragen kann. Österreich ist ein kleines Land, warum sollen wir immer helfen? Der Vergleich der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit erfolgt in Relation zum Bruttonationaleinkommen und berücksichtigt somit die Größe des Landes. Österreich ist eines der reichsten Länder Europas als auch der Welt. 3 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit Österreich trägt im Rahmen zahlreicher UN-Beschlüsse die internationalen Ziele der Entwicklungszusammenarbeit – und dazu gehört auch die Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel – freiwillig und vollinhaltlich mit. Die staatlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit spiegeln jedoch bei weitem nicht die wirtschaftlichen Kapazitäten und den Wohlstand Österreichs wider: Österreich könnte weit mehr in Entwicklungszusammenarbeit investieren, unterlässt es aber. Länder wie Schweden, Luxemburg, die Niederlande und Dänemark geben sogar mehr als die international vereinbarten 0.7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe aus (Österreich 2009: 0.3 Prozent). Trotzdem: Uns hat doch in der Vergangenheit auch niemand geholfen! Das stimmt so nicht: Nach dem 2. Weltkrieg hat der Marschallplan der USA zum Wiederaufbau der österreichischen Wirtschaft wesentlich beigetragen. Im Zeitraum 1948–1952 (also in nur vier Jahren) leisteten die USA den bedürftigen Staaten der Organisation for European Economic Cooperation (OEEC) Hilfe im Wert von insgesamt 13,1 Milliarden US-Dollar – das entspricht heute mehr als 75 Milliarden Euro. Österreich engagiert sich doch ohnehin sehr stark! Wir spenden sehr viel, warum soll auch der Staat noch zusätzlich helfen? Die österreichische Bevölkerung spendet anlässlich humanitärer Katastrophen sehr viel Geld. Privates Engagement ist äußerst wichtig, begrüßenswert und unverzichtbar in der Humanitären Hilfe. Private Initiative kann und darf die Wahrnehmung internationaler Verpflichtungen eines Staates im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit jedoch nicht ersetzen. Abseits der Bereiche, für die viel und gerne gespendet wird (v.a. Kinder und Katastrophen), besteht auch hoher Bedarf an langfristigen Entwicklungsmaßnahmen, die jedoch keinen hohen privaten Spendenanreiz besitzen. Hier ist es Aufgabe des Staates, seiner humanitären und ethischen Verpflichtung nachzukommen. Österreich hat sich bereits 1970 wie viele andere Staaten verpflichtet, 0,7% des Bruttonationaleinkommens in die Entwicklungszusammenarbeit zu investieren. Diese verbindliche internationale Zusage gilt es einzuhalten. Es wird doch in allen Ressorts gespart - was spricht eigentlich dagegen, dass auch die Entwicklungszusammenarbeit ihren Teil zur Budgetsanierung beitragen muss? Diese Frage ist durchaus berechtigt, allerdings ist hier anzumerken: Im Bereich Entwicklungszusammenarbeit gibt es seit 40 Jahren konkrete Zahlungsvorgaben (die an internationale Abkommen, etwa bei den UN gekoppelt sind), die die Republik Österreich jedoch nie zur Gänze erfüllt hat. Vom 0.7 Prozent Ziel für Entwicklungszusammenarbeit ist man auch 2010 (mit nur 0.3 Prozent) meilenweit entfernt. Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit musste 2009 auf rund 378 Millionen ihres Budgets verzichten, dennoch wurde 2010 erneut der Sparstift angesetzt: 2011 werden zehn Prozent der bilateralen Entwicklungshilfe gekürzt, auch die darauffolgenden Jahre sehen Einsparungen in dieser Größenordnung vor. Für das österreichische Staatsbudget bedeuten diese 4 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit schmerzlichen Einschnitte grosso modo jedoch keine wirklich Einsparung: Sie entsprechen gerade einmal 0,013 Prozent der Budgetausgaben von 2011. Warum ist die Entschuldung von Entwicklungsländern keine Entwicklungszusammenarbeit? Entschuldungsmaßnahmen – also der Verzicht auf die Rückzahlung zwischenstaatlicher Kredite (und ihrer Restzinsen) – sind entwicklungspolitisch sinnvoll und hilfreich; sie werden als öffentliche Entwicklungszusammenarbeit angerechnet. Sie sollten aber zusätzlich zu den Maßnahmen der Armutsbekämpfung erfolgen und nicht als Ersatz von Programmen und Projekten in Entwicklungsländern durchgeführt werden. 2008 betrug der Anteil der Entschuldungsmaßnahmen an der österreichischen Entwicklungshilfe sogar rund 43%. Im Vergleich dazu betrug der Anteil der bilateralen Programme und Projekte nur rund 9%. Der Rest fließt im Wesentlichen in multilaterale Töpfe wie die Internationalen Finanzinstitutionen (Internationaler Währungsfonds (IWF), Weltbank-Gruppe (WB)). Kapitel 2: „Problemverstärker Entwicklungshilfe“ Oder: Ohne Entwicklungszusammenarbeit wäre ja alles viel besser Die Entwicklungshilfegemeinschaft hält lediglich eine Hilfs- und Problemmentalität aufrecht! Hilfsgelder aus anderen Staaten führen nicht zu Wachstum, sondern seien im Gegenteil eine Wachstumsbremse, lautet ein oft gehörter Standpunkt. Daraus wird direkt abgeleitet, dass Hilfe zu Korruption und Abhängigkeit führt. Entwicklungshilfe bzw. –zusammenarbeit heißt nicht aber nicht, (Geld-)Geschenke zu verteilen und Konzepte nach eigenem Gutdünken umzusetzen! Moderne Entwicklungshilfe arbeitet mit selbsthilfeorientierten Ansätzen, die Eigeninitiative, Eigenleistung und Eigenverantwortung voraussetzen. Nach Lösungen für Probleme wird gemeinsam gesucht. Externe Partner unterstützen das durch Befähigung oder Vorbild. Dies stärkt die Eigeninitiative und versetzt die Betroffenen in die Lage, selbständig für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Entwicklungshilfe verlängert nur die Probleme der Menschen in den Entwicklungsländern – wer ständig am Tropf hängt, verlernt jede Eigeninitiative und eigenständige Lösung von Problemen. Oder? Deshalb ist auch eine kohärente Entwicklungspolitik erforderlich, die sicherstellt, dass andere Politikbereiche (wie beispielsweise Landwirtschaft, Außenpolitik, Außenhandel, Klimapolitik usw.) dazu beitragen, Armut zu beseitigen. Wichtig ist erstens sicherzustellen, dass die Auswirkungen dieser Politik nicht mehr Armut verursachen und zweitens, dass die anderen Politikbereiche so gestaltet werden, dass 5 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit sie sich fördernd auf die eigenständige Entwicklung der armen Länder auswirkt. Entwicklungszusammenarbeit (Projekte und Programme) ist eine notwendige flankierende Maßnahme – sie kann jedoch die Auswirkungen falscher Politik nicht wieder gut machen! Gäbe es keine Hilfe, wäre die jeweilige Regierung gezwungen, endlich einmal selbst aktiv zu werden! Internationale Solidarität ist eine ethische und humanitäre Verpflichtung. Humanitäre Hilfe: Wie die Beispiele Haiti oder Pakistan 2010 zeigen, sind die Regierungen und Strukturen der Entwicklungsländer nicht in der Lage, im Katastrophenfall umzugehen und ihre Auswirkungen für die Bevölkerung erträglich zu machen. In Chile ist beispielsweise nach dem Erdbeben 2010 die internationale Unterstützung deshalb sehr viel geringer ausgefallen, weil Chile ein stabiles und gut organisiertes Land ist. Die längerfristig angelegte Entwicklungszusammenarbeit sollte dazu beizutragen, dass Institutionen und Kapazitäten aufgebaut werden, um die Gesellschaften armer Länder in die Lage zu versetzen, ihre Probleme aus eigener Kraft zu lösen. Die Geschichte zeigt deutlich, dass Hunger kein Schicksaal ist und die Bekämpfung von Hunger sehr stark an Verteilungsgerechtigkeit zwischen Nord und Süd gebunden ist. Die Entwicklungshilfe schwächt doch letztendlich die lokalen Märkte und den Unternehmergeist, kurz gesagt: Sie untergräbt die für erfolgreiche Entwicklung so wichtige Eigeninitiative. Eine auf dem Export europäischer Produkte basierende Entwicklungszusammenarbeit schwächt die Märkte der Entwicklungsländer. Eine auf gemeinsame Partnerschaft ausgerichtete nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit fördert Eigeninitiative und Ownership der betroffenen Bevölkerung. Entwicklungshilfe bzw. -zusammenarbeit heißt nicht, Geschenke zu verteilen oder Konzepte in eigener Regie ohne Teilhabe der Betroffenen umzusetzen. Dies fördert in der Tat eine Nehmermentalität und lähmt die Eigeninitiative. Selbsthilfeorientierte Ansätze setzen Eigeninitiative, Eigenleistung und Eigenverantwortung der Partner und Zielgruppen (Regierungen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Einzelpersonen) voraus. Idealerweise geht die Initiative für eine Zusammenarbeit von den Betroffenen selbst aus. Entsprechende Maßnahmen werden u.U. gemeinsam entwickelt, gemeinsam oder von außen finanziert, aber eigenständig durchgeführt und Verantwortung für die Ergebnisse übernommen. Externe Partner unterstützen Prozesse durch Finanzierung, Befähigung und Vorbild. Diese Art der Entwicklungshilfe stärkt die Eigeninitiative und versetzt die Betroffenen in die Lage, selbständig für die Verbesserung ihrer Situation zu sorgen. 6 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit Es leben ja ganze Staaten von ausländischer Hilfe – anstatt sich selbst zu helfen, fließt das Geld in die Korruption! Entwicklungshilfe und Korruption sind zunächst zwei Dinge, die unabhängig voneinander zu beurteilen sind. Korruption ist Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Vorteil. Schwache Rechtsstaatlichkeit, traditionelle Strukturen und große Armut – Faktoren, die in Entwicklungsländern häufig aufeinander treffen - begünstigen Korruption. Um dem entgegenzuwirken, haben fast alle Geber Antikorruptionsrichtlinien. Wichtig ist, dass diese konsequent umgesetzt werden. Entwicklungshilfe will bestimmte staatliche Institutionen stärken, vor allem aber Armut verringern. Erfolgreiche Entwicklungshilfe trägt also zur Bekämpfung von Korruption bei. Übrigens: Korrupte Menschen gibt es leider überall: Auch in wohlhabenden Ländern kommen laufend Korruptionsskandale ans Licht – auch in Österreich ist Korruption ein häufiges Phänomen, das jährlich rund 1 Milliarde Euro Schaden verursacht. Unterstützt man mit den Geldern, die die westlichen Regierungen Entwicklungsländern – etwa im arabischen Raum – zur Verfügung stellen, nicht auch Regimes wie die Taliban und andere Terroristen? Wieso soll dafür (noch mehr) Geld ausgegeben werden? Es ist ein Trugschluss, dass die Unterstützung von Entwicklungsländern zur (in)direkten Unterstützung repressiver oder radikalisierter Kräfte, wie etwa der Taliban führt. Am aktuellen Beispiel Pakistans sieht man jedoch wie weit diese Vorannahme in weiten Bevölkerungskreisen greift, was unter anderem dazu geführt hat, dass internationale Hilfsmassnahmen nur sehr zögerlich angelaufen sind bzw. die „Euphorie“ zu helfen auf einem sehr nüchternen Level verblieben ist. Zu bedenken ist jedoch immer, dass gerade durch die hohe Präsenz internationaler Hilfsorganisationen vor Ort, repressiven Kräften der Wind aus den Segeln genommen wird, sich am menschlichen Desaster profilieren zu können. Das Taliban Regime versuchte sich seit Beginn der Flutkatastrophe als Retter in der Not zu inszenieren. Das Aufzeigen von Alternativen zu den sozialen Aktivitäten terroristischer Systeme und die Demontierung ihrer Darstellung als alleinige Erlöser verhindert die Schaffung weiterer Nährböden für die Radikalisierung großer Bevölkerungsteile. Menschen, abseits der Lieferung von materiellen Hilfsgütern, auf einer psychischen Ebene das Gefühl vermitteln zu können, mit ihren Schicksalen nicht allein zu sein, dient damit als die beste Grundlage für nachhaltige Sicherheit vor Ort und der vorausschauenden Verhinderung zukünftiger daraus resultierender globaler Probleme. Hilfe behindert doch nur das Wirtschaftswachstum und macht daher arm!1 Von Entwicklungshilfe wird oft erwartet, dass sie Probleme löse, die weit außerhalb ihrer Reichweite liegen (z.B. makroökonomische Entwicklung, Industrialisierung, usw.). 1 Siehe das Buch „Dead Aid“ (2009) von Dambisa Moyo, Ökonomin aus Sambia. 7 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit Entwicklungszusammenarbeit soll in erster Linie Armut überwinden helfen und sich deshalb auf die Sektoren konzentrieren, die einen Beitrag dazu leisten können: also Bildung, Gesundheit, ländliche Entwicklung usw. Auch diese Sektoren sind für wirtschaftliches Wachstum wichtig. Beispielsweise sind ausgebildete Fachkräfte eine wesentliche Voraussetzung für Wachstum. Die Geschichte der Entwicklungszusammenarbeit zeigt doch eindeutig: Mehr Geld bedeutet nicht automatisch mehr und bessere Hilfe für die Menschen! Kritiker von Entwicklungshilfe nennen immense Beträge an Entwicklungshilfegeldern, die in der Vergangenheit angeblich „verschwendet“ wurden. Die Fakten: Weltweit flossen in den letzten 50 Jahren 2,3 Billionen USD, das sind 1.803.940.000.000 €, in die Entwicklungszusammenarbeit. Im Rüstungsbereich wird dieser Betrag in nur zwei Jahren aufgewendet: Allein 2009 wurden mehr als 1.047.000.000.000 € in Waffen, Heere, Angriff und Verteidigung investiert. 2006 betrug der Nettokapitaltransfer von Süd nach Nord ca. 650 Mrd. US-Dollar. Aller Entwicklungshilfe zum Trotz fließen so jedes Jahr mehr Mittel aus dem Süden ab und entziehen diesem dringend benötigte Ressourcen. Zum einen geht es nicht um mehr Geld, sondern um die Einhaltung der international zugesagten Mittel. Zum zweiten gehen die Anstrengungen der Geberländer in die Richtung, die Entwicklungszusammenarbeit effizienter zu gestalten und deren Wirkung zu erhöhen. Dass die Entwicklung in manchen Staaten so langsam voranschreitet bzw. nicht existent ist, hat ja wohl auch damit zu tun, dass Entwicklungshilfe nicht funktioniert. Warum also weiter Geld reinbuttern? Es gibt mehrere Arten von Entwicklungszusammenarbeit, die von noch mehr AkteurInnen geleistet wird. Zu sagen, Entwicklungszusammenarbeit funktioniert nicht, ist falsch. Es gilt zu differenzieren: Während es in manchen Bereichen eindeutige Fortschritte gibt (Bsp.: Eindämmung der HIV-Neuinfektionsraten in manchen Ländern Afrikas), sind anderswo Missstände überdeutlich. Das hat aber primär nicht mit einem Versagen der Entwicklungszusammenarbeit zu tun, sondern – meist – mit makroökonomischen Faktoren: die EU-Handelspolitik, die beispielsweise oft negative Folgen für die Entwicklungsländer hat, der von Geberländern ausgeübte Druck auf die Regierungen der Entwicklungsländer ihre lokalen Märkte für ausländische Produkte und InvestorInnen zu öffnen, etc. Daneben beeinflussen u.a. politische Entwicklungen, die Möglichkeiten für BürgerInnen und Staat Ressourcen im Land zu sinnvoll einzusetzen. Ebenso hat das Funktionieren der öffentlichen Einrichtungen Einfluss auf den Wohlstand eines Landes. Diese Rahmenbedingungen tragen wesentlich zu Entwicklungsfortschritten in einem Land bei. Dazu kommen Schwächen im System der Entwicklungszusammenarbeit: Zum Beispiel bringt die Lieferbindung – also die Vorgabe der Geberregierungen, wie die Entwicklungsländer die zur Verfügung gestellte Summe nutzen sollen – Schwierigkeiten mit sich. Denn die Entwicklungsländer können oft nicht den besten Anbieter oder das beste Produkt, die beste Dienstleistung auswählen, sondern müssen im jeweiligen Geberland einkaufen – unabhängig davon, ob das auch im Sinne der Entwicklung die passende Lösung ist. Außerdem fließt das eigentlich für die Entwicklung der Länder aufgewendete Geld wieder zurück ins Geberland. 8 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit Solange diese Rahmenbedingungen bestehen, kann die Entwicklungszusammenarbeit also gar nicht wirklich erfolgreich sein, oder? Sowohl die Regierungen als auch Nichtregierungsorganisationen haben erkannt, dass es Schwächen im System der Entwicklungszusammenarbeit gibt, die das Erreichen von Entwicklungszielen behindern. Beide Seiten sind daher bemüht, die Wirksamkeit ihrer Arbeit zu erhöhen. Die Regierungen kritisieren an der Arbeit der Nichtregierungsorganisationen beispielsweise die Vorgehensweise, sich untereinander nicht optimal zu koordinieren. Diese wiederum fordern von den Regierungen eine höhere Bereitschaft, Bereiche der Außenpolitik, die für die Entwicklungshilfe relevant sind, auf die Interessen der Entwicklungszusammenarbeit abzustimmen, sich konsequenter für die Bekämpfung von Armut einzusetzen und die strukturellen Ursachen für Armut stärker zu berücksichtigen. Bisher sind die Regierungen diesen Forderungen nicht nachgekommen, auch wenn sie bereits wichtige Schritte in die richtige Richtung gesetzt haben, indem sie die Pariser Erklärung und Accra Agenda for Action unterzeichnet haben. Diese beiden Dokumente legen fest, wie die Regierungen ihre Entwicklungszusammenarbeit künftig organisieren und umsetzen möchten. Und natürlich bemühen sich auch die Nichtregierungsorganisationen um Verbesserungen ihrer eigenen Arbeit. Es geht darum, Wirkungen zu erzielen, die das Leben der betroffenen Menschen positiv und nachhaltig verbessern. Kapitel 3: Das Eigeninteresse der Entwicklungshilfe Oder: Eine Branche arbeitet ausschließlich für sich selbst In Österreich wird einerseits die Arbeit von Hilfsorganisationen extern durch WirtschaftsprüferInnen und auch durch das Spendengütesiegel geprüft: Wirtschaftstreuhänder kontrollieren jährlich u.a. das Finanzgebaren und die Wirtschaftlichkeit der Organisation. Derzeit führen über 200 Organisationen dieses Gütesiegel. Selbstverständlich muss ein bestimmter – er sollte so gering wie möglich sein – Prozentsatz des jährlichen Spenden- und Fördervolumens für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit aufgewendet werden. Die Organisationen können nur dann professionelle Arbeit leisten, wenn sie auch in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter/innen und die Weiterentwicklung von Instrumenten und Expertise investieren. Die Aufbringung von Spenden ist zudem nur mit aktivem Fundraising möglich. Wichtig ist, dass in den Jahresberichten Transparenz über die Administrationskosten herrscht. Die staatliche Entwicklungshilfe unterliegt ebenfalls strengen Qualitätskriterien, ihre Umsetzung wird kontinuierlich und extern evaluiert. Das Geschäft mit der Armut sichert Arbeitsplätze – im reichen Norden. Siehe oben. Das ist nicht das vorrangiges Ziel der Entwicklungszusammenarbeit, sondern ein notwendiges Mittel professioneller Arbeit im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Die Entwicklungszusammenarbeit ist eine Branche, die nach hoch spezialisierten Fachkräften verlangt. Sie 9 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit erbringen Leistung und haben Anspruch auf Entlohnung. Ehrenamtliche Tätigkeit kann nur unterstützend eingesetzt werden. Man spendet doch nicht, um Arbeitsplätze zu finanzieren. Soweit kann es mit der eingeforderten Solidarität nicht her sein, wenn die Menschen sich für ihre Arbeit in der Entwicklungszusammenarbeit bezahlen lassen, oder? Professionelle und erfolgreiche Arbeit im Bereich Entwicklungszusammenarbeit erfordert – wie in jeder anderen Sparte – gut und adäquat ausgebildete MitarbeiterInnen. Es leuchtet bei näherer Überlegung sicher ein, dass die Arbeit von Hilfsorganisationen und anderen Nichtregierungsorganisationen nicht auf der Basis des reinen Ehrenamts funktionieren kann. Denn auch wenn für viele der Organisationen die Unterstützung durch ehrenamtliche MitarbeiterInnen wichtig und oft sogar unverzichtbar ist, so ist doch eine ehrenamtliche Arbeit in der Regel nicht an fixe, regelmäßige Arbeitszeiten sowie Kontinuität und Verbindlichkeit gebunden. Dies sind allerdings unabdingbare Faktoren für das reibungslose Funktionieren sowohl von Unternehmen als auch von Nichtregierungsorganisationen. „Afrikanische Probleme müssen von Afrikanern gelöst werden“2 Damit hat der James Shikwati, der kenianische Wirtschafter, auch durchaus Recht. Die Entwicklungszusammenarbeit der Nichtregierungsorganisationen unterstützt die afrikanische Bevölkerung lediglich darin, sich zu organisieren, sich stark zu machen, für ihre Rechte einzutreten, sich gegenüber den Machthabern zu artikulieren und dabei, ihre Lebensumstände zu verbessern. Staatliche Geber tun dies auf Regierungsebene, um Verwaltungsstrukturen zu verbessern, Abläufe transparenter zu gestalten usw. Initiatoren und Akteure müssen die AfrikanerInnen selbst sein. Die Experten handeln immer wieder so als fände Entwicklung quasi unter Laborbedingungen statt. Sie wissen in der Regel viel zu wenig über die Sozialstrukturen, Kulturen und Traditionen ihrer Einsatzgebiete. Ein klassischer Vorwurf, der zumeist von Personen kommt, die mit der Entwicklungszusammenarbeit keine Berührungspunkte haben: Tatsache ist, dass Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit eine hoch spezialisierte, Kultur sensitive Branche darstellen, in der akademisch qualifiziertes und empirisch erfahrenes Personal mit hohem persönlichem Engagement arbeitet. 2 Siehe James Shikwati, kenianischer Ökonom: Er gilt als entschiedener Gegner der Entwicklungshilfe, die seiner Ansicht nach die Entwicklungsländer in eine Abhängigkeitssituation bringe und Unternehmergeist unterdrücke. 10 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit “Aid has made poor poorer“3 Entwicklungs“hilfe“ (Aid) ist sehr vielfältig, wird aber von Laien oft als eine einzige Maßnahme gesehen. In der Beurteilung ist es wichtig die einzelnen Aspekte zu unterscheiden. Es gibt die… Humanitäre Hilfe – also Hilfe in Katastrophenfällen – als eine Form von Hilfe ist unerlässlich, ob in sehr armen oder weniger armen Ländern. Entwicklungszusammenarbeit der Nichtregierungsorganisationen (NGOs): Empowerment der Zivilgesellschaft, eines der wichtigsten Anliegen der Entwicklungszusammenarbeit von NGOs, ist eine Voraussetzung zur Entwicklung nachhaltiger Demokratien - die wiederum als Basis für Entwicklung (A. Sen) angesehen werden. Bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit Diese wird von NGOs gerne kritisiert, weil hier eher die Eliten Zugang haben; der Nutzen für die marginalisierten Gesellschaften ist oft nicht sichtbar bzw. spürbar und die Budgethilfe ist korruptionsanfälliger ist als der Bereich Projektumsetzung. Multilaterale Entwicklungszusammenarbeit: Diese bedeutet, dass Industrieländer Zahlungen an überstaatliche Zusammenschlüsse und Organisationen leisten, die die Gelder verwalten und im Rahmen unterschiedlichster Programme an Entwicklungsländer auszahlen. Multilaterale Geber sind z.B. die Weltbank-Gruppe, die Vereinten Nationen und deren Sonderorganisationen (wie das Entwicklungsprogramm der UN, das UN-Umweltprogramm, die Weltgesundheitsorganisation u.a. Häufig überlappen sich die Programme der UN, bilateralen Geber und rivalisierenden Organisationen, es kommt zu Doppel- oder Mehrfachförderungen. Allein die Vereinten Nationen kostet der Wildwuchs und die miserable Koordination nach eigenen Schätzungen rund sieben Milliarden Dollar pro Jahr. Die Harmonisierung und Koordination der verschiedenen Aktivitäten und Maßnahmen aller AkteurInnen der Entwicklungszusammenarbeit ist ein wichtiges Ziel der Pariser Erklärung des Jahres 2005 und ist ein vorrangiges Ziel einer kohärenten Entwicklungspolitik. Koordination scheitert aber auch vielfach an den Eigeninteressen der Geber und der verschiedenen Einrichtungen. 3 Dambisa Moyo 11 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit Kapitel 4 „Entwicklungshilfe vs. wirtschaftliche Entwicklung“ Oder: Ohne Entwicklungshilfe würde die Wirtschaft gedeihen Statt zu helfen, schrecken die Hilfsorganisationen Touristen und Investoren mit ab, indem sie ein negatives Bild Afrikas vermitteln (lt. Shikwati) Diese Aussage ist sicherlich sehr verallgemeinernd und trifft beispielsweise auf ein Land wie Kenia wohl kaum zu: Kenia ist touristisch gut im Geschäft und China investiert kräftig – auch noch in weit ärmeren Ländern als Kenia. Wirtschaftlich arme afrikanische Staaten wie Namibia, Tansania, Südafrika, etc. sind weltweit touristische Ziele. Die notwendige Arbeit von Hilfsorganisationen im Land einerseits und die Beliebtheit eines Landes als InvestorInnen- oder TouristInnenziel schließen sich daher gegenseitig nicht aus. Die Kooperation mit China bringt den Entwicklungsländern mehr als die Entwicklungshilfe! Das chinesische Engagement in Afrika ist sicherlich mit kritischer Skepsis zu bewerten: China bietet afrikanischen Staaten billige Kredite für die Verbesserung ihrer Infrastruktur an – und repariert Straßen & Schienen gleich selbst. Weiters gilt das chinesische Interesse vor allem den Bodenschätzen: China beutet die Rohstoffe afrikanischer Staaten aus, die gesamte Wertschöpfung findet jedoch in China statt. Die Fachkräfte werden aus China mitgebracht; lokale afrikanische ArbeiterInnen sind nur billige Hilfskräfte. Die Infrastruktur, die China hinterlässt, ist lediglich für den Abtransport der Rohstoffe gebaut und von schlechter, nicht andauernder Qualität. China stellt außerdem keine Forderungen nach guter Regierungsführung oder Transparenz. Wieso kann man nicht einfach einen Marshallplan für Afrika durchführen (kurzfristig viel Geld hineinpumpen und dann zurückziehen)? Für Europa war diese Lösung optimal: Die Staaten konnten auf Jahrhunderte lange Erfahrung in Staatsführung, Wirtschaft und Handel zurückblicken, die Zivilbevölkerung verfügte über ein gutes Bildungsniveau, kurz gesagt: Es ging um dabei um einen Wiederaufbau. Ein Marshallplan ist deshalb keine Lösung für Afrika, da Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit, Versorgung, Infrastruktur, Zivilgesellschaft, etc. diesem Konzept zu weit nach hinken. Auch nach einem „Entwicklungsboost“ würden die Errungenschaften zu wenig verankert sein, um nachhaltig zu wirken. Und wenn die Rahmenbedingungen – u.a. die Politiken der Industriestaaten – nicht fair gestaltet werden, wird sich nichts ändern. 12 Kritisch nachgefragt: Die Entwicklungszusammenarbeit Dambisa Moyo sagt: „Stoppt die Hilfe (…) und Afrika wird ein korruptions- und konfliktfreier Kontinent, dessen Wirtschaft blüht, denn schlimmer kann’s nicht werden“ Das ist unserer Meinung nach eine sehr zynische Ansicht. Denn für die zivile Bevölkerung kann es sehr wohl immer noch schlimmer werden. Was hat Entwicklungshilfe bisher gebracht? Kritiker beschreiben oft einzelne Entwicklungsprojekte die gescheitert sind. Tatsächlich finden sich viele Projekte, die erfolgreich abgeschlossen wurden. Aber nicht nur in Einzelprojekten, auch in Makrodaten ist zu erkennen, dass Entwicklungshilfe Erfolge vorzuweisen hat. In Afrika haben heute mehr als 60 Prozent der Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 1970 waren es noch 25 Prozent. Die Einschulungsrate in Sekundarschulen ist von fünf Prozent auf 30 Prozent gestiegen. Polio und Pocken sind ausgerottet. Kleinkredite haben das Leben von Millionen Frauen verändert. Die Lebenserwartung ist in den Entwicklungsländern zwischen 1955 und 2005 von 41 auf 63 Jahre gestiegen. Die Kindersterblichkeit sank zwischen 1960 und 2004 von 22 auf 8,7 Prozent. 1960 konnten 46 Prozent der Erwachsenen in den Entwicklungsländern lesen und schreiben, 2004 waren es 76 Prozent. Die durchschnittliche Anzahl der Schuljahre, die ein Mensch absolviert, hat sich seit 1960 nahezu verdoppelt (von 3,4 auf 6,3 Jahre). 1970 litt jeder dritte Mensch an Hunger, heute ist es etwa jeder siebte. Dennoch gibt es immer noch viel zu viele Probleme. Und es ist nicht klar, in welchem Maße ausschließlich die Entwicklungshilfe zu diesen Erfolgen beigetragen hat. Dennoch: Die wenigen Zahlen verdeutlichen, dass positive Entwicklungen stattgefunden haben bzw. stattfinden. 13