DGL-Mitteilungen I / 2006: 49-57 (Berlin) Chironomiden: Potential und Einsatzmöglichkeiten im Biomonitoring von Gewässern – ein Überblick Gerhardt, A., Orendt C., Dettinger-Klemm, A., Janssens de Bisthoven, L., Michiels, S., Otto, C.-J., Vogt, C. (DGL-AK "Chironomiden als Bioindikatoren") Einleitung 700 Arten in Deutschland, artenreichste Diptera, arten- und oft auch individuenreichste Makrozoobenthosgruppe! Chironomiden sind mit ihren zahlreichen Arten praktisch in jedem Lebensraum anzutreffen, in allen Arten von Fließ- und Stillgewässern, sogar Gletschereis, heißen Quellen, Phytotelmen, auch Böden, Tierkot, bis hin zu Pilzen. Alle Nahrungsgilden sind vertreten. Die Plastizität der Lebenszyklen ist hoch. Manche, oft allgemein als „rote Zuckmücken“ bezeichnete Formen können als Larven in Dichten bis zu 100.000 Individuen pro m² leben und spielen als sekundäre Produzenten, Detritus-Verarbeiter und Fischnahrung eine wichtige ökologische Rolle. Insofern wären sie für eine Beurteilung von Gewässern besonders geeignet. Das beschreibt auch schon Thienemann (1925). In der Praxis jedoch werden die Chironomiden im Biomonitoring verhalten verwendet, teils wegen mangelnder Kenntnis, teils wegen schwieriger Taxonomie. Dagegen nimmt die Verwendung in der Ökotoxikologie zu, aus paläo-ökologischen Untersuchungen zu historischen Klimazuständen sind sie nicht mehr wegzudenken. Traditionell wird im Trendbiomonitoring von Gewässern selten auf Chironomiden zurückgegriffen. In Fliessgewässern gehen sie entweder in der Gesamtgruppe des Makrozoobenthos unter oder sie werden als "% EPT/Chironomidae" oder als "% Chironomidae/Makrozoobenthos", manchmal auch etwas detaillierter als "%Tanytarsini/Chironomidae" in der ökologischen Bewertung berücksichtigt. Das Sediment als essentielles Habitat in Gewässern sowie als Puffer für die Schadstoffverfügbarkeit wird jedoch in der Gewässerqualitätsbewertung nicht besonders betont, auch nach der neuen EU-WRRL, nur als Ausschnitt eines Gewässers. Auch Toxizitätstests finden in der Praxis der Gewässerbewertung keine Routineanwendung. Dies ist bedauerlich, da z.B. der häufig verwendete Saprobienindex zwar Aussagen über die Sauerstoffzehrungsverhältnisse im Gewässer erlaubt, nicht jedoch über die Belastung durch chemische Schadstoffe. 1 In diesem Artikel skizzieren wir wichtige Anwendungsgebiete von Chironomiden in der Ökotoxikologie, Gewässeruntersuchung und –überwachung, auch als Ergänzung zur sogenannten „TRIAD-basierten integrierten Gewässerbewertung“ (Toxikologie, Ökologie, Chemie), ursprünglich vorgeschlagen von Chapman (1987). Die Idee hinter dem "sediment quality triade" ist es, einen kombinierten Index zur Bewertung der Sedimentqualität zu entwickeln, bestehend aus chemischen Felddaten, toxikologischen Labordaten und biologischen Felddaten. In Abb. 1 wird die Integration der verschiedenen Methoden zur Gewässerbewertung mit Chironomiden zusammengefasst. Detaillierte Ausführungen zu den einzelnen Methoden sind bei den Autoren zu erfragen bzw. folgen an anderer Stelle. 1) Toxizitätstests mit Chironomiden 1.1) Standardtests Chironomiden werden in der Ökotoxikolgie für die Testung von Substanzen auf toxische Effekte bei Invertebraten im größerem Umfang seit Mitte der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts eingesetzt (bes. Chironomus riparius, C. tentans, C. yoshimatsui ). Um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse gewährleisten zu können, wurden die ökotoxikologische Experimente hauptsächlich für die Chemikalientestung, Chemikalienexposition und Wasserexposition (OECD, 2004b) durch die OECD standardisiert. Es gibt allerdings auch weitere Standardisierungen z.B. durch die US-EPA (1996). Chironomiden sind für die Chemikalientestung und deren Bewertung besonders geeignet auf Grund der folgenden Eigenschaften: ─ Chironomiden der oben genannten Arten lassen sich leicht in Laboratorien unter standardisierten Bedingungen züchten. Weiterhin positiv ist die permanente Verfügbarkeit von Tieren für Experimente. Die leichte Hälterung hat aber auch noch einen marktwirtschaftlichen Vorteil, da Kosten für aufwendige Geräte und Testsysteme eingespart werden können und somit eine kostengünstige Chemikalientestung möglich ist. ─ Aufgrund ihrer Lebensweise und ihrer ubiquitären Verbreitung stellen diese Zuckmücken außerdem einen wichtigen Stellvertreterorganismus für eine Vielzahl von Sedimentbewohnern dar. Dadurch kann in den Experimenten von einer direkten Exposition der Tiere gegenüber Schadstoffen und deren Aufnahme über die Cutikula oder die Nahrung ausgegangen werden. Außerdem haben Chironomiden bei milden Temperaturen einen relativ kurzen Lebenszyklus von ca. 21 - 28 Tagen. Deshalb können Experimente über eine gesamte Generation durchgeführt werden, bei dem alle Entwicklungsstadien auf Effekte gegenüber Schadstoffen getestet werden können. ─ Ein weiterer Vorteil ist, dass über das Hormonsystem der Insekten sehr viel bekannt ist, weil viele Organismen dieser Klasse wichtige Schadorganismen 2 ─ für die Landwirtschaft darstellen (insektizide Pflanzenschutzmittel (z.B. Häutungshemmer bei der Kastanienminimiermotte). Für den Einsatz von Chironomiden in der Ökotoxikologie stehen viele Publikationen und somit Vergleichsdaten für diese Tiergruppe zur Verfügung stehen. Dadurch wird es möglich, erhobene Daten in den Gesamtkontext einzuordnen und zu bewerten. Es können - um diesen wichtigen Aspekt zu verdeutlichen - zum heutigen Zeitpunkt im Web of Science ca. 2500 Publikationen zum Themenkreis „Chironomidae im weiteren Sinn“ abgerufen werden. All diese genannten Vorteile machen heute den Einsatz von Chironomiden in der Ökotoxikologie unerlässlich, und es sollte weiterhin das Risikopotential von Substanzen anhand dieser Tiergruppe kritisch abgeschätzt werden. Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen standardmäßigen Einsätzen jedoch eignet sich der Standard-OECD-Sedimentkontakttest (Überleben, Wachstum, Emergenz) z.Z. nicht für eine kosteneffektive Bewertung der Sedimenttoxizität, da er als "whole life-cycle test" lange (bis 28 Tage) dauert und die Ergebnisse – neben methodischen Problemen im Labor - nicht direkt auf das Freiland übertragbar sind (Standardsediment statt natürlichem Sediment). 1.2) Verhaltenstest Kürzlich wurde ein neuer Sedimenttoxizitätstests basierend auf den Parametern Verhalten und Überleben von benthischen Insekten und Crustaceen vorgeschlagen (Gerhardt & Schmidt 2002, Kirkpatrick et al. 2005), da er 1) schnell und einfach anzuwenden ist, 2) vollautomatisiert kontinuierlich quantitative Daten in Realzeit übermittelt, 3) es erlaubt, die Sedimentbewohner direkt in ihrem natürlichen Substrat zu betrachten und somit ihre Exposition realistisch einzuschätzen, 4) sich mit den Testparametern des Standardtestes gut kombinieren lässt und 5) alle Entwicklungsstadien, also auch die Emergenz automatisiert messen kann. Dieser Test kann über mehrere Stunden bis Tage/Wochen erfolgen und ist sowohl im Labor als auch im Freiland gleichermaßen einsetzbar, welches die Extrapolation Labor-Feld erleichtert. Dieser Verhaltens-Test läßt sich auch gut mit anderen gegenwärtigen und innovativen Ansätzen kombinieren, z.B. Exposition der Larven im Feld und anschliessender Messung von Parametern wie "post-exposure feeding", Wachstum, Bioakkumulation, etc. im Labor. Der neue Sedimentbiotest erfolgt im sog. Multispecies Freshwater Biomonitor® (MFB) (Gerhardt 1999, 2000). 3 2) Bioassessment-Methoden 2.1) Gewässerbewertung I: Larven Die Anwendung von Chironomiden-Larven bei der biologischen Gütebewertung von Gewässern ist generell nicht besonders fest verankert. In der Praxis wird dies durch schwierige Taxonomie und teils ungeklärte ökologische Ansprüche begründet. Dazu einige Anmerkungen: Die Bestimmbarkeit ist nicht geringer als vergleichsweise z.B. bei Nemouriden, Leuctriden usw. aus dem Mittelgebirge und Bergland oder bestimmte Trichopterengruppen. Für Chironomidenexuvien gibt es hervorragende Bestimmungsschlüssel. Die Larven sind i.d.R. bis zur Gattung, z.T. auch bis zur Art bestimmbar. Für das nordwestdeutsche Tiefland liegen Schlüssel vor. Derzeit entsteht in Deutschland ein Schlüssel, der den Einstieg in die Larvenbestimmung deutlich erleichtern soll. Umfassende autökologische Angaben sind bis heute für viele Makroinvertebraten immer noch eine Rarität. Dennoch wurde in der nahen Vergangenheit versucht, die wichtigsten ökologischen Profile möglichst vieler bekannter Arten anzugeben (Moog 2002, Schmedtje & Colling 1996). Auch für die Chironomiden gibt es ökologische Angaben bzw. Einstufungen (vgl. MoogG 2002, Moller Pillot & Buskens 1990, Orendt, 1999). Diese Angaben müßten ggf. regional angepasst werden. Für die Beurteilung der großen stehenden Gewässer sind die benthischen Chironomiden (neben den Oligochaeten) überaus wichtig, da sie das "ökologische Langzeitgedächtnis" eines Sees repräsentieren. Mit dieser Erkenntnis entwickelte bereits Thienemann (1925) anhand der Profundalfauna einen Bewertungsansatz. Aber auch für die Litoralfauna gibt es mittlerweile Bewertungsvorschläge (z.B. Saether 1979, Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft 1992, Nyman & Korhola, 2005). Die benthischen Chironomiden reflektieren nicht ausschließlich die Trophie, sondern z.B. auch seemorphologische Umweltfaktoren. Hinzu kommt, daß Profundal und Litoral nicht gleich reagieren. Die Erfassung und Beurteilung läßt sich über bekannte Indikatortaxa des Litorals und Profundals erreichen (Profundal: z.B. Saether 1979, Thienemann 1925, Litoral: z.B. Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft 1992, Moller Pillot & Buskens 1990). Eine weitere Möglichkeit der Seecharakterisierung wäre die Ausdehnung von Litoralund Profundalzone über die Besiedlungspräferenzen oder Vorkommen bestimmter Taxa im Tiefenverlauf. Allerdings setzen derartige Ansätze voraus, daß Erfassungen in Form von Transekten über verschiedene Tiefen stattfinden, 4 wie sie – leider nur ausnahmsweise – bei den Untersuchungen zur Bewertung nach EZ-WRRL durchgeführt werden. 2.2) Gewässerbewertung II: Puppenexuvien Eine vielfach erprobte Methode zur Erfassung der Chironomidenfauna eines Gewässers ist die CPET (= Chironomid pupal exuviae technique; s. Wilson & Ruse 2005). Hierbei werden die Puppenhäute, die nach dem Schlüpfen der Imagines an der Wasseroberfläche treiben, mit einem Handkescher oder Driftnetz aufgesammelt. Mit dieser Sammelmethode wird die Chironomidenemergenz erfasst, da geschlüpfte Tiere ihre Puppenhäute an der Wasseroberfläche zurücklassen. Untersuchungen haben belegt, dass die Puppenhäute aus dem unmittelbaren Einzugsbereich der Probestellen stammen (Wilson & Bright 1973). Die Probennahme für CPET-Untersuchungen ist einfach und auch von nicht speziell ausgebildetem Personal durchführbar. Es kann davon ausgegangen werden, dass 3-4 Probennahmen im Jahr ausreichen, um die repräsentative Gemeinschaft eines Untersuchungsjahres zu erfassen (Wilson & Ruse 2005). Vorteile und Einsatzmöglichkeiten: ─ Gute Bestimmbarkeit bis Artniveau, oft ohne Präparation bei 10 – 60 facher Vergrößerung. Bei wenigen Gattungen ist zur Artunterscheidung ein Mikropräparat nötig (z.B. Cricotopus, Chironomus, Cladotanytarsus). Mit Langton (1991) und Langton & Visser (2003) stehen zwei Bestimmungswerke für die gesamte europäische Fauna zur Verfügung. ─ Erfassung einer Fülle von Mikrohabitaten und damit eine weitestgehende Erfassung des Artenspektrums. ─ Bearbeitung großer Mengen an Material bei geringem zeitlichen Aufwand. Dadurch sind auch statistische Auswertungen möglich. ─ Anwendung auch bei schwer zugänglichen Gewässern, in denen eine Erhebung des Makrozoobenthos nach DIN 38410 nicht möglich ist, z.B. Kanäle (Ruse 1998). Minimale Störung auch empfindlicher Lebensräume, in denen aus naturschutzrelevanten Gründen eine Beprobung des Gewässergrundes nicht zuläßig ist. ─ Einsatzmöglichkeiten: Die CPET ist sicherlich die Methode der Wahl bei allen Fragestellungen, die eine möglichst weit gehende Erfassung des Artenbestandes der Chironomiden eines Gewässers zum Ziel haben, z.B. Biomonitoring morphologischer und stofflicher Belastungen und Biodiversitätsuntersuchungen. ─ Indirekte Zuordnung von Arten zu Larven aus Makrozoobenthosproben über parallel bestimmte Exuvien (z.B. parallele Kescherfänge wie bei Köcherfliegen- oder Steinfliegenuntersuchungen). 5 Jedoch ist eine Miterfassung der Chironomidenexuvien bei standardisierten Untersuchungen des Makrozoobenthos nach DIN 38410 nicht möglich. Es besteht die Notwendigkeit einer gesonderten Probennahme und Auswertung. Die Qualität der Ergebnisse ist stark von der Schlüpfperiodik und daher von Tageszeit und Witterung sowie Drift/Wasserführung abhängig. Die Anwendung im Routinebetrieb muss daraufhin abgestimmt werden. 2.3) Historische Klima- und Umweltschwankungen: Chironomidenfossilien Die Kenntnis von mittel- und langfristigen Klima- und Umweltschwankungen ist insbesondere für die Klimaforschung von außerordentlicher Bedeutung. Die fossilen Reste von Chironomiden (Kopfkapseln) sind über Jahrtausende chronologisch abgelagert und in den Seesedimenten erhalten. Sie wurden in den letzten Jahren neben den Diatomeen häufig zur quantitativen Rekonstruktion historischer Klimaänderungen benutzt (z.B. Nyman et al. 2005). Die in den verschiedenen Sedimenthorizonten abgelagerten Taxagemeinschaften indizieren dabei anhand der Sauerstoff- und Temperaturansprüche oder der vorkommenden Taxa entsprechende Umweltzustände früherer Zeiten. Die ökologischen Ansprüche dieser Taxa können von denselben, heute noch vorkommenden Formen, abgeleitet werden. Damit sind nicht nur Rückschlüsse auf frühere Klimaverhältnisse, sondern auch auf Trophiezustände möglich. Letzteres ist besonders bei der Suche und Beschreibung von Referenzzuständen für die Bewertung nach der EU-WRRL von großer praktischer Bedeutung. 2.4) Schadstoffbelastung: Mundwerkzeug-Deformationen Missbildungen bei Chironomidenlarven sind anhand von Freilandkorrelationen und Laborversuchen mit Schwermetallen in Verbindung gebracht worden, außerdem mit einer großen Anzahl Kohlenwasserstoffverbindungen (z.B. Dioxine, Benzene, Erdöl), Pestiziden und Radionukliden. Eine Meta-Analyse von Freilandstudien (Janssens de Bisthoven und Gerhardt 2006) hat ergeben, dass Mundwerkzeug-Deformationen in über 45 verschiedenen Chironomidengattungen beschrieben sind. Eine Quantifizierung (Janssens de Bisthoven 1999) anhand von prozentualem Anteil deformierter Larven an der Gesamtlarvenzahl oder durchschnittlicher Deformitätsintensität pro Larve lässt es zu, Dosis-WirkungsBeziehungen zu erstellen. Die Gattungen Chironomus und Procladius sind dabei am besten untersucht. Sie eignen sich hervorragend in Tiefland-Gewässern, um langfristige Toxizität von Schadstoffen im Sediment aufzuspüren und die entsprechende Probestellen nach relativem chronischen Toxizitätsgrad einzustufen. Weitere Anwendungsgebiete sind Langzeit-Biomonitoring von Entgiftungsmassnahmen, das Erkennen von giftigen Effekten in Abgrabungswässern oder von diffusem Pestizidaustrag auf die Toxizität von Sedimenten in Oberflachengewässern. 6 3) Integriertes multimetrisches Biomonitoring Chironomiden liefern wertvolle und teils essentielle Informationen, wenn traditionelle Methoden des Bioassessment direkt mit neuen Methoden zur ökologisch-toxikologischen Bewertung miteinander verbunden werden, wie z.B. eine Untersuchung an Bergbauabwässern in Portugal zeigt (Gerhardt et al. 2004, Janssens de Bisthoven et al., 2004). Diese setzte sich zusammen aus: ─ ─ ─ Ökologischer Bewertung der gesamten Biozönose (Makroinvertebraten incl. Chironomiden) nach struktureller (Diversität, Ähnlichkeit, EPT-taxa) und funktionellen Metrics (Nahrungsgilden, trophic completeness) vorgenommen, ergänzt durch verschiedene Biotische Indices (BBI, BMWP-ASPT, SäureIndikatoren) Multispecies Freshwater Biomonitor Toxizitätstests (in situ, ex situ) (Chironomus, zusammen mit anderen Tier-und Pflanzenarten) Bestimmung von ca. 10 verschiedenen Metallkonzentrationen, pH und Salzen Daraus wurde ein neuer Multimetrischer Index (MI) abgeleitet, welcher für saure Bergbauwässer (Acid Mine Drainage) folgende Parameter integriert: BMWP, EPT, %Predatoren, Bewegungsaktivität aus dem Multispecies Freshwater Biomonitor-Test. Beziehungen zwischen Verhalten (Lokomotion, Ventilieren/Pumpen) und morphologischen (z.B. Mundwerkzeugdeformationen) und entwicklungsbiologischen Testparametern (z.B. Emergenz) sind bereits beschrieben (Gerhardt & Janssens de Bisthoven 1995). Die anhand dieser Methoden gewonnenen Ergebnisse können in eine TRIADbasierte integrierte Gewässerbewertung (Toxikologie, Ökologie, Chemie) eingehen (Abb.1). Abb. 1 hier plazieren Zusammenfassung und Empfehlung Zusammenfassend läßt sich sagen, dass die Chironomiden die Kriterien als Bioindikatoren im Bioassessment von Seen und Fliessgewässern, als auch als Testarten für in Toxizitätstests (in und ex situ) in einem TRIAD-basierten Ansatz zum integrierten Biomonitoring erfüllen (Präsenz in allen Lebensräumen, hohe Individuendichten, Bestimmbarkeit, Angaben zur Ökologie und Schadstofftoleranzen). Sie werden in vielen Feldern der Gewässer- und Sedimentbewertung entsprechend der Fragestellung gezielt eingesetzt. Es wäre somit ratsam, dieses große Potential in der wasserwirtschaftlichen Praxis und 7 auch bei den Bewertungsmethoden zur Umsetzung derEU-WRRL mehr zu berücksichtigen. Zitierte Literatur BAYER. LANDESAMT F. WASSERWIRTSCHAFT (Hrsg.) 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