Kapitel 1. Grundlagen 1.1 Das Rechnen mit Zahlen Wenn wir uns auf die positiven (negativen) Zahlen beschränken wollen, setzen wir ein hochgestelltes + (−) Zeichen hinter unser Symbol, also Z+, Q+ und R+ sowie Z−, Q− und R−. Beachte Z+ = N. Wenn wir in unsere Zahlbereiche auch noch die 0 einschließen wollen, schreiben wir eine tiefergestellte 0 hinter unser Symbol, also bezeichnet z.B. N0 die Zahlen 0, 1, 2, 3, . . .. Diese Menge bezeichnet man auch als die Menge der nicht negativen ganzen Zahlen! Wir gehen in dieser Vorlesung mit folgenden Zahlbereichen um: N: natürliche Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, . . . Z: ganze Zahlen . . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . . Q: rationale Zahlen: das sind die Zahlen, die man als Quotient pq zweier ganzer Zahlen p und q schreiben kann. Es gibt auch nicht rationale (irrationale) Zahlen, z.B. √ reelle Zahlen: rationale und irrationale Zahlen. R: Es folgen nun einige einfache Rechenregeln: 2 oder π. Mathematik I – WiSe 2004/2005 1 Binomische Formeln Mathematik I – WiSe 2004/2005 2 Potenzen [B1] (a + b)2 = a2 + 2ab + b2 [B2] (a − b)2 = a2 − 2ab + b2 Wir schreiben für das n-fache Produkt von a auch an: a · a · a · · · a = an . [B3] (a + b)(a − b) = a2 − b2 Beispiel 1.1 Wir können die binomischen Formeln nutzen, um Produkte effizient auszurechnen: a Basis, n Exponent oder Potenz. Für das Rechnen mit Potenzen gelten folgende wichtige Rechenregeln. Dabei erklärt die Regel [P1], wie man mit ganzzahligen Exponenten umgehen muss, [P9] erklärt rationale Exponenten. • 19 · 21 = (20 − 1) · (20 + 1) = 202 − 12 = 400 − 1 = 399 • 1012 = (100 + 1)2 = 1002 + 2 · 100 · 1 + 12 = 10201 Mathematik I – WiSe 2004/2005 3 a−n = [P2] a n am [P3] ana−m = an−m für n, m ∈ Z [P4] [P5] [P6] [P7] [P8] [P9] Der Ausdruck 00 ist nicht definiert. √ Die Zahl n b heißt die n-te Wurzel von b. Wir setzen hier b ≥ 0 voraus sowie √ n b ≥ 0. Die n-te Wurzel aus b ist diejenige nichtnegative Zahl x mit xn = b. Dazu später noch mehr. anbn = (ab)n a n a n = für b 6= 0, n ∈ N. bn b n m (nm) (a ) = a für n, m ∈ Z Beispiel 1.2 • 23 · 24 = (2 · 2 · 2) · (2 · 2 · 2 · 2) = 23+4 = 27 = 128. a0 = 1 für a 6= 0 √ 1 n b = bn , b ≥ 0 √ √ m n n m b = ( b)m = b n , b ≥ 0 Mathematik I – WiSe 2004/2005 4 Beachte, dass es keine Möglichkeit gibt, anbm zu vereinfachen. 1 für a 6= 0, n ∈ N an n+m =a für n, m ∈ Z [P1] Mathematik I – WiSe 2004/2005 • 23 · 63 = (2 · 2 · 2) · (6 · 6 · 6) = (2 · 6)3 = 123 = 1728 • a2b−3a4c−2b−1c = a6b−4c−1 = 5 a6 cb4 Mathematik I – WiSe 2004/2005 6 p √ 4 2 3 5 11 1 2 2 3 1 2 1 x 5 y2 √ 10 p p = x 4 y 5 x− 3 y − 2 = x 4 − 3 y 5 − 2 = x− 12 y − 10 = 12 • √ . 3 2 x y3 x5 y 1 1 Einige Exponentialfunktionen a^x mit a>1 25 • 2n − 2n−1 = 2n−1(2 − 1) = 2n−1. 20 √ √ 4 3 1 √ 4+1+9−5−6 1 1 3 5 1 aa1/12 a3 =a 4 = 4 a. 12 √ = a 3 + 12 + 4 − 12 − 2 = a • 5/12 a a 3^x 15 Man macht sich das Verhalten der Exponentialfunktion am Besten an den zugehörigen Funktionsgraphen klar. Wir zeigen Ihnen hier einige Beispiele a x mit a > 1 sowie 0 < a < 1. Beachten Sie den Unterschied: Ist a > 1, so ist die Funktion wachsend, ist 0 < a < 1, so ist sie fallend. Es gilt stets a0 = 1, d.h. die Funktionsgraphen von ax gehen stets durch den Punkt x = 0, y = 1, unabhängig davon, wie a gewählt ist. 10 5 2^x 1.1^x –3 –2 –1 0 1 2 3 x Mathematik I – WiSe 2004/2005 7 Mathematik I – WiSe 2004/2005 8 Hier müssen wir etwas aufpassen. Der Graph der Funktion 1.1x sieht sehr flach aus. Dem ist aber nicht so, wenn wir x groß wählen. Dann zeigt auch der Graph von 1.1x exponentielles Wachstum: Einige Exponentialfunktionen a^x mit a<1 25 20 1.1^x 0.2^x 100 15 80 10 60 40 0.5^x 5 20 0.9^x –10 10 30 20 40 50 –2 x –1.5 –1 0 –0.5 0.5 1 x Mathematik I – WiSe 2004/2005 9 Mathematik I – WiSe 2004/2005 Beispiel 1.3 Im Jahre 1990 wurde das BSP Chinas auf 1.2 · 1012 US-Dollar geschätzt und die Wachstumsrate auf 9% jährlich. Das BSP für die USA wurde mit 5.6 · 1012 US-Dollar und einer Wachstumsrate von 2% angegeben. Das folgende Bild skizziert den Verlauf des BSP (auf der y-Achse) im zeitlichen Verlauf (rot: China; blau: USA). Die Funktionen, die hier aufgetragen wurden sind 10 1.6e+13 1.4e+13 1.2e+13 1e+13 8e+12 BSP CHIN A(t) = 1.2 · 1012 · 1.09t BSP U SA(t) = 5.6 · 1012 · 1.02t 6e+12 4e+12 Man erkennt, dass nach etwa 23 Jahren China die USA eingeholt haben wird. Mathematik I – WiSe 2004/2005 2e+12 11 0 Mathematik I – WiSe 2004/2005 5 10 15 20 25 30 12 x Wir haben in diesen Bildern den Exponenten als Variable aufgefasst. Wir sprechen dann von Exponentialfunktionen. Anders sieht es aus, wenn wir den Exponenten festlassen und die Basis als Variable auffassen, wir also Funktionen der Form xn anschauen. Wir beginnen mit einigen Beispielen n ∈ N. Beachten Sie dabei bitte, dass die x-Achse (manchmal auch Abszisse genannt) und die y-Achse (Ordinate) nicht maßstäblich sind! Einige Potenzfunktionen x^n x^4 15 10 x^2 –2 5 –1 0 1 2 x x^1 –5 x^3 Mathematik I – WiSe 2004/2005 13 Wenn wir Potenzfunktionen xn betrachten mit n ∈ Z, n < 0, so sehen die Funktionsgraphen etwas anders aus. Wir beschränken uns hierbei auf den Bereich x > 0: Mathematik I – WiSe 2004/2005 14 Hier sind einige Funktionsgraphen von Potenzfunktionen mit rationalen Exponenten. √ Wir müssen uns auf den Fall x > 0 beschränken, weil z.B. Ausdrücke wie −11/2 = −1 gar nicht erklärt sind. Alle Graphen von Potenzfunktionen xn gehen durch den Punkt x = 1 und y = 1, weil stets 1n = 1 gilt. Einige Potenzfunktionen x^n, n<0 120 x^(–4) 100 80 x^(–3) 60 40 x^(–2) 20 x^(–1) 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 x Mathematik I – WiSe 2004/2005 15 Mathematik I – WiSe 2004/2005 16 Mit Hilfe der binomischen Formeln und den Regeln für das Rechnen mit Potenzen kann man bereits viele Umformungen und Vereinfachungen komplizierter Ausdrücke durchführen: Einige Potenzfunktionen x^n 4 3 Beispiel 1.4 x^2 2 x^(–1/2) • x(x + y) x x2 + xy = = x2 − y 2 (x + y)(x − y) x − y • P 3 − P Q2 P (P 2 − Q2) P (P + Q)(P − Q) P (P − Q) = = = . (P + Q)2 (P + Q)2 (P + Q)2 P +Q x^(–1/5) 1 x^(1/5) x^(1/2) 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 x Mathematik I – WiSe 2004/2005 17 • (Nenner rational machen) √ 1− x+1 √ 1+ x+1 Mathematik I – WiSe 2004/2005 18 Gilt ax = b, a, b > 0, a 6= 1, so heißt x der Logarithmus von b zur Basis a. Bezeichnung: x = loga(b). √ √ (1 − x + 1)(1 − x + 1) √ √ (1 + x + 1)(1 − x + 1) √ 1 − 2 x + 1 + (x + 1) = 1 − (x + 1) √ x+2−2 x+1 = − x = Manchmal lassen wir die Angabe der Basis auch weg. Ist die Basis 10, sprechen wir vom dekadischen Logarithmus. Ist a die Eulersche Zahl e ≈ 2, 7182 . . ., heißt der Logarithmus natürlich. Der natürliche Logarithmus wird meistens mit ln bezeichnet, der dekadische Logarithmus mit lg. Wir halten noch einmal explizit fest: aloga(b) = b Logarithmus Die Umkehrung des Potenzierens ist das Logarithmieren. Mathematik I – WiSe 2004/2005 19 Mathematik I – WiSe 2004/2005 Für das Logarithmieren gelten folgende Rechenregeln: [L1] [L2] [L3] [L4] [L5] [L6] Seien a, b > 0 und a, b 6= 1. Dann gilt logb(x) [L7] loga(x) = . logb(a) log(x · y) = log(x) + log(y) x = log(x) − log(y) log y log(xn) = n · log(x) √ 1 log( n x) = log(x) n log(x−1) = − log(x). Wir können uns dies wie folgt klarmachen. Wir schreiben [L7] etwas um: loga(x) · logb(a) = logb(x). Nenne die linke Seite y. Wir müssen uns überzeugen, dass by = x gilt, denn dann ist ja y = logb(x): log(1) = 0 by Für die konkrete Berechnung von Logarithmen benötigt man eigentlich nur die Kenntnis der Logarithmen zu einer bestimmten Basis: Mathematik I – WiSe 2004/2005 21 Beispiel 1.5 = blogb(a)·loga(x) loga x = blogb(a) = aloga x = x. Mathematik I – WiSe 2004/2005 22 Üblicherweise haben Studierende mit dem Logarithmieren etwas mehr Schwierigkeiten als mit den anderen Rechenregeln. Ähnlich wie im Fall von Exponential- und Potenzfunktionen zeigen wir Ihnen hier die Funktionsgraphen einiger Logarithmusfunktionen. Man beachte, dass log a(x) nur für a, x > 0 sowie a 6= 1 definiert sind. Es fällt auf (siehe [L6]): log a(1) = 0. • log2(16) = 4. • log10(1000) = 3. • log100(1000) = 20 log10(1000) 3 = log10(100) 2 Probe: 100(3/2) = 1001 · 100(1/2) = 100 · 10 = 1000. Mathematik I – WiSe 2004/2005 23 Mathematik I – WiSe 2004/2005 24 Beispiel 1.6 Wir wollen die Gleichung Einige Logarithmusfunktionen 2 2 log x = log 125 − log 5 log_0.5(x) log_1.5(x) lösen. Dazu formen wir die linke und rechte Seite um, indem wir die Grundregeln für das Logarithmieren benutzen: 1 log_3(x) log_0.2(x) 0 125 = log 25, 5 2 log x = log(x2) = log 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 x also x2 = 25, also x = 5 oder x = −5. –1 –2 Mathematik I – WiSe 2004/2005 25 Beispiel 1.7 Wir wollen log √ ab − also log √ √ 26 Beispiel 1.8 Sie haben ein Kapital von 1000 ¤, das Sie mit 5 Prozent jährlich verzinsen. Wie lange dauert es, bis sich Ihr Kapital verdoppelt? 1 log b 2 vereinfachen. Es gilt log Mathematik I – WiSe 2004/2005 Lösung: Wir müssen die Gleichung ab = log[(ab)1/2] = 1 1 1 log ab = log a + log b, 2 2 2 1.05x · 1000 = 2000 nach x auflösen. Wir erhalten 1.05x = 2 1 1 1 1 1 ab − log b = log a + log b − log b = log a. 2 2 2 2 2 also x= log 2 ≈ 14.2067. log 1.05 Es dauert also etwas mehr als 14 Jahre. Beispiel 1.9 Wir kommen noch einmal zu dem Beispiel 1.3 zurück. Um den Mathematik I – WiSe 2004/2005 27 Mathematik I – WiSe 2004/2005 und hätten dann mit einem guten Rechner z.B. Zeitpunkt t zu finden, an dem BSPCHINA(t) = BSPUSA(t) gilt, müssen wir 1.2 · 1012 · (1.09)t = 5.6 · 1012 · (1.02)t lösen, also 28 log1.09/1.02(5.6/1.2) = 23.20818743 . . . erhalten. Wir hätten das dann in 23 Jahre und (ungefähr) 76 Tage umrechnen können. Aber eine solche Angabe ist natürlich sinnlos, weil alle Eingabedaten in dieser Aufgabe nur grob geschätzt sind, bzw. nur Prognosen sind. 1.09 t 5.6 = ≈ 4.667. 1.02 1.2 Das liefert Das Endergebnis einer Rechnung soll höchstens so genau angegeben werden wie die am ungenauesten angegebene Eingabegröße. t ≈ log1.069(4.667) ≈ 23. Bemerkungen zur Genauigkeit Schauen wir uns das obige Beipiel noch einmal an, so fällt auf, dass nur mit gerundeten Werten gerechnet wurde und das Ergebnis auch nur ungefähr angegeben wurde. Wir hätten, rein numerisch, auch viel genauer rechnen können Mathematik I – WiSe 2004/2005 29 Die Größe 1.2·1012 US-Dollar meint nur, dass das BSP in der Nähe von 1.2·1012 liegt, es könnte aber auch 1.24·1012 oder 1.16·1012 US-Dollar betragen. Ähnliches gilt für die Wachstumsraten. Schauen wir uns also zwei Szenarien an, bei denen wir im ersten Fall die Daten immer zu Gunsten Chinas, im zweiten Fall zu Gunsten der USA verändert haben, aber immer nur in dem Bereich, der durch die geschätzten, gerundeten Daten auch abgedeckt wird. In unserem Fall sind die Eingabegrößen bis auf zwei gültige Ziffern (1.2, 5.6, 0.09, 0.02) angegeben, entsprechend sollte das Ergebnis auch nur in so einer Größenordnung angegeben werden. Mathematik I – WiSe 2004/2005 30 Fall 1. BSP der USA 5.56 · 1012 BSP Chinas 1.24 · 1012 Wachstum China 0.094 Wachstum USA 0.016 Wir erhalten dann einen Überholzeitpunkt von ungefähr 20 Jahren. Mathematik I – WiSe 2004/2005 31 Mathematik I – WiSe 2004/2005 32 Fall 2. BSP der USA 5.64 · 1012 BSP Chinas 1.16 · 1012 Wachstum China 0.086 Wachstum USA 0.024 Das zeigt, dass unsere Angabe von ungefähr 23 Jahren schon eine Genauigkeit vortäuscht, die nicht gerechtfertigt ist. Richtig wäre zu sagen: Nach 20 bis 30 Jahren wird China, nach jetzigen Prognosen, die USA überholt haben. Wenn Sie bei einer Klausuraufgabe Ihre Ergebnisse mit einer zu großen Genauigkeit angeben, werden wir Ihnen keine Punkte abziehen. Ich möchte Sie aber nachdrücklich bitten, sich kritisch mit der Frage der Ungenauigkeit von Eingabegrößen und damit verbundenen ungenauen Rechenergebnissen auseinander zu setzen. Wir erhalten dann einen Überholzeitpunkt von ungefähr 27 Jahren. Mathematik I – WiSe 2004/2005 33 1.2 Gleichungen 34 Man beachte den Unterschied zur Exponentialgleichung Ein zentrales Thema der Algebra ist das Lösen von Gleichungen. Ganz einfach ist dies für sogenannte lineare Gleichungen a·x=b Wenn hier a 6= 0 ist, können wir beide Seiten der Gleichung durch a dividieren und erhalten als Lösung x = ab . Die positive Lösung einer Potenzgleichung der Form xa = b, b > 0 ist x = positiv. Mathematik I – WiSe 2004/2005 √ √ 1 a b = b a . Beachte: Der Ausdruck a b ist vereinbarungsgemäß immer ax = b, a, b > 0, a 6= 1 Die Lösung der Exponentialgleichung ist x = log a(b). Beispiel 1.10 • Die Lösung von x4 = 16 ist x = 2. Die Gleichung x4 = −16 hat keine Lösung in R. Deshalb setzen wir für Potenzgleichungen über den reellen Zahlen stets b > 0 voraus. • Die Lösung der Exponentialgleichung 3x = 81 ist x = 4(= log3(81)). Die Lösungen von quadratischen Gleichungen der Form Mathematik I – WiSe 2004/2005 35 ax2 + bx + c = 0, Mathematik I – WiSe 2004/2005 36 a 6= 0 ax2 + bx + c = 0 b c x2 + x = − a a 2 2 b b c b =− + x2 + x + a 2a a 2a 2 b b2 c x+ =− + 2 2a a 4a √ b2 − 4ac b =± x+ 2a 2a √ −b ± b2 − 4ac x± = . 2a sollten aus der Schule bekannt sein. Die Lösungen für a 6= 0 sind x± = −b ± √ b2 − 4ac . 2a Machen wir uns noch einmal klar, wie man auf diese Lösung kommt. Wir setzen a 6= 0 voraus: Mathematik I – WiSe 2004/2005 37 Weil es keine Wurzeln aus negativen Zahlen gibt, kann es passieren, dass eine quadratische Gleichung keine oder nur eine oder zwei Lösungen hat: Mathematik I – WiSe 2004/2005 die sogenannte p-q-Formel: x± = • Ist b2 − 4ac > 0, so gibt es zwei Lösungen. • Ist b2 − 4ac = 0, so gibt es eine Lösung. −p ± p p2 − 4q 2 Beispiel 1.11 • Ist b2 − 4ac < 0, so gibt es keine Lösungen. 2x2 + 5x = 3 2x2 + 5x − 3 = 0 √ −5 ± 25 + 24 −5 ± 7 x± = = 4 4 1 x+ = , x− = −3 2 Beachten Sie, dass sich die Lösungsformel vereinfacht, wenn a = 1 ist. Wir erhalten dann als Lösung der Gleichung x2 + px + q = 0 Mathematik I – WiSe 2004/2005 38 39 Mathematik I – WiSe 2004/2005 40 Eine Probe zeigt beiden Faktoren gleich Null ist. Wir erhalten als Lösungen also 1 2x2 + 5x − 3 = 2(x + 3)(x − ). 2 x0 = 0 Manchmal kann man kompliziertere Gleichungen auf quadratische Gleichungen zurückführen. x1 = Wir wollen beispielsweise die Gleichung x2 = axn + bxn−1 + cxn−2 = 0 √ b2 − 4ac 2a √ −b − b2 − 4ac 2a −b + lösen (n > 2). Wir klammern dazu xn−2 aus und erhalten die Gleichung Beispiel 1.12 Finde alle x mit xn−2(ax2 + bx + c) = 0. x+2= Nun ist ein Produkt von zwei Zahlen genau dann gleich Null, wenn einer der Mathematik I – WiSe 2004/2005 41 Mathematik I – WiSe 2004/2005 (1.1) 42 also x = ±3, aber x = 3 war keine Lösung der ursprünglichen Gleichung! Wir müssen also, wenn wir beim Lösen von Gleichungen quadrieren, mit den erhaltenen Lösungen immer eine Probe machen, d.h. in die ursprüngliche Gleichung einsetzen. Wir quadrieren beide Seiten und erhalten so (x + 2)2 = 4 − x. Wir machen √ ein, so erhalten √ also die Probe: Setzen wir 0 in die Gleichung (1.1) wir 2 = 4, richtig. Beim Einsetzen von −5 ergibt sich −3 = 9, was falsch ist, da die Wurzel stets positiv ist! also (x + 2)2 = x2 + 4x + 4 = 4 − x oder √ 4 − x. Ungleichungen x2 + 5x = 0 x(5 + x) = 0. Das geht aber nur für x = 0 oder x = −5. Wir müssen jetzt aber aufpassen! Durch das Quadrieren der Gleichung haben wir vielleicht unerwünschte neue Lösungen erhalten. Beispiel: x = −3, Quadrieren liefert x2 = 9, als Lösungen Mathematik I – WiSe 2004/2005 43 Wir schreiben a < b falls a echt kleiner als b ist, also insbesondere a 6= b. Wenn wir den Fall a = b auch zulassen wollen, schreiben wir a ≤ b. Wenn wir a < b < c schreiben meinen wir a < b und b < c (und damit natürlich auch a < c. Sinnlos ist ein Ausdruck der Form a < b > c!! In den beiden folgenden Tabellen sind die wesentlichen Regeln für das Rechnen mit Ungleichungen zusammengefasst: Mathematik I – WiSe 2004/2005 [SU1] Aus a < b und b < c folgt a < c. [U1] [SU2] Aus a < b folgt a + c < b + c. [U2] [SU3] Aus a < b und c < d folgt a + c < b + d. [U3] [SU4] Aus a < b und c > 0 folgt ac < bc. [U4] [SU5] Aus a < b folgt −a > −b. [U5] [SU6] [SU7] [SU8] [SU9] Aus a < b, b > 0 und 0 < c < d folgt ac < bd. 1 1 Aus 0 < a < b folgt > . a b 1 1 Aus a < 0 < b folgt < . a b Aus 0 < a < b folgt a2 < b2. [U6] [U7] [U8] [U9] [U10] [U11] Mathematik I – WiSe 2004/2005 45 Lernen Sie diese Regeln bitte nicht stur auswendig! Der Umgang mit Ungleichungen ist weitgehend selbsterklärend, wenn man nur beachtet, dass sich das Ungleichungszeichen “umdreht” wenn man mit einer negativen Zahl multipliziert (siehe [SU5] und [U7] sowie [SU8]). Es sei auch noch einmal auf [SU6] hingewiesen: Aus a ≤ b und b < c folgt a < c. Aus a ≤ b und b ≤ c folgt a ≤ c. Aus a ≤ b folgt a + c ≤ b + c. Aus a ≤ b und c < d folgt a + c < b + d. Aus a ≤ b und c ≤ d folgt a + c ≤ b + d. Aus a ≤ b und c > 0 folgt ac ≤ bc. Aus a ≤ b folgt −a ≥ −b. Aus a ≤ b, b > 0 und 0 < c < d folgt ac < bd. Aus a ≤ b, b > 0 und 0 < c ≤ d folgt ac ≤ bd. 1 1 Aus 0 < a ≤ b folgt ≥ . a b Aus 0 < a ≤ b folgt a2 ≤ b2. Mathematik I – WiSe 2004/2005 46 den Betrag von a: |a| := Beachte: −a > 0 falls a < 0. ( a falls a ≥ 0 −a falls a < 0. Beispiel 1.13 | − 4| = 4, |4| = 4, |0| = 0, Aus a < b, b > 0 und 0 < c < d folgt ac < bd √ 2 x2 = |x| Wir erhalten die beiden folgenden einfachen Regeln Diese Aussage ist falsch für b ≤ 0: Setze a = −2, b = −1, c = 1, d = 3: Dann ist ac = −2 nicht kleiner als bd = −3. Der Absolutbetrag | − a| = |a| |a · b| = |a| · |b|. Von großer Bedeutung ist die Dreiecksungleichung Sei a eine reelle Zahl. Manchmal interessiert man sich nur für den Abstand von a zur 0, gleichgültig, ob a positiv oder negativ ist. Diesen Abstand nennt man Mathematik I – WiSe 2004/2005 44 47 |a + b| ≤ |a| + |b| Mathematik I – WiSe 2004/2005 48 Wir formen diese Ungleichung um: 21 + x < 4. 2x Beispiel 1.14 • |3 + (−5)| = 2 ≤ |3| + | − 5| = 8 • | − 2 − 6| = 8 ≤ | − 2| + | − 6| = 8 (hier haben wir Gleichheit in der Dreiecksungleichung). Nun müssen wir aufpassen und zwei Fälle unterscheiden: Fall 1: x > 0 21 + x < 8x 21 < 7x x > 3 Beispiel 1.15 Bestimme die Lösungsmenge der Ungleichung 21 + x + 1 < 5. 2x Mathematik I – WiSe 2004/2005 (1.2) 49 Mathematik I – WiSe 2004/2005 50 Fall 2: x < 0 21 + x > 8x (weil x negativ ist!) Beispiel 1.16 Bestimme die Lösungsmenge der Ungleichung 21 > 7x x−2 x+1 < x−1 x+2 3 > x Wir können jetzt aber nicht sagen, die Lösungsmenge besteht aus allen x mit x < 3, weil wir die Ungleichung x < 3 ja nur unter der Voraussetzung x < 0 erhalten haben. Die Lösungsmenge besteht in diesem Fall also aus allen x < 0. (1.3) Wir multiplizieren beide Seiten mit (x − 1)(x + 2), um die Brüche zu beseitigen. Wir können das aber nur dann sorglos tun, wenn dieser Ausdruck positiv ist. Das ist der Fall für x > 1 sowie für x < −2. Beachte, dass der Fall x = 0 nicht auftreten kann. Wir erhalten: Die Ungleichung (1.2) ist für alle x mit x < 0 sowie für alle x mit x > 3 gültig. Mathematik I – WiSe 2004/2005 51 Fall 1: x > 1 oder x < −2 Mathematik I – WiSe 2004/2005 52 Fall 2: −2 < x < 1 Nun gilt x+1 x−2 < x−1 x+2 (x − 2)(x + 2) < (x − 1)(x + 1) x+1 x−2 < x−1 x+2 (x − 2)(x + 2) > (x − 1)(x + 1) x2 − 4 < x 2 − 1 x2 − 4 > x 2 − 1 −4 < −1 −4 > −1 Das bedeutet, dass die Ungleichung (1.3) für alle x mit x > 1 oder x < −2 gültig ist. und das ist ganz offensichtlich nie erfüllt. Beachte auch hier wieder, dass die Fälle x = −2 sowie x = 1 nicht behandelt werden müssen, da die in der Ungleichung auftretenden Ausdrücke in den Fällen gar nicht erklärt sind. Wir halten fest: Die Ungleichung (1.3) ist gültig für alle x ∈ R mit x < −2 oder Mathematik I – WiSe 2004/2005 53 Mathematik I – WiSe 2004/2005 54 x > 1. 6 Wenn Sie wollen, können Sie durch Einsetzen von Werten dieses Ergebnis erhärten: 4 17 x = 0.3: Berechne zunächst die linke Seite −1.7 −0.7 = 7 , dann die rechte Seite von 13 (1.3): 1.3 = . Offensichtlich ist die linke Seite größer als die rechte Seite, die 2.3 23 Ungleichung gilt also für x = 0.3 nicht. y 2 x = −2.1: Wir erhalten –6 −4.1 41 −1.1 = < = 11. −3.1 31 −0.1 –4 –2 2 x 4 6 –2 Die folgende Skizze illustriert das noch einmal: der durchgezogene Graph beschreibt die linke Seite, der gestrichelte Graph die rechte Seite der Ungleichung. –4 –6 Mathematik I – WiSe 2004/2005 55 Mathematik I – WiSe 2004/2005 56 wenn nur eine Zahl > 0 ist, die anderen beiden < 0. Alle Zahlen sind größer als 0 wenn x > 2 ist. Zwei Zahlen sind < 0 für −1 < x < 0. Also: Die Ungleichung (1.4) ist für x > 2 sowie für −1 < x < 0 gültig. Auch dies wird durch eine Skizze verdeutlicht: Beispiel 1.17 Bestimme alle x mit x3 − x2 − 2x> 0. (1.4) Um dieses Problem zu lösen, versuchen wir, die linke Seite der Ungleichung zu faktorisieren. Wir können zunächst x ausklammern und bekommen x(x2 − x − 2) > 0. Nun faktorisieren wir x2 −x−2. Wir können das machen, indem wir die Nullstellen bestimmen. Die Nullstellen sind 2 und −1, also x2 − x − 2 = (x − 2)(x + 1). Wir müssen also alle x bestimmen mit x(x − 2)(x + 1) > 0. Das Produkt von 3 Zahlen (hier x, x − 2 und x + 1) ist größer als 0 wenn alle Zahlen > 0 sind oder Mathematik I – WiSe 2004/2005 57 Mathematik I – WiSe 2004/2005 58 Summen- und Produktzeichen Ein großer Vorteil der sehr formalen mathematischen Sprache ist es, komplizierte Zusammenhänge einfach und klar ausdrücken zu können. Gerade auch diese Eigenschaft der Mathematik macht sie zu einer geeigneten Hilfswissenschaft der Wirtschaftswissenschaften. 10 5 Seien a1, . . . , an reelle Zahlen. Dann schreiben wir statt –2 –1 0 1 2 a1 + a 2 + · · · + a n 3 auch x n X –5 ai i=1 (gelesen: Summe der ai mit i von 1 bis n). Der Laufindex i heisst Summationsindex, 1 und n sind die untere und obere Schranke. Die untere Mathematik I – WiSe 2004/2005 59 Mathematik I – WiSe 2004/2005 Schranke muss nicht 1 sein: 5 X 60 n X i=k n X a = (n − k + 1)a cai = c i2 = 32 + 42 + 52 = 9 + 16 + 25 = 50. n X ai + (ai + bi) = i=k m X i=k n X ai i=k n X i=k i=3 n X ai = ai + (ausklammern!) n X bi i=k n X ai i=m+1 i=k i=k (a ist konstant!) für k ≤ m < n. Folgende einfachen Regeln gelten für den Umgang mit dem Summenzeichen: Mathematik I – WiSe 2004/2005 61 Beispiel 1.18 Eine Unternehmensgruppe produziert n Güter. Sei ui,j der Umsatz, den das Unternehmen mit dem Gut i im Monat j macht. Der Index j bezeichne einen Monat und laufe von 1 bis m. Wir erhalten so eine Matrix oder ein Rechteckschema mit n Zeilen und m Spalten. Die Spalten bezeichnen die Monate, die Zeilen die Güter. Dann gilt m X ui,j Mathematik I – WiSe 2004/2005 62 die Zahlen addieren. n X i=1 oder Gesamtumsatz von Gut i j=1 Gesamtumsatz im Monat j. n X i=1 Wenn wir den Gesamtumsatz über alle Monate ausrechnen wollen, müssen wir Mathematik I – WiSe 2004/2005 m X j=1 (1.5) ! (1.6) ui,j ui,j i=1 Solche Summen nennt man Doppelsummen. Natürlich muss in beiden Fällen (1.5) und (1.6) dasselbe herauskommen, also und ui,j n m X X j=1 n X 63 i=1 Mathematik I – WiSe 2004/2005 ! n m m X X X ui,j ui,j = j=1 j=1 i=1 64 Wenn die Summationsgrenzen bekannt sind, schreibt man auch einfach X i=1 2 4 ai bi ui,j i=2 3 1 i,j Wir halten fest: Wir haben ! n m m n X X X X ui,j = ui,j i=1 j=1 j=1 Es gilt im allgemeinen nicht ( i=1 ai) ( i=1 bi) = einfach die in folgender Tabelle enthaltenen Werte ein: aber Pn i=1 ai bi . Mathematik I – WiSe 2004/2005 i=k 2 X Setze dazu ! 2 X bi i=1 (aibi) = 8 + 3 = 11. Mathematik I – WiSe 2004/2005 n Y i=k n Y (ai · bi) = n Y Mathematik I – WiSe 2004/2005 67 i=1 !2 ≤( n X i=1 ai2) · ( n X i=1 2 4 einführen: 66 ai · i=k n Y n Y i=k n Y ai bi i=k a i )2 i=k Die folgende Ungleichung (Cauchy-Schwarz-Ungleichung) ist manchmal sehr nützlich: Mathematik I – WiSe 2004/2005 68 ai bi bi2) i=1 i=1 2 4 i=2 −1 −2 und erhalte Beispiel 1.19 Setzen Sie die Zahlen ai bi n Y ai2 = ( i=k Das Produktzeichen ist etwas weniger gebräuchlich als das Summenzeichen. Hier sind einfache Rechenregeln für den Umgang mit Π: Q a = an−k+1 i=k n Y cai = cn−k+1 ai = ak · ak+1 · · · an. ai b i = 5 · 5 = 25 i=1 i=k n X ! Ähnlich wie das Summenzeichen kann man das Produktzeichen 65 n Y ai i=1 i=1 Pn Pn 2 X i=2 3 1 (8 + 2)2 = 100 = (22 + (−1)2) · (42 + (−2)2) = 5 · 20 = 100. ein und Sie erhalten (8 + 3)2 = 121 ≤ (22 + 32) · (42 + 12) = 13 · 17 = 221. Man kann auch Gleichheit haben. Wähle Mathematik I – WiSe 2004/2005 69 1.3 Aussagen und Mengen Mathematik I – WiSe 2004/2005 70 Eine richtige Aussage wäre: “Für alle natürlichen Zahlen x gilt, dass x nicht negativ ist.” In der Mathematik geht es um Aussagen. Eine Aussage ist ein “statement”, das entweder wahr oder falsch sein kann. Beides geht nicht! Äußerungen, die nicht die Eigenschaft haben, wahr oder falsch zu sein, gelten nicht als Aussagen. Ein anderes Beispiel einer Aussageform ist: “Unter allen Gütern gibt es mindestens ein Gut x, dessen Preis sich verändert”. Beispiel 1.20 • “Das Bruttosozialprodukt der Bundesrepublik Deutschland ist höher als das der USA” ist eine offenbar falsche Aussage. Für Aussageformen führen wir folgende Bezeichnungen ein: A(x) gilt für alle x: • “Gute Nacht, Freunde” ist keine Aussage. ^ A(x) x A(x) gilt für ein x: Häufig hängen Aussagen auch von variablen Parametern x ab. Wir sprechen dann von Aussageformen A(x). _ A(x) x Beispiel 1.21 “Für alle natürlichen Zahlen x gilt: x ist Primzahl” ist eine offenbar falsche Aussage. Mathematik I – WiSe 2004/2005 71 Mathematik I – WiSe 2004/2005 72 Interessant wird es, wenn man Aussagen A und B miteinander verknüpft. Der Wahrheitswert der verknüpften Aussage hängt vom Wahrheitswert von A und B ab. Wir wollen das am Beispiel erläutern: Konjunktion Seien A und B zwei Aussagen. Dann ist die Aussage A und B, geschrieben A ∧ B wahr, wenn beide Aussagen wahr sind. Die Aussage A und B ist falsch, wenn mindestens eine der beiden Aussagen A, B falsch ist. Man nennt dies auch die Konjunktion der Aussagen A und B. Beispiel 1.22 Die Aussage “Franz studiert Wirtschaftswissenschaften oder Mathematik” ist wahr, wenn Franz mindestens eines der beiden Fächer Wirtschaft oder Mathematik studiert, eventuell auch beide. Die Aussage ist Verknüpfung der beiden Aussagen “Franz studiert Wirtschaftswissenschaften” sowie “Franz studiert Mathematik” durch ein oder. Beachte: Die Aussage “Franz studiert Wirtschaftswissenschaften oder Mathematik” ist auch wahr, wenn Franz ganz fleißig ist und sowohl Wirtschaftswissenschaften als auch Mathematik studiert. Es handelt sich beim mathematischen oder nicht um ein entweder-oder. Mathematik I – WiSe 2004/2005 73 Mathematik I – WiSe 2004/2005 74 Disjunktion A B Seien A und B zwei Aussagen. Dann ist die Aussage A oder B, geschrieben A ∨ B wahr, wenn mindestens eine der Aussagen A oder B wahr ist. Die Aussage A oder B ist falsch, wenn sowohl A als auch B falsch sind. Man nennt dies auch die Disjunktion der Aussagen A und B. Man stellt dies häufig auch durch sogenannte Wahrheitstafeln dar. Das ist eine Tabelle, in die wir die möglichen Wahrheitswerte von A und B eintragen und dann die entsprechenden Wahrheitswerte der verknüpften Aussagen auswerten. Hier ist die Wahrheitstafel für die Konjunktion: Mathematik I – WiSe 2004/2005 75 A B w w f w f w w f f f 77 _ A(x) = ^ x f w f f f f f und hier die für die Disjunktion: Mathematik I – WiSe 2004/2005 76 A∨B =A∧B Das Gleichheitszeichen soll hier bedeuten, dass die Aussagen auf den beiden Seiten denselben Wahrheitswert haben (also wahr oder falsch sind), wenn für A und B auf beiden Seiten die selben Aussagen eingesetzt werden. Schwierigkeit bereitet manchmal die Negation einer “für alle” sowie “es gibt ein” Aussage. Mathematik I – WiSe 2004/2005 A(x) ^ A(x) Die Preise aller Güter bleiben konstant. A(x) ^ A(x) Die Preise aller Güter verändern sich. ^ A(x) Nicht für alle Güter bleiben die Preise konstant. ^ A(x) Nicht für alle Güter verändern sich die Preise. 78 x x x w Ähnlich sieht es mit der Negation der Disjunktion aus: Mathematik I – WiSe 2004/2005 A(x) = f A∧B =A∨B Beispiel 1.23 Wir wollen die Aussage A “Deutschland ist Exportweltmeister und Fussballvizeweltmeister” negieren, d.h. wir suchen die Aussage, die wahr ist genau in den Fällen, in denen A falsch ist. A ist falsch, wenn eine der beiden Teilaussagen falsch ist, wenn also Deutschland nicht Exportweltmeister oder nicht _ w Dieses Beispiel zeigt, wie wir eine Konjunktion negieren: w Kehrt man eine Aussage in ihr Gegenteil um, erhält man die Negation der Aussage. Bezeichnung: A. Klar ist, das eine negierte wahre Aussage falsch wird und umgekehrt. ^ w Vizeweltmeister ist. A∨B w A∧B w x x Umgangssprachlich: Wenn eine Aussage A(x) nicht für alle x gilt, dann muss es ein x geben, für das diese Aussage nicht gilt. Und wenn es kein x gibt für das eine Aussage A(x) wahr ist, dann ist A(x) für alle x eine falsche Aussage. x x Beispiel 1.24 Sei A(x) die Aussage “Der Preis des Gutes x ist konstant”. Wir V wollen W uns alle Aussagen anschauen, die wir mit A(x) mittels Negation sowie und bilden können: Mathematik I – WiSe 2004/2005 79 Mathematik I – WiSe 2004/2005 80 _ A(x) Der Preis mindestens eines Gutes bleibt konstant. Implikation und Äquivalenz _ A(x) Der Preis mindestens eines Gutes verändert sich. Die Implikation (geschrieben A B) ist falsch, wenn A wahr ist, B aber falsch. In allen anderen Fällen ist die Implikation wahr. Sprechweise: Wenn A, dann B. _ A(x) Der Preis keines Gutes bleibt konstant. x x Wahrheitstabelle: A B x _ A(x) w Der Preis keines Gutes verändert sich. x Beachten Sie, dass hier die erste und achte, die zweite und siebte, die dritte und sechste sowie die vierte und fünfte Aussage jeweils gleich sind. A w w f f f w w f f w Das ist etwas gewöhnungsbedürftig, weil A Mathematik I – WiSe 2004/2005 81 Wir nennen A eine hinreichende Bedingung für B und B eine notwendige Bedingung für A. B und B A, so nennt man die beiden Aussagen äquivalent. Gilt A Bezeichnung: A ⇔ B. Die zugehörige Wahrheitstafel ist w w B wahr ist wenn A falsch ist (Aus Mathematik I – WiSe 2004/2005 82 Beispiel 1.25 Betrachte die Aussage etwas Falschem darf man alles folgern). A B B w w f f f w f f f w Wir überlegen uns, welche der folgenden Aussagen dazu äquivalent sind: 1. Damit die Arbeitslosenquote sinkt, muss die Inflation steigen. 2. Eine hinreichende Bedingung dafür, dass die Arbeitslosenquote sinkt, ist ein Anstieg der Inflation. A⇔B w “Wenn die Inflation steigt, dann sinkt die Arbeitslosenquote.” 3. Die Arbeitslosenquote kann nur fallen wenn die Inflation steigt. 4. Wenn die Arbeitslosenquote nicht sinkt, dann steigt die Inflation nicht. Zwei Aussagen heißen also äquivalent, wenn sie beide wahr oder beide falsch sind. Mathematik I – WiSe 2004/2005 83 5. Die Inflation kann nur steigen wenn die Arbeitslosenquote sinkt. Mathematik I – WiSe 2004/2005 84 Offensichtlich bestehen alle diese Aussagen aus zwei Teilaussagen A B w w w f f w f f Die Arbeitslosenquote sinkt (Aussage A) und Die Inflation steigt. (Aussage B). 85 (1) (2) (3) (4) (5) w w w w w f w f w w w f w f f w w w w w Wir wollen die Aussagen (1) bis (5) noch einmal analysieren: Mathematik I – WiSe 2004/2005 86 (1) A B Einige Bemerkungen zu mathematischen Beweisen (2) B A (3) A B (4) A B (5) B A In der Mathematik hat man es stets mit Aussagen zu tun, die wahr oder falsch sind. Beispielsweise gilt für alle reellen Zahlen (a + b)2 = a2 + 2ab + b2. Woher weiß man das? Man kann doch nicht alle reellen Zahlen einsetzen und schauen, ob diese Gleichung immer richtig ist. Das ist auch nicht nötig, denn man kann einen mathematischen Beweis für diese Aussage angeben. Ein Beweis für eine Aussage A ist eine Folge logischer Schlüsse, beginnend mit einer wahren Aussage B, an deren Ende A steht. Sie zeigen also die Gültigkeit der Aussage B A, wobei B aber eine wahre Aussage sein muss. Denn bedenken Sie: Aus einer falschen Aussage kann man alles folgern, also auch etwas Falsches. Sie wollen aber in einem Beweis ja gerade zeigen das etwas stimmt, also richtig ist. Besonders interessant ist hier das vierte statement. Es zeigt, dass die Aussagen B A und A B äquivalent sind. Wir wollen das noch einmal ganz deutlich herausstellen: (A A w w f w Also sind die Aussagen (2), (4) und (5) äquivalent zur ursprünglichen Aussage. Diese Aussagen sind unterschiedlich verknüpft. Wir wollen die Wahrheitstafeln A, für diese Verknüpfungen aufstellen. Die ursprüngliche Aussage lautet B und ihr Wahrheitswert wird zunächst bestimmt: Mathematik I – WiSe 2004/2005 B B) ist äquivalent zu (B A) Sie dürfen, um eine Aussage A zu beweisen, auch nicht einfach von der Gültigkeit von A ausgehen und dann logisch auf die Gültigkeit einer wahren Aussage Mathematik I – WiSe 2004/2005 87 Mathematik I – WiSe 2004/2005 88 schließen und das als einen Beweis ansehen. Beispiel 1.27 Wir wollen die folgende Aussage beweisen: Beispiel 1.26 Angenommen, jemand behauptet 3 = 4. Wenn wir die Gültigkeit dieser Aussage annehmen, können wir ja beide Seiten der Gleichung mit 0 multiplizieren. Wir erhalten so die Gleichung 0 = 0, die offenbar wahr ist. Ist deshalb aber 3 = 4 wahr? Natürlich nicht, weil wir von einer Aussage A auf etwas Wahres (die Aussage 0 = 0) geschlossen haben. Aber aus der Gültigkeit von 0 = 0 kann man natürlich nicht auf die Gültigkeit von A schlussfolgern. Für alle reellen Zahlen x 6= 0 gilt |x + 1| |x − 1| > . x x Fall 1: x > 0 Dann ist x + 1 = |x + 1| > x − 1, aber auch x + 1 > −(x − 1) = 1 − x, weil x > −x für x > 0, den Fall, den wir gerade betrachten. Weil x + 1 > x − 1 und x + 1 > −(x − 1), gilt sogar |x + 1| = x + 1 > |x − 1|. Wir dürfen beide Seiten dieser Ungleichung durch x dividieren, ohne dass sich das Ungleichungszeichen ändert, weil x > 0. Das zeigt |x + 1| |x − 1| > . x x Mathematik I – WiSe 2004/2005 89 Fall 2: x < 0 Jetzt ist |x − 1| = 1 − x. Wir haben 1 − x > x + 1 (weil x < 0) und 1 − x > −1 − x = −(x + 1). Damit gilt also |x − 1| = 1 − x > |x + 1|. Teilen wir die linke und rechte Seite dieser Ungleichung durch x, so dreht sich das Ungleichungszeichen wegen x < 0 um und wir erhalten wie im Fall 1 Mathematik I – WiSe 2004/2005 90 so entstehende Brett nicht mit Dominosteinen überdeckt werden, wobei jeder Dominostein genau zwei Felder des Schachbrettes überdeckt. |x − 1| |x + 1| < . x x Das nächste Beispiel zeigt deutlich die Aufgabe eines mathematischen Beweises: Ein Beweis soll einen zweifelsfreien Grund angeben, warum eine Aussage richtig ist. Beispiel 1.28 Wir wollen die folgende Behauptung beweisen: Wenn in einem Schachbrett die diagonal gegenüberliegenden Eckfelder entfernt werden, kann das Mathematik I – WiSe 2004/2005 91 Beispiel 1.29 Angenommen, jemand behauptet n2 +n+41 sei für alle natürlichen Zahlen n eine Primzahl. Wir setzen ein und erhalten, dass n2 + n + 41 eine Primzahl für alle Zahlen n zwischen 0 und 39 ist. Ist das ein Beweis? Nein! Außerdem ist die Aussage, dass n2 + n + 41 für alle natürlichen Zahlen eine Primzahl ist, falsch: Setzen Sie einfach n = 40 ein! Wir haben somit ein Gegenbeispiel gefunden. Etwas formaler. Wir hatten die Aufgabe zu entscheiden, ob eine Aussage A(x) für alle x gilt. Um zu beweisen, dass die Aussage stets gilt, benötigen wir einen Beweis. Wenn wir aber zeigen wollen, dass die Aussage nicht immer gilt, genügt es, ein x so anzugeben, dass A(x) falsch ist. Wir haben damit die Allgemeingültigkeit widerlegt. Im obigen Beispiel können wir die Behauptung, jede Zahl der Form n2 + n + 41 sei ein Primzahl, widerlegen, denn für n = 40 ist n2 + n + 41 offensichtlich keine Primzahl! Mathematik I – WiSe 2004/2005 93 Arbeitslosenquote und Inflation. Dieser Zusammenhang ist heutzutage eindeutig durch etliche Gegenbeispiele widerlegt. Bis in die 80’er Jahre hinein wurde ein solcher Zusammenhang aber vermutet! Der Beweis ist ganz einfach: Jeder Dominostein überdeckt genau ein weißes und ein schwarzes Feld. Aber das Schachbrett, bei dem die Eckfelder entfernt wurden, hat nicht die gleiche Zahl weißer und schwarzer Felder! Manche Nicht-MathematikerInnen sind versucht, die Gültigkeit einer Aussageform A(x) zu beweisen, indem die Gültigkeit von A(x) für einige wenige Werte von x nachgerechnet wird. Das ist natürlich kein Beweis! Mathematik I – WiSe 2004/2005 92 Halten wir fest: Die Gültigkeit einer Aussage A(x) kann man nicht beweisen, indem man die Gültigkeit für einige Werte von x überprüft. Man kann aber zeigen, dass die Aussage A(x) nicht allgemeingültig ist, wenn man nur ein Gegenbeispiel angibt, also ein xg , für das A(xg ) falsch ist. In den Wirtschaftswissenschaften werden Sie selten Beweise im mathematisch strengen Sinne finden. Der mathematische Beweis benötigt exakt angegebene Voraussetzungen, unter denen er funktioniert. Diese Voraussetzungen sind in den Wirtschaftswissenschaften häufig nicht so klar formulierbar. Viel häufiger tritt das Phänomen auf, dass man Aussagen widerlegt! Kehren wir zurück zu unserem Beispiel 1.25 über den Zusammenhang zwischen Mathematik I – WiSe 2004/2005 94 a∈M andernfalls Mengen a∈ /M Ein zentrales Konzept für die Mathematik ist der Begriff der Menge. Die Elemente einer Menge sind alle verschieden. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Mengen zu beschreiben. Wir wollen die Menge M aller geraden ganzen Zahlen zwischen 2 und 15 beschreiben: Eine Menge ist eine Zusammenfassung bestimmter, wohlunterschiedener Objekte . Von jedem dieser Objekte muss eindeutig feststehen, ob das Objekt zur Menge gehört oder nicht. Die Objekte heißen Elemente der Menge 1. Aufzählung M = {2, 4, 6, 8, 10, 12, 14}. Ist a ein Element der Menge M , schreiben wir auch Mathematik I – WiSe 2004/2005 95 Mathematik I – WiSe 2004/2005 96 2. teilweise Aufzählung M = {2, 4, 6, . . . , 12, 14} Hierbei muss man aufpassen, dass es nicht zu Missverständnissen kommt. Schreibweise: |M | = Anzahl der Elemente in M . Falls M unendlich viele Elemente hat, schreiben wir |M | = ∞ (∞: unendlich). Beziehungen zwischen Mengen 3. Beschreibung durch charakteristische Eigenschaften M := {x : x ∈ Z und x ≥ 2 und x ≤ 15 und x gerade}. Wir nennen A eine Teilmenge von B, wenn jedes Element aus A auch ein Element von B ist. Dabei darf auch A = B gelten. Die leere Menge ∅ ist die Menge, die kein Element enthält. A ⊆ B: A Teilmenge von B Beispiel 1.30 ∅ = {x : x wohnt in der Bundesrepublik Deutschland und x ist im Jahre 1700 geboren} Die Mächtigkeit oder Ordnung einer Menge ist die Anzahl der Elemente in der Menge. Unsere oben betrachtete Menge M = {2, 4, 6, 8, 10, 12, 14} hat also die Mächtigkeit 7. Mathematik I – WiSe 2004/2005 97 A ( B: A Teilmenge von B und A 6= B Beachte, dass stets A ⊆ A gilt. Ferner gilt für alle Mengen ∅ ⊆ A. Beispiel 1.31 • N ⊆ Z ⊆ Q ⊆ R Mathematik I – WiSe 2004/2005 • Die Menge aller Einwohner Magdeburgs ist eine Teilmenge der Menge aller Einwohner Deutschlands . 98 B A A∩B Verknüpfung von Mengen Wir können Mengen schneiden oder vereinigen. A∪B A∩B = {x : x ∈ A oder x ∈ B} Vereinigung = {x : x ∈ A und x ∈ B} Schnitt Mathematik I – WiSe 2004/2005 99 A Mathematik I – WiSe 2004/2005 100 Für disjunkte Mengen gilt |A ∪ B| = |A| + |B| B Manchmal wollen wir mehr als nur eine Menge vereinigen oder schneiden. Wir schreiben dann A∪B n [ Ai = A 1 ∪ A 2 ∪ . . . ∪ A n n \ Ai = A 1 ∩ A 2 ∩ . . . ∩ A n i=1 Achtung: Es gilt nicht |A ∪ B| = |A| + |B|, sondern i=1 |A ∪ B| = |A| + |B| − |A ∩ B| Die Differenz von Mengen ist wie folgt definiert: A\B Zwei Mengen heißen disjunkt, wenn ihr Schnitt leer ist. Mathematik I – WiSe 2004/2005 101 = {x : x ∈ A und x ∈ / B} Mathematik I – WiSe 2004/2005 102 Ω A B A A A\B Ist A eine Teilmenge von Ω, so schreiben wir statt Ω \ A auch A oder, genauer, AΩ = Ω \ A: Mathematik I – WiSe 2004/2005 103 Mathematik I – WiSe 2004/2005 104 Beispiel 1.32 Wir betrachten die folgenden vier Mengen: A∩C A = {x : x ∈ R und 1 ≤ x ≤ 6} B = {x : x ∈ N und x < 6} C = {x : x ∈ N und x ≥ 2} = {2, 3, 4, 5, 6} C \ A = {x : x ∈ N und x > 6} D = {x : x ∈ R und x < 6} B∩C = {2, 3, 4, 5} B∪C = N A ∩ N = {1, 2, 3, 4, 5, 6} Dann gilt: AR = {x : x ∈ R und (x < 1 oder x > 6)} A∩B B N = {6, 7, 8, . . .}. = {1, 2, 3, 4, 5} A \ D = {6} Mathematik I – WiSe 2004/2005 105 Mathematik I – WiSe 2004/2005 Mengenalgebra 106 Assoziativgesetze Ähnlich wie für die Verknüpfung von Aussagen gibt es auch gewisse Rechenregeln für die Verknüpfung von Mengen. A ∪ (B ∪ C) = (A ∪ B) ∪ C A ∩ (B ∩ C) = (A ∩ B) ∩ C Wir geben im folgenden die wichtigsten Regeln an: Distributivgesetze A ∪ (B ∩ C) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) Idempotenzgesetze A ∩ (B ∪ C) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C) A∪A = A A∩A = A Inklusionsgesetze A ⊆ A∪B Kommutativgesetze A∪B A∩B A∩B = B∪A ⊆ A = B∩A Mathematik I – WiSe 2004/2005 107 Man macht sich diese Regeln am besten an Hand einiger Mengendiagramme (Venn-Diagramm) klar. Wir illustrieren hier nur das erste Distributivgesetz. Im ersten Diagramm sehen wir die Menge B ∩ C schraffiert. Danach vereinigen wir diese Menge mit A. Im letzten Bild haben wir die Mengen A∪B und A∪C jeweils unterschiedlich schraffiert und dadurch auch gleich den Schnitt (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) gekennzeichnet. Mathematik I – WiSe 2004/2005 108 B B A A B∩C A ∪ (B ∩ C) C Mathematik I – WiSe 2004/2005 109 Mathematik I – WiSe 2004/2005 C 110 Neue Mengen aus alten Mengen B Die Potenzmenge einer Menge A ist die Menge aller Teilmengen von A. Bezeichnung: P(A). A (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) Ist A endlich, so gilt |P(A)| = 2|A| . C Seien a1, . . . an irgendwelche Elemente. Wir nennen Ähnliche Gesetze gelten für die Komplementbildung und die Mengendifferenz. (a1, a2, . . . , an) ein n-Tupel. Die Elemente müssen nicht unbedingt verschieden sein. Mathematik I – WiSe 2004/2005 111 Mathematik I – WiSe 2004/2005 112 Die Menge aller n-Tupel (a1, . . . , an) mit ai ∈ Ai heißt das kartesische Produkt von A1, . . . , An. Bezeichnung: A1 × A2 × · · · × An. Beispiel 1.33 Sei A = {1, 2} und B = {a, b} und C = {b, c}. Dann gilt Dieses Beispiel legt nahe (und man kann es auch beweisen), dass A × (B ∩ C) = (A × B) ∩ (A × C) gilt. Im allgemeinen ist A × B 6= B × A A × (B ∪ C) = {(1, a), (1, b), (1, c), (2, a), (2, b), (2, c)} (A × B) ∪ (A × C) = {(1, a), (1, b), (2, a), (2, b), (1, c), (2, c)} A × (B ∩ C) = {(1, b), (2, b)} (A × B) ∩ (A × C) = {(1, b), (2, b)} Mathematik I – WiSe 2004/2005 113 Mathematik I – WiSe 2004/2005 114 • Sei X die Menge aller Frauen, Y die Menge aller Männer. zwischen X und Y wählen wir ”verheiratet”. 1.4 Relationen und Abbildungen Als Relation Die Definition einer Relation ist ganz einfach: Eine Relation R zwischen zwei Mengen X und Y ist eine Teilmenge R ⊆ X × Y . Gilt X = Y , so heißt R eine Relation auf X. Man schreibt x R y falls (x, y) ∈ R. • A = {1, 2}, B = {2, 3}. Dann ist Beispiel 1.34 • X: Menge der MathematikerInnen. Y : Menge der WirtschaftswissenschaftlerInnen. Eine Relation zwischen X und Y wird z.B. durch ”Mathematiker x ist jünger als Wirtschaftswissenschaftler y” erklärt. Mathematik I – WiSe 2004/2005 115 A × B = {(1, 2), (1, 3), (2, 2), (2, 3)}. Wir erhalten z.B. folgende Relationen: Mathematik I – WiSe 2004/2005 1 R1 = {(a, b) ∈ A × B : a = b} = {(2, 2)} 116 2 R1 R2 = {(a, b) ∈ A × B : a < b} 3 2 = {(1, 2), (1, 3), (2, 3)} 1 R3 = {(a, b) ∈ A × B : a ≤ b} 3 = {(1, 2), (1, 3), (2, 3), (2, 2)} = A × B 1 R4 = {(a, b) ∈ A × B : a + b = 2} = ∅ Man kann diese Relationen auch durch Graphen verdeutlichen. Dazu malen wir die Menge A und die Menge B auf und verbinden zwei Elemente mit einem Pfeil genau dann, wenn sie in Relation miteinander stehen: Mathematik I – WiSe 2004/2005 117 1 2 2 3 R3 2 R2 2 Mathematik I – WiSe 2004/2005 118 Beispiel 1.35 Die folgenden vier Skizzen illustrieren die folgenden vier Relationen auf R: 2 R4 • R1 = {(x, y) : x2 + y 2 = 1} 3 2 • R2 = {x, y) : x3 + 2.8x2 + 2y 2 = 4} Diese Beispiele zeigen, dass an jedem Punkt kein, ein oder mehrere Pfeile beginnen können. Genauso kann an jedem Punkt kein, ein oder mehrere Pfeile ankommen. Solche Pfeildiagramme sind natürlich unhandlich, wenn die Mengen X und Y unendlich sind. Sind X und Y Zahlbereiche, können wir versuchen, die Menge der Punkte (x, y) ∈ R in einem Koordinatensystem zu skizzieren. Mathematik I – WiSe 2004/2005 119 • R3 = {x, y) : x3 + 3x2 + 2y 2 = 4} • R4 = {x, y) : x3 + 3.2x2 + 2y 2 = 4} Mathematik I – WiSe 2004/2005 120 1 3 y 0.5 2 y –1 –0.5 0.5 1 1 x –4 –0.5 –3 –2 –1 1 x –1 –1 –2 –3 Mathematik I – WiSe 2004/2005 121 Mathematik I – WiSe 2004/2005 122 3 3 2 2 y y 1 1 –4 –3 –2 –1 0 1 –4 x –3 –2 –1 1 x –1 –1 –2 –2 –3 –3 Mathematik I – WiSe 2004/2005 123 Diese Beispiele sollen Ihnen bereits jetzt zeigen, was MathematikerInnen gerne machen, nämlich funktionale Zusammenhänge graphisch zu veranschaulichen. Machen Sie sich damit vertraut! Wir wollen hier noch einige besondere Relationen R auf einer Menge X erwähnen, d.h. R ⊆ X × X. Die Relation R ⊆ X × X heißt reflexiv wenn x R x, also (x, x) ∈ R, für alle x ∈ X gilt. Die Relation R heißt symmetrisch, wenn aus x R y stets y R x folgt. Ferner heißt R transitiv, wenn aus x R y und y R z folgt x R z. Eine Relation die reflexiv, symmetrisch und transitiv ist, heißt Äquivalenzrelation. Mathematik I – WiSe 2004/2005 124 Bedeutung. In dieser einführenden Veranstaltung kann darauf verzichtet werden. Wir geben hier nur ein kleines Beispiel an: Beispiel 1.36 Sei X die Menge aller Menschen. Wir definieren auf X eine Relation durch ”x und y haben am selben Tag Geburtstag”. Man kann sich schnell überlegen, dass dies eine Äquivalenzrelation ist. Interessant ist, dass diese Relation eine Klasseneinteilung oder Partition von X liefert. [Einschub: Eine Partition S von X ist eine Menge von Teilmengen Ai von X, die paarweise disjunkt sind und i Ai = X.] Die Klassen sind gerade die Mengen von Menschen, die am selben Tag xx.yy.zzzz geboren sind. Man kann sich leicht überlegen, dass jede Äquivalenzrelation auf einer Menge X eine Zerlegung der Menge X liefert. Der Begriff der Äquivalenzrelation ist für die gesamte Mathematik von zentraler Mathematik I – WiSe 2004/2005 125 Mathematik I – WiSe 2004/2005 126 Abbildungen In den Wirtschaftswissenschaften haben wir es meistens mit Abbildungen zu tun. Eine Abbildung aus X nach Y ist eine Relation zwischen X und Y , so dass es zu jedem x ∈ X höchstens ein y ∈ Y gibt, so dass x und y in Relation zueinander stehen. Das Element y wird mit f (x) bezeichnet. In unserer Pfeildarstellung bedeutet dies, dass bei jedem Element x ∈ X höchstens ein Pfeil beginnt: Mathematik I – WiSe 2004/2005 127 Beachte, dass nicht jedem x ∈ X ein Funktionswert zugeordnet werden muss. Im Buch von Schwarze gibt es eine subtile Unterscheidung: Wenn jedem x ∈ X höchstens ein y zugeordnet wird, so spricht Schwarze von einer Funktion aus X nach Y (so wie hier angegeben). Wird jedem x ∈ X genau ein f (x) zugeordnet, spricht Schwarze (und auch wir) von einer Abbildung von X nach Y: Mathematik I – WiSe 2004/2005 128 für welche x der Nenner 0 wird, die Funktion also gar nicht definiert ist. Bezeichnung: f : X → Y . Die Menge der x ∈ X, für die f (x) erklärt ist, nennen wir den Definitionsbereich von f , bezeichnet mit D(f ). Der Definitionsbereich D(f ) muss nicht ganz X sein, wie die obigen Beispiele zeigen. Die Menge X heißt die Menge der unabhängigen Variablen, die Menge Y bezeichnet die abhängigen Variablen, denn wenn wir x kennen, kennen wir auch f (x). Das ist manchmal ganz praktisch, in der Mathematik aber eher ungewöhnlich. Es hat Vorteile, wenn man komplizierte Funktionen hat wie etwa f (x) = x x5 + 3x3 − x − 4 aufgefasst als Abbildung aus R nach R, wo man von vornherein gar nicht weiß, Mathematik I – WiSe 2004/2005 129 Beispiel 1.37 Wir definieren f : R → R durch f (x) = x21−1 . Dieser Ausdruck ist natürlich nur erklärt, wenn x2 − 1 6= 0. In der Notation von Schwarze ist f eine Abbildung aus R nach R. Der Definitionsbereich ist R \ {±1}. Die graphische Veranschaulichung: Mathematik I – WiSe 2004/2005 130 Beispiel 1.38 Wir betrachten f : R → R definiert durch f (x) = lg x (dekadischer Logarithmus). Wir haben schon gesehen, dass der Logarithmus nur für positive Zahlen erklärt ist. Der Definitionsbereich ist also R+: 4 y 2 1 0.5 –6 –4 –2 2 4 6 5 x x 10 15 20 –0.5 –2 –1 –1.5 –4 –2 Mathematik I – WiSe 2004/2005 131 Machen Sie sich bitte nicht zu viele Gedanken über die Frage, ob es Abbildungen von oder aus einer Menge X gibt. Wichtig ist nur, dass bei der Beschreibung einer Abbildung durch eine Vorschrift wie z.B. lg x oder x21−1 zu beachten ist, dass diese Vorschrift für einige Werte von x nicht definiert ist. Oft liegt das daran, dass man nicht durch 0 dividieren darf. Andere Möglichkeiten: Logarithmen oder Wurzeln negativer Zahlen sind nicht definiert. Manche trigonometrische Funktionen haben Stellen, wo sie nicht definiert sind, z.B. tan(π/2) ist nicht definiert. Abbildungen werden oft auch Funktionen genannt. Meistens spricht man von Funktionen, wenn die Mengen X und Y Zahlbereiche sind. Wenn wir hier von Zahlbereichen sprechen, meinen wir nicht etwa nur R, sondern auch R2, R3 usw. Denken Sie daran: Ökonomische Daten hängen fast nie nur von einer Variablen ab. Ein anderes kleines Beispiel: Die (vor kurzem noch sehr beliebten) Aktiencharts Mathematik I – WiSe 2004/2005 133 Mathematik I – WiSe 2004/2005 132 sind nichts anderes als Funktionen von der Zeit in die Menge R möglicher Aktiennotierungen. Dieses Beispiel macht deutlich, dass zwischen den unabhängigen Variablen (hier der Zeit) und den abhängigen (dem Aktienkurs) kein kausaler Zusammenhang bestehen muss. Ein kausaler Zusammenhang besteht vielleicht zwischen dem Zinsniveau und dem Aktienkurs, oder den Jahresabschlüssen der AG’s und den Aktienkursen, aber sicher nicht zwischen der Zeit und dem Kurs! Wir werden im nächsten Kapitel auf einige Funktionen, die aus der Schule bekannt sein sollten, genauer eingehen. Bevor wir dies tun, führen wir noch drei wichtige Begriffe für Abbildungen ein: injektiv, surjektiv, bijektiv! Mathematik I – WiSe 2004/2005 Eine Abbildung f : X → Y heißt injektiv wenn aus f (x1) = f (x2) stets x1 = x2 folgt. Die Abbildung heißt surjektiv, wenn es zu jedem y ∈ Y (mindestens) ein x ∈ X gibt mit f (x) = y. Die Abbildung heißt bijektiv, wenn sie injektiv und surjektiv ist und es zu jedem x ∈ X ein y gibt mit f (x) = y (f also insbesondere eine Abbildung von X nach Y ist). 134 injektiv surjektiv Für unsere Pfeildarstellung von Abbildungen bedeutet das folgendes: injektiv: surjektiv: bijektiv: in jedem y ∈ Y endet höchstens ein Pfeil in jedem y ∈ Y endet mindestens ein Pfeil in jedem y ∈ Y endet genau ein Pfeil und in jedem x ∈ X beginnt genau ein Pfeil. Mathematik I – WiSe 2004/2005 bijektiv 135 Mathematik I – WiSe 2004/2005 136 In allen drei Fällen haben wir Abbildungen, weil aus den linken Mengen an jedem Punkt nur höchstens ein Pfeil beginnt. Wir machen noch einmal auf die eher ungewöhnliche Konvention aufmerksam, dass wir auch dann von Abbildungen reden, wenn in einem Punkt von X gar kein Pfeil beginnt, es also Elemente x ∈ X gibt, für die f (x) gar nicht definiert ist. Ist f eine injektive Abbildung, so definieren wir f −1 : Y → X durch folgende Vorschrift: f −1(y) = x, wobei x ∈ X durch die Eigenschaft f (x) = y bestimmt ist. Beachte, dass x wegen der Injektivität eindeutig bestimmt ist. In unseren Pfeilbildern bedeutet dies einfach, dass wir jeden Pfeil umdrehen. Die Abbildung f −1 heißt die zu f inverse Abbildung. X und Y gleich viele Elemente haben. Seien f : X → Y und g : Y → Z zwei Abbildungen. Wir definieren die Abbildung g ◦ f : X → Z wie folgt: (g ◦ f )(x) = g[f (x)]. Also: Wir wenden erst f auf x an, dann auf den Wert f (x) die Abbildung g. Wichtig ist es, sich zu merken, dass g ◦f bedeutet, erst f und dann g anzuwenden. Beachte, dass auch f −1 injektiv ist. Ferner ist f bijektiv genau dann wenn f injektiv und surjektiv ist und zusätzlich f −1 auch surjektiv ist. Bei einer bijektiven Abbildung geht von jedem Punkt in X genau ein Pfeil aus und in jedem Punkt aus Y endet genau ein Pfeil. Das heißt insbesondere, dass Mathematik I – WiSe 2004/2005 137 f X g Y Z g◦f Mathematik I – WiSe 2004/2005 139 Mathematik I – WiSe 2004/2005 138