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EUROPÄISCHE KOMMISSION
[ES GILT DAS GESPROCHENE WORT]
Dacian Cioloș
Mitglied der Europäischen Kommission, zuständig für Landwirtschaft und
ländliche Entwicklung
Nahrungsmittelsicherheit
Informelle Tagung des Rates
Milan, 30 September 2014
Ich danke dem italienischen Ratsvorsitz dafür, dass er die heutige Diskussion zur
Ernährungssicherheit veranstaltet, und freue mich, dass Italien diesem Thema auch bei
der Weltausstellung im Jahr 2015 weiterhin höchste Priorität einräumt.
Wie ich Ihnen bereits erklärt habe - und ich bekräftige heute meine Zusage - wird die
Europäische Kommission dieses europäische und internationale Ereignis unterstützen.
Warum wird sie dies tun?
Eine große Herausforderung für eine wirkliche und nachhaltige Ernährungssicherheit –
neben denen, die uns in dieser Runde bereits gut bekannt sind – ist die Sensibilisierung
der öffentlichen Meinung.
Landwirtschaft braucht Zeit, langfristige Investitionen und einen beharrlichen politischen
Willen. Die Landwirtschaft kann nicht einerseits Marktschwankungen unterliegen und
andererseits zum Gegenstand des politischen Kräftespiels werden, abhängig vom
Tagesgeschehen, der Beachtung durch die Medien und wechselnden Modeerscheinungen.
Landwirtschaft muss ein ständiges Anliegen bleiben,
 solange 805 Mio. Menschen unterernährt sind,
 solange wir noch nicht über das Instrumentarium verfügen, um eine ständig
wachsende Weltbevölkerung von bald 9 Mrd. oder sogar 11 Mrd. Menschen zu
ernähren;
 solange es immer noch so schwierig ist, in Entwicklungs- wie in Industrieländern
Wertschöpfung in den ländlichen Gebieten zu erzeugen und zu erhalten. Denn die
Landwirtschaft ist und bleibt die wirtschaftliche Grundlage der ländlichen
Wirtschaft.
Unseren Mitbürgern muss bewusst werden, wie schwierig es ist, das weltweite
Nahrungsmittelproblem anzugehen. Die Sensibilisierung für dieses Problem ist ein
direkter Beitrag zu unseren Bemühungen im Kampf gegen die Ernährungsunsicherheit,
zur Förderung nachhaltiger Erzeugungsverfahren und zu einer gesunden und
ausgewogenen Ernährung.
Seit 2009 laufen auf internationaler und europäischer Ebene grundlegende Arbeiten, die
darauf abzielen, der Landwirtschaft wieder ihren zentralen Stellenwert einzuräumen.
Mit meinem Kollegen Andris Piebalgs haben wir die Landwirtschaft zu einem
Schwerpunktthema der Entwicklungspolitik gemacht. Zwischen 2014 und 2020 sollen
nach Schätzungen zum vorläufigen Stand der Planung ungefähr 60 Empfängerländern
SPEECH/14/656
rund 8 Mrd. EUR bereitgestellt
Landwirtschaft zu fördern.
werden,
um
eine
nachhaltige
und
produktive
Auf europäischer Ebene haben wir die Fähigkeit der Europäischen Union erhalten,
langfristig in diesen Sektor zu investieren und ihn stärker an wirtschaftlicher und
ökologischer Effizienz auszurichten.
Um es klar zu sagen: Jetzt und in Zukunft geht es in Europa ebenso wie auf
internationaler Ebene darum, die bereits eingeleiteten Maßnahmen auch im
Haushaltsbereich fortzusetzen und erforderlichenfalls zu verstärken. Denn es kann kein
wirkliches Projekt für die Landwirtschaft geben ohne eine starke, kohärente öffentliche
Politik, die auf alle Probleme eingeht, vor denen die unterschiedlichen Agrarsysteme
weltweit stehen:
 Entwicklung der Erzeugung durch Verbreitung bereits vorhandener Kompetenz im
Agrarbereich und durch Innovation;
 Anpassung an und Kampf gegen den Klimawandel mit den Mitteln der
Landwirtschaft;
 Entwicklung der Wertschöpfung und Sicherung der Arbeitsplätze in der
Landwirtschaft als Motor für die Entwicklung des ländlichen Raums, auch durch
eine bessere Einbeziehung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe in die Märkte.
Aber zur Verwirklichung dieser Ziele bedarf es einer zuverlässigen Verwaltung der
kollektiven wie der Einzelmaßnahmen auf allen Ebenen, also global, regional, national
und lokal.
Diese Verwaltung muss alle uns zur Verfügung stehenden Mittel heranziehen können:
 den Handel: wir müssen unsere Bemühungen um einen Vertrag im Rahmen der WTO
fortsetzen, der den besonderen Charakter der Landwirtschaft berücksichtigt, und
gleichzeitig an ehrgeizigen bilateralen Verträgen mit den Ländern arbeiten, die
unseren Landwirten in Europa echte Chancen bieten. Hierbei muss der
Landwirtschaft unserer Partner und insbesondere der Entwicklungsländer Rechnung
getragen werden, indem auch ihnen die Möglichkeit zur Entwicklung geboten wird –
dies ist der Sinn der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA), die bereits mit 24
Ländern im Westen und im Süden Afrikas geschlossen wurden – sechs der sieben
in Verhandlung befindlichen Regionen werden bereits durch einen Vertrag erfasst.
 die Nachhaltigkeit: Europa ist ein Vorreiter beim Klimaschutz, muss aber, wie
unlängst in New York, weiter darauf hinarbeiten, dass die Klimaschutzkonferenz,
die Ende 2015 in Paris stattfindet, ein echter Erfolg wird. Die Nachhaltigkeit darf
aber nicht auf die Landwirte beschränkt bleiben. Es darf nicht sein, dass die
europäischen Bürger einerseits Nachhaltigkeit fordern, aber die europäischen
Verbraucher andererseits niedrige Preise verlangen und Lebensmittel vergeuden.
 Schließlich bedarf es auch des Ausbaus von Investitionen in die landwirtschaftliche
Infrastruktur sowie in Forschung und Innovation. Ich habe auf die Bedeutung der
öffentlichen Haushalte hingewiesen. Diese müssen mit einer starken Mobilisierung
privatwirtschaftlicher Investitionen von Kapital, Energie und Expertise einhergehen.
Natürlich hat die Europäische Union in den 50 Jahren ihres Bestehens eine Expertise bei
der Verwaltung der Agrarmärkte entwickelt. Unsere Landwirte haben erhebliches Knowhow erworben. Und die Erzeugungsbedingungen bei uns zählen zu den besten der Welt.
Aber die Ernährungsproblematik macht vor dem europäischen Kontinent nicht halt. Die
Fähigkeit Europas zur Erzeugung von Nahrungsmitteln bleibt auch weiterhin eine
Herausforderung und ein vorrangiges strategisches Ziel.
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Die europäische Landwirtschaft ist leistungsstark und macht insbesondere im Osten
erhebliche Fortschritte. Sie steht aber durchaus auch vor sehr konkreten Aufgaben:
 der Suche nach einem Ausgleichs zwischen Erzeugung und Erhaltung der natürlichen
Ressourcen;
 der Erhaltung der Rolle der Landwirtschaft als treibende Kraft in den ländlichen
Gebieten zur Wahrung des empfindlichen Gleichgewichts vieler Standorte;
 der Steigerung der weltweiten Nachfrage nach hochwertigen Erzeugnissen;
 der Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen, die in Europa gebraucht werden;
 aber auch der Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegen Rückschläge, die auf
teilweise profitablen, aber auch volatilen Märkten auftreten.
Unsere Erfolge dürfen uns nicht dazu verleiten, vor den Herausforderungen die Augen zu
verschließen. Und es ist eine echte Herausforderung, außerhalb unseres Kreises von
Eingeweihten – wenn ich das so sagen darf – Überzeugungsarbeit zu leisten. Ich möchte
der italienischen Ratspräsidentschaft nochmals für diese Initiative danken. Und ich
möchte diese Gelegenheit nutzen, Ihnen allen für das zu danken, was wir in einem
konstruktiven Geist und mit derselben Leidenschaft und demselben Engagement für
unsere Landwirtschaft und unsere Landwirte gemeinsam geleistet haben.
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