Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 1 Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Redebeitrag zum Grünen Bericht 2008 Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Wir diskutieren hier nun den Grünen Bericht 2008. Ich darf gleich eingangs den Mitarbeitern des Ministeriums für dessen Erstellung danken. Dieser Bericht enthält sehr gute Zahlen betreffend die Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2007. Aber ich möchte auch jenen 2 231 Betrieben danken, die freiwillig Buch führen und damit ermöglichen, dass wir wirklich konkrete und verlässliche Zahlen über die Entwicklung der Landwirtschaft in Österreich haben. Die Landwirtschaft ist in Österreich von großer gesellschaftlicher Bedeutung, und daher ist es auch wichtig, das öffentliche Interesse darauf zu lenken. Es konnten die Zahlen des Grünen Berichtes 2008 ein sehr gutes Ergebnis bescheinigen: eine Erhöhung des Produktionswertes, eine Erhöhung des Einkommens und, was vielleicht auch nicht uninteressant ist, eine Erhöhung der Fremdarbeitskräfte im Bereich der Landwirtschaft, und das in einer Zeit, wo wir über die Schaffung von Arbeitsplätzen sehr intensiv diskutieren. Die Erwartungen der Gesellschaft an die Landwirtschaft sind sehr vielfältig und sehr hoch. Die Entwicklung im Jahr 2007 war zwar eine gute, doch heute ist das leider nicht mehr der Fall, weil sich vieles verändert hat, und dadurch sind auch viele Maßnahmen notwendig geworden. Ich möchte nun auf die Maßnahmen eingehen, die für 2009 vorgesehen sind und die wir im Bereich der Landwirtschaft brauchen. Es ist im Grünen Bericht ein steter Rückgang bei der Tierhaltung in Österreich nachzulesen. Aber die Tierhaltung dient dazu, dass Gebiete, vor allem Berggebiete, entsprechend bewirtschaftet werden und dass die Landschaft, die für den Tourismus und für eine gute Lebensqualität notwendig ist, erhalten wird. Es gilt also, dem Rückgang bei der Tierhaltung entgegenzuwirken, Frau Kollegin Kerschbaum, auch wenn das Ihrer Meinung nach für den Fleischkonsum nicht optimal wäre. Ich meine, gerade aus Sicht der Erhaltung der flächendeckenden Landwirtschaft ist die Aufrechterhaltung einer produktionsfähigen Tierhaltung von Bedeutung, und da insbesondere im Bereich des Milchmarktes, von dem wir wissen, dass er ein sehr angespannter ist, und zwar aufgrund der Wirtschaftslage und wegen sinkender Stenograph/Schreibkraft: Jn/Kl Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 2 Nachfrage, weil sehr oft zu billigeren Segmenten, die nicht aus der Milchproduktion, sondern aus der pflanzlichen Produktion kommen, gegriffen wird. Und das führt dazu, dass die Milchbauern Probleme haben, ihre Produkte zu vermarkten; Kollege Kalina hat schon darauf hingewiesen. Diese Probleme sind auch dadurch entstanden, dass die Verarbeitung in Österreich zum Großteil auf genossenschaftlicher Basis organisiert ist, dass aber Betriebe in der Hochpreisphase dieses genossenschaftliche System verlassen haben, weil sie den höchsten Preis gesucht haben, und nun wieder die Rückführung in diese Genossenschaften suchen. Es sind nun die Mitglieder der Genossenschaften davon zu überzeugen – nicht die Politik! Wir wollen hier einen entsprechenden Weg gehen – in einer Zeit der Überproduktion neue Produzenten in die Genossenschaft wieder aufzunehmen. Es ist auch notwendig, immer an der Verbesserung der Qualität und der Standards der österreichischen Agrarprodukte mitzuarbeiten. Studien, wie sie die Arbeiterkammer durchgeführt hat, besagen, dass landwirtschaftliche Produkte, Lebensmittel, vor allem Milchprodukte in Deutschland billiger sind als in Österreich. Das ist ein unzulässiger Vergleich, denn es gilt neben dem Preis auch die Leistung, es geht auch darum, den Wert des Produktes zu messen. So stammen österreichische Agrarprodukte nicht aus Großbetrieben, sondern aus kleinbäuerlichen Betrieben. Außerdem werden österreichische Agrarprodukte in Berggebieten, in benachteiligten Gebieten produziert. Und Österreich hat darüber hinaus einen höheren Anteil an Biobetrieben als Deutschland, den höchsten in ganz Europa, und das schlägt sich auch auf den Durchschnittspreis nieder. Dazu kommt noch, dass wir in Österreich gentechnikfrei produzieren und damit die Lebensmittel einen höheren Wert für den Konsumenten haben. Bei der Milch ist es durchgängig. Eine Milchkuhprämie ist notwendig, um die Nachteile der Produktion auszugleichen. Ich darf dich, Herr Minister, bitten, die Milchkuhprämie rasch und unbürokratisch umzusetzen. Sie führt nicht zu einer Überproduktion, Frau Kollegin Kerschbaum, sondern zu einem Ausgleich der Produktionsnachteile. Es gibt viele Wünsche, die wir haben, zum Beispiel ein Importverbot von Eiern, die aus der Käfighaltung kommen. Laut österreichischem Bundestierschutzgesetz ist die Produktion von Eiern aus Käfighaltung verboten, und es kann nicht sein, dass Produkte aus dem Ausland hereinkommen, wo eine für unsere Betriebe verbotene Produktionsweise erlaubt ist. Stenograph/Schreibkraft: Jn/Kl Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 3 Ein wesentlicher Punkt, der allerdings im Maßnahmenkatalog nicht enthalten ist, ist, dass wir das verhindern, was wir im vergangenen Jahr erlebt haben, nämlich dass es zuweilen hohe Lebensmittelpreise gab, die Versorgungssicherheit in Frage gestellt war, dann wieder die Preise niedrig waren, also extreme Preisunterschiede bestanden. Wir müssen hier durch Sicherheitslager, durch Krisenlager, durch Preisausgleichslager entsprechend Vorsorge treffen, um die Versorgungssicherheit aufrecht erhalten zu können und um auch Preisstabilität gewährleisten zu können. Der Biolandbau in Österreich, der in Europa führend ist, gehört dem Markt entsprechend weiterentwickelt. Das Bioaktionsprogramm geht in die Richtung, 20 Prozent der Fläche biologisch zu bewirtschaften. Eine Vorgabe dahingehend, wie sich die Landwirtschaft in Österreich entwickeln soll und entwickeln muss, ist eine stärkere Marktorientierung, vor allem dann, wenn wir in Richtung Auslaufen der Marktordnungsprämien denken. Wesentlich an Bedeutung gewonnen hat für den Konsumenten Regionalität, Gentechnikfreiheit, Frische und Bioproduktion. Daher ist es wichtig, sich dafür einzusetzen, dass eine klare Kennzeichnung der Produktionsweise und der Herkunft der Produkte gewährleistet ist. Das AMA-Gütesiegel ist ein Beispiel dafür, weil damit klargestellt ist, dass auch das Grundprodukt – das Tier, die Milch – aus Österreich kommt und in Österreich produziert wurde, und weil damit der Konsument auch Sicherheit in Bezug auf die Qualität der Produkte hat. Es gilt, dieses AMA-Gütesiegel auch entsprechend weiterzuentwickeln. Ich bin froh – und es war heute in den Printmedien nachzulesen –, dass es auch auf Schweinefleisch ausgedehnt wird. Das ist er richtige Weg, weil es wichtig ist, durch eine klare Kennzeichnung der Produkte dem Konsumenten Sicherheit zu geben. Zu erwähnen sind auch all die positiven Initiativen, die es in Bezug auf landwirtschaftliche Produkte gibt, wie etwa jene der Österreichischen Hagelversicherung, die auf die Regionalität hinweist, indem für regionale österreichische Produkte geworben wird. Ich darf all jenen danken, die sich für diese Initiative einsetzen. Eine Erfolgsgeschichte, die ich fortzusetzen bitten darf, ist jene der Genussregionen. Wir haben Österreich in Genussregionen eingeteilt und hier die speziellen Produkte aus der jeweiligen Region in den Vordergrund gestellt. Ich darf bitten, diese Initiative fortzuführen und entsprechend auszubauen. Es gilt natürlich auch, den Bereich erneuerbare Energie zu entwickeln, weil es ein wesentliches Standbein für die österreichische Landwirtschaft in Zukunft sein wird. Stenograph/Schreibkraft: Jn/Kl Bundesrat 16. April 2009 769. Sitzung / 4 Es wird auch darum gehen, in Zukunft – und auch das ist in den Vorschlägen der § 7Kommission nachzulesen – die Partnerschaft innerhalb der Landwirtschaft, innerhalb des ländlichen Raumes zwischen Mann und Frau neu zu definieren, die Partnerschaft zwischen den Generationen zu pflegen und auch die Partnerschaft zwischen Bauer und Konsument zu entwickeln und hochzuhalten. Wir Bauern sind ein unverzichtbarer Teil der Gesellschaft und wollen auch ein verlässlicher Partner für die Konsumenten sein. Stenograph/Schreibkraft: Jn/Kl