EUROPÄISCHES PARLAMENT 2004 2009 Plenarsitzungsdokument 13.11.2007 B6-0477/2007 ENTSCHLIESSUNGSANTRAG eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung von Pasqualina Napoletano und Robert Evans im Namen der PSE-Fraktion zu Pakistan RE\694661DE.doc DE PE396.143v01-00 DE B6-0477/2007 Entschließung des Europäischen Parlaments zu Pakistan Das Europäische Parlament, – unter Hinweis auf das Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Islamischen Republik Pakistan über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 24. November 2001 (auch als Kooperationsabkommen der Dritten Generation bezeichnet) und besonders Artikel 1 dieses Abkommens, wonach „die Achtung der Menschenrechte und die Wahrung der Grundsätze der Demokratie ... wesentlicher Bestandteil dieses Abkommens [sind]“, – unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung EU-Pakistan vom 8. Februar 2007 zum Kooperationsabkommen von 2004, in der beide Seiten sich verpflichten, einen umfassenden formalisierten politischen Dialog zu führen, der u. a. die Themen Terrorismusbekämpfung, Nichtverbreitung von Kernwaffen, Menschenrechte und verantwortungsvolle Regierungsführung umfasst, – unter Hinweis auf die Erklärung des Rates vom 8. November 2007 zur Verhängung des Ausnahmezustands in Pakistan sowie auf die Erklärungen des Hohen Vertreters der EU, Javier Solana, vom 4. November 2007 und der EU-Botschafter in Islamabad vom 4. November 2007, – unter Hinweis auf die Ankündigung der Außenminister der Commonwealth-Staaten vom 12. November 2007, die Mitgliedschaft Pakistans im Staatenbund in der nächsten Sitzung am 22. November 2007 auszusetzen, wenn Präsident Musharraf die Verfassung nicht bis zu diesem Zeitpunkt wieder in Kraft setzt, – unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Pakistan, insbesondere vom 12. Juli 2007 und 25. Oktober 2007, – gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, A. in der Erwägung, dass Präsident Musharraf am 3. November 2007 eine „Provisorische Verfassungsordnung“ (PCO) erlassen hat, durch die die Verfassung und die Rechtsordnung ausgesetzt und durch das Kriegsrecht ersetzt wurden, B. in der Erwägung, dass der Frieden und die Sicherheit Pakistans bedroht sind, dass aber die Verhängung des Kriegsrechts keine angemessene Reaktion auf die fragile politische Lage des Landes ist, C. in der Erwägung, dass Pakistan ein Land mit einer dynamischen und mutigen Zivilgesellschaft, anerkannten Justizorganen und Medien und einer langen demokratischen Tradition ist, 1. ist fest davon überzeugt, dass Extremismus und Instabilität am besten in einem System der Rechtsstaatlichkeit unter einer von gemäßigten politischen Parteien angeführten PE396.143v01-00 DE 2/4 RE\694661DE.doc demokratischen Regierung eingedämmt werden können; fordert deshalb entschieden, das Kriegsrecht aufzuheben und alle in der Verfassung garantierten Grundrechte im Land sobald wie möglich wieder herzustellen, wozu der Schutz des Lebens und des Eigentums, die Bewegungs-, Versammlungs- und Redefreiheit sowie gleiche Rechte und gleicher rechtlicher Schutz für alle Bürgerinnen und Bürger gehören; 2. ist besonders besorgt angesichts der Verhaftung von mehr als 3.000 Bürgern, darunter Führer politischer Parteien, Rechtsanwälte, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und Vertreter der Zivilgesellschaft; fordert, dass der Hausarrest, unter den Benazir Bhutto, Vorsitzende der pakistanischen Volkspartei PPP, Asma Jahangir, Vorsitzende der unabhängigen Menschenrechtskommission und UN-Sonderberichterstatterin für Religions- und Glaubensfreiheit und I. A. Rehman, der Gründer dieser Organisation, gestellt wurden, unverzüglich aufgehoben wird; 3. fordert, dass die Unabhängigkeit der Judikative durch Wiedereinsetzung der Richter wieder hergestellt wird; fordert die unverzügliche Freilassung aller Vertreter der Anwaltskammern, die nach friedlichen Straßenprotesten verhaftet wurden; verurteilt insbesondere den gegen den vorsitzenden Richter des Obersten Gerichtshofes, Iftikhar Chaudry, verhängten unrechtmäßigen Hausarrest, 4. fordert die Regierung Pakistans auf, die notwendigen Bedingungen für die Durchführung freier, fairer und transparenter Wahlen zum geplanten Zeitpunkt, also 60 Tage nach dem Ende der Legislaturperiode des Parlaments am 15. November 2007, zu erfüllen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Ankündigung Präsident Musharrafs vom 11. November 2007, spätestens zum 9. Januar 2008 Parlamentswahlen abzuhalten; 5. bekräftigt, dass die Glaubwürdigkeit des Wahlprozesses von der Freilassung aller politischen Gefangenen, einschließlich derjenigen, die sich im rechtswidrigen Gewahrsam von Geheimdiensten befinden, und von der Beendigung der Praxis des „Verschwindenlassens“ politischer Gegner abhängen wird; Rede-, BewegungsVereinigungs- und Versammlungsfreiheit müssen uneingeschränkt verwirklicht und insbesondere alle gegen die Baloch-Parteien verhängten Restriktionen aufgehoben werden; 6. betont, dass die Entsendung einer Beobachterdelegation des EP zur Beaufsichtigung der Parlamentswahlen in Pakistan im Rahmen einer EU-Beobachtermission von der Erfüllung grundlegender Voraussetzungen für die Durchführung freier und fairer Wahlen seitens der pakistanischen Behörden abhängt; betont in diesem Zusammenhang, dass Wahlen, die unter dem Kriegsrecht vorbereitet und durchgeführt werden, klares Zeichen für einen undemokratischen Prozess wären; 7. fordert, dass in Übereinstimmung mit der Verfassung und in Absprache mit allen politischen Parteien eine absolut neutrale Übergangsregierung zur Überwachung der Wahlen gebildet wird und dass die Wahlkommission wieder eingesetzt wird; fordert, dass es den Führern aller politischer Parteien gestattet wird, diese Wahlen anzufechten; 8. fordert Präsident Musharraf erneut auf, von seinem Amt als Oberbefehlshaber der Armee zurückzutreten, bevor er seinen Schwur für eine neue Amtszeit als Präsident leistet und bevor die parlamentarische Ausnahmeregelung, der zufolge er eine Doppelfunktion als RE\694661DE.doc 3/4 PE396.143v01-00 DE Präsident und Oberbefehlshaber ausüben konnte, am 15. November 2007 ausläuft; 9. unterstützt die klaren Zielvorgaben in der Erklärung des Rates vom 8. November 2007, anhand derer die Rückkehr Pakistans zur Verfassungsordnung beurteilt werden sollte; fordert den Rat auf, die Verhängung gezielter Sanktionen gegen Präsident Musharraf und hohe Militär- und Regierungsbeamte, wie Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögen zu erwägen, wenn das Kriegsrecht und die PCO nicht so rasch wie möglich aufgehoben werden und Präsident Musharraf sein Amt als Oberbefehlshaber der Armee nicht niederlegt; 10. fordert die Kommission auf, die Aufstockung der Hilfe in den Bereichen Bildung, Verringerung von Armut, Gesundheit und humanitäre Hilfe zu erwägen, die durch säkulare NGO vergeben werden sollte, und gleichzeitig eine direkte Unterstützung zugunsten der Etats pakistanischer Behörden einzuschränken; 11. ist überzeugt, dass alle Versuche, die Medien zum Schweigen zu bringen, die Regierung nur weiter isolieren werden; fordert, dass alle Einschränkungen der Medienfreiheit gelockert werden und dass Gesetze, die die freie Berichterstattung über politische Ereignisse einschränken, zurückgezogen werden; 12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten und der Regierung Pakistans zu übermitteln. 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