Interview mit dem Direktor des Zentrums für Europäische Studien an

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Interview mit Prof. Dr. Enrique Banús
Direktor des Zentrums für Europäische Studien, Universität von Navarra
Kulturmanagement Network befragte den Direktor des Zentrums für Europäische
Studien der Universität von Navarra in Pamplona, Prof. Dr. Enrique Banús, nach der
Konzeption und den Inhalten des dortigen Vertiefungsstudiengangs "Kulturmanagement
- Gestión Cultural" innerhalb des geisteswissenschaftlichen Vollzeitstudiums
"Humanidades".
Die Fragen stellte Tanya Wittal-Düerkop, Korrespondentin von Kulturmanagement
Network, Brüssel
Weitere Informationen zur Universität von Navarra finden Sie unter: www.unav.es
Informationen zum Studiengang "Humanidades" und Vertiefung "Gestión Cultural"
finden Sie unter:
http://www.unav.es/humanidades
http://www.unav.es/humanidades/gcultural
Weitere Informationen zu Prof. Dr. Enrique Banús finden Sie unter:
http://www.unav.es/cee/ebanus
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Kulturmanagement Network:
Sehr geehrter Prof. Banus, Sie sind Direktor des Zentrums für Europäische Studien an
der Universität von Navarra, unterrichten "Weltliteratur" im Studiengang "Humanidades",
verfügen über eine beeindruckende Liste von Veröffentlichungen zu vielen Themen und
entwickelten vor gut 15 Jahren Ihr Konzept für einen Vertiefungsstudiengang
"Kulturmanagement - Gestión Cultural" an Ihrer Universität.
Wie kamen Sie auf die Idee, einen Studiengang "Kulturmanagement" an Ihrer
Hochschule zu implementieren?
Enrique Banús:
Vor ca. 12 Jahren war es wieder einmal so weit, dass in Spanien eine Hochschulreform
anstand. Und siehe da, es entstanden neue Studiengänge, einer davon mit dem
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faszinierenden Namen „Humanidades“. Und entgegen der spanischen
Hochschultradition, die ja für ganz feste Curricula ist, entpuppte er sich als das Reich
der großen Freiheit: wenige Inhalte waren festgelegt, die Studierende konnten vieles
sich selber „ zusammenbasteln“. Und den Unis stand die Möglichkeit offen, im
Hauptstudium die Freiheit zugunsten der sog. „itinerarios“ (wörtlich „Wege“ oder so)
einzuschränken. Kulturmanagement bot sich hier an, da in den letzten Jahrzehnten der
Kulturbereich in Spanien immens gewachsen ist und zunehmend auf die
Professionalisierung hin sich bewegt. Man hat begonnen zu verstehen, dass
Kultur“verwaltung“ wenig mit „Agrikultur-Verwaltung“ (oder sonst einer anderen
Verwaltung) zu tun hat, das hier mit besonders sensiblen „Gütern“ gearbeitet wird.
Sensible Spezialisten(als professionelle Berufsanfänger!!!): das möchten wir
heranbilden.
Kulturmanagement Network:
Sie entwickelten an Ihrem Institut das "Kulturmanagement" in Form eines
Vertiefungsstudiums im Hauptstudium.
Könnten Sie uns bitte von der Genese der Idee, vom Konzept Ihres Studienganges
erzählen und die Struktur Ihres Modells beschreiben?
Enrique Banús:
Es handelt sich wie gesagt um eines der möglichen Hauptstudien dieses sehr breit
angelegten Studienganges „Humanidades“, in dessen Grundstudium ein breit
gefächertes Fundament an Geistes- und Sozialwissenschaften vermittelt wird, aber auch
eine Einführung in Recht und Wirtschaft. Im Hauptstudium geht es um eine gesunde
Mischung von theoretischer Reflexion (Kulturanthropologie und –soziologie sowie
Kulturpolitik aber auch Kenntnisse in den einzelnen Kultursparten) und praktischen
Einsichten, die in der Erarbeitung eines Kulturprojekts gipfeln. Wir haben uns natürlich
immer gegen den Vorwurf zu wehren, es sei immer noch zu theoretisch, aber wir
möchten durch die Struktur des Studienganges einer Entwicklung Einhalt gebieten, vor
der wir große Angst haben: dem „Kultur-Technokraten“. Die Studierende sollen
sorgfältige Denker sein (und auch ein wenig Dichter, warum nicht?), die erst dann zu
Menschen der Tat werden, wenn sie sich über die Folgen ihres Handelns einigermaßen
im Klaren sind.
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Kulturmanagement Network:
Welchen Kunst- und Kulturbegriff vermitteln Sie in Ihrem Studiengang?
Wie empfinden Sie Kulturmarketingstrategien, die Kultur als ökonomisches "Produkt"?
Wie fliest eine "europäische Dimension" des Kulturmanagements mit ein?
Enrique Banús:
Es kann meiner Meinung nach nicht Aufgabe eines Studienganges sein, nur einen
Kunst- oder Kulturbegriff zu vermitteln, sondern er soll die Studierenden ja gerade mit
der Komplexität und Vielfalt von Kultur konfrontieren. Aus der Antwort zur vorigen
Frage geht, denke ich, schon hervor, dass die Verwendung des Begriffes „Produkt“ im
Zusammenhang mit Kultur nur mit höchster Vorsicht zu genießen ist. Sicherlich hat
Kultur eine ökonomische Dimension, aber vielleicht ist sie in den letzten Jahren –
sicherlich infolge einer Rechtfertigungsstrategie – zu sehr in den Vordergrund gerückt
worden. Es ist banal, aber es muss immer und immer wieder betont werden, dass die
Kultur vor allem kulturelle Folgen hat... und übrigens ist es gar nicht so klar, was dies
eigentlich bedeutet, was eine „Kultur-Gesellschaft“ von einer „kulturlosen“ Gesellschaft
(oder einer kulturarmen) Gesellschaft unterscheidet. Wohl bemerkt: „Kultur“ bedeutet
hier nicht nur Teilnahme an Veranstaltungen.
Die „europäische Dimension“? Ja, das ist gar nicht so einfach. Weil die (im übrigen recht
sparsamen) Kulturbezüge der Studierende weitestgehend national sind – wie allüberall.
Was kann man da machen? Immer wieder mit Beispielen aus anderen Kulturkreisen
operieren, nationale Vorurteile relativieren, zum Dialog erziehen.
Kulturmanagement Network:
Wie sind die Studienanteile Theorie, Methodik, Kulturpädagogik sowie allgemeine
Kenntnisse in den verschiedenen Kulturbereichen sowie Projekte, praktische
Erfahrungen, eigene Kulturproduktion gegeneinander gewertet?
Gibt es Projektsemester und verpflichtende Praktika?
Enrique Banús:
Einiges ist schon gesagt worden, und ich wäre jetzt kaum in der Lage, mich in
Prozenten auszudrücken. Die Kombination all dieser Elemente wird versucht,
wenngleich vielleicht etwa Kulturpädagogik kürzerer kommt als andere Bereiche. Eigene
Kulturproduktion spielt leider – auch aufgrund der universitären Tradition in Spanien –
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eine sehr geringe Rolle. Die Kenntnisse in den einzelnen Kulturbereichen sind unserer
Meinung nach äußerst wichtig: wir haben große Angst vor „Kulturmanagern“, für die
Kultur ein Fremderlebnis ist, das sie organisieren, verwalten und sogar fördern.
Persönliches Engagement scheint eine unabdingbare Voraussetzung für dieses Studium
und diesen Beruf: und dieser Satz klingt banal. Und so banal er klingt, so ist das
notgedrungen eines unserer „Steckenpferde“, denn nicht für alle ist das eine lebendige
Wirklichkeit. Es gibt – wie ich schon ausführte – ein Projekt im letzten Studienjahr,
erstellt in Gruppenarbeit; es gibt Praktika, die nicht verpflichtend sind, aber doch von
praktische allen Studierenden in den Sommermonaten absolviert werden. Wir haben
dafür Abkommen mit zahlreichen Kultureinrichtungen... und würden auch sehr gerne
Praktika im Ausland anbieten.
Kulturmanagement Network:
Entwickelte sich die Struktur des Studienangebotes auch aus einer Analyse der
spezifischen Markt- und Rahmenbedingungen in Spanien?
Enrique Banús:
Es wäre schön, wenn es so gewesen wäre. Es entwickelte sich aus einer Intuition der
spezifischen Bedingungen in Spanien, ja. Sehr viel Zeit und Mittel für eine profunde
Analyse hatten wir aber nicht. Die Situation haben wir mehr oder weniger „gewittert“, und
ganz falsch lagen wir nicht, wie es sich in all diesen Jahren in den vielen Kontakten und
Gesprächen mit Profis aus den verschiedenen Bereichen herausgestellt hat.
Kulturmanagement Network:
Existiert ein ähnliches Spannungsverhältnis zwischen öffentlich-rechtlichem und
privatem Kulturbetrieb in Spanien wie in Deutschland? Wie ist der Kulturbetrieb generell
organisiert?
Enrique Banús:
In Spanien herrscht allgemein ein „Starker-Staat-Gefühl“, der allmählich sich in der
Weise ausgeweitet hat, dass nun auch die „Autonomen Gemeinschaften“ (also die
Regionen) und die Gemeinden zum Kreis derer gehören, die „etwas für die Kultur tun
müssen“. Leider ist der Ruf nach der öffentlichen Hand noch sehr stark und nicht mit
dem privaten Sektor ausbalanciert, wenngleich man hinzufügen muss, dass
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mancherorts starke und traditionsreiche private Kultureinrichtungen bestehen. Diese
Situation führt auch dazu, dass das Sponsoring auch nicht sehr weit entwickelt ist.
Allerdings muss gesagt sein, dass sich im Kulturbereich in Spanien seit den achtziger
Jahren immens etwas verwandelt hat, vielleicht mehr im Bereich der Infrastrukturen (und
hier auch der Pracht- und Prestigebauten) denn im Bereich der Programmierung und der
Kulturgewohnheiten. Das beruht aber zu weiten Teilen auf dem Wirken der öffentlichen
Hand, inzwischen mit starker Prädominanz des regionalen und des kommunalen
Bereichs. Es sind natürlich auch zahlreiche Kulturunternehmen entstanden... die aber
weitgehend im Auftrag der Kommunen und der Regionen arbeiten.
Kulturmanagement Network:
In Deutschland suchen Kulturtheoretiker und Kulturwissenschaftler verzweifelt nach
einer "Theorie des Kulturmanagements", um eine eigenständige Lehre vom
Kulturmanagement zu rechtfertigen und auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen. Sind
Sie hier fündig geworden?
Enrique Banús:
Nein, noch nicht. Wie sollten wir auch, wo wir doch in diesem Bereich Neulinge sind? Es
gibt allerdings ausgezeichnete Kulturmanager, das ja, und oft haben sie viel über ihre
Arbeit nachgedacht. Wenn wir es schaffen könnten, dies zu systematisieren, wären wir
sich um einiges klüger. Ich träume davon, dass einige von ihnen irgendwann einmal zur
Universität zurückkehren und aus der Reife heraus Doktorarbeiten schreiben, die eine
Stütze auf diesem Weg sind.
Kulturmanagement Network:
Im Rahmen der vielgestaltigen Reflexionen über Sinn und Unsinn des
Kulturmanagements spricht man oft davon, Kulturmanagement habe sich auf den Teil
von Kultur zu beschränken, der die Beziehungen zum Rezipienten umfasst. Was meinen
Sie zu dieser Aussage?
Enrique Banús:
Trennungen und Scheidungen sind gewiss nötig, sie sollten aber dem Leben, in dem ja
alles recht kunterbunt zusammenwächst, nicht Gewalt antun. Diese Trennung scheint
mir recht gewaltsam zu sein.
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Kulturmanagement Network:
Könnten Sie bitte diesen Satz kommentieren: "Kulturmanagement dient der Kultur, ohne
selbst Kultur zu schaffen".
Enrique Banús:
Hinter diesem Satz wittere ich einen (im übrigen sehr weit verbreiteten) statischen
Begriff von Kultur. Ein Kulturmanager, eine Kulturmanagerin ist immer ein Vermittler
und, als solcher, in Prozessen verwickelt (besser gesagt: Hauptakteur in Prozessen), die
einen interpretatorischen Charakter haben. Interpretationen sind aber ein Teil der Kultur;
ein Vermittler ist aus diesem Grund auch immer ein „Kulturschaffender“.
Kulturmanagement Network:
Gibt es in den Ländern der Europäischen Union eine Tendenz zu einem "Europäischen
Kulturmanagement"?
Enrique Banús:
Ich weiß es nicht, bin kein Experte auf diesem Gebiet. Ich habe den Eindruck, dass es
einige Einrichtungen gibt, die Ausbildungswege in diesem Sinne anbieten und habe
auch den Eindruck, dass ein Teil der Studierende an manchen Mastern usw. aus
anderen europäischen Ländern kommen. Vielleicht ergibt sich das nach und nach. Die
Öffnung scheint mir heute schon ein Merkmal derer zu sein, die sich mit Kultur befassen.
Vielleicht sollte man sich hier nicht so sehr um das Institutionelle kümmern: der
europäische Raum als der „normale“ Wirkungsraum in der Kultur wird sich auch so Platz
machen, wenn man allüberall Kultur in diesem Geist der Offenheit und des Dialogs
vermittelt.
Kulturmanagement Network:
Sehr geehrter Herr Banús, erlauben Sie noch einige Fragen zu unserer InternetPlattform "Kulturmanagement Network":
Kennen und nutzen Sie das Kulturmanagement Network? Nutzen Sie auch andere,
internationale Branchendienstleistungsangebote im Internet für Ihre Arbeit?
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Enrique Banús:
Ja, natürlich, viele: manche gelegentlich, andere sehr oft.
Kulturmanagement Network:
Welche Informationen zum Kulturmanagement wären für Sie und Ihren Studiengang
besonders nützlich?
Enrique Banús:
Es klingt sicher blöd, aber alle Informationen sind nützlich und wichtig: wir arbeiten an
einer kleinen Universität, gelegen in einer Kleinstadt in der spanischen Provinz. Das sind
alles Elemente, die sehr große Vorteile, aber auch manch kleine Nachteile bieten. Einer
dieser Nachteile kann dadurch kompensiert werden, dass Internet da ist. Und wir sind
am Anfang: recht jung und unerfahren in diesem Metier. Noch sind wir nicht in der
Phase, Hochspezialisiertes zu verlangen.
Kulturmanagement Network:
Vielen Dank für das Gespräch!
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