Thema Direkte Demokratie Auszug aus dem DGB-Flyer zur Landtagswahl: Bürgerbegehren und –entscheide erweitern und erleichtern Baden-Württemberg ist durch eine Volksabstimmung am 9. Dezember 1951 entstanden. Heute trägt das Land in Sachen direkter Demokratie mit dem Saarland die rote Laterne. Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes mehr in politische Entscheidungen einbeziehen. Die Landesregierung blockt bisher alle Initiativen ab. Sie muss vor der Landtagswahl eindeutig erklären, ob und wie sie die viel zu hohen Hürden für Volksabstimmungen in der Landesverfassung (Art. 59 und 60) senken will. Dann können die Wählerinnen und Wähler sich entscheiden, welchen Politikstil sie bevorzugen. • Überfällig ist die Erleichterung von Bürgerentscheiden und Volksabstimmungen, wie sie das vom DGB unterstützte „Bündnis für mehr Demokratie in Baden-Württemberg“ seit langem fordert. • Für die Einleitung eines landesweiten Volksbegehrens soll die Unterstützung von fünf Prozent der Wahlberechtigten (knapp 400.000) genügen. Die Unterschriften müssen frei und in einem Zeitraum von sechs Monaten gesammelt werden dürfen. Bei der Volksabstimmung selbst sollte es kein Zustimmungsquorum geben. • Nötig ist eine Mediation bei Großprojekten schon im Planungsstadium. Auszug aus dem „SPD-Regierungsprogramm 2011-2016“: IX. Für ein demokratisches Baden-Württemberg – Das modernste Land braucht die modernste Demokratie Wir stehen für eine Gesellschaft, in der jede Bürgerin und jeder Bürger das Recht hat mitzureden und mitzuentscheiden, wenn es darum geht, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen. Und das nicht nur alle fünf Jahre. Wählen und Zusehen reicht den Menschen in Baden-Württemberg schon lange nicht mehr aus. Sie sind längst viel weiter als ihre Regierung – sie wissen, dass Demokratie kein Zuschauersport ist. Die Menschen hier im Land sind – quer durch alle politischen Lager – für mehr direkte Demokratie. Sie wollen sich unmittelbar und konkret politisch äußern und betätigen. Nicht um die repräsentative Demokratie zu ersetzen, sondern um sie zu stärken und zu bereichern. Doch in Baden-Württemberg sind die rechtlichen und bürokratischen Anforderungen zu hoch. Das werden wir ändern. 1. Im Dialog regieren Mit Nils Schmid als Ministerpräsidenten werden wir einen neuen politischen Stil in Baden-Württemberg verwirklichen. Die 100-Dialoge-Tour hat uns gezeigt, dass die Menschen vor Ort am besten wissen, welche Lösung für sie die richtige ist. Wir werden auch in der Regierungsverantwortung den Dialog mit den Menschen im Land fortsetzen. An diesem Anspruch werden wir uns messen lassen. Die Menschen wollen selbst darüber diskutieren und entscheiden, wie sie in Zukunft leben wollen. Nils Schmid wird als Ministerpräsident gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern an den richtigen Antworten auf die wichtigsten Herausforderungen arbeiten. Dazu werden wir die Menschen im Land zu Zukunftskonventen einladen, auf denen der Ministerpräsident mit den Bürgerinnen und Bürgern über grundlegende Zukunftsfragen unseres Landes diskutieren wird. 2. Mehr direkte Demokratie wagen Baden-Württemberg ist stolz auf seine Weltmarktführer. Doch in Sachen direkter Demokratie steht unser Land im nationalen Vergleich am Tabellenende. Wir sind uns mit den Bürgerinnen und Bürgern in Baden-Württemberg einig: Das modernste Land braucht auch die modernste Demokratie. Wir werden dafür sorgen, dass Baden-Württemberg zum Musterland direkter Demokratie wird. Volksinitiative, Volksbegehren und Volksabstimmung werden künftig ganz selbstverständlich zur demokratischen Kultur in BadenWürttemberg gehören. Wir werden dafür die Hürden für Volksbegehren und Volksabstimmungen auf ein realistisches Niveau senken. So werden wir die Zahl der notwendigen Unterschriften von 16,6 auf 5 Prozent der Stimmberechtigten reduzieren, die Eintragungsfrist von zwei Wochen auf sechs Monate verlängern und dafür sorgen, dass die Unterschriften auch frei, also etwa auf der Straße gesammelt werden können. Zudem werden wir den „Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens“ zu einer Volksinitiative aufwerten, sodass 10 000 Unterschriften in Zukunft ausreichen, um den Landtag mit einem Gegenstand der politischen Willensbildung zu befassen. Wir nehmen die Bürgerinnen und Bürger ernst. Ohne Entbürokratisierung wird es direkte Demokratie in Baden-Württemberg auch künftig nur auf dem Papier geben. Neben dem Volksbegehren werden wir auch den Weg zu Volksabstimmungen über zentrale politische Weichenstellungen öffnen. Auch sie sollen attraktiver, einfacher und bürgerfreundlicher gemacht werden. Wir werden das bisherige Quorum bei der Abstimmung über einfache Gesetze abschaffen. Entscheiden wird zukünftig die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Dadurch wird das Verfahren beschleunigt, Abstimmungsboykotte werden verhindert. Bei verfassungsändernden Gesetzen soll ebenfalls die einfache Mehrheit ausreichen, wenn diese zugleich auch ein Viertel der Stimmberechtigten umfasst. Um tatsächlich direkte Beteiligungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene zu ermöglichen, müssen die in Baden-Württemberg bestehenden Quoren für Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Städten und Gemeinden deutlich gesenkt werden. Künftig soll je nach Gemeindegröße für ein Bürgerbegehren Unterschriften von 3 Prozent bis 10 Prozent der Gemeindebürgerinnen und -bürger genügen. Bei einem Bürgerentscheid soll das Quorum bei mindestens 20 Prozent in Gemeinden bis zu 50 000 Einwohnern, bei mindestens 15 Prozent in Gemeinden bis zu 100 000 Einwohnern und bei mindestens 10 Prozent der Stimmberechtigten in Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern liegen. Auf kommunaler Ebene gilt es, partizipative Möglichkeiten bürgerschaftlicher Einflussnahme bereits im laufenden Prozess, gerade von großen Bauvorhaben, zu schaffen. Wir wollen mehr Demokratie machen und den Menschen in Baden-Württemberg mehr Möglichkeiten geben, sich zwischen den Wahlen zu beteiligen. Dazu wollen wir auch das älteste Bürgerbeteiligungsrecht, das Petitionsrecht, weiterentwickeln und zum modernsten Landespetitionsrecht in Deutschland machen. Wir wollen neben den klassischen Petitionsformen auch Online-Petitionen einführen. Dies ist der erste Schritt zur Öffentlichen Petition, die wir ebenfalls einrichten werden. Die öffentliche Petition kann von jeder Bürgerin und jedem Bürger unterstützt werden. Ab einer definierten Unterstützerzahl wird der Landtag diese Petition nicht nur im Petitionsausschuss, sondern auch in einer öffentlichen Anhörung mit dem Petenten beraten. Online-Petitionen, Öffentliche Petitionen und Petentenanhörungen zeigen, wo den Bürgerinnen und Bürgern der Schuh drückt und lassen ein einzelnes Bürgeranliegen auf dem direkten Weg in Politik münden. Petitionen sind aufgrund ihrer geringen Formvorschriften ein einfach nutzbares Instrument der direkten Demokratiebeteiligung. 3. Stuttgart 21 – Die Menschen sollen entscheiden Die Auseinandersetzung um Stuttgart 21 spaltet unser Land. Wir wollen diese Spaltung überwinden. Dazu schlagen wir vor, eine verbindliche landesweite Volksabstimmung über die Landesbeteiligung zu Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Stuttgart–Ulm durchzuführen. Schwarz-Gelb hat sich diesem Weg der Vernunft und Versöhnung verweigert und stattdessen versucht, das Projekt durchzuknüppeln. Doch Wasserwerfer und Schlagstöcke ersetzen keine Argumente. Am 30. September 2010 hat sich im Stuttgarter Schlosspark offenbart, wie tief der Graben zwischen Volk und Regierung in Baden-Württemberg heute ist. Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern BadenWürttembergs nach der Landtagswahl 2011 neues Vertrauen in unsere Demokratie geben und sie über die Fortführung oder den Ausstieg aus Stuttgart 21 entscheiden lassen. Die SPD Baden-Württemberg hat seit Jahren eine – intensiv diskutierte – Beschlusslage für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm. In unserer Partei gibt es unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema – als Volkspartei spiegeln wir auch in dieser Frage die Gesellschaft wider. Gerade deshalb kommt uns die Aufgabe zu, Brücken zu bauen. Denn kein Bauvorhaben, kein Infrastrukturprojekt ist es wert, dass unsere Gesellschaft ihren inneren Zusammenhalt verliert. Damit dies gelingt, müssen alle Argumente für und wider sowie die Kosten offen gelegt werden. Die Schlichtungsgespräche waren ein wichtiger erster Schritt. Ohne eine landesweite Volksabstimmung bleibt der Grundkonflikt jedoch ungelöst. Für uns ist klar: Das Votum der Bürgerinnen und Bürger ist bindend. Wir als Partei, aber auch Gegnerinnen und Gegner wie Befürworterinnen und Befürworter im ganzen Land werden dies respektieren. Bis zur Durchführung eines Volksentscheids und der Vorlage sämtlicher Ergebnisse des Stresstests sehen wir in einem Baustopp und einer Aussetzung der Vergabe durch die Deutsche Bahn die logische Konsequenz. Wir haben dazugelernt. Die Bürgerinnen und Bürger sollen in den entscheidenden Phasen an der Planung von Großprojekten teilhaben. In einer SPD-geführten Landesregierung werden wir Baden-Württemberg zum Vorreiter bürgernaher Planung und neuer Beteiligungswege machen. Auszug aus dem Landtagswahlprogramm der Grünen: 5 Bürgerrechte, Demokratie , Justiz Leitidee: Mehr direkte Demokratie wagen Die Stärkung der direkten Demokratie und der bürgerlichen Mitwirkungsrechte auf allen staatlichen Ebenen ist ein wesentlicher Bestandteil einer attraktiven und lebendigen Demokratie und ein Mittel gegen Staats-, Politik- und Parteienverdrossenheit. Auf allen Ebenen, insbesondere im Rahmen von „Stuttgart 21“, wird zurzeit deutlich, dass die Menschen mehr Mitwirkungsmöglichkeiten fordern. Schon die geringfügige Erleichterung kommunaler Bürgerbegehren, die 2005 beschlossen wurde, hat in Baden-Württemberg zu einem deutlichen Anstieg entsprechender Initiativen geführt. Nach wie vor scheitern jedoch viele Bürgerbegehren an bürokratischen Hürden. Auf Kreisebene sind Bürgerbegehren immer noch nicht möglich. Volksbegehren Die Stärkung der direkten Demokratie und der bürgerlichen Mitwirkungsrechte auf allen staatlichen Ebenen ist ein wesentlicher Bestandteil einer attraktiven und lebendigen Demokratie und ein Mittel gegen Staats-, Politik- und Parteienverdrossenheit. Auf allen Ebenen, insbesondere im Rahmen von „Stuttgart 21“, wird zurzeit deutlich, dass die Menschen mehr Mitwirkungsmöglichkeiten fordern. Schon die geringfügige Erleichterung kommunaler Bürgerbegehren, die 2005 beschlossen wurde, hat in Baden-Württemberg zu einem deutlichen Anstieg entsprechender Initiativen geführt. Nach wie vor scheitern jedoch viele Bürgerbegehren an bürokratischen Hürden. Auf Kreisebene sind Bürgerbegehren immer noch nicht möglich. Volksbegehren auf Landesebene sind zwar seit 1974 verfassungsrechtlich möglich, wurden jedoch mit so hohen Hürden versehen, dass es bisher keine einzige Initiative gab. Wir wollen die Möglichkeiten direkter Demokratie in den Kommunen stärken, indem wir den bislang geltenden Ausschlusskatalog abschaffen, insbesondere Bürgerbegehren zu Fragen der kommunalen Bauleitplanung ermöglichen sowie Fristen und Quoren an das bayerische Vorbild anpassen. Wir wollen Bürgerbegehren und -entscheide auf Landkreisebene. Volksbegehren und Volksentscheide auf Landesebene wollen wir erleichtern. Dabei geht es uns insbesondere um eine Verlängerung der Fristen, die Möglichkeit, Unterschriften auch außerhalb von Rathäusern sammeln zu können, das Quorum beim Volksbegehren abzusenken und nach bayerischem Vorbild bei der Abstimmung ganz abzuschaffen. Zusätzlich soll die Möglichkeit der Volksinitiative geschaffen werden, um den Landtag zur Beschäftigung mit politischen Anliegen aus der Bürgerschaft zu verpflichten. Wir wollen dafür sorgen, dass eine Volksinitiative und ein Volksentscheid zu „Stuttgart 21“ möglich werden. Die Mehrheit muss entscheiden! Auszug aus dem Koalitionsvertrag: Der Wechsel beginnt. Baden-Württemberg in guter Verfassung Wir wollen eine Gesellschaft, in der jede Bürgerin und jeder Burger die Möglichkeit und das Recht hat, auf allen Ebenen an Entscheidungen mitzuwirken. Politik auf Augenhöhe mit den Bürgern soll das Markenzeichen unserer Regierung und ein wirksames Instrument für eine attraktive und lebendige Demokratie werden. Diese neue Form des Regierens soll auch der in den vergangenen Jahren zugenommenen Staats-, Politik- und Parteienverdrossenheit entgegenwirken. Die Menschen mochten sich starker einbringen als alle paar Jahre bei Wahlen. Wir ziehen auch aus dem Konflikt um „Stuttgart 21“ Lehren. Wir werden alle Formen der Burgerbeteiligung ausbauen und damit die Zivilgesellschaft starken. Die Freiheit der Bürgerinnen und Burger zu schützen und ihre Gleichheit unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Religion zu gewährleisten, sind für uns unverzichtbare Grundorientierungen allen staatlichen Handelns. Mehr Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie machen Demokratie kann nur gelingen, wenn sich die Bürgerinnen und Burger aktiv in das gesellschaftliche und politische Leben auf allen Ebenen einbringen können. Neben der kommunalen Ebene gehören auch die Gestaltungsmöglichkeiten auf Landesebene unverzichtbar dazu. Wir werden die repräsentative parlamentarische Demokratie in stärkerem Maße durch Elemente der direkten Demokratie ergänzen und den Bürgerinnen und Bürgern neue Angebote unterbreiten. Wir werden die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Volksinitiative auf Landesebene schaffen: Mit der Unterstutzung von mindestens 10.000 Bürgerinnen und Bürgern soll dem Landtag aufgetragen werden können, sich mit einem „Gegenstand der politischen Willensbildung“ zu befassen. Im Weiteren sollen die Hurden beim Volksbegehren deutlich abgebaut werden. Wir werden das Unterschriftenquorum absenken, die Eintragungsfrist verlängern und die Sammlung von Unterschriften auch außerhalb von Rathäusern zulassen. Bei Volksabstimmungen über die Änderung von Gesetzen soll das Zustimmungsquorum entfallen und bei der Änderung der Landesverfassung soll es abgesenkt werden. Ergänzend wollen wir das Petitionsrecht weiterentwickeln und neben den klassischen Petitionsformen die Online-Petition bürgerfreundlich ausgestalten. Die Stärkung der Mitwirkung und Teilhabe der Menschen soll ein Wesensmerkmal der neuen politischen Kultur in Baden-Württemberg werden. Diesem Anspruch müssen auch die Ministerien der Landesverwaltung Rechnung tragen. Eine neue Planungs- und Beteiligungskultur schaffen Eine moderne Demokratie bleibt nicht bei plebiszitären Ergänzungen stehen, sondern verlangt neue Wege der Beteiligung und des Dialogs. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Burger bei bedeutsamen Infrastrukturvorhaben frühzeitig einbezogen werden, ohne dadurch Entscheidungsprozesse zu verlangsamen. Ziel ist es, den Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen anzustreben und die Umsetzung, Ausgestaltung und Akzeptanz der Projekte positiv zu beeinflussen. Wir wollen die Burgerbeteiligung in allen relevanten Bereichen fest verankern und dafür einen neuen regulatorischen und institutionellen Rahmen schaffen. Dabei werden wir zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern, den Kommunen und Planungsbehörden die Beteiligungsformen kontinuierlich weiter entwickeln. Die rechtlichen Rahmenbedingungen lassen schon heute Raum für eine intensivere Mitwirkung der Öffentlichkeit. Diesen wollen wir nutzen, um in einem ersten Schritt einen Leitfaden für eine neue Planungs- und Beteiligungskultur zu erarbeiten. Dieser soll Grundsatze enthalten und Methoden vorschlagen, die dem Anspruch der Bürgerinnen und Burger auf Information und Mitgestaltung gerecht werden. Öffentliche Träger sollen sich diesen Leitfaden zu Eigen machen. Ziel ist es, dass auch private Vorhabenträger diesen Weg gehen. Zusätzlich werden wir prüfen, wie darüber hinaus das Landes- und Bundesrecht geändert werden muss, damit erweiterte Beteiligungsverfahren im Planungsrecht ihren festen Platz finden.