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Können wir überleben?
Ein Modell für eine kontrollierte Zukunft
Die Menschheit, die menschliche Gattung, scheint ihr Ende zu erreichen. Wir
stehen mitten in einer Ökokatastrophe, im Auge des Sturms. Kein
Naturwissenschafter oder ernsthafter Zukunftsforscher glaubt, dass wir dreissig
oder höchstens hundert Jahre noch zu leben haben. Vom fanatischen Business
geheuerte Forscher spucken ihre Finanzzahlen aus und widersprechen den
Aussagen wirklicher Wissenschafter. Die menschliche Sprache macht es
möglich, noch die verdrehtesten Behauptungen aufzustellen: Dass die Sonne im
Westen auf- und im Osten untergehe.
So viele ernsthafte Warnungen gibt es; von einzelnen Biologen,
Demographen, Philosophen und Denkern sind schreckliche Warnungen an die
Öffentlichkeit ergangen; hundert Nobelpreisträger haben eine Erklärung
unterschrieben, worin das sofortige Ende des Wirtschaftswachstums gefordert
wird.
Der schlimmste aller gegenwärtigen Trends ist natürlich das massenhafte
Aussterben von Organismen, das nun schon seit Jahrzehnten anhält und im
Ausmass noch zunimmt.
Während Weltuntergangs-Omen alte Neuigkeiten sind, wie man sagen kann,
beruhen sie im gegenwärtigen Jahrhundert auf etwas anderem als auf Intuition
oder Offenbarung: Moderne Voraussagen beruhen auf wissenschaftlichen
Grundlagen, auf Zahlen und Diagrammen. Diese Art von Neuigkeiten ist nicht
viel älter als hundert Jahre.
Der Punkt ist aber, dass weder die Menschheit noch die Nationen – ich
beziehe mich hier auf Finnland – irgendwie auf diese Informationen reagieren.
In den Medien erstickt die Meldung des drohenden Weltendes unter tausend
andern Meldungen andern Inhalts. Obwohl die Nachricht über den sukzessiven
Niedergang des Lebens wirklich die einzig wichtige Nachricht ist, der alle
menschlichen Anliegen untergeordnet sein müssten, findet man sie nie in der
Schlagzeile.
Die marktschreierischsten Titel und der grösste Teil der Zeitungsspalten sind
für unglaublich uninteressanten Unsinn reserviert: für Diana, Clinton, Sundqvist,
Vennamo usw. Politiker und Wirtschaftsführer sprechen und handeln, als gäbe
es keine Lebensbedrohung. Wer sich darüber im klaren ist, was gegenwärtig vor
sich geht, wüsste nicht, ob er das Verhalten eines Ministers, Präsidenten oder
Generalmanagers mit demjenigen einer launenhaften Person oder demjenigen
eines ignoranten Kindes vergleichen soll. Wenn gewöhnliche Bürger wegen der
gegenwärtig zunehmenden Lebensbedrohung befragt werden, so beginnen sie
verwirrt zu stottern. Alle Anzeichen eines kollektiven Selbstmords sind in
unserer Gesellschaft spürbar.
Der Ökokatastrophen, welche Land Wasser und Luft bedrohen, sind viele; sie
sind schon im Gang und verstärken sich gegenseitig. Ich will hier nur ein
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Beispiel herausgreifen, den Klimawandel, ein Phänomen, das sich vor unsern
Augen abspielt, ja sogar schneller als vorausgesagt.
Um es kurz zu machen, der Klimaerwärmung wird die Überschwemmung
weiter, fruchtbarer Küstenzonen durch das Meer folgen, vor allem aber wegen
der Trockenheit die Vernichtung der wichtigsten Kulturzonen auf der ganzen
Welt. In Finnland, allgemein im Norden, werden die Ernteerträge infolge der
Erwärmung trotz geringerer Sonneneinstrahlung wachsen, allerdings weder
mechanisch noch von Hand einzubringen sein, da die Niederschläge massiv
zunehmen werden. Gemäss verschiedenen Szenarien wird der Golfstrom seinen
Lauf verändern, sodass Finnland zusammen mit den angrenzenden Regionen
wieder zur Tundra wird. Andere als diese zwei Möglichkeiten scheint es nicht
zu geben.
Die Regierungen scheinen zu erwachen und die Wirklichkeit des
Klimawandels wahrzunehmen; was daraus folgte, waren die Shows der
Klimakonferenzen von Kyoto und Rio. Trotz allem zynischen Dergleichentun,
den Feilschereien und Schwindeleien haben Klimaforscher und Ökologen
ausgerechnet, dass, um den Klimawandel zu stoppen, es nötig wäre, die
Emissionen auf 10 Prozent zu kürzen. Andere Vorschläge zur Verhinderung
verschiedenen Ökokatastrophen ergeben ähnliche Ergebnisse. Folglich müsste
der allgemeine Konsum in den Industriestaaten um über 90 Prozent verringert
werden.
All diese Programme, Szenarien und Prozente sind so zurechtgemacht, dass
sie nicht das wichtigste Anliegen in Erinnerung rufen, nämlich, der
Artenvernichtung ein Ende zu setzen, indem die menschliche Gattung
gezwungen würde, sich aus der herrschenden Position zurückzuziehen, die sie
sich angeeignet hat. Dieser Schritt bedeutete die Rückkehr zur sogenannten
natürlichen Auslöschungsrate, die etwa eintausendfach (genau kann ich das
nicht beziffern) geringer als die gegenwärtige ist. Zweifellos müsste auch die
Weltbevölkerung auf 10 Prozent der heutigen reduziert werden.
In meinen folgenden Leitlinien beschränke ich mich auf ein weniger
ehrgeiziges Programm, das nur die Erhaltung der Menschheit und einiger
zugesellter Arten zum Ziel hat. Ich will zudem kurz skizzieren, was für
gesellschaftliche Veränderungen unbedingt erforderlich wären, um den
Klimawandel zu stoppen.
Möglich, dass selbst diese eingeschränkte Zielsetzung eine Erleichterung der
unerträglichen Bürde der menschlichen Bevölkerung erforderte, vielleicht nicht
auf 10 Prozent der gegenwärtigen Weltbevölkerungszahl, sondern nur um zwei
Milliarden Menschen. Das ergäbe einen Zustand, der etwa demjenigen vor
einem halben Jahrhundert entspräche, als das grosse Welt-Ökosystem zu
schwanken und einzubrechen begann. Man könnte vernünftigerweise
postulieren, dass der Erdball eine demographische Belastung dieses Ausmasses
aushalten könnte, vorausgesetzt, dass das Niveau des materiellen Konsums nicht
auf dem heutigen Niveau läge.
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Im Folgenden will ich ein sogar noch bescheideneres Ziel verfolgen: das Bild
eines harmlosen Versuches zeichnen, das zur Bevölkerungsreduktion
ausschliesslich auf Geburtenkontrolle zurückgriffe. Das wäre eine sehr humane
Politik, und genau aus diesem Grunde eine viel zu weiche. Wie auch immer,
eine radikale Kehre unter der Herrschaft der Vernunft, weit weg vom Holzweg
der westlichen Kultur, ist erfordert.
Ich schlage hier vorerst einige praktische Lösungen vor, um erst am Ende
philosophische und psychologische Fragen behandeln.
Ein Bevölkerungsplan
Der Eckstein jeder Bevölkerungspolitik ist die Abschaffung der Freiheit,
Kinder auf die Welt zu stellen, der sinnlosesten Form individueller Freiheit.
Eigenartigerweise wird diese Politik soweit nur im Land mit der ältesten Kultur
auf der Welt, in China, durchgeführt.
Die Zeugung sollte einer Erlaubnis unterliegen; im Durchschnitt sollte jede
Frau einem Kind das Leben geben dürfen. Diese Politik sollte mehrere
Generationen hindurch eingehalten werden, bis eine tragfähige
Bevölkerungszahl erreicht ist. Diese Bevölkerungspolitik müsste gleichzeitig die
Qualität der Bevölkerung vor Augen haben: Die Erlaubnis, zu zeugen, würde
Menschen verweigert, welche genetisch belastet oder unfähig sind, Kinder
aufzuziehen, andrerseits erhielten mehrfache Zeugungserlaubnis bevorzugt
Familien, welche ihren Kindern eine anregende Umgebung bieten können.
Verschiedene empfängnisverhütende Mittel und Abtreibung würden überall
gratis und frei zugänglich.
Die in der heutigen Gesellschaft grassierende Fettsucht bekämpfte man durch
Kontrolle, Regulierung und Verminderung der Ernährung und durch Hormonund Vitaminkontrolle. Man könnte eine Herabsetzung der durchschnittlichen
Körpergrösse um 20 Zentimeter ins Auge fassen, was sich natürlich auch auf das
Durchschnittsgewicht auswirkte, das 20 Kg geringer sein könnte. Das wäre ein
wichtiger Schritt, überdies ein sehr menschlicher, um die ökologisch-biologische
Last des Menschen auf der Biosphäre zu verringern.
Energie
Erdöl, auch Torf würde schon am ersten Tag der Einführung des Programms
abgeschafft. Auch die Produktion und Verteilung von Elektrizität, deren Einsatz
möglicherweise als das grösste Unglück in der Menschheitsgeschichte betrachtet
werden muss – wird weitgehend eingestellt. Elektrizität kann weiterhin als
Energiequelle für die Medien und die Raumbeleuchtung – unter Einhaltung
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strikter Quoten – genutzt werden. Strassenlaternen und Aussenscheinwerfer gibt
es aber nicht mehr. Haushalte und Produktion werden auf Handarbeit umstellen
müssen.
Feuerholz wird zur Heizung gebraucht und knapp zugemessen. Die Herde
wird man so wirkungsvoll wie möglich machen. Innerhalb der Mauern sollen v.
a. die Kleider, nicht so sehr warme Luft, die menschlichen Körper erwärmen.
Die notwendige Elektrizität wird man mit Windkraft erzeugen, ohne zu
vergessen, dass der Bau von Windkraftanlagen, die Zuleitungen der Elektrizität
und die lokale Verteilung für die Umwelt eine beträchtliche Belastung
darstellen.
Die andern Elektrizitätswerke werden abgebaut. Die schlimmsten
stromerzeugenden Anlagen, die Dämme, wird man zuerst entfernen. In der Tat
hat die Wasserkraft die dritte grosse Ökokatastrophe neben der Flurbereinigung
und der Forstwirtschaft verursacht. Die neue Politik wird unsern Gewässern
ihren natürlichen Lauf zurückgeben.
Die Bindung des Kohlendioxyds
Die einzige Methode, um den gewaltigen Überschuss an Kohlenstoff, der in
die Atmosphäre bis heute entlassen worden ist, wieder zu binden, ist die
Vegetation; zuerst Bäume, dann Büsche. In Finnland beträgt das Volumen des
lebendigen Holzes einer Hektare Wald 70 Kubikmeter. Das könnte auf 400
Kubikmeter erhöht werden, etwa der natürliche Holzvorrat dichten Waldes. Viel
Kohlenstoff ist auch im Totholz, je weiter nördlich, desto mehr. Nicht alles
Totholz wird unter CO2-Abgabe veratmet; ein Teil wird Torf, Braunkohle. Es
braucht etwa 100 Jahre, um die angestrebten 400 Kubikmetern zu erreichen. Bis
dann wird man die Forstwirtschaft längst abgebaut haben. Derweilen wird die
Papierproduktion weitergehen, um Bulletins, Anzeigen und Literatur drucken zu
können (die es braucht, um die Gesellschaft aufrechtzuerhalten). Papier wird
aber strikt reguliertes Massengut werden; kaum mehr als 2 % der heutigen
Produktion werden bestehen bleiben.
Ein beträchtliches Hindernis für die beabsichtigte Kohlenstoffabsorption
durch die Bindung in (Lebend-) Holz ist die beschriebene (kontrollierte)
Holzfeuerung. Brennholz soll von schnellwachsenden, laubabwerfenden
Bäumen in besonders ausgeschiedenen Zonen gewonnen werden. Für lange Zeit
werden wir vom Abfallholz der Selbstmordgesellschaft leben können.
Waldbrände werden ohne Benutzung von Forststrassen von speziell
trainierten Einsatzgruppen bekämpft.
Es wird auch notwendig sein, die waldbestockte Fläche des Landes zu
erhöhen. Alle Ödländereien, Böschungen und Brachländereien werden
aufgeforstet. Dies soll in verschiedenen Phasen mit verschiedenen Methoden
geschehen.
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Wiederaufforstung grosser Teile des Landes wird einer der bemerkenswertes
Schritte sein. Das wird möglich werden, da die Ernährung mit Getreide durch
eine Ernährung ersetzt wird, die zumeist aus tierischen Eiweissen besteht. Dazu
sollen die Inland und Küstengewässer als eine Ressource dienen, welche von der
Selbstmordgesellschaft weitgehend unternutzt wird. Ein jährliches Surplus kann
von allen Arten Fisch genommen werden, auch von Fischarten, welche aus
Vorurteil und Volkslaune Weissfische genannt werden, die aber ebenso gut zur
Ernährung dienen. Der Fischfang kann nachhaltig hundertfach erhöht werden, so
dass es möglich wird, einen Drittel oder sogar die Hälfte der Nahrung aus
Körnern und andern Ackerfrüchten durch erstklassiges tierisches Eiweiss zu
ersetzen. Entsprechend wird Land aufgeforstet und Kohlenstoff gebunden
werden können.
Jagd kann auch effizienter gemacht werden, wenn sie auch weniger als die
Fischerei erbringt. Auf die Liste nutzbaren Wildes wird man auch Kleinsäuger
und sich schnell vermehrende Nagetiere , eventuell auch wirbellose, setzen. Mit
spezieller Forschung wird man dafür sorgen, Nahrungsketten intakt und bei
Funktion zu halten, in die man jagend und fischend eingreift.
Landwirtschaft
Die Landwirtschaft wird in kleinen Einheiten organisiert, die Maschinen
werden abgeschafft und ein grösserer Teil der Bevölkerung wird zu leichter
landwirtschaftlicher Arbeit angehalten. Sobald die Transportmöglichkeiten
eingeschränkt werden, wird sich die Bevölkerung wieder verteilen, da sie näher
zu den Rohmaterialien und Überlebens-Ressourcen gelangen muss:
Landwirtschaft, Fischerei und Sammelgründe. Nahezu jedermann hat
wenigstens einen kleinen Garten mit Gemüse, mit Früchten und Beeren (im
Süden). Ein Netz von Beratern wird zur Verfügung stehen, um eine genügend
grosse Ernte zu garantieren. Die Areale der Depots, nunmehr ohne
Maschinenpark, und die landwirtschaftlichen Strassen werden nun zur
landwirtschaftlichen Nutzfläche geschlagen oder aufgeforstet. Eine halbe
Million Pferde wird eingeführt werden müssen, um auf den Bauernhöfen die
schwere Arbeit zu verrichten – auch wenn dafür viele Hektaren
landwirtschaftliche Nutzfläche für die Futterproduktion reserviert werden
müssen. Die Einsammlung, die Abfuhr und die Anwendung menschlichen und
tierischen Dunges wird auf lokaler Basis organisiert. Gewächshäuser wird man,
wenn überhaupt, nur mit Sonnenenergie nutzen, also während der warmen
Saison. Frisches Gemüse, Früchte und Beeren wird es in unverarbeitetem
Zustand nur während der natürlichen Saison geben. In jedem Haushalt wird man
Nahrungsmittel durch Trockenen, Säuern und Salzen konservieren. Waldbeeren
und Pilze sind von grossem Ernährungswert, denn sie haben Vitamine und
Minerale. Die Moltenbeere ist sicher die geeignetste von allen Beeren und hält
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sich als Purée Jahre lang. In guten Beerenjahren können Hunderte von Millionen
Kilos dieser Beere gesammelt und für viele Jahre hinaus gelagert werden. Das
gilt auch für Pilze.
Finnland wird in seiner Nahrungsproduktion mehr als selbstversorgend sein;
eine gewisses Quantum von Nahrungsmitteln kann sogar für den Export
vorgesehen werden. Die Forschung in die Pflanzenkultur, wie auch diejenige in
der Bewirtschaftung von Fisch- und Waidgründen, wird grosszügig unterstützt
werden, um Sorten zu züchten, welche den Schimmelpilzen widerstehen.
Verkehr
Die Bedingungen des Verkehr werden sich radikal wandeln. Hauptregel wird
sein, dass die Menschen in der Gegend, in der sie geboren worden sind, in ihrer
Heimat leben. Es wird Dienste geben, die man zu Fuss, mit Ski, Velo, Ruderoder Paddelboot erreichen kann. Öffentliche Transportmittel auf Strasse und
Wasser stehen für weite Reisen zur Verfügung. Das alte System von
Gästehäusern wird wieder auferstehen.
Privater Auto- und Motorbootverkehr hört auf. Der einzige Strassenverkehr
wird derjenige von öffentlichen Transportmitteln und eine kleine Anzahl von
Autos sein, die zum Gütertransport eingesetzt sind. Der meiste Schwerverkehr
läuft über Schienen und Wasser.
Da nach Metall-, Plastik- und Gummi-Altwaren in Zukunft kaum Nachfrage
besteht, werden die meisten Autos, Haushaltgeräte und der übrige Abfall aus
Plastik und Metall in solide Blöcke geschweisst und in aufgegebenen
Minenschächten abgelagert. Der grösste Teil des Strassennetzes wird geräumt
und wieder aufgeforstet, wobei man mit den Forst- und Touristenstrassen
beginnen könnte.
Auslandbeziehungen
Nachdem
alle
Handelsvereinbarungen
widerrufen
und
alle
Handelsgemeinschaften aufgegeben worden sind, wird der Auslandhandel auf
ein Minimum zurückgehen. Was am meisten importiert werden wird, sind
Metalle, die in unserm Land nicht zu finden sind, und Salz, denn der Bedarf an
Salz wird zum Zweck der Nahrungsmittelkonservierung stark zunehmen. Nach
einigen Jahrzehnten, wenn die Eisenbahnen und Busse trotz Wartung und
Reparatur ausgedient haben werden, wird man auch Ersatzausrüstung aus dem
Ausland beziehen müssen, da man sie im Inland nicht herstellen kann.
Handwerksprodukte, Holzartikel und Lebensmittel wie Fisch und Beeren
werden die Austauschgüter sein. Der Massentourismus wird aufhören, dafür
wird man in seiner Heimatgegend Wandertouren machen. Nur
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Berufskorrespondenten, offizielle Handelsvertreter und Individuen und
Delegationen im Kulturaustausch werden ins Ausland reisen. In grossen
Intervallen werden Schiffe kursieren, um Menschen und Post zu transportieren.
Der meiste Transport wird über offene Gewässer erfolgen. Die Schiffe werden
Segelschiffe sein; man wird nicht gegen den Wind segeln.
Wanderer zu Fuss und auf Velos aus dem Ausland werden ein Visum haben
müssen. Wahrscheinlich werden sie sich selbst beköstigen müssen und in den
Ländern arbeiten, die sie besuchen. Die Zöllner werden ihre Rucksäcke und
Koffern inspizieren.
Aller Luftverkehr wird aufhören. Das Fluggerät und alles zum Fliegen
Notwendige wird verschrottet, die Flugpisten werden aufgeforstet. Die meisten
Schiffe, Eisbrecher und Hafenanlagen der Küste werden abgebaut, ausser was
für den Binnenverkehr gebraucht wird. Man wird einige Eisbrecher für Notfälle
übriglassen.
Industrie und Erzeugnisse
Die industrielle Produktion wird bewilligungspflichtig werden: Kein Produkt
wird hergestellt, bis nicht die Nachfrage eines Käufers nachgewiesen ist. In allen
Fällen wird das ökologische Gleichgewicht das zentrale Kriterium sein, um
abzuklären, ob eine Erlaubnis zur industriellen Fertigung gegeben werden kann.
Die meisten kommerziellen Unternehmen werden auslaufen. Nur einige
wenige grosse Firmen werden weiterbestehen, z. B. diejenigen, die mit der
Produktion von Ausrüstungsgegenständen für den öffentlichen Transport und
denjenigen von Fahrrädern und Papier beschäftigt sind. Diese Industrien werden
in staatlicher Hand sein. Mit kleinen Produktionseinheiten wird man den
Transport über lange Distanzen vermeiden können: viele Menschen werden in
lokalen Produktionsstätten arbeiten.
Man wird nur stabile, gutgebaute Produkte herstellen, die mehrere
Generationen halten. Pflege und Unterhalt von Geräten wird ein zentrales
Anliegen der Gesellschaft sein; das absichtliche Wegwerfen noch brauchbarer
Gegenstände wird bestraft.
Bau
Man wird aufhören, neue Gebäude zu bauen. Wenn dann die Leute die
elektrischen Haushaltgeräte und überschüssigen Wohnungseinrichtungen
aufgegeben haben, wird es mehr Wohnraum zum Bewohnen geben. Die Anzahl
dauernd unbewohnter Häuser in ländlichen Regionen wird den Bedarf der
Bevölkerung decken, vorausgesetzt, dass da und dort einige Reparaturen
durchgeführt werden. Die meisten Gebäude der Vorstädte wird man demolieren,
die Parkhäuser, Strassen und Grossbauten auflassen und die Flächen aufforsten.
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Eine gewisse Anzahl öffentlicher Gebäude wird man als Schulen,
Versammlungsräume und für Kulturveranstaltungen weiterbenutzen. Kleine
Versammlungen können in Privathäusern stattfinden. Sport macht man draussen
und je nach Saison.
Hotelkomplexe wird man beseitigen und dafür Zeltplätze in der Wildnis
schaffen. Alles was von beseitigten Gebäuden aus Holz ist wird man
wiederverwenden, auch zum Heizen gebrauchen. Dazu benötigt man
Lagerräume, damit das Holz nicht durch Pilze verdirbt.
Erziehung
Das Schulsystem wird man als wertvollste gesellschaftliche Einrichtung
hochschätzen. Fremdsprachen werden vom Lehrplan gestrichen; ihr Unterreicht
wird Spezialschulen für auswärtige Angelegenheiten vorbehalten. Auch der
Mathematikunterricht wird eingeschränkt. Hauptgewicht wird man auf eine
Allgemeinbildung legen (Naturwissenschaften, Geschichte, Finnisch, Sport,
Künste und, ganz besonders, staatsbürgerliche Kenntnisse (dies auch für
Erwachsene) Das Jahr hindurch gibt es Schullager in der Wildnis.
Die staatsbürgerliche Bildung umfasst die Verantwortlichkeit für seine
Nachbarn, gegenüber der Natur und der Menschheit; dann gesellschaftliches
Verhalten, Sozialkompetenz und praktische Fähigkeiten, wie: einfache
Werkzeuge flicken, mit ihnen umgehen, so z. B. wie einen Axtschaft herstellen,
Sägen feilen, einen Fisch ausnehmen oder ein Tier häuten. Die Verwertung von
Nahrungsmitteln wird peinlich genau vermittelt; jedermann lernt, wie einen
Fisch entgräten und die Zähne bei der Zerlegung von Wild so zu gebrauchen,
dass weder Innereien, noch Fett und Knochenmark vergeudet werden.
Gleich von Beginn weg wird in den Schulen jeder Wettbewerb in der
Gesellschaft ausgerottet.
Universitäten werden aufrechterhalten, wie teuer sie auch sind. Doch werden
die Investitionen in Gebäude und Ausstattung gering sein, da die Ausrichtung
der Universitäten geistig sein wird. Grundlagenforschung wird die
Humanwissenschaften, Philosophie und Naturwissenschaften umfassen. Die
teuersten Bereiche von Wissenschaft und Forschung mit teurer Einrichtungen
werden beseitigt. Die angewandten Wissenschaften werden sich auf die
Forschung und Verfeinerung der neuen Wirtschaft (Entwicklung von
Softtechnologie, Gebäudereparatur, Produktion und Haltbarmachung von
Nahrungsmitteln) konzentrieren. Die Handelswissenschaften haben in einer
Gesellschaft keinen Sinn mehr, in der Materialismus und Handel auf ein
Minimum reduziert sind.
Während Kunst und Musik weit herum ausgeübt und gelehrt werden, wird
man aufwendig und gross konzipierte Kunstgebäude und Einrichtungen
abschaffen. In der Literatur wird das Erziehungsministerium die Druckerlaubnis
für fiktive und nichtfiktive Werke hoher Qualität erteilen. Aller Schund wird
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verbannt. Die erhaltenen Bibliotheken und Buchhandlungen wird man sorgfältig
weiterpflegen. Nachmittags-Zeitungen und Billig-Literatur gibt es nicht mehr.
Die Seitenzahl der Zeitungen wird verringert, da es keine Werbung mehr gibt;
Anzeigen bestehen nur noch aus Text, auch Doppelspurigkeiten werden
verhindert. Neuigkeiten, Ereignisse und Tendenzen wird man gründlich prüfen.
In der Schule wie in der ganzen Gesellschaft wird das Urteil über die
Technologie gefällt sein. Die Selbstmordgesellschaft hat uns gelehrt, dass jede
neue Phase des technologischen Fortschrittes zerstörerischer als die
vorangegangene war. Sie hat uns auch gelehrt, dass Technologie nie Dienerin,
sondern immer nur Despotin war. Getestete Lösungen wird man für Jahrzehnte,
besser Jahrhunderte unverändert bewahren. Entdeckungen, die sich nicht auf
Reparatur oder Erhaltung bestehender Technik beziehen, werden nicht erlaubt.
Gesetz und Ordnung
All die Leute, die heute für das gegenwärtige Wirtschaftswachstum und den
Wettbewerb verantwortlich sind, werden ins Gebirge verfrachtet und
umerzogen. Zu diesem Zweck wird man ehemalige Sanatorien in
föhrenbestandenen Felslandschaften wieder in Betrieb nehmen.
Die Kader für die Funktionen von Umerziehung und Polizei werden
sorgfältig auf ihre Aufgabe vorbereitet, so dass sie den neuen gesellschaftlichen
Kurs gut verstehen und vollständig zielgerichtet handeln. Es gibt im Land genug
Menschen, die dafür geeignet sind und sowohl in Uniform, als auch in Zivil ihre
Aufgabe erfüllen können.
Eigentumskriminalität wird streng bestraft. Die Gerichtsurteile werden
allgemein härter.
Aus
wirtschaftlicher
Perspektive
wird
die
Gesellschaft
die
Gesundheitsschäden und gesellschaftlichen negativen Auswirkungen des
Drogenkonsums nicht dulden können. Sie wird deshalb den Konsum von
Drogen, inklusive Tabak, verbieten. Durch die Preisgestaltung wird man den
Konsum von Alkohol auf die grossen Festivitäten eingeschränkt. Die Kontrolle
der Bevölkerung wird gut genug sein, um jede private Alkoholdestillation
aufzudecken. Die Grenzen sind geschlossen, so dass kein Schmuggel stattfindet.
Subsistenz-Wirtschaft
Die Regeln einer Wirtschaft des existenziellen Minimums werden die ganze
Gesellschaft durchdringen. Die meisten Waren sind rationiert. Die
Nahrungsmittel sind rationiert und werden nach Alter, Körperbau und Beruf
jedem Bürger zugeteilt. So werden selbst riesenhafte Helden der Arbeit
garantiert zu ihrer Portion kommen; Fettleibigkeit wird es hingegen nicht mehr
geben. Auf der andern Seite sind häuslicher Eigenanbau und eigene
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Sammeltätigkeit nicht reglementiert. Man wird Massnahmen ergreifen, Verluste
beim Transport, Lagerung, Verteilung und Verzehr der Lebensmittel zu
vermeiden. Nicht eine Brotkruste wird vergeudet.
Die Hysterie bezüglich Hygiene und Frische, die eine solche
Verschleuderung von Mitteln und einen solchen Handelsverkehr erzeugt, hat
endlich ein Ende. Von Kindheit auf wird man darauf schauen, dass die
Menschen gegen die meisten Bakterienstämme eine Immunität entwickeln (dies
insbesondere gegen die Salmonellen). Überhaupt wird man in Belangen der
Medizin Pasteurs Pfad verlassen und die Praxis mehr auf Darwins Lehren
ausrichten.
Geld
Geldbewegungen, die nicht unmittelbar auf materielle Güter und Leistungen
ausgerichtet sind, werden aufhören. Die Börsen schliessen. Zahlungen erfolgen
von Angesicht zu Angesicht; die automatischen Geldüberweisungen sieht man
nur noch im Museum.
Informationstechnologie
Wenn das menschliche Leben und die Gesellschaft einmal von ihrer
entsetzlichen Odyssee zurückgekehrt ist, von der virtuellen zur konkreten,
materiellen Wirklichkeit, werden wir gut daran tun, die ganze
Informationstechnologie in den Mülleimer der Geschichte zu tun. Es könnte
aber eintreten, dass doch die bestehende Blase platzt und auf dem Boden des
Mülleimers nichts mehr übrig bleibt.
Ein Leser, der in der bestehenden absurden modernen Scheinwelt ganz
zufrieden ist, könnte meinen, dass die hier gemachten Vorschläge eine Art von
Humor, von schwarzem Humor, darstellen. Das ist kein völlig absurder
Gedanke, denn wie wir wissen, entsteht der Humor aus höchster Not.
Das Programm, das ich hier skizziere, ist wirklich aus dem Todeskampf
entstanden: aus dem Kampf ums das Leben, aus Furcht vor dem kollektiven
Tod, vor der Auslöschung.. Diese meine Furcht mündet indessen nicht in
schwarzem Humor, sondern in einem todernsten Plan. Kaum einer der
aufgeführten Punkte könnte man leichthin auslassen, wollte man die Politik
eines Landes entwerfen, abgesehen natürlich davon, dass in verschiedenen
Gesellschaften die Akzente anders gesetzt würden, wenn unser Ziel die
Bewahrung des menschlichen Lebens auf der Erde ist. Alle qualitativen und
quantitativ formulierten Vorschläge müssen selbstverständlich verwirklicht
werden.
Dieses skizzierte Programm beruht auf einigen Annahmen: Erstens, dass das
Vertrauen in die Menschheit die grösste aller Verrücktheiten ist. Wüssten die
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Menschen, was für sie gut ist, wäre dann die Geschichte voller
Ungeheuerlichkeiten, voller Krieg, Mord, Unterdrückung, Marter und Elend?
Hätte sich dann die Menschheit selbst an den Rand der vollständigen
Vernichtung gebracht, indem sie Millionen lockender falscher Lichtern folgt?
Das Programm nimmt zweitens an, dass nur sehr wenige, vielleicht einer
unter tausend oder hunderttausend Individuen erstklassiger Mechaniker, TrapezArtist oder Pilot ist, und dass ebenso nur sehr wenige Menschen dazu fähig sind,
nationale und weltweite Probleme zu lösen. Nur seltene Individuen sind fähig,
die weiteren Umrisse des sich zeigenden Bildes zu erfassen und die Gründe und
Folgen der Phänomene zu ergründen.
In der gegenwärtigen historischen Epoche in diesem Teil der Erde hängen
wir wie verrückt an Demokratie und Parlamentarismus, obwohl wir sehen, dass
das ein ganz unsinniges und aussichtsloses Experiment darstellt. Gerade in den
demokratischen Ländern mit parlamentarischem System ist die Zerstörung der
Erde, die Summe aller Ökokatastrophen, auf dem höchsten Stande – und nicht
von ungefähr. Der einzige Hoffnungsschimmer liegt in zentralisierten
Regierungen und unerbittlicher Kontrolle der Bürger.
Ich komme noch einmal auf diesen Punkt zurück: Der Irrtum, der dem Irrtum
zu Grunde liegt, der uns vom rechten Weg abkommen lässt, besteht in einem
politischen System, das auf Nachsicht beruht. Unsere Gesellschaft und unsere
Lebenswege beruhen darauf, was wir uns wünschen und nicht darauf, was das
Beste für uns ist. Wunsch und Notwendigkeit liegen aber soweit voneinander
wie West und Ost.
Um zum Schluss zu kommen, möchte ich doch noch eine amüsante
Beobachtung anfügen. Das vorgeschlagen Gesellschaftsmodell garantierte
nämlich nicht nur die Erreichung des Hauptzieles, der Erhaltung des Lebens auf
der Erde, sondern führte auch zu einem unvergleichlich besseren Leben. Was
sind die süssen, verführerischen Züge der modernen Welt, die wir verlören?
Rekord-Selbstmordraten? Überbordende Konkurrenz? Arbeitslosigkeit? Stress?
Unsicherheit? Entfremdung? Verzweiflung? Psychotherapie? Körperzerfall?
Eigendünkel? Streitigkeiten? Korruption? Verbrechen . . .?
Was nach Aufgabe dieser Welt aber wiederkäme, wäre: ein unendliches
Spektrum an Künsten und Freizeitvergnügen (Singen, Musik, Tanzen, Malen,
Bildhauerei, Literatur, Spiele, Diskussion, Aufführungen . . .); unzählige
Museen; das Studium der Geschichte, der lokalen Bräuche und Dialekte, der
Genealogie, aller biologischen Richtungen; Handwerk, Garten; sauberes Wasser,
Urwälder, Marschen und Sümpfe, Berge; Jahreszeiten, Bäume, Blumen, Häuser
und Heime, Familienleben . . . In andern Worten: ein wirkliches Leben.
Doch warum ist dann noch eine starke zentrale Regierung notwendig? Ich
habe schon auf die schändliche Geschichte der Menschheit gewiesen. Wenn den
gewöhnlichen Individuen, dem Volk, den Massen die Möglichkeit der Wahl
gegeben wird, werden sie wie die Elstern unweigerlich wieder und wieder von
den glänzenden Dingen angezogen, fliegen sie wie die Nachtfalter in die
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Kerzenflammen. Eine Regierung, von einigen weisen Individuen geführt, ist
notwendig, um das Volk vor sich selbst zu schützen.
Macht
Wie der Leser zu recht vermutet, lasse ich die Frage offen, wie diese wenigen
weisen Individuen zur Macht gelangen und wie das Programm zur Erhaltung des
Lebens auf der Erde verwirklicht werden kann. Ich weiss die Antwort einfach
nicht. Kommt das Heil im letzten Moment, nach massiven Katastrophen? (Ist
noch etwas zu retten übrig?) Oder geschieht das plötzlich, ohne Vorzeichen
durch einen kollektiven Flash, einen Kollaps wie denjenige des sozialistischen
Systems? Oder kommt da überhaupt nichts mehr? Das ist bei weitem das
wahrscheinlichste Szenario. Trotz des Horrors ist eine Auslöschung für einen
Biologen nichts Ausserordentliches, da eine immer präsente Möglichkeit.
Was ich hervorheben wollte, ist, wie weit das Leben des westlichen
Menschen, der Finnen zumal, von einer vernünftigen Lebensweise entfernt ist,
wie tief wir im Sumpf stecken. Ich wollte auch zeigen, was, angesichts des
Weltzustandes, für Zielsetzungen möglich sind, welcher Art die Debatte im
Land sein sollte, was für Fragen die Politiker umtreiben sollten. Alles andere ist
nichts als eine Art Spiel mit dem Feuer in Erwartung, verbrannt zu werden.
1999
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