Aus: Pentti Linkola: Can Life Prevail? A Revolutionary Approach to the Environmental Crisis1 Tabula rasa: sauberen Tisch machen Die westliche Kultur hat die Menschheit in einen Zustand geführt, der unterschiedlich beschrieben werden kann: Wir leben in der elften Stunde, am Rande des Abgrundes, an der Grenze zur Vernichtung, zwei Minuten vor Mitternacht. Die ein Beschreibung mag eloquenter tönen als die andere, unglücklicherweise sind sie aber alle wahr. Die meisten Menschen nehmen dazu keine Stellung: Entweder leben sie und tollen herum wie eh und je oder sie scheffeln noch mehr Reichtümer, gerade, weil diese zu Ende gehen könnten. Selbst innerhalb der denkenden Minderheit räumen viele die Stellung; sie geben auf, als ob nichts mehr ausgerichtet werden könnte. Das ist wie ich glaube eine realistische und zutreffende Einschätzung der Situation. Daneben gibt es noch die Politik des Trödelns: Recycling, Katalysatoren, Solar-Panels, Elektromobile . . . All diese sinnlosen und fehlgeleiteten Aktionen illustrieren gut die bekannte Geschichte vom lecken Boot, das entlang zweier Fugen aufreisst, während die dritte Fuge versiegelt wurde. Die Menschen fallen zumeist auf das Niveau von Idioten, wenn über die Geburtsrate in Entwicklungsländern diskutiert wird; sie argumentieren, der Lebens- und Bildungsstand in diesen müsse auf westliches Niveau erhöht werden. So könne nach fünf Generationen – eine lange Zeit für den Menschen – die Geburtenrate eventuell auf die Hälfte fallen – währenddem die Pro-Kopf-Belastung der Natur sich verzwanzigfacht hat. Diese „Umweltschützer“ geben vor, dieselben Ziele wie die Lebensschützer zu verfolgen. Sie begreifen aber nicht einmal, was sogar schon alle resignierten Feiglinge kapiert haben: nämlich wie tief die Kultur des Westens mittlerweilen gesunken ist. Dessen gesellschaftliches System mit all seinen Strukturen und Gesetzen ist auf ein einziges objektives Ziel gerichtet: ökonomisches Wachstum, und beinhaltet den Kollaps der Erde. Nichts in diesem System ist es wert, verbessert zu werden. Trotzdem hält sich hartnäckig der Glaube, das verrottete Boot, in dem wir leben, könnte nach allem durch ein ganz aus Fiberglas bestehendes Segel wasserdicht gemacht werden. Leider ist dieses Boot von allem Anfang an für die Seefahrt untauglich und wird beim ersten Wellengang sinken. In Tat und Wahrheit wird das Schiff schon sinken, während es noch im Hafen vertäut ist, denn es ist übervoll mit Steinen beladen. 1 Übersetzung: aus dem Englischen von A. Loepfe. Can Life Prevail? , auf Englisch bei Arktos Media Ltd, 2011. Das Buch, eine Sammlung verschiedener Aufsätze von Pentti Linkola, ist auf Finnisch 2004 unter dem Titel Voisiko Elämä Voittaa bei Tammi Publishers erschienen 1 Beginnt man nämlich abzuwägen, was an dieser heutigen Welt denn überleben könnte, stellen wir schnell fest, dass eine Tabula rasa erforderlich ist. Wir müssen wieder bei Adam und Eva anfangen. Der Schutz des Lebens und der Humanismus Ich interessiere mich ganz besonders für eine bestimmte humanistische Denkart , die zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie jene, die in der Biologie bezüglich des Überlebensprinzips gezogen werden. Unter den Finnen sind Georg Henrik von Wright gemeinsam mit Matti Kuusi die profiliertesten humanistischen Denker, die ernsthaft, wenn auch in vorsichtigem, akademischem Ton, eine mögliche Auslöschung der Menschheit in Betracht ziehen, dass die Menschheit ausgelöscht werden könnte. In öffentlichen Stellungsnahmen setzen von Wright und Kuusi in beispielhafter Art ihr Prestige aufs Spiel. Im folgenden zitiere ich aus einem persönlichen Dankesbrief für mein Buch „Johdatus 1990-luvun ajatteluun“ („Eine Einführung in das Denken der Neunzigerjahre“). Von Wright war vom folgenden Gleichnis betroffen, welches ich im Einführungsteil dieses Buches vorbringe: „Was tun, wenn ein Schiff mit hundert Passagieren plötzlich gekentert ist und nur ein einziges Rettungsboot für zehn Personen zu Wasser gebracht werden kann? Wenn das Rettungsboot voll ist, werden diejenigen, welche das Leben hassen, versuchen, mehr als zehn Menschen auf dieses Boot zu bringen, sodass alle ertrinken. Diejenigen, welche das Leben lieben und achten, werden hingegen ein Beil ergreifen und die Hände abschlagen, welche sich an der Brüstung festklammern.“ Ich möchte betonen, dass ein persönlicher Brief das Produkt eines momentanen Geisteszustandes sein kann und nicht für eine Lektüre durch die Öffentlichkeit gedacht ist. Gleichwohl mag die ehrliche Verwirrung der folgenden Zeilen ihren heuristischen Wert haben. Von Wright schreibt: „Wie Sie vielleicht wissen, halte ich Sie als Denker in hohem Ansehen. Mindestens in diesem Land sind Sie einer der hellsten und tiefsten unter den wirklichen Propheten. Die praktischen Schlussfolgerungen allerdings, die Sie aus Ihrer Erkenntnis der Wahrheit ziehen, stehen auf einem andern Blatt. Vielleicht würde auch ich auf die Hände einschlagen, die sich am Boot festkrallen, doch kaum aus Liebe für das Leben. Eher weil ich, verrückt vor Angst, versuchte, mein eigene Haut zu retten: Ein letzter Beweis für die Unfähigkeit der menschlichen Gattung, zu überleben.“ Dieser Briefauszug beweist, wie schwer es einem grossen Humanisten fällt, von seiner überhöhten Eingenommenheit für den Wert des menschlichen Lebens abzulassen. Ich meine, zwischen den Zeilen ist eine gewisse Furcht zu lesen, etwas, was ich schon früher angetroffen habe, wenn ich die Frage der Überbevölkerung diskutierte. Ich nenne dies die Furcht vor der Schande und 2 davor, etwas auszulösen. Die Leute fürchten, dass, wenn irgendwelche Aktionen zur Beschränkung der Weltbevölkerung unternommen würden, die Situation ausser Kontrolle geraten und das menschliche Leben unweigerlich und für immer seinen Wert verlieren könnte. Man glaubt, dass Massnahmen, die in diese Richtung zielen, die ethischen Werte in Frage stellen würden und Normen und Gesetze für immer ausser Kraft träten. Diese Furcht dauert fort, ungeachtet wie elegant oder auch weniger – im Zweiten Weltkrieg durch die deutschen Gaskammern im Zweiten Weltkrieg oder heute etwa durch einen begrenzten Atomschlag oder bakteriologischen Angriff gegen bewohnte Zentren auf dem Globus (Angriffe, die von transnationalen Organisationen wie von der UNO oder von kleineren Gruppierungen, welche die technologischen Mittel dazu besitzen und die Verantwortung für das Weltganze übernehmen, getragen würden) - die Bevölkerungsreduktion durchgeführt würde. Im Lichte der Menschheitsgeschichte glaube ich, dass diese Furcht von einer offensichtlich falschen Auffassung herrührt. Sobald jeweils Kriege und gegenseitige Abschlachtungen aufgehört haben, sind die menschlichen Gesellschaften nach kürzeren Übergangszeiten immer wieder zu ihrer gewohnten Lebensart zurückgekehrt. Weder die massenhaften Entvölkerungsoperationen von Stalin und Hitler noch selbst die grausamsten, von polizeilichen Geheimdiensten begangenen Folterungen haben, wenn sie später im Detail der Weltöffentlichkeit bekannt wurden, unsere ethischen Normen über den Haufen geworfen. Ja, es geschieht ist oft, dass unweit der Geheimpolizei Menschen Poesie schreiben, philosophieren oder ihren älteren Nachbarn helfen. Unser Zeitalter wurde Zeuge der Gaskammern und vieler anderer Grausamkeiten. Im globalen Massstab ist das Hauptproblem aber nicht die Entwertung menschlichen Lebens, sondern seine stetig wachsende, ruchlose Überbewertung. Die Eingenommenheit für das unveräusserliche Lebensrecht von Föten, Frühgeburten und Hirntoten ist zu einer Art kollektiver Geisteskrankheit geworden. Ein ähnliches Phänomen beobachtet man bezüglich der Schwerverbrecher. Wenn auf der Erde fünf Millionen Menschen lebten, wäre es selbstverständlich, dass auf die am meisten pervertierten Mitglieder der Gemeinschaft die Todesstrafe angewandt würde. Heute haben wir fünf Milliarden Menschen auf der Erde; ein Staat nach dem andern drückt sich vor der Hinrichtung selbst der teuflischsten kriminellen Täter. Amnesty International beklagt sich bitter über die wenigen Staaten, welche noch Todesstrafen aussprechen. Daneben werden unermüdlich immer neue Rettungsgeräte entwickelt. Helikopter retten jeden im Meer treibenden verrückten Fischer, der sich mit seinem Rindenboot auf die hohe See gewagt hat, um so ein weiteres, einzigartiges und unersetzliches Individuum vor den verschlingenden Wellen zu retten. Der Atem stockt einem. An sich haben weder die Legalisierung der Euthanasie, noch die Wiedereinführung der Todesstrafe oder die Abschaffung übereifriger Rettungsdienste einen wirklichen Einfluss auf das Bevölkerungswachstum. 3 Doch als Ausdruck eines Prinzips könnte eine veränderte Praxis äusserst wichtig sein. Solange ganz verquere Praktiken vorherrschen, hält sich eine total entgleiste Achtung vor dem menschlichen Leben. So gerät nur schon die Möglichkeit einer Lösung für das Problem der Bevölkerungsexplosion ausser Sicht– und alle überbesetzten Rettungsboote werden von der Tiefe des Meeres verschlungen. Wenn der Mensch nicht Bescheidenheit lernt . . .Es ist schon eigenartig, wie wenige Denker die philosophischen Grundlagen unserer Kultur in Frage stellen.. Die meisten scharfsinnigen Beobachter der Welt kriegen dabei einen solch schweren Schock, dass sie sich danach nur noch nach Kräften bemühen, einen Sinn für die Solidarität mit ihrer eigenen Gattung und mit den entsprechenden Werten „Menschenrechte“, „individuelle Freiheit“, „Gleichheit“ und „Demokratie“ zu bewahren. Diese Leute weigern sich anzuerkennen, dass die Welt nicht infolge der Missachtung dieser Werte, sondern gerade wegen dieser Werte zu Grunde geht. Das alte Wort, dass Denken unvermeidlich von Werten abhängt und sehr selten wirklich frei ist, trifft den Fall bestens. Es sollte doch klar sein und logisch sein dass die Werte, auf denen eine Gesellschaft ruht, hinterfragt werden müssen, wenn diese voll auf ihren Untergang zusteuert. In dieser Hinsicht halte ich mich unter den zeitgenössischen Denkern für eine Ausnahme. Es fällt mir nicht schwer, mir vorzustellen, dass der Mensch wieder zu seinem Platz in einer harmonischen Biozönose zurückkehrt. Beruht dies auf einer grösseren Klarheit meinerseits bezüglich der Auffassung vom Menschen? In meinen Augen ist die Menschheit eine unendlich grosse Gattung. Auch ich kämpfe für um Überleben. Ich glaube jedoch, dass die menschliche Brillanz sich nur in Blitzen, in seltenen Individuen äussert. Im ganzen gesehen aber ist die Menschheit äusserst zerstörerisch: die Schaffung von etwas so Zerstörerischem wie der westlichen Kultur, die sich nun über den ganzen Planeten verbreitet, ist sollte dafür genügend Beweis sein. Ich finde es unbegreiflich, dass gegen jede Evidenz ein intelligentes Individuum immer noch Vertrauen in den Menschen und in die Mehrheit hat und weiterhin mit dem Kopf an die harte Wand der Wirklichkeit stösst. Warum kann eine solche Person nicht zugeben, dass das Überleben der Menschheit da, wo die Natur dieses nicht mehr garantieren kann, nur noch möglich ist, wenn ihr von klarsichtigen Menschen Disziplin und Einschränkung, Zwang und Druck auferlegt wird, welche sie daran hindern, ihren selbstzerstörerischen Impulsen nachzugeben und Selbstmord zu begehen? Wie kann eine solche Person die Demokratie rechtfertigen? Warum sieht sie nicht, dass, wenn der Mensch, die westliche Kultur, nicht bescheiden wird und sich ganz tief vor den Tatsachen 4 beugt, die ganze Erde geplündert und bis auf die Knochen gefleddert wird, unabhängig davon, ob es noch gelingen wird, Elemente ineinander zu verwandeln oder ganz andere Energieformen anzuzapfen oder nicht? Wie kann eine solche Person übersehen, dass, wenn wir weiterhin die Herrschaft des Menschen über die Natur aufrecht erhalten und dem menschlichen Leben den bekannten absoluten Wert zumessen, nur noch ein schnurgerader Pfad zum Strudel der Auslöschung offen bleibt? Wie kann jemand so verrückt sein anzunehmen, alles menschliche Leben hätte denselben Wert und alle Menschen dieselbe Moralität haben, ungeachtet dessen, wie viele es sind? Für mich ist klar, dass mit jedem Neugeborenen der Wert jedes einzelnen Menschen auf Erden leicht sinkt. Es ist doch offensichtlich, dass die Moralität des Menschen in Zeiten der Bevölkerungsexplosion von der Moralität des Menschen zu Beginn der Gattung Mensch, als diese noch selten und edel war, sehr verschieden ist. Ein Lebensschützer ist gezwungen, Kompromisse zu machen Die schroffe Wirklichkeit weist darauf hin, dass es weder der Öffentlichkeit noch ihren Entscheidungsträgern in den entwickelten westlichen Ländern, auch nur annähernd gelingt, die erwähnten Probleme anzugehen, also: die bestehende Bevölkerung zu reduzieren oder zumindest ihre Rechte zu beschneiden. Die einzige Debatte, zu der man höchstens fähig ist, betrifft etwa die Geburtenkontrolle, d. h. das niederste Niveau des Fragenkomplexes. Auf dem äussersten Vorposten der Ignoranz haben die Menschen begonnen, über die Rechte eines eben eingepflanzten Eis oder eines Fötus nachzugrübeln. Ich bin so sprachlos ob dieser Idee, dass ich darüber nicht einmal diskutieren mag. Als Lebensschützer möchte ich mich nicht auf die allerletzte Verteidigungsstellung zurückziehen; lieber gebe ich alle Stellungen auf. Setzte man mir die Pistole auf die Brust, könnte ich vielleicht davon überzeugt werden, über Geburtenbeschränkung zu diskutieren. „Wenn ich keine Schwimmweste bekommen kann, dann wenigstens doch eine Schutzweste; und wenn keine Schutzweste, dann zumindest eine Schutzkappe.“ In einem Notfall beginnt ein Lebensschützer mit der Forderung, der Ausrottung ein Ende zu bereiten und sucht nach Möglichkeiten, diese soweit wie möglich hinauszuzögern. Alles ist an die Zeit gebunden. Auch wenn die geschätzte Zeit, innerhalb der die Energie der Sonne massiv abnehmen und das Leben auf der Erde unvermeidlich zu Ende gehen wird, nämlich 10 Milliarden Jahre, kaum von der Idee der Ewigkeit zu unterscheiden ist. Der Gesichtspunkt des Lebensschützers hinsichtlich der Geburtenkontrolle ist einfach genug: Unter den bestehenden Bedingungen kann Zeugung unter keinen Umständen mehr eine individuelle Entscheidung von Eltern und Einzelnen sein. Von allen Handlungen des Menschen sollte die Zeugung am offensichtlichsten durch die Gesellschaft und letztlich durch einen Weltrat geregelt werden. Wie 5 die Kinderquoten unter den Familien und Müttern zu verteilen wären, wäre Sache einer gesellschaftlichen Familienpolitik. Es mag sein, dass es dennoch auch grosse Familien gäbe; es ist von grosser Bedeutung, dass wir von der Idee der Gleichheit, welche nie etwas anderes als Misslichkeit mit sich bringt, Abstand nehmen. Auf jeden Fall müsste die Durchschnittsquote weltweit und mindestens für Jahrzehnte bei einem Kind pro fruchtbare Frau liegen. Sobald die Weltbevölkerung wieder auf einem tragbaren numerischen Niveau liegt, wird es möglich sein, zu einer Quote von zwei Kindern pro Elternpaar zurückzukehren. Andere unzweideutige Ideen sind: Gratis-Empfängnisverhütungsmittel und unentgeltliche Abtreibung; die Verfeinerung des Systems wird zu entscheiden haben, ob die Einhaltung der Kinder-Quote durch Zwangs-Abtreibung – bei Erhaltung der Empfängnisfähigkeit beim Tod eines ersten Kindes – oder durch Zwangssterilisation eines der oder beider Elternteile durchgesetzt werden soll. Möglichst strenge Kontrollen werden sich aufdrängen, damit nicht schon geborene Babys getötet werden – obwohl Kindstötung noch unlängst praktiziert worden ist. All das ist vielleicht nichts als Spekulation. Auf jeden Fall möchte ich mich bei meiner Zuhörerschaft entschuldigen: Ich fürchte ich vergass, dass der Mensch zur Zeit weder die Geburtenrate begrenzen, noch die Überbevölkerung reduzieren kann – so lauert die Ökokatastrophe hinter der Ecke. Der Mensch mit seinem technischen Talent ist eine einfallsreiche Kreatur, doch in vielerlei anderer Hinsicht ein geistloses Tier: Treibholz im gnadenlosen und unberechenbaren Strom der Evolution. Wenige realisieren, auf wie vielen Einzelwesen der Mensch herumtrampelt. Wir steuern als eine Art unter Millionen von anderen, die vor uns ausgestorben sind, auf die Auslöschung zu. Oder ist es nichts? Haben wir noch die Chance von eins zu einer Million? Könnte die aufgeklärte Minderheit einen Joker in ihrem Ärmel versteckt halten? Wird es genug Individuen geben, die beweisen, dass der Mensch einen freien Willen hat? Individuen, welche sich ganz dazu hingeben, der grauen Mehrheit entgegenzutreten, während sie doch nur für deren Überleben kämpfen? Individuen mit einem mächtigen Herzen, in dem eine kristallklare Logik herrscht? 1992 Die unerträgliche Misslichkeit der Technologie Neben der feierlichen Steinkirche von Sääksmäki aus dem 15. Jahrhundert liegt ein schöner Friedhof. Hier, im Schatten alter Bäume, liegen viele einstige Freunde und Bekannten von mir begraben. Warum besuchen Menschen Friedhöfe? Wohl um Erinnerungen nachzuhangen, um die Rangfolge ihrer 6 Werte zu überprüfen, um melancholisch zu sein und Frieden und Ruhe zu erfahren. Im Herbst 1994 suchte ich den Friedhof an drei Vormittagen auf. Erst der dritte Besuch war erfreulich; die ersten beiden Male fuhr ein grosser und schneller Dumper zügig auf dem engen Fussweg und erschütterte dabei die Grabsteine und die Steinmauer. Bevor ich floh, konnte ich sehen, was mit dem Dumper überhaupt gemacht wurde: auf seiner Frontschaufel transportierte er vertrocknete Kränze von einem frischen Grab zu einem nahen Abfallhaufen. Die Schaufel war klein, sie vermochte kaum mehr als den Inhalt einer Schubkarre zu fassen. Nach den Kränzen sollten dürre Äste und Laub folgen. Ich hatte nicht das Gefühl, hinderlich zu sein, ging aber dennoch weg. In meinem Alltag, sei es bei der Arbeit oder im Garten, transportiere ich vieles mit der Schubkarre und mit dem Handwagen, auch über längere Distanz. Ich weiss wohl um die beschränkte Kapazität dieser Transportmittel. Was den Friedhof anbelangt, weiss ich nicht, wie die Pfarrei von Sääksmäki organisiert ist, ob da ein Kirchenrat besteht oder ob ein Auftrag an ein kommerzielles Unternehmen vergeben worden ist. In jedem Fall, wer auch immer das dort besorgt, sind die Prioritäten verkehrt gesetzt. Wie gesagt kenne ich die (wirtschaftliche)Situation der besagten Pfarrei nicht, weiss nur, dass die gesamte finnische Kirche grosse finanzielle Schwierigkeiten hat und viele Angestellte entlassen muss. Ich weiss nur, was eine Maschinenstunde und was eine Stunde Mannsarbeit kostet. Mir ist auch der Preis einer Schubkarre bekannt. Es gäbe genug Beispiele bezüglich der Verrücktheiten mit Maschinen, um ein Buch zu füllen. Ich will noch ein anderes Beispiel anführen, aus der Zeit der Wirtschaftskrise in Finnland. In einem Juli machte ich während einer Woche eine leichte Tour in der Gegend von Tenajoki. Hier traf ich unter anderem auf einige Bauernhöfe, die noch gut rentierten. Ich schaute ihrem Betrieb zu und verbrachte die Nacht in Heugaden, wie das immer meine Gewohnheit war. All diese Betriebe produzierten ausschliesslich Heu, teilweise für das Vieh und, so nahm ich an, für die Zufütterung der Rentiere. Keiner dieser Bauernhöfe hatte mehr als fünf Hektaren Wiesland. Dennoch besassen alle einen neuen Traktor (der 150 000 Mark kostet); einige wenige hatten sogar Heulader und HeuKompressor (jeder mit 80 000 Mark zu veranschlagen). Während einiger Jahre erntete ich das Heu eines ein Hektar grossen Landstücks in Kuhmoinen. Dazu kamen noch weiter Arbeiten: So musste das Gras auch an sehr sonnigen Tagen gezettelt und getrocknet werden. In einigen besonders abenteuerlichen Jahren transportierte ich das Heu sogar durch einen Wald zum Heugaden. Dies mittels Erlenstangen, auf denen ich es zog oder die ich auf den Schultern trug. Das war kein Riesenkrampf: Ich berechnete, dass ein Mann in seinen Fünfzigern leicht fünf Hektaren Land von Hand mähen kann; ein Junger natürlich entsprechend mehr. Ich erinnere mich, wie ich damals die stinkigen Traktoren betrachtete und mir sagte: Oh ihr armen Teufel mit euren 7 Investitionen von gegen einer Viertelmillion Euros und eurem Stolz! Alles was es braucht sind eine Sense, ein Rechen, eine Heugabel, Axt und ein Messer! Nun sind die Dinge nicht immer so einfach. Zumindest im Süden von Finnland muss das Gras alle vier oder fünf Jahre erneuert werden. Da kann man nicht von Hand pflügen; es braucht dazu Traktoren. Doch wenn landwirtschaftlichen Betriebe maximal fünf Hektaren gross sind, sollte ein Traktor für zehn Betriebe eigentlich genügen. In einer Farm-Kooperative trägt jeder Bauer einen Zehntel der jährlichen Maschinenkosten, die auf die Heuproduktion fallen. Beim Gebrauch des Traktors für andere Arbeiten das ganze Jahr über verringern sich die proportionalen Kosten für die Heuproduktion noch einmal auf einen Bruchteil der jährlichen TraktorAuslagen. Andererseits geht die Aussaat von Heusamen und Düngemitteln nicht schlecht von Hand, oder man verteilt den Kompost mit Schubkarren und Mistgabel. Ich habe darin einige Erfahrung. Im übrigen ziehe ich ein Paar Pferde einem Traktor vor. Die angeführten Beispiele sind nicht beliebig gewählt.: Sie zeigen gut das Wesen der Technologie. In der Pfarrei von Sääksmäki gehen zwei Religionen Hand in Hand. Der Glaube an die Technologie hat nichts mit Vernunft oder Weisheit zu tun: es ist Religion, ein gefühlsloser, kritikloser, nicht hinterfragbarer Glaube. Technologie ist die Grundlage der am meisten antiintellektuellen und religiösen Kultur, welche die westliche Zivilisation, ja letztlich die Welt insgesamt, je gesehen hat. Die beiden Religionen in Sääksmäki bieten einen interessanten Kontrast: Die heutige Kirche ist, was immer an ihr falsch sein mag, edel, verständnisvoll und beschützend; die Religion der Technologie andrerseits ist aggressiv und zerstörerisch. Die räumliche Entfernung Finnlands im europäischen Zusammenhang springt dramatisch in die Augen. Die Finnen liegen an der Spitze nicht nur im individuellen Konsum von Ressourcen– von Energie bis Papier – sondern auch, was Maschinen und Automation betrifft. Die finnische Landwirtschaft ist so dämlich übermechanisiert, dass es aller Beschreibung durch Statistiken und Diagramme spottet. Jedes finnische Dorf, weit davon entfernt, von Landwirtschaft und bäurischem Leben bestimmt zu sein, erinnert eine Maschinenausstellung, während die Heiterkeit und die traditionellen Werte des Landes in allen andern Ländern Europas noch fühlbar sind. Finnland war – zumindest bis vor einigen Jahren – Weltleader im elektronischen Finanztransfer. Ideen von Elektroniksystemen und Computern dringen in unsere dummen Köpfe ein wie ein Messer in Butter. Wenn es nach mir ginge, schickte ich alle diejenigen, die sich so wichtig und geschäftig geben, dass sie nicht ohne Mobiltelephon im Auto überleben könnten, für ein Jahr oder besser für fünf Jahre in die Berge. Dort könnten sie über die Werte des Lebens nachzudenken. Doch vielleicht hälfe das auch nicht: ein stumpfer Geist bleibt ein dumpfer Geist. Manchmal wird die Technologie mit scheinbar rationaler Argumenten gerechtfertigt. So sind ja auch über die Epochen hinweg Versuche gemacht 8 worden, die Existenz Gottes zu beweisen. Das Grundargument zu Gunsten für die Technologie besagt, dass sie das Leben einfacher mache: leichter und noch leichter, mit einer Erfindung nach der andern. In Tat und Wahrheit beherrscht der Mensch den Erdball schon seit der Erfindung der Steinaxt konkurrenzlos. Dafür ist unser Leben unnatürlich und hoffnungslos bequem geworden. Seitdem kreisen unsere wirklichen Probleme um unser physisches Wohlergehen und das tiefe Gefühl der Sinn- und Wurzellosigkeit und Frustration. Aus der Evolutionsgeschichte allein kann die Entgleisung der menschlichen Gattung hinein in den Strudel der technologischen Religion nicht erklärt werden. Ja bezüglich der physischen Entwicklung des Menschen lässt sich nicht einmal eine Degeneration feststellen. Die menschlichen Mütter gebären noch immer vor Kraft strotzende Kreaturen, die eine zu Schnelligkeit und Ausdauer angelegte physische Konstitution aufweisen: Springer, unermüdliche Läufer, Heber, wendig, Träger, Sichkauernde . . . Jetzt, wo da der Mensch ganz aus sich selbst und zu einem frommen Gläubigen und zitternden Kartenhaus geworden ist, sind zum Ausgleich materieller Überschuss und viele erstaunliche physikalische Hilfstechniken (etwa in pränatalen Kliniken) neben Hilfspräparaten wie Vitamine und, Nahrungszusätze und pränatalen Kliniken entstanden. Und so sieht man statt gut gewachsener, kräftiger, muskulöser und sehniger Mädchen und Jungen auf unsern Strassen und Plätzen schwächliche Geschöpfe voll vergeudeter Energie apathisch, bleich und verzweifelt daherkommen. Die Situation hat sich noch verschlechtert, seit die technologische Religion unsere Zivilisation in massenhafte Arbeitslosigkeit gestürzt hat, so dass selbst mit der grössten Phantasie unter all den maschinell ausgerichtete Arbeiten keine befriedigenden Tätigkeiten mehr gefunden werden können: Die Menschheit hat seine Aufgabe verloren und ist nutzlos geworden. Eben wird in der Republik Finnland ein neuer Präsident gewählt. Ein Reporter fragte die Kandidaten, wie man das Problem der Arbeitslosigkeit lösen könnte. Doch diese Bande von Gläubigen, diese Verkörperungen aller menschlichen Fehler antwortete nur mit leeren Blicken. Keiner war dazu fähig, die heiligen Grenzen zu überschreiten, um Gott zu lästern, indem er zwei einfache Wörter aussprach: „keine Maschinen mehr“. Doch gibt es keine andere Lösung, jetzt und für immer. Mit all seinen gelobten technischen Erfindungen hat sich der Mensch nutzlos gemacht. In den vergangenen Jahren ist der technologische Fortschritt explodiert; der Menschheit ist es geglückt, ihre Rollen in Produktion, Transport, Verteilung und Service zu streichen. Wenn es nun auch noch gelingt, uns unserer Rolle als Konsumenten zu entledigen, wird alles vorbei sein. Noch eine Weile das Rattern von Robottern, dann nur noch tiefe Stille. 1994 9 Geschichte und menschliche Natur Immer wieder wird als einer der Gründe für den drohenden Kollaps der Welt die „menschliche Natur“ als Fatum beschworen. Die Taten der Menschheit werden von „Trieben und Instinkten“ bestimmt und damit unausweichlich und unverbesserlich. Es ist natürlich ein Truisme, dass hinter allen menschlichen Handlungen die menschliche Natur steckt. Das macht aber nicht jede Handlung von Individuen oder Gemeinschaften unausweichlich. Es wäre intellektuell für jedermann absurd, anzunehmen, dass die herrschende Kultur und Lebensart seiner Zeit, die Richtung, welche sein eigenes Leben eingeschlagen hat, unausweichlich waren. Wenn z. B. ein finnischer Premierminister die bekannte Aussage macht, dass ökonomisches Wachstum, EU, Wettbewerb und Informationstechnologie die gegenwärtig einzigen möglichen Zielsetzungen in der Gegenwart für Finnland seien, so ist das wahnsinnig. Solche Optionen haben nichts mit einer historischen Unausweichlichkeit zu tun: sie werden von einer kleinen, doch erstaunlich mächtigen und einflussreichen Gruppe von Individuen willkürlich bestimmt. Nur schon ein kurzer Blick in die Geschichte bringt das weite Spektrum von Alternativen zum Vorschein. Die menschliche Gattung hat eine unglaublich reiche Vielfalt von Kulturen und Lebensweisen hervorgebracht. Heutzutage nun, wo wir am Rande des globalen Zusammenbruchs stehen, sind sicher diejenigen Kulturen am interessantesten, die schützend, lebensbejahend und gegenüber der Natur bescheiden sind. Sie beinhalten eine konservative, d. h. auf Erhaltung bedachte Einstellung zu den natürlichen Ressourcen. Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, dass solche Kulturen nicht nur in kleinen lokalen Gesellschaften in Teilen von Afrika, Australien und im Regenwald von Brasilien und in Indonesien leben, sondern einst auch mächtige Gesellschaften waren. Dies war zum Beispiel der Fall mit der neolithischen Kultur, welche vor einigen Tausend Jahren in Europa bestand: Es war dies eine Kultur, die keine Kriege führte und die, besonders wichtig, die Technik als sinnvolles Werkzeug unter Kontrolle hatte und ihr nicht als der Herrin unterworfen war. Die Triebkräfte variieren nicht nur je nach Völkerschaft in dieser oder jener geographischen Situation. Nein, selbst ein und dasselbe Volk, das finnische zum Beispiel, kann zu einer bestimmten Zeit wütend darauf erpicht sein, andere Menschen (Deutsche, Polen, Ungarn) zu töten bzw. selbst getötet zu werden, während es zu andern Zeiten (z. B. heute) hysterisch und über jede Vernunft hinaus darauf bedacht ist, menschliches Leben zu retten. Dies ohne jede Rücksicht auf die Kosten (Rettungshelikopter, Brutkästen für Frühgeburten . . .). Man sollte aufmerksam und unbedingt offenen Sinnes sein, wenn man die Ursache-Wirkung-Beziehungen, die Verbindungen und Einflüsse auf das Leben der verschiedenen Kulturen einschätzen will; das gilt auch für die Veränderungen im geistigen Klima und verlangt die grosse Fähigkeit, sich vom verwirrenden Bann der eigenen Zeitepoche zu befreien und die Tendenzen 10 derselben objektiv, von aussen, im Grossmassstab vergleichend wahrzunehmen. Die Kenntnis der Geschichte ist für das Denken entscheidend, doch am wichtigsten ist die Fähigkeit, seine eigene Epoche prüfen zu können; es ist die einzige Epoche, die man beeinflussen kann. Wie schätzte nun ein objektiver Historiker seiner eigenen Zeit, ein Beobachter der Bewegungen der Menschheit, ein Kulturanthropologe die gegenwärtige westliche Kultur ein? Zweifellos würde er einen einzigartigen Geist feststellen, einen Lebensstil, der alle Grenzen gesprengt hat. Die westliche, von der kapitalistischen Marktökonomie durchsetzte Kultur kennt keine geschichtlichen Parallelen, was ihre Gier und Phrenesie betrifft. Noch die geringste Bescheidenheit ist aufgegeben worden, was die Beziehung zur Natur (aber nicht nur: auch der Menschen miteinander) betrifft. Insofern ist diese Kultur am tiefsten Punkt der Menschheitsgeschichte angekommen. Nie je zuvor hat die Wirtschaft – das Geld – in der Kultur eine solch zentrale Rolle innegehabt wie heute in den führenden Ländern der Erde. Nie zuvor ist diesem höllischen, feigen Spiel mit Aktienkapital, Exchange rates, Basic interests, Prime rates, Investment funds, Options, Derivatives, Trading incomes, Jahresprofiten und ähnlichen Variablen je gelungen, aus einem beschränkten Milieu von Gangsterbanden auszubrechen und zum zentralen Motor der Gesellschaft zu werden. Nie zuvor in der Geschichte sind natürliche Ressourcen in einem solchen Ausmass ausgebeutet worden. Nahezu die ganze Erdkugel wird ausgeplündert. Die wenigen Ressourcen, die noch übrig bleiben: Öl in der Barent See, Holz in Sibirien und Karelien, die Pazifischen Inseln, werden mit unvergleichlicher Skrupellosigkeit von schrägen Firmen unter die Nägel gerissen (wobei die finnischen Konkurrenten die längsten und krümmsten Finger von allen haben). Das Bauen, das Ersticken alles Grünen kennt keine Grenzen, ebenso die Produktion, der Verkehr und der Konsum von Gütern oder das Umherjetten der Touristen. Nie zuvor in der Geschichte sind die auszeichnenden Werte einer Kultur dermassen zerstörerisch für das Leben gewesen wie Demokratie, individuelle Freiheit und Menschenrechte, vom Geld einmal abgesehen. Freiheit heisst da: Freiheit zu konsumieren, auszubeuten, auf andere zu treten. Alle Rechte, selbst die scheinbar schönsten: Frauenrechte, Kinderrechte, Rechte von Behinderten, drücken nur eines aus: ICH, ICH, ICH. Dem reinsten Egoismus ist der Name „Selbst-Verwirklichung“ gegeben worden, und er gilt als die edelste Moral. Wörter wie Verantwortung, Pflicht, Bescheidenheit, Selbstaufopferung, Sorge und Achtgeben werden konstant in den Dreck gezogen, wo man sie erwähnt. Trotz all ihrer Fehler standen die jüngst begrabenen Ideologien von Faschismus und Sozialismus, welche beide gemeinschaftliche Werte umfassten und restriktive Normen kannten, auf einem ethisch höheren Niveau. Dasselbe gilt für das Christentum: Es ist nicht lange her, da sprach die Kirche von Gottesfurcht, von Bescheidenheit und der Notwendigkeit, der Sünde mit Tugend, Altruismus und Sorge für den Nachbarn entgegenzutreten. Heute propagiert diese Jasagerin vom Dienst, nach irdischer Macht schielend, nur noch 11 Vergebung und Dank. Wie weit ist diese Richtlinie von der alten, von der Kirche vor Jahrzehnten herausgegebenen, entfernt: „Wir sind nicht auf der Erde, um bedient zu werden, sondern zu dienen“! Der Kulturanthropologie sind die misslungenen und gnadenlosen Kulturen bekannt, in denen Angst und Schrecken das Leben der Menschen beherrschten. Diese Kulturen entwickelten sich nur auf kleineren Flächen und dauerten nur für eine kürzere Periode. Sie bedrohten nie die ganze Biosphäre. Heute erleben all diese führenden Länder der Erde ihre unkontrollierbarste, bedrohlichste und grausamste Zeit. Wenn eine solche gigantische Menge von Fehlentwicklungen auf der menschlichen Kultur lastet, dass die gesamte menschliche Gesellschaft ein einförmiger, riesiger Irrtum geworden ist, wird die Entschlossenheit eines aufmerksamen und geistvollen Lebensschützers wahrhaftig auf die Probe gestellt. Wie dieses Chaos entwirren, wie gegen eine Plage kämpfen, wenn sie mit tausend andern verknüpft ist? Die Marktökonomie des heutigen Kapitalismus, die eigentliche Religion des Ruins, der globalen Vernichtung und Auslöschung, ist überwältigend. Viele unterliegen ihr oder ziehen es vor, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Viele andere geben, paralysiert, auf und versuchen, ihr eigenes kleines Eckchen zu finden, wo sie weiter tätig sein können, und verschliessen ihre Ohren. Es wäre leicht, eine lange Liste von solchen grünen, umweltbewussten Brüdern und Schwestern aufzustellen. Und doch . . . Geschichte und Geschichte allein kann den Glauben desjenigen Menschen bestärken, der sich bemüht, seinen Kopf zusammen zu halten und seine Energie dafür zu nutzen, den Kurs der Welt zu ändern. Gewaltige, erstaunliche, manchmal sogar positive (auf Verbesserung abzielende) Veränderungen haben in einzelnen Kulturen und Regionen stattgefunden. Ein vernünftiger Mensch wird deshalb seine Modelle immer aus der Geschichte schöpfen. Die bekannte Menschheitsgeschichte ist schon so alt und weit, dass sie alle notwenigen positiven Beispiele enthält. Die Vergangenheit wird immer die beste Leitlinie abgeben, wenn für die Zukunft gekämpft werden muss. Wenn aber die Zukunft nach dem irrsinnigen Glauben an Fortschritt und Entwicklung, aus Verblendung und Science fiction entworfen wird, dann ist das Spiel mit Sicherheit vorbei. 1998 12