Hintergrundpapier: Neue Wirtschaftspolitik

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Energypeace 130128
Wirksamer Klimaschutz –
Zentrale Aufgabe der Wirtschaft-, Energie- und Finanzpolitik
(Hintergrundpapier)
Kurzfassung
Der Klimawandel ist die größte Bedrohung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung. Die
Menschheit hat nur mehr wenige Jahre Zeit, wirksame Schritte gegen eine Erwärmung von
über zwei Grad zu setzen. Bei einem Temperaturanstieg über diesen Schwellenwert hinaus,
wird erwartet, dass ein sich selbst verstärkender weiterer Erwärmungsprozess in Gang
kommt, den die kommenden Generationen nicht mehr stoppen können.
Der wirksamste Schritt gegen die Erderwärmung ist der rasche Ausstieg aus der Verwendung
von Kohle, Öl und Gas. Deswegen muss es ein vorrangiges Ziel der Wirtschafts- und
Finanzpolitik werden, den Umstieg auf erneuerbare Energien zu beschleunigen.
Wegen der hohen CO2 Emissionen als Folge der Nutzung fossiler Energien ist die Welt derzeit
auf Kurs zu einem Temperaturanstieg um 4 – 6° C. Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich die
globale Staatengemeinschaft rechtzeitig auf einen Kurswechsel in der Energiepolitik einigt.
Die Chance das 2 Grad Ziel zu erreichen, besteht dann, wenn einzelne Staaten wesentlich
mehr zur CO2 Reduktion unternehmen als global vereinbart wird und diese Staaten durch
ihren Erfolg auch andere mitreißen.
Österreich hat es bisher nicht geschafft, seine Emissionen unter das Niveau von 1990 zu
senken; vielmehr ist zu erwarten, dass Österreich bei Fortsetzen der aktuellen Energiepolitik
auch die EU Verpflichtung zur Reduktion der Emissionen im Wärme- und Verkehrsbereich um
16% bis 2020 nicht erfüllen wird. So zählt Österreich zu jenen Ländern, die das Problem
Klimawandel in Parlament und Regierung weitgehend ignorieren und damit auch zu einer
Erwärmung weit über 2 Grad beitragen.
Es wird daher vorgeschlagen, dass das Parlament als wichtigen Schritt für eine wirksame
Senkung der Emissionen ein Programm erneuerbare Wärme beschließt und in der Folge
weitere Beschlüsse fasst, sodass die Treibhausgasemissionen bis 2035 auf unter 40 Mt sinken
und Österreich jene Ländergruppe unterstützt, die durch Maßnahmen im eigenen Land und
durch internationale Aktivitäten dafür eintreten, dass eine Erwärmung über zwei Grad
verhindert wird.
Wirksamer Klimaschutz –
Zentrale Aufgabe der Wirtschafts-, Energie- und Finanzpolitik
Gliederung
1 Vorbemerkungen
1.1 Erkennen des Problems
1.2 Verstehen des Problems
1.3 verfügbare Zeitspanne als entscheidende Begrenzung
1.4 Die Bedeutung des 2° Zieles
1.5 Folgen des Scheiterns
2 Wo stehen wir?
2.1 global
2.1 in Österreich
2.3 die Rolle der fossilen Energiewirtschaft
3 Lösungsansätze
3.1 globale Ebene
3.2 die Rolle der Nationalstaaten
3.3 die Bedeutung der Zivilgesellschaft
3.4 Verantwortung, Engagement, Voraussicht
4 Vorschläge für Österreich
4.1 Erneuerbare Wärme
4.2 Weitere Vorschläge
4.3 die Rolle der Bürger/innen in der Umsetzung
4.4 Noch bestehen die Chancen
1 Vorbemerkungen
1.1 Erkennen des Problems
Die Dimension des Problems Erderwärmung wird von vielen Menschen gänzlich
unterschätzt. Manche glauben, es handle sich um ein ähnliches Phänomen wie das
Waldsterben oder das Ozonloch und es würde genügen, zusätzlich Filter einzubauen oder
die Verwendung bestimmter Substanzen zu verbieten, um zu einer Lösung zu kommen. Doch
das ist ein folgenschweres Missverständnis! Der Klimawandel ist die größte Bedrohung des
Wohlstandes und der Lebensbedingungen der jetzt lebenden Generationen und in noch
höherem Maße der Kinder- und Enkelgeneration.
2.2 Verstehen des Problems
Im Rahmen dieser Darstellung kann das Problem nur in knapper Form erläutert werden:
Die Sonne strahlt mehr als 10.000 Mal so viel Energie auf die Erde ein als die Menschheit
verbraucht. Die auf die Erdoberfläche einfallende Energie wird zum Großteil in Wärme
umgewandelt, vorübergehend auf der Erde gespeichert und letztlich wieder in das Weltall
zurückgestrahlt. Das Ausmaß an Speicherung wird durch den Gehalt an Treibhausgasen in
der Atmosphäre geregelt. Je höher der Gehalt an Treibhausgasen, desto höher ist auf der
Erde das Temperaturniveau, bei dem sich ein Gleichgewicht zwischen Sonneneinstrahlung
und Wärmeabstrahlung einpendelt.
Das wichtigste Treibhausgas ist das Kohlendioxid (CO2). Es entsteht bei der Verbrennung
fossiler Energieträger wie Kohle, Öl und Gas. Ein durchschnittliches Haus, mit Kohle beheizt,
emittiert 12,5 t CO2 je Jahr, bei Öl sind es 10 Tonnen, bei Gas knapp 7 Tonnen CO2. Die
Verwendung dieser Energieträger nimmt weltweit noch immer zu; so steigt seit Beginn der
Industrialisierung der Gehalt an Kohlendioxid in der Luft: von 280ppm vor 150 Jahren auf
knapp 400ppm derzeit, mit einem jährlichen weiteren Anstieg von fast 2ppm.
Eine Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als 2° C in diesem Jahrhundert erfordert
den Aufbau eines gänzlich neuen Energiesystems: weitgehender Verzicht auf Öl, Gas und
Kohle und den Ersatz dieser Energieträger durch Erneuerbare Energien wie Wasserkraft,
Biomasse, Wind, Solarenergie, Geothermie in Verbindung mit verbesserter Effizienz und
weniger Verbrauch. Dieser Umbau des Energiesystems ist angesichts der großen
Kapitalmengen, die in den Energiesystemen gebunden sind, eine riesige Herausforderung
aber auch eine große Chance.
1.3 Die verfügbare Zeitspanne als entscheidende Begrenzung
Das Problem ist schon seit mehr als 100 Jahren bekannt. Doch es wird bis heute in vielen
Ländern ignoriert, leider auch in Österreich! Mittlerweile hat die Menschheit nur mehr
wenige Jahre Zeit, einen radikalen Kurswechsel in der Energiepolitik, eine regelrechte
Energierevolution einzuleiten. Diese knappe Zeitspanne ergibt sich aus von Menschenhand
nicht veränderbaren Naturgesetzen, deren Wirken die Klimawissenschaft verdeutlicht.
Die Klimamodelle zeigen, dass eine Erwärmung auf höchstens zwei Grad mit vertretbarer
Wahrscheinlichkeit nur erreicht werden kann, wenn in der Periode von 2010 bis 2050
weltweit nicht mehr als 750 Gt (Milliarden Tonnen) CO2 emittiert werden. Die aktuellen
CO2-Emissionen sind jedoch so hoch, dass dieses Emissionsbudget schon vor dem Jahre
2035 aufgebraucht wäre, wenn es nicht sogleich zu einer Senkung der Emissionen kommt.
Nur wenn sofort mit einer deutlichen Reduktion der Emissionen begonnen wird, lässt sich
das 2Grad Ziel noch erreichen. So gesehen ist jedes Jahr ohne wirkungsvolle Schritte zur
Emissionsreduktion unwiederbringlich verloren!
Dazu kommt, dass jede Investition in fossile Strukturen Kapital auf Jahrzehnte bindet und
damit zu einer Weichenstellung Richtung Beibehaltung oder weitere Steigerung der
Emissionen führt. Dies trifft auf Investitionen in Kohle- und Gaskraftwerke ebenso zu wie auf
Investitionen in Öl- oder Gasheizungen oder Autos mit einem Treibstoffverbrauch über dem
Durchschnitt. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat mehrmals erklärt: Wenn es nicht
vor dem Jahre 2017 zu einer Neuausrichtung der Energieinvestitionen und zu einem
Rückgang der globalen Emissionen kommt, schließt sich das „window of opportunity“ und
ist es für die Menschheit dann nicht mehr möglich, die Erwärmung auf 2 Grad zu
beschränken.
1.4 Die Bedeutung des 2° Zieles
Eine durchschnittliche Erderwärmung um 2 Grad bedeutet, dass es in manchen Regionen
um 4° oder mehr wärmer wird. Doch die Festlegung auf eine Durchschnittserwärmung von
2° hat vor allem biologische und ökologische Gründe. Wenn es zu einer höheren Erwärmung
käme, verstärken sich positive Rückkoppelungseffekte, die die weitere Erderwärmung
beschleunigen, unabhängig davon, was die Menschheit dann unternimmt:
 wenn es keine Gletscher mit ihrer starken Energierückstrahlung mehr gäbe, würden
die dunklen Felsflächen mehr Sonnenenergie speichern und die Erwärmung
beschleunigen;
 eine höhere Temperatur würde zur erhöhten Freisetzung von Methan aus
Permafrostböden führen und damit die Konzentration der Treibhausgase in der
Atmosphäre weiter erhöhen – ein weiterer Erwärmungsschub,
 die Ozeane können bei einem Anstieg der Temperaturen weniger CO2 speichern, was
die CO2 Konzentration in der Atmosphäre zusätzlich erhöhen würde!
Diese Beispiele zeigen, dass ab einem bestimmten Niveau die Rückkoppelungseffekte den
Temperaturanstieg weiter beschleunigen werden. Aus diesen Gründen hat sich die
Staatengemeinschaft auf das 2 Grad Ziel festgelegt. Dazu kommt, dass bei
Temperaturanstiegen über zwei Grad ein Zusammenbrechen lebenswichtiger Ökosysteme in
Teilen der Welt befürchtet wird.
1.5 Was bedeutet ein Scheitern?
Angesichts der tatsächlichen Entwicklungen stellt sich die Frage: was bedeutet ein Scheitern
der Klimapolitik? Die Weltbank hat im November 2012 eine Studie unter dem Titel: „Turn
the heat down – why a 4° world has to be avoided? vorgelegt, in der eine Beschreibung
einer um 4° wärmeren Welt versucht wird. Einige Beispiele seien angeführt:
Hungersnöte:
Längere Dürreperioden in wichtigen Anbaugebieten der Welt werden da beschrieben, die
eine weltweite Verknappung wichtiger Nahrungsmittel mit extremen Preiserhöhungen
auslösen, die in der Folge in vielen Ländern zu sozialen Unruhen und Flüchtlingsströmen
führen.
Hitzewellen:
Hitzewellen mit Temperaturen von 45 bis 50 Grad, wie im Jänner 2012 in Australien, werden
häufiger auftreten mit zahlreichen Folgewirkungen: Waldbrände, Verlust von Siedlungen
durch Feuer, vermehrte Todesfälle wegen Hitze, Zusammenbruch der Stromnetze wegen
Abschaltung von Kraftwerken mangels ausreichender Kühlwassermengen usw.
Starkregen:
Starkregen,die Überschwemmungen und Vermurungen auslösen, enge Gebirgstäler
unbewohnbar machen und riesige Schäden an Hab und Gut anrichten.
Sturmfluten und Orkane
Sturmfluten und Orkane, die Küstenstädte bedrohen und riesige Schäden an Gebäuden aber
auch in Wäldern anrichten
Steigender Meeresspiegel,
der früher oder später Millionenstädte unbewohnbar macht und somit gigantische
Flüchtlingsströme auslösen wird.
Zusammenbruch des Wintertourismus
In Teilen der Alpen wegen zu hoher Temperaturen und zu kurzen Zeitspannen, die sich zum
Schifahren eignen.
Diese Aufzählung ist bruchstückhaft; sie macht das Argument der Weltbankstudie
verständlich, wonach ein Kurswechsel in der Energiepolitik jetzt viel weniger kostet als die
wirtschaftlichen Verluste durch Katastrophen, die ohne Kurswechsel in der Energiepolitik
drohen.
2 Wo stehen wir?
2.1 Die globale Situation
Auf globaler Ebene sind die CO2 Emissionen weiter steigend. Im Jahre 2011 erreichten sie
den Rekordwert von 34 Gt. Die Weltbank (Washington) hat in ihrer Studie - ausgehend von
den Zusagen einzelner Länder zu freiwilligen Reduktionssenkungen (pledges) - darauf
hingewiesen, dass die Welt derzeit auf eine durchschnittliche Erwärmung von 4 Grad zu
steuert mit Temperaturanstiegen von bis zu 10 Grad in einzelnen Regionen.
Die internationale Energieagentur (IEA) hat in ihren jüngsten Berechnungen die tatsächlichen
Rahmenbedingungen der einzelnen Länder und nicht die pledges, die teilweise nicht eingehalten
werden, als Grundlage genommen und kommt zu dem Ergebnis, dass derzeit die Entwicklung auf
eine Erwärmung von sechs Grad zusteuert.
Während die Klimaforscher darauf hinweisen, dass die CO2 Konzentration in der
Atmosphäre in diesem Jahrhundert zumindest unter 450ppm, besser unter 430ppm bleiben
müsste um ein Kippen des Klimasystems mit kaum vorstellbaren Auswirkungen auf die
Zivilisation zu vermeiden, laufen die Trends derzeit auf einen Anstieg der CO2 Konzentration
auf weit über 500ppm. Daraus muss man folgern:
Die bisherigen Bemühungen auf globaler Ebene im Rahmen der UNO und der jährlichen
Klimakonferenzen reichen nicht, um das Problem in den Griff zu bekommen. Der KyotoProzess ist gänzlich ungenügend, weil er nur mehr einen kleinen Teil der Emittenten erfasst.
Auch der Kohlenstoffhandel, wie er gerade von Europa ausgehend ropagiert wird, leistet
keinen überzeugenden Beitrag zur Lösung des Problems.
Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich auf globaler Ebene die Dinge rechtzeitig zum
Besseren entwickeln, da in UNO Gremien Einstimmigkeit verlangt wird und daher die
Langsamsten das Tempo der globalen Klimaschutzpolitik bestimmen.
2.2 Die Situation in Österreich
Die globalen CO2 Emissionen liegen derzeit bei 5 Tonnen/Kopf; in Österreich liegen die
Treibhausgasemissionen bei 10 Tonnen je Kopf, jene von CO2 bei 8 Tonnen.
Im Kyotovertrag war vereinbart worden, dass die Emissionen im Schnitt von 2008 – 2012 bei
68 Mt liegen, tatsächlich entwickelten sie sich in den letzen Jahren wie folgt:
2009 81
2010 84
2011 82 Millionen Tonnen.
Im EU Ranking betreffend die Einhaltung des Kyoto-Vertrages liegt Österreich von den 27
Mitgliedsländern an letzter Stelle – die meisten Länder haben nämlich ihre KyotoVerpflichtung eingehalten oder unterschritten!
Regierungsvertreter betonen oft das hohe Niveau der erneuerbaren Stromerzeugung in
Österreich. Dieses Niveau ist hoch, doch dieses hohe Niveau gibt es seit Jahrzehnten.
Andererseits: In den letzten zehn Jahren war der Zuwachs an erneuerbarer Stromerzeugung
in fast allen europäischen Ländern größer als in Österreich.
In Zukunft werden in Österreich das geplante Effizienzgesetz sowie die aktuelle Ausweitung
der Stromerzeugung aus Wind emissionsbremsend wirken.
Andererseits wurden in letzter Zeit einige Maßnahmen gesetzt, die zu höheren Emissionen
führen: Die Ausweitung des Pendlerpauschales, der Verzicht auf E10, die Kürzung der Mittel
für eine Umstellung im Wärmebereich, die Förderung von Ölheizungen!
Eine wesentliche Veränderung im Niveau der Emissionen ist in Österreich derzeit nicht
absehbar. Im Gegenteil es ist anzunehmen, dass die EU rechtlich Verpflichtung zu einer
Reduktion der Emissionen um 16% im Bereich Wärme und Verkehr bis 2020 nicht erfüllt
werden kann. Das würde zur Folge haben, dass neuerlich Steuergelder für Strafzahlungen
gebraucht werden anstatt Mittel rechtzeitig für den Ausbau der Erneuerbaren Energien
bereitzustellen. Scheinbar waren die 600 Millionen Euro, die wegen Nichterfüllung der
Kyoto Ziele im Inland zu zahlen waren, noch nicht genug!
Zusammenfassend: Österreich gehört derzeit zu jenen Ländern, in denen das Problem
Klimawandel von den Regierungsparteien und der Bundesregierung de facto ignoriert
wird; das bestehende Emissionsniveau verstärkt den Trend zu einer Erwärmung auf 6
Grad.
2.3 Die Rolle der Energiekonzerne
Eine besondere Rolle auf globaler und nationaler Ebene spielen die Vertreter der fossilen
Energiewirtschaft. Die fossile Energiewirtschaft ist nach wie vor das Rückgrat der
Energieversorgung – sie deckt weltweit etwa 80% des Energiebedarfs, in Österreich 70%.
Im Sinne der Klimapolitik sollte die Verwendung der fossilen Energieträger bis 2035 massiv
zurückgehen. Doch die Vertreter der fossilen Energiewirtschaft haben in vielen Ländern sehr
enge Kontakte zur politischen Führung und nutzen ihr Know How, ihr Wissen und ihren
Einfluss in vielen Ländern, um einen zu raschen Umstieg auf erneuerbare Energien als
unwirtschaftlich, ja undurchführbar hinzustellen und so die rasche Zunahme der
Erneuerbaren zu verhindern. Dazu kommt, dass weltweit die fossilen Energien mit über 500
Milliarden Euro jährlich subventioniert werden (Quelle: IEA). Vertreter der IEA haben
kürzlich darauf hingewiesen, dass die fossilen Subventionen umgelegt auf Tonnen CO2
einen Betrag von 110 Dollar je Tonne CO2 ausmachen!
Es wäre falsch zu sagen, alle Vertreter der fossilen Energiewirtschaft oder der großen
Energiekonzerne sind gegen die Erneuerbaren Energien; doch die Mehrzahl übt einen derart
bremsenden Einfluss auf die Regierungspolitik aus, dass ein Erreichen des 2 Grad Zieles
gänzlich unmöglich wird. Das trifft auch auf Österreich zu.
Von Vertretern der fossilen Wirtschaft wird dann auch oft auf neue Verfahren zur
Versenkung von CO2 in der Erde – carbon capture and storage, CCS – hingewiesen, um einen
Anstieg der CO2 Konzentration trotz Weiterverwendung fossiler Energien zu verhindern.
Doch diese Verfahren sind so ineffizient, teuer und risikoreich, dass es wesentlich
vernünftiger wäre, den fossilen Kohlenstoff gleich in der Erdkruste zu belassen und in
erneuerbare Energien zu investieren.
3 Lösungsansätze
3.1 globale Ebene
Das Ausmaß der Bedrohung erfordert, dass global alle Kräfte gegen den Klimawandel
mobilisiert werden - in ähnlicher Weise wie dies in der Vergangenheit geschah, wenn ein
Land in einen Krieg zog. Als erstes Zwischenziel muss erreicht werden, dass bis 2035 die
Verwendung fossiler Energien halbiert und der Ausbau der Erneuerbaren und die
Verbesserung der Energieeffizienz entsprechend forciert wird.
Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Streichung aller Subventionen für fossile Energien
und die Verwendung der eingesparten Mittel für soziale Ausgleichsmaßnahmen und zum
Ausbau der Erneuerbaren Energien. In Ländern ohne solche Subventionen ist die Einführung
oder Erhöhung der CO2 Steuern von ähnlicher Bedeutung.
Realistischer Weise besteht derzeit keine Chance, dass auf globaler Ebene einstimmige
Beschlüsse in dieser Richtung gefasst werden, nicht einmal in Europa ist dies möglich. Die
Interessenslage, die Information über das Bedrohungsszenario durch den Klimawandel und
die Bereitschaft längerfristig Verantwortung zu übernehmen, sind zu unterschiedlich. Von
den globalen Institutionen ist daher kein rechtzeitiger Lösungsansatz zu erwarten!
3.2 die Rolle der Nationalstaaten
Die maßgeblichen Kompetenzen für Steuern, Förderungen, für die Energiepolitik schlechthin
und damit für den Klimaschutz liegen weltweit und auch in Europa bei den einzelnen
Staaten. Sie haben es in der Hand die notwendige Energierevolution einzuleiten. Es geht
daher darum, dass sich einige Länder zu einem Club von Pionierländern, von willigen Staaten
zusammenschließen, die den Kampf gegen den Klimawandel mit aller Konsequenz
aufnehmen in der Form, dass sie bis 2035 den Einsatz der fossilen Energien auf unter 50%
reduzieren.
Realistischer Weise wird eine solche Strategie zunächst vorsehen, die fossilen Energien aus
dem Wärme- und Strombereich weitgehend zu verdrängen, weil hier die alternativen
Technologien entwickelt sind und ihre Nutzung in vielen Fällen ohnehin billiger kommt als
jene der fossilen Energien. Das Problem liegt im Kapitalaufwand zur Umstellung der
Systeme.
Im Verkehrsbereich sind die Alternativen noch nicht so klar und in der Regel deutlich teurer
als die fossilen Energieträger. Hier wird noch einige Jahre Entwicklungsarbeit notwendig
sein, bevor ein großflächiger Umstieg in Frage kommt.
Ein Kreis von Pionierländern, die vorausgehen, müsste auch demonstrieren, dass mit diesem
Umstieg nicht nur ökologische sondern auch ökonomische Vorteile verbunden sind. Als
solche zeichnen sich ab:
- mehr Sicherheit - weniger Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten
- weniger Devisenabflüsse für Energieimporte
- Vorsprung in der Entwicklung neuer Technologien und damit verbesserte
Exportchancen
- Einsparungen für Konsumenten
- zahlreiche neue Arbeitsplätze durch Investitionen in das neue Energiesystem und
durch vermehrte Technologieexporte.
Gleichzeitig müssten für jene Industriebetriebe, die einen hohen Energiebedarf haben und
im globalen Wettbewerb stehen, Sonderregelungen erfolgen, um deren
Wettbewerbsfähigkeit während der Umstiegsphase nicht zu gefährden.
Wenn es diesen Pionierländern gelingt, erfolgreich ökologische und ökonomische Probleme
zu lösen, dann müssten sie in einem nächsten Schritt Partnerländer suchen um so ihren Club
zu vergrößern, bis schließlich jene, die die Entwicklung bremsen, in die Minderheit kommen
und wirtschaftliche Nachteile riskieren, wenn sie sich nicht dem Club der Pioniere
anschließen.
Das 2 Grad Ziel kann nur erreicht werden, wenn einzelne Länder vorausgehen und in der
Umstellung des Energiesystems und damit im Klimaschutz wesentlich mehr leisten als
Staatengemeinschaften vereinbaren.
Es stellt sich also die Frage, wie kommen Länder zur Entscheidung, eine solche Pionierrolle
zu übernehmen. Politische Parteien, vor allem jene mit Nähe zu Energiekonzernen, tun sich
hier besonders schwer.
3.3 die Bedeutung der Zivilgesellschaft
Daher die These: der notwendige rasche und umfassende Umbau der Energiesystems kann
nur gelingen, wenn die Bevölkerung, wenn die Bürgerinnen und Bürger dies einfordern,
wenn sich eine große Zahl von Menschen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und
das Zurückfahren der fossilen Energien engagiert.
Jede Bewegung beginnt mit einzelnen Personen, die das Problem erkennen und in der Folge
andere von der Notwendigkeit einer Änderung des Energiesystems überzeugen. Daher
müssten zunächst einzelne Personen, dann einzelne Gruppen, dann bestimmte
gesellschaftliche Schichten von einem Programm
„Klimaschutz jetzt – durch Verzicht auf fossile Energien“
überzeugt werden und Initiativen starten. Als solche Schichten bieten sich jene an, die im
besonderen Maße betroffen sind wie zum Beispiel:
- Großeltern, die sich Gedanken um das Wohlergehen ihrer Enkel machen
- Eltern mit kleinen Kindern, die die Chance haben, das Ende dieses Jahrhunderts
noch zu erleben mit all jenen Katastrophen, die uns die Klimawissenschaftler
voraussagen, wenn es jetzt zu keiner Energierevolution kommt
- Studenten und Jugendliche, die ihr Leben vor sich haben und sich schon
vorstellen können, was auf sie zukommt, wenn unsere Gesellschaft jetzt nicht die
Kraft aufbringt sich gegen die Interessen der Bremser durchzusetzen und das
Energiesystem rasch umzubauen
- Wirtschaftsunternehmen, die im Bereich der Erneuerbaren Energien tätig sind
und natürlich auch
- Bürgermeister und Gemeinden, die die ersten öffentlichen Körperschaften sind,
die eingreifen müssen, wenn es wegen des Klimawandels zu Katastrophen
kommt!
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, weil buchstäblich alle negativ betroffen sein werden,
wenn wirksamer Klimaschutz scheitert.
Letztlich kommt es darauf an, dass sich der Einzelne für die Allgemeinheit engagiert und
seine Verantwortung nicht an andere abgibt.
3.4 die Schlüsselrolle der Wirtschafts- und Finanzpolitik
Das Ziel des Engagements der Einzelnen muss darin liegen, die Wirtschafts-und Finanzpolitik
zur Unterstützung der Kampagne „Klimaschutz jetzt“ zu bewegen. Das Ziel der Kampagne ist
ein Energiesystem weitgehend ohne fossile Energien. Die wirtschaftspolitischen
Rahmenbedingungen sind so zu stellen, dass privates und öffentliches Kapital nicht in fossile
Systeme sondern in erneuerbare Systeme und Investitionen zur Effizienzverbesserung fließt.
Die Steuer-, Ordnungs- und Förderpolitik muss in diesem Sinne ausgerichtet werden. Wenn
das erfolgt, wird eine Investitionswelle überwiegend finanziert von privatem Kapital
einsetzen, die zur Belebung der Wirtschaft beiträgt.
3.5 Verantwortung und Engagement
So wird Klimaschutz jetzt nur gelingen, wenn viele einzelne Bürgerinnen und Bürger ihre
persönliche Verantwortung wahrnehmen und sich in diesen Prozess Klimaschutz jetzt
einbringen. Das erfordert Engagement in Form von Zeit, Arbeit, Geld und die Überzeugung,
dass wir alle Verantwortung für die Zukunft des Gemeinwesens haben. Doch letztlich kann
dies nur Erfolg haben, wenn aufgezeigt wird, was konkret getan werden muss und welchen
Beitrag der Einzelne leisten kann.
4 Vorschläge für Österreich
4.1 Erneuerbare Wärme
Eine Vorgangsweise ist umso eher erfolgreich, je klarer und einfacher die Schritte sind, die
man sich zur Erreichung eines größeren Zieles vornimmt. Denn schließlich gibt es schon
ganze Bücher mit Maßnahmenvorschlägen zum Klimaschutz, die nicht realisiert wurden.
Deswegen wird hier ein erster, konkreter Schritt vorgeschlagen, nach dessen Realisierung
weitere folgen sollten. Dieser konkrete Schritt bezieht sich auf den Umbau der
Wärmeversorgung, insbesondere der privaten Wärmeversorgung von fossilen auf
erneuerbare Energieträger oder Fernwärme.
Im Kern besteht der Vorschlag darin, dass die Bundesregierung durch fünf Jahre, jährlich 150
Millionen Euro bereitstellt, um damit Privatpersonen einen einmaligen Zuschuss von 40% zu
den Investitionen zu geben , die sie durchführen, um ihr Heizsystem von fossilen Quellen auf
Fernwärme oder Erneuerbare Energien umzustellen.
Diese Umstellung soll finanziert werden durch eine faire Aufteilung der Sondergewinne, die
sich aus der inländischen Öl – und Gasförderung ergeben. Durch den starken Anstieg der Ölund Gaspreise in den letzten zehn Jahren sind die Zusatzerlöse aus der inländischen Öl- und
Gasförderung um mehr als 500 Millionen Euro gestiegen; sie werden derzeit zwischen den
Eigentümern, der Republik und den Nutzern, einigen Konzernen, im Verhältnis 1:4 zugunsten
der Konzerne aufgeteilt. Eine faire Aufteilung im Verhältnis 1:1 wäre mehr als naheliegend
und damit ausreichend Geld für die vorgeschlagene Maßnahme vorhanden. Durch eine
einfache Novelle des Mineralrohstoffgesetzes wäre diese Reform zu realisieren.
Eine solche Maßnahme hätte das Ziel, den Ersatz von Öl und Gas in der Versorgung mit
Niedertemperaturwärme wesentlich zu beschleunigen und dadurch entscheidend zur
jährlichen Reduktion der CO2 Emissionen beizutragen.
4.2 Weitere Vorschläge
Weitere Vorschläge im Bereich Strom, Effizienz, Treibstoffe sollen folgen, sobald einmal
dieser erste Vorschlag realisiert ist.
4.3 die Rolle der Bürger/innen in der Umsetzung
Angesichts der komplexen Interessenslage ist nicht zu erwarten, dass der beschleunigte
Umbau des Energiesystems in Österreich im allgemeinen und die Umsetzung dieses ersten
konkreten Schrittes im besonderen ohne das Engagement der Bürger/innen realisiert wird.
Über konkrete Schritte wie der/die Einzelne diesen Vorschlag Erneuerbare Wärme
unterstützen kann, wird auf der Homepage www.energypeace.at informiert. Das Konzept
sieht vor, dass engagierte Bürger diesen Vorschlag an die Entscheidungsträger herantragen.
Aber es geht nicht nur um diesen einen konkreten Schritt. Es geht darum, dass diesem
Schritt weitere folgen, sodass Österreich seine Emissionen bis 2035 wirklich halbiert und
auch dem Klub der Pionierländer zur Verhinderung eines Temperaturanstieges über zwei
Grad beitritt.
4.4 Noch bestehen Chancen
Noch bestehen Chancen,in diesem Jahrhundert ein Klimadesaster zu verhindern und den
Wohlstand nicht zu verlieren, den wir in den letzten Jahrzehnten aufgebaut haben. Dazu
müssen möglichst viele Einzelne aber auch möglichst viele Länder beitragen. Dabei kommt
es auf jeden Einzelnen und auf jedes Land an. Neben kurzfristigen Zielen für Wachstum und
Gewinn müssen Wirtschafts- und Finanzpolitik genau so langfristige Ziele wie die rasche
Senkung der CO2 Emissionen als Beitrag zur Klimastabilisierung im Visier haben. Ein Warten
auf andere hilft da nicht weiter. Österreich muss selbst initiativ werden und dann andere
von der Richtigkeit des Weges überzeugen. Deswegen ist es von historischer Bedeutung,
dass in diesem Jahr der erste Schritt, der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Wärme
gesetzt wird. Denn wirksamer Klimaschutz ist mittlerweile eine zentrale Aufgabe der
Wirtschafts- und Finanzpolitik. Der Erfolg ist umso größer je früher mit der Umsetzung
begonnen wird. Noch haben wir die Wahlmöglichkeit eine Erwärmung über 2 Grad zu
verhindern. Doch wenn wir noch fünf Jahre so weitermachen wie bisher – als Land, als
Staatengemeinschaft – ist diese Chance auf Jahrhunderte hinaus vertan!
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