Name - SDH Hamburg

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Name
Der Name „Opium“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet nichts anderes als „Saft“. Im
Rahmen seiner Wanderung entlang der Karawanenstraßen nach Osten wandelt sich der
Name von Opium in „Afion“, „Afiuum“ (Persisch), „Aphuka“ bzw. „Ahiphena“ (Indisch) und
„Afuyong“ (Chinesisch)
Botanik
Papaver Somniferum (Schlafmohn). Es handelt sich um eine einjährige, im östlichen
Mittelmeerraum beheimatete ca. 1 m hohe Pflanze. Sie hat eine Pfahlwurzel und kahle,
unverzweigte Stiele. Die Fruchtblätter mit zahlreichen Narben bilden eine Porenkapsel, in der
zahlreiche Samen enthalten sind. Die Pflanze enthält einen weißen Milchsaft, den man
trocknet und Opium nennt. Eine einzige Kapsel liefert Samen für ein ganzes Feld. In kalten
Klima produziert Mohn keine narkotischen Stoffe. (Anlage 1)
In der Botanik gibt es heute 700 Arten der Spezies „Papaver“, d.h. des Mohns, welche fast
die gesamte Landfläche der Erde besiedeln. Interessant ist jedoch, daß es sich bei „Papaver
Somniferum“ um keine durch natürliche Evolution aus diesen Urformen entstandene Pflanze
handelt. Sie ist eine durch das Ausleseverfahren vom Menschen erschaffene Kulturpflanze,
die er über Jahrtausende immer weiter seinen Erwartungen angepaßt hat. Es ist zwar davon
auszugehen, daß sie auf dem Erbgut einer der 700 Urformen basiert, jedoch konnte trotz
zahlreicher Forschungen bis heute zu keiner eine Beziehung ermittelt werden. Auch ist nicht
genau bekannt, wann und wo der Schlafmohn erstmals auftrat.
Opiumgewinnung
Opium wird in einer Technik gewonnen, die schon in den Keilschriften der Assyrer im 7.
Jahrhundert vor Christus wie auch auf den Tafeln von Nippur aus dem Kulturkreis der
Summerer 3000 Jahre vor der Zeitwende beschrieben wird.
Die unreife Mohnkapsel wird meist in den frühen Morgenstunden angeritzt. Die Schnitttechnik ist im Laufe der Zeit immer wieder etwas modifiziert worden. Es wird längs geschnitten, aber auch quer, am Grunde der Kapsel oder unter der Narbe. Wichtig ist jedoch
immer, daß der Schnitt zwar die saftführenden Schläuche der Kapselwand, die unter der
Cuticula verlaufen, öffnen muß, daß er aber das Innere der Kapsel nicht anschneiden darf.
Täte er dies, ginge viel Saft verloren, der dann ins Innere der Kapsel sickern und die Samen
verkleben und verderben würde. Der aus den Ritzwunden ausgetretene Saft wird nach
mehreren Stunden, wenn er angetrocknet ist, abgekratzt, gesammelt und zu einem kleinen
Laib geknetet, der weiter getrocknet wird. Die Ausbeute ist gering und die Arbeit mit dieser
Technik mühselig. Da eine einzige Kapsel nur etwa 0,05 Gramm hergibt, müssen 20.000
Mohnkapseln angeschnitten und abgeschabt werden, um 1 Kg Opium zu gewinnen. Diese
20.000 Pflanzen können auf einer Fläche von 400 Quadratmetern wachsen. Für die
Gewinnung eines Kilogramms sind 200 bis 300 Arbeitsstunden nötig. Dies zeigt, wie gering
der Stundenlohn für die eingesetzten Arbeitskräfte schon immer gewesen ist. Kinderarbeit
war und ist üblich. (Bomhardt: Themen: Armut, Mißbrauch, Unterdrückung, Verarmung, Sklave)
Für die Qualität guten Opiums gab es schon zur Zeit „Plinius“ (Rom) eine Richtlinie: „Man
erkennt es an seinem starken und betäubenden Geruch. Angezündet brennt es mit hell
leuchtender Flamme. Dadurch unterscheidet man es vom gefälschten Opium, das sich
schwieriger anzünden läßt und leicht verlöscht. Man stellt seine Güte auch dadurch fest, daß
man Opium der Sonne aussetzt; denn echtes Opium schwitzt dann und wird flüssig, so daß
es wie ein aus einem Baum ausgetretener Saft aussieht.“
Historisches
Da die frühen Formen der Heilkunde den Priestern vorgehalten waren und als Geheimwissen nur selektiv weitergegeben wurden, gibt es kaum schriftliche Aufzeichnungen über
den Schlafmohn aus sehr frühen Zeitn (Bomhardt: Themen: Verschleierung; Symbolik: Wunderarznei;
Gemüt/Charakter: nebulös, eifersüchtig, abergläubisch, versteckt, vorsichtig)
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Griechenland
Bildliche Darstellungen des Mohns finden sich erstmals im östlichen Mittelmeerraum; in
Griechenland, in Kleinasien, auf Zypern und im Zweistromgebiet. Erstmalig ausdrücklich
erwähnt werden der Mohn und sein geheimnisvoller Saft in der griechischen Mythologie,
wonach er ein Attribut der Göttin „Demeter, der Mutter in der Erde“ ist. Hierzu gibt es
folgende Geschichte: „“Hades“ raubt mit dem Einverständnis des „Zeus“ der „Demeter, der
Mutter in der Erde“, die geliebte Tochter „Persephone“ und entführt sie in die Unterwelt. Als
„Helios“ ihr dieses meldet, versinkt sie in tiefe Trauer, nimmt die Gestalt einer Greisin an und
irrt mit einer Fackel umher, um „Persophone“ zu suchen. Dabei kommt sie nach „Mekone“,
einer Stadt, die zuvor „Sikyon“ hieß, findet dort den Mohn und ißt von seinen grünen
Kapseln, um ihren Kummer zu betäuben. In „Mekone“ schenkt sie den Mohn den Menschen.
„Mekone“ wird daraufhin die Mohnstadt der „Göttin in der Erde“.„Mekon“ bedeutet Mohn“.
(Bomhardt: Themen: Schmerzlosigkeit, Schmerzlosigkeit in schmerzhaften Situationen, Schreck, Flucht vor
Elend, Narkose, Vermeidung von Schmerzen; Symbolik: Unterwelt,)
Alle Darstellungen von „Demeter“ sind mit der Mohnkapsel versehen. Ihre Priesterinnen
führen ihn als Abzeichen und ihre Altäre werden mit Mohn und Ähren geschmückt. Die
Mohnkapsel steht für Gesundheit und Wohnbefinden und die Weizenähre für Wohlstand und
Fülle. Auch bei den eleusischen Mysterien hat der Mohn eine Rolle gespielt. Diese hatten
teilweise orgienhafte Züge , wobei der Rausch dabei als Obsession des Menschen durch
das Göttliche verstanden wurde. (Bomhardt: Symbolik: Rausch, Wunderarznei, Zeremonie)
Eine andere Geschichte lautet, daß der Mohn aus den Tränen der „Aphrodite“ wuchs, die sie
um den Verlust des „Adonis“ weinte. Viele weitere klassische Zeugnisse deuten darauf hin,
daß die kultische Bedeutung des Mohns im östlichen Mittelmeerraum, vor allem in den
Siedlungsgebieten der Griechen ihre Heimat hatte. Daß diese schon um die narkotische
Wirkung des Mohnsaftes wußten ergibt sich z.B. auch daraus, daß die Götter des Schlafs
„Hypnos“ und des Todes „Thanatos“ mit der Mohnkapsel in der Hand dargestellt werden.
(Bomhardt: Symbolik: Hypnos, Thanatos)
„Alexander von Makedonien“ gründet die Stadt „Alexandria“ und deren Universität, als ein
hervorragendes Zentrum der griechischen Medizin auf ägyptischen Boden Es ist davon
auszugehen, daß unter dem Einfluß dieser Gelehrtenschule, die unter der Schirmherrschaft
der Ptolemäer arbeitete und ununterbrochen mit dem Opium experimentierte, der Mohn und
damit das Opium erstmals seine angestammten Biotope in Griechenland und Kleinasien
verließ und seinen Einzug in das Nilland gehalten hat. (Bomhardt: Symbolik: Reisen, Überfall,
Imperialismus, Kolonialismus, Wunderarznei)
Die ersten überlieferten Schriften stammen von „Hippokrates“, einem Arzt aus der Dynastie
der Asklepiaden. Sein „Corpus Hippocraticum“ (5.-4. Jahrhundert v. Chr.) berichtet unter
anderem über das „Mekonion“, das durch Auspressen der Mohnpflanze gewonnen und
wegen seiner sowohl narkotischen als auch stopfenden Wirkung empfohlen wird. Der
griechische Arzt „Diagoras“ aus Melos (5. Jahrhundert v. Chr.) beschrieb erstmals zwei
Eigenschaften des Opiums, die über die medizinische Anwendung hinausgehen, nämlich,
daß es „zu immer neuer Verwendung verführe und dem, der ihm hörig sei, den Sinn für die
Wirklichkeit raube“. „Theophrastos“ aus Lesbos (370-287 v. Chr.) berichtet über eine
berühmt-berüchtigte Mischung des Altertums: „Thrasyos aus Mantinea wollte ein Gift
gefunden haben, wodurch ein leichtes und schmerzloses Ende bewirkt werde, das bereitet
sei aus dem Safte des Schierlings, des Mohnes und anderer ähnlicher Substanzen, und
dessen Menge so klein und gering sei, daß das Gewicht einer Drachme (3,75 g Silber)
ausreiche“: das „Staatsgift“ Athens. Es wird angenommen, daß nicht nur „Sokrates“, sondern
ganz allgemein zum Tode verurteilte politische Gefangene damit hingerichtet wurden. Im
Werk von „Nikandros“, der um 200 v. Chr. geboren ist, taucht erstmals der Begriff „Theriak“
auf, als genereller Name einer Medizin, die aus zahlreichen Komponenten, u.a. Opium,
gemischt wurde. (Bomhardt: Symbolik: Wunderarznei)
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Interessant ist die Geschichte von „Mithridates VI.“, König von Pontus. Dieser hatte ständig
Angst, durch einen Giftanschlag ums Leben zu kommen. Er kam daher auf den Gedanken,
sich gegen dieses zu immunisieren und nahm täglich einen Schluck von einem Gebräu,
„Mithridat“ genannt, das aus verschiedenen Giften, u.a. einem großen Teil Opium,
zusammengesetzt war. Diese Mixturen wurden vorher an zum Tode verurteilten Verbrechern
oder an Sklaven ausprobiert. Erwies sich der Trank als unschädlich und erhöhte er die
Abwehrkräfte gegen Gift, nahm „Mithridates“ sie selbst zu sich. Leider wurde er jedoch Opfer
seiner eigenen Vorsorge. Ein späterer Versuch, sich in einer ausweglosen Situation durch
Gift das Leben zu nehmen, scheiterte an seiner Widerstandsfähigkeit, so daß er seine
Feinde um den Gnadenstoß bitten mußte. (Bomhardt: Symbolik: Sklave; Angst (vor): heftige Angst,
ermordet zu werden, drohendem Tod, Emotionale Ebene: angstvolle und verzweifelte Stimmung mit
Selbstmordgedanken)
Rom
Mit dem Kult der „Demeter“ („Ceres“) brachten die Griechen auch das Opium nach Rom.
Andererseits lag die Medizin in Rom ohnehin fast ausschließlich in den Händen von
Griechen, über die das Opium bereits zum Einsatz kam. Sie hatten seit jeher ihre berühmten
Schulen in „Pergamon“ und in „Alexandria“. Für sämtliche irgendwie geartete Leiden gab es
präzise Rezepte und in keinem einzigen fehlte das Opium. (Bomhardt: Wunderarznei)
Sämtliche Kaiser von „Nero“ bis „Marc Aurel“ und die Aristokratie nahmen das Opium
regelmäßig und es wird davon ausgegangen, daß auch ihre Ärzte es nahmen. Der Gebrauch
des Opiums als mildes Rauschgift war in der römischen Gesellschaft alltäglich hatte nichts
Skandalöses an sich. (Bomhardt: Themen: Flucht in Illusion, Scheinwelt, Träume; Symbolik: Rausch,
Scheinparadies, Scheinwelt, Sucht)
Da die medizinischen Schriften der römischen Kaiserzeit von Ärzten verfaßt wurden, die im
Dienst der oberen Schicht standen, ist nicht bekannt, ob und wie den Kranken aus dem Volk
oder den Armen sowie den zur Folter und zum Tode verurteilten geholfen wurde. So gibt es
beispielsweise gibt es unter den Wissenschaftlern einen Disput über die Stelle des MatthäusEvangeliums (27.34), die über die Jesus am Kreuz angebotene Sterbehilfe berichtet. Die
heutige Textdeutung lautet: „Dort reichten sie ihm Essig mit Galle gemischt. Er kostete
davon, wollte aber nicht trinken.“ In diesem Zusammenhang ist aber interessant, daß das
althebräische Wort „rosh“ sowohl „Galle“ als auch „Opium“ bedeutet. Es gibt weitere
Zeugnisse über diese Praxis der Foltermeister, z.B. des „Tertullian“ (ca. 150-230 n. Chr.), der
selbst Christ war: „Während der Christenverfolgung hätten viele Gefangene gegen die
Qualen der Folter so viel „vinum medicatum“ getrunken, daß sie beim Verhör außerstande
gewesen wären zu bekennen, wie ihr Gott heiße“. (Bomhardt: Themen: Betäubung,
Empfindungslosigkeit, Schmerzlosigkeit in schmerzhaften Situationen, Sedierung, Narkose, Mißbrauch, Tod,
Verderben, Vermeidung von Schmerzen; Symbolik: Fesselung; Gemüt: hartherzig, grausam, unbarmherzig)
Der berühmte Leibarzt von Kaiser „Marc Aurel“, „Galen“ aus Pergamon, der schon als Knabe
am Unterricht des Asklepeion teilnehmen durfte, war Begründet der „Galenik“. Seine
zugrundeliegende Theorie ist die Humoralpathologie. Nach dieser Vier-Säfte-Lehre stehen
beim gesunden Menschen die vier Säfte Blut, Schleim, gelbe Galle und schwarze Galle in
einem harmonischen Gleichgewicht. Erst wenn es zum Überfluß oder zum Mangel an einem
der vier „humores“ kommt, erkrankt der Mensch. Die Krankheit kann dann ihrerseits in vier
Zuständen eingeteilt werden, nämlich kalt, heiß, trocken und feucht. Das gleiche geschieht
mit den Medikamenten. Galen folgt hierin der Lehre des „Aristoteles“ und des „Theophrast“,
welche die gesamte Materie in die vier Grundqualitäten Feuer (warm/trocken), Luft
(warm/feucht), Wasser (kalt/feucht) und Erde (kalt/trocken) einteilen. Nach „Galen“ ist es die
Aufgabe des Arztes, ein heißes Übel mit einem kalten Medikament anzugehen, wobei er
durch Mischung den richtigen Grad von Kälte oder Hitze und Feuchte oder Trockenheit
erreichen muß. In diesem Zusammenhang wurde Opium als sehr kalt eingestuft. Einen Teil
seiner Kälte nahm „Galen“ durch ein sog. „Corrigens“, und zwar das als heiß geltende
„Castoreum“ (Bibergeil, Sekret der Hinterleibsdrüse des Bibers) hinweg. Auch alter Wein
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wurde oft benutzt, um dem Opium die tödliche Kälte zu nehmen. Dieser Theorie schloß sich
„Plinius“ mit der Anmerkung an „Opium tötet durch Auslöschung der Körperwärme“.
(Bomhardt: Symbolik: eisige Kälte; Angst (vor), Eiseskälte, innerliche)
Es gibt kaum ein Spezialgebiet der Medizin, mit dem „Galen“ sich nicht beschäftigt und über
das er nicht geschrieben hätte. Er verwandte Opium gegen Husten, bei Fieber, gegen Ruhr,
als Gegengift bei vergifteten Wunden und Schlangenbiß aber auch als Beruhigungsmittel.
Vor allem war er aber auch der Erste, der aufgrund seiner Erfahrungen als Arzt des Kaisers
vor dem Dauergebrauch des Opiums warnte. In einem seiner Berichte über „Marc Aurel“
berichtet er über dessen echte Abhängigkeit. (Bomhardt: Themen: Rausch, Sucht, Mißbrauch)
Selbstmord aus politischem Zwang oder aus persönlichen Gründen war ein allgemeines
Motiv, um zu den Giften zu greifen. Vor allem in Rom hat das Opium auch zu Mord und
Selbstmord gedient. (Bomhardt: Themen: Tod; Gemüt: feige, hartherzig, hinterhältig, eifersüchtig, grausam,
unanständig, unbarmherzig; Emotionale Ebene: angstvolle und verzweifelte Stimmung mit Selbstmordgedanken;
Angst (vor): ermordet werden, drohendem Tod; Aggression: gewalttätig; Traurigkeit: traurig, m.N. z. Selbstmord;
Depression/Selbstmord: mittels Gift)
Das Eindringen des Christentums in die römische Welt, welches Krankheit und Schmerz als
göttliche Fügung betrachtete, gegen die vorzugehen einer Gotteslästerung gleichkam,
unterband immer mehr den Einsatz des Opiums in der Medizin. Nur Gebet und tugendhaftes
Leben durften gegen Krankheit angewendet werden. Ein Erlaß des Papstes im 5.
Jahrhundert untersagte den Gebrauch des Opiums außer für medizinische Zwecke. Dem
folgte die Anweisung „Karls des Großen“ die besagte, der Mohnsaft sei ein Werk des Satans,
und alle, die ihn berühren, würden als Hexen und Giftmischer verurteilt. (Bomhardt: Themen:
Unterdrückung, Verderben, Verzerrung; Symbolik: Verdrängung, Verschleierung, Dämonen, Fesselung, Lüge,
Unterdrückung einer Mehrheit durch eine Minderheit, Wunderarznei, Gemüt: abergläubisch, besessen,
blasphemisch mit Fluchen,
Arabien/Naher Osten
Über die Karawanenstraßen gelangte das Wissen der griechischen Ärzte und damit die
Anwendung des Opium weiter nach Osten in die arabische Welt, wo sich die großen Schulen
der Medizin weiterentwickelten. Auch hier wurde das Opium bald zur Behandlung aller
erdenklichen Schmerzen eingesetzt. Die bekanntesten Aufzeichnungen hierzu stammen von
dem Arzt, Physiker und Mathematiker „Abu Ali al-Hosein ben Abdullah Ibn Sina“ (980-1036)
kurz „Abu Sina“ genannt. Er war auch der erste in der arabischen Welt, der die Wirkung der
Gewöhnung beschrieb: „Es stumpft den Intellekt ab, engt das Bewußtsein ein, durchkreuzt
vernünftiges Beratschlagen, schwächt die Verdauung und bringt schließlich den Tod durch
das Unterkühlen der natürlichen Funktionen.“ Er selbst starb an einer Überdosis bei der
Behandlung eines Kolik-Anfalls. Dadurch das Mohammed der Prophet seinen Gläubigen den
Wein verboten hatte, verhalf er anderen Drogen zu größerer Beliebtheit. Dies war neben
dem Haschisch das Opium. Ein Zeitgenosse von „Abu Sina“, „Al-Biruni“ (973-1048), schreibt
erstmals über einen nicht medizinisch indizierten, süchtig machenden Opiumgebrauch:
„Leute, welche in den Tropen oder heißen Klimata leben, vor allem jene in Mekka, haben die
Gewohnheit, täglich Opium zu nehmen, um etwas gegen die Erschöpfung zu tun, um den
Körper von der Einwirkung der sengenden Hitze zu erleichtern, um längeren und tieferen
Schlaf herzustellen und den Überfluß von Nässe wegzunehmen. Sie fangen mit kleineren
Dosen an, die schrittweise gesteigert werden bis hinauf zu tödlichen Dosen". Bis in die
heutige Zeit ist es üblich, unruhigen und überdrehten Kindern einen Mohnsirup zu
verabreichen. In Persien wurden die „Theriakis“ bekannt, ein Name, der Opiumessern oder
Leuten, die „Kodemar“ ein Getränk aus Mohn, zu sich nahmen, gegeben wurde. Diese
würden physisch immer mehr herunterkommen und schließlich ihrem Leben oft selbst ein
Ende setzen. Dazu nähmen Sie ein Stück Opium und tränken anschließend Essig. Sie
gelängen nicht selten von einer ersten Dosis von der Größe eines Nadelköpfchens zu einer
halben Unze pro Tag. Viele stürben auch an den Entzugsproblemen in Situationen, in denen
aufgrund äußerer Umstände ihre täglich gewohnte Menge nicht erhältlich sei. (Bomhardt:
5
Themen: Betäubung, Empfindungslosigkeit, Schmerzlosigkeit, Sedierung, Sucht; Emorionale Ebene: zufrieden,
vergißt alle Beschwerden und Schmerzen)
Mit dem Islam zog der Mohn weiter nach Osten und gelangt nach Afghanistan, welches bald
ein Mohnland wurde. Heute ist es einer der größten Produzenten von Mohnsaft. Der
nationale Verbrauch war aber schon früh bekannt. Die „Pathanen“, die kämpferischen
Stämme des heutigen Suleimangebirges, benutzten den „Honig der Krieger“, um sich zum
Durchhalten zu befähigen. (Bomhardt: Gemüt: Todesverachtung, kühn, gesteigerter Mut, tollkühn, wild)
Auch in Mekka kam es schon bald zu verbreiteten Suchterscheinungen. Es ist bekannt, daß
die Mekka-Pilger in der Hoffnung, daß ihnen ein tägliches Stück „Benj“ über die Beschwerden der Wallfahrt hinweghelfen, würde ihren Vorrat an Opium schon im Pilgersack
hatten, als sie die weite Wanderung antraten. Von Mekka aus verbreitete sich der
Drogenmißbrauch über das gesamte islamische Einflußgebiet. (Bomhardt: Themen: Reisen;;
Emotionale Ebene: zufrieden, vergißt alle Beschwerden und Schmerzen).
Bei den “Assassinen“ gegen Ende des 11. Jahrhunderts fand Opium erstmals Verwendung
bei der zielbewußten Abrichtung von Anhängern zu Mördern. „Hasan ibn-Sabbah“ (10401124) der „Alte vom Berge“, wie der Abt dieser geheimen Gruppe bei den Kreuzfahrern hieß,
versenkte seine Jünger in einer phantastischen Gartenumgebung mit Hilfe von Opium und
Haschisch in ekstatische Träume, die den Vorstellungen von der Glückseligkeit des
Paradieses nahekamen. Unter diesem Einfluß unterwarfen sie sich in fanatischer
Entschlossenheit, jeden Mord als eine gerechte und heroische Tat zu begehen. (Bomhardt:
Themen: Täuschung, Mißbrauch, Euphorie; Symbolik: Scheinparadies, Lüge; Gemüt: besessen)
Von den Türken wird berichtet: „Sie konnten mit Opium viele Tage ohne weitere Nahrung
durchhalten. Wenn sie in den Kampf gingen, nahmen sie es im Übermaß, so daß es sie
animieren oder wenigstens unempfänglich für das Bewußtsein von Gefahr machen sollte.
(Bomhardt: Symbolik: Verdrängung; Gemüt: Todesverachtung, gesteigerter Mut)
Es wird auch berichtet, daß sich bis zum Ende der Schah-Regierung sim iranischen Parlament ein Rauchsalon befunden habe, in den sich die Abgeordneten in der Pausen zu einer
Pfeife der Entspannung zurückziehen konnten.
Indien
Die arabischen Händler führten das Opium in Indien ein. In Wein gemischt, war der Gebrauch in der Aristokratie weit verbreitet und führte später zum Untergang der Dynastie der
„Moguln“. Ihre Mitglieder waren dem Alkohol und dem Opium allesamt verfallen. Im 18.
Jahrhundert war „Patna“ der weltweit berühmteste Platz für die Kultivierung von Opium.
Neben der im Inland verbrauchten Menge wurden jährlich 3000 bis 4000 Kisten exportiert.
Mit dem Schwinden der Macht der „Moguln“ erhöhte sich der Einfluß der Briten, die über die
„East India Company“ das Monopol für den Opiumhandel mit China anstrebten, das Holland,
Frankreich und Portugal ihnen streitig machten. Im Rahmen dieses Handelskrieges kam es
auf Betreiben der Engländer zu einer ständigen Erhöhung der Opiumproduktion. Der
Erzeugung von Getreide wurde hierdurch immer mehr fruchtbares Land entzogen, was in zur
Ausweitung der Hungersnöte in Indien führte. Interessant ist, daß die indischen Ärzte das
Opium trotz seiner großen Verbreitung in der Medizin scheinbar so gut wie gar nicht
einsetzten. (Bomhardt: Themen: Armut, Mißbrauch, Unterdrückung, Verarmung; Symbolik: Imperialismus,
Kolonialismus, Unterdrückung einer Mehrheit durch eine Minderheit)
Im heutigen indischen Alltag ist es gängige Praxis, Opium zu essen, zu trinken und zu
rauchen. Man gibt es sogar den Pferden, wenn man eine außerordentliche Leistung von
ihnen erwartet. Das Auffällige daran ist, daß eine große Zahl von Menschen es gebraucht,
ohne die Probleme der Akkumulation oder der Sucht zu haben. Sie nehmen ihre tägliche
Dosis ein Leben lang und zeigen keine Tendenz, sie zu steigern.
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China
Die Opiumkrieg zwischen England und China ist ein weiteres trauriges Kapitel in der Geschichte des Mohns. Der Mohn gelangte vermutlich auf zwei verschiedenen Wegen nach
China. Einerseits auf dem Landweg durch Mönche, Pilger und Kameltreiber und andererseits
auf dem Seeweg durch Kaufleute, Missionare und Matrosen. Bis dahin kannte das alte China
den Mohn und damit das Opium überhaupt nicht. Erstmalig im 12. Jahrhundert berichtet „Li
Hong“, ein chinesischer Schriftsteller, über die Gewinnung der Mohnmilch aus der Kapsel.
Zu dieser Zeit wurde das Mittel im wesentlichen zur Beruhigung von Darmbeschwerden
eingesetzt. Aber bereits gegen Ende des 13. Jahrhunderts soll sich der Opiumgenuß so
rasch verbreitet haben, daß er zu einem gesellschaftlichen Problem wurde. „Taizu“ der erste
Kaiser der Ming-Dynastie konsumierte zu diesem Zeitpunkt selbst bereits große Mengen
Opium. In den folgenden Jahrhunderten durchdrang die Gewohnheit des Essens und
Trinkens von Opium ausgehend von der Aristokratie über die Minister und die Verwaltung
schließlich die gesamte Bevölkerung. So wird z.B. über den Mißbrauch des Opiums
dahingehend berichtet, daß Menschen, die ihres eigenen Lebens überdrüssig waren, mit
Hilfe der Droge zu einem Amoklauf animiert wurden, bei dem es galt, möglichst viele
Menschen mit in den Tod zu nehmen. Dazu verschluckten sie einen Klumpen Opium, was
sie derartig aufpeitschte und zur Raserei brachte, daß sie mit gezücktem Dolch wie wilde
Tiere auf die Straße stürmten und alle ihnen Begegnenden niederstachen, bis sie selbst
irgendwann von einem anderen durchbohrt wurden.
(Bomhardt: Themen: Mißbrauch, Todesverachtung, Gemüt: überreizt, wild; Emotionale Ebene: Selbstmordgedanken, Raserei, gewalttätig)
Die Technik des Opiumrauchens entstand dadurch, daß aufgrund eines im 16. Jahrhunderts
in Peking erlassenen Tabakverbots der in den schwarzen Markt abgedrängten Tabak mit
anderen Drogen, wie z.B. Opium zu gestreckt wurde. Später wurde dann der streng
verbotene und hoch besteuerte Tabak ganz weggelassen und das Opium allein geraucht.
Dazu wurde es in einem neuen Verfahren der Fermentation, das heißt durch Einwirkung von
Mikroben, rauchfähig gemacht. (Bomhardt: Symbolik: Rauch, Pfeife)
Zum dramatischen Anstieg des Opiumkonsums in China kam es vor allem durch den starken
Importdruck der Engländer. England importierte in großem Umfange Tee aus China, welches
für dessen Bezahlung auf Silber bestand. Bald waren die englischen Silbervorräte erschöpft.
Der Versuch, diese negative Bilanz durch anderweitige Gegenlieferungen auszugleichen,
scheiterte an der Bedürfnislosigkeit der Chinesen. Nur für Opium zeigten sie großes
Interesse. Deshalb entstand das System Tee gegen Silber und Silber gegen in Indien
produziertes Opium. Da die Sucht sich jedoch rapide im ganzen Land verbreitete, war der
chinesische Hof bald alarmiert und es kam im Jahre 1729 zu einem Verbot der
Opiumeinfuhr. Ausgenommen hiervon war nur Opium für medizinische Zwecke unter
Nachweis einer Lizenz. Das Problem nahm trotzdem weiterhin stark zu, weshalb es 1799
und 1800 zu einem gänzlichen Opiumverbot kam. Auch das Rauchen wurde mit Strafen
belegt wurde: Stockschläge und Pranger; wie es schon für die Händler üblich war, und
darüber hinaus das Abschneiden der Oberlippe, die Deportation und die Erdrosselung. Da
England trotzdem auf seinen Markt nicht verzichten wollte, wurde Opium nun zur
Schmuggelware/„Contrabande“. Mit Hilfe von korrupten chinesischen Beamten und
Zwischenhändlern, den sogenannten „Hong-Merchants“ oder „Cohongs“ etablierte sich jetzt
erstmalig in großem Umfange der illegale Opiumhandel. Einen großen Anteil am Umschlag
der Ware hatten auch die Missionare, die das Opiumgeschäft als ein Mittel zur Missionierung
Chinas in Gottes Namen rechtfertigen und zusätzlich zu der Lehre Christi das Opium an die
Menschen verteilten. Als die Idee auftauchte, den gesetzlichen Bann von der Droge zu
nehmen, um dem schier unüberwindlichen Problem Herr zu werden, scheiterte dieses
Ansinnen an den Argumenten der Mandarine und der Verwaltung, die allesamt von den
geheimen Schmiergeldern profitierten. Im Sommer 1838 setzte der Kaiser einen
unbestechlichen Beamten zur Bekämpfung des Übels ein. Dieser forderte in einem
Schreiben die englische Königin auf, den Opiumimport nach China zu unterbinden. Einige
Tage später setzte er die „Cohong“ unter Androhung von Execution unter Druck, das in
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ihrem Besitz befindliche Opium auszuhändigen. Er zwang auch die englischen Händler zur
Auslieferung der sich auf den vor „Kanton“ liegenden „Opium-Clippern“ befindlichen Ware.
Im Anschluß daran ließ er die gesamten 20.000 Kisten Opium vernichten. Unter dem
Vorwand, Entschädigung für den wirtschaftlichen Verlust der englischen Kaufleute in Höhe
von 6 bis 10 Millionen Dollar zu beanspruchen, erklärte England China den Krieg. Im Jahre
1942, nach einem für China verheerenden Krieg, war Kanton in die Knie gezwungen. China
zahlte die Entschädigung für die vernichtete Ware, gab das Handelsembargo auf und
erkannte Hongkong als englischen Siedlungsplatz an. (Bomhardt: Themen: Überfall, Mißbrauch, Tod;
Symbolik: Unterwelt, Imperialismus, Kolonialismus, Korruption, Lüge, Schmuggel)
Europa
Jahrhundertelang waren das Opium und seine Elixiere aufgrund des Einflusses der
christlichen Kirche im Abendland verschollen. Die meisten medizinischen und pharmazeutischen arabischen Schriften des frühen Mittelalters wurden vom 11. bis 13. Jahrhundert
ins Latainische übersetzt, so daß auf dem Umweg der Überlieferung der arabischen Medizin
das Wissen der griechischen Ärzte und damit die Kenntnisse über den Gebrauch des
Opiums mit den Kreuzrittern in den europäischen Kulturkreis zurückkehrte. (Bomhardt: Themen:
Reisen)
„Salerno“, das an der Stelle liegt, wo sich einst griechische und römische Kultur berührten,
wurde die erste abendländische Hochschule mit universaler medizinischer Ausstrahlung.
„Mathaeus Platearius“ schrieb ein Werk über die „salernitanische Schule“, das während des
gesamten Mittelalters in der Medizin richtungsweisend war und in dem die Anwendung des
Opiums wieder behandelt wird. Im Mittelalter finden sich auch erstmals Hinweise und
Aufzeichnungen von Operationen unter Narkose. Auf einem von „Tilman Riemenschneider“
gestalteten Sarkophag des Kaiserpaares Heinrich II. (1002-1024) und Kunigunde im
Bamberger Dom ist dargestellt, wie der heilige „Benedikt“ dem Kaiser einen Stein entfernt,
während dieser offenbar in Narkose liegt. Auch der italienische Arzt „Hugo von Lucca“ (1.
Hälfte des 13. Jahrhundert) und später der englische Arzt „John Arderne“ (14. Jahrhundert)
beschreiben die Anwendung des Opiums bei schmerzhaften Operationen. (Bomhardt: Themen:
Betäubung, Narkose, Vermeidung von Schmerzen)
In der Heilkunst des Mittelalters taucht das Opium dann auch wieder als Hauptbestandteil
der berüchtigten „Theriak-“ und „Mithridatum“-Mischungen auf. Da diese als Allheilmittel
galten, setzte man sie erfolglos auch im Rahmen der großen Pest-Epidemien ein. Obwohl
das „Heilmittel“ schädlicher war als die Seuche selbst, hielt sich der „Theriak“ hartnäckig als
Mittel gegen jede Krankheit. Es sollte angeblich sogar gegen die sich zu Beginn des 16.
Jahrhundert sehr schnell verbreitetende Syphilis helfen. (Bomhardt: Symbolik: Wunderarznei)
Auch im Mittelalter gab es wieder Rezepte für Anschläge auf Leib und Leben anderer
Menschen Da diese Mittel die Opfer von Raubüberfällen meist in einen tiefen Schlaf
versetzten, geht man heute davon aus, daß ihr Hauptbestandteil Opium war. Aber auch für
Giftmorde, die zu dieser Zeit immer raffinierter und kaltblütiger wurden, wurde es benutzt .
(Bomhardt: Themen: Überfall, Mißbrauch, Tod; Symbolik: Unterwelt; Gemüt: feige, hinterhältig, grausam; Angst:
ermordert zu werden, vor drohendem Tod)
In der schwarzen Magie und dem Hexenwesen spielte das Opium neben den Nachtschattengewächsen eine große Rolle. Andererseits wurden „Theriak“ und „Mithridat“ auch als
bewährte Gegenmittel gegen alle Formen der Hexerei empfohlen. Obwohl es in einigen
Gegenden unter Androhung von Strafe ausdrücklich verboten war, haben Foltermeister und
Henker ihren Opfern bei den üblichen Folterungen und den häufigen öffentlichen und
schmerzvollen Hinrichtungen Opiumtränke gegeben,. Weiter wurde das Opium im Rahmen
der Prozesse als Geständnisdroge eingesetzt. Aber auch in der ärztlichen Verschreibung
und im täglichen Leben nahm der Gebrauch des Opiums zur Verbesserung des
Wohlbefinden ständig zu. (Bomhardt: Flucht vor Elend, Narkose, Mißbrauch, Tod, Verderben; Symbolik:
Lüge; Gemüt: Verlust des Willens)
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Die Pharmakologie des „Paracelsus“ (geb. 1493) wies erstmals einen Weg weg von den
unübersehbaren Gemischen der Theriakrezepte. Jedoch entwickelte er ein eigenes Rezept
gegen Schmerzen, welches wiederum als Hauptbestandteil Opium enthielt. „Paracelsus“ war
so überzeugt vom Opium, daß es „Stein der Unsterblichkeit“ nannte. Sein Mittel wurde unter
dem Namen „Laudanum“ berühmt. Es wurde viel Mühe darauf verwendet, die Bedeutung es
Wortes „Laudanum“ zu finden. Es handelte sich jedoch um eine eigene Wortschöpfung von
„Paracelsus“ und ist somit das erste in der Geschichte vorkommende Warenzeichen.
„Paracelsus“ sammelte im Gegensatz zu den meisten damaligen Modeärzten der großen
Gesellschaft aufgrund seiner Tätigkeit als Feldarzt umfangreiche praktische Erfahrungen. Er
äußerte sich stets vorsichtig, was den Umgang mit giftigen Substanzen anging: „Alle Dinge
sind Gift, und nichts ist ohne Gift, allein die Dosis macht, daß ein Ding kein Gift ist.“ Er war
auch derjenige, der die Humoralpathologie von „Galen“ aufs heftigste angriff und den
Vorwurf machte, ihr lägen lediglich erdachte und unbegründete Theorien ohne Erkenntnis
zugrunde. Er forderte die Ärzte zur Beobachtung und Benutzung der Heilkräfte der Natur auf:
„Die Natur hat die Arcana wunderbar gesetzt und das zusammenkomponiert, was
zusammengehört; lernet, daß ihr sie versteht und wißt, und seid nicht so, daß ihr auch selber
verstehet und die Natur nicht! Die Natur ist der Arzt, du nicht! Aus ihr mußt du handeln, nicht
aus dir! Sie setzt zusammen, nicht du, Schau du, daß du lernest, wo ihre Apotheken sind, wo
ihre Heilmittel geschrieben stehen und in welchen Büchsen sie stehn.“ Mit dieser
Aufforderung, die Geheimnisse der Kompositionen der Natur zu ergründen, wies er den Weg
zu einer neuen Pharmakologie: „Alchimia, das ist der Schmelzer, der Vulcanus heißt. Was
das Feuer tut, das ist Alchimia, auch in der Küche, auch im Ofen. Auch was das Feuer
regiert, das ist Vulcanus, auch der Koch, auch der Stubenheizer. Also ist’s auch mit der
Arznei, die ist beschaffen von Gott, aber nicht bereitet bis aufs Ende, sondern in den
Schlacken verborgen. Jetzt ist es dem Vulcanus befohlen, die Schlacken von der Arznei zu
tun. Denn inwendig unter den Schlacken, da liegt die Arznei“. Damit stellte er schon damals
fest, daß der Geist einer Arznei durch entsprechende Aufbereitung hervorgebracht werden
muß, wie es in der Homoöpathie durch das Verreiben und Potenzieren geschieht.
(Bomhardt: Symbole: Wunderarznei, Zeremonie)
Noch mehr als durch „Paracelsus“ wird die Vorherrschaft des Opiums jedoch durch den
englischen Arzt „Thomas Sydenham“, den „englischen Hippokrates, (1624-1689) gefördert.
Sein bevorzugtes Arzneimittel war neben der Chinarinde das Opium. Er soll während seiner
Tätigkeit als Arzt 17 000 Pfund „Laudanum“ verordnet haben. Neben den bekannten
schlaffördernden und schmerzstillenden Eigenschaften schrieb er ihm auch kräftigende und
herzstärkende Eigenschaften zu.
Durch die ausufernde Versschreibungspraxis der Ärzte steigert sich der Konsum von
„Laudanum“ weiterhin beträchtlich. Die regierende Schicht Europas, die Königshäuser von
St. Petersburg über Berlin, Skandinavien, Österreich bis nach England und Frankreich
gebrauchte das „Laudanum“ regelmäßig, was sich aus den Wirtschaftsbücher der ergibt.
Dem Adel wollten die Bürger nicht nachstehen und später auch nicht die Arbeiter. Die Zahlen
belegen es für das England des 19. Jahrhunderts: England importierte aus seiner indischen
Kolonie im Jahre 1830 22.000 Pfund Opium. Aber schon 1860 hatte sich diese Menge mit
90.000 Pfund mehr als vervierfacht. Überall in der europäischen Gesellschaft galt Opium
bald schon nicht mehr als exotischer Nervenkitzel, nicht einmal mehr als verbotenes Laster:
Man genoß es wie Kaffee oder Tee als erfreulichen Helfer gegen die Mühen des Alltags.
Zwischen dem Menschen und der Droge stand kein Gesetz, drohte keine Erpressung,
benötigte man keine Bestechung. Nicht einmal das eigene Gewissen meldete sich, denn
selbst die Ärzteschaft war gespalten, wenn es um die Frage von gut oder schlecht des
Opiums ging. Bei der Arbeiterschaft in den Minen Englands ergab sich ein weiteres Problem.
„Laudanum“ war bei weitem preiswerter als Gin. So übernahm Opium die Rolle des
Sorgenbrechers und half über die Arbeitspause des Sonntags hinweg. Die Arbeiterinnen der
Webereien der Textilinduestrie um Manchester mußten ihre Kinder unbeaufsichtigt zu Hause
lassen und hatten keine andere Wahl, als diese auf „ruhigzustellen“. Glaubwürdigen
Berichten zufolge soll ein Drogist in Manchester regelmäßig siebenhundert Haushalte für
9
diesen Zweck mit einer speziell verdünnten Form von „Laudanum“ versorgt haben. Auch in
Deutschland verbreitete sich der Gebrauch von Opium sowohl in den Bürgerhäusern, wo es
als „Laudanum“ oder als „Hoffmannstropfen“ in der Hausapotheke stand, als auch unter der
Arbeiterschaft. Auch hier wurden Kinder mit Opiumpräparaten „beruhigt“, ehe die Mutter zur
Arbeit ging, und so an die Abhängigkeit herangeführt. (Bomhardt: Themen: Sedierung, Flucht
vor Elend, Flucht in Illusion, Armut, Mißbrauch,
Die Werke vieler damaliger Dichter berichten vom Drogengebrauch ihrer eigenen Zeit, wie
z.B. „Marlowe“ (1564-1593), „Shakespeare“ (1564-1616) und „Goethe“ in seinen „FaustZitaten“. Viele Dichter waren jedoch auch selbst dem Opium verfallen, wie „Thomas
Shadwell“ (1642-1692), „Novalis“, „Samual Taylor Coleridge“, „Edgar Allan Poe“. Bekannt
wurden „De Quinceys“ „Bekenntnisse eines Englischen Opiumessers“, aus denen ein
Auszug als Anlage 2 beigefügt ist. Mit der mitreißenden Sprache dieses Werkes verlockte er
viele, seinem Weg zu folgen wie z.B. seine Zeitgenossen „Byron“, „Shelley“, „Keats“,
„Thompson“, „Heine“ und „Baudelaire“. (Bomhardt: Themen: Euphorie, Phantasie, Romantik; Symbolik:
Scheinwelt, Scheinparadies, Sucht, Dämonen)
Ende des 18. Jahrhunderts kam in der Medizin die merkwürdige Theorie auf, daß Opium ein
Mittel gegen den Alkoholismus sei. Im Ergebnis machte diese Kur aus Trunksüchtigen
zusätzlich Opiumsüchtige. Viele ärztliche Schulen des 18. Und 19. Jahrhunderts wandten
Opium in der Psychiatrie, vor allem zur Behandlung von Wahnsinn und emotionalen
Erkrankungen wie Hypochondrie und Hysterie an. (Bomhardt: Symbolik: Wunderarznei)
Pharmakologie
Ebenfalls Ende des 18. Jahrhunderts kam es zu einem ganz neuen Denken. Dieses hatte
zwar immer noch Spekulation und Neugier als Antrieb, begann aber sich des planvollen
Experiments und der kritischen Analyse und zu bedienen. Man wollte herausfinden, „was
den Zaubermitteln innewohnte“. Auf diesem neuen Weg der wissenschaftlich-technischen
Entwicklung gab es zwei Meilensteine: Die Isolierung des Morphiums aus dem Mohn durch
„Sertürner“ 1805 und die Erfindung der Injektionsspritze durch „Charles Gabriel Pravaz“ 1853
bzw. durch „Alexander Wood“ 1855. Vorher war niemals in einer Pflanze ein Stoff
nachgewiesen worden, der die Fähigkeit zur Salzbildung mit Säuren besaß. Hierfür wurde
von dem Apotheker „Meißner“ 1818 erstmalig der Begriff der „Alkaloide“ geprägt als
Sammelname für alle pflanzlichen Stoffe mit basischen (und meist auch physiologisch
aktiven) Eigenschaften. Im Zuge der Vereinheitlichen wurde dann später aus dem
„Sertürnerschen“ „Morphium“ das „Morphin“.
„Sertürner“ hat bald mit seiner Substanz Tierversuche und schließlich auch Versuche mit
Menschen durchgeführt. Seine Vorgehensweise erinnert an die homöopathischen Arzneimittelprüfungen: („Um meine früheren Versuche streng zu prüfen, bewog ich drei
Personen, von denen keine über 17 Jahre alt war, zugleich mit mir „Morphium“ einzunehmen.“) „Er fing vorsichtig an: ½ Gran für jeden, nach einer weiteren halben Stunde
noch einmal ½ Gran und die gleiche Menge noch einmal nach einer Viertelstunde. Das
bedeutete, daß ein jeder fast ein Zehntel Gramm Morphium geschluckt hatte. Der Erfolg trat
sogleich ein: Schmerz in der Magengrube, Ermattung, an Ohnmacht grenzende Betäubung.
Sertürner selbst geriet in einen traumartigen Zustand, dabei beobachtete er auch an sich die
Symptome einer echten Vergiftung. In jäher Besorgnis trank er eine "„viertelbouteille"“starken
Essigs und flößte diesen auch den anderen ein. Nun setzte Erbrechen ein, das er bei einer
der Versuchspersonen nach endlosem Würgen nur durch Magnesiumcarbonat, das den
Essig abstumpfte, wieder zum Stillstand brachte. Die Nacht ging für alle in tiefem Schlaf
vorüber.“ (Bomhardt: Themen: Betäubung, Träume)
Durch die Zerlegung des Mohnharzes bot „Sertürner“ erstmals eine einheitliche, unteilbare
Arznei an. Es war ein Stoff mit einer reproduzierbaren Wirkung auf den menschlichen
Organismus entdeckt worden. Damit wurde das Opium in allen seinen bisherigen
Darreichungsformen in Frage gestellt. Es ging nicht mehr um das Allerweltsheilmittel
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„Laudanum“ oder ähnliche Kompositionen. „Sertürners“ Entdeckung veranlaßte eine ganze
Generation von Apothekern und Chemikern, sich mit der Phytochemie, der Auffindung und
Aufklärung der Stoffe, die Pflanzen hervorbringen, zu beschäftigen. Aus dem Opium allein
ging hierbei ein ganzer Stammbaum von Alkaloiden hervor. Es verging ein halbes
Jahrhundert, bis die Liste von 23 Stoffen vollständig war, ein weiteres halbes Jahrhundert,
bis man die chemische Struktur und Konfiguration bewiesen hatte, und weitere Jahrzehnte,
bis zur ansatzweisen Synthese dieser kompliziert aufgebauten Pflanzenbasen:
1803
1804
1805
Narkotin
Morphin
Morphin
1817
Narkotin
1832
1833
Narcein
Kodein
entdeckt von Derosne
durch Séguin angemeldet als nicht eindeutig beschriebenes Ingredienz des Opiums
als eine pflanzliche Base von Sertürner beschrieben. Der Name Morphium wurde
erstmals 1817 von Sertürner gebraucht
entdeckt von Robiquet und ein Jahr später von Sertürner. Der Name Narkotin geht
auf Magendie (1821) zurück. Die Summenformel wird von Matthiessen und Foster
ermittelt. Feund und Becker schreiben 1903 die richtige Struktur hin; Perkin und
Robinson berichten abschließend, 1911 über eine bestätigte Synthese
von Pelletier entdeckt
(von Kodeia = Mohnkapse wurde von Robiquet aus Opium insoliert, die
Summenformel von Gerhardt 1851 ermittelt.1870 wurde dieses Alkoloid von
Matthiessen und Wright als Methyläther des Morphins erkannt.
In der Folge wurden im Mohnsaft immer mehr weitere Nebenalkaloide entdeckt. Bis weit in
unser Jahrhundert rätselte man über die Bindung und genaue räumliche Anordnung aller
Atome. 1848 gab es einen weiteren Höhepunkt, indem „Merck“ das Papaverin und damit den
zweiten Hauptstamm der Familie der Mohnalkaloide entdeckt. Er gab auch gleichzeitig die
Summenformel bekannt. Die räumliche Struktur ermittelte „Goldschmiedt“. Bestätigt wurde
diese von „Pictet“ und „Gams“. Damit war klar, daß sich die Mohnalkaloide in zwei Stämme
unterteilen, die sich grundsätzlich in ihrem chemischen und räumlichen Aufbau
unterscheiden. Alle wichtigen Alkaloide des Mohnsaftes lassen sich dem einen oder anderen
dieser Grundtypen zuordnen. Dies gilt auch für die synthetischen Abwandlungsprodukte
dieser Alkaloide. (Anlage 3)
Beim Menschen greifen die Mohnalkaloide in das Zentrale Nervensystem ein. Aber bei
anderen höheren Lebewesen, die ein solches System besitzen, zum Beispiel Katzen, lösen
sie ganz andersartige zum Teil entgegengesetzte Affekte aus. Auch ein Frosch hat eine viel
größere Morphin_Toleranz als ein Mensch. Wäre der Mensch so gebaut wie ein Frosch
könnte er ein Gramm Morphin pro Kilogramm Körpergewicht vertragen. Über die Wirkung
der Alkaloide auf pflanzenfressende Insekten, z.B. Heuschrecken, ist überhaupt nichts
bekannt.
Die Ärzteschaft reagierte ungewöhnlich lebhaft auf die Entdeckung „Sertürners“ und seiner
Kollegen, weil jetzt reine Wirkstoffe zur Verfügung standen, die reproduzierbar immer den
gleichen Effekt auslösten. Man konnte die vielfältige, komplexe und oft schwankende
Wirkung des Opiums in Wirkungskomponenten zerlegen und diese Komponenten den
einzelnen Alkaloiden zuordnen. Und obwohl eine mögliche Synergie dabei verlorenging, war
doch der Erfolg im Vergleich zum „Laudanum-Zeitalter“ unübersehbar. Ordnet man die
Hauptalkaloide des Mohns in der Reihe der zunehmenden Dämpfung des
Schmerzempfindens an, steht Morphin ganz oben und Thebain zeigt die geringste Wirkung.
Die zweite wesentliche Wirkung, die krampflösende verhält sich in der gleichen Reihenfolge
gegenläufig (Anlage 3)._Die Erklärung dieses Phänomens ergibt sich aus der Affinität der
einzelnen Alkaloide zu den Rezeptoren des zentralen und peripheren menschlichen
Nervensystems. Die Zerlegung des Opiums in die verschiedenen Alkaloide lieferte zwar
einerseits die Möglichkeit, ihnen ein eigenes Wirkungsspektrum zuzuordnen, man konnte
aber neben den erwünschten Wirkungen jetzt auch die zum Teil höchst unerwünschten
Nebenwirkungen sehen.
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Morphin wird bis heute in der Schulmedizin als das unverzichtbare Mittel der Schmerzbekämpfung eingesetzt. Wo immer durch einen irritierenden Reiz schmerzhafte Krämpfe an
der glatten Muskulatur auftreten, wie z.B. Nieren- und Gallenkoliken, gilt Morphin als der
unersetzliche Helfer. Da es den Darm, und hier insbesondere den Dickdarm, total zur Ruhe
bringt, ist es das Mittel der Wahl für Infektionen, Entzündungen und Blutungen der
Intestinalorgane. Es gibt sogar die Meinung, daß es Indikationen gäbe, wo das Gift Morphin
nicht mehr vergiftet, sondern „vergiftend heile“, weil es den „Alarm“ Schmerz abstelle und
dem Organismus dadurch die Konzentration auf die Krankheit ermögliche. Weiter
unterdrückt Morphin den Husten, vor allem den trockenen. Es wird deshalb bei
Lungenblutungen angewandt. Ein weiteres Einsatzgebiet sind die kardiale Atemnot und
starke Schmerzen. Herzkranke vertragen das Morphin recht gut. Es ist nicht das Herz, das
bei akuter Morphinvergiftung als erstes Organ stirbt, sondern es ist das Atemzentrum, das
außer Funktion gesetzt wird. Neben der vordergründigen schmerzstillenden Wirkung hat das
Morphin auch die schlafbringende narkotische. Bei Lebewesen wie dem Menschen, die nur
durch die Lungen und kaum durch die Haut atmen, tritt bei Überdosierungen von Opium oder
Morphin der Tod durch die totale Lähmung der Atmung ein. Für die Beurteilung mancher
Reaktionen des menschlichen Körpers auf Morphingaben ist auch die Gewöhnungsfrage zu
beachten. Die starke Schweißabsonderung des Anfängers weicht beim Abhängigen einer
Reduzierung fast aller sekretorischen Aktivität, so daß ein qualvolles Gefühl der
Austrocknung empfunden wird. In der Entzugsphase dreht sich alles wieder um: Es treten
dann Tränenfluß, Schwitzen und ruhrartige Diarrhoen auf. Der Süchtige wird leicht durch
eine extreme Abmagerung erkannt. Physiologische Ursachen sind eine übersteigerte
Stoffwechseltätigkeit, eine symptomatische Appetitlosigkeit und die schon erwähnte
Reduzierung der Darmtätigkeit. (Bomhardt: Themen: Betäubung, Schmerzlosigkeit, Narkose)
Gegenüber dem Morphin traten die anderen Inhaltsstoffe des Opiums in der Bedeutung für
die Medizin von Anfang an zurück. Das Kodein hat eine weite Verbreitung als ein Mittel
gefunden, das den Husten beruhigt. Es wird dem Morphin, das die gleiche Wirkung auf das
Hustenzentrum hat, vorgezogen, weil es die Darmbewegung nicht unterdrückt. Für Kinder ist
es allerdings weitaus giftiger als das Morphin. Dionin, ein Verwandter des Morphins, macht
weniger süchtig. Es wird häufig in der Augenheilkunde benutzt. Weiter hilft es
Tuberkulosekranken gegen den trockenen Husten und unterdrückt das für diese Patienten
typische starke Schwitzen. Beim Papaverin, dem ganz andersartigen Typus der
Mohnalkaloide, steht die Fähigkeit die Blutgefäßte zu erweitern im Vordergrund. Deshalb
sind Angina pectoris, Gefäßkrisen und Nierenerkrankungen beispielhafte Indikationsfelder.
Injektionsspritze und Sucht
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Opiate, wie das Opium über Jahrhunderte
zuvor, noch als Getränk verabreicht. Dieses änderte sich schlagartig mit der Erfindung und
Anwendung der Injektionsspritze. Hiermit war es möglich, das Morphium unmittelbar und
schnell in die Blutbahn und damit an das Zentrale Nervensystem zu bringen. Leider kam es
hierdurch auch in der Frage der Gewöhnung und Abhängigkeit zu gravierenden
Veränderungen, da sich durch die höhere Konzentration des jetzt reinen Morphiums in Blut
und Zentralnervensystems bei den Benutzern ein „neues Erlebnisniveau“ einstellte. Durch
die uneingeschränkte Verfügbarkeit des Morphiums wurden viele schnell in den Bann der
Spritze gezogen. Die Schickeria der Zeit fand es interessant und anregend, sich gelegentlich
ein wenig Morphium zu spritzen. Die Damen der Gesellschaft trafen sich zu
„Injektionskränzchen“. „Fabergé“ lieferte allein zu diesem Zweck die teuersten Spritzen, die
es je gab. Sie waren aus massivem Gold und mit seinem berühmten Emaille-Dekor
versehen. Die Methode der Applikation des Schmerzmittels durch die Spritze wurde auch
während der zahlreichen Kriege dieser Zeit von den Feldärzten genutzt. Ohne eine Ahnung
der Folgen wurde den Schwerverletzten Morphium gegen den Wundschmerz gespritzt. Man
gab den Verwundeten die Morphiumspritze sogar selbst in die Hand und erreichte damit, daß
zahllose Soldaten morphiumabhängig wurden und Zeit ihres Lebens von der Droge nicht
mehr loskamen. (Bomhardt: Themen: Mißbrauch, Flucht in Illusion, Scheinwelt, Scheinparadies; Gemüt:
süchtig nach Opiaten)
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Auch in dieser Zeit finden sich unter den Literaten Zeugen für die Beziehung der Menschen
zum Mohn, wie z.B. „Jules Vernes“. Ein Extrembeispiel war „Hans Fallada“, der vor seinem
Tod durch eine Überdosis der Droge so weit verfiel, daß er zu einem frühen Fall der heutigen
sog. „Beschaffungskriminalität“ wurde. (Anlage) (Bomhardt: Themen: Täuschung, Überfall, Armut;
Symbolik; Unterwelt, Lüge; Gemüt: unaufrichtig, hinterhältig, tollkühn, unanständig, Verlust des Willens)
Das Phänomen der Sucht mit der progressiven Gewöhnung wurde in seiner ganzen sozialen
Schwere erst im 19. Jahrhundert bewußt. Erstmalig tauchte das Wort „Sucht“ im
Zusammenhang mit Drogen auf und erfolgte die Feststellung einer Krankheit, die
psychogener Natur ist. Ihre Art und Verbreitung drang allmählich in das Bewußtsein der
Ärzte. Als erstes wurde das Problem an den Arbeiterkindern beobachtet, die als Babys von
ihren Müttern ruhiggestellt wurden und nie wieder von der Droge loskamen. Dazu kamen die
ehemaligen Kriegsteilnehmer, die unter ihrer Verwundung an das Morphium gewöhnt
wurden. Und schließlich viele Ärzte selbst, ihre Angehörigen, die Krankenschwestern,
Apotheker und alle anderen, die leichten Zugang zu Narkotika hatten, sowie die Damen der
Gesellschaft. Man versuchte erstmals einen Typus Mensch zu beschreiben, der eine
Disposition besitzt:„Männer wie Frauen, die, bei einem unruhigen äußeren oder inneren
Leben durch übermäßige Geistesanstrengung oder Gemütserregung oder bei leicht
erregbarer psychischer Anlage durch körperliche Beschwerden angegriffen, durch
Morphium-Injektionen ein psychisches Wohlsein momentan zu erzwingen suchen, anstatt
sich durch eine langwierige geeignete psychische Diät bei entsprechenden anderweitigen
Regimen von ihrer Schwäche zu befreien“.
Die Wissenschaft fühlte sich vor den politischen Autoritäten durch das Krankheitsbild des
„Morphinismus“ alarmiert. Die Ärzte suchten nun nach Methoden, wie man das Gift aus dem
Organismus eines Abhängigen wieder ausschleusen konnte. Die Chemiker machten sich
wieder daran, neue Substanzen vom Morphin abzuleiten und auch aus Morphin herzustellen.
Das Ziel war ein Mittel, das die volle schmerzlindernde Eigenschaft haben sollte, ohne den
Patienten zur Sucht zu führen. Alle diesbezüglichen Versuche schlugen bis heute fehl. Es
wurden Hunderte von Verbindungen synthetisch gewonnen, die alle das Wohltätige erhalten
und das Übel vermeiden wollten. Die allergrößte Enttäuschung, die die Wissenschaft im
Jahre 1874 erfahren mußte, trägt den Namen „Heroin“=“Diacetyl-Morphin“. Es wurden später
noch zahlreiche in der Schulmedizin bedeutende Lokalanästhetike und Analgetika gefunden.
In einem Punkt blieben jedoch alle Erwartungen enttäuscht: die vom Schmerz erlösende
analgetische Wirkung von der suchtmachende Eigenschaft zu trennen.
Drogenhandel
Eng verbunden mit der Problematik der Sucht ist der illegale Drogenhandel. Den warnenden
Stimmen der Ärzte konnte sich irgendwann auch die Politik nicht mehr entziehen. Um den
internationalen Drogenverkehr einzudämmen oder wenigstens unter Kontrolle zu bringen,
wurden zahlreiche internationale Organisationen gegründet. Jedoch ohne großen Erfolg. Alle
Gesetze und Abkommen, die früh gegen die Drogen des Mohns in Kraft gesetzt worden
waren, schlossen später mehr und mehr alle international gehandelten Rauschgifte mit ein.
Diese Maßnahmen hatten alle die Prohibition zum Ziel, was unvermeidbar die
Kriminalisierung des Umgangs mit den fraglichen Stoffen zur Folge hatte. und Dies gilt
sowohl für die Konsumenten, als auch für die Händler oder Erzeuger. Es wurden eine graue
Wirtschaft und der Schwarzmarkt zum Blühen gebracht. Alles läuft auf versteckte Produktion
der verbotenen Ware, verdeckte Handelswege, Schmuggel, Bestechung von Beamten,
Fälschung von Papieren und eine gnadenlos im Untergrund ausgetragene Konkurrenz
hinaus. Weiter sind in diesem Markt durch die Verknappung der Ware exorbitante Preise
erzielbar. Die enormen Gewinne fließen natürlich nur zum geringsten Teil den Mohnbauern
zu. Aber sie reichen aus, um den Armen in den kargen Gebirgstälern den unwiderstehlichen
Anreiz zum weiteren Ausbau der Anbauflächen zu bieten. So entzieht der illegale
Mohnanbau dem anderweitigen Agraranbau das Land, was Verknappung von Lebensmitteln
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und Hungersnöte in den betreffenden Ländern zur Folge hat. Die Hauptgebiete für illegalen
Mohnanbau sind heutzutage zum einen der „Shan-Staat“ im „Goldenen Dreieck“, der
Dreiländerecke von Thailand, Burma und Vietnam. Das andere Gebiet ist der „Goldene
Halbmond“: Pakistan, Afghanistan und Iran, wobei sich der Iran schon seit längerer Zeit aus
der Szene zurückgezogen hat. Afghanistan und Pakistan können hierbei zusammengefaßt
betrachtet werden, denn es sind dort die „Pathanen“, die Gebirgsbevölkerung, die an den
Südhängen des Himalaja, des Hindukusch und in den Tälern des Suleiman-Gebirges den
Mohn anbaut. Zuletzt gibt es noch Mexico und Kolumbien, wo die Mohnproduktion während
des ersten Weltkrieges von der Mafia etabliert wurde. Heroin ist aus Morphin sehr leicht
herzustellen, es ist sozusagen in jeder Waschküche möglich. Bis auf das Anhydrid der
Essigsäure sind die erforderlichen Chemikalien sehr leicht zu beschaffen. In jenen Ländern,
deren Territorien unzugänglich oder deren Regierungen zu schwach bzw. zu mittellos waren,
um eine wirksame Unterdrückung der Mohnkultur durchzusetzen, begann sich ein System zu
entwickeln, das sich wie ein Staat im Staat darstellt: eine landwirtschaftliche Produktion von
Mohnkulturen und Mohnsaft und ein chemisch-technisches Gewerbe zur Herstellung von
Heroin, das es offiziell nicht gibt; dann ein internationaler Handel mit einer Ware, deren
Existenz von amtlichen Stellen geleugnet wird, die aber gleichwohl auf unkontrollierten
Wegen und von privater „Polizei“ geschützt exportiert wird. Vielleicht leistet dieses graue
Wirtschaftssystem ja auch trotzdem einen willkommenen Beitrag zum jeweiligen nationalen
Einkommen? Es ist eine „Ökonomie des doppelten Bodens, die von Wenigen gesteuert wird,
die Teile eines Landes mit den Mitteln des Terrors kontrollieren“. Den Rest trägt die
Korruption der etablierten Obrigkeit bei. Der Umsatz im Drogenmarkt ist gewaltig. Da die
Herstellungskosten des Produkts kaum ins Gewicht fallen und im Schwarzen Markt keine
Steuern anfallen, handelt es sich um Nettoeinkommen. Der schwarze Drogenmarkt ist
demnach eines der größten steuerfrei arbeitenden multinationalen Unternehmen. Die
Umschlagswege sind auf der als Anlage 4 beigefügten Karte dargestellt. (Bomhardt: Themen:
Armut, Mißbrauch, Polarität, undurchschaubare Realität, Tod, Unterdrückung, Verarmung; Symbolik: Unterwelt,
Verschleierung, Korruption, Lüge, Schmuggel, Unterdrückung einer Mehrheit durch eine Minderheit; Gemüt:
feige, unaufrichtig, abhängig, hartherzig, hinterhältig, unzugänglich, unanständig, unbarmherzig, undurchsichtig,
versteckt, vorsichtig, wachsam; Landschaften + Länder: Goldenes Dreieck, Asien, China, abgelegene Gegend,
Persien, trocken-heiß)
Homöopathie
Vorstehende Ausführungen haben gezeigt, daß der Mohnsaft und später auch seine
Derivate in der medizinischen Geschichte einen herausragenden Platz einnehmen. Seit der
Entdeckung der Homöopathie durch Hahnemann vor nun mehr als 200 Jahren findet der
Schlafmohn auch hierin Verwendung und Hahnemann weist darauf hin, daß dem Saft des
Schlafmohns auch in der Homöopathie im Vergleich zu anderen Substanzen ein besonderer
Stellenwert zukommt. Er sagt wörtlich: „Der Mohnsaft ist weit schwieriger in seinen
Wirkungen zu beurteilen, als fast irgend eine andre Arznei"“
Er führt aus, daß durch die Verwendung des Schlafmohns als Mittel gegen Schmerzen aller
Art ohne Berücksichtigung der Ursache, Herkunft und Modalitäten der Krankheit lediglich die
Symptome unterdrückt würden. Dies habe zum einen den Nachteil, daß das gesamte
Krankheitsbild verfälscht und somit die für eine erfolgreiche Heilbehandlung notwendigen
Symptome zum Verschwinden gebracht würden. Darüberhinaus kämen die Schmerzen nach
Abklingen der Wirkung des Mittels stärker und mit noch größerer Schmerzempfindlichkeit
des Kranken wieder, so daß es immer weiterer und stärkerer Gaben der Arznei bedürfe. Dies
führe dann zur Sucht und schlimmeren Übeln, unter denen der Kranke vorher noch nicht litt,
wie z.B. Betäubung oder Verstopfung. Wenn der Mohnsaft überhaupt in der Lage sei,
Schmerzen zu heilen, dann nur im Falle akuter Krankheiten, wo er sowieso auch ohne
Behandlung von allein wieder weggehen würde oder aber im Falle chronischer Krankheiten,
wo das Krankheitsbild des Patienten zufällig zum Arzneimittelbild des Schlafmohns passe.
Dies könne beispielsweise im Falle einer Bleikolik oder einer Ruhr, die mit Hitze und
Betäubung einhergehe, der Fall sein.
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Die ständigen Versuche, die schmerzstillende Eigenschaft von den sogenannten Nebenwirkungen zu isolieren kritisiert Hahnemann dahingehend, daß er sagt, die vermeintlich zu
isolierenden Nebenwirkungen seien die Eigentümlichkeiten des Mohnsafts und keine ihm
abzusondernde Unart. Und diese Eigentümlichkeiten seien nur dann lästig, nachteilig und
gefährlich, wenn der Mohnsaft in großen Gaben antipathisch und nicht homöopathisch
verabreicht würde. Durch die ständigen Modifikationen würde der Mohnsaft nur unkräftiger
und man benötigte stets größere Gaben.
Er weist darauf hin, daß in der Homoöpathie im Gegensatz zur Allopathie stets die ganze
Pflanze verwendet würde und daher die Bereitung der Arznei viel einfacher sei. Der
Mohnsaft sei auch überhaupt deshalb kein Mittel gegen Schmerzen, weil er als fast einzige
Arznei keinen einzigen Schmerz in der Arzneimittelprüfung erzeuge. Vielmehr sei das
Gegenteil der Fall, nämlich Empfindungslosigkeit. Genau dieser Umstand ist es auch, der
dem Mohnsaft seinen besonderen Stellenwert in der Homöopathie verschafft und worauf
sich Hahnemanns Hinweis auf die schwierige Beurteilung seiner Wirkung bezieht. Da in der
Homöopathie zur Ermittlung des genauen Krankheitsfalles und des darauf passenden
Heilmittels gemäß § 14 Organon die genauen Krankheits-Zeichen und Symptome benötigt
werden, macht gerade das Fehlen von Schmerzen und dessen Modalitäten den Fall
schwierig in seiner Beurteilung.
Clarce weist an aber auch mit Recht darauf hin, daß der massive Einsatz von Opium in den
zurückliegenden Jahrhunderten und die daraus gewonnenen Beobachtungen gleichwohl
einen großen Teil der Pathogenese und Symptome geliefert hat:
Durch seine starke Wirkung auf zentrale und vegetative Nervensystem und erzielt Opium
eine Überreizung aller Sinne sowie zusätzlich Spastik der glatten und willkürlichen Muskulatur.
Im Falle der Vergiftung kommt es zu einer vor allem das Atemzentrum betreffenden fortschreitenden Lähmung. Die Herabsetzung der physiologischen Erregbarkeit für Kohlendioxid
führt zu einer Anhäufung von CO2, welches dann plötzlich das Atemzentrum erregt. Nach
Exhalierung des Kohlendioxyds tritt dann die Morphinlähmung mit neuerlicher Atempause in
Erscheinung. Dieses periodische Atmen, welches durch den Wechsel von Lähmung und
Erregung des Atemzentrums verursacht wird, ist heute als „Cheyne-Stokes“-Atmung
bekannt. Später folgen eine Lähmung der zentralen Wärmeregulierung bis hin zu einer
gewissen Temperatursenkung, tiefer Schlaf, ganz enge Pupillen, blasse, kalte Haut und Tod
durch Atemstillstand.
Der regelmäßige Gebrauch größerer Mengen Opium führt zu einer schweren Intoxikation,
nämlich der chronischen Opiumvergiftung mit Verminderung aller Sekretionen, Verschlechterung der Darmfunktion, Ernährungsstörungen der Zähne, Abmagerung, Störungen
auf endokrinem und psychischem Gebiet. Beim Entzug kommt es zu heftigsten
Abstinenzerscheinungen wie Verstimmungen, Angstzuständen, großer Schwäche, Halluzinationen, Delirien, Sprach- und Sehstörungen. Das Ausmaß der Entzugserscheinungen
zeigt, wie tief das Alkaloid bereits in die Protoplasmafunktion der Zellen eingegriffen hat.
Die Gabe kleinerer, nicht tödlicher Dosen über einen längeren Zeitraum führt zur Gewöhnung. Die erhöhte Toleranz des Organismus gegenüber dem Alkaloid ist auf die Fähigkeit
des Organismus zurückzuführen, die erhöhten Dosen relativ schnell durch Niere und Darm
auszuscheiden. Die Gehirnzellen stumpfen gegen die Giftwirkung ab.
Hahnemann teilt die Wirkung kleiner und mäßiger Gaben in Erst- und Nach- bzw. Folgewirkung auf.
Kurzfristig erhöhte Reizbarkeit und Tätigkeit der willkürlichen Muskulatur bei längerfristiger
Minderung derjenigen der unwillkürlichen Muskulatur.
15
Phantasie und Mut sind erhöht. Zugleich sind Sinne und Bewußtsein (Gemeingefühl) aber
abgestumpft und betäubt.
Das Gegenteil tritt in der sogenannten Gegenwirkung bzw. Nachwirkung auf:
Unreizbarkeit und Untätigkeit der willkürlichen und krankhaft erhöhte Erregbarkeit der
unwillkürlichen Muskulatur.
Ideenlosigkeit und Stumpfheit der Phantasie. Dabei Überempfindlichkeit von Sinnen und
Bewußtsein (Gemeingefühl).
Das Fehlen von Schmerzen im Arzneimittelbild von Opium ist danach nur in der Erstwirkung
zu finden. Die teilweise sehr heftigen Schmerzen sind nach Hahnemanns Meinung auf die
oben beschriebene Nachwirkung zurückzuführen. Clarke und Kent schließen sich dieser
Meinung Hahnemanns nicht an. Sie sind der Meinung, es sei nicht notwendig, die Wirkung in
Erst- und Nachwirkung aufzuteilen. Vielmehr hänge die Art der Wirkung allein vom Prüfer ab.
Das allgemeine Wirkungsschema Hahnemanns findet sich dann im Detail durchgängig im
gesamten Arzneimittelbild wieder, von dem hier aber nur die Leitsymptome wiedergegeben
werden sollen: (DREIWERTIG, zweiwertig, einwertig)
Leitsymptome:
-
REAKTIONSMANGEL GEGEN ÄUSSERE EINDRÜCKE UND GEGEN ARZNEIMITTEL; MANGELNDE REAKTION DER LEBENSKRAFT. (Laur., Psor., Sulph.,)
SCHMERZLOSIGKEIT BEI FAST ALLEN BESCHWERDEN.
BEKLAGT SICH ÜBER NICHTS; WILL NICHTS.
Mangel an Gefühl am ganzen Körper (Anac., Cocc., Graph., Kali-C., Lyc., Olnd., Phos-Ac., Phos., Plb.,
Sec., Sep., Stram.)
-
Plötzliches Zurückgehen akuter Ausschläge. (Ant-T., Apis, Bry., Cupr., Zinc.)
VOLLSTÄNDIGER VERLUST DES BEWUSSTSEINS, MIT LANGSAMEM;
SCHNARCHENDEM ATEM. (Arn.)
Zustand von Stupor (Arn., Bapt., Hyos., Kali-P., Lach., Lyc., Nux-V., PhosAc., Stram.)
Tiefes Koma; man kann den Patient aus dem Stupor nicht aufwecken.
Betrunkenheit mit Stupor, wie von Rausch.
Geschwätziges Delirium, Augen weit offen, Gesicht rot geschwollen.
Delirium tremens. (Hyos., Stram.)
Bildet sich ein, nicht zu Hause zu sein. (Bry.)
ZITTERN DER GLIEDER NACH SCHRECK.
KONVULSIONEN NACH SCHRECK.
Voller und langsamer Puls. (Gels.)
Zittern am ganzen Körper, mit äußerlicher Kälte und Zusammenfahren der Glieder
(Nux.-V.)
-
-
Krämpfe bei Kindern, wenn Fremde in ihre Nähe kommen, beim Stillen, durch
Schreck der Mutter oder vom Weinen; Augen halboffen und nach oben gedreht.
Schreien vor oder während Spasmen (Apis, Bell., Cupr., Hell., Stram.)
Erhöhte Empfindlichkeit und Tätigkeit der willkürlichen Muskeln, verminderte
Empfindlichkeit der unwillkürlichen Muskeln.
Das Kind uriniert nicht trotz voller Blase, und hat keinen Stuhl; weil die Amme vor
dem Stillen eine schreckliche Wut hatte.
Zucken des Kopfes, der Arme und Hände; Zucken ab und zu, als ob die
Beugemuskeln überaktiv wären; Körper kalt; Neigung zu Betäubung; besser von
Körperbewegung; und wenn der Kopf nicht bedeckt ist.
APOPLEXIE, MIT SCHNARCHENDEM ATMEN (Arn.)
GESICHT AUFGEDUNSEN, DUNKELROT, UND HEISS; GESICHTSZÜGE
VERZERRT. (Babt., Gels., Stram.)
Unterlippe und Kiefer herunterhängend (Hyos., Lyc.)
Pupillen stark verengt, oder sehr weit und Unempfindlichkeit gegen Licht.
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Hartes Trommelfell (Carb-V., Lyc., Tereb.)
SCHNARCHEN BEIM EIN- UND AUSATMEN (Arn.)
Lähmung der Lungen. (Ant-T., Lach., Lyc.)
Krampfhafter, trockener, kitzelnder Husten, besonders quälend nachts, mit
spärlichem Auswurf.
Trockener, kitzelnder Husten, besser durch einen Schluck Wasser (Caust.)
Trockener, krampfhafter, nächtlicher Husten, den Schlaf hindernd (Con. Hyos., Puls.)
STUHL: NUR ABGANG VON HARTEN, SCHWARZEN BÄLLCHEN (Plb.)
KOTERBRECHEN (Ars., Bell., Bry., Colch., Cupr., Nux-V. Plb., Sulph., Thuj.)
DARMVERSCHLUSS (Plb.)
VERSTOPFUNG (Bry., Mag-M., Plb., Sep., Sil., Thuj.)
Peristaltische Bewegung umgekehrt oder gelähmt; Gefühl als wären die Eingeweide
verstopft (Plb.)
Verstopfung, von Untätigkeit oder Parese des Mastdarms.
Stuhl tritt hervor und schlüpft dann zurück (Sil., Thuj.)
Unwillkürliche Stühle.
Sehr oft indiziert bei Diarrhöe, besonders wenn der Patient sehr unter Bauchkrämpfen
und scharfen, schießenden und drehenden Schmerzen in der ganzen Bauchgegend
leidet. (Coloc., Dios., Mag-P., Nux-V., Verat.)
Kolik mit großem Druck nach unten auf den Mastdarm und die Blase, ohne Abgang
von Stühlen, Blähungen oder Urin.
Akute und ernste Folgen von Bauchkoliken.
Blei-Kolik (Alum., Coloc., Verat.)
WOCHENBETTKONVULSIONEN (Apil, Bell., Cupr., Lyc.) MIT SCHLÄFRIGKEIT ODER
KOMA ZWISCHEN DEN ANFÄLLEN:
Geschlechtstrieb vermehrt (Canth., Nux-V., Phos., Plat., Sulph.)
Häufige Erektionen und Samenergießungen (Canth., Nux-V., Phos., Sulph.)
Impotenz (Agn., Calad., Con., Lyc.)
Erektionen im Schlaf (Aster., Fluor-Ac., Merc-C., Nat-C., Nux-V., Rhod.) mit Impotenz, wenn wach.
Wehen hören auf, mit Schnarchen, Stupor und Zucken.
Menses unterdrückt durch Schreck (Acon.)
Drohender Abort und Unterdrückung der Lochien durch Schreck, mit Stupor
AUSDEHNUNG DER BLASE, KANN ABER NICHT URIN LASSEN, KATHEDER
WIRD BENÖTIGT (Caust.)
HARNVERHALTUNG, NACH DER ENTBINDUNG (Arn., Ars., Bell., Canth., Caust., Eqiset., Hyos.,
Ign., Lyc., Nux-V., Puls., Rhus-T., Sec., Sep., Stann., Staph., Stram.)
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SCHWERER, BETÄUBENDER SCHLAF, MIT SCHNARCHENDEM ATEM, ROTEM
GESICHT, BLUTUNTERLAUFENEN HALBOFFENEN AUGEN, UND HAUT MIT
HEISSEM SCHWEISS BEDECKT.
Schlaflosigkeit mit Überempfindlichkeit des Gehörs; schlagende Uhren und
Hahnenschreie aus großer Entfernung machen sie wach.
Schläfrig, kann aber nicht schlafen (Bell.), Bett fühlt sich so heiß an, daß sie kaum
darauf liegen kann (Sulph.)
Nichterquickender, soporöser Schlaf, mit halboffenen Augen (Lyc.)
Zupfen am Bettzeug im Schlaf (wenn wach: Bell., Hyos.)
Die Atmung hört auf beim Einschlafen. (Grind., Lach.)
DAS KIND MIT SEINER RUNZELIGEN HAUT SIEHT AUS WIE EIN
AUSGETROCKNETER ALTER MANN (Arg.-N.)
Marasmus bei Kindern (Abrot., Nat.-M. Sanic.)
Körper brennt sogar, wenn in Schweiß gebadet.
ES WIRKT SEHR GUT BEI BLEIVERGIFTUNG (Alum., Coloc., Nux-V., Sep., Verat.)
Beschwerden durch Kohlengas, oder durch Einatmen von Gas.
Wiedererscheinen und Verschlimmerung der Symptome durch Überhitzung.
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VERSCHLIMMERUNG:
BESSERUNG:
Während und nach dem Schlaf (Apis, Lach.); beim
Schwitzen; durch Wärme; durch Stimulantien; durch
Alkohol; durch Angst; bei Wutanfall; nachts
Von der Kälte; von andauerndem Gehen; in der frischen
Luft
Folgen von Traumata (Schreck/Schock) - Ähnlichkeitsgesetz
Insbesondere die Reaktionslosigkeit und Schmerzlosigkeit im Arzneimittelbild haben Opium
zu einem der führenden Mittel für die Folgen von Traumata (Schock, Schreck) gemacht und
gerade diese Indikation ist es auch, die die Erklärung für die Wirkungsweise des
homöopathischen Ähnlichkeitsgesetzes liefert. Der Begriff des seelischen Traumas wird
heute im engeren als auch im weiteren Sinne verstanden. Im engeren Sinne wird das
seelische Trauma heute als ein oder mehrere extrem belastende Ereignisse oder Situationen
katastrophalen Ausmaßes und außergewöhnlicher Bedrohung bezeichnet. Im weiteren Sinne
ist jedoch auch jede längere Phase in der Kindheit, die geprägt ist von Lieblosigkeit oder
Interessenlosigkeit, narzistischem und emotionalem Mißbrauch, sich unberechenbar oder
chaotisch verhaltenden Eltern, Alkoholismus sowie Gewalt in jeder Form, seelisch
traumatisierend. Beide Formen eines Traumas rufen bei jedem Individuum große Angst und
Hilflosigkeit und tiefe Verzweiflung hervor. Da solche Erlebnisse von der Seele nicht
integriert oder reguliert werden können, werden sie aufgrund eines bestimmten
neurologischen Vorgangs aus dem Bewußtsein verdrängt. Aus dem Unbewußten entfalten
sie aber ständig weiter eine Wirkung auf den psychischen Apparat.
Vorstehend erwähnter neurologischer Verdrängungsvorgang liefert den Beweis für die
Wirkungsweise des homöopathischen Ähnlichkeitsgesetzes.
Die Definition für einen psychischen Schock lautet in der Literatur wie folgt:
„Reaktion auf ein plötzlich eintretendes, überwältigendes Erlebnis. Die Bezeichnung wird vor allem dann angewandt,
wenn das Plötzliche des Ereignisses auf der einen Seite und die Heftigkeit der psychischen Reaktion auf der anderen
Seite hervorgehoben werden soll. Auslösende Ereignisse sind z.B. Katastrophen, Erdbeben, Brand, Schiffsuntergang,
persönliche Lebensbedrohung. Die psychische Reaktion in Form von Primitivreaktionen oder emotionalem Erkalten
(=Emotionsstupor) wird begleitet von vegetativen Erscheinungen: Schweißausbruch, Erbrechen, Darmstörungen,
Herzstörungen, Kreislaufkollaps, Ohnmacht. ...“
Weiter versteht man unter „Emotionsstupor:“
„Unter plötzlichen und schweren seelischen Erschütterungen (Schreck, Todesangst, lebensbedrohliche Katastrophen,
Trommelfeuer) vorkommende lähmungsartige Sperrung der affektiven Tätigkeit, evtl. auch der motorischen
Fähigkeiten bei weiterlaufenden Denkvorgängen. Der Vorgang ist für das Individuum nützlich, wenn dadurch ein evtl.
erfolgender gefährlicher und sinnloser Fluchtversuch unterbleibt. Dieser affektiven Indifferenz kann ein Stadium der
Depression oder emotionellen Erregung mit vermehrter Neigung zu psychogenen Reaktionen folgen. Vorkommen bei
Überlebenden von Katastrophen, Soldaten im Kampf, Examenskandidaten, Kindern, die brüsk zu einem Geständnis
aufgefordert werden
Vorstehende Beschreibungen lassen sich bereits in die entsprechenden Rubriken übersetzen und liefern damit einen Teil des Opium-Arzneimittelbildes. Den exakten Beweis des
Ähnlichkeitsgesetzes und damit der Wirkungsweise der Homöopathie ergibt sich jedoch aus
der Beschreibung des neurologischen Vorgangs, der unter einem Schock im Organismus
stattfindet, nämlich die Endorphin-Ausschüttung.
„Endorphine; sogenannte. endogene Morphine, endogene Opiatanaloga; Sammelbezeichnung für verschiedene
Peptide, die aus der Hypophyse und dem Nervensystem isoliert werden können (Alpha-, Beta- und Gammaendorphin
und Enkephaline) und eine starke analgetische Wirksamkeit vergleichbar der des Morphins besitzen; Struktur: allen
Endorphinen gemeinsam ist die Sequenz G1-G4 des Betalipotropins; sie unterscheiden sich in der Länge ihres Cterminalen Peptidanteils. Funktion: Beteiligung an der Steuerung vegetativer Funktionen über die Aktivierung
endorphinerger Neurone, wobei Endorphine als Neurotransmitter, Neuromodulatoren oder Hormone wirken können;
z.B. an der Verarbeitung sentorischer Afferenzen, Regulation der Körpertemperatur, Kontrolle der
hypophysären Inkretion, Steuerung von Antrieb und Verhalten und Hemmung der Darmmotilität.“ (Fettdruck
und Unterstreichungen hinzugefügt)
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Durch die Endorphinausschüttung wird der Informationsfluß zu den neuropsychischen
Verarbeitungszentren und damit die normale Informationsverarbeitung, die die Integration
belastender Emotionen ermöglicht, unterbrochen. Die betreffende Person befindet sich
dadurch in einem Zustand, als hätte sie Opium zu sich genommen. Sie hat jedoch kein
Opium zu sich genommen, sondern befindet sich unter dem Einfluß einer Substanz, die dem
Opium nur ähnlich, aber nicht gleich ist!
Aus Vorstehendem ergibt sich auf jeden Fall die Indikation von Opium als Mittel gegen die
unmittelbaren Folgen eines Traumas oder Schocks. In vielen Fällen treten aber auch erst in
einer verzögerten Reaktion Langzeitfolgen auf. Diese treten oft erst Wochen, Monate oder
Jahre nach den Ereignissen in Erscheinung. Die Ereignisse sind häufig mit einer TeilAmnesie verbunden oder in einigen seltenen Fällen durch eine vollständige Amnesie
ausgelöscht. Je größer die traumatisierende Situation war und je länger andauernd sie
bestand, desto wahrscheinlicher ist die Entstehung von Langzeitfolgen. Diese werden auch
als „posttraumatisches Syndrom oder „posttraumatische Belastungsstörung“ bezeichnet“.
Das posttraumatische Syndrom zeigt eine Vielzahl von Symptomen, die ebenfalls im
Arzneimittelbild von Opium zu finden sind:
Wiederholtes Erleben des Traumas in Träumen und sich aufdrängenden Erinnerungen,
sogenannte „flashbacks“, die oft wie in der Gegenwart erlebt werden:
Träume – ängstlich;
Träume – Alpträume, Alpdrücken;
Träume - Erstochen zu werden;
Träume – Bürgerkrieg;
Träume – Krieg, Bürgerkrieg;
Träume – Schrecklich;
Träume – Traurig;
Träume – Zorn;
Gemüt – Weinen – Schlaf, im;
Gemüt – Weinen – Wimmern, Winseln – Schlaf, im;
Gemüt – Weinen – Erwachen, beim;
Gemüt – Wahnideen;
Gemüt – Wahnideen – Bilder, Phantome, sieht;
Gemüt – Wahnideen – Bilder, Phantome, sieht – schreckliche;
Gemüt – Wahnideen – Gesichter, sieht;
Gemüt – Wahnideen – Gesichter, sieht – häßliche;
Gemüt – Wahnideen – Gesichter, sieht – Schließen der Augen, beim;
Gemüt – Wahnideen – Phantasiegebilde, Illusionen;
Gemüt – Wahnideen – Soldaten – sieht Soldaten;
Gemüt – Wahnideen – Visionen, hat schreckliche;
Ein andauerndes Gefühl von betäubt sein und durch Schock bedingte emotionale Stumpfheit
und Teilnahmslosigkeit sowie Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen und gegenüber
der Umgebung. Depression mit der Unfähigkeit, Freude oder etwas Angenehmes zu fühlen.
Vermeiden von Aktivitäten oder Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen
können. Die Folge von allem kann sozialer Rückzug sein.
Gemüt – Beschwerden durch – Schreck;
Gemüt – Beschwerden durch - Schock, seelischen;
Gemüt – Beschwerden durch – Scham;
Gemüt – Beschwerden durch – Tadel;
Gemüt – Beschwerden durch – Kränkung, Demütigung;
Gemüt – Beschwerden durch – Erregung – Gemütes, des;
Gemüt – Beschwerden durch – Furcht;
Gemüt – Traurigkeit;
Gemüt – Stumpfheit;
Gemüt – Betäubung;
Gemüt – Sinne abgestumpft, stumpf;
Gesicht – Ausdruck – ausdruckslos, nichtssagend;
Gemüt – Gleichgültigkeit, Apathie;
Gemüt – Gesellschaft – Abneigung gegen;
Gemüt – Angesprochen zu werden, Abneigung;
Gemüt – Schweigsam;
Gemüt – stilles Wesen;
Gemüt – Bittet – nichts, um;
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Gemüt – Schüchternheit, Zaghaftigkeit;
Gemüt – Ruhe – Verlangen nach;
Auch dramatische akute Ausbrüche von Angst, Panik oder Aggression, welche durch die
plötzliche Erinnerung oder ein intensives Wiedererleben des Traumas oder der ursprünglichen Reaktion darauf.
Gemüt – Angst;
Gemüt – Angst, qualvolle;
Gemüt – Angst – Furcht, mit;
Gemüt – Verzweiflung;
Gemüt – Zorn;
Gemüt – Reizbarkeit, Gereiztheit;
Gemüt – Wahnideen – Verletzung – werden, er würde gleich verletzt;
Ein als Dissoziation beschriebenes Gefühl von getrennt sein, von Entfremdung zu sich selber
oder der Welt. Die Umgebung wird als irreal empfunden oder man fühlt sich „wie unter einer
Glasglocke“. Fremdheitsgefühle zu einzelnen Körperteilen oder dem ganzen Körper. Verlust
des Gefühls für die eigenen Körpergrenzen. Als wenn alles von außen eindringen könnte.
Gemüt – Traum, wie in einem;
Gemüt – Wahnidee – berauscht, er sei;
Gemüt – Wahnidee – betrunken, er sei;
Gemüt – Wahnidee – unangenehm, getrennt von umgebenden Gegenständen;
Gemüt – Wahnideen – Beine – gehören, ihre Beine würden nicht zu ihr;
Gemüt – Wahnideen – groß – er selbst scheint zu groß;
Gemüt – Wahnideen – groß – Teile des Körpers scheinen zu groß;
Gemüt – Wahnideen – groß gewachsen – er oder sie sei groß gewachsen;
Gemüt – Wahnideen – vergrößert;
Gemüt – Wahnideen – vergrößert – Augen seien;
Gemüt – Wahnideen – vergrößert – groß, großgewachsen, er sei sehr;
Gemüt – Wahnideen – vergrößert – Körper sei – Körperteile;
Gemüt – Wahnideen – berührt, er würde;
Gemüt – Wahnideen – berühren, als würde sie im Liegen das Bett nicht;
Gemüt – Wahnideen – Bett – jemand – im Bett, als sei jemand – mit ihm;
Gemüt – Wahnideen – doppelt – sein, doppelt zu;
Gemüt – Wahnideen – doppelt – sein, doppelt zu sein – besiegen wird, da sein ein anderes Selbst und er ist sich nicht sicher,
welches von beiden das andere;
Gemüt – Wahnideen – übermenschlich, er sei – Kontrolle, er sei unter übermenschlicher;
Gemüt – Wahnideen – gehen zu – Luft – auf Luft, geht;
Gemüt – Wahnideen – schweben – Luft, in der;
Gemüt – Wahnideen – Körper – leichter als Luft, der Körper sei;
Gemüt – Wahnideen – Gewicht, er habe kein;
Gemüt – Wahnideen – schwanger, sie wäre;
Gemüt – Wahnideen – Geruchssinn, des;
Gemüt – Wahnideen – vergrößert – Entfernungen seien;
Gemüt – Wahnideen – vergrößert – Gegenstände seien;
Vegetativ kommt es zu Übererregtheit, übermäßiger Schreckhaftigkeit, Schlaflosigkeit und
Konzentrationsschwäche.
Gemüt – Erregung;
Gemüt – Ruhelosigkeit;
Gemüt – Auffahren, Zusammenfahren;
Gemüt – Empfindlich;
Gemüt – Schlaflosigkeit;
Gemüt – Schlaf – Ängstlich;
Schlaf – Erwachen – Geräusche – geringes Geräusch, durch;
Schlaf – Erwachen – Schreck, wie durch;
Schlaf – Erwachen – Träume durch;
Schlaf – gestört;
Schlaf – gestört, Alptraum, durch einen;
Schlaf – gestört – Geräusch, durch das geringste;
Schlaf – gestört – leicht;
Schlaf – gestört – Träume, durch;
Schlaf – gestört – Visionen, Phantasiebilder, durch;
Schlaf – gestört – Visionen, Phantasiebilder, durch – schreckliche;
Schlaf – Ruhelos;
Schlaf – Ruhelos – Träume, durch;
Schlaf – Schlaflosigkeit, Erregung durch;
Schlaf – Schlaflosigkeit – Geräusch, durch geringes;
Schlaf – Schlaflosigkeit – Ruhelosigkeit, durch;
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Schlaf – Schlaflosigkeit – Visionen, Phantasiebilder, durch;
Gemüt – Gedächtsnis – Gedächtnisschwäche;
Gemüt – Gedanken – Vergehen, Schwinden der Gedanken;
Gemüt – Vergeßlich;
Gemüt – Zerstreut;
Gemüt – Geistesabwesend;
Gemüt – Verwirrung, geistige;
Für das nach einem Trauma akut auftretende Zittern von Körper und Gliedmaßen finden sich
ebenfalls die passenden Rubriken:
Extremitäten – Zittern – erschreckt, wie;
Extremitäten – Zittern – Schreck, nach;
Extremitäten – Zittern – Hände- Schreck, nach;
Extremitäten – Zittern – Beine;
Extremitäten – Zittern – Knie;
Allgemeines – Zittern – äußerlich – Schreck, durch;
Weitere Indikationen
Ein weiterer Zustand, in dem Schmerz- und Empfindungslosigkeit anzutreffen sind, ist das
Koma, nämlich „ein Zustand tiefer Bewußtlosigkeit von längerer Dauer, wobei der Kranke auf
Anruf überhaupt nicht reagiert und auf stärkere Schmerzreize entweder nur einige
unkoordinierte Abwehrbewegungen oder überhaupt keine Reaktion zeigt.“
Weiter kann Opium eingesetzt werden bei Bewußtlosigkeit durch Kohlenmonoxid-Vergiftung,
welche durch Rauch und Abgase und hier vor allem bei alten Menschen durch „Stop- and
Go-Fahren“ in Autoschlangen ausgelöst werden kann.
Die Reaktionslosigkeit macht Opium auch zu einem Mittel für Fälle, in denen gut gewählte
Arzneimittel versagen (DD.: Sulp., Am-c., Laur., Sulph., Valer.)
Eine weitere Indikation für Opium ist der durch zerebrale Blutungen ausgelöste Schlaganfall,
wenn ein heißes, fleckiges, purpurrotes Gesicht, ein herabhängender Unterkiefer, verengte
Pupillen, stertoröse Atmung mit bei jedem Ausatmen aufgeblasenen Wangen und heißer
Schweiß das vollständige Bild ausmachen. In solchen Fällen kann das potenzierte Opium die
Blutzufuhr zum Gehirn stoppen, so daß der Patient innerhalb von sechs Stunden wieder zu
sich kommt. Vorstehendes Bild könnte sich aber auch bei einem starken Alkoholrausch oder
den Folgen einer Verletzung finden. Auch durch schwere Infektionskrankheiten wie Typhus
und Fleckfieber ausgelöste Enzaphaliteden zeigen ein ähnliches Symptomenbild.
Da sich im Arzneimittelbild auch Delirum findet, kann es in Fällen von Delirium-tremens bei
Alkoholikern eingesetzt werden. Desweiteren bei Fieber-Delirien, wenn der Patient mit
brennend heißen Schweiß bedeckt ist und einen beschleunigten Puls hat. Auch hierbei sieht
das Gesicht stumpf, geschwollen und blaurot aus. Die Augen sind glasig und die Pupillen
eng. Während des Fiebers besteht kein Durst.
Weiter ist Opium das Mittel der Wahl bei Unempfindlichkeit bei hochgradigen Entzündungszuständen sowie Geschwüren, bei denen man Empfindlichkeit und Schmerzen
vermutet, die aber absolut schmerzlos sind, nicht granulieren und sich aber auch nicht weiter
ausbreiten. Begleitet werden diese von Sensibilitätsverlust und Taubheitsgefühl.
Im Arzneimittelbild finden sich darüberhinaus schmerz- und symptomlose vollständige
Opstipationen jeder Art mit beträchtlichen Stuhlanhäufungen im Darm und aufgetriebenem
harten Leib. Auch der paralytische Ileus und Hernien mit umgekehrter Peristaltik und
Koterbrechen findet in Opium das richtige Heilmittel.
Aus dem Arzneimittelbild ergibt sich aber auch , daß Opium in kleinen Dosen manchmal
einen der Schmerzlosigkeit, Trägheit und Abgestumpftheit entgegengesetzten Zustand
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hervorrufen kann. In solchen Fällen heilt es dann auch Fälle von Ruhelosigkeit, nervöser
Übererregbarkeit, Schlaflosigkeit und Schmerzen, wo die Symptome passen. In solchen
Fällen zeigen die Patienten insbesondere eine stark erhöhte Geräuschempfindlichkeit. Die
entsprechenden Rubriken wurden auch im Rahmen der Ausführungen zu den Folgen von
Traumata aufgeführt.
Zu den gegensätzlichen Wirkungen des Opiums gehören auch Rucken und Zucken einzelner
Glieder oder Muskeln bis hin zu Konvulsionen. Opium kann daher auch ein Heilmittel für
Epilepsie sein, wenn es zu Schreien vor und während des Krampfanfalls kommt und der
Patient anschließend in tiefen Schlaf fällt. Auch für Tetanusanfälle ist Opium indiziert, wenn
der Krampf mit einem Schrei eingeleitet wird. Das Auffällige an den Konvulsionen ist, daß
der Patient nicht zugedeckt werden möchte und ein Verlangen nach frischer kühler Luft hat.
Die Krampfanfälle verstärken sich oder treten erneut auf, wenn es im Raum zu warm ist.
Hierzu paßt auch das auffällige Leitsymptom, daß das Bett sich so heiß anfühlt, daß der
Patient nicht darin liegen kann und sich ständig zu einer kühlen Stelle bewegt und
aufgedeckt sein muß.
Zu den auffälligen Schmerzsymptomen von Opium gehören nervlich bedingte Kopfschmerzen, die im Hinterkopf beginnen und sich über das ganze Gesicht ausbreiten mit
Verschlimmerung am Morgen. Der Patient hat das Gefühl, als ob sein Kopf durch die starken
Schmerzen an der Schädelbasis auf das Kissen gedrückt würde. Nachdem er aber
aufgestanden ist, kann er sich nicht wieder hinlegen.
Da Opium bei Abhängigen irgendwann das Gefühl für Gut und Böse zerstört und Lügen und
Stehlen an der Tagesordnung sind, kann nach Margaret Tyler bei Kindern, die kein
moralisches Empfinden entwickeln, auch an diese Arznei in potenzierter Form gedacht
werden.
Ein interessantes psychisches Symptom von Opium ist, daß die Patienten stets meinen,
nicht zu Hause zu sein und den Wunsch verspüren, nach Hause zu gehen.
Sankaran
In seinem Seminar in München im Mai 2001, in welchem es um die Pflanzenfamilien, ihre
gemeinsamen Themen und die jeweilige Zuordnung zu den einzelnen Miasmen ging,
erklärte Rajan Sankaran, daß die gemeinsamen Themen aller Papavaracear=
Mohngewächse und der daraus gewonnenen Mittel und Derivate Schock, Schuld, Schmerz
und Leiden seien. Die Ausdrucksformen dieser Themen hingen von dem jeweiligen Miasma
ab.
Innerhalb der Mohngewächse ordnet er Opium dem Krebs-Miasma zu. Dieses siedelt er
zwischen dem sykotischen und syphilitischen Miasma an. Seiner Meinung nach entsteht es
dann, wenn das sykotische Miasma, das ja das Gefühl einer inneren Schwäche oder
Unzulänglichkeit hat, einen extremen Streß dahingehend unterworden wird, Leistung und
Perfektion erbringen zu müssen. Trotz des Gefühls der inneren Schwäche und
Unzulänglichkeit muß den Erwartungen entsprochen und die Lage gemeistert werden. Das
bedeute, daß der Mensch Außerordentliches leisten müsse, obwohl er sich dazu eigentlich
nicht in der Lage fühle. Da Versagen Tod und Untergang für ihn bedeutet, muß er trotz des
sykotischen Wunsches, seine Schwäche und Unfähigkeit zu verbergen, über sich
hinauswachsen und eine übermenschliche Anstrengung machen, um zu überleben. Dabei ist
der Kampf kontinuierlich und lange und scheint kein Ende zu nehmen. Das sykotische
Element in der Pathologie des Krebses sei die Bildung neuer Tumoren mit Fixiertheit, das
syphilitische Element seien Zusammenbruch und Zerstörung.
Die anderen Miasmen innerhalb der Mohngewächse werden die folgt repräsentiert:
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Akut
Malaria
Sykotisch
Tuberkulin
Lepra
:
:
:
:
:
Morphin
Chelidonium
Sanguinaria
Acidum-Succinum
Codeine
Das lepröse Miasma sei gekennzeichnet durch Grausamkeit gegen sich und geliebte
Personen. Es finde sich eine innere Welt voller Grausamkeit, Mißbrauch und Leiden,
verbunden mit dem Gefühl, man habe es verdient, sei widerwärtig, eklig, abstoßend, einfach
„Scheiße“. Das ausführliche Arzneimittelbild dieses Opium-Derivats findet sich bei Clarce.
Facharbeit von Maria-Brandt-Nienstedt " Opium", vorgelegt am 10.02.2009.
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