indexzahlen - IFIP - Technische Universität Wien

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INDEXZAHLEN
Vorlesung „Mathematik und Statistik für Raumplaner“
Ao. Univ.-Prof. Dr. W. Blaas
Institut für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik
Technische Universität Wien
Version vom 15. März 2006
Indexzahlen
2
1. EINFÜHRUNG
Indizes (Indexzahlen) wollen im Allgemeinen Aussagen über Gruppen
verschiedener, aber ähnlicher Merkmalsträger machen.
Die Berechnung eines Index ist deshalb immer mit dem gleichzeitigen Verlust der
zugrunde liegenden Einzelinformationen verbunden. Dieser Verlust wird aber
bewusst in Kauf genommen, da es das Ziel und der Vorteil eines Index ist, die
durchschnittliche Veränderung einer Vielzahl gleichartiger Tatbestände in einer
einzigen Zahl auszudrücken.
Zeitliche, räumliche oder sachliche Unterschiede von unter bestimmten
Zielsetzungen als gleichartig angesehenen Erscheinungen können so in einer
Weise verglichen und analysiert werden, wie das unter Zugrundelegung der oft
nicht übersehbaren Fülle von Einzeldaten kaum möglich wäre.
In den Wirtschaftswissenschaften sind vor allem drei Arten von Indizes von
Bedeutung:
1. Preisindizes
2. Mengenindizes
3. Wertindizes (z.B. Umsatzindizes)
Beispiel:
Gut Nr.
j
1
2
3
Preis
Basiszeit 0
4
6
10
Menge
Berichtszeit t
6
8
12
Basiszeit 0
5
10
8
Berichtszeit t
4
15
16
Für eine Gruppe von (drei) Gütern liegen Preis- und Mengendaten für einen
Basiszeitpunkt 0 und einen Berichtszeitpunkt t vor. Die Aufgabe eines Preisindex
wäre es nun z.B., die Preisentwicklung der Gesamtheit der Güter in einer einzigen
Zahl anzugeben.
Bezeichnet man mit
p0(j)
den Preis des Gutes j zur Basiszeit 0
pt(j)
den Preis des Gutes j zur Berichtszeit t
q0(j)
die Menge des Gutes j zur Basiszeit 0
qt(j)
die Menge des Gutes j zur Berichtszeit t
14.05.16
Indexzahlen
3
so kann man die Preisentwicklung der drei Güter zunächst einzeln durch die
Preismeßzahlen
r
( j)
pt( j )
 ( j)
p0
widergeben.
Für die drei Güter des Beispiels ergibt sich:
r (1) 
pt(1) 6
  1,5
p0(1) 4
r (2) 
pt( 2 ) 8
  1,33
p0( 2 ) 6
r ( 3) 
pt( 3) 12

 1,2
p0( 3) 10
Anstieg des Preisniveaus
Ein einfacher Weg, einen Preisindex für die drei Güter für die Preisentwicklung
von 0 bis t zu bestimmen, wäre die Bildung des ungewogenen arithmetischen
Mittels:
r (1)  r ( 2 )  r ( 3) 1,5  1,33  1,2
P0t 

 1,34
3
3
Dieses Vorgehen, bei dem alle Güter gleich gewichtet werden, ist dann
unbefriedigend, wenn Güter in unterschiedlichen Mengen vorkommen. Will man
daher der unterschiedlichen Bedeutung der einzelnen Güter gerecht werden, so
muss man die Güter im Index gewichten (mit Gewichten versehen). Statt des
gleichen Gewichtes 1/n für alle n Güter ordnet man also jedem Gut j ein Gewicht
w(j) zu:
pt( j ) ( j )
w

( j)
j 1 p0
n
P0t 
n
 w( j )
 r .w
w
( j)

( j)
( j)
j 1
Die Wahl geeigneter Gewichte ist das zentrale Problem bei der Indexkonstruktion.
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Indexzahlen
4
2. EINIGE INDEXFORMELN
2.1.
Preisindizes
Werden in die oben angegebene Preisindexformel als Gewichte w(j) die
Ausgabensummen für die einzelnen Güter zur Basiszeit, also
w(j) = p0(j).q0(j)
eingesetzt, so ergibt sich die Formel des
Preisindex nach Laspeyres (PIL)
in der Form des gewogenen arithmetischen Mittels von Preismesszahlen zu
n
PIL0t 
r
( j)
j 1
n
p
j 1
n


j 1
. p0( j ) .q0( j )
( j)
0
.q0( j )
pt( j ) ( j ) ( j )
. p 0 .q0
p0( j )
n
p
j 1
( j)
0
.q0( j )
n


j 1
n
pt( j ) .q0( j )
p
j 1
( j)
0
.q0( j )
Hinweis: Ergebnis wird üblicherweise in % ausgedrückt => als Prozent
formatieren.
Durch das Festhalten am Mengengerüst (q0) wird die reine Preisveränderung zum
Ausdruck gebracht (Vergangenheitsgewichtung).
Beispiel: Verbraucherpreisindex VPI, 12 Gruppen von Gütern (warenkorb.pdf)
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Indexzahlen
5
Beim
Preisindex nach Paasche PIP0t
werden als Gewichte bei der Bildung des arithmetischen Mittels von
Preismesszahlen die
fiktiven Ausgabenbeträge „Mengen der Berichtszeit t (qt(j)) zu Preisen der
Basiszeit 0 (p0(j)),
also
w(j) = p0(j).qt(j)
verwendet.
Die Indexformel ergibt sich daher in Form des gewogenen arithmetischen Mittels
von Preismesszahlen zu:
n
PIP0t 
r
( j)
j 1
n
p
j 1
n


j 1
. p0( j ) .qt( j )
( j)
0
.qt( j )
pt( j ) ( j ) ( j )
. p 0 .qt
p0( j )
n
p
j 1
( j)
0
.qt( j )
n


j 1
n
pt( j ) .qt( j )
p
j 1
( j)
0
.qt( j )
Es findet also eine Gegenwartsgewichtung (t = Gegenwart) statt. Dabei wird
unterstellt, dass bereits in der Basisperiode die heute festgestellten Mengen
gekauft worden sind.
14.05.16
Indexzahlen
6
Ergibt sich z.B. ein Laspeyres-Preisindex PIL0t=112%, so bedeutet das, dass der
Warenkorb der Basiszeit in der Berichtszeit um 12% mehr kostet. Ein Preisindex
nach Paasche PIP0t=112% hingegen würde bedeuten, dass sich die Ausgaben für
den Warenkorb der Berichtszeit (t) zwischen Basis- und Berichtszeit um 12%
erhöht haben.
2.2.
Mengenindizes
Während bei den Preisindizes die Mengen für Basis- und Berichtszeit konstant
gehalten werden, um die reine Preisentwicklung zu erfassen, werden bei den
Mengenindizes, die eine Aussage über die durchschnittlichen Mengenänderungen
treffen sollen, die Preise konstant gehalten.
Gewichtet man mit den Preisen der Basiszeit, so erhält man den
Mengenindex nach Laspeyres
n
MIL0 t 

j 1
n
p0( j ) .qt( j )
p
j 1
( j)
0
.q0( j )
Werden zur Gewichtung die Preise pt der Berichtszeit herangezogen, erhält man
den
Mengenindex nach Paasche
n
MIP0t 

j 1
n
pt( j ) .qt( j )
p
j 1
( j)
t
.q0( j )
Während der MIL0t die reale Entwicklung, wie sie sich bei Konstanz der Preise
ergeben hätte, zum Ausdruck bringt (gleich bleibende Preisstruktur), soll der
MIP0t die reale Entwicklung darstellen, wenn die Gütermengen mit den aktuellen
Preisen gewichtet werden.
14.05.16
Indexzahlen
2.3.
7
Wertindizes
Um die Veränderung z.B. des Umsatzes (oder etwa des nominellen BIP etc.) von
Basis- zur Berichtszeit zu erfassen, verwendet man einen Wertindex
n
WI 0t 

j 1
n
pt( j ) .qt( j )
p
j 1
( j)
0
.q0( j )
Der Wertindex misst die Veränderung von Preis und Menge gleichzeitig und hat
folgende Eigenschaften:
Der Wertindex ist ein „Alternativprodukt“ zwischen Laspeyres- und PaascheIndex in folgendem Sinn:
WI0t = MIL0t*PIP0t = MIP0t*PIL0t
2.4.
Beispiel
Die Güter j= 1,2,3 seien zum Basiszeitpunkt 0 und zum Berichtszeitpunkt t=1 mit
folgenden Mengen- bzw. Preisgrößen beobachtet worden:
Gut
Nr.
j
1
2
3
Summe
Preis
Basiszeit Berichtszeit
p0
p1
4
6
6
8
10
12
Menge
Basiszeit Berichtszeit
q0
q1
5
4
10
15
8
16
p1q0
p0q0
p 1q 1
p 0q 1
30
80
96
206
20
60
80
160
24
120
192
336
16
90
160
266
Preisindex nach Laspeyres:
L
P01 
 p q 100%  206 100%  128,8%
160
p q
1 0
0 0
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Indexzahlen
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Preisindex nach Paasche:
P
P01 
 p q 100%  336 100%  126,3%
266
p q
1 1
0 1
Mengenindex nach Laspeyres:
L
Q01 
 q p 100%  266 100%  166,3%
160
q p
1
0
0
0
Mengenindex nach Paasche:
P
Q01 
 q p 100%  336 100%  163,1%
206
q p
1 1
0
1
Umsatzindex:
U 01 
 p q 100%  336 100%  210%
160
p q
1 1
0 0
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Indexzahlen
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3. UMBASIEREN
Oft steht man vor der Aufgabe, einen bestimmten Index von der alten Indexbasis
auf eine neue Indexbasis umzustellen, d.h. eine Umbasierung vorzunehmen.
Beispiel:
Der Index der Verbraucherpreise, wie er in der folgenden Tabelle wiedergegeben
wird, soll von der alten Indexbasis 1985 (d.h. 1985 = 100) auf eine neue Basis
1987 (d.h. 1987 = 100) umgestellt werden.
Jahr
t
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
Index I85,t(Basis 1985)
in %
100,0
97,5
95,1
96,3
99,3
101,0
103,4
104,8
Die grundlegende Annahme für die Umbasierung ist, dass sich
der neue Index proportional zum alten Index entwickelt.
Mathematisch ausgedrückt (anhand des obigen Beispiels):
I 85,t
I
I
 87,t  87,t
I 85,87 I 87,87 100
Daraus folgt:
I87,t = I85,t / I85,87 (100)
(Wenn in Prozentwerten gearbeitet wird: nicht multiplizieren mit 100, sondern im
EXCEL auf % formatieren).
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Indexzahlen
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Ergebnis:
Jahr
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
Index I87,t(Basis 1987)
in %
105,2
102,5
100,0
101,3
104,4
106,2
108,7
110,2
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Indexzahlen
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4. VERKNÜPFUNG/VERKETTUNG
Eine weiters in der Praxis öfter auftretendes Problem ist die Verknüpfung von
Indizes. Vornehmlich bei Indexreihen, denen ein konstantes Gewichtungsschema
zugrunde liegt, wird dieses im allgemeinen im Laufe der Zeit an Aktualität
einbüßen und durch ein neues ersetzt werden müssen. So wird etwa beim nach der
Laspeyres-Formel berechneten Verbraucherpreisindex der Warenkorb der
Basisperiode wegen Veränderungen der Verbrauchsgewohnheiten, Aufkommen
neuer Güter und Qualitätsveränderungen von Zeit zu Zeit durch einen aktuellen
Warenkorb ausgetauscht.
Ist man an der Preisentwicklung über eine größerer Zeitspanne hinweg interessiert,
muß man also den alten Index mit dem neuen Index verknüpfen.
Beispiel:
Für den Zeitraum von 1985 bis 1994 liege kein durchgehender Index der
Baupreise vor, sondern ein bis 1991 reichender (alter) Index auf der Basis des
Jahres 1985 (d.h. 1985 = 100), der nach einer Umstellung durch einen neuen
Index ab 1991 mit der Basis 1991 (d.h. 1991 = 100) ersetzt wurde (siehe folgende
Tabelle). Es soll eine durchgehende verknüpfte Indexreihe erstellt werden.
Jahr t
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
Alter Index
(Basis 1985)
%
100,0
99,1
100,1
101,4
104,2
107,0
110,7
Neuer Index
(Basis 1991)
%
100,0
104,0
107,7
110,6
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Indexzahlen
12
Ursprüngliche Indizes
Jahr
t
Alter Index I85,t
(Basis 1985)
%
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
100,0
99,1
100,1
101,4
104,2
107,0
110,7
Neuer Index I91,t
(Basis 1991)
%
100,0
104,0
107,7
110,6
Will man die Preisentwicklung von 1985 bis 1994 in einer einzigen Indexreihe
zusammenfassen, so kann eine Verknüpfung des alten Index mit dem neuen Index
vorgenommen werden.
Unbedingte Voraussetzung:
Überlappung der Zeitreihen um mindestens einen Zeitpunkt!
Dabei ist es möglich, entweder (1) den alten Index fortzuführen oder (2) den
neuen Index zurückzurechnen. Wir werden beide Varianten durchführen.
Die grundlegende Annahme für die Berechnung der neuen, d.h. fortgeführten bzw.
zurückgerechneten Werte ist, dass sich
der neue Index in der Vergangenheit proportional zum alten Index verhalten hat
bzw.
der alte Index in der Zukunft proportional zum neuen Index entwickelt.
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Indexzahlen
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(1) Fortführung des alten Index
Für das Jahr 1993 ergibt sich beispielsweise
I 85,93 I 91,93

I 85,91 100
und daraus
I85,93 = 119,2
(2) Rückrechnung des neuen Index
Für das Jahr 1988 ergibt sich beispielsweise
I 91,88 I 85,88

100
I 85,91
und daraus
I91,88 = 91,6
Durch Auffüllen der verbleibenden Lücken erhält man die folgende Tabelle:
Verkettete Indizes
Jahr
t
Alter Index I85,t
(Basis 1985)
%
Neuer Index I91,t
(Basis 1991)
%
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
100,0
99,1
100,1
101,4
104,2
107,0
110,7
115,1
119,2
122,4
90,3
89,5
90,4
91,6
94,1
96,7
100,0
104,0
107,7
110,6
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Indexzahlen
14
5. PREISBEREINIGUNG
Will man die reale Veränderung wirtschaftlicher Tatbestände im Zeitablauf
analysieren, so ist dies häufig erst nach Ausschaltung von Preisveränderungen –
Preisbereinigung – möglich.
Interessiert man sich z.B. dafür, wie stark die Monatsverdienste der Angestellten
in Österreich langfristig im Zeitraum 1966 bis 1995 real gestiegen sind, so müssen
die veröffentlichten nominellen Monatsverdienste um die Veränderung des
Verbraucherpreisindex (der am ehesten entsprechenden Verbrauchergruppe)
bereinigt werden.
Bei einem Anstieg des Preisindex nennt man die Preisbereinigung auch
Deflationierung.
Die Preisbereinigung erfolgt nach der Formel:
Realer Index (der Monatsverdienste) =
Nominaler Index der Verdienste
.100
Verbrauche rpreisinde x
Dabei ist es zweckmäßig, dem Index im Zähler und dem im Nenner die gleiche
Basis zuzuordnen (gleiche Basiszeit). Bei unterschiedlichen Basiszeiten ist eine
vorherige Umbasierung erforderlich.
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Indexzahlen
15
Beispiel:
Berechne den realen Anstieg der Monatsverdienste der
Angestellten
durch Preisbereinigung mit dem VPI 1966!
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
nominell
öS
5.024,80
5.349,10
5.707,20
6.096,90
6.605,30
7.451,10
8.191,80
9.161,70
10.266,30
11.435,70
12.529,10
13.724,50
14.669,30
15.625,80
16.780,10
18.197,00
19.545,80
20.602,00
21.664,60
23.028,90
24.283,50
25.266,30
26.158,70
27.548,00
29.449,00
31.218,20
32.821,10
34.050,60
35.279,70
36.593,50
Index 1966=100
VPI
PVPIGS"M
100
104
107
110
115
120
128
138
151
164
176
185
192
199
211
226
238
246
260
268
273
277
282
289
299
309
321
333
343
350
real
preisbereinigt
14.05.16
Indexzahlen
16
Lösung:
Preisbereinigung: realer Anstieg des Monatsverdienstes der Angestellten
Preisbereinigung mit VPI 1966
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
nominell
öS
5024,8
5349,1
5707,2
6096,9
6605,3
7451,1
8191,8
9161,7
10266,3
11435,7
12529,1
13724,5
14669,3
15625,8
16780,1
18197
19545,8
20602
21664,6
23028,9
24283,5
25266,3
26158,7
27548
29449
31218,2
32821,1
34050,6
35279,7
36593,5
Index 1966=100
100
106
114
121
131
148
163
182
204
228
249
273
292
311
334
362
389
410
431
458
483
503
521
548
586
621
653
678
702
728
VPI
PVPIGS"M
100
104
107
110
115
120
128
138
151
164
176
185
192
199
211
226
238
246
260
268
273
277
282
289
299
309
321
333
343
350
real
preisbereinigt
100
102
106
110
114
123
127
132
135
139
142
148
152
156
158
160
163
167
166
171
177
182
185
190
196
201
203
204
205
208
14.05.16
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