1 - Empfehlungen, 613/1/04 Empfehlungen der Ausschüsse Wi

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Bundesrat
Drucksache
613/1/04
15.05.16
Empfehlungen
Wi - A - In - R - U - Wo
der Ausschüsse
zu Punkt ... der 803. Sitzung des Bundesrates am 24. September 2004
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts
Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi),
der Agrarausschuss (A),
der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In),
der Rechtsausschuss (R),
der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und
der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo)
empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des
Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf allgemein*
Wi
1. Der Bundesrat hält die Vorgehensweise der Bundesregierung bei der Vorberatung und Einbringung des vorliegenden Gesetzentwurfs, der auf tiefgreifende
und komplexe Veränderungen bei der Strom- und Gasversorgung in Deutschland und den damit befassten staatlichen Aufsichtsbehörden gerichtet ist, für der
Bedeutung und Schwierigkeit der Materie nicht angemessen und förderlich. Er
bemängelt insbesondere die unzureichende informelle Einbeziehung der Länder
vor Einbringung des Gesetzentwurfs, durch die zahlreiche sachliche Unklarheiten und teilweise Ungereimtheiten der Vorlage - ungeachtet grundsätzlicher
Dissenspunkte - nicht bereits vorab ausgeräumt werden konnten, wodurch die
nunmehr unter großem Zeitdruck erfolgte förmliche Befassung des Bundesrates
mit dieser komplexen Materie erleichtert worden wäre. Vor allem hält der Bun*
Überschrift gilt bei Annahme einer der Ziffern 1 bis 3 als mitbeschlossen.
...
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ISSN 0720-2946
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desrat auch die Einbringung des Gesetzentwurfs ohne gleichzeitige Vorlage
oder zumindest Information über die an zentralen Stellen zur Beurteilung der
künftigen Regelungen notwendigen Rechtsverordnungen für nicht akzeptabel.
Wi
Wi
2. Der Bundesrat hält den Gesetzentwurf sowohl unter gesetzestechnischen formalen Aspekten als auch inhaltlich für überarbeitungsbedürftig. Schon der äußere
Umfang des neuen Gesetzes im Vergleich zum bisherigen EnWG erscheint
auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen EU-rechtlich vorgegebenen Regulierungserfordernisse im Interesse allgemeiner Deregulierung ohne Einbuße
an Rechtsklarheit stark reduzierbar. Nur beispielhaft sind zu nennen:
-
Inwieweit für Verwaltungsverfahren nach diesem Gesetz, insbesondere z.T.
auch für Landesbehörden, ein eigenes umfassendes Energie-Sonderverfahrensrecht gegenüber dem allgemeinen Verwaltungs-, Verfahrens- und
Kostenrecht geregelt werden muß, ist fraglich.
-
Teilweise erscheinen Sachverhalte unnötig doppelt geregelt, was auch zu
Rechtsunklarheit führt (Bsp. § 28 Abs. 3 Sätze 1 und 2; oder § 69 Abs. 1
und 2; oder § 69 Abs. 5 und § 70 Abs. 1 EnWG-E).
-
Auch sollten für inhaltlich (vermutlich) identisch gemeinte Regelungen
bzw. Sachverhalte zur Vermeidung von Rechtsunklarheiten möglichst nicht
unterschiedliche Formulierungen oder Begriffe verwendet werden (vgl.
§ 12 Abs. 1 und § 15 Abs. 1; oder § 13 Abs. 1 und § 16 Abs. 1; oder § 24
S. 2 Nr. 4 bis 7 gegenüber Nr. 8; § 65 Abs. 1 und Abs. 2 EnWG-E).
-
Der Gesetzentwurf sollte auch formal und inhaltlich dadurch gestrafft werden, dass auf z.T. detaillierte und über die EU-rechtlichen Vorgaben hinausgehende Anforderungen verzichtet wird, die für die betroffenen Unternehmen teilweise erhebliche Belastungen verursachen (Bsp. Unbundling,
Berichtswesen, Stromkennzeichnung).
3. Der Bundesrat weist darauf hin, dass
-
die Richtlinie 2004/67/EG des Rates vom 26. August 2004 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung bis zum
19. Mai 2006 in nationales Recht umzusetzen ist. Der Bundesrat hält es für
sachgerecht, die hierfür erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen im
Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zur Novellierung des
Energiewirtschaftsgesetzes zu treffen. Er fordert die Bundesregierung auf,
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einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten;
-
Wi
nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Bundesebene die Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität und Gas, Telekommunikation und
Post mit umfangreichen Zuständigkeiten im Bereich Elektrizität betraut
werden soll. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Regelung des § 13
EnWG-E wird die Bundesregierung gebeten zu prüfen, ob das Energiesicherungsgesetz mit dem Ziel novelliert werden sollte, künftig auch die
Aufgaben nach dem Energiesicherungsgesetz im Bereich der Elektrizitätswirtschaft auf Bundesebene vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) auf die Bundesregulierungsbehörde zu übertragen.
4. Zu Artikel 1 (§ 1 Abs. 1 EnWG)
In Artikel 1 ist in § 1 Abs. 1 das Wort ", verbraucherfreundliche" zu streichen.
Begründung:
Für die bewährte Zieltrias "sicher, preisgünstig, umweltfreundlich" ist verbraucherfreundlich im Wesentlichen ein zusammenfassender Oberbegriff. Spezielle, zusätzliche Aspekte im liberalisierten Markt werden bereits durch § 1
Abs. 2 EnWG-E abgedeckt, der die Ziele der Regulierung behandelt. Aus
Gründen der Rechtsklarheit sollte eine unnötige Wiederholung von Norminhalten vermieden werden speziell in der Zielnorm des § 1 EnWG-E.
U
5. Zu Artikel 1 (§ 1 Abs. 2 EnWG)
In Artikel 1 sind in § 1 Abs. 2 nach den Wörtern "Elektrizität und Gas" die
Wörter "zu angemessenen Preisen im Interesse der Verbraucher" einzufügen.
Begründung:
Im Frühjahr 1998 wurde in Deutschland die gesetzliche Basis für eine vollständige Liberalisierung des Strommarktes geschaffen. Ziel dieser Liberalisierung ist die Öffnung des bestehenden Monopolmarktes für den Wettbewerb.
Die Nachfrager sollten nicht mehr auf ein Energieversorgungsunternehmen als
ausschließlichen Belieferer angewiesen sein, sondern aus einer Vielzahl von
Angeboten ihre Konditionen und damit auch einen Preisvorteil ziehen können.
Die Erfahrungen fünf Jahre nach der Öffnung des Energiemarktes haben gezeigt, dass der Wettbewerb sich nicht so entwickelt hat, wie es 1998 noch er-
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wartet wurde. Monopolstellungen auf dem Strom- wie auch auf dem Gasmarkt
bestehen weiterhin. Durch die Einfügung wird eine preisgünstige Versorgung
der Verbraucher als eigenständiges Ziel in Absatz 2 implementiert.
Wi
6. Zu Artikel 1 (§ 3 Nr. 16 EnWG)
In Artikel 1 ist § 3 Nr. 16 wie folgt zu fassen:
"16. Energieversorgungsnetze
Energieanlagen, die der Verteilung von Elektrizität oder Gas an andere
über eine oder mehrere Spannungsebenen oder Druckstufen dienen,"
Begründung:
Die Änderung dient der weiteren Klarstellung des Begriffs "Energieversorgungsnetz", insbesondere des Begriffsteils "Versorgungsnetz". Durch die Einfügung "die der Verteilung an andere dienen" wird der Begriff Versorgungsnetz gegenüber Verteilanlagen zur Eigenversorgung abgegrenzt und
durch die Einbeziehung des Energieanlagen-Begriffs (aus Nr. 15) mittelbar
klargestellt, dass Installationsanlagen im Verbraucherbereich nicht mehr zum
Versorgungsnetz im Sinne des Gesetzes gehören sollen.
Wi
7. Zu Artikel 1 (§ 3 Nr. 17 EnWG)
In Artikel 1 ist § 3 Nr. 17 wie folgt zu fassen:
"17. Energieversorgungsnetze der allgemeinen Versorgung
Energieversorgungsnetze, die von ihrer Dimensionierung nicht von vornherein nur auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung
feststehender oder durch eine anderweitige vertragliche Beziehung mit
dem Netzbetreiber oder dessen Auftraggeber verbundener Letztverbraucher ausgelegt sind, sondern grundsätzlich für die Versorgung jedes Letztverbrauchers offen stehen,"
Begründung:
Die zur Abgrenzung der "Energieversorgungsnetze der allgemeinen Versorgung" in der Entwurfs-Definition vorgenommene Beschreibung der so genannten Arealversorgung ist insofern nicht ausreichend, als die Letztverbraucher,
auf welche die Dimensionierung der Arealverteilung ausgelegt ist, nicht immer
schon "von vornherein" konkret feststehen. Kennzeichnend ist vielmehr, dass
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die Verbraucher, für deren Versorgung das Arealnetz bestimmt ist, mit dem
Netzbetreiber oder dessen Auftraggeber (z.B. Arealeigentümer) durch eine andere Vertragsbeziehung als nur das Versorgungsverhältnis (z.B. Miete, Pacht,
Eigentümergemeinschaft) verbunden und dadurch bestimmbar sind.
Das gestrichene Definitionsmerkmal "die der Verteilung von Energie an Dritte
dienen" ist hier entbehrlich; es definiert allenfalls den allgemeinen Begriff Versorgungsnetz und sollte deshalb in die zu ergänzende Definition dieses Begriffs
übernommen werden (s. Antrag zu § 3 Nr. 16 EnWG-E).
Wi
8. Zu Artikel 1 (§ 3 Nr. 18 EnWG)
In Artikel 1 sind in § 3 Nr. 18 die Wörter "die andere mit Energie versorgen"
durch die Wörter "die Energie an andere verkaufen" zu ersetzen.
Begründung:
Versorgung umfasst den gesamten Bereich der Energiebereitstellung für den
Kunden, d. h. Handel, Vertrieb, Netzbetrieb, Netzanschluss sind "Teilmengen"
des Versorgungsbegriffs. Das EnWG-E erwähnt jedoch nur den Netzbetrieb als
Teilbereich und setzt die restlichen Teilbereiche wieder mit dem Begriff Versorgung gleich. Dadurch wird die Definition einerseits tautologisch und führt
andererseits per definitionem zu Versorgungsunternehmen, die nicht versorgen.
Wi
9. Zu Artikel 1 (§ 3 Nr. 21a - neu - EnWG)
In Artikel 1 ist in § 3 nach Nr. 21 folgende Nummer einzufügen:
"21a.
Grundversorgung
Das garantierte Angebot von Energie in Niederspannung oder Niederdruck an jeden Haushaltskunden und schutzwürdigen Kleinkunden, der
an das örtliche Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung
angeschlossen ist, zu allgemeinen und veröffentlichten Bedingungen
und Preisen,"
Begründung:
Die neue energierechtliche Konstruktion der Lieferverpflichtung unter entflochtenen Versorgungsverhältnissen wird in § 36 EnWG-E unvermittelt ohne
vorherige Definition eingeführt. Daher ist eine Definition der Grundversorgung
aufzunehmen.
Wi
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10. Zu Artikel 1 (§ 3 Nr. 27 EnWG)
In Artikel 1 § 3 Nr. 27 ist die Angabe "2 bis 10" durch die Angabe "2 bis 7
und 10" zu ersetzen.
Begründung:
Speicher (§ 3 Nr. 9 EnWG-E) und LNG-Anlagen (§ 3 Nr. 8 EnWG-E) sind
keine Netze. Sie sind nur insoweit Bestandteil von Gasversorgungsnetzen als
diese für den Netzzugang erforderlich sind. Deshalb sollten diese Anlagen
nicht generell zu den Gasversorgungsnetzen gerechnet werden.
Wi
In
11. Zu Artikel 1 (§ 3 Nr. 30a - neu - EnWG)
In Artikel 1 ist in § 3 nach Nr. 30 folgende Nummer einzufügen:
"30a.
Schutzwürdige Kleinkunden
Letztverbraucher, die Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz oder
Gas aus dem Niederdrucknetz bis zu einem Jahresverbrauch von 10.000
Kilowattstunden beziehen,"
Folgeänderungen:
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) In § 36 Abs. 1, 2 und 3, § 37 Abs. 1 und 3, § 38 Abs. 1, § 39 Abs. 2 sowie
in § 41 in der Überschrift und in den Absätzen 1 und 2 ist jeweils das Wort
"Haushaltskunden" durch die Wörter "Haushaltskunden und schutzwürdige
Kleinkunden" zu ersetzen.
b) In § 37 Abs. 2 sind in Satz 1 nach den Wörtern "wenn sie den" das Wort
"gesamten" einzufügen und die Wörter "für den gesamten Haushalt" zu
streichen.
Begründung:
Eine Beschränkung des Schutzes der "Grundversorgung" auf den Haushaltskundenbereich ist nicht sachgerecht. Kleine landwirtschaftliche Betriebe und
Kleinverbraucher aus der sehr heterogenen Verbrauchsgruppe "Gewerbe", die
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nicht mehr als 10.000 Kilowattstunden pro Jahr beziehen, verfügen über keine
stärkere Marktstellung als die Haushaltskunden. Unabhängig vom jeweiligen
Bedarfszweck sollten deshalb auch diese Kleinverbraucher vor unausgewogenen Vertragsbedingungen geschützt werden und einen Anspruch auf die Belieferung zu den Bedingungen der "Grundversorgung" haben.
Die Änderung in § 37 Abs. 2 EnWG-E betrifft eine notwendige Anpassung auf
Grund der Erweiterung der Grundversorgung auf die Gruppe der "schutzwürdigen Kleinkunden".
Wi
12. Zu Artikel 1 (§ 4 Abs. 1 EnWG)
In Artikel 1 ist § 4 Abs. 1 wie folgt zu fassen:
"(1) Die Aufnahme des Betriebes eines Energieversorgungsnetzes sowie bei
Gas die Errichtung und der Betrieb einer Direktleitung bedürfen der Genehmigung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde."
Begründung:
Auf Grund des besonderen technischen Gefährdungspotenzials bei der Gasversorgung sollte auch die Errichtung und der Betrieb einer Gas-Direktleitung in
das Genehmigungserfordernis einbezogen werden.
Wi
13. Zu Artikel 1(§ 4 Abs. 2 Satz 2 - neu - EnWG)
In Artikel 1 § 4 ist dem Absatz 2 folgender Satz anzufügen:
"Unter den gleichen Voraussetzungen kann auch der Betrieb einer in Absatz 1
genannten Anlage untersagt werden, für dessen Aufnahme keine Genehmigung
erforderlich war."
Begründung:
Die Möglichkeit zum Entzug einer Betriebsberechtigung für Anlagen nach Absatz 1 sollte auch für den Fall klargestellt werden, dass aus historischen Gründen, insbesondere bei Versorgungsaufnahme vor 1935, keine Genehmigung
erforderlich war.
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14. Zu Artikel 1 (§ 5 EnWG)
In Artikel 1 ist § 5 wie folgt zu fassen:
"§ 5
Anzeige der Energiebelieferung
Energieversorgungsunternehmen, die Haushaltskunden mit Energie beliefern,
müssen die Aufnahme und Beendigung der Tätigkeit sowie Änderungen ihrer
Firma bei der Bundesregulierungsbehörde unverzüglich anzeigen. Eine Liste
der angezeigten Unternehmen wird von der Bundesregulierungsbehörde laufend
im Internet veröffentlicht. Die Bundesregulierungsbehörde kann die Ausübung
der Tätigkeit jederzeit untersagen, soweit die gewerberechtlichen Voraussetzungen einer Gewerbeuntersagung vorliegen.“
Begründung:
Der Antrag dient der Deregulierung. Die Anzeige sollte bei der Bundesregulierungsbehörde erfolgen. Die Veröffentlichung einer Händlerliste dient der Information der Länderbehörden wie auch der am Stromwettbewerb Interessierten.
Die bisherige Praxis der Händler-Genehmigungsverfahren hat gezeigt, dass
eine aussagekräftige Darlegung der genannten Kriterien zur Leistungsfähigkeit
vor Aufnahme der Tätigkeit wegen des noch unbekannten Umfangs noch nicht
möglich ist und dass das Kriterium der technischen Leistungsfähigkeit bei
Händlern auch nicht sinnvoll ist. Die Untersagungsmöglichkeit sollte sich an
die allgemeinen gewerberechtlichen Voraussetzungen halten, die Zuständigkeit
jedoch der Bundesregulierungsbehörde zugewiesen werden.
Wi
15. Zu Artikel 1 (§ 8 Abs. 2 EnWG)
In Artikel 1 ist § 8 Abs. 2 wie folgt zu fassen:
"(2) In einem integrierten Energieversorgungsunternehmen dürfen die für die
Leitung des Netzbetreibers zuständigen Personen nicht betrieblichen Einrichtungen des integrierten Energieversorgungsunternehmens angehören, die direkt
oder indirekt für den laufenden Betrieb in den Bereichen Energiegewinnung
oder -erzeugung und Energieversorgung zuständig sind."
Begründung:
Das Aufbrechen von Unternehmensstrukturen bringt für die Unternehmen eine
nicht unerhebliche Kostenbelastung mit sich. Durch Synergieverluste werden
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Möglichkeiten der Kosteneinsparung zerstört; diese Kostenbelastung wird
letztlich auf die Netznutzungsentgelte umgelegt und geht damit zu Lasten der
Verbraucher. Die Vorschriften zum organisatorischen Unbundling sollten daher nicht über die Vorgaben der EU-Beschleunigungsrichtlinien hinausgehen.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 3 EnWG-E sollten daher gestrichen werden; § 8 Abs. 2
Nr. 1 EnWG-E sollte sich in seiner Formulierung an die Vorgaben der EURichtlinien anlehnen.
Wi
16. Zu Artikel 1 (§ 10 Abs. 4 Satz 4 - neu - EnWG)
In Artikel 1 § 10 ist dem Absatz 4 folgender Satz anzufügen:
"Die Befugnisse der Regulierungsbehörde bleiben unberührt."
Begründung:
Nach den Erfahrungen aus bisherigen Verfahren neigen Gerichte dazu, Wirtschaftsprüfertestaten eine praktisch nicht überprüfbare "Richtigkeitsvermutung" beizumessen. Um eine richtlinienkonforme Überprüfung zu gewährleisten, muss klargestellt werden, dass die Regulierungsbehörde nicht an die
Prüfergebnisse des Wirtschaftsprüfers gebunden ist, wenn sie Gegenteiliges
feststellt.
Wi
17. Zu Artikel 1 (§ 11 Abs. 1a - neu - EnWG)
In Artikel 1 ist in § 11 nach Absatz 1 folgender Absatz einzufügen:
"(1a) Die im Zusammenhang mit der Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren
Energien anfallenden Kosten für die Netzverstärkung und den Netzausbau sowie für Ausgleichsleistung werden bundesweit ausgeglichen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit regelt mit Zustimmung des Bundesrates das
Nähere durch Rechtsverordnung."
Begründung:
Die Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung, insbesondere der Ausbau der Windenergienutzung, erfordert die Verstärkung und
den Ausbau der Stromnetze sowie einen steigenden Aufwand zur Vorhaltung
von Ausgleichsleistung. Die Aufwendungen für den Netzausbau und den Ausgleich der Schwankung bei der EEG-Stromeinspeisung sind in den einzelnen
Regelzonen in Abhängigkeit von der jeweils installierten Windenergieleistung
sehr unterschiedlich. Mit der beabsichtigten Windenergienutzung im OffshoreBereich sowie dem Repowering wird sich das Ungleichgewicht in Zukunft
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weiter verschärfen. Um langfristig Standortnachteile bzw. eine Ungleichbehandlung der Letztverbraucher in den "windstarken" Regelzonen zu vermeiden,
ist eine bundesweite Ausgleichsregelung erforderlich.
Wi
18. Zu Artikel 1 (§ 12 Abs. 3 EnWG)
In Artikel 1 sind in § 12 Abs. 3 nach dem Wort "Nachfrage" die Wörter "von
Erzeugern, Händlern und Letztverbrauchern" sowie nach dem Wort "Versorgungssicherheit" die Wörter "und zum wirksamen und unverfälschten Wettbewerb" einzufügen.
Begründung:
Nach § 12 Abs. 3 EnWG-E trifft die Betreiber von Übertragungsnetzen auch
die Pflicht, dauerhaft eine angemessene Nachfrage nach Übertragung von Elektrizität zu befriedigen und dabei insbesondere durch entsprechende Übertragungskapazitäten unter wirtschaftlichen Bedingungen zur Versorgungssicherheit beizutragen.
Es sollte klargestellt werden, dass die Nachfrage nach Übertragungskapazität
sowohl auf Seiten der Letztverbraucher als auch auf Seiten der Erzeuger und
Stromhändler besteht.
Ferner dient die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze den
Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs.
Auch Übertragungsnetzbetreiber müssen daher nicht nur zur Versorgungssicherheit sondern auch zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten
Wettbewerbs beitragen. Der Übertragungsnetzbetreiber hat demnach seine Kapazitäten an der regionalen und überregionalen Entwicklung der Nachfrage
nach Elektrizität und dem Angebot von Erzeugern auszurichten. Er hat auch für
ausreichende Übertragungskapazitäten zwischen den Elektrizitätsversorgungsnetzen zu sorgen.
Die unternehmerische Eigenverantwortlichkeit für Investitionsentscheidungen
der Netzbetreiber nach wirtschaftlichen Kriterien bleibt unberührt.
Die Planbarkeit für den Netzbetreiber wird über § 17 Abs. 2 EnWG-E sichergestellt.
Es ist zwar davon auszugehen, dass die Errichtung oder Erneuerung von Erzeugungsanlagen überwiegend an bestehenden oder früheren Standorten unter
Nutzung vorhandener Infrastruktur erfolgt; dadurch darf aber die Entwicklung
neuer Standorte und der Standortwettbewerb nicht behindert werden. Vielmehr
gilt für den Netzbetreiber auch hier der Grundsatz der Nichtdiskriminierung.
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19. Zu Artikel 1 (§ 13 Abs. 1 Satz 2 EnWG)
In Artikel 1 ist § 13 Abs. 1 Satz 2 zu streichen.
Begründung:
Zur Beseitigung von Gefährdungen oder Störungen sind jeweils die verhältnismäßigen Maßnahmen zu treffen. Es gibt keine Rechtfertigung, in diesem
Zusammenhang bestimmte Netzinanspruchnahmen (z.B. für Elektrizität aus
Erneuerbaren Energie-Quellen) zu privilegieren.
Wi
20. Zu Artikel 1 (§ 14 Abs. 1a - neu - EnWG)
In Artikel 1 § 14 ist nach Absatz 1 folgender Absatz einzufügen:
"(1a) Die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind verpflichtet, Maßnahmen des Betreibers von übergeordneten Übertragungsnetzen durch eigene Maßnahmen zu unterstützen, soweit diese erforderlich sind, um Gefährdungen und
Störungen in den Übertragungsnetzen mit geringstmöglichen Eingriffen in die
Versorgung zu vermeiden."
Begründung:
Zur Vermeidung von Störungen und Gefährdungen in den Übertragungsnetzen,
insbesondere zur Vermeidung von Netzzusammenbrüchen, können zeitweilige
Stromabschaltungen notwendig werden. Diese müssen, um die durch sie verursachten Auswirkungen möglichst gering zu halten, kleinflächig vorgenommen
werden. Dazu sind Schalthandlungen in den Verteilernetzen notwendig.
Wi
21. Zu Artikel 1 (§ 15 Abs. 1 EnWG)
In Artikel 1 ist § 15 Abs. 1 wie folgt zu fassen:
"(1) Betreiber von Fernleitungs- und Verteilernetzen haben die Gasversorgung
durch das Netz unter Berücksichtigung des Austausches mit anderen Netzen zu
regeln und zu einer sicheren und zuverlässigen Gasversorgung in ihrer Regelzone und damit zu einer sicheren Energieversorgung beizutragen."
Begründung:
Die Verpflichtung der Betreiber von Gasversorgungsnetzen ist entsprechend
der in § 12 Abs. 1 EnWG-E geregelten Verpflichtung der Betreiber von Übertragungsnetzen zu regeln. Die Verantwortung der Betreiber für die Gasversor-
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gung beschränkt sich nicht auf ihr Netz, sondern auf den in einer Regelzone
zusammengeschlossenen Netzverbund.
Wi
22. Zu Artikel 1 (§ 16 Abs. 2 Satz 1und 2 EnWG)
In Artikel 1 ist § 16 Abs. 2 wie folgt zu ändern:
a) Satz 1 ist wie folgt zu fassen:
"Lassen sich eine Gefährdung oder Störung durch Maßnahmen im Sinne
des Absatzes 1 nicht oder nicht rechtzeitig beseitigen, so sind Betreiber von
Fernleitungs- und Verteilernetzen im Rahmen der Zusammenarbeit nach
§ 15 Abs. 1 berechtigt und verpflichtet, eine Anpassung sämtlicher Gaseinspeisungen, Gastransporte und Gasausspeisungen an die Erfordernisse eines
sicheren und zuverlässigen Betriebs der Netze zu verlangen."
b) Satz 2 ist wie folgt zu fassen:
"Bei Gefahr im Verzug kann der Betreiber von Fernleitungs- und Gasverteilernetzen eine Anpassung im Sinne des Satzes 1 eigenständig vornehmen. Soweit dies dem Netzbetreiber möglich ist, sind die von der Anpassung unmittelbar betroffenen Betreiber von Gasversorgungsnetzen und
Netznutzern vorab zu informieren."
Begründung:
Im Sinne der klaren Zuständigkeitsverteilung hat der Netzbetreiber zunächst
eine Anpassung von Ein- und Ausspeisung von den entsprechenden Gaslieferanten und Kunden zu verlangen. Erst im Fall von Gefahr im Verzug erscheint
es sachgerecht, dass der Netzbetreiber unmittelbar eine Anpassung vornehmen
kann. § 16 Abs. 2 Satz 2 EnWG-E letzter Satz ist auf direkt Betroffene zu beschränken. Eine Benachrichtigung indirekt Betroffener ist dem Netzbetreiber
zumal bei Gefahr im Verzug nicht zuzumuten.
Wi
23. Zu Artikel 1 (§ 16 Abs. 4 Satz 2 - neu - EnWG)
In Artikel 1§ 16 ist dem Absatz 4 folgender Satz anzufügen:
"Auf Verlangen sind die vorgetragenen Gründe zu belegen."
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Begründung:
Die Regelung entspricht der Verpflichtung der Betreiber von Übertragungsnetzen gemäß § 13 Abs. 5 Satz 2 EnWG-E. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Betreiber von Fernleitungs- und Gasverteilernetzen nicht einer gleichen Verpflichtung unterliegen sollen.
Wi
24. Zu Artikel 1 (§ 17 Abs. 2 Satz 1a - neu - EnWG)
In Artikel 1 ist in § 17 Abs. 2 nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:
"Die Gewährung des Netzanschlusses ist jedenfalls zumutbar, wenn der Anschlussnehmer bereit ist, die notwendigen Kosten zum Ausbau des betreffenden
Netzes zu tragen."
Folgeänderungen:
In Artikel 1 ist § 17 wie folgt zu ändern:
a) In Absatz 2 ist der Satz 2 zu streichen.
b) Nach Absatz 2 ist der folgende Absatz einzufügen:
"(2a) Die Verweigerung des Netzanschlusses ist in Textform zu begründen."
c) Absatz 2 Sätze 3 und 4 sind dem Absatz 2a - neu - anzufügen.
Begründung:
Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EnWG-E können Netzbetreiber den Netzanschluss
von Elektrizitäts- oder Gasversorgungsleitungen unter den genannten Voraussetzungen verweigern.
Zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs sollte
aber klargestellt werden, dass eine Netzanschlussverweigerung dann nicht in
Betracht kommt, wenn der Anschlussnehmer bereit ist, die erforderlichen
Netzausbaukosten zu tragen.
Wi
25. Zu Artikel 1 (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 EnWG)
In Artikel 1 ist § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 wie folgt zu fassen:
"3. festgelegt sowie näher bestimmt werden, in welchem Umfang und zu wel-
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chen Bedingungen ein Netzanschluss nach Absatz 2 zumutbar ist; dabei
kann auch das Interesse an der kostengünstigen Struktur des Energieversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung berücksichtigt werden.“
Begründung:
Für den mit der Liberalisierung verstärkt aufgetretenen Zielkonflikt zwischen
angestrebtem Wettbewerb einerseits und einer weiterhin kostengünstigen Netzinfrastruktur für die allgemeine Versorgung andererseits ist auch die Regelung
von erheblicher Bedeutung, ob und unter welchen Bedingungen so genannten
Arealverteiler an das Netz der allgemeinen Versorgung anzuschließen sind. In
der Verordnungsermächtigung zur Konkretisierung der Zumutbarkeit (für den
Netzbetreiber) sollte klargestellt werden, dass dabei nicht nur betriebswirtschaftliche Belange des Netzbetreibers zu berücksichtigen sind, die dieser ggf.
auch durch kleinräumig differenzierte Netzentgelte (Wettbewerb um gut strukturierte Arealverteilungen) wahren könnte; dies hätte zwangsläufig höhere
Netzentgelte für die weniger gut strukturierten Teilgebiete der allgemeinen
Versorgung zur Folge. Vielmehr sollte bei der Konkretisierung des Anschlussrechts durch Verordnung auch das Allgemeinwohlinteresse an einer kostengünstigen Netzinfrastruktur für die allgemeine Versorgung berücksichtigungsfähig sein. Ohne entsprechende Klarstellung der VO-Ermächtigung könnte
durch den Wegfall der bisherigen ausdrücklichen Gesetzeszweckbestimmung
"im Interesse der Allgemeinheit" (§ 1 EnWG-E) und der Strukturschutzklausel
(§ 3 Abs. 2 Nr. 2 EnWG-E) im neuen Gesetz die Berücksichtigung dieses Aspekts in einer Verordnung rechtlich fraglich sein.
Die Berücksichtigung dieses Strukturinteresses in der Verordnung könnte dann
z.B. in der Weise erfolgen, dass Areal-Verteilerunternehmen, soweit sie Letztverbraucher in Niederspannung beliefern wollen, nur Anspruch auf Anschluss
an das Niederspannungsnetz mit entsprechender Netzentgeltpflicht haben, so
dass insoweit die strukturbedingten Kostenvorteile des Areals teilweise dem
Netzbetrieb der allgemeinen Versorgung erhalten bleiben und so ein vertretbarer Kompromiss im o.g. Zielkonflikt erreicht wird.
Wi
26. Zu Artikel 1 (§ 20 und § 24 Satz 2 Nr. 3 EnWG)
a) Der Bundesrat bedauert, dass Netzzugangsverordnungen für Elektrizität
und insbesondere für Erdgas noch nicht vorliegen. Derzeit kann der Bundesrat keine Beurteilung über den Netzzugang zum Fernleitungsnetz für
Erdgas abgeben.
b) Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die Verordnung über die
Ausgestaltung des Zugangs zum Fernleitungsnetz für Erdgas schnellstmöglich vorzulegen. Dabei sind alle Netzzugangsmodelle zu prüfen, die
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Gasnetzbetreiber in ihrem Netzgebiet für das Fernleitungsnetz anwenden.
Gegebenenfalls ist darzulegen, warum ein für den wettbewerbsgerechten
Netzzugang geeignetes und von einzelnen Unternehmen praktiziertes Modell nicht sachgerecht auf alle Netzbetreiber erstreckt werden kann.
c) Dabei ist ebenfalls zu prüfen, ob nicht grundlegende Aussagen über das
Modell des Netzzugangs bei Strom und Gas ("Prinzipien des Netzzugangs")
in das Gesetz aufgenommen werden müssten; der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält dazu keinerlei Aussagen. Fraglich erscheint demgemäß
auch, ob die Verordnungsermächtigung in § 24 Satz 2 Nr. 3 EnWG-E den
Vorgaben des Artikels 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspricht.
Begründung:
Der Gasnetzbetreiber BEB Erdgas und Erdöl GmbH hat im August 2003 gegenüber der EU-Kommission die Einführung eines Entry-/Exit-Modells zugesagt, um eine Untersuchung der Behörde im Rahmen der Beschwerde des USGaskonzerns Marathon Group wegen verweigertem Netzzugang abzuwenden.
Dieser Verpflichtung ist die neu gegründete Tochtergesellschaft BEB Transport und Speicher Service GmbH zum 1. Juli 2004 nachgekommen, indem sie
für ihr Gasnetz ein Modell eingeführt hat, das die getrennte Buchung von Einund Ausspeisekapazitäten ermöglicht. Dieses Modell wird durch industrielle
Erdgasverbraucher befürwortet.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, das 'BEB-Modell' in ihre Überlegungen zum Erlass einer Netzzugangsverordnung für Erdgas einzubeziehen und zu
prüfen, ob es den Voraussetzungen für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb sowie den wettbewerbsgerechten Zugang zum Gasnetz genügt, so dass
es für alle Betreiber von Gasversorgungsnetzen übernommen werden kann.
Zu Artikel 1 (§ 21 EnWG)*
Wi
27. Die regulierungsbedingte Differenzierung der Netzentgelte und somit der integrierten Strompreise führt zu Wettbewerbsverzerrungen und zur Infragestellung
von Standortentscheidungen auf Seiten der großen Energieverbraucher. Der
Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, zu dieser für die Länder wesentlichen Problematik Stellung zu nehmen.
Begründung:
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Überschrift gilt bei Annahme einer der Ziffern 27 bis 29 als mitbeschlossen.
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Eine kostenorientierte Bildung von Entgelten für den Netzzugang oder eine
Einteilung der Netzbetreiber in kostenbasierte "Strukturklassen" führt zu unterschiedlich hohen Netzzugangsentgelten bei den einzelnen Netzbetreibern und
muss - bei konsequenter Anwendung der Vorschriften über die Entflechtung zwangsläufig auch spürbar unterschiedliche integrierte Strompreise benachbarter Versorgungsunternehmen zur Folge haben. Bisher besteht aus Wettbewerbsgründen regional weitgehend Preisgleichheit der Angebote des Regionalunternehmens und örtlicher Weiterverteiler für größere gewerbliche und industrielle Abnehmer.
Die Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13. Dezember 2001 (VV II plus) hatten im Ergebnis
der kalkulatorischen Kostenrechnung Netzentgelte in einer Höhe zur Folge, die
es einigen integrierten Versorgungsunternehmen gestattete, vertriebliche Verluste durch Gewinne im Netzbetrieb zu subventionieren und dennoch ein insgesamt auskömmliches Ergebnis zu erzielen. Für Stromanbieter ohne Netzbetrieb bedeutete das allerdings, dass sie von vorne herein nicht wettbewerbsfähig anbieten und dabei ihre Strom-Gestehungskosten erlösen konnten. Ein
Rückzug dieser Anbieter vom Markt war die Folge.
Eine Korrektur der kalkulierten Netzentgelte durch den im Gesetzentwurf vorgesehenen Unternehmensvergleich ist nachrangig zu der Kostenkalkulation der
Netzbetreiber, wird - unabhängig von Zuständigkeitsfragen - alle Regulierungsbehörden angesichts der über 1500 Netzbetreiber in Deutschland vor
nicht kurzfristig lösbare Schwierigkeiten stellen und die Probleme der differenzierten Netzentgelte nicht prinzipiell lösen können, wenn auch der Vergleich von der unterschiedlichen Kostensituation der Netzbetreiber ausgeht.
In Zukunft wird eine Praxis, den Strompreis aus den Erlösen des Netzbetriebs
zu subventionieren, schwieriger fort zu führen sein. Versorgungsunternehmen
müssen eine Rechnungslegung mit getrennten Konten für jede ihrer Tätigkeiten
vorlegen oder gar eine rechtliche Entflechtung praktizieren. Wenn Marktbeherrschung festgestellt wird, sind sie durch das Kartellrecht gehindert, Elektrizität oder Gas unter Einstandspreis anzubieten.
Unterschiedlich hohe Netzentgelte müssen damit auch in stärkerem Maß als
heute unterschiedlich hohe integrierte Strompreise zur Folge haben. Dies führt
bei den Energieverbrauchern, die selbst in Konkurrenz stehen, zu Wettbewerbsverzerrungen und wird die Standortpolitik der Länder vor kaum lösbare
Schwierigkeiten stellen.
Wi
28. Der Bundesrat bedauert, dass Netzzugangsentgeltverordnungen für Elektrizität
und Erdgas noch nicht vorliegen. Insbesondere hinsichtlich der Bedingungen
und Entgelte für den Netzzugang kann der Gesetzentwurf nur im Zusammenhang mit den auf Grund des Gesetzes ergehenden Verordnungen endgültig
bewertet werden, während derzeit hinsichtlich wesentlicher Auswirkungen des
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geplanten Regulierungssystems nur Mutmaßungen angestellt werden können.
Wi
29. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Regulierung der Netzentgelte die
drei Elemente Kostenkalkulation, Vergleich der Netzbetreiber untereinander
und Anreizregulierung enthalten und eindeutig ausweisen muss. Insofern bleibt
die Aufzählung verschiedener, sich zum Teil widersprechender Kalkulationsansätze in § 21 Abs. 2 EnWG-E im Zusammenhang mit der Kostenkalkulation
unklar und missverständlich. Die Vorschrift ist als Grundlage von Verwaltungsakten der Regulierungsbehörden ungeeignet, die der gerichtlichen Überprüfung
unterliegen.
Insbesondere müssen die Anreizregulierung in einem eigenen Absatz des § 21
EnWG-E aufgeführt und die Verordnungsermächtigung in § 24 Satz 2 Nr. 8
EnWG-E klarer gefasst werden. Dabei ist der Begriff der Anreizregulierung im
Gesetz zu definieren und dabei auf die Entwicklung der Entgelte des Netzbetreibers für den Netzzugang in einer Regulierungsperiode und die inflationsbereinigte gesamtwirtschaftliche Produktivitätsentwicklung Bezug zu nehmen.
Begründung:
§ 21 Abs. 2 EnWG-E führt - neben verschiedenen anderen Kalkulationsmaßstäben - auch die "Berücksichtigung von Anreizen für eine kosteneffiziente
Leistungserbringung" als Kalkulationsmaßstab auf. Für die Etablierung einer
Anreizregulierung findet sich jedoch keine explizite Ermächtigungsgrundlage
im Gesetzentwurf; die Verordnungsermächtigung in § 24 Satz 2 Nr. 8 EnWG-E
bleibt vage. Aus § 112 Satz 3 Nr. 1 EnWG-E ergibt sich zudem, dass die
Einführung einer Anreizregulierung offensichtlich bis weit nach 2007 verschoben werden soll.
Die Kostenkalkulation, die am Ausgangspunkt der Bildung von Netzzugangsentgelten stehen soll, belohnt die rationelle Betriebsführung nicht. Im Gegenteil macht der Netzbetreiber die höchsten Gewinne, der die höchsten Kosten
ausweist. Eine Kontrolle der Kostenpositionen im Einzelnen (z. B. der Investitionsentscheidungen) auf rationelle Betriebsführung kann - schon angesichts
der Zahl der zu kontrollierenden Netzbetreiber - und soll nicht erfolgen.
Der Vergleich verschiedener Netzbetreiber, den der Gesetzentwurf vorsieht, ist
ebenfalls prinzipiell von einem Anreizsystem zu unterscheiden. Zum einen erfasst er nur die teuersten Unternehmen, zum anderen kann er nicht greifen, insoweit das Niveau der Netznutzungsentgelte oder einzelne Kostenpositionen
generell überhöht sind. Die Kalkulationsmethode bestimmt in diesem Fall das
bundesweite Niveau der Netzentgelte; lediglich aus dem Niveau herausragende
missbräuchlich überhöhte Entgelte einzelner Unternehmen lassen sich mit
Hilfe eines auf nationale Netzbetreiber Bezug nehmenden Unternehmensvergleichs regulieren. Die preisgünstigen Vergleichsunternehmen genießen keinen
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finanziellen Vorteil; vielmehr sind sie benachteiligt, wenn sie geringere Kosten
ausweisen.
Demgegenüber erlaubt es die Methode der Anreizregulierung, auch Preisführern einen Entwicklungspfad ihrer Entgelte vorzugeben - verbunden mit dem
Anreiz, durch eine überproportionale Senkung ihrer Kosten während der Regulierungsperiode zusätzliche Gewinne zu erzielen, zum anderen zielt die Anreizregulierung, verbunden mit dem Unternehmensvergleich, auf die Kostenkontrolle der Gesamtheit der Netzbetreiber. Die Anreizregulierung hat die Sicherheit der Versorgung angemessen zu berücksichtigen.
Die Regulierung der Netzzugangsentgelte und übrigen Konditionen des Netzzugangs muss schon im Zweiten Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts sämtliche drei Komponenten umfassen, um zu wettbewerbsfähigen Entgelten zu führen. Dabei ist zuzugestehen, dass ein Modell der Anreizregulierung nicht vorliegt, das etwa im Ausland erprobt und auf die deutschen
Verhältnisse anwendbar wäre. Dies ist allerdings auch bei anderen Komponenten der Netzzugangsregulierung der Fall, die im Einzelnen erst ausgestaltet
werden müssen. Wenn jedoch erst und allenfalls auf der Grundlage eines Berichts der Bundesregierung, der am 1. Juli 2007 vorliegen soll, Vorschläge für
Methoden der Netzregulierung gemacht werden, die Anreize zur Steigerung
der Effizienz des Netzbetriebs setzen, lässt sich mit Blick auf die Dauer des
gegenwärtigen Gesetzgebungsverfahrens nur der Schluss ziehen, dass damit
die Einführung einer Anreizregulierung zurückgestellt und auf einen nicht absehbaren Zeitpunkt verschoben werden soll. Dem tritt der Bundesrat entgegen.
Wi
30. Zu Artikel 1 (§ 21 EnWG)
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass das rechtliche Instrumentarium für die
Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post
im vorgelegten Entwurf nicht geeignet ist, eine wirksame Kontrolle des Netzzuganges und der Höhe der Netzzugangsentgelte sicherzustellen. Das methodenorientierte Prüfverfahren bedarf materiellrechtlich hinsichtlich der Regulierungsinstrumente und verfahrensrechtlich einer Stärkung.
Die Wahl der "Kosten der energiewirtschaftlich rationellen Betriebsführung" als
zentraler Maßstab für die Angemessenheit der Netzzugangsentgelte, das allein
methodenbasierte Prüfverfahren und die geringen ex-ante Befugnisse der Regulierungsbehörde reichen nicht aus.
Begründung:
Die Regelungen der Verbändevereinbarung Strom vom 13. Dezember 2001
haben gezeigt und die Bundesregierung hat dies auch in ihrem Monitoring Bericht deutlich gemacht, dass den Energieversorgungsunternehmen für die Be-
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rechnung der Netzzugangsentgelte erhebliche Spielräume eingeräumt wurden,
die zu erheblichen Preissteigerungen für den Bereich der Netznutzungsentgelte
geführt haben.
Eine Berechnung der Netzzugangsentgelte unter Berücksichtigung der Kosten
der effizienten Leistungsbereitschaft führt zu mehr Transparenz bei der Erhebung der Entgelte. Dadurch wird es besonders kleineren und mittleren Unternehmen erleichtert, Zugang zum Markt zu bekommen und damit den Wettbewerb zu beleben.
Dies würde auch den Grundsatz der effizienten Leistungsbereitstellung, der
nach Artikel 4 Abs. 1 der Verordnung über den grenzüberschreitenden Stromhandel (1228/2003) vorgeschrieben ist, Rechnung tragen. Danach dürfen die
Entgelte der Netzbetreiber nur die tatsächlichen Kosten insoweit widerspiegeln, "als sie denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers" entsprechen. Diese Verordnung ist seit dem 1. Juli 2004 zwingendes Recht in Deutschland.
Wi
U
31. Zu Artikel 1 (§ 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG)
In Artikel 1 sind in § 21 Abs. 2 Satz 1 die Wörter "unter Beachtung der Nettosubstanzerhaltung" zu streichen.
Begründung:
Der Begriff "Nettosubstanzerhaltung" ist einer vergleichsweise komplizierten
Methode der Kostenartenrechnung zuzuordnen, die durch Tagesneuwertabschreibung auf den eigenfinanzierten Anteil der Anlagegüter und - inflationsbereinigte - Realverzinsung von Tagesneuwerten gekennzeichnet ist. Sie konkurriert mit anderen Methoden, wie etwa der der Realkapitalerhaltung, die
durch marktgerechte Verzinsung des nominal eingesetzten Kapitals gekennzeichnet ist.
Die Erfahrungen mit den Kalkulationsprinzipien der Verbändevereinbarungen,
die das Prinzip der Nettosubstanzerhaltung vorsahen, lassen dessen Eignung
für Zwecke der Netzregulierung jedenfalls fraglich erscheinen. Während die
Methode der Realkapitalerhaltung den dem Kapitalgeber zugebilligten Ertrag
offen als Marktzins ausweist, werden nach der Methode der Nettosubstanzerhaltung Ertragsbestandteile als Kosten verbucht. Dadurch wird die Transparenz
der Kalkulation verschlechtert. Die Notwendigkeit, Tagesneuwerte zu ermitteln
und fortzuschreiben, erschwert die Erstellung und Prüfung der Kalkulation.
Letztendlich führt die Tagesneuwertorientierung der Abschreibung und
Verzinsung dazu, dass ältere Anlagen zur Verrechnung vergleichsweise hoher
Kosten führen, während in der ersten Phase von Investitionen in moderne
Technik - wegen Anwendung des niedrigen Realzinses - der Mittelrückfluss für
die Eigenkapitalgeber vergleichsweise gering ist. Dies kann die Finanzierung
von Netzausbau und -unterhaltung gefährden.
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Eine gesetzliche Festlegung auf dieses Kalkulationsprinzip ist vor diesem
Hintergrund nicht sachgerecht. Es genügt, den Anspruch der Kapitalgeber auf
angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals gesetzlich zu normieren.
Detailregelungen zu den Kalkulationsprinzipien sollten den Netzentgeltverordnungen vorbehalten bleiben.
Wi
U
32. Zu Artikel 1 (§ 23a - neu - EnWG)
In Artikel 1 ist nach § 23 folgender § 23a einzufügen:
"§ 23a
Genehmigung von Entgelten für Netzzugang und Ausgleichsleistungen
(1) Entgelte für den Netzzugang nach § 21 und von den Netznutzern geforderte
Entgelte für die Erbringung von Ausgleichsleistungen nach § 23 bedürfen der
Genehmigung der Regulierungsbehörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, soweit die Entgelte den Bestimmungen dieses Gesetzes und den auf Grund dieses
Gesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen. Die genehmigten Entgelte sind
Höchstpreise, die nicht überschritten werden dürfen.
(2) Die Genehmigung ist mindestens drei Monate vor dem Zeitpunkt zu beantragen, an dem die Entgelte wirksam werden sollen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann die Regulierungsbehörde dem Netzbetreiber aufgeben, ihr die Kalkulation der Entgelte anhand einer Darstellung der Kosten des Netzbetriebes in
von ihr bestimmter Form darzustellen. Das Bundesministerium für Wirtschaft
und Arbeit kann das Verfahren durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des
Bundesrates näher ausgestalten.
(3) Die Genehmigung ist zu befristen und mit einem Vorbehalt des Widerrufs
zu versehen; sie kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden
werden. Ist vor Ablauf der Frist oder vor Wirksamkeit des Widerrufs eine neue
Genehmigung beantragt, so können bis zur Entscheidung über den Antrag die
zuletzt genehmigten Tarife beibehalten werden. Ist eine neue Entscheidung
nicht rechtzeitig beantragt, so kann die Regulierungsbehörde eine vorläufige
Regelung treffen."
Folgeänderungen:
...
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Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) Dem § 29 Abs. 1 ist folgender Satz anzufügen:
"§ 23a bleibt unberührt."
b) In § 30 ist nach Absatz 1 folgender Absatz einzufügen:
"(1a) Ein Missbrauch der Marktstellung liegt nicht vor, soweit ein Unternehmen keine höheren Entgelte für Netzzugang und Ausgleichsleistungen
gefordert oder erhalten hat als von der Regulierungsbehörde genehmigt."
c) In § 31 Abs. 1 ist Satz 2 wie folgt zu fassen:
"Diese hat zu prüfen, inwieweit das Verhalten des Betreibers von Energieversorgungsnetzen mit den Vorgaben in den Bestimmungen der Abschnitte
2 und 3 oder der auf dieser Rechtsgrundlage erlassenen Rechtsverordnungen, den nach § 29 Abs. 1 festgelegten oder genehmigten Bedingungen und
Methoden sowie den nach § 23a genehmigten Entgelten für Netzzugang
und Ausgleichsleistungen übereinstimmt."
d) Dem § 33 Abs. 1 ist der folgende Satz anzufügen:
"Ein Verstoß im Sinne des Satzes 1 liegt nicht vor, soweit ein Unternehmen
keine höheren Entgelte für Netzzugang und Ausgleichsleistungen gefordert
oder erhalten hat als von der Regulierungsbehörde genehmigt."
e)* In § 40 Abs. 2 ist Satz 2 wie folgt zu fassen:
"Die nach § 23a genehmigten Entgelte für Netzzugang und Ausgleichsleistungen, die kalkulatorischer oder tatsächlicher Preisbestandteil des Allgemeinen Preises sind, sind im Rahmen der Missbrauchsaufsicht nach Absatz 1 als rechtmäßig zu Grunde zu legen."
f) In § 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist das Semikolon am Ende zu streichen und
sind die Wörter "sowie Genehmigungen nach § 23a;" anzufügen.
g)** § 92 ist zu streichen.
Begründung:
Funktionierender Wettbewerb im Strom- und Gasmarkt setzt rechtssichere Be-
*
Entfällt bei Annahme von Ziffer 71.
**
Entfällt bei Annahme von Ziffer 61.
...
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dingungen des Netzzugangs für Netzbetreiber und Netznutzer voraus, die nur
durch genehmigte Entgelte zu schaffen sind. Der von der Bundesregierung
vorgeschlagenen Ex-post-Kontrolle der Netznutzungsentgelte ist ein beträchtliches Element der Rechtsunsicherheit systemimmanent. Netzbetreiber müssten
stets damit rechnen, auch innerhalb von Wirtschaftsperioden durch Verfügungen nach § 30 EnWG-E zur Änderung ihrer Entgelte gezwungen zu sein und
sogar rückwirkende Erlöskorrekturen durch Vorteilsabschöpfung nach § 33
EnWG-E hinnehmen zu müssen. Die Investitionsbereitschaft der Netzbetreiber
würde dadurch beträchtlich gefährdet. Im System der Ex-post-Kontrolle gelten
Netzentgelte stets nur vorläufig; auch den Netznutzern fehlt auf dieser Basis
die erforderliche Kalkulationssicherheit.
Genehmigte Entgelte schaffen dagegen Rechtssicherheit, die Voraussetzung
funktionierenden Wettbewerbs ist.
Der Verwaltungsaufwand im Genehmigungsverfahren ist außerdem deutlich
geringer als im Missbrauchsverfahren auf Grund der ungleich höheren Mitwirkungsbereitschaft der regulierten Unternehmen, weil ein eigenes Interesse an
zügigen und vollständigen Verfahren besteht. Missbrauchsverfahren führen
nach den bisherigen Erfahrungen regelmäßig zu ausufernden Rechtsstreitigkeiten mit beträchtlichem Verwaltungsaufwand.
Eine Genehmigungspflicht für Netzentgelte hat ferner neben einer Erleichterung der Beweislast für den Nachweis angemessener Netznutzungsentgelte den
Vorteil, die Anwendung anreizorientierter Regulierungsinstrumente überhaupt
erst möglich zu machen.
Genehmigungen können als begünstigende Verwaltungsakte mit Gebühren
belegt werden, aus denen sich die behördliche Regulierungstätigkeit zumindest
teilweise finanzieren lässt. Die höchst umstrittene Umlagefinanzierung durch
Beiträge kann damit entfallen.
Der Genehmigungspflicht unterliegen sollen auch die von den Netznutzern geforderten Entgelte für Ausgleichsleistungen, da sie einen wesentlichen Teil der
Netznutzungsbedingungen ausmachen.
Im Gegenzug zur Einführung einer Genehmigungspflicht für Netzentgelte und
Ausgleichsleistungen ist klarzustellen, dass genehmigte Entgelte nicht Gegenstand von Missbrauchsverfahren sein können. Dies schafft Rechtssicherheit
für die Netzbetreiber ebenso wie die Klarstellung, dass rückwirkende Vorteilsabschöpfungen durch die Regulierungsbehörde nicht infrage kommen, soweit
die genehmigten Netznutzungsentgelte und Entgelte für Ausgleichsleistungen
nicht überschritten wurden.
A
33. Zu Artikel 1 (§ 24 Satz 2 Nr. 4, § 29 Abs. 1 EnWG)
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Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) In § 24 Satz 2 Nr. 4 sind die Wörter "Regelungen zur Ermittlung der Entgelte" durch die Wörter "Regelungen zur Ermittlung und Genehmigung der
Entgelte" zu ersetzen.
b) In § 29 Abs. 1 sind die Wörter "Die Regulierungsbehörde trifft Entscheidungen über die Bedingungen und Methoden für den Netzanschluss oder
den Netzzugang nach den in § 17 Abs. 3 sowie § 24 genannten Rechtsverordnungen" durch die Wörter "Die Regulierungsbehörde trifft Entscheidungen über die Bedingungen und Methoden für den Netzanschluss, den Netzzugang oder die Entgelte für die Netznutzung nach den in § 17 Abs. 3 sowie
§ 24 genannten Rechtsverordnungen" zu ersetzen.
Begründung:
Die Entgelte für die Nutzung der Netze haben die zentrale Schlüsselrolle für
das Entstehen von Wettbewerb im Energiebereich. Selbst geringfügig zu hohe
Netznutzungsentgelte verhindern preisgünstige Angebote durch Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die selber nicht über das örtliche Versorgungsnetz
verfügen. Nur wenn die Netznutzungsentgelte einen diskriminierungsfreien
Netzzugang gewährleisten, können sich Angebot und Nachfrage entwickeln
und Wettbewerbsdruck entfalten.
Die derzeit vorgesehene Möglichkeit für die Regulierungsbehörde, die von einem Versorgungsunternehmen geforderten Netznutzungsentgelte als missbräuchlich zu untersagen, sind nicht ausreichend, da bis zum rechtskräftigen
Abschluss eines Missbrauchsverfahrens Wettbewerb verhindert wird und unter
Umständen Verbraucherinnen und Verbraucher - aber auch die Unternehmen,
die Energie als Vorleistung beziehen - rechtskräftig ungünstigere Verträge abgeschlossen haben.
Wegen der zentralen Rolle der Netznutzungsentgelte für die Entwicklung des
Wettbewerbs ist nicht nur - wie bisher im Gesetzentwurf vorgesehen - eine
Genehmigung der Methoden für die Berechnung der Entgelte vorzusehen, sondern auch eine Genehmigungspflicht für die Entgelte an sich. Nur die ex-ante
Genehmigung der Entgelte für die Netznutzung gewährt ein hohes Maß an Sicherheit, dass künftig die gesamte Nachfrageseite keine überhöhten Entgelte
zahlen muss und dass sich dadurch der Wettbewerb entwickeln kann.
Wi
34. Zu Artikel 1 (§ 24 Satz 2 Nr. 4 EnWG)
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In Artikel 1 sind in § 24 Satz 2 Nr. 4 die Wörter "dass eine energiewirtschaftlich rationelle Betriebsführung gesichert ist und die für die Betriebs- und
Versorgungssicherheit sowie die Funktionsfähigkeit der Netze notwendigen
Investitionen in die Netze gewährleistet sind," durch die Wörter "dass eine energiewirtschaftlich rationelle Betriebsführung sowie die für die Funktionsfähigkeit der Netze sowie die Versorgungssicherheit notwendigen Investitionen in
die Netze gewährleistet sind und Anreize zur Steigerung der Effizienz des Netzbetriebs vorgesehen werden," zu ersetzen.
Als Folge ist
Artikel 1 § 24 Satz 2 Nr. 8 wie folgt zu fassen:
"8. Regelungen vorgesehen werden, die Methoden der Netzregulierung festlegen, die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit der
Netze enthalten können."
Begründung:
Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 EnWG-E enthält allgemeine Grundsätze zur
Ermittlung der Entgelte für den Netzzugang. In § 24 Satz 2 Nr. 4 EnWG-E sind
sodann konkrete Vorgaben für die nähere Ausgestaltung der Methoden zur
Entgeltfindung im Rahmen einer Rechtsverordnung vorgesehen.
Im Hinblick darauf, dass § 24 Satz 2 Nr. 4 EnWG-E die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Netzentgeltverordnung darstellt, sollten die wichtigsten inhaltlichen Vorgaben hierfür im Gesetz normiert werden. Dazu gehört
nicht nur, dass der Grundsatz der kostenorientierten Entgeltermittlung durch
das Erfordernis einer energiewirtschaftlich rationellen Betriebsführung eine
Begrenzung erfährt und durch die Gewährleistung der notwendigen Investitionen für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Netze näher ausgefüllt ist.
Vielmehr erscheint auch ein wettbewerbliches Korrektiv erforderlich, indem
zur betriebswirtschaftlichen Optimierung des Netzbetriebs zusätzliche Anreize
für die Netzbetreiber gesetzt werden, deren Realisierung an die Erfüllung bestimmter Effizienz steigernder Verpflichtungen geknüpft wird.
Die bisher nach § 24 Satz 2 Nr. 8 EnWG-E lediglich fakultativ vorgesehenen
Anreize zur Effizienzsteigerung sollten in Konkretisierung von § 21 Abs. 2
EnWG-E bereits im Rahmen der Verordnungsermächtigung des § 24 Satz 2
Nr. 4 EnWG-E verbindlich festgeschrieben werden.
Wi
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Empfehlungen, 613/1/04
35. Zu Artikel 1 (§ 24 Satz 5, Satz 6 - neu - EnWG)
In Artikel 1 ist § 24 wie folgt zu ändern:
a) In Satz 5 ist das Komma nach dem Wort "werden" durch einen Punkt zu ersetzen und der dann folgende Halbsatz zu streichen.
b) Nach Satz 5 ist folgender Satz anzufügen:
"Bei Einspeisungen von Elektrizität aus dezentralen Erzeugungsanlagen ist
eine Erstattung eingesparter Entgelte für den Netzzugang in den vorgelagerten Netzebenen vorzusehen."
Begründung:
Durch die dezentrale Energieerzeugung werden i. d. R. Kosten in den vorgelagerten Netzebenen eingespart. Dem trug die Vergütungsregelung der VV
Strom II plus Rechnung. Um stranded investments insbesondere bei den kommunalen Unternehmen zu verhindern und Anreize für die dezentrale Erzeugung zu erhalten, sollten die vermiedenen Netznutzungskosten weiterhin angerechnet werden.
Wi
36. Zu Artikel 1 (§ 25 Satz 1 EnWG)
In Artikel 1 ist in § 25 Satz 1 nach dem Wort "dann" das Wort "befristet" einzufügen.
Begründung:
Nach Artikel 27 EU-Gas-Richtlinie können Erdgasunternehmen in diesen Fällen lediglich "befristete Ausnahmen" von der Gewährleistung des Zugangs für
Dritte zum Fernleitungs- und Verteilnetz usw. beantragen. Diese Befristung ist
sachgerecht, da jeder Gasliefervertrag einschließlich der so genannten langfristigen Take-or-pay-Verträge Anpassungs- und Wiederverhandlungsklauseln
enthalten. Diese ermöglichen in angemessener Zeit entsprechende Vertragsverhandlungen mit dem Erdgaslieferanten. Auf diese Weise können die Vertragskonditionen bei veränderter Marktlage so angepasst werden, dass die strengen
Kriterien, die Artikel 27 Gas-Richtlinie für die Gewährung einer befristeten
Ausnahme setzt, dann nicht mehr zutreffen und damit keinen Grund für ein
längeres Beibehalten der Ausnahme besteht.
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Wi
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37. Zu Artikel 1 (§ 28a - neu - EnWG)
In Artikel 1 ist nach § 28 folgender § 28a einzufügen:
"§ 28a
Neue Infrastrukturen
(1) Größere neue Erdgasinfrastrukturen können auf Antrag von den §§ 20 bis 28
und § 29 unter folgenden Bedingungen ausgenommen werden:
a) Durch die Investition werden der Wettbewerb bei der Gasversorgung und
die Versorgungssicherheit verbessert;
b) das mit der Investition verbundene Risiko ist so hoch, dass die Investition
ohne eine Ausnahmegenehmigung nicht getätigt würde;
c) die Infrastruktur muss Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person
sein, die zumindest der Rechtsform nach von den Netzbetreibern getrennt
ist, in deren Netzen die Infrastruktur geschaffen wird;
d) von den Nutzern dieser Infrastruktur werden Entgelte erhoben;
e) die Ausnahme wirkt sich nicht nachteilig auf den Wettbewerb oder das effektive Funktionieren des Erdgasbinnenmarktes oder das effiziente Funktionieren des regulierten Netzes aus, an das die Infrastruktur angeschlossen
ist.
(2) Absatz 1 gilt auch für erhebliche Kapazitätsaufstockungen bei vorhandenen
Infrastrukturen und für Änderungen dieser Infrastrukturen, die die Erschließung
neuer Gasversorgungsquellen ermöglichen.
(3) Auf Antrag des betroffenen Gasversorgungsunternehmens entscheidet die
Regulierungsbehörde, ob die vom Antragsteller nachzuweisenden Voraussetzungen vorliegen. Die Prüfung und das Verfahren richten sich nach Artikel 22
Abs. 3 Buchstaben a), b), d), e) und Absatz 4 der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie
98/30/EG (ABl. EU Nr. 176 L S. 57)."
Begründung
Artikel 22 der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 26. Juni 2003 gewährt für neue größere Infrastruktureinrichtungen
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Empfehlungen, 613/1/04
die Möglichkeit einer Ausnahme von den Vorgaben über den regulierten Netzzugang. § 28a EnWG-E dient der Umsetzung dieser Vorschrift in deutsches
Recht.
Die Umsetzung des Artikels 22 der Richtlinie 2003/55/EG ist von nationalem
Interesse. Während die deutsche Eigenproduktion ebenso wie die europäische
Eigenproduktion abnimmt, steigt gleichzeitig die Nachfrage nach Erdgas. Es ist
abzusehen, dass Deutschland zunehmend von importiertem Erdgas, das über
weite Entfernungen in Erdgasfernleitungen transportiert wird, bzw. von Flüssiggas abhängig werden wird. Die Erschließung der dafür notwendigen neuen
Gasversorgungsquellen sowie der Bau der notwendigen Infrastruktur erfordern
erhebliche Investitionen. Wesentliches Kriterium der Kreditvergabe für Investoren und Kreditgeber ist die kalkulierbare und dauerhafte Sicherstellung des
Kapitalrückflusses. Ohne eine Ausnahme im Einzelfall von der - stetigem
Wandel unterliegenden - Regulierung, steigt das Finanzierungsrisiko und sinkt
gleichzeitig die Investitionsbereitschaft von Investoren und Kreditgebern.
§ 28a EnWG-E reduziert das Regulierungsrisiko und stellt ein positives Investitionsklima her, das die deutsche Gaswirtschaft im Wettbewerb mit anderen europäischen Unternehmen um Infrastrukturinvestitionen unterstützt.
Da die übrigen Mitgliedstaaten der europäischen Union Artikel 22 der Richtlinie 2003/55/EG bereits umgesetzt haben bzw. umsetzen werden, würde eine
Nichtumsetzung des Artikels 22 der Richtlinie 2003/55/EG die deutsche Gaswirtschaft gegenüber der übrigen europäischen Gaswirtschaft erheblich
benachteiligen.
Artikel 22 der Richtlinie 2003/55/EG gibt die gesetzliche Einführung eines individuellen Rechts der Unternehmen auf eine Ermessensentscheidung der
Verwaltung über eine Ausnahme vom regulierten Netzzugang vor. Da die Regulierungsbehörde einzelfallabhängig über eine Ausnahme von den §§ 20 bis
28 und § 29 EnWG-E entscheidet, sind Nachteile für die bereits bestehende
Infrastruktur nicht zu erwarten.
Die mit der Durchführung neuer Infrastrukturprojekte einhergehende Diversifizierung der Erdgasquellen verbessert die Versorgungssicherheit Deutschlands.
§ 28a EnWG-E trägt damit auch wesentlich zur Erreichung der Ziele der
Richtlinie 2004/67/EG des Rates vom 26. April 2004 über Maßnahmen zur
Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung bei.
Wi
38. Zu Artikel 1 (§ 30 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 - neu - EnWG)
In Artikel 1 § 30 Abs. 2 ist der Nummer 2 folgender Satz anzufügen:
"Gegenstand einer Anordnung können alle Bedingungen einer Netzanschlussoder Netzvereinbarung sowie die Entgelte sein."
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Empfehlungen, 613/1/04
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Begründung
Ebenso wie in § 25 Abs. 5 TKG ist notwendig, dass die Regulierungsbehörde
sämtliche Bedingungen in einer Netzanschluss- oder Netzzugangsvereinbarung
festlegen kann, über welche die Parteien keine Einigung erzielt haben.
U
39. Zu Artikel 1 (§ 31 Abs. 4 Satz 2, § 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EnWG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) § 31 Abs. 4 Satz 2 ist zu streichen.
b) In § 91 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist die Angabe "31 Abs. 2 und 3," zu streichen.
Begründung:
Die Vorschriften über die Erhebung von Kosten für Amtshandlungen nach § 31
EnWG-E und insbesondere die Auferlegung der Kosten einer Beweiserhebung
nach billigem Ermessen sind zu streichen, da zu befürchten ist, dass Verbraucherinnen und Verbraucher trotz eines bestehenden Rechtsschutzbedürfnisses durch unkalkulierbare Kostenfolgen von einer Beschwerde abgehalten
werden. Der durch die umzusetzenden EU-Richtlinien ausdrücklich geforderte
effektive Rechtsschutz für Verbraucherinnen und Verbraucher wird auf diese
Weise gefährdet.
Wi
40. Zu Artikel 1 (§ 31 Abs. 5 - neu - EnWG)
In Artikel 1 ist dem § 31 folgender Absatz anzufügen:
"(5) Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 sind entsprechend anzuwenden auf Mitteilungen der Kartellbehörden und der für die Besondere Preismissbrauchsaufsicht
(§ 40) zuständigen Behörden an die Regulierungsbehörden über Anhaltspunkte
für missbräuchliches Verhalten eines Netzbetreibers."
Begründung:
Insbesondere im Rahmen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht (§§ 19, 20
GWB) und der Besonderen Missbrauchsaufsicht (§ 40 EnWG-E) können sich
Anhaltspunkte für missbräuchliches Verhalten eines Netzbetreibers ergeben,
ohne dass Kartell- und Preisaufsichtsbehörden diesen Hinweisen nachgehen
können, weil die Prüfung netzbezogener Gesichtspunkte eine ausschließliche
Regulierungsaufgabe ist (§ 40 Abs. 2 Satz 2, § 111 Abs. 3 EnWG-E). Es
erscheint sachgerecht, dass Kartell- und Preisaufsicht Anhaltspunkte für
missbräuchliches Verhalten eines Netzbetreibers der zuständigen Regulie-
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Empfehlungen, 613/1/04
rungsbehörde mitteilen und dass diese Mitteilungen nach den Grundsätzen für
Beschwerden Privater behandelt werden, um ein wirksames Aufgreifen der Erkenntnisse der Kartell- und Landesregulierungsbehörden zu gewährleisten.
Wi
41. Zu Artikel 1 (§ 32 Abs. 2 Nr. 2, § 34 EnWG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) In § 32 Abs. 2 Nr. 1 ist das Semikolon am Ende durch einen Punkt zu
ersetzen und ist Nummer 2 zu streichen.
b) § 34 ist zu streichen.
Begründung:
Bei einer mit dem Gesetzentwurf angestrebten wirksamen behördlichen Kontrolle der Gesetzesbefolgung besteht neben dem allgemeinen Klage- und Schadenersatzrecht kein Grund für ein zusätzliches Klage- und Vorteilsabschöpfungsrecht von Verbänden. Durch die gesetzlich fristgebundene Prüf- und Entscheidungspflicht der Regulierungsbehörde nach § 31 EnWG-E ist hinreichend
gewährleistet, dass jeder Beschwer aufsichtlich nachgegangen wird. Die
Streichung der darüber hinausgehenden Verbandsrechte ist umso mehr begründet, wenn die Wirksamkeit der behördlichen Regulierung entsprechend den
Vorschlägen des Bundesrats noch weiter verbessert wird.
Durch die Begründung eines zusätzlichen Klage- und Vorteilsabschöpfungsrechts von Verbänden bringt der Gesetzgeber unter diesen Umständen gegenüber den Regulierungsbehörden selbst ein erhebliches Misstrauen zum Ausdruck.
Wi
42. Zu Artikel 1 (§ 32 Abs. 3 Satz 1a - neu - EnWG)
In Artikel 1 § 32 Abs. 3 ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:
"Bei der Entscheidung über den Umfang des Schadens nach § 287 der Zivilprozessordnung kann insbesondere der anteilige Gewinn, den das Unternehmen
durch den Verstoß erlangt hat, berücksichtigt werden."
Begründung:
Die Regelung entspricht § 33 Abs. 3 Satz 2 GWB und war noch in § 28 des
Referentenentwurfs enthalten. Es ist nicht ersichtlich, wieso er nicht in gleicher
Weise wie im GWB auch im EnWG Anwendung finden soll.
...
Empfehlungen, 613/1/04
A
U
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43. Zu Artikel 1 (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EnWG)
In Artikel 1 sind in § 33 Abs. 2 Satz 1 die Wörter "durch die Verhängung der
Geldbuße oder" zu streichen.
Begründung:
Das Institut der Gewinnabschöpfung zielt darauf ab, dass das rechtswidrig
handelnde Unternehmen seinen auf Grund des missbräuchlichen Handelns erlangten Vermögensvorteil nicht behalten kann. Eine Verrechnung möglicher
Bußgelder mit dem Gewinnabschöpfungsanspruch ist daher abzulehnen, da auf
diese Weise eine unzulässige Vermischung des generalpräventiven Sanktionscharakters des Bußgeldes mit dem reinen vermögensausgleichenden Zweck der
Abschöpfung erfolgen würde.
U
44. Zu Artikel 1 (§ 33 Abs. 3 EnWG)
In Artikel 1 ist § 33 Abs. 3 zu streichen.
Begründung:
Die Vorschrift über den vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Abschöpfung des Unrechtsgewinns in Fällen unbilliger Härten oder im Falle des
geringen Umfanges des wirtschaftlichen Gewinns ist abzulehnen. Zum einen
kann es bei der Herausgabe von rechtswidrig erlangtem Vermögen nicht auf
individuelle Auswirkungen auf das rechtswidrig handelnde Unternehmen ankommen, genauso wenig wie auf den Umfang des Gewinns, dessen Einstufung
als "gering" je nach Wirtschaftskraft des Unternehmens zu beurteilen ist. Zum
anderen stellt unabhängig davon die rechtswidrige Erlangung einen Vorteil dar,
der in jedem Falle geeignet ist, den Wettbewerb zu verzerren, so dass die konsequente Gewinnabschöpfung auch aus diesem Grunde geboten bleibt.
Wi
In
45. Zu Artikel 1 (§ 36 Abs. 1, § 38 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1 und 2 EnWG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) In § 36 Abs. 1, § 38 Abs. 1, § 39 in der Überschrift und im Absatz 1 sowie
in § 40 Abs. 1 sind jeweils die Wörter "Allgemeine Preise" durch die Wörter "Allgemeine Tarife" zu ersetzen.
...
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b) In § 40 Abs. 2 sind das Wort "Preise" durch die Wörter "Allgemeine Tarife"
sowie die Wörter "des Allgemeinen Preises" durch die Wörter "der Allgemeinen Tarife" zu ersetzen.
Begründung:
Das neue Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung verwendet für die
Grundversorgung, die der besonderen Missbrauchsaufsicht unterliegt, den Begriff "Allgemeine Preise". Zur besseren Abgrenzung der behördlich kontrollierten Preise gegenüber Wettbewerbspreisen sollte diese Bezeichnung durch
den Ausdruck "Allgemeine Tarife" ersetzt werden. Dieser Terminus ist bereits
aus §§ 10, 11 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung in seiner
derzeit geltenden Fassung geläufig und wird dort für die bislang der Preisaufsicht unterliegenden Preise verwendet. Das Festhalten an der vertrauten Terminologie erhöht damit zugleich die Transparenz für die Verbraucher. Im übrigen
wird damit auch der Bezug zu dem in der Konzessionsabgabenverordnung
verwandten Begriff der Tarifkunden hergestellt.
Wi
46. Zu Artikel 1 (§ 36 Abs. 2 EnWG)*
In Artikel 1ist § 36 Abs. 2 wie folgt zu fassen:
"(2) Grundversorger nach Absatz 1 ist jeweils das Energieversorgungsunternehmen, das die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet der allgemeinen
Versorgung beliefert. Der Grundversorger nach Satz 1 ist alle drei Jahre jeweils
zum 1. Juli, erstmals zum 1. Juli 2006
1. von der Gemeinde, sofern Versorgungsgebiet und Gemeindegebiet identisch sind,
2. in allen anderen Fällen von der nach Landesrecht zuständigen Behörde
festzustellen. Die Feststellung ist dem Grundversorger schriftlich mitzuteilen
und von diesem auch im Internet zu veröffentlichen. Betreiber von Energieversorgungsnetzen der allgemeinen Versorgung nach § 18 Abs. 1 sind verpflichtet,
der Gemeinde oder der nach Landesrecht zuständigen Behörde die erforderlichen Informationen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Stellt der Grundversorger nach Satz 1 seine Geschäftstätigkeit ein, so gelten die Sätze 2 bis 4 entsprechend."
*
Wird bei Annahme der Ziffer 11 redaktionell angepasst.
...
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Begründung:
Die Feststellung des Grundversorgers ist eine hoheitliche Tätigkeit. Sie kann
daher nicht den Betreibern von Energieversorgungsnetzen der allgemeinen
Versorgung auferlegt werden. Allerdings haben diese die für die Feststellung
erforderlichen Informationen. Diese müssen sie zur Verfügung stellen. Die
Aufgabenübertragung an die Gemeinden im Falle kleiner Versorgungsgebiete,
die nicht über die Gemeindegrenzen hinausgehen, knüpft an die Verpflichtung
der Gemeinde zur Daseinsvorsorge an. Bei Versorgungsgebieten, die über das
Gebiet einer Gemeinde hinausgehen, ist die nach Landesrecht zuständige Behörde zuständig.
Wi
47. Zu Artikel 1 (§ 38 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 EnWG)
Artikel 1 § 38 ist wie folgt zu ändern:
a) In Absatz 1 ist Satz 3 zu streichen.
b) In Absatz 2 Satz 1 ist nach dem Wort "erfolgt" das Komma durch einen
Punkt zu ersetzen und der anschließende Satzteil zu streichen.
Begründung:
Letztverbraucher, die Ersatzversorgung in Anspruch nehmen, verursachen in
der Regel höhere Kosten als die Kunden der Grundversorgung. Dementsprechend sieht § 38 Abs. 1 Satz 2 EnWG-E vor, dass der Grundversorger für diese
Kundengruppe "gesonderte Allgemeine Preise" veröffentlichen kann. Diese
dem Grundsatz verursachungsgerechter Kostenzuordnung entsprechende Regelung wird durch die in Satz 3 enthaltene Regelung praktisch weitgehend
entwertet. Die Verpflichtung, dass für Haushaltskunden die Preise der Grundund der Ersatzversorgung identisch sein müssen, führt zu einer Subventionierung durch Kunden in der Ersatzversorgung, die keine Haushaltskunden sind;
hierfür ist eine sachliche Rechtfertigung nicht erkennbar. Höhere kostenorientierte Tarife der Ersatzversorgung stellen im übrigen kein Wettbewerbshemmnis dar, weil der Kunde in eine vertragliche Strombelieferung wechseln kann;
dies stellt zugleich einen Anreiz für den Kunden dar, dies schnell zu vollziehen. Daher kann auch die in § 38 Abs. 2 Satz 1 EnWG-E vorgesehene Befristung der Ersatzversorgung entfallen.
Wi
entfällt bei
Annahme
von Ziffer 71
48. Zu Artikel 1 (§ 40 Abs. 1 Satz 3 und 4, Abs. 2a - neu - bis 2d - neu - EnWG)
Artikel 1 § 40 ist wie folgt zu ändern:
a) In Absatz 1 sind die Sätze 3 und 4 zu streichen.
...
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b) Nach Absatz 2 sind folgende Absätze einzufügen:
"(2a) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann die nach Landesrecht zuständige
Behörde dem Grundversorger aufgeben, ihr die Kalkulation der Allgemeinen Tarife anhand einer Darstellung der gesamten Kosten- und Erlöslage
sowie der Zuordnung dieser Kosten und Erlöse zum Grundversorgungsbereich in von ihr bestimmter Form offen zu legen; der Grundversorger ist auf
Verlangen der Behörde auch verpflichtet, Jahresabschlüsse und Wirtschaftprüfungsberichte vorzulegen.
(2b) Grundversorger sind verpflichtet, der nach Landesrecht zuständigen
Behörde die Allgemeinen Tarife für die Belieferung mit Elektrizität nach
§ 36 Abs. 1, § 38 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 mindestens vier Wochen vor dem
Inkrafttreten anzuzeigen.
(2c) Die Absätze 1 bis 2b gelten entsprechend für Regelungen zur Erstattung sonstiger mit den Allgemeinen Tarifen nach Absatz 1 nicht abgegoltener Kosten.
(2d) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit kann das Verfahren
durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates näher ausgestalten; die Verfahrensregeln dieses Gesetzes bleiben unberührt."
Begründung:
Absatz 2a soll sicherstellen, dass die Behörde die Kostensituation in der
Grundversorgung nach einem einheitlichen und sachgerechten Schema erheben
kann und ihr auf Anforderung auch die für die Prüfung der Kostenrechnung
bedeutsamen Jahresabschlüsse und Wirtschaftsprüfungsberichte zur Verfügung
gestellt werden. Es erscheint ferner sinnvoll, der Behörde ausreichende Transparenz über die Preisstellung der Grund- und Ersatzversorger zu verschaffen;
Absatz 2b trägt diesem Bedürfnis durch Aufnahme einer Unterrichtungspflicht
Rechnung.
Absatz 2c enthält die Bestimmung des bisherigen Satzes 3 von Absatz 1. Eine
wirksame und nach einheitlichen Grundsätzen angelegte Kontrolle der Preisstellung des Grundversorgers erfordert die Bezugnahme auf die entsprechende
Anwendung der Absätze 1 bis 2b.
Absatz 2d enthält die Bestimmung des bisherigen Satzes 4 von Absatz 1 und
regelt die nähere Ausgestaltung des Verfahrens nach den Absätzen 1 bis 2c.
...
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49. Zu Artikel 1 (§ 42 EnWG)
In Artikel 1 ist § 42 wie folgt zu fassen:
"§ 42
Stromkennzeichnung, Transparenz der Stromrechnungen
(1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind verpflichtet, in oder als Anlage zu
ihren Rechnungen an Letztverbraucher und in an diese gerichtetem Werbematerial anzugeben:
1. den Anteil der einzelnen Energieträger (Kernkraft, fossile und sonstige
Energieträger, Erneuerbare Energien) am Gesamtenergieträgermix, den der
Lieferant im vorangegangenen Jahr verwendet hat; spätestens ab 15. Dezember eines Jahres sind jeweils die Werte des vorangegangenen Kalenderjahres anzugeben;
2. Verweise auf bestehende Informationsquellen, bei denen Informationen
über die Umweltauswirkungen zumindest in Bezug auf CO2-Emissionen
und radioaktiven Abfall aus der durch den Gesamtenergieträgermix des Lieferanten im vorangegangenen Jahr erzeugten Elektrizität öffentlich zur Verfügung stehen.
(2) Bei Elektrizitätsmengen, die über eine Strombörse bezogen oder von einem
Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union eingeführt werden,
können die von der Strombörse oder von dem betreffenden Unternehmen für
das Vorjahr vorgelegten Gesamtzahlen, hilfsweise der UCTE-Strommix,
zugrunde gelegt werden. Dieser ist auch für alle Strommengen anzusetzen, die
nicht eindeutig erzeugungsseitig einem der in Absatz 1 Nr. 1 genannten Energieträger zugeordnet werden können.
(3) Erzeuger und Vorlieferanten von Elektrizität sind verpflichtet, im Rahmen
von Elektrizitätslieferungen auf Anforderung Daten nach Absatz 1 Nr. 1 Unternehmen, die Elektrizität an Kunden liefern, so zur Verfügung stellen, dass die
Informationen nach Absatz 1 Nr. 1 bereitgestellt werden können.
(4) Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind verpflichtet, in ihren Rechnungen
an Letztverbraucher die Preise für die Stromlieferung getrennt nach Energiepreis, Entgelt für den Netzzugang und sonstigen Preisbestandteilen auszuweisen."
...
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Begründung:
Die in Artikel 3 Abs. 6 der Richtlinie 2003/54/EG vom 26. Juni 2003 vorgesehenen Vorschriften zur Stromkennzeichnung und zur Transparenz der Stromrechnung sind zur Unterrichtung der Bürger über die Zusammensetzung des
Stroms hinsichtlich der Primärenergieträger ausreichend. Sie sollten daher im
Interesse eines möglichst einfachen Verfahrens und im Sinne eines möglichst
geringen Regulierungsniveaus im Wesentlichen übernommen werden. Darüber
hinaus gehende Regelungen belasten die Elektrizitätsversorgungsunternehmen
über Gebühr. Daher wird § 42 EnWG-E stärker am Wortlaut der Richtlinie orientiert.
Wi
U
50. Zu Artikel 1 (§ 43 Abs. 1 Satz 1 EnWG)
In Artikel 1 ist in § 43 Abs. 1 Satz 1 vor dem Wort "Änderung" das Wort "wesentliche" einzufügen.
Begründung:
Nach § 43 Abs. 1 EnWG-E bedarf die Errichtung und der Betrieb sowie die
Änderung von Hochspannungsfreileitungen, ausgenommen Bahnstromfernleitungen, mit einer Nennspannung von 110 kV oder mehr, sowie von Gasversorgungsleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm der Planfeststellung, soweit dafür nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen
ist. Andernfalls bedürfen sie der Plangenehmigung, die in Fällen von unwesentlicher Bedeutung entfällt.
Da die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nicht verlangt, dass die Änderung wesentlich sein muss, sind seit dem Inkrafttreten der inhaltlich im wesentlichen
gleichen Vorläufernorm des § 11a EnWG im Sommer 2001 viele Verfahren
für geringfügige Maßnahmen eingeleitet worden. Häufigstes Beispiel ist die
Versetzung eines oder mehrerer Masten einer Freileitung. Würde es sich nicht
um die Änderung einer bestehenden Leitung, sondern um einen Neubau handeln, käme die Durchführung einer UVP regelmäßig allenfalls auf Grund einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 Satz 2
UVPG i.V.m. Nr. 19.1.4 und Nr. 19.2.4 Anlage 1 zum UVPG in Betracht.
Handelt es sich bei diesen Vorhaben jedoch um Änderungen einer bestehenden Leitung, sind sie unter keinen Umständen UVP-pflichtig. Denn das ist
nach dem UVPG nur bei wesentlichen Änderungen einer Anlage der Fall. Die
die Änderung von Anlagen betreffenden Vorschriften des UVPG ("Hineinwachsen" in die UVP-Pflicht nach § 3b Abs. 3 UVPG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 3c Abs. 1 Satz 5 UVPG, sowie Änderung eines Vorhabens für
das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht nach § 3e Abs. 1 UVPG)
beziehen sich nur auf solche Änderungen, für die als solche entweder eine
obligatorische UVP nach § 3b Abs. 1 Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 19.1.1 und
Nr. 19.2.1 Anlage 1 zum UVPG oder eine UVP nach allgemeiner Vorprüfung
...
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des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nrn. 19.1.2, 19.1.3,
19.2.2 und Nr. 19.2.3 Anlage 1 zum UVPG durchzuführen wäre, nicht aber
auf Änderungen, für die für sich genommen nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen wäre.
Mangels UVP-Pflicht entfällt daher für diese nicht wesentlichen Änderungen
stets die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens mit der Folge, dass
für diese Änderungen nach dem derzeitigen Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 2
EnWG-E grundsätzlich eine Plangenehmigung erforderlich ist. Diese entfällt
jedoch nach Satz 3 dieser Vorschrift in Fällen von unwesentlicher Bedeutung.
Ein solcher Fall liegt nach § 43 Abs. 1 Satz 4 EnWG-E i.V.m. § 74 Abs. 7
Satz 2 VwVfG des Bundes und der Länder vor, wenn andere öffentliche
Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen - das ist insbesondere die naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung - vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen und Rechte anderer
nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende
Vereinbarungen getroffen worden sind. Dies ist bei den genannten Änderungsvorhaben regelmäßig der Fall, so dass auch die Plangenehmigung entfällt.
Dennoch wird auf Grund des derzeitigen Wortlauts der Norm in Hessen und
- soweit ersichtlich - in den meisten Ländern zunächst bei den für die Durchführung der Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren zuständigen
Behörden das entsprechende Verfahren eingeleitet und mit einem - teilweise
kostenpflichtigen - Bescheid abgeschlossen. Soweit bekannt, legt lediglich
Nordrhein-Westfalen § 11a Abs. 1 EnWG schon bisher einengend so aus,
dass nur wesentliche Änderungen erfasst werden.
Mit der vorgeschlagenen Änderung werden die Unternehmen und Behörden
von der Durchführung eines in der Sache überflüssigen Verfahrens entlastet
und die Einheitlichkeit des Gesetzesvollzugs verbessert.
Wi
51. Zu Artikel 1 (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnWG)
In Artikel 1 ist in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 das Wort "Durchmesser" durch das
Wort "Normdurchmesser" zu ersetzen.
Begründung:
Es gibt verschiedene Durchmesser für Rohre (Innen-, Außen- und Normdurchmesser). Aus dem Text des Gesetzentwurfs ist nicht klar erkennbar, welcher Durchmesser gemeint ist. Zudem kann der tatsächliche Durchmesser sowohl innen als auch außen nie eindeutig bestimmt werden, weil Rohre nie
vollkommen rund sind und sie auch nicht exakt mit gleichem Durchmesser und
gleicher Wandstärke produziert werden. Die Rohre werden in der Gaswirtschaft durchgängig mit dem Normdurchmesser bezeichnet. Seine Verwendung
...
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auch im Gesetzestext ist daher die einzig sinnvolle Möglichkeit der Bestimmung von Rohrgrößen.
Wi
52. Zu Artikel 1 (§ 44 Abs. 1 Satz 2 - neu - EnWG)
In Artikel 1 § 44 ist dem Absatz 1 folgender Satz anzufügen:
"Weigert sich der Verpflichtete, Maßnahmen nach Satz 1 zu dulden, so kann die
zuständige Landesbehörde auf Antrag des Trägers des Vorhabens gegenüber
dem Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten die Duldung dieser Maßnahmen anordnen."
Begründung:
Die Ergänzung dient der Rechtsvereinheitlichung. Das Betretungsrecht zur
Durchführung von Vorarbeiten für Energieleitungen, für die nach § 43 Abs. 1
EnWG-E ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist, ist in Satz 1 rein
zivilrechtlich ausgestaltet. Die bei den vergleichbaren Vorschriften des FStrG
und des AEG 1994, an denen man sich bei Einführung des § 11b EnWG
orientiert hat, anerkannte Möglichkeit der Duldungsanordnung durch den Vorhabensträger kommt hier nicht in Betracht, weil der Vorhabensträger hier
(EVU) keine Behördeneigenschaft und somit keine hoheitlichen Befugnisse
hat. Im Ergebnis führt dies dazu, dass das Betretungsrecht im Streitfall bei
Leitungen im Sinne des § 43 Abs. 1 EnWG-E rein zivilrechtlich durchgesetzt
werden muss, wohingegen der gleiche Anspruch bei Leitungen, die nicht dem
Planfeststellungs- oder -genehmigungsverfahren unterliegen, auf Grund der
landesrechtlichen Regelung des Enteignungsverfahrens durch behördliche Duldungsanordnung durchsetzbar ist. Diese ungleiche Regelung ist sachlich nicht
begründet und sollte dahingehend ausgeräumt werden, dass in beiden Fällen
eine behördliche Duldungsanordnung möglich ist.
Wi
Wo
53. Zu Artikel 1 (§ 47 EnWG)
In Artikel 1 ist § 47 zu streichen.
Begründung:
Die Bestimmung ist missverständlich und auch überflüssig. Sie vermittelt den
Eindruck, dass die Übertragung der Rechte und Pflichten aus einem Wegebenutzungsvertrag durch das Energieversorgungsunternehmen auf einen Dritten
ohne Mitwirkung des jeweiligen Wegebaulastträgers als Vertragspartners möglich sein soll und eine reine Informationspflicht ausreicht. Dies ist aber unzutreffend und widerspricht auch der bisherigen Praxis. Die Übertragung der
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vertraglichen Rechte und Pflichten auf einen Dritten stellt eine Änderung des
Vertrages dar, die nur durch das Zusammenwirken beider Vertragsparteien bewirkt werden kann. Demgemäß wird in den Wegebenutzungsverträgen auch
üblicherweise klargestellt, dass die Übertragung der Rechte und Pflichten auf
ein anderes Energieversorgungsunternehmen der Zustimmung des Wegebaulastträgers bedarf. Die jetzt vorgesehene Regelung greift überflüssigerweise in
die Vertragsfreiheit der Betroffenen ein und ist daher zu streichen. Hierfür
spricht im Übrigen auch der Grundsatz der Deregulierung.
Wi
54. Zu Artikel 1 (§ 52 Satz 1 EnWG)
In Artikel 1 sind in § 52 Satz 1 nach dem Wort "Regulierungsbehörde" die
Wörter "und der nach Landesrecht zuständigen Behörde" einzufügen.
Begründung:
Nach § 49 Abs. 5 EnWG-E überwacht die nach Landesrecht zuständige
Behörde die Einhaltung der Anforderungen an die technische Sicherheit von
Energieanlagen. Versorgungsunterbrechungen haben in der Regel einen
technischen Hintergrund. Folglich ist nicht nur die Regulierungsbehörde zu
informieren, sondern auch die zuständige Landesbehörde.
Wi
55. Zu Artikel 1 (§ 54 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 - neu - EnWG)
Artikel 1 § 54 ist wie folgt zu fassen:
"§ 54
Allgemeine Zuständigkeit
(1) Regulierungsbehörden sind die Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität,
Gas, Telekommunikation und Post (Bundesregulierungsbehörde) sowie die
Landesregulierungsbehörden.
(2) Die Landesregulierungsbehörden nehmen die in diesem Gesetz den Regulierungsbehörden übertragenen Aufgaben wahr
1. für den Betrieb von Verteilernetzen, die nicht über das Gebiet eines Landes
hinausreichen sowie
2. in den Fällen, in denen Aufgaben durch eine Vorschrift dieses Gesetzes den
Landesregulierungsbehörden zugewiesen sind;
...
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soweit Entgelte für die Nutzung vorgelagerter Netzebenen im Netzentgelt des
Verteilernetzbetreibers enthalten sind, sind diese von den Landesregulierungsbehörden zu Grunde zu legen, soweit nicht etwas anderes durch eine sofort vollziehbare oder bestandskräftige Entscheidung der Bundesregulierungsbehörde
oder ein rechtskräftiges Urteil festgestellt worden ist.
(3) In allen übrigen Fällen nimmt die in diesem Gesetz den Regulierungsbehörden übertragenen Aufgaben die Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post wahr."
Folgeänderungen:
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) § 55 ist wie folgt zu ändern:
aa) In Absatz 1 ist Satz 2 wie folgt zu fassen:
"Leitet die Bundesregulierungsbehörde ein Verfahren ein, führt sie
Ermittlungen durch oder schließt sie ein Verfahren ab, so benachrichtigt
sie gleichzeitig die Landesregulierungsbehörden, in deren Gebiet die
betroffenen Unternehmen ihren Sitz haben."
bb) Absatz 2 ist wie folgt zu ändern:
aaa)
Satz 1 ist zu streichen.
bbb)
Satz 2 ist wie folgt zu fassen:
"Leitet die Landesbehörde ein Verfahren nach §§ 4, 36 Abs. 2
oder § 40 ein oder führt sie nach diesen Bestimmungen Ermittlungen durch, so benachrichtigt sie die Bundesregulierungsbehörde, sofern deren Aufgabenbereich berührt ist."
b) In §§ 59 bis 64 ist die Bezeichnung "Regulierungsbehörde" jeweils durch
die Bezeichnung "Bundesregulierungsbehörde" zu ersetzen.
c) Nach § 64 ist folgender § 64a einzufügen:
"§ 64a
Zusammenarbeit zwischen den Regulierungsbehörden
Die Landesregulierungsbehörden unterstützen die Bundesregulierungsbe-
...
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hörde bei der Wahrnehmung der dieser nach den §§ 35, 60, 63 und 64
obliegenden Aufgaben; soweit Aufgaben der Landesregulierungsbehörden
berührt sind, gibt die Bundesregulierungsbehörde den Landesregulierungsbehörden auf geeignete Weise Gelegenheit zur Mitwirkung."
d) In § 75 Abs. 4 Satz 1 sind die Wörter "oder der nach Landesrecht zuständigen Behörde" zu streichen und nach den Wörtern "in den Fällen des § 51
ausschließlich das für den Sitz der" das Wort "Regulierungsbehörde" durch
das Wort "Bundesregulierungsbehörde" zu ersetzen.
Begründung:
Durch die Änderung wird eine sachgerechte Verteilung der Regulierungsaufgaben zwischen Bund und Ländern erreicht. Den Landesregulierungsbehörden
werden die Regulierungsaufgaben für die Verteilnetze übertragen. In diesem
Bereich sind die Vorteile eines ortsnahen Vollzugs, der die Wirksamkeit der
Regulierung erhöht, besonders ausgeprägt, weil die bestehenden langjährigen
Erfahrungen der Landesbehörden und die Synergieeffekte mit anderen Aufgaben der Landesbehörden hier ihren Schwerpunkt haben.
Zu den Aufgaben der Bundesregulierungsbehörde sollen die Regulierungsaufgaben im Zusammenhang mit der Entflechtung (Teil 2) und die Regulierung
des Netzbetriebs (Teil 3) der Übertragungsnetzbetreiber und der Verteilernetzbetreiber gehören, deren Netz länderübergreifend ist. Allgemeinverfügungen
nach § 24 Satz 1 Nr. 2 EnWG-E, mit denen die Regulierungsbehörde Bedingungen oder Methoden festlegt, gelten länderübergreifend und fallen daher in
die Zuständigkeit der Bundesregulierungsbehörde.
Durch Verwaltungsvereinbarung können Länder, die beispielsweise nur für
eine geringe Zahl von Netzbetreibern zuständig sind, die gemeinsame Errichtung einer Regulierungsbehörde mit anderen Ländern oder die Erledigung der
Regulierungsaufgaben durch die Regulierungsbehörde eines anderen Landes
vereinbaren.
Wi
56. Zu Artikel 1 (§ 59 Abs. 2 EnWG)
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Gesetzgebungsverfahren, die Vorschriften zu den persönlichen Voraussetzungen der Mitglieder
der Beschlusskammern mit denen im Telekommunikationsgesetz zu harmonisieren. Die Vorschriften zu den persönlichen Voraussetzungen der Mitglieder
der Beschlusskammern sind gegenüber denen des Telekommunikationsgesetzes
(§ 132 Abs. 2 TKG) unterschiedlich gefasst. Es erscheint auch im Hinblick auf
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eine einheitliche Praxis in der Regulierungsbehörde angezeigt, in allen Beschlusskammern gleiche Voraussetzungen zu fordern. Insofern sollte eine Überprüfung beider Normen im Sinne einer einheitlichen Formulierung erfolgen.
Wi
57. Zu Artikel 1 (§ 59 Abs. 3 EnWG)
In Artikel 1 ist § 59 Abs. 3 wie folgt zu fassen:
"(3) Der Präsident und die Vizepräsidenten der Bundesregulierungsbehörde und
die Mitglieder der Beschlusskammer dürfen keine Unternehmen der Energiewirtschaft leiten, Anteile an solchen Unternehmen halten, noch dürfen sie Mitglied des Vorstands eines Aufsichtsrates eines Unternehmens der Energiewirtschaft sein."
Begründung:
Der Begriff "innehaben" ist unscharf. Zur strikten Wahrung der Unabhängigkeit entsprechend Artikel 23 Abs. 1 Satz 2 Elektrizitäts-Richtlinie,
Artikel 25 Abs. 1 Satz 2 Gas-Richtlinie ist jede Beteiligung an Unternehmen
der Energiewirtschaft nicht statthaft. Dies muss auch für das Präsidium gelten.
Wi
58. Zu Artikel 1 (§ 65 Abs. 1, Abs. 2 EnWG)
Artikel 1 § 65 ist wie folgt zu ändern:
a) Absatz 1 ist wie folgt zu fassen:
"(1) Soweit dieses Gesetz nicht die Zuständigkeit anderer Behörden begründet, kann die Regulierungsbehörde Unternehmen oder Vereinigungen von
Unternehmen verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen
Rechtsverordnungen entgegensteht; erforderlichenfalls kann sie Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen anordnen."
b) Absatz 2 ist zu streichen.
Begründung:
Die Ergänzung stellt sicher, dass jeweils nur eine Behörde für Aufsichtsmaßnahmen zuständig ist. Die Zusammenfassung der Absätze 1 und 2 dient der
Gesetzesvereinfachung.
...
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59. Zu Artikel 1 (§ 75 EnWG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob § 75
EnWG-E dahin geändert werden kann, dass die dort gegenwärtig vorgesehene
Beschwerde gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde auf solche Entscheidungen beschränkt wird, die der Marktregulierung dienen.
Begründung:
§ 75 Abs. 1 Satz 1 EnWG-E sieht vor, dass gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde die Beschwerde zulässig ist. Über diese entscheidet nach § 75
Abs. 4 Satz 1 EnWG-E das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige
Oberlandesgericht. Aus § 75 Abs. 4 Satz 1 EnWG-E ergibt sich zudem mittelbar, dass auch gegen Entscheidungen der nach Landesrecht zuständigen Behörden die Beschwerde zu den Oberlandesgerichten gegeben sein soll.
Die damit umfassend vorgesehene Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte begegnet jedoch Bedenken. Die Eröffnung des Zivilrechtsweges erscheint
insoweit unbedenklich, als Entscheidungen der Regulierungsbehörde - und ggf.
der nach Landesrecht zuständigen Behörde - in Streit stehen, die die Marktregulierung betreffen. Insoweit trifft auch die Begründung zu § 75 EnWG-E
zu, die Vorschrift entspreche § 63 des GWB.
Der vorliegende Gesetzentwurf sieht jedoch darüber hinaus verschiedene Entscheidungen der zuständigen Behörden vor, die keine Fragen der Marktregulierung betreffen, die aber nach dem Wortlaut des § 75 EnWG-E gleichwohl
von der Rechtswegzuweisung zu den Oberlandesgerichten erfasst werden.
Hierzu zählen etwa die Genehmigungserteilung nach § 4 Abs. 1 EnWG-E und
die Untersagungsverfügung nach vorhergehender Anzeige gemäß § 5 Satz 3
EnWG-E. Entsprechendes gilt für die in den §§ 49 ff. EnWG-E vorgesehenen
Maßnahmen, mit denen die Anforderungen an die technische Sicherheit der
Energieanlagen sowie die Versorgungssicherheit durchgesetzt werden können.
Keinen marktregulierenden Charakter weisen schließlich auch die Entscheidungen über die Erhebung von Gebühren und Auslagen nach § 91 EnWG-E
und über die Beitragserhebung nach § 92 EnWG-E auf.
Für Streitigkeiten um diese und vergleichbare Maßnahmen, die zwar die in
dem regulierten Markt tätigen Unternehmen betreffen, sich als solche aber
nicht mit der Marktregulierung befassen, sondern andere, klassische verwaltungsbehördliche Entscheidungen zum Gegenstand haben, ebenfalls den
Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten vorzusehen, erscheint wenig zweckmäßig. Sachgerechter wäre es, es insoweit bei der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zu belassen. Dies entspräche zudem der für den Bereich des
Telekommunikationsrechts zukünftig vorgesehenen Rechtswegregelung (vgl.
hierzu den Beschluss des Bundesrates vom 14. Mai 2004, BR-Drs. 379/04
(Beschluss)).
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R
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60. Zu Artikel 1 (§ 86 Abs. 1 EnWG)
In Artikel 1 § 86 Abs. 1 sind die Wörter "die in der Hauptsache erlassenen" zu
streichen.
Begründung:
Die Rechtsbeschwerdemöglichkeiten in den §§ 86, 87 EnWG-E sollten auf
Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Verfahren um die Anordnung der
sofortigen Vollziehung von Verfügungen der Regulierungsbehörden gemäß
§ 77 EnWG-E (Eilverfahren) erstreckt werden. Dies entspricht der Stellungnahme des Bundesrates vom 9. Juli 2004 zu den gleichlautenden Vorschriften
im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (BR-Drs. 441/04 (Beschluss),
dort Ziffer 19).
Auf diese Weise können Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung einer
Entscheidung durch den Bundesgerichtshof zugeführt werden, selbst wenn es
in der Hauptsache nicht mehr zu einer rechtsbeschwerdefähigen Entscheidung
kommt. Der Gesetzentwurf beschränkt bereits jetzt die Rechtsbeschwerde in
der Hauptsache auf Leitfälle von grundsätzlicher Bedeutung (§ 86 Abs. 2
EnWG-E), um den Bundesgerichtshof zu entlasten. Derselbe Maßstab sollte
auch für Rechtsbeschwerden im Eilverfahren gelten.
Für die Verfahrensbeteiligten hat oft der Eilrechtsschutz faktisch eine größere
Bedeutung als das Hauptsacheverfahren. Dem wird mit der Eröffnung einer
Rechtsbeschwerdeinstanz im Eilverfahren Rechnung getragen. Auf ein wettbewerbswidriges Marktverhalten eines Unternehmens müssen Wettbewerber und
Regulierungsbehörden möglichst schnell und effektiv reagieren. Ein zeitnaher
höchstrichterlicher Rechtsschutz im Eilverfahren ist daher unabdingbar.
Spätere Entscheidungen in der Hauptsache über Sachverhalte, die möglicherweise Jahre zurückliegen, befriedigen die Beteiligten oft nicht mehr.
Gerade wenn die Eilentscheidung von einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher
Bedeutung abhängt, eine richterliche Rechtsfortbildung im Raume steht oder
das entscheidungserhebliche Rechtsproblem von den Oberlandesgerichten
nicht einheitlich entschieden wird (vgl. § 86 Abs. 2 EnWG-E), kann das befasste Oberlandesgericht geneigt sein, eine richtungsweisende Entscheidung
dem Hauptsacheverfahren mit dem Ziel einer höchstrichterlichen Klärung
vorzubehalten. In solchen Fällen, in denen bisher ungeklärte Rechtsfragen
entscheidungserheblich sind, kann nur die Eröffnung der Rechtsbeschwerdemöglichkeit zum Bundesgerichtshof einen effektiven zeitnahen Rechtsschutz
gewährleisten.
Hebt das Oberlandesgericht eine Auskunftsverfügung der Regulierungsbehörde
gemäß § 69 EnWG-E auf - etwa weil es den Anfangsverdacht missbräuchlichen Handelns verneint oder das der Auskunftsverfügung zu Grunde liegende
Verfolgungskonzept der Regulierungsbehörde nicht billigt -, so muss die
Regulierungsbehörde das Missbrauchsverfahren in der Regel einstellen. Zu
einer Klärung der einschlägigen Rechtsfragen beim Bundesgerichtshof - selbst
wenn diese grundsätzlicher Natur sind - kann es nicht kommen, da keine
Entscheidung der Regulierungsbehörde in der Sache ergehen und kein Haupt...
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sacheverfahren vor den Gerichten durchgeführt werden wird. Es ist unangemessen, dass faktisch das Oberlandesgericht endgültig über die Berechtigung
eines Missbrauchsvorwurfs urteilt.
Wi
61. Zu Artikel 1 (§ 92 EnWG)
In Artikel 1 ist § 92 zu streichen.
Begründung:
Der im Gesetzentwurf vorgesehene Beitrag zur Finanzierung der Regulierungsbehörde ist - anders als Gebühren bei Verwaltungsakten oder Bußgelder bei
Ordnungswidrigkeiten - nicht an bestimmte Handlungen der Regulierungsbehörde gebunden. Es handelt sich um eine Leistung ohne Gegenleistung. Ferner
bietet die Regulierungsbehörde den betroffenen Unternehmen, die von ihr
kontrolliert werden, keine Vorteile, die eine solche Finanzierungsform rechtfertigen können.
Darüber hinaus ist die Regulierungsbehörde abhängig von Zahlungen der Versorgungsunternehmen, die sie beaufsichtigen soll. Es ist daher zweifelhaft, ob
unter diesen Bedingungen die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde gewährleistet ist.
Zudem ist davon auszugehen, dass die Netzbetreiber die Kosten der Beitragsfinanzierung auf die Kunden umlegen und daher die Preise für die Netznutzung
und die Elektrizitätsversorgung steigen.
Gegen die Beitragsfinanzierung bestehen erhebliche ordnungspolitische und
rechtsstaatliche Bedenken. Die Finanzierung der Regulierungsbehörde ist aus
dem allgemeinen Haushalt zu bestreiten. Die Bestimmung ist daher zu
streichen.
R
62. Zu Artikel 1 (§ 96 EnWG)
In Artikel 1 ist § 96 zu streichen.
Begründung:
Die Vorschrift ist § 82 GWB nachgebildet. Gegen diese Norm wurden in der
Vergangenheit zu Recht von der Literatur durchgreifende Bedenken erhoben
(vgl. Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 13. Auflage, § 30 Rnr. 34 m.w.N.).
Die dadurch intendierte Zuständigkeitsaufspaltung führt zu Doppelermittlungen in sich eventuell unterschiedlich entwickelnden Verfahren mit ggf.
abweichendem Gerichtszug, birgt die Gefahr divergierender Entscheidungen in
sich und kann zu erheblichen Problemen bei der Abstimmung der jeweils zu
...
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verhängenden Sanktionen führen. Sie dürfte mit der umfassenden Kognitionspflicht des Gerichts kaum vereinbar sein und möglicherweise gegen das
verfassungsrechtlich gewährleistete Verbot der Doppelverfolgung verstoßen.
Vor diesem Hintergrund besteht keine Veranlassung, durch die Aufnahme
einer dem § 82 GWB entsprechenden Neuregelung in das EnWG den Anwendungsbereich der gesonderten Verbandsgeldbuße im selbstständigen Verfahren
noch auszuweiten.
R
63. Zu Artikel 1 (§ 97 EnWG)
In Artikel 1 ist § 97 zu streichen.
Begründung:
Die beabsichtigte Einführung des § 97 EnWG-E ist abzulehnen. Der Bundesrat
hat sich in seiner Stellungnahme vom 9. Juli 2004 zu der in dem Entwurf eines
Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen enthaltenen entsprechenden Regelung des § 82a Abs. 2 GWB-E ebenfalls ablehnend geäußert (BR-Drs. 441/04 (Beschluss), dort Ziffer 22).
Die Vorschrift regelt die Frage, ob eine gerichtlich verhängte Geldbuße dem
Landes- oder dem Bundeshaushalt zufließen soll. Nach geltendem Recht wird
die Vollstreckung der Bußgelder nach einem gerichtlichen Verfahren durch die
Vollstreckungsorgane der Länder durchgesetzt; die Vereinnahmung der Gelder
erfolgt durch die jeweilige Landeskasse. Dies ist gerechtfertigt, weil dies den
allgemeinen Regeln des Ordnungswidrigkeitenrechts entspricht und eine gerechte Verteilung von Lasten und Vorteilen zwischen Bund und Land darstellt.
Die Arbeitskraft des Kartellsenats des Oberlandesgerichts (§ 106 EnWG-E)
wird künftig zu einem wesentlichen Teil von den Beschwerdeverfahren und
Bußgeldverfahren der Regulierungsbehörde in Anspruch genommen. Ebenso
wird die Generalstaatsanwaltschaft, die für diese Verfahren weiterhin zuständig
sein wird, belastet. Der hiermit verbundene Personal- und Sachaufwand wird
durch die gerichtlichen Gebühreneinnahmen bei Weitem nicht abgegolten.
Nach Teil 4 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (Kostenverzeichnis Nr. 4110)
fallen für eine Hauptverhandlung mit Urteil Gebühren in Höhe von 10 Prozent
der verhängten Geldbuße, höchstens aber 15 000 Euro (Kappungsgrenze) an.
Auch in sachlicher Hinsicht ist eine Vereinnahmung der gerichtlich verhängten
Bußgelder durch die Landeskasse gerechtfertigt. Im Bußgeldverfahren wird das
Verwaltungsverfahren (hier: durch die Bundesregulierungsbehörde) mit dem
zulässigen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid beendet. Das Gericht trifft
eine eigenständige Entscheidung, bei der nicht die Rechtmäßigkeit des
Bußgeldbescheides überprüft wird. Der Bußgeldbescheid erhält stattdessen die
Funktion einer Anklageschrift im strafrechtlichen Verfahren. Hierzu kann das
Gericht eigene Ermittlungen vornehmen. Sind somit in diesen Verfahren die
Justizbehörden des betreffenden Landes "Herr des Verfahrens" und werden mit
...
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dieser Aufgabe belastet, so ist es nur folgerichtig, wenn die vom Kartellsenat
verhängten Geldbußen der Landeskasse belassen werden.
Für eine Vollstreckung der Bußgelder durch eine Bundesoberbehörde ist ein
sachlicher Grund - außer das fiskalische Interesse des Bundes - nicht zu erkennen. Fehlen aber besondere Gründe, sollten die gerichtlichen Entscheidungen
ohne Ausnahme nach den allgemein geltenden Regeln durch die zuständigen
Organe des Landes vollstreckt werden. Eine Sonderregel im Energiewirtschaftsgesetz zum Zwecke der Verbesserung der Finanzsituation des Bundes
auf Kosten der Länder ist abzulehnen. Sie könnte auch als "Einfallstor" für eine
Neuregelung auch auf anderen Rechtsgebieten verstanden werden, in denen
eine Bundesbehörde Verfolgungsbehörde ist (z.B. §§ 31 und 31a ZollVG,
§§ 33 ff. AWG, §§ 13 ff. PTSG). Dass diese Gefahr tatsächlich besteht, zeigt
sich bereits an den parallelen Bestimmungen in den Entwürfen zu GWB und
EnWG.
Die gerechte Verteilung von Lasten und Vorteilen gebietet es vielmehr, dass
die von den Kartellsenaten verhängten Bußgelder von den Vollstreckungsorganen des Landes zu Gunsten der Landeskasse eingezogen werden.
Wi
64. Zu Artikel 1 (§ 118 Abs. 3a - neu - EnWG)
In Artikel 1 § 118 ist nach Absatz 3 folgender Absatz einzufügen:
"(3a) Abweichend von § 40 bedürfen die Allgemeinen Tarife für die Belieferung mit Elektrizität nach § 36 Abs. 1, § 38 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 bis zum
31. Dezember 2007 der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde. Die Allgemeinen Tarife sind zu genehmigen, wenn sie missbrauchsfrei
im Sinne des § 40 Abs. 2 sind. Die Genehmigung ist unter Beifügung einer § 40
Abs. 3 entsprechenden Darstellung der Kosten- und Erlöslage mindestens drei
Monate vor dem Zeitpunkt zu beantragen, zu dem sie wirksam werden soll; in
Ausnahmefällen kann die Behörde eine kürzere Frist zulassen. Der Grundversorger ist verpflichtet, der Behörde auf Verlangen weitere Unterlagen, die für
die Beurteilung des Antrags von Bedeutung sein können, zur Verfügung zu
stellen. § 55 Abs. 2 findet Anwendung. Die Genehmigung ist zu befristen und
mit einem Vorbehalt des Widerrufs zu versehen; sie kann unter Bedingungen
erteilt und mit Auflagen verbunden werden. Ist vor Ablauf der Frist oder vor
Wirksamkeit des Widerrufs eine neue Genehmigung beantragt, so können bis
zur Entscheidung über den Antrag die zuletzt genehmigten Allgemeinen Tarife
beibehalten werden. Ist eine neue Genehmigung nicht rechtzeitig beantragt, so
trifft die Behörde eine vorläufige Regelung. Nach § 12 der Bundestarifordnung
Elektrizität vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2255), zuletzt geändert durch
...
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Artikel 345 der Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2785), genehmigte Pflichttarife gelten als im Sinne dieses Absatzes Unterabsatz 1 genehmigte Allgemeine Tarife."
Begründung:
Das in § 40 EnWG-E vorgesehene Modell einer besonderen Missbrauchsaufsicht durch die Länder wäre in einem ansonsten funktionierenden wettbewerblichen Ordnungsrahmen zur wirksamen Kontrolle der Marktstellung der
Grundversorger zwar grundsätzlich geeignet. Nachdem jedoch in der letzten
Zeit mehrere neue Anbieter von Strom durch Insolvenz oder Geschäftsaufgabe
aus dem Markt ausgeschieden sind und sich zahlreiche bundesweit tätige
Unternehmen der "Allgemeinen Versorgung" inzwischen wieder auf die Belieferung ihres eigenen Gebietes zurückgezogen haben, findet Wettbewerb im
Kleinkundenmarkt nur noch in sehr geringem Umfang statt. Deshalb wird für
eine angemessene Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 eine Fortführung
der präventiven Kontrolle der Stromtarife für erforderlich gehalten. Unterabsatz 1 stellt klar, dass die inhaltlichen Maßstäbe der besonderen Missbrauchsaufsicht auch im Genehmigungsverfahren gelten. Die Unterabsätze 2 und 3
übernehmen die erforderlichen Bestimmungen der BTOElt 1989 über das Genehmigungsverfahren. Mit Unterabsatz 4 wird die Fortgeltung der nach
BTOElt 1989 genehmigten Pflichttarife ermöglicht und verhindert, dass die
Allgemeinen Tarife allein in Folge der Gesetzesänderung erneut genehmigt
werden müssen.
Wi
65. Zu Artikel 2 (§ 1 Satz 1 REGTPG)
In Artikel 2 ist in § 1 Satz 1 die Angabe "Artikel 4 Abs. 3" durch die Angabe
"Artikel 4 Abs. 73" zu ersetzen.
Begründung:
Der Verweis auf das Gesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) ist fehlerhaft
und bedarf daher der redaktionellen Änderung.
Wi
66. Zu Artikel 2 (§ 2 Abs. 1 REGTPG)
In Artikel 2 sind in § 2 Abs. 1 die Wörter "einschließlich des Rechts der
Erneuerbaren Energien im Strombereich," zu streichen.
...
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Begründung
Folgeänderung auf Grund der Ablehnung des gleichzeitig mit dem Entwurf
eines Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (BR-Drs. 611/04) durch den Bundesrat, durch die der Bundesregulierungsbehörde Vollzugsaufgaben im Bereich des EEG zugewiesen werden
sollen.
Wi
67. Zu Artikel 2 (§ 2 Abs. 2 REGTPG)
In Artikel 2 sind in § 2 Abs. 2 die Wörter "Verwaltungsaufgaben des Bundes"
durch die Wörter "Aufgaben und Befugnisse" zu ersetzen.
Als Folge ist
Artikel 3 Abs. 2 Nr. 1 wie folgt zu fassen:
"1. § 116 wird wie folgt gefasst:
'§ 116 Rechtsstellung
Die Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation
und Post ist Regulierungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes.' "
Begründung:
Die Änderung dient der Klarstellung. Es erscheint nach der Zusammenfassung
der grundsätzlichen Regelungen für die Bundesregulierungsbehörde in ein
eigenes Gesetz (REGTPG) sinnvoll, die generelle Beschreibung der Aufgaben
und Befugnisse für diese Behörde dort einheitlich zu regeln. Ansonsten
könnten unterschiedliche Formulierungen der gesetzlichen Grundlage in
REGTPG und TKG zu Interpretationsschwierigkeiten führen. Eine nochmaliger Hinweis im TKG darauf erscheint damit entbehrlich.
Der Begriff "Verwaltungsaufgaben des Bundes" erscheint hierfür unscharf und
sollte durch die bewährte Formulierung "Aufgaben und Befugnisse"
(vgl. § 116 Abs. 1 TKG) ersetzt werden.
Wi
68. Zu Artikel 3 Abs. 2 Nr. 4 - neu - (Unvereinbarkeitsregelung im TKG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren in Artikel 3 Abs. 2
eine neue Nummer 4 einzufügen und darin die Regelungen des § 59 Abs. 3
EnWG-E analog für den Telekommunikationsbereich zu übernehmen.
...
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Die Vorschriften zu der Unvereinbarkeit der Funktion eines Mitgliedes der
Beschlusskammern mit Besitz an oder leitenden Funktionen in Unternehmen
der zu regulierenden Branche sollten im Interesse der Rechtssicherheit für alle
zu regulierenden Bereiche gleichlautend sein.
Die entsprechende noch ausstehende Änderung des Postgesetzes kann im Zuge
einer getrennten Anpassung erfolgen.
Wi
69. Zu Artikel 3 Abs. 40 Nr. 3a - neu - (§ 2 Abs. 7 Satz 1 KAV)
In Artikel 3 Abs. 40 ist nach Nummer 3 folgende Nummer einzufügen:
"3a. In § 2 Abs. 7 wird Satz 1 wie folgt gefasst:
'Unbeschadet der Regelung in § 1 Absätze 3 und 4 gelten Stromlieferungen
auf Grund von Sonderkundenverträgen aus dem Niederspannungsnetz (bis
1 kV) konzessionsabgaberechtlich im Sinne dieser Verordnung als Lieferungen an Tarifkunden, es sei denn, die gemessene Leistung des Kunden
überschreitet in mindestens zwei Monaten des Abrechnungsjahres 30 kW
und der Jahresverbrauch beträgt mehr als 30 000 kWh.' "
Begründung:
Es ist zur Klarstellung die Ergänzung im Gesetz erforderlich, dass der Kreis
der Tarifkunden im Sinne der Konzessionsabgabenverordnung (KAV) auch
künftig nicht auf Haushaltskunden beschränkt ist, sondern die Definition des
§ 2 Abs. 7 KAV uneingeschränkt fortgilt. Hieran könnten nach dem geplanten
Wortlaut Zweifel bestehen:
Nach Artikel 3 Abs. 40 Nr. 3 wird durch eine Ergänzung der KAV mit einem
neu hinzugefügten Absatz 3 zu § 2 KAV festgelegt, wer Tarifkunde im Sinne
der KAV ist. Dabei wird zur Begriffsbestimmung des Tarifkunden auf §§ 36,
38, 115 Abs. 2 und § 116 EnWG-E Bezug genommen. In diesen Vorschriften
geht es ausschließlich um Haushaltskunden. Ergänzend dazu wird mit einem
ebenfalls nach Absatz 40 neu hinzufügten Absatz 4 zu § 2 KAV verankert, dass
Sondervertragskunde ist, wer nicht Tarifkunde ist. Aus dem Zusammenhang
dieser Bestimmungen könnte man schlussfolgern, dass Tarifkunde stets nur der
Haushaltskunde sein kann. Dies ist nicht richtig und steht im Widerspruch zu
dem geltenden § 2 Abs. 7 KAV. Die Beschränkung auf die Haushaltskunden
würde die Berechnungsgrundlagen der Konzessionsabgabe erheblich verändern
und das Aufkommen schmälern. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dies mit den beschriebenen Formulierungen nicht bewirken wollte. Um
Rechtsunsicherheit zu vermeiden, ist die Klarstellung erforderlich, dass die mit
dem Entwurf eingefügten Ergänzungen der KAV an der geltenden Auslegung
und Praxis nichts ändern.
...
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Wi
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70. Zu Artikel 3 Abs. 46 - neu - (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO)
Dem Artikel 3 ist folgender Absatz anzufügen:
"(46) In § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung in der
Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt
durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I
S. 718, 835) geändert worden ist, werden nach dem Wort 'Nennspannung' die
Wörter 'Gasversorgungsleitungen, soweit sie zur Energieversorgung verwendet
werden, mit einem Normdurchmesser von mehr 300 mm,' eingefügt."
Begründung:
Seit dem Inkrafttreten der inhaltlich im wesentlichen gleichen Vorläufernorm
des § 43 Abs. 1 EnWG-E im Sommer 2001 ist sowohl für Freileitungen mit
einer Nennspannung von 110 kV oder mehr, als auch für Gasversorgungsleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm eine Planfeststellung
durchzuführen, soweit dafür nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen ist.
Der Rechtsweg ist jedoch unterschiedlich: Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
VwGO ist für Klagen das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über
sämtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung solcher Freileitungen zuständig. Da eine vergleichbare Zuweisung für große Gasversorgungsleitungen fehlt, entscheiden nach § 45 VwGO darüber die Verwaltungsgerichte im ersten Rechtszug.
Mit der vorgeschlagenen Änderung werden beide Energieleitungen insoweit
gleichgestellt und dem Oberverwaltungsgericht erstinstanzlich zugewiesen.
Dies ist, insbesondere auf Grund der Vergleichbarkeit zu den sonstigen technischen Großvorhaben, die dem Oberverwaltungsgericht erstinstanzlich nach
§ 48 VwGO zugewiesen sind, sachgerecht. Dabei handelt es sich um
Vorhaben mit meist erheblicher wirtschaftlicher, ökologischer, raumordnerischer und nicht selten politischer Bedeutung wie z.B. Planfeststellungsverfahren im Verkehrsbereich oder große Kraftwerke.
A
U
bei
Annahme
entfällt
Ziffer 48
71. Zu Artikel 5 Abs. 2 Nr. 4 (Außerkrafttretensvorschriften)
Artikel 5 Abs. 2 Nr. 4 ist zu streichen.
Folgeänderung:
In Artikel 1 ist § 40 zu streichen.
...
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Begründung:
Bisher war im Stromtarifkundenbereich (Haushalte, Landwirtschaft und kleine
Gewerbetreibende) die vorherige (ex-ante) Genehmigung der Stromtarife nach
der Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt) zwingend vorgeschrieben. Danach hatten EVU vor einer Tariferhöhung einen Antrag zu stellen und nachzuweisen, dass die Tarife unter Berücksichtigung der gesamten Kosten- und Erlöslage notwendig sind. Diese Regelung soll nach dem vorliegenden Gesetzentwurf mit Inkrafttreten des neuen EnWG außer Kraft treten. Während Landwirtschaftskunden und kleine Gewerbetreibende dann überhaupt keinen besonderen Schutz mehr genießen, wird für die Haushaltskunden in § 40 EnWG-E
eine besondere Missbrauchsaufsicht neu eingeführt. Die bisherige ex-ante Prüfung und Genehmigung der Tarife wird durch eine ex-post Betrachtung abgelöst, bei dem die Behörde im Falle eines Marktmissbrauchs tätig werden kann.
Die bisherige Form der Prüfung der Kosten- und Erlöslage der EVU ist deutlich wirkungsvoller als eine kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht. Aus der
Sicht der nordrhein-westfälischen Stromtarifaufsicht haben gerade die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, dass in einer erheblichen Zahl von Fällen Tariferhöhungsanträge auf Grund der Prüfung durch die Strompreisaufsicht "nach
unten" korrigiert werden mussten. Die letzte "Genehmigungsrunde" in NRW
hatte ergeben, dass in fast 20 % der Fälle den ursprünglichen Anträgen nicht
oder nicht in vollem Umfang entsprochen werden konnte. Die entsprechenden
Unternehmen haben in diesen Fällen ihre Anträge zurückgezogen oder aber ihren Antrag reduziert. Eine Auswertung aller seit Herbst 2003 entschiedenen
Fälle hat ergeben, dass das gewichtete Mittel der genehmigten Erhöhungen um
rd. 7 % unter den beantragten Anhebungen liegt. Aus Verbraucherschutzsicht
kann auf dieses Instrument nicht verzichtet werden, solange im Niederspannungsbereich kein wirksamer Wettbewerb feststellbar ist. Erst wenn diese Voraussetzung vorliegt, kann eine Regulierung auf eine ex-post Betrachtung im
Rahmen einer besonderen Missbrauchsaufsicht beschränkt werden. Deshalb
soll die BTOElt nicht außer Kraft treten, sondern im vollem Umfang auch
weiterhin Anwendung finden. Auf die besondere Missbrauchsaufsicht kann
dann verzichtet werden.
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