Bürgerliches Recht

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Grundzüge des Privatrechts:
Bürgerliches Recht
(Fälle der Fragensammlung Doralt/Nowotny/Schauer, 2.Auflage)
Einführung
Fall 1
a) Abgrenzung Privatrecht - öffentliches Recht: Rechtsverhältnisse, an denen die Beteiligten
keine Hoheitsgewalt (imperium) haben bzw. sie ausüben, unterliegen dem Privatrecht. Ist an
einem Rechtsverhältnis jedoch mindestens eine Person unter Ausübung ihrer Hoheitsgewalt
beteiligt, kommt öffentliches Recht zur Anwendung.
Unterscheidung wichtig für:
1. Gesetzgebungszuständigkeit
Privatrecht: Gesetze werden vom Nationalrat entworfen (Bundesebene), Vorschläge 
Regierungsvorlage  Abstimmung der Abgeordneten;
öffentliches Recht: Gesetze werden je nach Materie vom Bund oder von den Ländern
(Landtag  Landesebene) entworfen.
2. Vollziehung
Privatrecht: Gerichte, OGH =letzte Instanz, Richter sind nicht an die Weisungen der Gerichte
gebunden, nur an Gesetze;
öffentliches Recht: Vollziehung durch Verwaltungsbehörden, diese sind
weisungsgebunden; falls sie rechtswidrig entschieden haben  VwGH + VfGH
b) Bürgerliches Recht (Zivilrecht, allgemeines Privatrecht) und Sonderprivatrechte (zB
Handelsrecht, Arbeitsrecht...) gelten nebeneinander; Sonderprivatrechte haben aber bei
Widersprüchen Anwendungsvorrang gegenüber dem allgemeinen Privatrecht (gilt bloß
subsidiär => Grundsatz: „lex specialis derogat legi generali“)
Bürgerliches Recht: 1.Allgemeiner Teil, 2.Schuldrecht (Allgemeiner Teil, Besonderer Teil),
3.Sachenrecht, 4. Familienrecht, 5. Erbrecht (=Pandektensystem)
c) ABGB: seit 1811 (Aufbau nach Institutionensystem)
Fall 2
a) öffentliches Recht (Ausübung von Hoheitsgewalt=imperium durch Verwaltungsbehörde),
imperium haben Bund, Länder, Gemeinden...
b) Privatrecht ( Anmerkung: auch bei Gemeindewohnung, da keine Hoheitsgewalt beteiligt)
c) Privatrecht (Vertragsverhältnis)
d) öffentliches Recht (Strafrecht)
e) Privatrecht (Ehevertrag)
Fall 3
Privatrecht, da die Gemeinde (=Rechtssubjekt mit Hoheitsgewalt) nicht mit Hoheitsgewalt
agiert, sondern als Unternehmer.
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Fall 4
Die laute Musik bei den Grillparties des B, die Dauer, der Rauch etc sind Beweisfragen, die
vor allem den Richter betreffen und durch Beweismittel (zB Urkunden, Zeugen,
Sachverständige, Lokalaugenscheine...) zu klären sind.
Beweisfragen betreffen ausschließlich den Sachverhalt = reales Geschehen.
Rechtsfragen/Rechtssätze bestehen aus einem Tatbestand (Abstraktum, „wenn“) +
Rechtsfolge („dann“) => NORM
Ist der Sachverhalt geklärt, erfolgt die Subsumierung des Sachverhalts unter einen Tatbestand
= Subsumtion = Verknüpfung von objektivem und subjektivem Recht.
bei Gesetzeslücke  Analogie
Rechtsfrage: Im vorliegenden Fall geht es um den Tatbestand der Immissionen (§ 364 Abs 2
ABGB), daraus ergibt sich die Rechtsfolge => Unterlassungsanspruch.
Personenrecht
Fall 5
a) jur. Person des priv. Rechts (AG wird nicht durch einen hoheitlichen Gründungsakt, sd.
durch einen Gründungsvertrag im Rahmen der Privatautonomie ins Leben gerufen;
Achtung: numerus clausus = Typenzwang im Gesellschaftsrecht)
b) GmbH - jur. Person des Privatrechts (Gründungsvertrag)
c) ÖAMTC - jur. Person des Privatrechts (Idealverein)
d) ÖGB - jur. Person des privaten Rechts (privat errichteter Idealverein)
e) SV-Träger haben Hoheitsgewalt - jur. Person des öffentlichen Rechts
f) ÖH - gesetzliche Interessensvertretung, jur. Person des öffentlichen Rechts, Körperschaften des öffentl. Rechts: Prinzip der Zwangsmitgliedschaft!
g) Land NÖ - jur. Person des öffentl. Rechts (Länder; zählen zu den Gebietskörperschaften)
Fall 6
Ja. Die GmbH ist als jur. Person Träger von Rechten und Pflichten; sie selbst wäre jedoch
aufgrund ihrer nicht vorhandenen Eigenschaften einer natürlichen Person nicht berechtigt,
jemandem Grundstücke zu vererben!
Fall 7
Durch eine Privatstiftung gem PSG 1993 (früher: Privatstiftungen ausschließlich für
gemeinnützige Zwecke!)
Bedingungen:
1. Entstehung durch Eintragung ins Firmenbuch (FB) nach Stiftungserklärung in Form eines
Notariatsaktes (§ 7, § 9 PSG), Identität des Begünstigten muss dem FB nicht vorgelegt
werden (Schutzfunktion)
2. min. 1 Mio öS
3. 3-köpfiger Vorstand, ev. Aufsichtsrat (§ 15 PSG, §§ 22 f PSG)
4. jährl. Prüf. durch Stiftungsprüfer (§§ 20f PSG)
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5. Stiftung darf nur Vermögen verwalten, jedoch keine unternehmerische Tätigkeit (zB
Führung einer Personenges.) ausüben!
Fall 8
a) Dieser Vertrag ist rechtswirksam, da hier der sogenannte „Taschengeldparagraph“ (§
151 Abs 3 ABGB) zur Anwendung kommt: Auch völlig Geschäftsunfähige (bis zum
vollendeten 7. Lebensjahr) können, sofern sie ihrer Leistungspflicht nachkommen (hier:
Zahlung des Kaufpreises) rechtswirksame Verträge, wenn es sich um alterstypische und
geringfügige Geschäfte handelt, abschließen. (Zahlung ist rückwirkende Heilung.)
b) Peter (6): nein, weil der Kauf eines ferngesteuerten Autos um 1000,-öS zwar eine
alterstypische, keinesfalls aber eine geringfügige Angelegenheit darstellt. => V. = nichtig
Max (13): ist unmündiger Minderjähriger. Es entsteht ein schwebend unwirksames
Rechtsgeschäft (=negotium claudicans), das nur gültig wird, wenn der gesetzliche
Vertreter (Elternteil) des Max es nachträglich genehmigt (rückwirkende Heilung, § 151
Abs 1 ABGB, § 865 Abs 2 ABGB).
c) Geschenk der Großmutter: Schenkungsvertrag ist rechtswirksam, da Max (unmündiger
Minderjähriger, da 14. Lj noch nicht vollendet) dadurch keine Verpflichtungen erwachsen
Grundstück mit Hypothek (=Pfandrecht an Liegenschaft) belastet Pflichten für Max
 Vertrag schwebend unwirksam
Fall 9
a) Ja. Anna (17) ist mündige Minderjährige und besitzt erweiterte Geschäftsfähigkeit;
eigenes „Einkommen“ vorhanden, es liegt keine Gefährdung der Lebensbedürfnisse vor.
b) Nein. Der Vertrag mit Berta ist schwebend unwirksam, weil sie über die Zeichengeräte
keine freie Verfügung hat (sie wurden ihr von den Eltern ja für den DG-Unterricht
gegeben). Die Wirksamkeit hängt also von der Genehmigung des Geschäfts durch Annas
gesetzlichen Vertreter ab.
Fall 10
Michael (17) ist mündiger Minderjähriger; er darf ohne Wissen seiner Eltern
a) keine Schlosserlehre (=Ausbildungsvertrag) beginnen (§ 152 ABGB)
b) einen Ferialjob (=Dienstvertrag) annehmen =>
Vater kann gegen a), nicht aber gegen b) vorgehen!
Fall 11
Peter (7) ist Erbe und rechtsfähig (Träger von Rechten und Pflichten=Rechtssubjekt), dh er
ist auch rechtsmäßiger Erbe. Da er aber (völlig) geschäftsunfähig ist, agiert Peters Vater für
seinen minderjährigen Sohn gem. § 154 ABGB als gesetzlicher Vertreter.
a) Für die Veräußerung der Liegenschaft (= Rechtshandlung, die über den „ordentlichen
Wirtschaftsbetrieb hinausgeht“) wäre 1. Die Zustimmung beider gesetzlichen Vertreter
(Elternteile) sowie 2. eine gerichtliche Genehmigung erforderlich (§ 154 Abs 3 ABGB).
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Wäre Peter ein uneheliches Kind, wäre seine Mutter (sofern sie mit Peters Vater nicht in
dauernder häuslicher Gemeinschaft lebt!) sein alleiniger gesetzlicher Vertreter (§ 166 ABGB).
b) Die Veraüßerung der Pendeluhr kann Peters Vater, wenn Peter ein eheliches Kind ist, als
gesetzlicher Vertreter alleine vornehmen (gewöhnliches Geschäft).
Rechtsgeschäft
Fall 12
In diesem Fall zählt grundsätzlich der wahre Wille der Parteien: Zwischen Karl und Valentin
herrscht nämlich übereinstimmender Parteiwillen (Mortadella), daher ist der eigentliche
Wortlaut des Vertrages irrelevant. ( Regel: „falsa demonstratio non nocet“). Dieser
gemeinsame Erklärungsirrtum (=Willensmangel; Anm: gültiger Vertrag = Voraussetzung
dafür, sonst Dissens!) ist unbeachtlich. => Es kommt ergänzende Vertragsauslegung ( Was
wollten die Parteien wirklich?) zur Anwendung => Mortadella = Vertragsinhalt.
Fall 13
[Allgemeine Prüfung von Ansprüchen: 1. Gibt es eine gesetzliche Grundlage?  hier: nein!
2. vertragliche Grundlage? =>
ad 2.:
In diesem Fall könnten sich etwaige Ansprüche nur aus einem Vertrag (Antrag + Annahme?)
ergeben. => Ist ein wirksamer Vertrag zwischen Konrad und Valerian zustande gekommen?
Ein (zweiseitiges) Rechtsgeschäft entsteht durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen.
(Angebot und Annahme). Willenserklärungen können nur Erklärungen sein, die auf die
Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen gerichtet sind.
1) Liegt überhaupt ein wirksames Angebot ( = Antrag, Offerte, zeitlich erste Willenserklärung) seitens des Valerian (Versandhaus) vor?
2) Dann: Prüfung der wirksamen Annahme (= zeitlich zweite Willenserklärung; kann
ausdrückl. oder konkludent sein; muss prinzipiell mit dem Antrag übereinstimmen
=Konsens; rechtzeitiger Zugang nach Zugangsprinzip - § 862a ABGB; siehe auch Fall
17, Fall 19)
Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Angebots (Antrags, Offerte):
a) inhaltliche Bestimmtheit: gegeben (Multikoch 2000 um 2.500,- öS)
b) Bindungswille des Antragsstellers: Dieser fehlt bei Versandhäusern regelmäßig;
Kataloge an eher unbestimmter Personenkreis, Versandhaus würde sich sonst sofort
jedem verpflichten!
 Mangels Bindungswillen des Valerian liegt kein rechtswirksames Angebot, sondern
vielmehr bloß eine Aufforderung (Einladung) an die Kunden (zB durch Katalog) zum
Stellen von Anträgen vor. Bei Versandgeschäften stellt also der Käufer den
rechtswirksamen Antrag (Bestellung), die Annahme durch den Versand erfolgt durch
Realannahme iSd § 864 Abs 1 ABGB: Abschicken der bestellten Ware)
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 Es liegt zunächst kein gültiger Vertrag vor.
3) Deutet K aber die abweichende „Annahmeerklärung“ des V als Gegenangebot, wird
dieses bei Absendung der Bestellkarte durch K (=Realannahme gem. § 864 Abs 1 ABGB;
Form der Willensbetätigung) rechtswirksam (Angebot + Annahme).
Vertragsinhalt ist dann der Kauf des Nachfolgemodells Multikoch 2100.
Fall 14
Eine Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung.
Willenserklärungen könne ausdrücklich oder konkludent (stillschweigend, schlüssig) sein.
In Alfreds Verhalten liegt eine konkludente Kündigungserklärung.
Fall 15
Nach außen hin liegen übereinstimmende (deckungsgleiche) Willenserklärungen
(„Christas“ Bestellung = a) Antrag: 1) inhaltlich bestimmt: ein bestimmter Bürosessel, 2)
(äußerer) Bindungswille für Dritte gegeben: Christas Unterschrift + b) Annahme durch
den Möbelverkäufer) und somit zunächst ein gültiger Vertrag vor. Christas Verhalten,
Schriftstücke ungelesen zu unterschreiben, stellt allerdings fehlendes Erklärungsbewusstsein dar: Sie erzeugt durch ihre Unterschrift einen Erklärungstatbestand, obwohl
sie überhaupt keine Erklärung (innerer Wille) abgeben wollte (= Erklärung ohne
Erklärungsbewusstsein). Es liegt also ein Willensmangel vor. Diese spezielle Fallgruppe
ist im ABGB nicht ausdrücklich geregelt.
Nach hA ist Christa nur dann an ihre Erklärung (Antrag) gebunden, wenn sie den
Erklärungstatbestand leicht fahrlässig verursacht hat. Das hat sie auch, weil eine
sorgfältige Geschäftsführerin das zu Unterschreibende dennoch gelesen hätte und auch
bemerken hätte können, dass sie durch ihre Unterschrift einen Erklärungstatbestand
verwirklicht. Es ist daher nicht Christa, sondern ihr Vertragspartner, dh der Verkäufer des
Bürosessels, im Rahmen des Vertrauensschutzes schutzwürdig, weil er auf den aüßeren
Tatbestand (die Bestellung mit Christas Unterschrift) vertrauen durfte. (Bei entgeltlichen
Geschäften wird meist auf den Vertrauensschutz als auf den wahren Willen des
Erklärenden abgestellt).
 Christa kann daher die Bezahlung nicht verweigern, weil ein wirksamer Vertrag mit
dem Büromöbelverkäufer zustande gekommen ist („Pacta sunt servanda“).
Fall 16
Grundsätzlich ist der Antrag (das Angebot, die Offerte) des S-Vertrages rechtswirksam, da es
1) inhaltlich ausreichend bestimmt ist (ein bestimmtes Buch) und
2) der Bindungswille des S-Verlages klar zum Ausdruck kommt (Frist, Kaufvertrag...).
Da in diesem Fall der S-Verlag dem Empfänger P eine Ware ohne dessen Veranlassung (dh
„unbestellt“) übersendet, kommt § 864 Abs 2 ABGB zur Anwendung: Demnach kann P die
Frist ohne Sanktionen verstreichen lassen und
a) das Buch lesen oder
b) es wegwerfen, weil in beiden Handlungen keine konkludente Annahme zu sehen ist.
c) Bezahlt P jedoch den Kaufpreis, liegt in seinem Verhalten eine Realannahme gem. §
864 Abs 1 ABGB (Willensbetätigung) und es ist ein rechtswirksamer Kaufvertrag
zwischen P und dem S-Verlag zustandegekommen.
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(Anmerkung: § 864 Abs 2 ABGB ist jedoch nicht bei faktischem Irrtum anzuwenden. Hat
P das Buch zB aufgrund einer falschen Adresse (faktischer Irrtum) zugesandt bekommen,
kann er es nicht ohne Sanktionen wegschmeißen. § 864 Abs 2 gilt natürlich auch nicht bei
veranlasster Zustellung!)
Fall 17
Hier liegt ein sogenanntes Haustürgeschäft gem. § 3 KSchG vor, da
1) ein Verbrauchergeschäft iSd KSchG vorliegt (Alois ist Verbraucher, der Buchklub
Unternehmer) und
2) Alois (Verbraucher) seine Vertragserklärung (Willenserklärung: Annahme durch
Unterschreiben des Formulars) außerhalb der vom Unternehmer üblicherweise benutzten
Geschäftsräumlichkeiten (hier: auf offener Straße) abgibt.
Damit das besondere Rücktrittsrecht des Verbrauchers aber besteht, müssen zusätzlich 3
weitere (negative) Tatbestandselemente gegeben sein:
3) Alois darf das Geschäft nicht selbst angebahnt haben (die Bitte um Information ist kein
Anbahnen!).
4) Dem Vertrag müssen vorvertragliche Besprechungen vorangegangen sein, nicht bloß
schriftliche. Bei ausschließlich schriftlichem Kontakt (zB bei Bestellung aus
Versandkatalog) mit dem Unternehmer befindet sich der Verbraucher ja nicht in einer
Druck- bzw. Überrumpelungssituation.
5) Das vom Verbraucher bezahlte Entgelt muss in bestimmten Fällen eine gewisse
Bagatellgrenze überschreiten (200,- öS bzw 600,-öS, siehe § 3 Abs 3 Z 3 KSchG).
(Anmerkungen: 1. Ist nur einer der 3 negativen Tatbestandselemente nicht erfüllt (hätte Alois
zB das Geschäft selbst angebahnt bzw den Beitritt zu Hause schriftlich erklärt...), entfällt das
besondere Rüchtrittsrecht des Verbrauchers, auch wenn grundsätzlich ein Haustürgeschäft
iSd § 3 KSchG vorliegt.
2. Unternehmer iSd KSchG ist, wer selbständig eine auf Dauer angelegte Organisation für
eine wirtschaftliche Tätigkeit führt und für den das Geschäft zum Betrieb seines
Unternehmens gehört, das nicht zwingender Weise auf Gewinn gerichtet sein muss!
Geltungsbereich/Legaldefinition nach § 1 Abs 1 Z 1 und Abs 2 KSchG
So ist zB auch ein praktischer Arzt Unternehmer iSd KSchG, sofern er nicht Arbeitnehmer
oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis steht: § 1 Abs 4 KSchG).
In diesem Fall sind alle aufgezählten Tatbestandsmerkmale erfüllt.
Enthielt das Mitgliedschaftsformular des Buchklubs („Beitrittserklärung“) eine Belehrung
über das besondere Rücktrittsrecht zugunsten des Verbrauchers (=Vertragsurkunde mit
Rücktrittsvermerk), muss Alois dem Unternehmer seinen Rücktritt schriftlich innerhalb einer
Woche nach Vertragsabschluss (=Übergabe der Urkunde) bzw späteren Vertragsabschluss
erklären. Ausnahmsweise gilt für diese Rücktrittserklärung nicht das übliche Zugangsprinzip
(=1. Willenserklärung muss in den Machtbereich des Empfängers gelangen, 2. Der Absender
muss damit rechnen können , dass der Empfänger von ihr Kenntnis erlangen kann) für das
Wirksamwerden von Willenserklärungen, für die Rechtzeitigkeit entscheidet hier allein das
Datum der Absendung!
Ist die Belehrung durch den Buchklub hingegen unterblieben, erlischt das Rücktrittsrecht
des Verbrauchers erst einen Monat nach vollständiger Erfüllung des Vertrags. Da es sich
aber bei einer Mitgliedschaft nicht um ein Zielschuldverhältnis (einmalige Leistung), sondern
um ein Dauerschuldverhältnis (monatliche Mitgliedschaftsbeiträge=wiederkehrende
Leistungen) handelt, gibt es praktisch keine vollständige Erfüllung des Vertrages => Bei
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Dauerschuldverhältnissen ist bei einem Haustürgeschäft, sofern alle
Voraussetzungen erfüllt sind, der Rücktritt des Verbrauchers immer möglich .
 Alois kann jederzeit und beliebig lange vom Vertrag zurücktreten.
nötigen
Fall 18
Miete ist die entgeltliche Überlassung einer Sache zum Gebrauch.
Viola ( Vermieterin) verwendet für ihre Mietverträge standardisierte Vertragsinhalte in Form
von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), um es sich zu ersparen, jeden einzelnen
Mietvertrag individuell auszuhandeln und aufzusetzen.
Die Klausel, dass die Mietwohnung nur zur Freizeitgestaltung verwendet werden darf, ist
zwar auf dem Vertragsformular abgedruckt, dh Inhalt des Angebots, stellt jedoch für Martin
eine
*) ungewöhnliche
*) für ihn nachteilige Bestimmung dar, mit der er
*) keinesfalls rechnen konnte (Überraschungseffekt)
= Geltungs- und Inhaltskontrolle nach § 864a ABGB.
Bei einem Mietvertrag konnte Martin nicht rechnen, dass ihm die Wohnung ausschließlich zur
Freizeitgestaltung zusteht. => Diese Klausel ist nichtig, zumal Viola Martin auch nicht
besonders darauf hingewiesen hat.
Fall 19
Ansprüche können sich entweder auf eine gesetzliche oder vertragliche Grundlage stützen.
Hier ist die vertragliche Grundlage möglicher Ansprüche zu prüfen:
Ein rechtswirksamer Vertrag entsteht durch übereinstimmende Willenserklärungen (Antrag,
Annahme).
Liegt ein gültiges Angebot durch Viktor vor?
Voraussetzungen:
1) Die inhaltliche Bestimmtheit des Angebots ist gegeben (eine bestimmte neuartige
Maschine zu einem Preis um 800.000 öS)
2) Bindungswille des Antragstellers: Grundsätzlich ist bei Versandausschreibungen der
Bindungswille des Antragstellers zu verneinen (siehe Fall 13), doch schickt Viktor in
diesem Fall die Offerte an seine Kunden, dh der Antrag erfolgt durch individuelles
Ansprechen.
 Viktors Anbot wäre wirksam.
Ist Karlas Annahme rechtswirksam?
Voraussetzungen:
1) Übereinstimmung mit Viktors Anbot gegeben (Konsens)
2) Rechtzeitigkeit der Annahme: Viktors Angebot ist befristet, dh nur bis Freitag, den
10.10. gültig. Über die Rechtzeitigkeit der Annahme entscheidet grundsätzlich nicht das
Absendedatum der Willenserklärung, sondern der Zugang beim Adressaten
(Zugangsprinzip). Wenn Karla die Annahme des Angebots per Fax an einem Freitag
nach Geschäftsschluss übersendet, muss sie damit rechnen, dass ihr Fax dem Viktor
(Empfänger) erst am nächsten Geschäftstag (=Montag) zugeht, also erst nach Ablauf
der Frist.
 Karlas Annahme ist ergo nicht wirksam. => Es ist kein gültiger Vertrag zwischen Viktor
und Karla zustandegekommen. => Viktor muss die Maschine also nicht liefern.
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(Anmerkung: Wenn Viktor die Maschine am Montag dennoch an Karla absendet, wäre das
wiederum eine wirksame Realannahme iSd § 864 Abs 1 ABGB. Karlas Fax wäre dann
rechtlich als gültiger Antrag (inhaltl. Bestimmtheit, Bindungswille gegeben!) zu werten; zur
Realannahme vgl auch Fall 13, 16).
Fall 20
Ja. Das Beilegen einer Bedienungsanleitung gilt nach hA als eine unselbständige
Nebenpflicht des Verkäufers aus einem Kaufvertrag. Der Händler muss alle erforderlichen
Erklärungen zur Inbetriebnahme des Kaufobjektes kostenlos zur Verfügung stellen.
Zu diesem Ergebnis gelangt man durch ergänzende Vertragsauslegung, bei der der
hypothetische Parteiwille der Vertragspartner im Mittelpunkt steht. Weiters muss dabei
auch die Verkehrsüblichkeit beachtet werden.
 Klaus Forderung einer kostenlosen Ausfolgung der Gebrauchsanweisung ist rechtlich
auf alle Fälle durchsetzbar, weigert sich der Händler, könnte Klaus den Kaufvertrag mit
dem Titel der Gewährleistung (wesentlicher Mangel, dazu später!) bzw aus Irrtum (siehe
später!) anfechten.
Fall 21
Art XV: sittenwidrig gem § 879 ABGB (Einschränkung der persönlichen Freiheit)
Art XX: sittenwidrig (Klausel relativ nichtig = anfechtbar: Der Ausschluss von
sämtlichen Schadenersatzansprüchen ist zwar unzulässig, verstößt aber gegen keine
zwingende materielle Rechtsnorm; vorsätzliche Schädigung wäre aber strafbar!)
Art XXI: 30 Jahre Bindungsfrist: Eine übermäßige Vertragsdauer verstößt ebenfalls gegen
die guten Sitten (§ 879 ABGB), weil überlange Vertragsbindungen die wirtschaftliche
Freiheit eines Unternehmens einschränken können. Die Klausel ist nicht gesetzeswidrig, das
heißt sie verstößt gegen keine zwingende materielle Gesetzesnorm. Das Verbot durch
Sittenwidrigkeit bezweckt den Schutz eines Vertragspartners (hier: der „Ulli-Delikatessen
GmbH“) und hat nur relative Nichtigkeit der Vertragsbestimmung zur Folge. Die „ UlliDelikatessen GmbH muss ihre Einwände gegen Art. XV – Art XXI also gerichtlich geltend
machen.
Art XXII: Diese Klausel ist rechtsungültig, dh absolut nichtig, weil einseitige
Vertragsänderungen gegen das Konsensprinzip, das ja für die Wirksamkeit von Verträgen
erforderlich ist (=zwingende materielle Gesetzesnorm), verstoßen. Solche Verstöße gegen
ein allgemeines Verbot bedürfen keiner Anfechtung (gerichtlichen Geltendmachung), sie
sind ex lege nichtig.
Fall 22
Die Vertragsklausel über den Ausschluss der Anwendung des KSchG auf das vorliegende
Vertragsverhältnis ist gesetzeswidrig (nichtig), weil die Regelungen des KSchG relativ
zwingendes Recht (einseitig zwingendes R.) darstellen, die nicht zum Nachteil des
Verbrauchers abgeändert bzw. ausgeschaltet werden können! (§ 2 Abs 2 KSchG)
Zwischen Wolk und Bruch liegt ein Werkvertrag vor. Beim Werkvertrag verpflichtet sich
der Werkunternehmer (Wolk) gegenüber dem Werkbesteller (Bruch) gegen Entgelt zur
Herstellung eines bestimmten Erfolges (hier: Renovierung des Bauernhofs).
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Der Einwand Wolks, sein Vorgehen sei durch AGB gedeckt, ist wegen § 6 Abs 2 Z 3
KSchG irrelevant: Eine Alternativermächtigung (facultas alternativa) kann im Verbraucherrecht nur dann wirksam vereinbart werden, wenn es sich entweder nur um eine
geringfügige und sachlich gerechtfertigte Abweichung handelt oder der Unternehmer
beweisen kann, die Abweichung mit dem Verbraucher im einzelnen ausgehandelt zu
haben. Im konkreten Fall handelt es sich um keine zumutbare Abweichung. Auch hat Wolk
sie mit Bruch nicht im einzelnen ausgehandelt – die Vereinbarung in den AGB reicht auf
keinen Fall! Daher ist die Vertragsbestimmung jedenfalls nichtig iSd § 879 ABGB.
 Wolk darf ergo die alte Holzdecke nicht durch eine neue ersetzen. Tut er das dennoch,
liegt ein gewährleistungsrechtlich relevanter Mangel (wesentlicher unbehebbarer
Mangel) vor und Wolk haftet Bruch aus dem Werkvertrag. (Bruch kann alternativ
Wandlung bzw Preisminderung verlangen, dazu später.)
Fall 23
Im Rahmen der Privatautonomie können Verträge grundsätzlich formfrei abgeschlossen
werden (§ 883 ABGB; Ausnahmen für bestimmte Verträge durch gesetzliche Formvorschriften!).
Die schriftliche Form, die Wolf und Burg als Wirksamkeitserfordernis für Vertragsänderungen festlegen, ist legitim. Eine derartige Formvereinbarung kann formfrei wieder
verworfen werden und danach mündlich anderes wirksam vereinbart werden. Stimmt Burg
also mündlich einer Vertragsänderung zu, liegt darin auch eine konkludente Abrede
bezüglich der Schriftform für Vertragsänderungen (formlose Abrede genügt ja.) Da Wolfs
und Burgs Willenserkärungen übereinstimmen, dürfte Wolf ergo die 5% Rabatt abziehen.
Aufgrund der mündlichen Einwilligung Burgs wird das in der Praxis für Wolf aber vor
allem bei Meinungsverschiedenheiten zu erheblichen Beweisproblemen führen.
Willensmängel
Fall 24
Hier liegt ein Scheingeschäft vor, weil beide Vertragsparteien nach außenhin ein
Rechtsgeschäft abschlossen, das sie gar nicht wollten (Kaufvertrag). Scheingeschäfte sind
von Beginn an nichtig, das verdeckte (eigentliche) Geschäft (hier: Schenkungsvertrag) gilt.
Miranda kann die 45.000,- öS für ihren Wagen gegen Felix nicht geltend machen, da kein
wirksamer Kaufvertrag (sondern bloß ein Schenkungsvertrag) zustandegekommen ist.
Variante: Es liegt eine Sicherungszession (= Forderungsabtretung, Gläubigerwechsel; Kreditrückzahlung ist Resolutivbedingung!) vor (siehe Fall 60; Fall 98). Miranda ist Zedent
(Altgläubiger), die Bank Zessionar (Neugläubiger). Prinzipiell ist Gutglaubenserwerb
(näheres im Sachenrecht) an Forderungen ausgeschlossen (die Forderung steht Miranda ja
nicht zu). Dritte hingegen, die auf die Gültigkeit des der Forderung zugrundeliegenden
Rechtsgeschäftes vertraut haben (guter Glaube = bona fides), sind im Rahmen des Vertrauensschutzes gegen Scheingeschäfte geschützt und können sogar auch Forderungen
gutgläubig erwerben. (§ 916 Abs 2 ABGB) => Die Bank (Dritter) kann ergo die 45.000,- öS
von Felix (debitor zessus) verlangen. Miranda wird Felix allerdings im Innenverhältnis
regresspflichtig, dh sie muss Felix die 45.000,- bezahlen.
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Fall 25
Es liegt ein Umgehungsgeschäft vor, das zwar vom Wortlaut her keine direkte gesetzliche
Verbotsnorm umfasst, jedoch deren Regelungszweck vereitelt: Da dieser Kettenmietvertrag
(= mehrere zeitl. hintereinanderliegende befristete Mietverträge) hier nicht sachlich gerechtfertigt erscheint, sondern nur den Sinn des Kündigungsschutzes im MRG durch § 1 Abs 2 Z
3 MRG (= Ausnahme) vereiteln soll, ist es dennoch nichtig. => Es werden folglich die
normalen mietrechtlichen Bestimmungen des MRG angewendet: Der Kettenmietvertrag
wird als unbefristeter Mietvertrag betrachtet, eine ordentliche Kündigung (= Kündigung
ohne wichtigen Grund, jedoch unter Einhaltung einer Kündigungsfrist und eines
Kündigungstermins) durch den Vermieter ist auch bei unbefristeten Mietverträgen
ausgeschlossen.
Herr Leder (Mieter) kann also nur gerichtlich (§ 33 MRG) und aus wichtigem Grund (§ 30
MRG) durch Schlau (Vermieterin) gekündigt werden.
Fall 26
Irrtum ist die unrichtige oder die fehlende Vorstellung von der Wirklichkeit. Zwingende
Voraussetzung für das Vorliegen eines Irrtums ist, dass überhaupt ein Vertrag zustande
gekommen ist.
Zunächst schließt Anna einen (gültigen) Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung ab.
Bezüglich der Grünanlage liegt ein Geschäftsirrtum ieS vor, da die Grünfläche eine
vereinbarte Eigenschaft der Wohnung darstellt und auch Vertragsinhalt geworden ist. Der
Geschäftsirrtum ist vom Verkäufer durch aktives Tun (Vorzeigen falscher
Unterlagen/Angaben: nicht mehr aktueller Plan) veranlasst worden (=Voraussetzung gem §
871 ABGB) und beachtlich (Geschäftsirrtümer ieS sind bei entgeltlichen Geschäften immer
beachtlich!).
Bezüglich des Thermalbades liegt ein Motivirrtum vor, weil die geplante Einrichtung eines
Thermalbads für den Wohnungskauf nur Veranlassung, jedoch nicht Inhalt des Geschäfts
ist (zukünftiges Ereignis). Motivirrtümer sind bei entgeltlichen Geschäften jedoch idR
unbeachtlich.
Gem. § 872 ABGB handelt es sich beim Geschäftsirrtum um einen wesentlichen Irrtum,
weil ohne den Irrtum der Vertrag überhaupt nicht zustande gekommen wäre (SV: „Unter
diesen Umständen hätte
Anna die Eigentumswohnung keinesfalls gekauft.“ =
hypothetischer Parteiwille Annas zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses).
Der Vertrag ist nicht ex lege nichtig, sondern Anna hat als Irrende das Rechtsgeschäft
innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Vertragsabschluss durch gerichtliche
Geltendmachung (Klage) anzufechten und den Irrtum zu beweisen. Gelingt es ihr, ihren
Anspruch erfolgreich geltend zu machen (die Beweislast trägt der Irrende!) wird das
gesamte Rechtsgeschäft (sachen- und schuldrechtlich) ex tunc aufgelöst und alle bereits
erbrachten Leistungen gem. § 877 ABGB rückerstattet (=Rückabwicklung des
Kaufvertrages.)
 Anna bekommt den Kaufpreis zurück, und der Verkäufer erhält wieder Eigentum an der
Wohnung.
Fall 27
11
Grundsätzlich fallen Kalkulationsirrtümer unter den Motivirrtum (zukünftige Erträge sind
meist Veranlassung bzw Endzweck, ein bestimmtes Rechtsgeschäft abzuschließen, jedoch
nicht Geschäftsinhalt (Kontrollformel zur Abgrenzung: Was will (Geschäftsirrtum)/warum
will (Motivirrtum) die Partei?). Motivirrtümer sind bei entgeltlichen Geschäften aber
unbeachtlich. Prinzipiell hat daher jeder Geschäftspartner selbst das Risiko eines
Kalkulationsirrtums zu tragen.
In diesem Fall ist jedoch Heinz´ Kalkulation Grundlage für Jakobs Willenserklärung, weil
darauf die vertragliche Einigung (Pachtvertrag) über den Pachtzins (10.000,-öS) beruht. Die
Kalkulation ist ergo sehr wohl auch Inhalt des Geschäfts. Beim Irrtum handelt es sich daher
um einen Geschäftsirrtum ieS. Der Irrtum ist beachtlich. Auch eine Voraussetzung des § 871
ABGB (Veranlassung durch Heinz) ist gegeben. Weiters ist anzunehmen, dass bloß ein
unwesentlicher Irrtum vorliegt: Jakob (Pächter) ist Heinz´ (Verpächter) einziger Interessent
für den Pachtvertrag (= Bestandsvertrag; Pacht ist die entgeltliche Überlassung einer Sache
zum Gebrauch und zur Fruchtziehung - § 1091 ABGB, siehe später). Es ist folglich davon
auszugehen, dass der Vertrag ohne den Irrtum nur anders (hier zB Vereinbarung eines
niedrigen Pachtzinses) abgeschlossen worden wäre (=Ermittlung des hypothetischen
Parteiwillens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses).
Die Rechtsfolge eines unwesentlichen Irrtums liegt gem. § 872 ABGB in der nachträglichen
Anpassung des Vertrages an die wahren Verhältnisse, die nach der relativen
Berechnungsmethode (Grundsatz der subjektiven Äquivalenz) erfolgt:
Ertragswert alt : Ertragswert neu = Pachtzins alt : Pachtzins neu
20.000,- : 14.000,- = 10.000,- : x
20.000 x = 10.000*14.000
/:20.000
x = 7.000, Jakob (Pächter) muss Heinz (Verpächter) nur 7.000,- öS Pachtzins zahlen.
Fall 28
Es liegt ein Geschäftsirrtum ieS vor, weil sich der Irrtum auf eine verkehrswesentliche
Eigenschaft des Kaufgegenstandes erstreckt (manipulierter Kilometerstand bei einem
Gebrauchtwagen). Die (alternativen) Voraussetzungen des § 871 ABGB (Veranlassung...)
sind gegeben. Der Irrtum ist beachtlich (Geschäftsirrtum bei entgeltlichem Geschäft) und
wesentlich, weil ohne den Irrtum der Kaufvertrag zwischen Armin (Käufer) und Bertram
(Gebrauchtwagenhändler, Verkäufer) überhaupt nicht zustande gekommen wäre (§ 872
ABGB). Hätte Armin den wirklichen Kilometerstand gekannt, hätte er den Wagen sicher
nicht gekauft.
Zusätzlich hat Bertram (Verkäufer) auch dolos gehandelt - es liegt vorsätzliche Täuschung
durch aktives Tun (bewusst falsche Auskunft) vor. Gemäß § 870 ABGB steht Armin, da er ja
durch List (dolus) von Bertram zum Vertragsabschluss verleitet wurde, vertragsvernichtende
Anfechtung zu, die er innerhalb von 30 Jahren ab Vertragsabschluss geltend machen kann:
Der Kaufvertrag wird rückgängig gemacht (Rückabwicklung des Vertrages ex tunc: Bertram
erhält den Wagen zurück, Armin bekommt den Kaufpreis rückerstattet).
Anmerkung: Alternativ zur Irrtumsanfechtung stehen grundsätzlich auch Ansprüche aus dem
Titel der Gewährleistung (Genaueres dazu später) bzw etwaige Schadenersatzansprüche
(zum Schadenersatzrecht ebenfalls später). Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche
konkurrieren mit Ansprüchen aus der erfolgreichen Irrtumsanfechtung, dh sämtliche
Ansprüche werden natürlich nur einmal ersetzt! In diesem Fall wäre die gesetzliche Frist für
die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen aus Sachmängelhaftung (Sachmangel =
körperlicher Mangel; es liegt ein wesentlicher, unbehebbarer Mangel vor => RF: Wandlung =
Rücktritt vom Vertrag) schon lange abgelaufen, weil diese bei beweglichen Sachen (Auto) 6
12
Monate nach Ablieferung der Ware (hier: nach Übergabe des Wagens) abläuft. Diese Frist ist
also vom Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Mangels (=Unfalluntersuchung durch den
Sachverständigen) unabhängig! => Armin kann seine Ansprüche nicht mit dem Titel der
Gewährleistung geltend machen, weil bereits vier Jahre seit der Übergabe des Wagens
vergangen sind.
Was die Ansprüche aus Schadenersatz betrifft, müssten alle Voraussetzungen nach dem
Fallprüfungsschema des Schadenersatzrechtes genau geprüft werden (1. Eintritt des Schadens,
2. Kausalität, 3. Rechtswidrigkeit, 4. Verschulden). Der Vorteil des Schadenersatzes im
Unterschied zur Gewährleistung liegt vor allem darin, dass die Frist zur Geltendmachung erst
ab Erkennbarkeit des Mangels zu laufen beginnen kann („ab Kenntnis von Schaden und
Schädiger“) und erst drei Jahre danach ausläuft (=>Verjährung der Ansprüche = Verlust der
gerichtlichen Durchsetzbarkeit eines Rechtes).
Variante: Weiß Bertram nichts von der Manipulation, liegt keine List vor.
Prinzipiell kann das Anfechtungsrecht wegen Irrtums von den Vertragspartnern im Rahmen
der Privatautonomie vertraglich ausgeschlossen werden (=ius dispositivum: nachgiebiges,
abdingbares Recht). Hier handelt es sich aber um ein Verbrauchergeschäft iSd KSchG
(Bertram ist Unternehmer, Armin als „Privatmann“ Verbraucher). Es kommt § 6 Abs 1 Z 14
des KSchG zur Anwendung: Danach kann auf Irrtumsanfechtung bei einem
Verbrauchergeschäft nicht im vorhinein verzichtet werden, weil dies für den Verbraucher
nachteilig und daher sittenwidrig iSd § 879 ABGB wäre (§ 6 KSchG als Konkretisierung des
§ 879 ABGB). Die Bestimmungen des KSchG sind (relativ) zwingendes Recht (ius cogens),
also vertraglich nicht zum Nachteil des Verbrauchers abdingbar => Die Klausel über den
Verzicht auf Irrtumsanfechtung ist jedenfalls nichtig.
 Prinzipiell hätte Armin Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages, da aber
Bertram nicht dolos gehandelt hat gilt bloß die 3-Jahres-Frist ab Vertagsabschluss für
die Irrtumsanfechtung. Seit Vertragsabschluss sind jedoch schon 4 Jahre vergangen,
Armin kann seine Rechte (Ansprüche) nicht mehr gerichtlich geltend machen
(Verjährung).
Anmerkung: Ebenso sind bereits die Gewährleistungsansprüche aus Sachmängelhaftung
verjährt (6 Monate ab Ablieferung/Übergabe, siehe oben).
Schadenersatz ist mangels Verschulden des Bertram (hatte von der Manipulation keine
Ahnung!) ausgeschlossen.
Fall 29
§ 3a KSchG gewährt Verbrauchern ein weiteres besonderes Rücktrittsrecht (unabhängig vom
Vorliegen eines Haustürgeschäfts nach § 3 KSchG, siehe Fall 17), wenn Verbraucher durch
Veranlassung des Unternehmers auf den Eintritt bestimmter Umstände vertraut haben.
Erwin (Verbraucher) vertraut dem Vertreter der „Fenster&Türen GmbH“ (Unternehmer), dass
es keine Probleme mit der behördlichen Genehmigung der neuen Fenster durch die Gemeinde
geben werde (= „Zustimmung eines Dritten, die zur Erbringung der Leistung erforderlich ist“
=> maßgeblicher Umstand)
Voraussetzungen für die Ausübung des besonderen Rücktrittsrechtes nach § 3a KSchG:
1. Vorliegen eines maßgeblichen Umstands (gegeben; siehe oben!)
2. Darstellung dieses Umstands als wahrscheinlich (gegeben: durch die Aussage des
Vertreters)
3. Nichteintritt des Umstandes (gegeben: Gemeinde verweigert baubehördliche
Genehmigung)
13
Zwei Monate nach Lieferung der Fenster und einen Monat nach der Verweigerung der
Genehmigung ist jedoch die Frist für das Ausüben des Rücktrittsrechts bereits abgelaufen Erwin hätte innerhalb einer Woche ab dem Zeitpunkt, ab dem es für ihn erkennbar war, dass
die erhofften Umstände nicht eintreffen würden, der Fenster&Türen GmbH schriftlich seinen
Rücktritt bekanntgeben müssen, spätestens aber ein Monat nach Erfüllung der Leistung
(=Lieferung der Fenster) durch die Fenster&Türen GmbH.
 Erwin muss den Kaufpreis zahlen.
Stellvertretung
Fall 30
Michael (Vertreter, Bevollmächtigter) kann als direkter Stellvertreter (dh der Vertretene
wird durch das Handeln des Vertreters unmittelbar wie durch eigenes Handeln berechtigt
und verpflichtet) des Raimund (Vertretener, Geschäftsherr) das Bild des Galleristen unter
den folgenden Voraussetzungen für Raimund erwerben:
1) Der Vertreter (Michael) muss im Namen des Vertretenen (Raimund) handeln
=Offenlegung der Stellvertretung.
2) Er muss Vertretungsmacht (= Befugnis, im Namen eines anderen zu handeln) besitzen.
In diesem Fall wird diese ihm durch einen Willensakt des Vertretenen (Raimunds)
eingeräumt = Vollmacht (gewillkürte Stellvertretung, Bevollmächtigung). Die von
Raimund erteilte Vollmacht berechtigt Michael nur zum Kauf des Bildes, dh zum
Abschluss eines einzigen Rechtsgeschäftes=> er liegt daher Einzelvollmacht vor.
3) Geschäftsfähigkeit: Da es sich in diesem Fall um gewillkürte Stellvertretung handelt,
reicht es - im Unterschied zur organschaftlichen (Gesellschaftsrecht) und zur
gesetzlichen (Eltern, Sachwalter) - aus, wenn Michael (Vertreter) beschränkt
geschäftsfähig (unmündige Minderjährige = Personen bis zum vollendeten 14. Lebensjahr; siehe auch Fall 8 c) ist, weil der Vertreter bei der direkten Stv keine Pflichten auf
sich selbst nimmt. Beschränkte Geschäftsfähigkeit ist aber für das wirksame Abgeben
von Willenserklärungen nötig!
Variante: Will Raimund (Vertretener) bei dem ganzen Geschäft nicht genannt werden,
muss er Michael als mittelbaren Stellvertreter wählen. Im Unterschied zur direkten
(unmittelbaren) Stellvertretung schließt der mittelbare Stellvertreter Geschäfte nicht in
fremdem, sondern in eigenem Namen ab. Bei der mittelbaren Stellvertretung berechtigt und
verpflichtet sich der Stellvertreter zunächst selbst, der wirtschaftliche Erfolg soll aber dem
Vertretenen zugute kommen, das heißt, Michael muss Raimund das Bild durch ein weiteres
Rechtsgeschäft übereignen (zum Eigentumserwerb siehe Sachenrecht).
Fall 31
Trude gilt zunächst als falsus procurator (=Scheinvertreter), weil sie Geschäfte abschließt,
zu denen sie grundsätzlich nicht vertretungsbefugt wäre (sie hat von Ernestine nie eine
Vollmacht erteilt bekommen!)
Ernestine (Geschäftsherr, scheinbar Vertretene) aber hat Trudes Verhalten jahrelang ohne
nachzufragen akzeptiert und dadurch für Dritte (zB Lieferanten) einen sogenannten
14
Rechtsschein (oder äußeren Tatbestand) erzeugt. Da Ernestine Trudes Handlungen
mehrere Male geduldet hat, hat sie eine sog. „Duldungsvollmacht“ (Unterfall der
Anscheinsvollmacht) erzeugt, auf die sich der Lieferant (Dritter) im Rahmen des
Vertrauensschutzes berufen kann (vgl dazu auch Fall 15, Fall 24 Variante), wenn dieser
nichts von Trudes fehlender Vertretungsmacht wusste (Schutzwürdigkeit des Dritten).
 Ernstine muss folglich die Lieferung annehmen und den Kaufpreis zahlen.
Fall 32
Klaus agiert als falsus procurator (Scheinvertreter), da er keine Vertretungsmacht besitzt.
Jedoch liegt auch hier ein (Unter-)Fall der Anscheinsvollmacht vor: Gem. § 1030 ABGB (§
56 HGB) gilt ein Angestellter in einem Laden zu allen Verkäufen ermächtigt, die in einem
derartigen Laden gewöhnlich geschehen (= „Ladenvollmacht“). Der Verkauf von Büchern
in einem Buchantiquariat ist ein ladenstypisches (gewöhnliches) Rechtsgeschäft. =>
Aufgrund des Vertrauensschutzes unwissender Dritter muss Gerda (Inhaberin des
Buchantiquariats) unabhängig von ihrem Willen die Pflichten aus den von Klaus
abgeschlossenen Rechtsgeschäften erfüllen. => Die Verträge sind gültig.
Fall 33
Ludwig (Vertreter) hat von seinem Geschäftsherrn Hermann (Vertragshändler, Kaufmann)
eine Handlungsvollmacht gem. § 54 HGB (=jede von einem Kaufmann im Betrieb seines
Handelsgewerbes erteilte Vollmacht, die nicht Prokura ist; Erteilender muss nicht unbedingt
Vollkaufmann iSd HGB sein; keine Eintragung ins FB erforderlich; Umfang frei
beschränkbar) erteilt bekommen, genauer gesagt eine Gattungsvollmacht (=Vollmacht zum
Abschluss bestimmter Rechtsgeschäfte; hier: Verkäufe nur bis zum Listenpreis).
Ludwig überschreitet diese Vollmacht. („Er will mehr als er kann“.)
a) Der Einwand Hermanns (Geschäftsherr), Ludwig (18) sei Minderjähriger, ist irrelevant,
weil Ludwig als mündiger Minderjähriger (siehe auch Fall 9, Fall 10) beschränkte
Geschäftsfähigkeit besitzt und diese für die gewillkürte Stellvertretung (vgl Fall 30)
ausreicht. (Anmerkung: Bei der der direkten Stellvertretung wird ja der Vertretene weder
berechtigt noch verpflichtet, Vertragspartner sind der Vertretene und der Dritte. Sogar
unmündige Minderjährige, also Personen, die das 14. Lj noch nicht vollendet haben,
könnten aufgrund ihrer beschränkten GF wirksam als gewillkürte Vertreter agieren.)
b) Da die Vollmacht von einem Unternehmer iSd KSchG (Hermann) erteilt worden ist und
Kunigunde Verbraucherin ist, kommt § 10 KSchG zur Anwendung: Im Zusammenhang
mit Verbrauchergeschäften umfasst die von einem Unternehmer erteilte Vollmacht alle
Rechtshandlungen, die derartige Geschäfte gewöhnlich mit sich bringen. Eine
Beschränkung der Vollmacht ist gegenüber dem Verbraucher nur wirksam, wenn dieser
davon gewusst hat (=weiterer Fall der Anscheinsvollmacht => Vertrauensschutz!) .
(War die Beschränkung dem Verbraucher grob fahrlässig nicht bewusst, kommt das
Rechtsgeschäft gültig zustande, der Unternehmer kann aber vom Vertrag zurücktreten.)
Die Gewährung eines 10%igen Rabatts ist eine gewöhnliche Rechtshandlung, die
Autoverkäufe normalerweise mit sich bringen. Kunigunde hat von der Beschränkung von
Ludwigs Vollmacht nichts gewusst, sie erscheint schutzwürdig .
 Kunigunde kann den Rabatt verlangen.
Variante: Hat Hermann Ludwig überhaupt keine Abschlussvollmacht erteilt, darf § 10
KSchG nicht angewendet werden, weil für § 10 KSchG Anwendungsvoraussetzung ist,
15
dass überhaupt eine Vollmacht erteilt worden ist . § 10 KSchG regelt ja bloß die
Wirksamkeit der Beschränkung (Umfang der Vollmacht).
Weiß Kundigunde nichts von der fehlenden Abschlussvollmacht Ludwigs, greift das
Rechtsinstitut der Ladenvollmacht (§ 56 HGB, § 1030 ABGB): Der Vertrag ist dennoch
gültig (Vertrauensschutz), da Ludwig als Angestellter in einem Laden zu allen Geschäften
ermächtigt gilt, die in einem derartigen Laden gewöhnlich geschehen (Autoverkauf mit
Rabattgewährung in einem Autohaus).
Fall 34
Der Immobilienmakler überschreitet seine Vollmacht (Vollmacht zum Abschluss eines
einzigen, bestimmen Rechtsgeschäfts = Einzelvollmacht) und agiert als falsus procurator.
Zunächst ist also ein schwebend unwirksames Rechtsgeschäft (negotium claudicans)
zustande gekommen, das nur rechtswirksam würde, wenn es Thomas (Scheingeschäftsherr,
scheinbar Vertretener) rückwirkend genehmigen würde (§ 1016 ABGB). Da sich Thomas
aber weigert, den Mietvertrag zu genehmigen und so das hinkende Rechtsgeschäft
rechtswirksam zu machen, muss der Immobilienmakler (falsus procurator) dem Dritten
(Vermieter der Top-Wohnung) Schadenersatz leisten. Der Umfang des Schadenersatzes
richtet sich danach, ob bürgerliches oder Handelsrecht anzuwenden ist. Da weder der
Scheingeschäftsherr (Thomas) noch der Dritte (Vermieter der Wohnung) Kaufmann iSd
HGB ist (Kaufmannseigenschaft des Vertreters irrelevant, da nicht Vertragspartner!),
kommen die Schadenersatzregelungen des Bürgerlichen Rechts zur Anwendung:
Nach Bürgerlichem Recht ergibt sich die Haftung des falsus procurator aus der Lehre von
der cupa-in-contrahendo (Lehre von den vorvertraglichen Schutz-, Sorgfalts-, und
Aufklärungspflichten: Der falsus procurator müsste seinen Vertragspartner vor
Zustandekommen des Vertrags über seine fehlende Vertretungsmacht aufklären!).
 Da kein gültiger Vertrag zustande gekommen ist, muss der Makler (falsus) dem Dritten
(Vermieter) den Vertrauensschaden=15.000,- öS Anwaltskosten ersetzen.
(Anmerkung: Sinn des Ersatzes des Vertrauensschadens ist es, dass der Dritte so gestellt
wird, als er stehen würde, wenn er nicht auf die Vertretungsmacht und damit auf das gültige
Zustandekommen des Vertrages vertraut hätte.
Achtung:
Vertrauensschaden (kein gültiger Vertrag!) // Nichterfüllungsschaden (gültiger Vertrag!)
Variante: Die Haftung nach Handelsrecht ist prinzipiell immer dann anzuwenden, wenn
das Geschäft bei ausreichender Vollmacht ein Handelsgeschäft (=Rechtsgeschäft, bei dem
mindestens ein Vertragspartner Kaufmann iSd HGB ist) geworden wäre. Hier ist der Dritte
(Immobilienverwaltungs GmbH) Kaufmann iSd HGB (und zwar kraft § 6-Formkaufmann,
dazu siehe HR) und es kommen die handelsrechtlichen Schadenersatzregelungen der falsusprocurator- Haftung zur Anwendung:
Nach HR haftet der falsus procurator nach Art.8 Nr. 11 der 4. EVHGB dem Dritten nach
dessen Wahl auf Erfüllung oder aufs Erfüllungsinteresse. (Er haftet allerdings überhaupt
nicht, wenn der Dritte von der fehlenden Vertretungsmacht gewusst hat oder davon wissen
hätte können=Kulpakompensation.)
 Die Immobilienverwaltungs GmbH kann (sie wusste nichts von der fehlenden
Vertretungsmacht des Maklers) vom Makler (falsus procurator) zB den Differenzbetrag
des Mietzinses (=Erfüllungsinteresse) verlangen, falls sie die Wohnung unter dem
festgesetzten Preis vermieten muss: Findet die GmbH beispielsweise einen Mieter, der
statt der vereinbarten 7.500,-öS Mietzins nur 5.000,.öS bezahlt, kann sie monatlich die
„fehlenden“ 1.500,-öS Mietzins gegen den Makler geltend machen.
16
(=Differenzanspruch). Für das Erfüllungsinteresse ist in diesem Fall aber noch
bedeutsam, dass ein Dauerschuldverhältnis vorliegt (Der Makler kann schließlich nicht
verpflichtet werden, lebenslang den entgangenen Mietzins an die GmbH zu zahlen!!):
Wurde der Mietvertrag befristet abgeschlossen, muss der Makler den Mietentgang bis
zum vorgesehenen Ende ersetzen, handelt es sich hingegen um ein unbefristetes
Dauerschuldverhältnis, muss er für den Mietausfall bis zur 1. Kündigungsmöglichkeit
des Mieters aufkommen.
Besteht die GmbH statt des Nichterfüllungsanspruches (Erfüllungsinteresses) auf
Erfüllung, müsste der Makler selbst die Wohnung mieten bzw einen Ersatzmieter
auftreiben.
Fall 35
Stellvertretung im Handelsrecht
Paul hat vom Vorstand der AG Prokura erteilt bekommen. Prokura ist eine
handelsrechtliche Vollmacht, die
1) durch einen Vollkaufmann (§ 4 Abs 1 HGB, näheres im HR!)
2) ausdrücklich ( § 48 Abs 1 HGB) erteilt und
3) ins Firmenbuch eingetragen werden muss.
a) ad 1): Der Vorstand ist vertretungs- und geschäftsführungsbefugter organschaftlicher
Vertreter der AG. Eine AG ist Vollkaufmann kraft Rechtsform (Formkaufmann § 6 HGB).
ad 2): Der Vorstand hat Paul die Prokura ausdrücklich erteilt.
ad 3): die Prokura entsteht schon mit der Erteilung durch den Vollkaufmann, die
Eintragung ins Firmenbuch ist nur noch deklarativ.
 Der Einwand des Vorstandes ist irrelevant!
b) Hier gilt das Zugangsprinzip (vgl Fall 17 unten, Fall 19) für das Wirksamwerden von
Willenserklärungen:
Ein Kündigungsschreiben ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Das
Trixis Schreiben ist 1. in den Machtbereich des Empfängers (auf Pauls Schreibtisch)
gelangt und
2. durfte Trixi auch damit rechnen, dass Paul unter normalen
Umständen Kenntnis von dem Schreiben erlangen konnte
 Die Risiken nach dem Zugang trägt der Empfänger (Paul). Da das Schreiben am 17.12.
auf Pauls Schreibtisch landet und Trixi per 31.12. kündigen möchte, ist die Kündigung
fristgemäß (rechtzeitig) erfolgt.
c) Ja, die AG ist an den Vertrag gebunden, denn eine Beschränkung der Prokura auf
bestimmte Geschäfte gilt regelmäßig nur für das Innenverhältnis und ist Dritten gegenüber
(also im Außenverhältnis) unwirksam (§ 50 HGB). Die Prokura ermächtigt grundsätzlich
(Ausnahmen davon siehe Skriptum BR 1, S.93) zu allen Arten von gerichtlichen und
außergerichtlichen Geschäften, die den Betrieb irgendeines Handelsgewerbes mit sich
bringen (=Formalvollmacht).
d) Es handelt sich um eine Gesamtprokura (mind. 2 Personen), genauer gesagt um eine
gemischte (=unechte) Gesamtvertretung, wonach ein Prokurist nur gemeinsam mit einem
organschaftlichen Vertreter der Gesellschaft (zB Vorstandsmitglied) tätig werden kann.
Die im FB eingetragene Vertretungsbefugnis des Paul (Prokuristen) ist aber unzulässig,
weil die gemischte Gesamtvertretung nie so angelegt sein darf, dass die organschaftlichen
Vertreter der Gesellschaft immer einen Prokuristen zur Vertretung bräuchten. (Was hier
der Fall ist!)
Die Veräußerung von Grundstücken ist jedoch ein Geschäft, das nicht von der Prokura
gedeckt ist („Ausnahme“), weil ein zwingendes gesetzliches Verbot dafür besteht:
17
Immobiliarklausel § 49 Abs 2 HGB. Gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied
(Veronika) darf Paul aber trotzdem ein Grundstück der Realia Bau-AG verkaufen
(=erweiterte Prokura).
Fall 36
Die Handlungsvollmacht gem. § 54 HGB (vgl Fall 33  Def.) erstreckt sich auf alle
Rechtshandlungen, die der Betrieb einer Handelskette mit sich bringt.
Florian besitzt hier eine Arthandlungsvollmacht (=Vollmacht, die auf eine bestimmte zum
Handelsgewerbe gehörenden Art von Geschäften beschränkt ist, zB Einkäufe).
a) Die GmbH ist an den von Florian abgeschlossenen Kaufvertrag gebunden, da ein
derartiges Handelsgewerbe (Gastronomie/Restaurantkette) solche Geschäfte (Kauf
von Schweinefleisch) normalerweise mit sich bringt (= „gewöhnliches Geschäft“). =>
Die Restaurantbetriebs GmbH ist an den Vertrag gebunden.
b) Hier liegt ein Fall von Kollusion vor, bei dem der Vertreter (Florian) und der Dritte
(Weinhändler Gustav) arglistig (dolos) zusammenwirken, um den Vertretenen
(GmbH) zu schädigen. Solche Rechtsgeschäfte sind gem. § 879 ABGB sittenwidrig
und daher ungültig (obwohl von der Handlungsvollmacht gedeckt!). => Die GmbH ist
nicht an den Vertrag gebunden.
c) Der Kauf der Fußball-AG-Aktien ist von Florians Handlungsvollmacht nicht gedeckt,
da der Kauf von Aktien für das Handelsgewerbe einer Restaurantkette nicht typisch ist
(außergewöhnliches Geschäft). => Die GmbH ist nicht an den Vertrag gebunden.
Verjährung
Fall 37
Verjährung ist der Verlust der gerichtlichen Durchsetzbarkeit eines Rechts. Die
allgemeine („lange“) Verjährungsdauer (§ 1478 ABGB) beträgt 30 Jahre.
Daneben gibt es aber eine „kurze“ 3-Jahresfrist, der (ua wiederkehrende Leistungen wie
Miet- und Pachtzinsforderungen, Werklohnforderungen etc... , Forderungen des täglichen
Lebens sowie) Forderungen FÜR die Lieferung beweglicher Sachen durch einen
gewerblichen Betrieb (=Kaufpreisforderungen). => Thomas muss seinen Anspruch daher
spätestens 3 Jahre nach Fälligkeit, dh im März 1993 geltend machen, und zwar durch
Einrede, weil Verjährung nicht von Amts wegen wahrgenommen wird.
Variante: Hat Karin im voraus bezahlt, Thomas jedoch nicht geliefert, ist ihr Anspruch
auf Lieferung des Vorhangstoffes erst nach Ablauf der 30-jährigen („langen“)
Verjährungsfrist nicht mehr durchsetzbar.
(Anmerkung: Erfüllt Thomas allerdings seine Verbindlichkeit nach Ablauf der 30-jährigen
Frist, kann er seine Leistung nicht mehr mit dem Einwand der Verjährung
zurückverlangen, weil mit Verjährung nur die gerichtliche Durchsetzbarkeit eines
Rechtes, nicht jedoch das Recht selbst verloren geht. Dieses bleibt weiterhin bestehen
(=Naturalobligation).
Fall 38
18
Nach § 1489 ABGB beginnt die 3-jährige Verjährungsfrist von Schadenersatzforderungen
erst ab Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen.
Fanni erleidet den Schaden am 31.1.1994, die langen Vergleichsverhandlungen (langer
Briefwechsel) bewirken jedoch eine Ablaufshemmung, dh die Verjährung kann nicht
beginnen (sollte sie schon begonnen haben, nicht weiterlaufen). In der Erklärung des Siegi
vom 2.11.1996 liegt ein konstitutives Anerkenntnis (=ein Feststellungsvertrag, in dem
eine Partei durch einseitiges Nachgeben das von ihr bezweifelte Recht im vollen Umfang
zugesteht). Das Anerkenntnis des Siegi ist konstitutiv, weil er eine Willenserklärung
(nämlich die von der Versicherung gedeckten 200.000,- öS zu bezahlen) abgibt.
(iUz deklarativem Anerkenntnis, das durch die Abgabe von Wissenserklärungen
entsteht!)
Durch ein Anerkenntnis (egal ob konstitutiv oder deklarativ) wird eine Verjährungsfrist
unterbrochen, dh die Verjährungsfrist beginnt danach vollständig neu zu laufen.
 Fannis Schadenersatzansprüche verjähren also nicht bereits am 31.1.1997, sondern erst
am 2.11.1999 (3 Jahre nach Siegis Anerkenntnis).
=> Fanni kann also noch klagen, ob sie aber mit 300.000,-öS Erfolg hat bzw nur auf
200.000,- Schmerzensgeld Anspruch hat, ist eine Beweisfrage (vgl Fall 4), die zB ein
medizinischer Sachverständiger zu klären hat.
Schuldverhältnis
Fall 39
Die Ankündigung einer Belohnung durch die Jupiter-AG ist rechtlich als Auslobung zu
werten. Eine Auslobung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft (entsteht durch eine
Willenserklärung an eine unbestimmte Personengruppe), die veröffentlicht werden muss und
die Verpflichtung zu einer bestimmten Handlung für die Herbeiführung eines bestimmten
Erfolges (= „zweckdienliche Hinweise für die Ergreifung des Straftäters...“ ) darstellt.
Die Jupiter-AG kann die Auszahlung an Doris nicht ablehnen („pacta sunt servanda“ ), selbst
wenn diese nichts vom Bestehen der Auslobung wusste (=Unabhängigkeit von der Kenntnis).
Die Begründung der AG, es handle sich um einen Zufallstreffer, ist irrelevant.
Fall 40
Hans
(Verkaüfer)
hat
gegen
die
vorvertraglichen
Aufklärungspflichten
(Informationspflichten) gemäß der culpa-in-contrahendo-Lehre (vgl Fall 34) verstoßen,
indem er dem unerfahrenen Dieter (potentieller Käufer) wichtige Informationen vorenthalten
hat. Hans macht sich dadurch schadenersatzpflichtig und hat Dieter den Vertrauensschaden
(vgl Fall 34), also den Verlust aus der Veräußerung seiner nutzlosen Aufwendungen in der
Höhe von 10.000,- öS zu ersetzen.
Fall 41
19
Erfüllungsort einer Geldschuld
[Zwischen Emil (Verkäufer) und Isidor (Käufer) ist ein gültiges Rechtsgeschäft (vgl Fall 13,
Fall 19) zustande gekommen: Emils Angebot ist rechtswirksam: 1. Inhaltl. BestimmtheitVerkauf von Patentrechten zu einem gewissen Preis; 2. Bindungswille - direktes Ansprechen
einer bestimmten Person..., Isidors Annahme ebenfalls: Willenserklärung, Preis zu bezahlen;
Konsensprinzip; keine Willensmängel....].
Da Isidor nicht zur gehörigen Zeit zahlt, liegt hinsichtlich des Kaufpreises zunächst
Schuldnerverzug vor. Beim Schuldnerverzug (siehe Leistungsstörungen) hat der Gläubiger
der Leistung gem. § 918 ABGB zwei Möglichkeiten: Er kann weiter auf Erfüllung bestehen
bzw unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten. In diesem Fall
setzt Emil (Gläubiger hinsichtlich des Kaufpreises) dem Isidor (Schuldner des Kaufpreises)
eine 14-tägige Nachfrist zur Erfüllung der Schuld. Es liegt keine Stundung im eigentlichen
Sinn (=Hinausschieben des Fälligkeitszeitpunkts) sondern bloß eine reine Stundung
(=Hinausschieben des Zahlungstermins, Gläubiger kann Verzugszinsen fordern) vor.
Nun ist zu beurteilen, ob im vorliegenden Fall Isidor (Schuldner des Kaufpreises) seine
Schuld rechtzeitig, dh innerhalb der ihm von Emil gesetzten 14-tägigen Nachfrist, erfüllt.
Dafür von Bedeutung ist § 905 Abs 2 ABGB: Demnach handelt es sich bei Geldschulden um
qualifizierte Schickschulden, dh der Schuldner ist verpflichtet, das Geld an den Gläubiger
abzusenden. Erfüllungsort bleibt trotzdem beim Schuldner. Daher gelten Geldschulden auch
als rechtzeitig bezahlt, wenn sie vom Schuldner bei Fälligkeit überwiesen werden.
Maßgeblich für die rechtzeitige Bezahlung von Geldschulden ist also das Datum des
Überweisungsauftrages, wann die tatsächliche Gutschrift auf dem Gläubigerkonto erfolgt, ist
irrelevant.
 Isidor hat den Kaufpreis am 13.10. (also vor dem Ablauf der Frist=14.10.) an Emil
überwiesen, dh er hat seine Schuld rechtzeitig erfüllt. Dass der Betrag erst am 16.10.
Emils Konto gutgeschrieben hat, ist für die Erfüllung der Schuld irrelevant.
 Emils Rücktritt vom Vertrag ist nicht gerechtfertigt, da er zum Zeitpunkt seines
Rücktritts noch an den Vertrag gebunden war ( „ pacta sunt servanda“). Er ist aber
gem. §§ 1333ff ABGB berechtigt, von Isidor ab bereits eingetretener Fälligkeit (=1.10.)
gesetzliche Verzugszinsen in der Höhe von 4% (bürgerl. Recht) zu verlangen.
Leistungsstörungen
Unmöglichkeit
Fall 42
a) Es liegt ein Fall von nachträglicher Unmöglichkeit vor, da die geschuldete Sache
(gebrauchter Kombi = Speziesschuld) nach Vertragsabschluss (=Verpflichtungsgeschäft;
Titel), aber VOR Übergabe (=Verfügungsgeschäft, Modus), dh vor Erfüllung des
Vertrages, untergeht. Zu prüfen ist, ob den Verkäufer (Alex) Verschulden am Untergang
der verkauften Sache trifft. Im vorliegenden Fall liegt zufälliger Untergang der Kaufsache
durch höhere Gewalt (vis maior) vor: Der Kombi wird durch einen Brand zerstört, an dem
Alex kein Verschulden trifft. => Folglich kommen die Gefahrtragungsregeln zur
Anwendung (zufällige=objektive Unmöglichkeit). Die Leistung des bestimmten
gebrauchten Kombis (Speziesschuld) wird unmöglich, weil die konkret geschuldete Sache
untergeht.
20
 Gem § 1447 ABGB zerfällt bei zufälligem Untergang einer Sache VOR
Gefahrenübergang (Zeitpunkt des Gefahrenübergangs = Zeitpunkt der vereinbarten
Übergabe!) der Vertrag (keine Anfechtung notwendig).
 Leopold (Käufer) kann den Kaufpreis zurückfordern, Alex (Verkäufer) wird von seiner
Leistungspflicht befreit.
b) Es handelt sich hier um ein „stellvertretendes commodum“, das verschuldensunabhängig
ist. Der Käufer Leopold hat seine Leistung bereits erbracht (Zahlung des Kaufpreises).
Alex hat aber von der Versicherung den Wert des Wagens ersetzt bekommen, die
Versicherungssumme, die er zusätzlich zum Kaufpreis erhalten hat, stellt für ihn einen
Vermögensvorteil aus dem Untergang der Sache dar. Diesen kann der Käufer (Leopold),
wenn er bereits geleistet hat, vom Verkäufer (Alex) herausverlangen.
c) Leopold entscheidet sich hier für einen neuen Kombi des Autohändlers Robert. Die
geschuldete Sache (ein neuer Kombi) stellt also eine Gattungsschuld dar, die
grundsätzlich nie unmöglich werden kann, es sei denn, die gesamte Gattung geht unter,
was hier auch der Fall ist: Der gesamte Lagerbestand des Robert wird durch den Brand
(vis maior) vernichtet, die Leistung der Gattungsschuld ergo unmöglich. Es treten die
gleichen Rechtsfolgen wie beim Untergang einer Speziesschuld ein: Es liegt ein Fall von
nachträglicher Unmöglichkeit vor, da die Sache nach Vertragsabschluss
(Verpflichtungsgeschäft), aber VOR Erfüllung des Vertrages durch Übergabe der Sache
(Verfügungsgeschäft) untergegangen ist. Zu prüfen ist, ob Verschulden des Verkäufers
(Robert) vorliegt: Der Untergang erfolgt durch höhere Gewalt (zufällige = objektive
Unmöglichkeit: Brand), ein Verschulden Roberts ist nach dem vorliegenden Sachverhalt
auszuschließen. Da kein Verschulden vorliegt, kommen die Regeln zur Gefahrtragung
zur Anwendung => Der zufällige Untergang ereignet sich vor dem Gefahrenübergang
(=Zeitpunkt der vereinbarten Übergabe), der Kaufvertrag zerfällt daher nach § 1447
ABGB, wobei es keiner Anfechtung bedarf.
 Leopold erhält den Kaufpreis zurück die Leistungspflicht Roberts entfällt.
Fall 43
Dies ist ein Sonderfall nachträglicher Unmöglichkeit: Es wurde eine Schickschuld
(Versendungskauf) vereinbart. Da der Käufer Alfons die Versendungsart genehmigt hat,
kommt § 429 2. Halbsatz ABGB (es liegt kein Handelsgeschäft vor!) zur Anwendung:
Nach Bürgerlichem Recht wird der Käufer, wenn er die Versendungsart genehmigt hat
(Unterschied zum Handelsrecht!), bereits mit der Übergabe der Sache an den Transporteur
(hier: Post) Eigentümer und trägt daher ab diesem Zeitpunkt die Gefahr für einen zufälligen
Untergang . => Alfons trägt die Preis- und Leistungsgefahr, dh er muss Sabine den
Kaufpreis (die 500,-öS) zahlen, ohne dafür die geschuldete Leistung (Prüfungsunterlagen) zu
erhalten.
Fall 44
Es liegt nachträgliche Unmöglichkeit (siehe Fall 42) vor, weil die geschuldeten Sachen nach
Vertragsabschluss, aber vor Übergabe (Erfüllung) untergehen.
Das Ölbild der berühmten Malerin ist eine konkret geschuldete Sache (Speziesschuld), die
Leistung wird durch den zufälligen, dh objektiven (Paul = Verkäufer trifft kein Verschulden
am Brand!) Untergang des Bildes unmöglich. Es kommen die Regeln zur Gefahrtragung zur
Anwendung: Richard (Käufer) erscheint nicht zum vereinbarten Übergabetermin, er befindet
sich also im Annahmeverzug (Gläubigerverzug). Beim Gläubigerverzug erfolgt der
21
Gefahrenübergang zum vereinbarten Übergabetermin an den Käufer, dh Richard trägt ab
Annahmeverzug das Risiko des zufälligen Unterganges der Sache.
 Richard muss den Kaufpreis für das Ölbild zahlen, ohne dafür die Gegenleistung zu
erhalten ( er trägt die Preis- und Leistungsgefahr).
Beim Druck handelt es sich hingegen um eine „konkretisierte Gattungsschuld“ (vom Druck
gibt es noch Exemplare in limitierter Auflage!) , weil sich Richard
1) im Annahmeverzug befindet
und
2) der das Exemplar unverwechselbar abgesondert (im Lagerraum) aufbewahrt wurde.
=> Grundsätzlich kann die Leistung einer Gattungschuld nicht unmöglich werden, doch das
Vorliegen einer „konkretisierten Gattungsschuld“ soll ja den Verkäufer (Paul) von der Pflicht
befreien, ständig neue Sachen derselben Gattung nachzuschaffen. Dass der restliche Bestand
der Drucke erhalten bleibt, ist daher irrelevant!
 Paul (Verkäufer) ist nicht verpflichtet, einen anderen Druck als Ersatz zu leisten, hat
aber Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises des Druckes.
Fall 45
Es liegt nachträgliche Unmöglichkeit vor, da eine Speziesschuld (Roberts Gebrauchtwagen)
nach Vertragsabschluss und vor der Übergabe (Erfüllung) untergeht. Da Verschulden des
Verkäufers (Robert hat vergessen, den Wagen abzusperren = Fahrlässigkeit), liegt
Nichterfüllung (= verschuldete = subjektive Unmöglichkeit) vor, und Robert muss Thomas
(Käufer) Schadenersatz (§ 920 ABGB) leisten: Er muss Thomas (Käufer) so stellen, als wäre
der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden, dh er muss ihm den Nichterfüllungsschaden,
also das Erfüllungsinteresse in der Höhe von 5.000,- öS (=Differenzanspruch zwischen
Marktwert und Kaufpreis) ersetzen (zum Nichterfüllungsschaden/Erfüllungsinteresse im
Kontrast zum Vertrauensschaden siehe Fall 34)
Variante 1: Befindet sich Thomas (Käufer) im Annahmeverzug, trägt er ab dem Zeitpunkt der
vereinbarten Übergabe (vgl Fall 44) das Risiko eines zufälligen UND vom Verkäufer
(Robert) durch LEICHTE Fahrlässigkeit verschuldeten Untergangs der Sache. Grundsätzlich
ist Fahrlässigkeit das Außerachtlassen der pflichtgemäßen Sorgfalt (siehe auch
Schadenersatzrecht). Es gibt keine gesetzliche Definition von leichter und grober
Fahrlässigkeit. Als leichte Fahrlässigkeit gelten Fehler, die einem sorgfältigen Menschen
nicht passieren würden. Grobe Fahrlässigkeit nimmt die Rsp für gravierende Fehler an, die
nur bei besonders nachlässigen und leichtsinnigen Menschen vorzukommen pflegen.
Im vorliegenden Sachverhalt wird der Wagen gestohlen, weil Robert (Verkäufer) vergessen
hat, ihn abzusperren.
[Würde Roberts Verhalten als leicht fahrlässig eingestuft, müsste Thomas (Käufer) den
Kaufpreis zahlen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten,
weil er sich im
Gläubigerverzug befand und daher auch noch die Gefahr eines vom Verkäufer leicht
fahrlässig verschuldeten Untergangs zu tragen hätte.]
Roberts Verhalten ist aber doch als grob fahrlässig einzustufen, weil nur besonders
nachlässige oder leichtsinnige Menschen ein Auto unversperrt auf dem Parkplatz eines großen
Einkaufszentrums stehenlassen würden. => Robert trägt das Risiko des Unterganges.
Thomas hat Anspruch auf den Nichterfüllungsschaden. Robert muss ihm die 5.000,- öS
(Erfüllungsinteresse =Differenzanspruch zwischen Wert und Kaufpreis der untergegangenen
Sache, siehe oben) ersetzen.
Variante 2: Haben die beiden einen Tausch vereinbart und befindet sich Thomas nicht im
Annahmeverzug, stehen Thomas wegen Nichterfüllung (= von Robert verschuldete/subjektive
Unmöglichkeit) zwei Möglichkeiten zu, mit denen er den Nichterfüllungsschaden
(Erfüllungsinteresse) von Robert verlangen kann (alternativ):
22
1) Thomas erbringt die Leistung, die er Robert schuldet, indem er ihm seinen Wagen (Wert:
45.000,-öS) übergibt, und verlangt von Robert die 50.000,- öS (=Wert der untergegangenen
Sache)
oder
2) Er behält den Wagen (dh erfüllt seine Leistungspflicht nicht) und verlangt von Robert nur
die Differenz (=5.000,- öS).
Verzug
Fall 46
Dies ist ein Sonderfall des Schuldnerverzugs: Es liegt ein Fixgeschäft gem § 376 HGB vor.
(Es kommt Handelsrecht zur Anwendung, weil ein Handelsgeschäft - die GmbH ist
Kaufmann kraft Rechtsform § 6 HGB- vorliegt, sonst: § 919 ABGB.)
Bei einem Fixgeschäft weiß der Verkäufer, dass der Käufer eine verspätete Leistung nicht
brauchen kann (der Zweck muss dem Verkäufer also bekannt bzw ausgemacht sein).
 Rechtsfolgen des Schuldnerverzugs beim Fixgeschäft:
Der Vertrag zerfällt OHNE Nachfrist. Trifft die Catering-GmbH (Partyservice)
Verschulden am Verzug, hat Gerhard (Käufer) Schadenersatzansprüche aus Nichterfüllung
in Höhe des Erfüllungsinteresses (zB Differenz zu einem teureren Buffet eines anderen
Partyservices).
Als Fixgeschäft ist jedoch nur der Vertragsteil über das Buffet zu werten, die Weinflaschen
für das kommende Jahr sind davon nicht betroffen. Die Parteien werden dennoch am Rest des
Vertrags festhalten, für diesen Vertragsteil (Kauf der Weinflaschen) treten dann die
Rechtsfolgen des allgemeinen Schuldnerverzugs ein. Liegt objektiver Schuldnerverzug vor
(kein Verschulden der Catering-GmbH), kann Gerhard 1) entweder weiter auf Erfüllung
bestehen oder 2) unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten =>
Rückabwicklung...(vgl Fall 41). Bei subjektivem Schuldnerverzug (Verschulden der GmbH)
kann Gerhard zusätzlich noch Schadenersatz in Höhe des Erfüllungsinteresse verlangen).
Fall 47
Dies ist ein (weiterer) Sonderfall des Schuldnerverzugs: Es handelt sich um einen Kreditkauf,
weil Susanne (Verkäuferin) ihrem Freund Dieter (Käufer) den Kaufgegenstand (PC) bereits
übergeben, ihm den Kaufpreis aber gestundet hat: Sie hat in diesem Fall kein Rücktrittsrecht
vom Vertrag, sondern kann nur auf Erfüllung (=Zahlung des Kaufpreises) bestehen.
Susanne kann auch den PC nicht zurückverlangen, erleidet sie durch die verschuldet
verspätete Zahlung Dieters einen Schaden, kann sie dafür Ersatz fordern.
Variante: Hat Susanne vorsichtigerweise den PC unter Eigentumsvorbehalt (näheres dazu im
Sachenrecht) verkauft, wird Dieter erst nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises
Eigentümer des PC. Sie kann daher vom Vertrag zurücktreten und den PC herausverlangen.
Fall 48
23
Erwin befindet sich im Annahmeverzug (Gläubigerverzug). Da es sich hier um einen
Handelskauf (=Kaufvertrag, bei dem mindestens ein Vertragspartner Kaufmann iSd HGB ist;
hier: Anton) handelt, kommt die Sonderregelung des Handelsrechts zur Anwendung: Gem. §
373 HGB kann Anton (Verkäufer), da sich Erwin (Käufer) im Annahmeverzug befindet, die
Nägel nicht nur bei Gericht hinterlegen (= § 1425 ABGB), sondern sie selbst weiterverkaufen
(die Nägel haben einen Marktpreis). Den Verkauf muss Anton dem Käufer Erwin aber vorher
androhen.
[Weitere Möglichkeiten zur Erfüllung von Erwins Leistungspflicht, die das Gesetz vorsiehtzB Versteigerung oder Verkauf durch Handelsmäkler erscheinen hier wirtschaftlich
zwecklos.]
Verkauft Alois die Nägel teurer, muss er den Mehrerlös an Emil weitergeben. Verkauft er sie
billiger, kann er die Differenz von Emil fordern.
Fall 49
Anna ist hier im subjektiven Schuldnerverzug, weil sie ihre Leistung (=Lieferung des
Brautkleides) nicht zum vereinbarten Termin liefern kann und sie Verschulden (Zusage trotz
Überlastung) am Verzug trifft.
Die Brautkleid GmbH setzt Anna gemäß § 918 ABGB eine Nachfrist, die Anna auch einhält.
Der Geschäftsführer der GmbH das andere Brautkleid um 30.000,- öS nicht kaufen müssen,
weil ja Anna die ihr gesetzte Nachfrist eingehalten hat und den Vertrag erfüllt.
=> Die Brautkleid GmbH kann gegen Anna (Verschulden!) den durch die verspätete
Lieferung entstandenen Schaden (ursprünglich geplanter Verkaufs-preis minus tatsächlicher
Verkaufspreis => 30.000 - 20.000 = 10.000 öS entgangener Gewinn) als Schadenersatzforderung geltend machen, nicht hingegen die zusätzlichen Aufwendungen für das andere
Ersatzbrautkleid (30.000,-öS), weil diese Aufwendung nicht (direkt) von Anna verschuldet
worden ist (mangelnder Kausalzusammenhang).
Variante: Liefert Anna auch innerhalb der Nachfrist nicht, kann die Brautkleid GmbH
zusätzlich zum Rücktritt vom Vertrag Schadenersatz in der Höhe von 15.000,- öS (=
Mehraufwand durch höheren Einkaufspreis des Ersatzkleides: 30.000-15.000) gegen Anna
geltend machen.
Fall 50
Ein 20-bändiges Lexikon stellt eine unteilbare Leistung dar, bei der eine Teilleistung
(Lieferung einzelnr Bände) dem Käufer einen qualitativen Verlust (Wertverlust) im
Verhältnis zur Gesamtleistung einbringen würde.
Da der Verlag im subjektiven Schuldnerverzug (Teilverzug) ist, kann Robert unter Setzung
einer angemessenen Nachfrist vom gesamten Vertrag zurück-treten (Rückabwicklung:
Zurückschicken der gelieferten Bände, Rückerstattung des Kaufpreises) und zusätzlich
eventuelle Schadenersatzansprüche (zB für ein teureres Lexikon, Obergrenze
=Erfüllungsinteresse) fordern.
Gewährleistung
24
Fall 51
a) Hat bloß die von Martina erworbene Diskette diesen Fehler, liegt ein wesentlicher ( es
handelt sich um eine gegenstandsübliche Eigenschaft!) behebbarer ( Gattungsschuld!)
Sachmangel vor. Er kann durch Austausch behoben werden. => Martina hat kein
Wahlrecht auf Preisminderung. Sie muss ihren Anspruch innerhalb von 6 Monaten
(bewegliche Sache) ab Übergabe geltend machen.
b) Hat “Easywrite” generell diesen Fehler, liegt ein wesentlicher ( Begr. siehe a)
behebbarer ( SV: “einfache Umprogrammierung”) Sachmangel vor, bei dem Martina
Anspruch auf Verbesserung durch Reparatur (Umprogrammierung) oder – alternativ auf Preisminderung hat. Auch hier gilt die 6-Monate-Frist ab Lieferung (bewegliche
Sache) zur gerichtlichen Geltendmachung.
c) Ist “Easywrite” überhaupt unbrauchbar, liegt ein wesentlicher unbehebbarer Sachmangel
vor und Martina kann auf Wandlung, das ist Rücktritt vom Vertrag bestehen: Sie gibt das
Programm zurück und erhält den Kaufpreis rückerstattet. (6-Monate-Frist, siehe a) und b))
[Alternativ stünde ihr auch in diesem Fall Preismindeung zu, ist jedoch sinnlos!]
Fall 52
Der Vorführwagen weist einen unwesentlichen ( Konrad braucht die Klimaanlage
nicht, sie war keine besonders vereinbarte Eigenschaft des Wagens!) unbehebbaren (
SV: “irreparabel”) Sachmangel auf, der bereits bei Übergabe bstanden hat (=
Voraussetzung für Gewährleistungsansprüche!) Konrad hat daher Anspruch auf
Preisminderung. Diese wird nach der relativen Berechnungsmethode (Grundsatz der
subjektiven Äquivalenz, siehe auch Fall 27) ermittelt:
Wert mangelfrei : Wert mangelhaft = Preis alt : Preis neu
500.000 : 450.000 = 450.000 : x
500.000* x = 450.0002 / :500.000
x = 405.000 (= neuer Verkaufspreis)
 Konrad hat einen Anspruch auf Preisminderung in der Höhe von 45.000,-öS. Die Frist
zur Geltendmachung (Klage bzw Einrede) beträgt 6 Monate ab der Übergabe.
Fall 53
Zunächst weist der Fernsehapparat einen wesentlichen ( Funktionsweise betroffen!)
behebbaren ( Reparatur möglich!) Sachmangel auf. Stephan hat Anspruch auf
Verbesserung durch Reparatur; alternativ könnte er (sofortige) Preisminderung verlangen.
Der Mangel ist behebbar. Deshalb kann Stephan nicht vom Vertrag zurücktreten, weil bei
behebbaren Mängeln kein Anspruch auf Wandlung besteht (Wandlung ausschließlich bei
unbehebbaren Mängeln möglich!).
Zwischen dem Studenten Stephan (Verbraucher) und dem Versandhaus Mundial
(Unternehmer)
liegt
ein
Verbrauchergeschäft
vor.
Wendet
Mundial
ein,
Gewährleistungsansprüche seien nach den AGB des Versandhauses ausgeschlossen, ist § 9
KSchG zu beachten: Der Unternehmer darf gegenüber dem Komsumenten
Gewährleistungsansprüche in bestimmten Fällen modifizieren, jedoch niemals zum Nachteil
des Verbrauchers (KSchG ist relativ zwingendes Recht!). Völlig unmöglich ist es aber
jedenfalls, Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers gänzlich vertraglich auszuschließen.
=> Mundials Einwand ist irrelevant.
25
Mundial muss folglich den Sachmangel a) durch Austausch (Gattungsschuld!) b) durch
Reparatur [c) Preisminderung bei kaputter Röhre sinnlos!] beheben.
Weigert er sich und schickt weiterhin niemand zur Reparatur, werden in diesem Fall die
Rechtsfolgen des Schuldnerverzugs in Analogie angewendet: Analog zu § 918 ABGB darf
Stephan dem Versand eine angemessene Frist zur Reparatur setzen und dann bei
Nichteinhalten durch den Versand vom Kaufvertrag zurücktreten (Rückabwicklung...vgl Fall
41, zur Analogie Fall 4).
Fall 54
Der Computer hat einen wesentlichen ( ordentlicher Gebrauch behindert; Fehlen einer
ausdrücklich vereinbarten Eigenschaft...) behebbaren Sachmangel, der bereits bei Übergabe
des Geräts bestand.
Die Frist für Gewährleistungsansprüche aus Sachmängeln an beweglichen Sachen läuft 6
Monate nach Ablieferung der Ware ab. => Karls Gewähreistungsanspruch ist bereits am
24.7. (Übergabe des Computers am 24.1.) verjährt. => Anfang August ist es daher für eine
erfolgreiche Geltendmachung zu spät => Vibos hat Recht.
(Da Vibos offenbar kein Verschulden am Mangel trifft, entfallen für Karl auch jegliche
Schadensersatzansprüche!
Anmerkung: Unterscheide Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche: Für Schadenersatz
ist Verschulden des Vertragspartners zwingende Voraussetzung - Gewährleistung hingegen ist
verschuldensunabhängig!!!)
Variante: Hat Karl hingegen den Kaufpreis noch nicht bezahlt und wird er im Zivilprozess
von Vibos auf Zahlung geklagt, kann er sein Recht auf Verbesserung bzw Preisminderung
durch Einrede, dh als Beklagter = Passivlegitimierter, weiterhin geltend machen. Bedingung
für den Einredeerhalt des Passivlegitimierten ist, dass dieser den Mangel dem Verkäufer
außergerichtlich angezeigt hat. (§ 933 Abs 2 ABGB). Karl hat Vibos Anfang Juli telefonisch
vom Mangel verständigt.
Zusätzlich (kumulativ) hat Karl noch eine weitere Einrede, nämlich die, dass der Kaufpreis
bis zur erfolgten Verbesserung nicht fällig sei (=aufschiebende Wirkung; Suspensivbedingung).
Fall 55
Aufgrund der 6-Monate-Frist für die Durchsetzbarkeit von Gewährleistungsansprüchen aus
Sachmängeln an beweglichen Sachen (verdeckter Mangel!) kommen in diesem Fall ausschließlich Schadenersatzansprüche in Betracht.
Folgende Voraussetzungen müssen überprüft werden (Genaueres siehe Schadenersatzrecht):
1) Eintritt des Schadens: Der Schaden, der laut Sachverständigem durch Max´ Unfall am
Auto selbst verursacht worden ist (gebrochene Achse), ist ein sogenannter Mangelschaden.
Weiters entsteht ein Mangelfolgeschaden an den Elektrogeräten in der Höhe von 20.000,- öS.
Beide Schäden sind Vermögensschäden. Der Vermögensschaden am PKW (Vorderachse)
wird auch positiver Schaden genannt (dazu siehe Schadenersatzrecht).
2) Kausalität: a) condicio sine qua non: Hätte Max nicht den Unfall beim Transport des
Neuwagens verursacht und dann das Auto an Leopold übergeben, wären weder der
Mangelschaden noch die Mangelfolgeschäden entstanden.
26
b) Adäquanztheorie: Auch danach dürfte die Kausalität zu bejahen sein: Dass Fahrfehler bei
überhöhter Geschwindigkeit zu Unfällen führen und verdeckte Gebrechen an einem Auto
gefährlich sein können, liegt nicht völlig außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung.
3) Rechtswidrigkeit: Max (VK) verletzt durch den Unfall einerseits eine unselbständige
Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag (§ 1061 ABGB: Pflicht des VK zur sorgfältigen Verwahrung der verkauften Sache bis zur Übergabe), andererseits stellt allein schon die mangelhafte
Leistung einen Vertstoß gegen die vertragl. Hauptpflicht dar und ist ergo rechtswidrig.
Weiters haftet er aus Delikt (=außervertragliche Haftung). Er hat ein Schutzgesetz (der StVO:
Geschwindigkeitsbeschränkung) beim Transport verletzt.
Rechtfertigungsgründe sind nicht gegeben.
4) Rechtswidrigkeitszusammenhang: Immer, wenn ein Schutzgesetz verletzt wurde, ist auch
der Rechtswidrigkeitszusammenhang zu prüfen: Sinn einer Geschwindigkeitsbeschränkung
ist, Unfälle (auch durch Fahrfehler) zu vermeiden bzw die resultierenden Schäden zu
begrenzen - der Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht.
5) Verschulden: Ja. Verschulden ist die Vorwerfbarkeit einer rechtswidrigen Handlung. Es
liegen keine Schuldausschließungsgründe vor. In Max´ Verhalten ist (leichte/grobe) Fahrlässigkeit zu sehen, weil Fahrfehler bei überhöhter Geschwindigkeit einem sorgfältigen
Menschen nicht passieren würden (vgl zur Abgrenzung leichte/grobe FL Fall 45).
 Die Frist für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen beginnt (iUz
Gewährleistung!) erst ab Kenntnis von Schaden und Schädiger zulaufen und beträgt 3
Jahre. => Leopold kann von Max jedenfalls den positiven Schaden am Auto
(Vorderachse) verlangen. Den (wertmäßigen) Ersatz der beschädigten Geräte
(Mangelfolgeschäden) kann er von Max nur bei grober FL fordern.
Erlöschen der Schuld – Umänderung der Rechte und
Verbindlichkeiten
Fall 56
a) Nein. Kristi muss die 150.000,- öS nicht bezahlen. Sie kann ihre Forderung gegen die Fa.
Bauflott mit ihrer Verbindlichkeit im Rahmen der Kompensation (=einseitige
empfangsbedürftige Willenserklärung) nach §§ 1438 ff ABGB aufrechnen (wesentlichster
Zweck der Aufrechnung: Sicherungszweck bei Schuldnerkonkurs!), da alle Voraussetzungen
für die Kompensation erfüllt sind:
1) Gegenseitigkeit: Kristi (Aufrechnende) ist zugleich Schuldner und Gläubiger der Fa.
Bauflott
2) Gleichartigkeit: Geldschulden
3) Fälligkeit: ja
4) Gültigkeit: dh Klagbarkeit (Verjährung?): sowohl Forderung als auch Gegenforderung
sind gültig
5) Es bestehen keine (vertraglichen, gesetzlichen) Aufrechnungsverbote.
=> Kristi muss bloß 50.000,- öS (150.000-100.000) an Bauflott zahlen.
b) Liegen die Kopierarbeiten für die Fa. Bauflott bereits 4 Jahre zurück (dh entstand die
Forderung am 11.11.93), ist Kristis Kaufpreisforderung (Forderung FÜR L&L, vgl Fall 37)
bereits am 11.11.96 verjährt („kurze“ Verjährungsdauer). => Die Möglichkeit der
Kompensation scheitert an der gerichtlichen Durchsetzbarkeit (Klagbarkeit) von Kristis
27
Kaufpreisforderung. Ihre offene Forderung stellt eine Naturalobligation dar. (so zB Dr
Kalss).
[  hingegen Dr. Blocher: Verjährungsfristen beginnen immer ab dem Zeitpunkt zu laufen,
zu dem das Recht das erste Mal ausgeübt werden konnte. Die Verjährungsfrist bezieht sich
bei der Kompensation daher auf den Zeitpunkt, ab dem die beiden Forderungen zum 1. Mal
aufrechenbar gewesen wären, das ist der 11.11.97 (Entstehen von Bauflotts Forderung an
Kristi). => Auch in diesem Fall wäre eine Aufrechnung möglich! (?)]
Fall 57
Eine derartige Vereinbarung nennt man Kontokorrentabrede. Gem §§ 355 ff HGB ist sie
gültig, wenn die am Kontokorrent Beteiligten
1) in ständiger Geschäftsbeziehung stehen
2) eine Vereinbarung (Kontokorrentabrede) treffen
3) zumindest 1 Geschäftspartner Kaufmann iSd HGB ist.
Es sind alle Voraussetzungen gegeben => Die Vereinbarung zwischen Anton und Berta ist
gültig.
Wirkungen:
1) In das Kontokorrent eingestellte Forderungen könne nicht verpfändet oder abgetreten
werden (=Stundung bis zum Abrechnungszeitpunkt)
2) Zinsen werden dennoch ab Fälligkeit berechnet
3) Am Ende der Rechnungsperiode (meist 1 Jahr) kommt es zur Aufrechnung. Der Saldo
wird ermittelt. Der Vertragspartner mit den geringeren Forderungen muss den Saldo
zahlen. Das Saldoanerkenntnis ist konstitutiv, dh unabhängig von der Richtigkeit der
ihm zugrundeliegenden Forderungen (=Loslösung vom Grundgeschäft =>
Einwendungsverlust aus dem zugrundeliegenden Kausalverhältnis => Erzeugung eines
abstrakten Rechts).
4) Bereits besicherte Forderungen (zB durch Bürgschaft, Pfandrecht...) behalten die
Sicherheiten weiter => wird Saldo nicht gezahlt => Verwertung!
Fall 58
Es handelt sich um einen außergerichtlichen Vergleich zwischen Anton und Berthold. Ein
Vergleich ist ein beidseitig bindender, entgeltlicher Vertrag über zweifelhafte bzw strittige
Rechte, der durch zwei Willenserklärungen, dh unter beidseitigem Nachgeben (im
Unterschied zum Anerkenntnis- siehe Fall 38!) der Vertragspartner entsteht. Ein Vergleich hat
immer konstitutive (=rechtsbegründende) Wirkung (Prinzip der Bereinigung). => Auch wenn
Anton zwei Wochen nach dem Vergleich die Quittungen findet, kann er den Vergleich nicht
anfechten, weil sich der Vergleich gerade auf diese Rechte erstreckt hat.
=> Anton muss die 6000,- öS zahlen. Weigert er sich, kann ihn Berthold auf Zahlung des
Betrages klagen.
(Anmerkung: Unterscheide davon den gerichtlichen Vergleich. Ein gerichtlicher Vergleich
kann nur im Rahmen eines Prozesses zustande kommen. Er „ersetzt“ ein Urteil und spart
durch Verkürzung des Prozesses Prozesskosten. Wird aber der im gerichtlichen Vergleich
vereinbarte Betrag nicht bezahlt, muss nicht noch einmal Klage erhoben werden.)
Fall 59
28
Es liegt eine rechtsgeschäftliche Zession (=Forderungsabtretung; Gläubigerwechsel ; siehe
auch Fall 24 Variante) vor. Die Sportbekleidungs GmbH (Altgläubiger = Zedent) zediert
(tritt...ab) eine Kaufpreisforderung von 300.000,- öS, die sie gegenüber der Sporthändlerin
Henriette (Schuldnerin = Zessus = Drittschuldnerin = debitor zessus) hat, an die Hausbank
(Neugläubiger = Zessionar).
Die rechtsgeschäftliche Zession ist (iUz Legalzession) ein kausales Verfügungsgeschäft
(Modus), sie kann idR formfrei (meist mündlich) erfolgen. Ein kausales Verfügungsgeschäft
bedarf allerdings eines wirksamen Titels (Verpflichtungsgeschäfts). In der Praxis ist das
häufig der (Kauf-)vertrag über den Verkauf der Forderung zwischen dem Zedenten
(Altgläubiger; hier: die Sportbekleidungs GmbH) und dem Zessionar (Neugläubiger; hier: die
Hausbank). Häufig fallen aber der (Kauf-)vertrag (Titel) und die (mündliche)
Forderungsabtretung (Zession; Modus) zeitlich zusammen.
a) Ja. Die Bank hat die Forderung gültig erworben, denn die rechtliche Gültigkeit der
rechtsgeschäftlichen Zession (im Unterschied zur Sicherungszession, vgl Fall 98,
Variante 2 !) ist nicht von der Verständigung des Schuldners (also der Henriette =debitor
zessus) abhängig. Die Vertragspartner des Zessionsvertrages sind ja der Zedent und der
Zessionar, der Vertrag bedarf also keiner Beteiligung des Drittschuldners!!!
b) -) Wurde Henriette von der Forderungsabtretung an die Hausbank nicht verständigt und
wusste daher nichts von der erfolgten Zession, kann sie den Kaufpreis weiterhin mit
schuldbefreiender Wirkung an die Sportbekleidungs GmbH (Altgläubiger) zahlen. Sie
muss den Kaufpreis nicht noch einmal an die Hausbank (Neugläubiger) zahlen, weil gem
§§ 1395 ABGB der Schuldner so lange an den Altgläubiger (Zedenten) zahlen darf,
solange er nicht von der Abtretung verständigt wurde (= „Drittschuldnerverständigung“).
-) Enthielt die Rechnung den Vermerk „zediert an die X-Bank“, wurde Henriette der
Übernehmer der Forderung (Neugläubiger: X-Bank) bekanntgemacht, die
Drittschuldnerverständigung ist erfolgt. Zahlt sie dennoch an den „falschen“ Gläubiger
(Sportbekleidungs GmbH, Altgläubiger => keine schuldbefreiende Zahlung!), ist sie
verpflichtet, den Kaufpreis noch einmal an die X-Hausbank zu zahlen.
Fall 60
a) Es handelt sich um eine Globalzession (=Abtretung mehrerer Forderungen). Diese
kann selbstverständlich auch künftige Forderungen enthalten, sofern diese ausreichend
bestimmt sind, dh der Rechtsgrund, aus dem die Forderungen entstehen sollen, bereits
feststeht. In diesem Fall ist der Rechtsgrund der zukünftigen Forderungen durch die
Verkaufsgeschäfte ausreichend definiert, die Vereinbarung zwischen der H-GmbH
(Zedent) und der B-Bank (Zessionar) ist gültig.
b) Die H-GmbH (Verkäufer der Räder) ist Zedent (Altgläubiger), die K-GmbH (Käufer)
Schuldner, die Bank (Eintreiber der Kaufpreisforderung für die H-GmbH) Zessionar
(Neugläubiger). Die Bank ist Factorbank (in der Wirtschaftspraxis auf den Ankauf
von Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen spezialisierte Bank.)
ba) Ja. Ist die Kaufpreisforderung der K-GmbH erst in 3 Monaten fällig, so kann die KGmbH (debitor zessus) diesen Einwand auch gegenüber der Bank (Neugläubiger;
Zessionar) geltend machen: Bei der Zession bleiben dem Schuldner (K-GmbH) nämlich
alle Einwendungen, die er gegen den Zedenten (Altgläubiger) hat, auch gegenüber dem
Zessionar (Neugläubiger) erhalten. (Es wechseln ja nur die Gläubiger, der Inhalt des
Schuldverhältnisses wird nicht verändert!)
bb) Ja. Auch Einwendungen aufgrund der Mangelhaftigkeit der vom Zedenten
gelieferten Ware kann der betroffene Schuldner (Zessus) dem Zessionar
(Neugläubiger) entgegenhalten! Die beschädigten Räder weisen einen wesentlichen
29
(Funktionstüchtigkeit!) und behebbaren Sachmangel auf. Die K-GmbH
(Schuldner) hat also gewährleistungsrechtliche Ansprüche (Anspruch auf
Verbesserung durch Austausch - Gattungsschuld! - oder durch Reparatur, allenfalls
Preisminderung) gegen die H-GmbH (Zedent), die sie auch gegen die Bank
(Zessionar) innerhalb von 6 Monaten ab Lieferung der Mountainbikes (bewegliche
Sache, siehe Gewährleistung) geltend machen muss.
bc) Ja. Forderungen des Schuldners (K-GmbH) gegen den Altgläubiger (H-GmbH) die
bis zur (vor der) Verständigung des Schuldners von der Zession entstanden sind, kann
der Schuldner im Rahmen der Kompensation (siehe Fall 56) auch gegen den
Neugläubiger (Bank) geltend machen. Folgende Voraussetzungen müssen für die
Aufrechnung gegeben sein:
1) Gegenseitigkeit: Ja. Die K-GmbH (Aufrechnende) ist Schuldner (Kaufpreis) und
Gläubiger (Gegenforderung) der H-GmbH.
2) Gleichartigkeit: Ja (Geldschulden).
3) Fälligkeit ; 4) Gültigkeit 5) keine Aufrechnungsverbote... Ja (Sachverhalt)
 Die K-GmbH darf aufrechnen.
Fall 61
Anton (Schuldner) hat seinen Lieferanten (Gläubigern) ein (absolutes) Zessionsverbot
erteilt. Trotzdem tritt der Lieferant Ludwig die Forderung gegen Anton an einen Factor ab.
Die Judikatur vertritt nach wie vor trotz gravierender Bedenken die absolute Wirkung des
Zessionsverbotes: Nach der Rsp erwirbt der Factor also die Forderung nicht, die Abtretung
ist unwirksam.
(Anmerkung: Bei der relativen Wirkung des Zessionsverbotes könnte der Factor
(Zessionar) sehr wohl die Zahlung von Anton verlangen. Die Abtretung wäre
rechtswirksam, Ludwig hätte Anton allerdings wegen Vertragsbruches Schadenersatz zu
leisten, weil Anton bei ihm im Innenverhältis regressieren könnte.)
Fall 62
(vgl auch Sachenrecht: Pfandrecht)
a) Ja. Die Bank (Darlehensgeber und Pfandgläubiger des Valentin) kann von Valentin
(Darlehensnehmer und Pfandschuldner) auch nach dem Verkauf des Grundstücks weiterhin
die Rückzahlung des gewährten Darlehens fordern, weil Valentin der Bank nach wie vor als
Personalschuldner (1.Schuldner) haftet.
Konrad (Erwerber des mit Hypothek belasteten Grundstücks) ist bloß Realschuldner
(Pfandbesteller; „Drittpfand“) der Bank (2.Schuldner, subsidiäre Haftung). Wenn Valentin
nicht leistet, kann er von der Bank in Anspruch genommen werden: Hypotheken
(Pfandrechte an Liegenschaften; siehe Sachenrecht/Pfandrecht) sind dingliche Rechte, dh
absolute Rechte, die der Pfandgläubiger gegen jedermann (im Falle einer Veräußerung der
belasteten Sache also auch gegen den neuen Eigentümer = Konrad) geltend machen kann.
Zahlt Valentin nicht, kann die Bank Konrads Grundstück verwerten (zB versteigern lassen)
und sich aus dem Erlös befriedigen. Gem § 1358 ABGB (Legalzession: „Wer eine fremde
Schuld bezahlt...“) hätte Konrad dann aber einen Regressanspruch gegen Valentin.
b) Damit beim Eigentumserwerb des mit einer Hypothek belasteten Grundstücks auch die
ihr zugrundeliegende Verbindlichkeit von Valentin (Verkäufer) an Konrad (Käufer)
rechtswirksam übergeht, bedarf es der privaten (befreienden) Schuldübernahme (Wechsel
auf Schuldnerseite, Gegenstück zur Zession = Gläubigerwechsel). Dieser muss die Bank
30
(Gläubiger) zustimmen (Erklärung siehe Anmerkung). Für die private Schuldübernahme bei
der Hypothekenübernahme gibt es durch § 1408 ABGB eine Erleichterung:
Der Altschuldner (Valentin) muss den Gläubiger (die Bank) zur Zustimmung bzw Annahme
des neuen Schuldners (Konrad) schriftlich auffordern. Verweigert die Bank die befreiende
Schuldübernahme innerhalb von 6 Monaten nicht, gilt das Schweigen (ausnahmsweise!!)
als konkludente Einwilligung des Gläubigers. Auf diese spezielle Rechtsfolge muss die
Bank aber von Valentin hingewiesen worden sein!
[Anmerkung: Bei der privaten (befreienden) Schuldübernahme übernimmt der neue
Schuldner die Schuld des Altschuldners. Der Altschuldner kann nicht mehr vom Gläubiger
in Anspruch genommen werden. Da dies für den Gläubiger riskant ist (zahlungsunfähiger
Neuschuldner?), bedarf die private (befreiende) Schuldübernahme zwingend der
Zustimmung des Gläubigers.
Achtung: Unterscheide davon den sogenannten „Schuldbeitritt“ (= 2.Möglichkeit der
Schuldübernahme): Beim Schuldbeitritt tritt die Haftung des neuen (zweiten) Schuldners
nur neben die Haftung des Altschuldners, dh beide Schuldner haften dem Gläubiger
solidarisch. Der Altschuldner wird nicht von seiner Leistungspflicht befreit (keine
befreiende Schuldübernahme!), daher kann der Schuldbeitritt auch ohne die Zustimmung
des Gläubigers erfolgen. Wird beim Schuldbeitritt zB der Neuschuldner vom Gläubiger in
Anspruch genommen, kann dieser im Innenverhältnis gem § 1358 ABGB beim
Altschuldner regressieren (Legalzession durch Zahlung einer fremden Schuld....).]
Schuldrecht – Besonderer Teil
Fall 63
Peter und Paul schließen einen gültigen Kaufvertrag, der mit Einigung über Ware und Preis
(Willenserklärungen) zustande gekommen ist (= schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft,
Titel). Eigentümer der Yacht wird Paul jedoch erst mit Übereignung (Übergabe; =
sachenrechtliches
Verfügungsgeschäft,
ModusGenaueres
im
Sachenrecht:
Eigentumserwerb). Paul ist noch nicht Eigentümer der Yacht.
Der Einwand von Pauls Frau ist irrelevant, da der Preis der Kaufsache bestimmbar ist und die
Bestimmung zulässigerweise durch das Ermessen von Dritten (Schätzungen) erfolgt ist.
Auch die Behauptung der Tochter ist unbeachtlich, weil das gültige Zustandekommen eines
Kaufvertrages keiner Formvorschrift unterliegt, also auch mündlich erfolgen kann.
Fall 64
Es liegt ein sogenannter Drittfinanzierter „Kauf“ (eigentlich Werkvertrag: Herstellung eines
bestimmten Erfolges = Software-Ausbildung gegen Entgelt =120.000,- öS) vor: Hubert ist
„Käufer“ (K), Marc „Verkäufer“ (V) und die Finanzbank AG Finanzierer (F), mit der Marc
(V) in einem Rahmenvertrag steht. Es handelt sich hier um die sog. Darlehenskonstruktion,
bei der Hubert (K) bei dem von Marc (V) genannten Finanzierer (F), der Finanzbank AG, ein
Darlehen aufnimmt. Die Finanzbank AG (F) zahlt hierauf dem Marc (V) direkt den Kaufpreis
aus. Marc (V) tritt ihr als Gegenleistung die Kaufpreisforderung ab, die Hubert (K) der Bank
(F) zurückzahlen muss. Der Zahlungsanspruch des F stützt sich also auf die
Darlehensrückzahlung!
31
Der Kurs wird jedoch nach 1 Monat abgebrochen, und Marc geht in Konkurs. Hubert (K) hat
gegen Marc (V) Gewährleistungsansprüche aus dem Werkvertrag: Die Leistung aus dem
Werkvertrag (Ausbildungskurs) besitzt einen wesentlichen ( vereinbarte Dauer 3 Monate
statt 1 Monat) unbehebbaren ( Absage wegen technischer Probleme) Mangel. Hubert hätte
Anspruch auf Wandlung (Rücktritt vom Vertrag, Rückabwicklung; allenfalls angemessene
Preisminderung).
Durch die Konstruktion der Drittfinanzierung mit Darlehenskonstruktion läuft Hubert (K)
jedoch Gefahr, diese Einwendungen aus dem Grundgeschäft zu verlieren, weil die Bank
ihren Anspruch auf das gewährte Darlehen stützt.
[Anmerkung: Bei einem Drittfinanzierten Kauf mit Abtretungskonstruktion würde sich der
Anspruch der Bank auf die ihr von Marc zedierte Kaufpreisforderung stützen => Hubert (V)
könnte seine Einwendungen wie bei der Zession - vgl Fall 60 ba) – auch der Bank (F) als
Neugläubiger entgegenhalten!]
Diese Problem versuchte der Gesetzgeber in einigen Bestimmungen des Verbraucherrechts
(KSchG) zu lösen:
§ 18 KSchG sieht für Verträge zwischen Verbraucher und Unternehmer, die unter die
Kriterien des § 16 KSchG fallen und einen wirtschaftliche Einheit (zB durch
Drittfinanzierung) bilden einen Einwendungsdurchgriff des Verbrauchers (Huberts) gegen
den Unternehmer (die Finanzierungsbank) vor.
Der Vertrag zwischen Hubert (K) und Marc (V) ist aber ein Werkvertrag und kein
Abzahlungsgeschäft und fällt daher nicht unter die Kriterien des § 16 KSchG (Bestimmung
lesen- siehe Skriptum BR 2 S. 4 unten!) => Es liegt eine Gesetzeslücke („planwidrige
Unvollständigkeit“, zu eng formulierter Tatbestand) vor, die mit Hilfe der Analogie (analoge
Rechtsanwendung gem § 7 ABGB; zur Analogie vgl auch Fall 4, praktisch: Fall 53)
geschlossen werden muss:
Obwohl § 18 KSchG prinzipiell nur für bewegliche körperliche Sachen anwendbar ist und es
sich hier bloß um eine mangelhafte Erfolgspflicht handelt, kann dennoch § 18 KSchG in
Analogie angewendet werden (= hL; auch nach hRsp des OGH).
 Ein Einwendungsdurchgriff des Hubert (K) gegen die Finanzbank AG (F) wäre also
denkbar.
Zusatz: Seit 1.1.1997 ist aber § 26c KSchG (lesen!) in Kraft => verdrängt § 18 KschG => §
18 KSchG möglicherweise in Zukunft nicht mehr anwendbar.
=> Dieser Fall besitzt keine eindeutige Lösung!!!
Einschub: Internationales Privatrecht und UN-Kaufrecht
Anm: In Fall 65 und Fall 66 werden Rechtsprobleme grenzüberschreitender Sachverhalte
behandelt.
Fall 65
Vor einem österreichischen Gericht ist im Grunde österreichisches IPR (Internationales
Privatrecht) anzuwenden. Für einen Warenkaufvertrag zwischen zwei Unternehmern, die
ihre Niederlassung jeweils in einem Vertragsstaat des UN-Kaufrechtsübereinkommens
haben, gelten die Bestimmungen des UN-Kaufrechts. 1) Es liegt ein Warenkaufvertrag vor
(Ware=1000t Salpeter). 2) Sowohl die Chemie Linz AG als auch die Salzgitter AG sind
32
jeweils Unternehmer und 3) haben ihre Niederlassungen in Vertragsstaaten des UNKaufrechtsabkommens: Deutschland, Österreich sind Vertragsstaaten.
=> Anwendung des UN-Kaufrechts
Variante 1: Ja. Großbritannien ist kein Vertragsstaat des UN-Kaufrechtsabkommens von
1988. Gemäß österreichischem IPR (Art 4 Abs 2 EVÜ) wird das Recht jenes Staates
angewendet, der die „charakteristische Leistung“ (Lieferung, Export) und nicht die
Geldleistung (Importeur) erbringt. Verkäuferstaat ist hier Großbritannien (Best Nitrate plc =
Exporteur) => Es kommt englisches Recht zur Anwendung.
Variante 2: Nein. Zwar ist Großbritannien kein Vertragsstaat des UN-Kaufrechtsabkommens,
es kommt aber trotzdem UN-Kaufrecht zur Anwendung, weil das österreichische
Unternehmen (Chemie Linz AG) die „charakteristische Leistung“ (Lieferung, Export)
erbringt. (Es wird das Recht des Verkäuferstaates angewendet.)
Fall 66
Der Kaufvertrag als Verpflichtungsgeschäft (vertragl. Schuldverhältnis) unterliegt zunächst
gemäß den Grundsätzen der EVÜ der Rechtsfreiheit. Hier wurde spanisches Recht gewählt.
Die Pospischils brauchen den Betrag noch nicht überweisen. Ihre Ansprüche richten sich nach
dem spanischen Leistungsstörungsrecht.
Zusatz: Gem. § 31 IPRG unterliegt der Erwerb eines dinglichen Rechts dem Recht jenes
Staates, in dem sich die Sache bei Vollendung des dem Erwerb zugrundeliegenden
Sachverhalts befindet. Das Grundstück befindet sich in Spanien. => Der Eigentumserwerb
unterliegt ebenfalls spanischem Recht.
Fall 67
Zwischen Austin und der Schneider Immobilien GmbH liegt ein Bauvertrag, eine
Anwendungsform des Werkvertrags, vor. Bei einem Werkvertrag verpflichtet sich der
Werkunternehmer gegenüber dem Werkbesteller zur Herstellung eines bestimmten Erfolges
gegen Entgelt (zum Werkvertrag auch Fall 22, Fall 64). Werkunternehmer ist der Architekt
Austin, Werkbesteller die Immoblilien GmbH, Erfolg ist die Errichtung des Gebäudes gegen
ein vereinbartes Pauschalentgelt von 1 Mio. öS.
Die Ausführung des Auftrages wird aber unmöglich (nachträgliche Umöglichkeit) – bei
Werkverträgen kommt die sog. „Sphärentheorie“ zur Gefahrtragung zur Anwendung: Die
Gründe der Vereitelung des Werkes liegen bei der Immoblien GmbH, also in der Sphäre des
Werkbestellers (der GmbH), weil deren Grundstück versteigert wird. Ergo trägt die
Immobilien GmbH die Preisgefahr, dh sie muss zahlen, ohne dafür eine Gegenleistung zu
erhalten. => Der Architekt (Werkunternehmer) kann grundsätzlich das vereinbarte Entgelt
verlangen, muss aber davon jene Kosten abziehen, welche er sich infolge des Unterbleibens
der Arbeit erspart hat (zB Kosten für Maschinen, Betriebsmittel, Material, Arbeitskräfte...=
ersparte Aufwendungen). Entgelt für die Erstellung der Pläne sowie den Gewinnanteil darf er
dem Werkbesteller sehr wohl in Rechnung stellen.
Variante: Naturkatastrophen stellen einen Fall von vis maior (höhere Gewalt; vgl Fall 42,
Fall 44) dar. Zufällige Gründe lassen sich keiner Sphäre zuordnen. Trotzdem trägt beim
Werkvertrag der Werkunternehmer das Risiko eines zufälligen Unmöglichwerdens der
Werkleistung. => Austin kann seinen Werklohn nicht geltend machen.
Fall 68
33
a) Dieser Werkvertrag unterliegt dem KSchG, weil Max (Werkunternehmer) Unternehmer
und Maria (Werkbesteller) Verbraucher ist.
Es liegt eine Überschreitung des Kostenvoranschlags vor. Es entstehen Mehrkosten von
8000,- öS. Diese Überschreitung ist als beträchtlich einzustufen (40%). Prinzipiell darf im
Zweifel keine Richtigkeitsgarantie bei Kostenvoranschlägen angenommen werden. Anders
hingegen im KSchG: Wird vom Unternehmer nicht ausdrücklich das Gegenteil behauptet,
gilt die Richtigkeit des Kostenvoranschlags als gewährleistet:
Maria muss nicht die gesamte Rechnung, sondern bloß 20.000,- öS zahlen, weil Max sie nicht
ausdrücklich auf eine mögliche Preissteigerung hingewiesen hat.
b) In dieser Variante ist auch Maria Unternehmerin, es liegt ergo kein Verbrauchergeschäft
vor, dh der Werkvertrag unterliegt nicht dem KSchG sondern den allgemeinen
zivilrechtlichen Bestimmungen. Nach Bürgerlichem Recht hat Max (Werkunternehmer)
eine Kostensteigerung dem Werkbesteller (Maria) unverzüglich anzuzeigen. Maria hätte
die Wahl, die Mehrkosten zu akzeptieren bzw vom Werkvertrag zurückzutreten.
Max (Werkunternehmer) hat die Anzeige allerdings unterlassen und verliert daher gem §
1770a Abs 2 ABGB jeglichen Anspruch auf die Mehrkosten.
Fall 69
Zwischen Benno (Werkunternehmer) und Walter (Werkbesteller) ist ein Werkvertrag
zustande gekommen, die geschuldete Werkleistung (Erfolg) ist das Verlegen von
Fußbodenplatten.
Der Werkvertrag wurde von Benno (Werkunternehmer) mangelhaft erfüllt, weil Benno
vereinbarungswidrig Platten minderer Qualität verwendet. Wurde der Boden in Walters
Restaurantküche verlegt, liegt ein wesentlicher ( der Mangel verhindert den ordentlichen
Gebrauch des Fußbodens, weil er nur schwer zu reinigen ist; eine gründliche Reinigung des
Küchenbodens in einem Restaurant ist aber aus hygienischen Gründen erforderlich!)
behebbarer ( Verbesserung durch Herausreißen und Neuverlegung anderer Platten laut
Sachverhalt mölich!) Mangel vor. Walter (Werkbesteller) hat daher gewährleistungsrechtliche Ansprüche aus dem Werkvertrag. Es gelten die (modifizierten) werkvertraglichen
Gewährleistungsregeln: (Im Unterschied zum Kaufvertrag) hat Walter bei einem
wesentlichen behebbaren Mangel nicht nur Anspruch auf Verbesserung (Anm: in diesem Fall
wohl nur auf Herausreißen und Neuverlegung = Austausch, weil die alternative Verbesserung
durch die Spezialbehandlung = Reparatur einen wirtschaftlich unverhältnismäßig hohen
Aufwand verursacht  Mangel würde zum unbehebbaren Mangel !!), sondern kann
alternativ zur Verbesserung auch Wandlung (Rücktritt vom Werkvertrag) [ bzw.
Preisminderung] von Benno verlangen.
Wurden die Platten in seinem Geräteschuppen verlegt, besitzt die erbrachte Werkleistung
einen unwesentlichen ( 100%ige Reinigung für den ordentlichen Gebrauch des Bodens im
Geräteschuppen nicht unbedingt erforderlich!) behebbaren (Austausch: Herausreißen und
Neuverlegen) Mangel und Walter kann (alternativ) zur Verbesserung nur Preisminderung
(nicht aber Wandlung) verlangen.
[Da Benno schuldhaft (vereinbarungswidrig) gehandelt hat, kann Walter (alternativ) zur
Gewährleistung auch Schadenersatz verlangen.]
Fall 70
34
a) Miete ist die entgeltliche Überlassung einer Sache zum Gebrauch. Sie zählt zu den
Bestandsverträgen.
Die Miete von (bestimmten) Wohnungen (vgl § 1 MRG) unterliegt dem MRG. Prinzipiell
genießen Mieter nach dem MRG besonderen Kündigungsschutz (vgl dazu auch Fall 25): Bei
unbefristeten Mietverträgen ist im Gegensatz zu den meisten anderen unbefristeten
Dauerschuldverhältnissen die ordentliche Kündigung durch den Vermieter (Kündigung unter
Einhaltung des Kündigungstermins und der Kündigungsfrist) regelmäßig ausgeschlossen.
Dennoch kann der Vermieter den unbefristeten Mietvertrag aus wichtigem Grund auflösen (§
30 Abs 1 MRG). Das Verhalten des Marius (Mieters) stellt einen wichtigen Grund dar: § 30
Abs 2 Z 3 MRG bezeichnet „rücksichtsloses, anstößiges bzw sonst grob fahrlässiges
Verhalten den Mitbewohnern ... gegenüber...“ als Kündigungsgrund.
 Valerius (Vermieter) wird daher mit einer gerichtlichen Kündigung (§ 33 MRG!) Erfolg
haben.
b) Damit ist gemeint, dass Valerius (Vermieter) an den Sachen, die Marius (Mieter) in das
Mietobjekt eingebracht hat und in Marius´ Eigentum stehen, ein gesetzliches Pfandrecht
(pignus legale) hat. Dieses soll dem Vermieter zur Sicherung der Mietzinsforderung dienen.
Zahlt Marius weiter nicht, muss Valerius als Pfandgläubiger den Marius (Pfandschuldner;
Pfandbesteller) zuerst auf Zahlung des Mietzinses klagen (Zivilverfahren). Bekommt er Recht,
kann er mit dem Exekutionstitel (= vollstreckbares Urteil) ein Exekutionsverfahren gegen
Marius einleiten. => Das Gericht verwertet hierauf das Pfand durch Versteigerung, wobei
Valerius dem Marius einen eventuellen Mehrerlös herausgeben müsste.
Fall 71
Der Leasingvertrag ist gesetzlich nicht geregelt. Leasing ist ein Produkt der Vertragsfreiheit
(Privatautonomie: Aspekt der Inhaltsfreiheit).
Finanzierungsleasing im rechtlichen Sinn hat folgende Gestaltungselemente: 1. Der
Leasingvertrag wird über einen längeren Zeitraum geschlossen (hier: 7 Jahre); 2. Es wird
entweder Vollamortisation oder Teilamortisation vereinbart; 3. Die Gefahr des zufälligen
Untergangs geht mit Lieferung des Leasingobjekts (hier: die 5 Kleinlastkraftwägen) auf den
Leasingnehmer über.
=> Ulrike (Leasingnehmer) trägt das Risiko eines zufälligen Untergangs des Leasinggutes.
=> Sie muss die Leasingraten für die durch höhere Gewalt zerstörten Fahrzeuge bis zum Ende
der vereinbarten Vertragsdauer bezahlen.
Schadenersatz
Fall 72
Für die Verschuldenshaftung des 15-jährigen Paul ist zu prüfen:
1) Eintritt des Schadens: Es entsteht ein Vermögensschaden in der Höhe von insgesamt
180.000,- öS. Der Sachschaden an den Maschinen in der Höhe von 100.000,- öS stellt den
sogenannten „positiven Schaden“ dar. Der zu erwartende Gewinn (80.000,- öS) durch den
Produktionsstillstand ist hier nicht zum positiven Schaden zu zählen. Es handelt sich dabei
bloß um einen entgangenen Gewinn, weil für die zukünftigen Gewinne noch kein tatsächlich
realisierter Rechtsgrund (zB schon abgeschlossene Vertäge etc...) feststeht.
35
[Anm.: Die Unterscheidung von positivem Schaden und entgangenem Gewinn ist wichtig,
weil der entgangene Gewinn nur bei grober Fahrlässigkeit ersetzt wird, der positive Schaden
auch bei leichter FL.]
2) Kausalität: Es besteht ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der Handlung des
Paul und dem eingetretenen Schaden:
a) Äquivalenztheorie: condicio sine qua non: Hätte Paul seine Handlungen unterlassen,
wäre der Schaden nicht entstanden.
b) Adäquanztheorie: Es liegt keine Verkettung unglücklicher Umstände vor. Dass das
Hantieren Unbefugter an Maschinen (technischen Geräten) in einem Betriebsgelände zu
Schäden führen kann, liegt nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung. Es
handelt sich also durchaus um Schäden, die üblicherweise Folgen einer solchen Handlung
sind.
=> Nach beiden Theorien ist die Kausalität zu bejahen.
3) Rechtswidrigkeit: Das unbefugte Betreten eines Betriebsgeländes sowie das Eindringen in
eine Produktionshalle stellt rechtswidriges Verhalten dar. Durch das Eindringen in fremdes
Eigentum verletzt Paul ein absolutes Recht. Um die Rechtswidrigkeit bei der Verletzung
eines absoluten Rechts beurteilen zu können, muss man eine (umfassende)
Interessensabwägung zwischen den Interessen des Schädigers, eine bestimmte Handlung zu
tun bzw zu unterlassen, und der Schutzwürdigkeit der beschädigten Rechtsgüter (zB Wert)
durchführen. Die Rechtsgüter des Geschädigten (Produktionsmaschinen) sind von hohem
Wert und erscheinen ergo schutzwürdig. Pauls Verhalten hingegen ist gefährlich und hätte
daher unterbleiben müssen. Pauls Handlungen sind nicht schutzwürdig.
[Anmerkung: In den folgenden Fällen wird auf die Durchführung der Interessensabwägung
bei Verletzung eines absoluten Rechts meistens aus Gründen des Umfanges und der
Vereinfachung im Fallprüfungsschema verzichtet. Vereinfacht wird daher meist
angenommen, dass die Verletzung eines absoluten Rechts rechtswidrig ist. („Die
Tatbestandsmäßigkeit indiziert ihre Rechtswidrigkeit.“)]
Rechtfertigungsgründe (zB Notwehr, Notstand...) liegen keine vor.
4) Verschulden: Fahrlässigkeit (siehe bereits Fall 45) ist das Außerachtlassen der
pflichtgemäßen Sorgfalt. Ein sorgfältiger Mensch würde die Maschinen nicht betätigen.
In diesem Fall ist wohl grobe Fahrlässigkeit (culpa lata) zu bejahen. Nach der Rsp ist grobe
Fahrlässigkeit das Außerachtlassen der pflichtgemäßen Sorgfalt, wie sie im Ausmaß nur bei
besonders nachlässigen oder leichtsinnigen Menschen vorkommt. Paul hat hier besonders
leichtsinnig gehandelt.
Schuldausschließungsgründe (zB mangelnde Deliktsfähigkeit) liegen nicht vor.
 Paul haftet im Ausmaß von insgesamt 180.000,- öS (positiver Schaden + entgangener
Gewinn - grobe FL!) für den eingetretenen Schaden.
Fall 73
Für eine Verschuldenshaftung des Bernhard ist zu prüfen:
1) Eintritt des Schadens: Es entsteht ein Sachschaden (Vermögensschaden - „positiver
Schaden“) an der zersprungenen Scheibe sowie ein Personenschaden (Körperverletzung
an Paul).
2) Kausalität: Bernhards Verhalten (Stoßen des Paul) steht in direktem kausalem
Zusammenhang zu den entstandenen Schäden.
a) Äquivalenztheorie: Hätte Bernhard seine aggressiven Handlungen unterlassen, wären
beide Schäden nicht entstanden (= condicio sine qua non).
b) Adäquanztheorie: Es liegt keine ungewöhnliche Verkettung unglücklicher Umstände
vor, die Folgen (Schäden) liegen innerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung.
36
3) Rechtswidrigkeit: Bernhards Verhalten war rechtswidrig, weil er absolute Rechte
verletzt hat. Rechtfertigungsgründe liegen keine vor. [Verzicht auf umfassende
Interessensabwägung, siehe Fall 72  ]
=> Die Tatbestandsmäßigkeit indiziert ihre Rechtswidrigkeit: Bernhard hat bei Paul das
recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt, bei Anton hat er durch die Beschädigung der
Scheibe das Eigentumsrecht verletzt.
4) Verschulden: Ein Verschulden des Bernhards ist auszuschließen. Es liegt nämlich ein
Schuldausschließungsgrund vor: Bernhard war nicht verschuldensfähig, da er aufgrund
seines Geisteszustandes (starke Beeinträchtung durch Alkohol), den er NICHT SELBST
VERURSACHT hat, nicht in der Lage war, die Rechtswidrigkeit bzw ernstliche
Möglichkeit eines Schadenseintritts durch sein Verhalten einzusehen. => Es mangelt an der
Vorwerfbarkeit des rechtswidrigen Verhaltens, weil er die Beeinträchtigung seines
Geisteszustandes durch Alkoholeinfluss nicht selbst herbeigeführt hat.
=> Mangels Verschulden haben weder Paul noch Anton Schadenersatzansprüche gegen
Bernhard.
Seine Freunde werden in diesem Fall aber schadenersatzpflichtig (nähere Prüfung entfällt).
Sie würden solidarisch für den entstandenen Schaden haften.
Fall 74
a) Für eine Verschuldenshaftung des Bernhard ist zu prüfen:
1) Eintritt des Schadens: Es entsteht ein positiver Schaden (Reparaturkosten) an Antons
Wagen. (Höhe konkret: 30.000,- öS). Weiters entstehen ideelle Schäden (dazu zählen nach
hA auch „frustrierte Aufwendungen“: Die Gargagenmiete, die Bernhard schon bezahlt hat,
stellt einen Aufwand zur Erlangung des Nutzens dar. Auch die Haftpflichtversicherung ist
ein ideeller Schaden.
2) Kausalität:
a) Äquivalenztheorie: Ohne Bernhards Verhalten (überhöhte Geschwindigkeit, zu geringer
Abstand...) wäre der Unfall nicht passiert. (= condicio sine qua non)
b) Adäquanztheorie: Auch danach (Begründungen siehe Fall 72, Fall 73)
ist ein direkter Kausalzusammenhang zwischen Bernhards Verhalten und dem Unfall zu
bejahen.
3) Rechtswidrigkeit: Bernhard hat rechtswidrig gehandelt, da er gegen ein Schutzgesetz
(Rechtsvorschrift des öffentlichen Rechts), nämlich die StVO, verstoßen hat (= Verletzung
eines Schutzgesetzes): Er hat die Geschwindigkeit überschritten und den Sicherheitsabstand
nicht eingehalten.
Rechtfertigungsgründe liegen keine vor.
4) Rechtwidrigkeitszusammenhang: Dieser ist zu prüfen, weil eine Schutzgesetzverletzung
vorliegt.
Der
Schutzzweck
der
verletzten
Norm
(Einhalten
einer
Geschwindigkeitsbeschränkung + des Sicherheitsabstandes) sollen ja gerade dadurch
verursachte Unfälle (auch bei „Notbremsungen“ des Vormannes!) verhindern. Diese Norm
wurde hier verletzt => Antons Schaden liegt innerhalb des Schutzbereiches der Norm. =>
Anton ist „unmittelbar Geschädigter“.
5) Verschulden: In Bernhards Fahrweise liegt leichte Fahrlässigkeit (culpa levis).
Fahrlässigkeit ist das Außerachtlassen der pflichtgemäßen Sorgfalt. Überhöhte
Geschwindigkeit (das Ausmaß der Überschreitung geht aus dem Sachverhalt nicht hervor!)
sowie zu geringer Abstand beim Autofahren heben sich nicht besonders „von den üblichen
Fahrlässigkeitshandlungen“ im täglichen Straßenverkehr „auffallend hervorheben“.
Schuldausschließungsgründe liegen keine vor.
37
=> Anton kann von Bernhard den positiven Schaden (= Reparaturkosten in Höhe von
30.000,- öS) verlangen. Die Garagenmiete (ideeller Schaden) wird ihm möglicherweise
nicht ersetzt („frustrierte Aufwendungen“), weil Anton die Garagenmiete auch ohne den
Unfall bezahlen hätte müssen (= fehlender Kausalzusammenhang, anders aber
Rechtsprechung OGH !!!). Die Haftpflichtversicherungsprämie ist zwar ebenfalls eine
„frustrierte Aufwendung“, ist aber typischerweise mit dem Schadenseintritt verbunden =>
Ausnahme => Diesen Aufwand wird ihm von Bernhard ersetzt (Rechtsprechung OGH).
b) Nimmt sich Anton auf Kosten Bernhards einen Mietwagen, kann er die daraus
entstehenden Kosten ebenfalls von Bernhard verlangen, aber nur unter der Bedingung, dass
für ihn die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar ist (zB als Handelsvertreter,
Anwalt, etc...). [Dabei würde es sich dann nicht mehr um einen objektiven (Verkehrswert)
sondern einen konkreten Schaden handeln.] Fiktive Mietwagenkosten hingegen sind vom
Schädiger nicht zu ersetzen, weil sie ideelle Schäden darstellen.
c) Hat sich Anton leicht verletzt, liegt Körperverletzung vor, und Bernhard muss Anton
nach § 1325 ABGB Ersatz für Heilungskosten, angemessenes Schmerzensgeld, sowie den
Verdienstentgang für die zwei Tage, die Anton nicht arbeiten konnte, leisten.
Der Ersatz dieser ideeller Schäden ist im Gesetz ausdrücklich angeordnet. Leichte
Fahrlässigkeit ist dafür ausreichend.
Fall 75
Für die Verschuldenshaftung des Stefan ist zu prüfen:
1) Eintritt des Schadens: Es entsteht ein positiver Schaden an Herberts Auto.
2) Kausalität:
a) Äquivalenztheorie: condicio sine qua non: Hätte Stefan nicht die Vorrangtafel
missachtet, wäre es nicht zum Unfall mit Herbert gekommen.
b) Adäqanztheorie: Es liegt keine ungewöhnliche Verkettung von Ereignissen bzw
Schäden, die außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung sind, vor.
3) Rechtswidrigkeit: Stefan hat ein Vorrangszeichen überfahren. Er hat ein Schutzgesetz
verletzt (StVO).
4) Rechtswidrigkeitzusammenhang: Dieser muss geprüft werden, weil ein Schutzgesetz
verletzt wurde. Herbert als Verkehrsteilnehmer befindet sich innerhalb der Schutznorm
= „unmittelbar Geschädigter“. => Es besteht ein Rechtswidrigkeitszusammenhang:
Vorrangzeichen sollen Unfälle an Kreuzungen vermeiden!
5) Verschulden: Fahrlässigkeit ist das Außerachtlassen der pflichtgemäßen Sorgfalt. Stefan
„übersieht“ ein Vorrang-Geben-Zeichen. Er handelt damit grob fahrlässig, weil ein
Vorrang-Geben-Schild an einer Kreuzung nur von einem besonders unachtsamen
Autofahrer „überfahren“ werden kann.
 Prinzipiell muss Herbert die Reparaturkosten ersetzen.
Nun ist aber Stefans Einwand zu prüfen.
Dazu ist eine mögliche (Mit-)verschuldenshaftung des Herbert in Betracht zu ziehen:
1) Eintritt des Schadens: ja (siehe oben)
2) Kausalität:
a) condicio sine qua non (Äquivalenztheorie): Hätte Herbert die „Pickerlüberprüfung“
nicht versäumt, wäre der Unfall TROTZDEM passiert.
 Es besteht kein Kausalzusammenhang zwischen Herberts versäumter „PickerlÜberprüfung“ und dem Unfall.
 Mangels Kausalzusammenhang zwischen Herberts rechtswidrigem Verhalten und dem
entstandenen Schaden ist eine (Mit-) Verschuldenshaftung Herberts ausgeschlossen!
38
 Stefan kann keine Kürzung des Schadenersatzanspruchs verlangen. => Stefan muss in
voller Höhe leisten.
Fall 76
Verletzung vertraglicher Pflichten (Vertragshaftung iUz Deliktshaftung)
Es liegt eine Vollmachtsübertretung durch den Prokuristen Paul vor, weil Verkäufe von
Grundstücken (= Veräußerung unbeweglicher Sachen) nicht von der Prokura gedeckt sind.
(Vgl dazu Stellvertretung, Fall 35 d ). Es entsteht ein schwebend unwirksames Geschäft
(negotium claudicans: hinkendes Rechtsgeschäft), das von Herrn Müller (Geschäftsherrn)
allerdings nicht genehmigt wird.
a) Gemäß Art 8 Nr 11 EVHGB haftet der Scheinvertreter (falsus procurator) dem Dritten
grundsätzlich nach dessen Wahl auf Erfüllung oder aufs Erfüllungsinteresse, außer der
Dritte kannte den Mangel der Vertretungsmacht oder hätte ihn kennen müssen. (Vgl Fall
34 Variante).
Die Immobilien GmbH (Dritte) hätte wissen müssen, dass ein Prokurist grundsätzlich keine
Veräußerung von Grundstücken alleine vornehmen darf, dh die GmbH hätte den Mangel
von Pauls Vertretungsmacht kennen müssen.
=> Die Immobilien GmbH (Dritte) kann in diesem Fall weder Erfüllung noch
Schadenersatz (Nichterfüllungsschaden) verlangen, weil keine falsus-procurator-Haftung
nach Art 8 Nr 11 Abs 3 EVHGB besteht (Kulpakompensation).
b) Auch hier wurde eine Vertragspflicht schuldhaft verletzt (Rechtswidrigkeit): Weigert sich
der Geschäftsführer der Müller Elektrowaren GmbH, den (rückwirkend für rechtswirksam
erklärten) Vertrag ordnungsgemäß zu erfüllen, befindet sich die Müller GmbH im
(subjektiven, weil verschuldeten) Schuldnerverzug. Die Immobilien GmbH kann weiter auf
Erfüllung bestehen oder – nach der Rsp – ausnahmsweise OHNE Nachfrist vom Vertrag
zurücktreten und Schadenersatz in Höhe des Erfüllungsinteresses = 100.000 öS verlangen.
Fall 77
Zwischen dem Elektrohändler Emil (Werkunternehmer) und Alois (Werkbesteller) liegt ein
Werkvertrag (siehe auch Fall 67, Fall 68, Fall 69) vor. Die geschuldete Werkleistung
(Erfolg) ist die Reparatur der Stereoanlage. Die Werkleistung weist einen unbehebbaren
( völlige Zerstörung des zur Reparatur übergebenen Objektes => es kann nichts mehr
repariert werden!) wesentlichen ( Gebrauch verhindert!) Mangel auf. =>
*) Gewährleistung: Wie beim Kaufvertrag der Käufer hat auch der Werkbesteller (Alois)
beim Werkvertrag bei einem wesentlichen unbehebbaren Mangel Anspruch auf Wandlung,
dh Rücktritt vom Vertrag.
[Achtung: Anders als beim Kaufvertrag hätte Alois auch bei Vorliegen eines wesentlichen
behebbaren (zB durch neuerliche Reparatur) Mangels der Werkleistung Recht auf
Wandlung. Mit dieser Modifikation der kaufvertraglichen Gewährleistungsregeln beim
Werkvertrag (siehe auch Fall 64, Fall 69, vgl dazu Gewährleistung beim Kaufvertrag: Fall
51, Fall 52, Fall 53, Fall 54) wollte der Gesetzgeber verhindern, dass der Werkbesteller
noch ein zweites Mal die Leistung jenes Werkbestellers in Anspruch nehmen muss, der
schon einmal mangelhaft geleistet hat. ]
Durch die Wandlung kommt es zur Rückabwicklung des Werkvertrages, dh Alois kann die
4.000,- öS Reparaturkosten, die er Emil gezahlt hat, zurückverlangen.
Der Werkvertrag unterliegt dem KschG, weil Emil Unternehmer und Alois Verbraucher ist.
Die Klausel in Emils AGB („Haftungsfreizeichnung“) ist wegen § 9 KSchG
39
(Gewährleistungsausschluss im Verbraucherrecht, vgl dazu auch Fall 53) unwirksam.
Anders als im allgemeinen Zivilrecht (ABGB; => Rsp: nie bei Vorsatz bzw grober FL!) ist
das Problem der Haftungsfreizeichnung im KSchG ausdrücklich gesetzlich geregelt: § 6
Abs 2 Z 5 KSchG verbietet den Ausschluss von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen zu Ungunsten des Verbrauchers an beweglichen, dem Unternehmer zur
Bearbeitung übergebenen Sachen.
§ 6 Abs 2 Z 5 KSchG und § 9 KSchG können auch im Rahmen der Privatautonomie nicht
zu Ungunsten des Verbrauchers vertraglich ausgeschlossen werden. Die Bestimmungen des
KSchG sind nämlich relativ zwingendes Recht (vgl auch Fall 28 Variante), die nicht zum
Nachteil des Konsumenten ausgeschlossen werden können. Dies gilt ausnahmsweise nur
dann nicht, wenn der Unternehmer Haftungsfreizeichnung für leichte Fahrlässigkeit im
einzelnen mit dem Verbraucher ausgehandelt hat. Dafür gilt aber Beweislastumkehr, dh
der Unternehmer (Emil) muss beweisen können, dass er gegenüber dem Verbraucher
(Alois) seine Haftung für leichte FL im einzelnen konkret ausgeschlossen hat. Ein
Ausschluss in den AGB reicht aber keinesfalls!!! Alternativ zu Gewährleistungsansprüchen
kann Alois auch Schadenersatz (Verschulden gegeben) verlangen:
*) Schadenersatzrecht: Es liegt ein Spezialfall der Verschuldenshaftung, nämlich
„Gehilfenhaftung“ vor. Manfred (Mitarbeiter des Emil) ist Emils Erfüllungsgehilfe (=
„verlängerter Arm“), weil er von seinem Geschäftsherrn (Emil) zur Erfüllung eines
bestimmten Schuldverhältnisses (hier eben Werkvertrag) eingesetzt wird und dabei dem
Gläubiger der Werkleistung (Alois), also dem Vertragspartner seines Geschäftsherrn [=
Unterschied zum Besorgungsgehilfen, dazu unten], einen Schaden zufügt. Für
Erfüllungsgehilfen haftet der Geschäftsherr wie für sein eigenes Verhalten. Ein
Schadenersatzanspruch des Alois ist daher zu prüfen:
1) Eintritt des Schadens: An der Stereoanlage selbst entsteht nach objektiv-abstrakter
Schadensberechnung (berücksichtigt ausschließlich den Wert des beeinträchtigten
Rechtsgutes unmittelbar vor und unmittelbar nach dem Schadenseintritt: Zeitwert =>
allgemeiner, objektiver Wert des Rechtsgutes vorhanden: 20.000,- öS) ein positiver
Schaden von 20.000,- öS. Der Vermögensschaden an Alois´ Einrichtungsgegenständen
in der Höhe von 10.000,- öS sind Mangelfolgeschäden [Anm.: Können nur über
Schadenersatz ersetzt werden!]. Diese sind durch die subjektiv-konkrete
Schadensberechnung (berücksichtigt Schäden am gesamten Vermögen des
Geschädigten, möglichst später Zeitpunkt nach Schadenseintritt) ermittelt worden und
werden wie der entgangene Gewinn nur bei grober Fahrlässigkeit ersetzt.
2) Kausalität: a) Äquivalenztheorie: condicio sine qua non: Hätte Manfred die Drähte im
Inneren der Stereoanlage ordnungsgemäß isoliert, wäre der Schaden nicht entstanden.
b) Adäquanztheorie: Dass schlecht isolierte Stromkabel bei elektrischen
Geräten zu Schäden am Gerät selbst, zu Kurzschlüssen als auch zu Bränden führen können,
liegt nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung.
3) Rechtswidrigkeit: Es wurde eine Vertragspflicht (vertragliche Hauptpflicht) mangelhaft
erfüllt.
4) Verschulden: Manfred hat leicht (eventuell grob) fahrlässig gehandelt. (Abgrenzung
schwierig, aber entsprechend begründen!)
 Emil (Geschäftsherr) wird für seinen Erfüllungsgehilfen Manfred Alois gegenüber
schadenersatzpflichtig.
Emil muss als Unternehmer beweisen, dass sein Erfüllungsgehilfe (Manfred) nicht grob
fahrlässig gehandelt hat (= Beweislastumkehr bei Vertragshaftung: Nicht der Geschädigte,
sondern der Schädiger wird beweispflichtig.). Gelingt ihm der Beweis, muss Emil dem Alois
„nur“ 20.000,- öS (positiver Schaden) ersetzen. Andernfalls muss er Alois das gesamte
Interesse (= positiver Schaden + entgangener Gewinn/Mangelfolgeschäden) in der Höhe von
30.000,- öS (20.000 + 10.000) ersetzen.
40
Variante: Neun Monate nach der Reparatur ist die 6-Monate-Frist aus dem Titel der
Gewährleistung bereits abgelaufen. Alois kann von Emil ausschließlich Schadenersatz
verlangen (vertragl. Ausschluss für leichte FL außerhalb des KSchG aber möglich). Die 3jährige Frist für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen beginnt (iUz Gewährleistung)
erst ab Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen.
Fall 78
a) Auch hier liegt Gehilfenhaftung (ein Sonderfall der Verschuldenshaftung) vor. Hans ist
Erfüllungsgehilfe („verlängerter Arm“) der Alarmsysteme GmbH, weil er von der GmbH
(Geschäftsherr) zur Erfüllung eines bestimmten Schuldverhältnisses (Werkvertrag) eingesetzt
wird und dabei dem Vertragspartner des Geschäftsherrn (Herrn Leopold) einen Schaden
zufügt. Die Alarmsysteme GmbH (Geschäftsherr) haftet für das schuldhafte Verhalten des
Hans (Erfüllungsgehilfen) wie für eigenes Verhalten. Eine Verschuldenshaftung ist zu prüfen
1) Eintritt des Schadens: Es entsteht ein positiver Schaden von 10 Mio. öS (=Zeitwert des
Bildes) sowie ein entgangener Gewinn in Höhe von 10 Mio öS (= zusätzlicher Gesamtwertverlust der Sammlung als Ganzes => Berechnung nach subjektiv-konkreter
Schadensberechnung, siehe Fall 77).
2) Kausalität:
a) Äquivalenztheorie: condicio sine qua non: Wäre Hans nicht auf der Leiter ausgerutscht,
wäre der Schaden am Bild nicht entstanden.
b) Adäquanztheorie: Es liegt keine Verkettung außergewöhnlicher Umstände etc.... vor.
3) Rechtswidrigkeit: Hans haftet Herrn Leopold als unmittelbarer Schädiger (nur) aus
Delikt. Er hat ein absolutes Recht (Eigentumsrecht des Herrn Leopold) verletzt. Die
Tatbestandsmäßigkeit
indiziert
ihre
Rechtswidrigkeit.
Es
liegen
keine
Rechtfertigungsgründe vor.
[Anmerkung: ACHTUNG mögliche FEHLERQUELLE! - Eine Haftung des Hans aus dem
Vertrag wegen Verletzung der Schutz- und Sorgfaltspflichten (culpa-in-contrahendo) bei
Erfüllung des Auftrages ist hier ausgeschlossen, weil Hans als Erfüllungsgehilfe in KEINEM
vertraglichen Verhältnis zu Herrn Leopold steht!!!]
Die Alarmsysteme GmbH hingegen haftet aus dem Werkvertrag.
4) Verschulden: Hans handelt leicht fahrlässig (culpa levis). Fahrlässigkeit ist das
Außerachtlassen der pflichtgemäßen Sorgfalt. Diese besteht in diesem Fall in einer kleinen
Unachtsamkeit des Hans (dazu noch Frage c). Schuldausschließungsgründe liegen keine vor.
 Die Alarmsysteme GmbH (Geschäftsherr) muss für das Verhalten ihres
Erfüllungsgehilfen einstehen wie für eigenes Verhalten, dh sie selbst haftet aus dem
Werkvertrag (Vertragshaftung), die neben die unmittelbare deliktische Haftung des
Hans tritt (= Prinzip der Solidarhaftung). Es gilt Beweislastumkehr, da Vertragshaftung
der GmbH vorliegt.
 Da es sich nur um leichte FL handelt, kann Herr Leopold von der GmbH nur den
positiven Schaden (= Zeitwert des Bildes) in der Höhe von 10 Mio. öS verlangen. (=
objektiv – abstrakte Schadensberechnung bei leichter Fahrlässigkeit). Der Gesamtwertverlust (gesamtes Interesse: positiver Schaden + entgangener Gewinn) der Sammlung ist
bei leichter FL daher unbeachtlich.
b) Hat Hans den Schaden unter schwerer Alkoholisierung verursacht, ändert sich der
Verschuldensgrad: Dann ist grobe Fahrlässigkeit anzunehmen, weil nur besonders
nachlässige oder leichtsinnige Arbeiter ihren Auftrag unter Alkoholeinfluss erfüllen
würden. Es ändert sich folglich der Umfang des Schadenersatzes aus Frage a): Liegt
grobe FL vor, ist das gesamte Interesse (positiver Schaden + entgangener
41
Gewinn; subjektiv – konkrete Schadensberechnung) zu ersetzen. Herr Leopold kann von
der Alarmsysteme GmbH (alternativ auch von Hans wegen Haftung aus Delikt, dazu
auch c) insgesamt 20 Mio. öS (10 Mio positiver Schaden + 10 Mio Wertverlust =
entgangener Gewinn) verlangen.
c) Prinzip der Solidarhaftung: Besteht neben der vertraglichen Haftung des
Geschäftsherrn (Haftung für Erfüllungsgehilfen wie für eigenes Verhalten!) auch eine
deliktische Haftung des Erfüllungsgehilfen selbst (zB wegen Verletzung eines absoluten
Rechts), kann sich der Geschäftsherr, der dem Geschädigten Ersatz leistet, am Gehilfen
regressieren (§ 1313 ABGB).
[Anmerkung: Ausnahme von der Solidarhaftung des Geschäftsherrn und seines
Erfüllungsgehilfen: Gibt es keine deliktische Haftung des Erfüllungsgehilfen, sd. nur die
vertragl. Haftung des Geschäftsherrn, entfällt die Solidarhaftung => Es haftet nur der
Geschäftsherr!]
Hier ist aber Hans (Deliktshaftung) Arbeitnehmer der Alarmsysteme GmbH. Das
bedeutet, das Rückgriffsrecht der GmbH unterliegt den Beschränkungen des DHG
(Dienstnehmerhaftpflichtgesetztes):
Ad a): Es müsste am Sachverhalt im einzelnen geprüft werden, ob es sich eventuell um
leichte FL im Rahmen einer „entschuldbaren Fehlleistung“ (unterster Verschuldensgrad,
culpa levissima, ist nur für den arbeitsrechtlichen Dienstvertrag zwischen Hans und der
GmbH relevant!) handelt oder ob Hans´ Verschulden über das Ausmaß einer entschuldbaren
Fehlleistung hinausgeht. Stellt das Gericht eine entschuldbare Fehlleistung fest, wäre Hans
(Erfüllungsgehilfe) völlig haftungsfrei. => Die GmbH könnte nicht regressieren. Bei
leichter FL wird Hans der GmbH nur teilweise regresspflichtig. Auch dieser Anteil kann
vom Gericht nach den Grundsätzen der Billigkeit gemäßigt werden oder sogar völlig
erlassen werden.
Ad b): Auch bei grober FL des Hans hat die GmbH nur einen anteilsmäßigen
Regressanspruch gegen Hans. Dieser unterliegt ebenso dem richterlichen Mäßigungsrecht.
d)
Beschädigt Hans das parkende Auto des Zacharias, muss wiederum zunächst seine
Verschuldenshaftung geprüft werden:
1) Eintritt des Schadens: Es entsteht ein positiver Schaden (Vermögensschaden an
Zacharias´ Auto).
2) Kausalität:
a) Äquivalenztheorie: Wäre Hans nicht mit der Leiter am Auto des Zacharias
vorbeigegangen, wäre der Schaden nicht eingetreten (condicio sine qua non).
b) Ebenso ist der Kausalzusammenhang nach der Adäquanztheorie zu bejahen (...).
3) Rechtwidrigkeit: Hans hat fremdes Eigentum beschädigt (Verletzung eines absoluten
Rechts). Die Tatbestandsmäßigkeit indiziert ihre Rechtswidrigkeit. (Interessensabwägung entfällt zwecks Vereinfachung.)
4) Verschulden: Hans handelt leicht fahrlässig, weil sich sein Verhalten nicht von anderen
alltäglichen Fahrlässigkeitshandlungen allzusehr unterscheidet.
 Hans ist zwar auch hier vom GH (Alarmsysteme GmbH) zur Erfüllung eines Auftrages
herangezogen worden. Anders als unter a) – c) steht die Alarmsysteme GmbH (GH)
aber in KEINER vertraglichen Beziehung zum geschädigten Dritten (Zacharias). =>
Hans ist ergo im Verhältnis zum Geschädigten nicht Erfüllungsgehilfe, sondern bloß
Besorgungsgehilfe der Alarmsysteme GmbH.
 Daraus ergeben sich unterschiedliche Haftungsvorschriften:
Grundsätzlich haftet der GH nicht für das Verhalten seiner Besorgungsgehilfen, es sei denn,
er hat sich wissentlich einer gefährlichen (zB durch Charaktermängel) oder untüchtigen
Person bedient (= „Auswahlverschulden“). Ist Hans dem Alkoholismus verfallen
(Charaktermangel), liegt Untüchtigkeit vor. Die GmbH haftet wegen Auswahlverschuldens
42
auch für ihren Besorgungsgehilfen, weil Hans´ Eignung für die Montage einer sicheren
Alarmanlage unter Alkoholeinfluss ausgeschlossen ist.
 Zacharias (Geschädigter) kann also von der Alarmsysteme GmbH (Haftung aus
Auswahlverschulden) Schadenersatz für sein beschädigtes Auto verlangen. Alternativ
kann Zacharias auch Hans selbst (Besorgungsgehilfen) in Anspruch nehmen. Hans
haftet nämlich (solidarisch mit der Alarmsysteme GmbH) aus Delikt (Eigentumsrecht).
Zahlt die GmbH, kann sie sich unter Beachtung der Beschränkungen des DHG (siehe
oben) teilweise an Hans regressieren (Fahrlässigkeit). Wird Hans von Zacharias zur
Zahlung in Anspruch genommen (Anm: in der Praxis selten  Zahlungsfähigkeit!), hat
er gemäß DHG spiegelbildlich denselben Regressanspruch gegen die GmbH (GH).
Fall 79
Für eine Verschuldenshaftung des Sepp (Wirten) ist zu prüfen:
1) Eintritt des Schadens: Es entsteht ein positiver Schaden am Wagen des Herbert (Gast).
2) Kausalität:
a) Äquivalenztheorie: condicio sine qua non: Hätte sich der Wirt um die Schlaglöcher im
Weg gekümmert, wäre der Schaden nicht entstanden.
b) Adäquanztheorie: Beschädigungen an Fahrzeugen aufgrund schlechter Fahrbahnen
liegen nicht völlig außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung.
3) Rechtswidrigkeit: Herbert ist Sepps zukünftiger Gast. Sepp hat seine vorvertraglichen
Schutz- und Sorgfaltspflichten gemäß der culpa - in- contrahendo - Lehre verletzt. Ein
Wirt muss seinen Gästen einen ungefährlichen Zufahrtsweg (auch zu einem
Berggasthof) garantieren.
4) Verschulden: Sepp handelt leicht fahrlässig, weil ein pflichtbewusster Wirt die Zufahrt
zu seinem Gasthof ordnungsgemäß in Stand halten würde.
 Haftung des Wirten:
Halter eines Weges haben gem § 1319a ABGB ein Haftungsprivileg, dh sie haften
grundsätzlich nur für Vorsatz oder grobe FL für sich oder ihre Leute. Ein Weg ist auch
dann ein Weg im rechtlichen Sinn, wenn er für einen eingeschränkten Benützerkreis
bestimmt ist (§ 1319a Abs 2 ABGB). Das Schild mit dem Hinweis ist also unbeachtlich.
Achtung: Diese Haftungsprivileg für Wegehalter gilt jedoch nur für Deliktshaftung.
Zwischen Herbert und Sepp besteht allerdings ein vorvertraglicher Kontakt. Deshalb gilt
die „normale“ Haftung des Schadenersatzrechts (leichte FL). Auch bei der vorvertraglichen
Haftung gilt die Beweislastumkehr: Der Wirt (Schädiger) muss vor Gericht beweisen, dass
ihn keine Fahrlässigkeit trifft.
Bei der Berechnung des Umfanges des Schadenersatzes ist jedoch zu beachten, dass
Herbert (Geschädigten) ein Mitverschulden trifft:
Prüfung von Herberts Mitverschuldenshaftung:
1) Éintritt des Schadens: positiver Schaden an seinem Auto
2) Kausalität: condicio sine qua non (Äquivalenztheorie): Hätte Herbert die
Geschwindigkeitsbeschränkung nicht übertreten, wäre der Schaden - zumindest nicht in
diesem Ausmaß – nicht entstanden. Kausalität auch nach Adäquanztheorie gegeben (...).
3) Rechtswidrigkeit: Herbert hat ein Schutzgesetz (Geschwindigkeitsbeschränkung/StVO)
verletzt.
4) Rechtswidrigkeitszusammenhang: Dieser ist immer bei einer Schutzgesetzverletzung zu
prüfen. Geschwindigkeitsbeschränkungen auf „schlechten“ Straßen sollen durchaus
auch Schäden am Fahrzeug vermeiden. Herbert hat damit den Schutzzweck der Norm
verletzt. Es besteht ein Rechtswidrigkeitszusammenhang.
43
5) Verschulden: Herbert handelt
leicht fahrlässig, seine fahrlässige
Handlung
(Geschwindigkeitsübertretung) weicht aber nicht sonderlich von den alltäglichen
fahrlässigen Handlungen ab.
 Herbert haftet aus Mitverschulden.
 Sein Schadenersatzanspruch gegenüber Sepp wird entsprechend gekürzt werden.
Fall 80
1) Gewährleistungsansprüche: Zwischen Hans (Werkbesteller) und der Gruber GmbH
(Werkunternehmer) ist im April 1993 ein Werkvertrag zustande gekommen (Erfolg =
Verlegung neuer Wasserleitungen), welcher von der Gruber GmbH mangelhaft erfüllt
wurde (Verlegungsfehler). Die Werkleistung wies einen wesentlichen ( ordentlicher
Gebrauch der Rohre verhindert) behebbaren ( zB Verbesserung durch Austausch)
Mangel auf. Es handelte sich allerdings um einen verdeckten Mangel. Im Winter 1996/97
sind alle Gewährleistungsfristen (auch f. unbewegliche Sachen: 3 Jahre) abgelaufen.
 Es kommen ausschließlich Schadenersatzansprüche des Hans in Betracht:
2) Schadenersatzansprüche: Ihre Verjährung kann (iUz Gewährleistungsansprüchen) erst ab
Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen beginnen. Die 3-jährige Frist beginnt
deshalb erst im Winter 1996/97 (Erkennbarkeit des Mangels) zu laufen.
Für eine mögliche Verschuldenshaftung der Gruber GmbH (Werkunternehmer) ist zu
prüfen:
1) Eintritt des Schadens: Durch den Verlegungsfehler (Mangelschaden) kommt es zu
Sachschäden an den Rohren, dem Mauerwerk und Hans´ Einrichtung. Diese Schäden
sind Mangelfolgeschäden.
2) Kausalität:
a) Äquivalenztheorie: Wäre der Gruber GmbH der Verlegungsfehler nicht unterlaufen,
wären die Schäden nicht entstanden (condicio sine qua non).
b) Adäquanztheorie: Dass mangelhaft verlegte Rohre platzen und dadurch Schäden
anrichten können, liegt innerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung.
3) Rechtswidrigkeit: Die Gruber GmbH hat ihre aus dem Werkvertrag geschuldete
Leistung mangelhaft erbracht (Verletzung der vertraglichen Hauptpflicht).
4) Verschulden: Es handelt sich um grobe FL, da beim Verlegen von Wasserrohren
ohnehin erhöhte Sorgfalt geboten ist. Diese lässt die GmbH außer Acht.
 Hans kann von der Gruber GmbH Schadenersatz im Umfang des gesamten
Vermögensschadens inkl. Mangelfolgeschäden (= Interesses) verlangen (grobe FL!).
Wegen Vertragsverletzung gilt wieder Beweislastumkehr, dh die Gruber GmbH
(Schädiger) muss beweisen, dass sie nicht bzw nur leicht fahrlässig gehandelt hat.
Fall 81
a) Jakob (Gläubiger) befindet sich im Annahmeverzug. Der Gefahrenübergang erfolgt
jedoch bereits zum Zeitpunkt der vereinbarten Übergabe. Jakob trägt daher in diesem
Fall die Preisgefahr (und Leistungsgefahr), dh er muss den Kaufpreis zahlen, ohne die
Gegenleistung zu erhalten (zum Gläubigerverzug vgl auch Fall 44).
b) Ja. Jakob würde im Gläubigerverzug sogar noch bei leichter Fahrlässigkeit des Hugo
die Preis- u. Leistungsgefahr tragen. Hier trägt Jakob nicht die Gefahr, weil Hugo den
Unfall grob fahrlässig verursacht hat (vgl Fall 45 Var 1) => Hugo haftet als
Erfüllungsgehilfe der Dental GmbH (GH) aus Delikt für den Schaden (positiver
Schaden + entgangener Gewinn!), den er kausal (äquivalent und adäquat), rechtswidrig
44
(zB StVO: Schutzgesetz) und schuldhaft (grobe FL) verursacht hat. Solidarisch mit ihm
haftet die Dental GmbH (GH  Vertragshaftung!) für den Nichterfüllungsschaden =
Erfüllungsinteresse. Weil Hugo aber AN (zB abhängig, weisungsgebunden...) im ar
Sinn ist, unterliegt der Regressanspruch der GmbH gemäß dem DHG (vgl Fall 77, 78)
einem gerichtlichen Mäßigungsrecht (Grundsatz der Billigkeit).
c) Haben sie zu früh geliefert, und war Jakob nicht zu Hause, müssen sie noch einmal
liefern, weil die Lieferung für eine schuldbefreiende Leistung am rechten Ort, zur
rechten Zeit und auf die bedungene Weise erfolgen muss. Das ist noch möglich.
Bei Lieferverzug (Schuldnerverzug) der Dental GmbH hat Jakob (Gläubiger) das
Wahlrecht, weiterhin auf Erfüllung des Vertrages zu bestehen oder unter Setzung einer
angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten (zum Schuldnerverzug vgl Fall 46,
Fall 49).
Fall 82
Hier ist ein Handelsgeschäft zwischen zwei Formkaufleuten (Handels GmbH und Möbel
GmbH) zustande gekommen, es kommt Handelsrecht zur Anwendung.
a) Prinzipiell (nach allgemeinem Zivilrecht) wird entgangener Gewinn nur bei grober
Fahrlässigkeit (und Vorsatz) ersetzt.
Im HR hingegen muss der entgangene Gewinn nach Art. 8 Nr. 2 der 4. EVHGB schon
bei leichter Fahrlässigkeit ersetzt werden. => Die Handels GmbH kann von der Möbelbau
GmbH den Geschäftsentgang von 600.000,- öS fordern.
b) Nein. Bei der Geschäftslokalmiete handelt es sich um „frustrierte Aufwendungen“
(ideelle Schäden), die mangels Kausalzusammenhang nicht ersetzt werden: Hätte die
Möbel GmbH rechtzeitig geliefert, hätte die Handels GmbH die Miete dennoch bezahlen
müssen!
c) Die Möbelbau GmbH befindet sich im objektiven ( vis maior) Schuldnerverzug. Nach
§ 918 ABGB kann die Handels GmbH entweder weiterhin auf Erfüllung (Lieferung)
bestehen oder unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten
(Rückabwicklung iSd § 921 ABGB). Mangels Verschulden kann die Handels GmbH den
Gewinnentgang nicht fordern. Es bestehen keine Schadenersatzansprüche.
Fall 83
a) Das ist ein Fall der (verschuldensunabhängigen) Produkthaftung. Gem PHG hat die
Produkthaftung für Schäden einzustehen, bei denen durch ein fehlerhaftes Produkt ein
Mensch getötet oder verletzt bzw einen vom Produkt verschiedene Sache beschädigt wird.
Voraussetzungen für Produkthaftung:
1) Haftung für Produkt = bewegliche körperliche Sache: Produkt = Fahrrad
2) Fehlerhaftigkeit des Produkts od Teilprodukts: Materialfehler (Bremse)
3) Haftpflichtschuldner?
4) Umfang der Schadenersatzansprüche?
Konrad erleidet eine schwere Körperverletzung. Er kann gemäß § 1325 ABGB und § 14 PHG
Heilungskosten, Verdienstentgang und angemessenes Schmerzensgeld alternativ von der
Bremsen GmbH (fehlerhaftes Teilprodukt) oder der Fahrrad GmbH (Endprodukt) verlangen,
weil alle beide als Hersteller iSd PHG gelten und somit Haftpflichtschuldner sind.
Ferner müssen die Hersteller für den Sachschaden am parkenden Firmenwagen der
„Zwitscher Spirituosen GmbH“ aufkommen (es handelt sich um eine vom Produkt verschiede
Sache), wenn der verursachte Schaden 7.900,- öS übersteigt (§ 2 Abs 2 PHG). Für den
45
Schaden am neuen Fahrrad selbst (sog „Weiterfresserschaden“) stehen Konrad keine
Ansprüche aus dem PHG, sondern nur Gewährleistungsansprüche gegen den Händler
(Viktor) zu (hA + Rsp OGH). Das Fahrrad wies einen wesentlichen ( Bremsdefekt verhindert ordentlichen Gebrauch des Rades!) behebbaren ( Gattungsschuld!) Sachmangel
auf, der schon bei Übergabe bestand. Konrad kann von Viktor Verbesserung durch
Austausch bzw Reparatur (wahrscheinlich zwecklos!) verlangen.
b) Nennt Viktor (Händler) innerhalb einer angemessenen Frist die Hersteller des Fahrrades
nicht, kann Konrad Viktor für alle Schäden haften lassen (subsidiäre Haftung des Händlers
nach § 1 Abs 2 PHG).
Fall 84
Die Ansprüche des Prof. W. könnten sich auf die Rechtsvorschriften des EKHG (Eisenbahnund Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz) stützen, die gem § 2 Abs 1 EKHG analog auch auf
Schlepplifte anzuwenden sind. Auch diese Haftung ist eine (verschuldensunabhängige)
Gefährdungshaftung, die auf dem Betrieb einer gefährlichen Sache beruht.
Der Betriebsunternehmer haftet also analog zu § 1 EKHG, wenn durch einen Unfall beim
Betrieb des Schleppliftes ein Mensch getötet oder verletzt bzw eine Sache beschädigt wird.
Sachenrecht, Eigentumserwerb, Grundbuch
Fall 85
a) Für einen derivativen Eigentumserwerb der Kunigunde am Vorführwagen ist zu prüfen:
1) Verfügungsbefugnis/Eigentum des Vormannes: durch Theodor gegeben
2) Es liegt ein gültiger Erwerbstitel (iusta causa) vor: Kaufvertrag vom 15. 1.
3) Modus: Übergabe (traditio):
[ *) Möglichkeit 1: Auf den ersten Blick scheitert der derivative Eigentumserwerb der
Kunigunde am Wagen, weil es nicht zur geplanten körperlichen Übergabe kommt. Diese
hätte erst am 30.1. stattfinden sollen. => Kunigunde hat nicht (derivativ) Eigentum am
Wagen erworben. => Sie hat daher keine rei vindicatio (Eigentumsherausgabeanspruch)
gegen Zacharias. Zacharias hingegen hat am 21. 1. derivativ Eigentum am Wagen erworben weil 1) Theodor in Möglichkeit 1 noch Eigentümer war
2) Ebenfalls ein gültiger Titel (Kaufvertrag vom 20.1.) vorliegt (iusta causa)
3) Auch der Modus (= körperliche Übergabe) am 21.1. erfolgt ist (traditio).
=> Theodor hat derivativ Eigentum erworben, Zeitpunkt des Eigentumerwerbs = körperliche Übergabe.]
*) Möglichkeit 2 (wahrscheinlicher): Es wäre zu prüfen, ob für den Modus anstelle der
körperlichen Übergabe nicht ein Besitzkonstitut (constitutum possessorium) gem § 428
1. Halbsatz ABGB zwischen Theodor (Verkäufer) und Kunigunde (1.Käuferin) vereinbart
bzw gewollt war. Beim Besitzkonstitut soll der bisherige Besitzer (Verkäufer) die Sache
noch weiter für den Erwerber (Käufer, neuen Eigentümer) innehaben. Theodor wird vom
Besitzer (ev. Verwahrer) zum bloßen Inhaber. Dass Besitzkonstitut von beiden Parteien
gewollt war, müsste Kunigunde aber vor Gericht beweisen können (Beweispflicht).
Gelingt ihr dieser Beweis, wird Kunigunde bereits am 15. 1. Eigentümerin des Wagens
(Punkt 3 gegeben: Übergabe durch Besitzkonstitut). Sie hat dann am derivativ Eigentum
erworben. Weiters müsste Zacharias´ Eigentümerstellung überprüft werden:
46
Im Gegensatz zu Möglichkeit 1 scheitert der derivative Eigentumserwerb des Zacharias
am 21. 1. an der mangelnden Verfügungsbefugnis des Theodors (Kunigunde ist ja bereits
am 15. 1. rechtsmäßige Eigentümerin geworden!): => „Nemo plus iuris transferre potest
quam ipse habet.“
Zacharias könnte aber trotzdem noch originär Eigentum am Auto erworben haben: Ein
Gutglaubenserwerb (Erwerb vom Nichtberechtigten) nach § 367 ABGB (§ 366 HGB) ist
zu prüfen: Für den Gutglaubenserwerb nach § 367 ABGB sind folgende Voraussetzungen
nötig:
1) Es muss ein entgeltliches Geschäft mit gültigem Titel vorliegen: ja – Kaufvertrag
2) Erwerber muss eine bewegliche, körperliche Sache erwerben (Gutglaubenserwerb an
Liegenschaften regelmäßig ausgeschlossen => Ersitzung!): ja – Auto
3) Erwerber muss Verkäufer gutgläubig (bona fide) für den Eigentümer halten: ja –
Zacharias hat Theodor gutgläubig für den Eigentümer gehalten.
4) Erwerb des Autos zB von einem zur Veräußerung befugten Gewerbsmann: ja –
Theodor = Autohändler
 Zacharias hat am 21. 1. originär Eigentum am Wagen erworben. =>
b) Kunigunde (1.Käuferin) hat lediglich einen obligatorischen (schuldrechtlichen)
Anspruch aus dem (gültig zustande gekommenen) Kaufvertrag: Sie kann von Theodor
(Verkäufer) den Differenzschaden, dh die 15 % Rabatt = 66.000,- öS verlangen
(=Nichterfüllungsschaden).
Fall 86
Kuno erwirbt derivativ Eigentum am Gemälde, da
1) Valentin Eigentümer/ Verfügungsbefugter ist
2) Ein gültiger Titel (Kaufvertrag vom 1. 5.) vorliegt
3) Modus: Die traditio ist in diesem Fall nach § 428 ABGB durch Übergabe durch
Besitzanweisung erfolgt. Valentin (Veräußerer) hat einen Dritten (Veranstalter) am 3. 5.
Angewiesen ,das Bild nicht mehr für ihn, sondern für Kuno (Erwerber) innezuhaben.
 Kuno erwirbt am 3. 5. derivativ Eigentum am Gemälde.
Fall 87
Arnold und Maria haben derivativ Eigentum am Auto erworben, da
1) ihre Großmutter Eigentümerin/Verfügungsbefugte war
2) ein gültiger Titel (Schenkungsvertrag) vorliegt (iusta causa)
3) Modus: Die körperliche Übergabe ist bereits erfolgt.
 Das Auto steht im Eigentum beider Geschwister. Es liegt Miteigentum (§ 825 ABGB)
vor. Beim Miteigentum nach Bruchteilen sind die Eigentümer quotenmäßig berechtigt,
dh es wird das Recht (dh das gemeinsame Verfügungs-/Benutzungsrecht am Auto) und
nicht die Sache (Auto) selbst geteilt. => Arnold hat sich daher nicht rechtmäßig
verhalten, weil er das Auto selbst „geteilt“ hat. Die Aufhebung der
Miteigentumsgemeinschaft, die Arnold anstrebt, kann entweder mit Marias
Einverständnis (sie muss ihrem Bruder aber die Hälfte des Wertes = 35.000,- öS ausbezahlen), andernfalls durch Teilungsklage erfolgen (jedoch nicht zur Unzeit oder zu
ihrem Nachteil).
 Das Auto kann nicht durch Realteilung (natürliche Teilung) geteilt werden, es kann
bloß wertmäßig durch Zivilteilung geteilt werden, bei der das Auto verkauft und der
Erlös unter den Geschwistern aufgeteilt werden müsste.
47
Fall 88
Daniel (Dieb) begeht einen Diebstahl (furtum) und ist daher bloß Besitzer (corpus et animus
possidendi) des Autoradios, nicht aber Eigentümer (kein rechtmäßiger Titel vorhanden!).
Daniel ist unrechtmäßiger (kein gültiger Titel), unredlicher (er weiß, dass er nicht berechtigt
ist), unechter (heimlicher Sachentzug durch Gewalt) Sachbesitzer. Ewald, der das Radio zur
Reparatur übernimmt, ist bloß Inhaber (bei corpus + animus possidendi allenfalls Besitzer).
 Der derivative Eigentumserwerb des Matthias scheitert, da Ewald weder Eigentümer
noch Verfügungsbefugter ist. ( => Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet.)
Grundsätzlich kann also vom Nichtberechtigten kein Eigentum erworben werden.
Eine wesentliche Ausnahme dieser Grundregel stellt der Gutglaubenserwerb nach § 367
ABGB bzw § 366 HGB (vgl dazu auch Fall 85 – gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten)
dar. Für die Anwendung des § 366 HGB muss der Veräußerer der Sache Kaufmann iSd
HGB sein. Die einzelnen Voraussetzungen des Gutglaubenserwerbs nach § 366 HGB ( iUz
den Voraussetzungen des § 367 ABGB, vgl Fall 85) sind:
1) Ewald (Veräußerer des Radios) ist Kaufmann iSd § 1 Abs 2 Z 1 HGB: Die Anschaffung
und Weiterveräußerung beweglicher Sachen stellt ein Grundhandelsgewerbe dar;
Näheres dazu im HR). Die Veräußerung erfolgt im Betrieb seines Handelsgewerbes.
2) Es handelt sich um ein entgeltliches Geschäft (Verkauf) mit gültigem Titel (Kaufvertrag).
3) Die veräußerte Sache ist eine bewegliche körperliche Sache (Autoradio), die jedoch – im
Unterschied zu § 367 ABGB - nicht gestohlen sein darf.
Das Autoradio ist aber gestohlen. => Nach § 366 HGB ist ein Gutglaubenserwerb des
Matthias zunächst nicht möglich. § 366 Abs 5 HGB (lesen!) besagt aber, dass für den
Erwerber günstigere Vorschriften des österreichischen Rechts (ABGB) durch diesen
Paragraphen unberührt bleiben. => Es kommen die (günstigeren) Bestimmungen des § 367
ABGB (vgl Fall 85) zur Anwendung:
Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten nach § 367 ABGB:
1) Zwischen Ewald und Matthias liegt ein entgeltliches Geschäft (Kauf) mit gültigem Titel
(Kaufvertrag) vor.
2) Matthias erwirbt eine körperliche bewegliche Sache (Autoradio).
3) Matthias hält Ewald gutgläubig (bona fide) für den Eigentümer des Radios.
4) Matthias erwirbt die Sache von einem zur Veräußerung befugten Gewerbsmann
(Ewald ist Elektrohändler).
 Nach § 367 ABGB ist der Gutglaubenserwerb des Matthias zu bejahen.
 Matthias hat originär Eigentum am Autoradio erworben.
 Der ursprüngliche Eigentümer des Autoradios hat gegen Daniel (Dieb) lediglich
Schadenersatzansprüche (obligatorische Ansprüche), aber keine rei vindicatio auf
Herausgabe des Radios.
Fall 89
Der derivative Eigentumserwerb des Wolfgang scheitert, da Robert (Untermieter) weder
Eigentümer noch Verfügungsbefugter bezüglich Sarahs Vase ist. ( => Nemo plus iuris
transferre potest quam ipse habet.)
Für einen Gutglaubenserwerb des Wolfgang gem § 367 ABGB (originärer Eigentumserwerb) sind folgende Voraussetzungen zu prüfen:
1) entgeltliches Geschäft + gültiger Titel: ja – Kauf
2) Wolfgang erwirbt eine körperliche bewegliche Sache (Vase).
3) Er hat Robert gutgläubig für den Eigentümer gehalten.
48
4) Robert ist Sahrahs Vertrauensmann (ihr Untermieter), dem Sahrah (Eigentümerin) die
Vase freiwillig überlassen hat.
 Hat Wolfgang nicht fahrlässig im guten Glauben (bona fide) auf Roberts
Eigentümerstellung (Anm: iUz § 366 HGB: Vertrauen auf Verfügungsbefugnis
ausreichend!) vertraut (iUz § 366 HGB schadet bei § 367 ABGB bereits leichte
Fahrlässigkeit!), hat er originär an der Vase Eigentum erworben.
 Sarah hat gegen Wolfgang keine rei vindicatio auf Herausgabe der Vase. Sie hat bloß
einen obligatorischen Anspruch (Schadenersatz) gegen ihren Untermieter Robert.
Fall 90
a) Sonderform des Miteigentums:
Def. Wohnungseigentum = das dem Eigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche
Recht, eine Wohnung bzw sonstige Räumlichkeiten zu nutzen und darüber frei zu verfügen.
Wohnungseigentümer haben kein Eigentum an der Wohnung selbst, sondern ein dingliches
Benützungs- und Verfügungsrecht. Sie sind Miteigentümer der ganzen Liegenschaft (GB:
„A-Blatt“).
b) Laut Grundbuchauszug ist Frau Sandra Prinz Eigentümerin, sie hat Wohnungseigentum
an einer Wohnung und einer Garage („ B-Blatt“  Eigentumsblatt).
c) Im „C-Blatt“ (Lastenblatt) scheinen keine Eintragungen über ein Pfandrecht für
Kreditsicherung auf.
d) *) Berechtigungen: sind aus der Abteilung A2 ersichtlich. Es zeigt die mit dem Eigentum
der
Liegenschaft
verbundenen
Dienstbarkeiten
(Servituten).
Def.:
Eine
Grunddienstbarkeit (= Realservitut; beschränktes dingliches Recht) ist ein Dulden oder
ein Unterlassen, zu dem sich der Eigentümer einer Liegenschaft (Servitutsverpflichteter)
gegenüber dem jeweiligen Eigentümer einer anderen Sache (Servitutsberechtigter)
verpflichtet. Die unter A2 eingetragenen Realservituten sind Grunddienstbarkeiten in
herrschender Stellung, dh Frau Prinz wird durch sie servitutsberechtigt (zB zum Gehen
und Fahren).
*) Belastungen: ergeben sich aus dem „C-Blatt“ (Lastenblatt). Auch in diesem Abschnitt
sind Grunddienstbarkeiten (Realservituten) eingetragen, allerdings wird Frau Prinz als
Grundstückseigentümerin dadurch
verpflichtet (zB durch Anschluss an Heiz-,
Warmwasserversorgungsanlage) = Dienstbarkeiten in dienender Stellung.
e) beim Bezirksgericht; bei jedem Notar (§ 7 GUG); bei Post, Telekom Austria, IBM...etc
mittels EDV-Einsicht (§ 6 GUG).
Fall 91
a) Durch Einsichtnahme ins GB. Die Grundbuchseinlage liegt in einer bestimmten
Katastralgemeinde (KG). Dort hat sie eine Einlagezahl (EZ). Nach dieser ist das GB
geordnet (= Realfoliensystem). Kennt Andrea die EZ nicht, kann sie beim für die
betreffende Katastralgemeinde zuständigen Grundbuchgericht (= Bezirksgericht) an Hand
der Grundbuchsmappe, in welche die Liegenschaften und ihre Grenzen eingezeichnet
sind, die Einlagezahl ermitteln. Den gleichen Zweck haben das Straßenverzeichnis
(Ordnung der Gst. nach Straßenbezeichnung) und das Grundstüchsverzeichnis (Ordnung
nach Nummern). Hat Andrea die gesuchte GB-Einlage gefunden, ist der Eigentümer des
Grundstücks im „B-Teil“ (Eigentümerblatt) ersichtlich.
b) Ersichtlich aus dem „C-Blatt“ (Eintragungen im „Lastblatt“)
c) Arten von Grundbuchseintragungen:
49
1) Einverleibung: führt unmittelbar zum Erwerb oder Verlust eines dinglichen Rechts an
einer Liegenschaft (zB Eigentumsrecht, Pfandrecht)
2) Vormerkung: dient dem bedingten Rechtserwerb oder –verlust => nur vorläufige Eintragung (zB wegen fehlender Beglaubigungen); die Eintragung wird erst mit
Rechtfertigung (zB Nachbringen sämtlicher notwendigen Urkunden etc...) wirksam!
3) Anmerkung: = öffentl. Ersichtlichmachung rechtserheblicher Umstände (zB
Minderjährigkeit des Eigentümers, Bestellung eines Sachwalters; bei Liegenschaften:
Beantragung der Anmerkung einer Rangordnung)
Fall 92
a) Gerald könnte Leopold ein beschränktes dingliches Recht an seiner Liegenschaft
einräumen. Die Einräumung eines Baurechts wäre denkbar. Grundsätzlich sind Bauwerke
unselbständige Bestandteile der Liegenschaft, sodass ein Gebäude ohne Veräußerung der
dazugehörigen Liegenschaft nicht verkauft werden kann („Superficies solo cedit“) =>
„accessio cedit principali“: Die Nebensache folgt dem rechtlichen Schicksal der
Hauptsache. Ein Baurecht ist das dingliche, veräußerliche, vererbliche Recht, auf (unter) der
Bodenfläche eines fremden Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Titel wäre die Vereinbarung
zwischen Leopold (Bauberechtigtem) und Gerald (Eigentümer) der Liegenschaft. Der Modus
ist die Einverleibung des Baurechts im Lastenblatt (C-Teil) der Grundbuchseinlage. Das
Baurecht kann zwischen 10 und 100 Jahren eingeräumt werden.
Alternativ wäre auch die Errichtung des Parkhauses als Superädifikat (= Überbau) möglich.
Gem § 435 ABGB sind Superädifikate Bauwerke, die auf fremdem Grund in der Absicht
erbaut werden, dass sie nicht stets darauf bleiben sollen (zeitlich begrenztes Nutzungsrecht).
b) siehe oben: Eintragung im „C-Blatt“, danach: Eröffnung einer eigenen Grundbuchseinlage
für das Baurecht
Kreditsicherheiten
Fall 93
a) Bei der Bürgschaft verpflichtet sich ein Dritter persönlich, den Gläubiger zu befriedigen,
wenn der Schuldner nicht leistet. Der Bürgschaftsvertrag besteht zwischen der B-Bank
(Gläubiger) und den Bürgen (Gerhard; C-GmbH); gebürgt wird für die A-GmbH
(Schuldner).
Prinzipiell unterliegt die Bürgschaftserklärung der Schriftlichkeit (Formvorschrift gem §
1346 ABGB), ein Fax beispielsweise ist nach der Rsp des OGH nicht ausreichend: Es kommt
auf die Unterschrift an. Eine Ausnahme von dieser (gesetzlichen) Formvorschrift gibt es nur
für Vollkaufleute, die ihre Bürgschaftserklärung im Betrieb ihres Handelsgewerbes abgeben
(Formfreiheit nach § 350 HGB).
=> Gerhards Bürgschaftserklärung ist mangels
Schriftlichkeit nicht wirksam. Die C-GmbH (Formkaufmann kraft Rechtsform- § 6 HGB:
sind immer Vollkaufleute!) ist (alleiniger) Bürge.
b) Angenommen, Gerhard hätte die Bürgschaftserklärung wirksam abgegeben
(Schriftlichkeit), stellt sich, wenn die B-Bank ihn noch am selben Tag als Bürgen in Anspruch
nimmt, das Problem der Subsidiarität der Haftung des Bürgen: Mangels anderer
Vereinbarung haftet Gerhard als „gewöhnlicher“ Bürge subsidiär, dh erst nach erfolgloser
Mahnung des Hauptschuldners.
=> Gerhard muss nicht sofort zahlen.
50
Anders hingegen die C-GmbH: Vollkaufleute, die im Rahmen ihres Handelsgewerbes die
Bürgschaft versprechen, haften stets als „Bürge und Zahler“ gemäß § 1357 ABGB und §
349 HGB, dh nicht subsidiär.
=> Die B-Bank kann daher auch ohne vorausgehende Mahnung des Hauptschuldners ab
Fälligkeit der Leistung auf den Bürgen greifen.
=> Die C-GmbH muss zahlen.
c) Variante: Wird über das Vermögen des Schuldners (A-GmbH) der Konkurs eröffnet, ist
eine vorhergehende Mahnung des Gerhard entbehrlich (§ 1355 ABGB). => Gerhard muss
zahlen, hat aber zwei von einander unabhängige (alternative) Regressansprüche:
1. Durch die Zahlung tritt Gerhard ex lege in die Rechte des Gläubigers (= Legalzession).
Gerhard kann beim Schuldner Regress nehmen, im Fall des Konkurses sogar den vollen
Regressanspruch. [Anm: Anders beim (Zwangs-)ausgleich: es besteht bloß ein
anteilsmäßiger Anspruch!] Der volle Regressanspruch bei Konkurs wird aber in der
Praxis nur selten einbringbar sein.
2. Eine zweite Regressmöglichkeit ergibt sich aus der Solidarhaftung mit dem anderen
Bürgen (C-GmbH). Im Wege des internen Regresses kann Gerhard die C-GmbH als
Mitbürgen anteilsmäßig in Anspruch nehmen.
Fall 94
Hier liegt ein Garantievertrag vor. Der Garantievertrag ist ein abstraktes Verpflichtungsgeschäft, bei dem der Garant die Haftung für einen ungewissen Erfolg beim Begünstigten
übernimmt und dabei auf alle Einwendungen aus dem Grundgeschäft verzichtet (iUz
Bürgschaft!). Die Garantie ist (iUz Bürgschaft!) nicht akzessorisch, dh sie ist vom gültigen
Bestand der Hauptschuld unabhängig.
Die (dreipersonale) Bankgarantie besteht zwischen der Bank (Garant) und der Müll GmbH
(Begünstigter).
Weiters liegt im Innenverhältnis ein Auftragsvertrag (Mandat) zwischen der Anlagenbau
AG (Garantieauftraggeber = Mandant; Bankkunde) und der Bank (Auftragnehmer =
Mandatar) vor.
[Anm.: Die Bank ist im Verhältnis zum Begünstigten Garant, im Innenverhältnis als
Vertragspartner ihres Bankkunden (Mandanten) jedoch Mandatar (Auftragnehmer).]
Zwischen der Anlagenbau AG (Werkunternehmer) und der Müll GmbH (Werkbesteller) liegt
ein Werkvertrag (Bauvertrag: Erfolg = Errichtung einer Müllverbrennungsanlage) vor.
In diesem Fall übernimmt die Bank (Garant; Auftragnehmer) gegen Zahlung eines entsprechenden Entgeltes („Garantieprovision“) ihres Auftraggebers (Anlagenbau AG) die
Haftung dafür, dass die Anlagenbau AG die vereinbarte Leistung (3 Mio öS) an die Müll
GmbH (Begünstigter) zur Sicherung etwaiger Gewährleistungsansprüche aus dem Bauvertrag
erbringt. Die Bank (Garant) verzichet dabei auf sämtliche Einwendungen aus dem
Grundgeschäft (Bauvertrag). Aufgrund dieser Abstraktheit des Garantievertrages muss die
Müll GmbH (Begünstigter) nicht befürchten, dass die Einlösung der Garantie aufgrund von
Einreden...etc aus dem Grundgeschäft von der Bank verweigert werden könnte.
a) Ja. Nach jüngster Judikatur des OGH unterliegt eine für die Leistung eines Dritten
übernommene Garantie dem gleichen Schriftformerfordernis wie einen Bürgschaftserklärung.
b) Ja. Die Bank muss zahlen, da ja die Müll GmbH tatsächlich Mängel geltend macht. (Der
Sachverhalt liefert keine Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche und offenkundige
Inanspruchnahme der Garantie: Nur dann hätte die Bank den Einwand des Rechtsmissbrauches und könnte sich weigern, zu zahlen.)
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Der Einwand der AnlagenbauAG ist für die Zahlung der Garantiesumme hingegen irrelevant,
weil der Garant (Bank) ja regelmäßig auf alle Einwendungen aus dem Grundgeschäft
verzichtet.
Fall 95
Rechtsgeschäftliches Pfandrecht
Das Pfandrecht ist ein dingliches Recht. Zum gültigen Erwerb bedarf es daher wie zum
Erwerb aller dinglichen Rechte eines gültiges Rechtsgeschäftes mit Titel und Modus.
In diesem Fall liegt ein gültiger Titel (Pfandabrede) vor. Als Modus wurde jedoch
Besitzkonstitut vereinbart, da Wilhelm (bisheriger Besitzer; Pfandschuldner) das Pfand
(Stereoanlage) für Heidrun (Pfandgläubigerin) weiterhin innehaben soll. Im Gegensatz zum
Eigentumserwerb (vgl Fall 85) ist Besitzkonstitut (constitutum possessorium) aber kein
geeigneter Modus für den rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Pfandrechts (Verletzung der
pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften => Verstoß gegen das Faustpfandprinzip!), weil die
verpfändete Sache weiterhin beim Schuldner (Eigentümer) bleibt.
 Heidrun kann das Pfand nicht verwerten, weil sie es gar nicht erworben hat.
Variante: Nein. Sicherungsübereignung heißt, dass dem Gläubiger einer Forderung
(Heidrun) Eigentum an der Stereoanlage zur Sicherung ihrer Forderung übertragen wird,
dieses jedoch wieder zurück an den Schuldner fällt, sobald er die Forderung bezahlt hat. Die
Begründung von Sicherungseigentum durch Besitzkonstitut ist allerdings ebenso
unzulässig, weil sonst die Publizitätserfordernisse beim Erwerb eines Pfandrechts damit
umgangen werden könnten (Umgehungsgeschäft). => Die Rechtslage ändert sich nicht.
 Heidrun hat kein Sicherungseigentum an der Stereoanlage (Modus unzulässig!)
erworben. => Sie darf sie daher nicht verwerten.
Fall 96
Grundsätzlich kann der Pfandgläubiger kein Pfandrecht erwerben, wenn der Pfandbesteller
weder Eigentümer noch zur Verpfändung ermächtigt ist.
Ein gutgläubiger Erwerb des Pfandrechts ist allerdings unter den folgenden Voraussetzungen
möglich:
1) nur an beweglichen körperlichen Sachen: ja (Schallplatten)
2) Pfandgläubiger muss Pfandbesteller gutgläubig für den Eigentümer halten, ohne dabei
fahrlässig zu sein: ja (Benno hält Xaver für den Eigentümer)
3) Pfandbesteller muss Vertrauensmann des wahren Eigentümers sein: ja (Xaver ist als
Entleiher Roberts Vertrauensmann, weil dieser ihm die Schallplatten freiwillig überlässt)
 Benno hat ein Pfandrecht an den Schallplatten erworben.
Fall 97
Mehrfachverpfändung
a) Wurde bei der Versteigerung ein Erlös von 600.000,- öS erzielt, werden die
Hypothekargläubiger nach der eingetragenen Rangfolge befriedigt (Grundsatz: „Prior
tempore potior iure“).
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 Die A-Bank (1. Rang) erhält 400.000,- öS, die B-Bank (2. Rang) 100.000,- öS und die
C-Bank (3. Rang) den Rest in der Höhe von 100.000,- öS (600.000-400.000-100.000).
b) Die C-Bank hätte die Versteigerung der Liegenschaft verhindern können, indem sie vom
Einlösungsrecht für Hypothekargläubiger gemäß § 462 ABGB Gebrauch macht: Jeder
eingetragene Hypothekargläubiger kann vor Versteigerung die Forderung des Antragstellers
einlösen, dh bezahlen und so die Versteigerung abwenden. Die C-Bank hätte also die
Forderung (400.000,- öS) der A-Bank (Antragsteller) ausbezahlen müssen, wäre dann in
deren Rechte und deren Pfandrecht eingetreten und hätte die Versteigerung (Verwertung) zu
einem günstigeren Zeitpunkt beantragen können.
Fall 98
Variante 1: Es liegt Verkauf unter Eigentumsvorbehalt vor. [Anm: Eigentumsvorbehalt
bedeutet Vorbehalt des Modus: bedingte Übergabe => bedingter Modus]
Die Autos wurden Harry (Käufer) schon geliefert (Übergabe am 1.10.). Kann Harry das
Zahlungsziel (1.12.) nicht einhalten, kann Ludwig (Verkäufer) vom Kaufvertrag
zurücktreten und die Autos herausverlangen (mit der Eigentumsklage rei vindicatio, weil
Harry noch nicht Eigentümer geworden ist).
 Diese Konstruktion ist rechtswirksam.
Variante 2: Es liegt „verlängerter Eigentumsvorbehalt“ (= Kombination Eigentumsvorbehalt + Sicherungszession) vor. Bloßer Eigentumsvorbehalt (wie in Variante 1) bietet
dem Erstverkäufer (Ludwig) in der Praxis wenig Sicherheit, weil Gutglaubenserwerb der
Autos durch einen Dritten von Harry (Vorbehaltskäufer  Vertrauensmann Ludwigs!)
möglich ist. Beim „verlängerten Eigentumserwerb“ ist Harry (Vorbehaltskäufer) zwar
berechtigt, die Autos an Dritte (Zweitkäufer) weiterzuveräußern, verpflichtet sich aber
dabei, alle aus diesen Verkäufen entstehenden Forderungen schon jetzt an Ludwig
(Erstverkäufer) abzutreten. In dieser Vereinbarung liegt eine Sicherungszession, bei der die
geltenden Publizitätsmerkmale eingehalten werden müssen: Der erforderliche Modus bei
der Sicherungszession (iUz rechtsgeschäftlichen Zession, vgl Fall 59) ist die
Drittschuldnerverständigung. Da sich Harry verpflichtet, seine Käufer (Drittschuldner) von
der Sicherungsabtretung zu verständigen, ist auch diese Konstruktion rechtswirksam.
Variante 3: Dies ist ein Fall des „erweiterten Eigentumsvorbehaltes“ (= Kombination
Eigentumsvorbehalt + Sicherungsübereignung). Hinsichtlich der Autos wurde Eigentumsvorbehalt, hinsichtlich aller offenen Forderungen Ludwigs gegen Harry
Sicherungsübereignung vereinbart. Sicherungsübereignung (vgl Fall 95 Variante) heißt,
dass die Autos so lange in Ludwigs Eigentum zur Sicherung der offenen Forderungen
stehen, bis Harry alle noch offenen Forderungen bezahlt hat.
Für die Sicherungsübereignung gelten – bei sonstiger Unwirksamkeit - in analoger Weise
die gleichen Publizitätsvorschriften wie für das Pfandrecht.
Die Autos, die Ludwig, dem Sicherungseigentümer und Pfandgläubiger dienen sollen,
befinden sich schon bei Harry (Pfandschuldner) [...was bei reinem Eigentumsvorbehalt
zulässig ist!]. Als Modus liegt ergo Besitzkonstitut (das Sicherungseigentum wird weiterhin
vom Schuldner für den Sicherungseigentümer innegehabt) vor. Besitzkonstitut stellt aber
auch für die Sicherungsübereignung einen unzulässigen Modus dar ( Umgehung der
pfandrechtlichen Publizitätsvorschriften!).
 Diese Konstruktion ist rechtsunwirksam.
b) Ja.  Begründung siehe a) !
c) Ja. Willis derivativer Eigentumserwerb scheitert zwar an Harrys fehlender Verfügungsbefugnis über den Wagen. (Nemo plus iuris transferre potest...).
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Doch ist Gutglaubenserwerb (Erwerb vom Nichtberechtigten) gem. § 366 HGB möglich (Vgl
zB Fall 88).
Voraussetzungen:
1) Harry (Veräußerer) ist Kaufmann iSd § 1 Abs 2 Z 1 HGB (Betrieb eines Grundhandelsgewerbes). Das Auto wird im Betrieb seines Handelsgewerbes veräußert.
2) Es liegt ein entgeltliches Geschäft mit gültigem Titel vor (Kauf).
3) Das Auto ist eine bewegliche körperliche Sache und nicht gestohlen.
4) Willi hält Harry gutgläubig für den Verfügungsbefugten (leichte FL im HR irrelevant!).
 Willi erwirbt originär Eigentum am Wagen.
Fall 99
Jo (Bürge) ist gegenüber der Bank (Unternehmer) Verbraucher iSd KSchG. Es liegt ein
Verbrauchergeschäft vor.
Verbraucher, die einer fremden Schuld als Bürge (oder Garant..) beitreten, heißen
Interzedenten und sind nach § 25 KSchG besonders schutzwürdig:
Gem § 25c KSchG trifft die Bank (Gläubiger) eine besondere Warnpflicht des Bürgen (Jo),
wenn sie erkennen muss, dass der Schuldner (Hans) seine Verbindlichkeit (300.000,- öS)
voraussichtlich nicht bezahlen kann. Die Bank hat in diesem Fall diese Warnpflicht
unterlassen. Sie muss daher beweisen können, dass Jo (Verbraucher) auch dann die
Bürgschaft übernommen hätte, wenn er von der wirtschaftlichen Lage des Hans (Schuldners)
gewusst hätte (Beweislastumkehr). Das ist hier jedoch ohnenhin aus dem SV anzunehmen.
(Jo ist der Freund von Hans´ Tochter!).
§ 25d KSchG sieht jedoch für Verbraucher, die trotz ihrer eigenen schlechten wirtschaftlichen
Situation als Interzedenten einer fremden Schuld beigetreten sind, ein richterliches
Mäßigungsrecht der Schuld vor. Jo ist einkommens- und vermögenslos. Das Gericht kann
seine Verpflichtung evtl. sogar völlig erlassen.
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