Beweiserhebung Der Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über die Klage hängt wesentlich von den festgestellten Tatsachen ab. Ist unklar, ob eine entscheidungserhebliche Tatsache wahr ist oder nicht, ordnet das Gericht entweder von Amts wegen (Untersuchungsmaxime) oder auf Antrag (Verhandlungsmaxime) durch Beweisbeschluß Beweiserhebung an. Als Beweismittel sehen die Verfahrensordnungen vor: den Augenscheinsbeweis, den Zeugenbeweis, den Sachverständigenbeweis und den Urkundenbeweis. Darüber hinaus kennt die ZPO den Beweis durch Parteivernehmung, die StPO den durch Vernehmung des Beschuldigten. Beim Augenscheinsbeweis verschafft sich der Richter selbst einen Eindruck durch unmittelbare Sinneswahrnehmung (z. B. mittels Besichtigung des Unfallorts). Beim Zeugenbeweis berichtet ein Dritter dem Gericht über seine Sinneswahrnehmung (z. B. darüber, ob er den des besonders schweren Diebstahls beschuldigten Angeklagten beim gewaltsamen Aufbrechen der Wohnungstür beobachtet hat). Die Pflicht des Zeugen zur Aussage entfällt, wenn ihm ein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht zusteht. Das Recht zur Zeugnisverweigerung beruht auf persönlichen Bindungen zur Partei bzw. zum Angeklagten (Verwandtschaft, Ehe) oder auf beruflichen Gründen (Seelsorger, Journalist). Das Recht zur Auskunftsverweigerung trägt dem Umstand Rechnung, daß der Zeuge durch die Aussage keine Nachteile (z.B. strafrechtliche Verfolgung) erleiden soll. Das Zeugnisverweigerungsrecht berechtigt somit den Zeugen, die Auskunft generell zu verweigern, während das Auskunftsverweigerungsrecht bei jeder an ihn gerichteten Frage erneut geprüft werden muß. Im Zivilprozeß und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren werden Zeugen beeidigt, wenn das Gericht es für notwendig hält und die Parteien (Beteiligten) auf die Beeidigung nicht verzichten; im Strafprozeß sind die Zeugen grundsätzlich zu vereidigen. Der Sachverständigenbeweis dient dazu, dem Gericht die zur Feststellung von Tatsachen benötigte Sachkunde zu vermitteln (z. B. Vorlage eines psychiatrischen Gutachtens zur Frage, ob der Angeklagte bei der Begehung der Tat wegen krankhafter seelischer Störung schuldunfähig war). Wer sich als Zeuge zu konkreten Tatsachen äußert, deren Wahrnehmung ein besonderes Fachwissen erfordert, ist sachverständiger Zeuge (z. B. der Arzt, der über die dem Verletzten zugefügten Wunden berichtet). Urkundenbeweis ist der durch den Inhalt einer Urkunde geführte Beweis (z. B. Quittung, durch die der Beklagte beweist, daß er die geltend gemachte Forderung bereits erfüllt hat). Das Gericht prüft den Beweis nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Es entscheidet also nicht nach schematischen Beweisregeln, sondern nach der eigenen Überzeugung, wobei es jedoch nicht willkürlich vorgehen darf, sondern an die logischen und naturwissenschaftlichen Gesetze sowie an die Regeln der Lebenserfahrung gebunden ist. Der Beweis ist erbracht, wenn das Gericht die zu beweisende Tatsache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für wahr erachtet. Gelingt er nicht, so geht die Entscheidung zum Nachteil dessen aus, der die Beweislast trägt. Die Beweislast liegt grundsätzlich bei der Partei, für die sich aus der zu beweisenden Tatsache eine günstige Rechtsfolge ergibt. Folglich trägt der Kläger im Zivilprozeß die Beweislast für die anspruchsbegründenden, der Beklagte für die anspruchshindernden und anspruchsvernichtenden Tatsachen. So muß z. B. der Kläger, der den Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises geltend macht, den Vertragsabschluß beweisen; gelingt ihm dies, kann der Beklagte sich gegen die erhobene Forderung wehren, indem er beispielsweise die Zahlung des Kaufpreises behauptet und durch Vorlage einer Quittung beweist. Diese Beweislastverteilung gilt auch in Verfahren mit Untersuchungsmaxime (z. B. im Verwaltungsstreitverfahren). Eine Ausnahme bildet jedoch der Strafprozeß, in dem verbleibende Zweifel an der Schuld des Angeklagten sich stets zu dessen Gunsten auswirken (»in dubio pro reo«). In einigen Fällen werden an den Wahrscheinlichkeitsgrad der zu beweisenden Tatsache weniger strenge Anforderungen gestellt. Ist z. B. im Zivilprozeß streitig, ob durch eine Rechtsverletzung ein Schaden entstanden und wie hoch er ist, kann das Gericht nach freier Überzeugung in Würdigung aller Umstände unabhängig von der Beweislast entscheiden (§ 287 Abs. l ZPO). Unter bestimmten Voraussetzungen kommt der beweisbelasteten Partei eine Beweiserleichterung auch durch den Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) zugute. Sie braucht dann nicht den vollen Beweis zu erbringen, sondern kann sich auf einen typischen Geschehensablauf berufen, bei dem aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung von einer feststehenden Ursache auf ein bestimmtes Ereignis oder umgekehrt von einem feststehenden Ereignis auf eine bestimmte Ursache geschlossen wird. Der prima-facie-Beweis spielt vor allem im Straßenverkehrsrecht eine große Rolle. So deutet z. B. das Auffahren eines Autofahrers auf das Heck des vor ihm fahrenden PKW darauf hin, daß er nicht aufmerksam genug oder zu schnell gefahren ist. Der Kläger muß in diesem Fall nur die feststehende Tatsache (hier: das Auffahren) darlegen; es ist sodann Sache des Beklagten, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die ernstliche Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt (beispielsweise, daß der Vordermann plötzlich grundlos gebremst habe). Vom Anscheinsbeweis ist der Indizienbeweis zu unterscheiden. Er beruht auf Tatsachen, die den zu beweisenden Vorgang nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar - durch Anzeichen (»Indizien«) - beweisen (z. B. Blutspuren des Opfers auf der Kleidung des Angeklagten). Stützt sich ein Straf urteil auf Indizien, so sollen diese in den Gründen angegeben werden (§ 267 Abs. l S. 2 StPO). Aufgaben: 1. 2. Erstellen Sie eine ausführliche Gliederung zum Text. Finden Sie im Text Informationen, die die Bedeutung von folgenden Begriffen verdeutlichen: 1 Der Augenscheinsbeweis bedeutet, dass ... 2 Der Zeugenbeweis bedeutet, dass ... 3 Der Sachverständigenbeweis bedeutet, dass ... 4 Der Urkundenbeweis bedeutet, dass ... 5 Der Anscheinsbeweis bedeutet, dass ... 6 Der Indizienbeweis bedeutet, dass ... 3. Unter welchen Bedingungen sind folgende Aussagen möglich: Aussage 1 Die Pflicht des Zeugen zur Aussage entfällt, ... 2 Im Zivilprozeß und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren werden Zeugen beeidigt, ... 3 Der Beweis ist erbracht, ... 4 Die Entscheidung geht zum Nachteil dessen aus, der die Beweislast trägt, ... 5 Das Gericht kann nach freier Überzeugung in Würdigung aller Umstände unabhängig von der Beweislast entscheiden, ... Bedingung 4. Sagen Sie anders: a) die Vernehmung des Beschuldigten; die Beeidigung der Zeugen; die Feststellung von Tatsachen; die Zahlung des Kaufpreises; die Würdigung aller Umstände b) der des besonders schweren Diebstahls beschuldigten Angeklagte; jede an den Zeugen gerichtete Frage; die zur Feststellung von Tatsachen benötigte Sachkunde; die dem Verletzten zugefügten Wunden; die zu beweisende Tatsache; der zu beweisende Vorgang