DSB fordert Planungssicherheit für Schausteller 28.09.2006 Das Zulassungskriterium „bekannt und bewährt“ sowie die Finanzierung im Schaustellergewerbe bildeten die Schwerpunktthemen einer Podiumsdiskussion, zu der der Deutsche Schaustellerbund am 27. September 2006 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien in das Münchner Stadtmuseum geladen hatte. Einer guten Tradition folgend hieß zu Beginn der Veranstaltung die Vizepräsidentin des Deutschen Tourismusverbandes und Direktorin des Fremdenverkehrsamtes der Landeshauptstadt München, Dr. Gabriele Weishäupl, die Teilnehmer recht herzlich willkommen. Die Wiesn-Chefin kritisierte die zunehmenden Werbe- und Marketingaktionen in den Festzelten („Prosecco in Dosen“). Diese würden dem Image des Oktoberfestes schaden. Wichtig sei – gemeinsam mit den Schaustellern –, das traditionelle Bild und die kulturelle Identität der Wiesn zu stärken. „Platzvergabe per Losentscheid führt zum Ruin.“ Zum Einstieg in die Diskussionsrunde forderte DSB-Präsident Albert Ritter eine Stärkung des Auswahlkriteriums „bekannt und bewährt“. Ein Schaustellerunternehmen benötige als Kalkulationsgrundlage Handlungs- und Planungssicherheit. „Der hohe Wettbewerbsdruck und die immer kürzeren Innovationsintervalle bei der Einführung neuer Geschäfte zwingen die Schausteller zu hohen fremdfinanzierten Investitionen“, sagte Ritter. Ohne eine verlässliche Zahl von Standplätzen sei kein Unternehmen in der Lage, die von den Banken geforderte Finanzierung sicherzustellen. Es müsse den Veranstaltern auch weiterhin unbenommen bleiben, langjährige, zuverlässige und vertragstreue Bewerber in einem gewissen Maße bevorzugt vor anderen Bewerbern zuzulassen. Der DSB-Präsident kritisierte, dass die Platzvergabe immer mehr zu einem Lotteriespiel werde. Denn es gebe immer mehr Fälle, in denen sich Konkurrenten um Standplätze per Gericht einklagen und etablierte Fahrgeschäfte vertreiben würden. Mangels anderer Entscheidungskriterien würden Richter bei Streitfällen zunehmend einen Losentscheid verordnen, bestätigte Sabine Marek, Volksfestreferentin und Architektin der Cranger Kirmes in Herne. Auch sie beklagte diese neue Praxis, weil dadurch Veranstaltern der Gestaltungsspielraum genommen werde. „Bekannt und bewährt“ sei das Prinzip, nach denen bislang in der Branche die Standplätze oft zugunsten von Traditionsgeschäften vergeben wurden. Schriftlich sei das aber in der Gewerbeordnung nicht festgehalten, was vermehrt Klagen vor Gericht zu Folge hätte. „Es kann nicht sein, dass die Schausteller in ihrer Existenz von richterlichen Entscheidungen abhängig sind“, sagte sie. Dem Losverfahren erteilte Sabine Marek eine deutliche Absage. Einwände, so funktioniere nun einmal Marktwirtschaft, ließen Ritter und Marek nicht gelten. Denn der Beruf des Schaustellers verkomme so zum unkalkulierbaren Glücksspiel. Das zeige sich vor allem, wenn unter dem Druck der schlechten Zeiten in neue und Umsatz versprechende Attraktionen investiert werden soll. Ohne Kredit sei das nicht möglich. Den vergebe die Bank aber nicht, wenn Schausteller keinen fixen Tourneeplan vorlegen könnten. Die Aussicht auf Platzvergabe per Losentscheid beende meist jede Kreditverhandlung. „Jedes Volksfest ist einzigartig.“ DSB-Hauptgeschäftsführer Helmut Gels verwies auf die geänderte Wettbewerbssituation der Schaustellerbranche - bedingt durch Umsatzrückgänge und mehr Angeboten. Mit der Bewerbersituation seien viele Städte und Gemeinden einfach überfordert. Sie müssten sich wieder bewusst werden, dass für eine öffentlich-rechtliche Entscheidung bei der Platzvergabe immer eine Grundlage vorliegen müsse, nach der eine Entscheidung auch nachvollziehbar sei. Helmut Gels: „Und das ist auch der Kritikpunkt der Gerichte, dass die Städte und Gemeinden in der Nachüberprüfung in der Vergangenheit nicht in der Lage waren, ihre Entscheidung ausreichend zu begründen. Ein Großteil der Probleme wäre schon dadurch zu lösen, wenn sich die Städte und Gemeinden mehr Gedanken über den Grundcharakter ihrer Veranstaltung, ihres Volksfestes, ihrer Kirmes machen würden. Jedes Volksfest ist einzigartig und die Städte sind es, die den Rahmen für die Veranstaltungen festlegen. Diese entscheidenden Merkmale, diese Ermessungsentscheidungen, sind gerichtlich nicht mehr überprüfbar. Das hat das Bundesverwaltungsgericht eindeutig festgestellt. Auch die Gerichte haben immer wieder betont, dass sie erst gar nicht in einer Entscheidungsnot wären, wenn sich die Städte und Gemeinden eine entsprechende Grundform geben würden. Das bedeutet, der Beurteilungsspielraum der Städte und Gemeinden ist sehr hoch. Doch es erfordert auch, dass sie sich einen bestimmten Rahmen geben müssen. Und dieser Rahmen muss konsequent eingehalten werden.“ Schließlich sei die Frage der Marktfreiheit keine Einbahnstraße für die Neubewerber. So wie einige Gerichte die Auslegung der Marktfreiheit für Neubewerber forderten, stelle sie eine nicht unerhebliche Einschränkung wiederum für Stammbeschicker dar. DSB erstellt Handlungsrahmen Das tägliche Geschäft von Städten und Gemeinden, so Hauptgeschäftsführer Gels, sei es, Rahmenbedingungen zu setzen, die einer Überprüfbarkeit auch Stand halten. Und hier seien alle Beteiligten aufgefordert, sich zusammenzusetzen. Der DSB arbeite derzeit gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium, dem Deutschen Städtetag und Deutschen Städte- und Gemeindebund an einem solchen gemeinsamen Handlungsrahmen, der anschließend den Städten und Gemeinden zur Verfügung gestellt werden soll. Basel II ist keine Einbahnstraße Befürchtungen, dass die Kreditvergabe an Schaustellerbetriebe durch die neuen Richtlinien nach Basel II erschwert würde, trat Hans Schmid, Pressesprecher des Bayerischen Sparkassenverbandes entgegen. Im Rahmen der Rating-Einschätzungen gebe es keinerlei Branchenmalus. Kein Unternehmen werde automatisch einer bestimmten Risikostufe zugeführt, nur weil es einer bestimmten Branche angehöre. Jedes Unternehmen werde getrennt und individuell bewertet. „Bei jedem Rating gibt es harte und so genannte weiche Faktoren. Der Kunde selbst kann durch zeitnahe solide Buchführungsunterlagen, am besten mithilfe eines Steuerberaters, und durch eine geordnete Kontoführung sehr viel dazu beitragen, damit eine objektive und sachgerechte Rating-Einstufung zustande kommt“, sagte Schmid. Für Vorhaben mit einem stimmigen Geschäftsmodell gebe es auch mit Basel II ausreichend Finanzierungsvolumina. Was sich gegenüber früher geändert hätte, seien die stärkeren Preisdifferenzierungen. Die konjunkturbedingten Risiken einer Unternehmung könnten Banken und Sparkassen jedoch nicht ausgleichen. Auch demografische Änderungen oder Verschiebungen im Konsumverhalten träfen manche Branchen härter als andere. Hans Schmid: „Es wäre jedoch falsch, zu behaupten, dass wir uns deshalb dem Kreditgeschäft verschließen würden.“ Pressekontakt Christoph Jansen Pressereferent E-Mail: [email protected] Telefon: (030) 590 09 97 83 Telefax: (030) 590 09 97 87 Deutscher Schaustellerbund e.V. Hauptgeschäftsstelle Am Weidendamm 1A 10117 Berlin