Brücke/Most-Stiftung ▪ Reinhold-Becker-Straße 5 ▪ 01277 Dresden Interview mit Julie Braná und Marek Šmelina, Mitglieder des Blockflötentrios Tre Fontane Sa. 30.10., 16:00, Graupa – Lohengrinhaus Wie kam es, dass Sie sich entschieden gemeinsam als Trio „Tre Fontane“ aufzutreten? Marek Špelina: Wir stammen alle drei aus Pilsen. Hinter unserer Entscheidung Tre Fontane zu gründen, stecken mehrere Gründe. In erster Linie die Lust zum gemeinsamen Spielen. Wir treffen uns alle drei in verschiedenen an „alter Musik“ orientierte Ensembles und ich glaube, dass wir uns sehr verstehen, sei es musikalisch oder menschlich. Ein weiterer Grund ist unser Engagement für die Blockflöte als ein selbstständiges und vollwertiges Musikinstrument und dessen „Etablierung“ auf der professionellen Musikszene. Obwohl sich die Situation in Tschechien immer zum Besseren entwickelt, stoßen wir immer noch in Gesprächen mit Kollegen oder Musiklehrer auf die Frage: „Hat die Blockflöte überhaupt irgendein Repertoire? Ist das eigentlich nicht nur so eine Pfeife?“ Das wollen wir verändern. Welche Position nimmt das Ensembles Tre Fontane im Rahmen der tschechischen Musikszene ein? Marek Špelina: In der Gegenwart sind wir wahrscheinlich das einzige tschechische professionelle Ensemble, das ausschließlich Blockflöten spielt. Wonach haben Sie Ihr Trio benannt? Marek Špelina: Hinsichtlich des Ensemblenamens verliefen anfangs ziemlich lange Debatten. Schließlich haben wir den Namen TRE FONTANE ausgewählt, was man entweder als Hinweis auf die gleichnamige mittelalterliche Komposition aus dem 14. Jahrhundert auslegen kann. Oder (und wir verstehen es so) eher nach der inhaltlichen Seite, eher wir tre fontane = "drei Quellen“. Also drei unterschiedliche Persönlichkeiten, drei verschiedene Inspirationen, aus deren Verbindung ein selbstständiges Ganze entsteht. Könnten Sie mehr zu Ihrem Reperoire sagen? Brücke/Most-Stiftung zur Förderung der deutsch-tschechischen Verständigung und Zusammenarbeit Marek Špelina: Das Repertoire des Ensembles ist sehr abwechslungsreich. Es besteht aus den für Blockflöten bestimmten und verfassten Kompositionen und auch von verschiedenen Transkriptionen und Arrangements der Kompositionen, die ursprünglich für andere Musikinstrumente bestimmt waren (z.B. Querflöten, Streicher, Orgeln, Cembalo oder vokale Ensembles). Die Praxis der Gestaltung von Arrangements und Transkriptionen ist eine Angelegenheit, die es schon tief in der Vergangenheit des musikalischen Mittelalters gab. Auch in diesem Aspekt gehen wir aus den Zeitgewohnheiten aus. In der Repertoireauswahl sind wir nicht nur an „alte Musik“ gebunden, sondern wir bestreben alle Stilepochen vom Mittelalter bis zur Gegenwart abzudecken. Das ermöglicht uns solche Programme zusammenzustellen, die ein sehr breites und heterogenes Publikum – vom laienhaften bis zu sehr spezialisierten – anzusprechen. Sie studierten an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Wir erinnern Sie an die in Deutschland verbrachten Jahre? Nehmen Sie irgendwelchen Unterschied zwischen der tschechischen und deutschen Musikszene wahr? Julie Braná: Im Hamburg studierte ich fast acht Jahre. Die Anfänge waren sehr schwierig, weil im Jahr 1996, als ich mit dem Studium bei Prof. Peter Holtslag begonnen hatte, war es für mich nicht möglich ein Stipendium zu bekommen, nur einmalige Förderung. Ich wollte es jedoch nicht aufgeben, weil man die Blockflöte damals in Tschechien an keinem Konservatorium oder Hochschule studieren konnte. So habe ich die Ausbildung gewonnen, die man auch nach so vielen Jahren in unserer Republik nicht gewinnen kann. Später studierte ich auch Barockquerflöte an der Hochschule für Musik in Bremen, wo es umfangreiche Abteilung für alte Musik gibt. An den beiden Schulen gibt es Musikbibliotheken mit einer Menge an Notenmaterialien und Büchern, die es ermöglichen eine riesige Menge von Informationen zu gewinnen, die in Tschechien nicht waren und nicht einmal heute meistens zugänglich sind. In Deutschland habe ich dann festgestellt, wie riesig die Konkurrenz im Blockflötenspiel und in der „alten Musik“ überhaupt ist. Im Gegensatz dazu bleibt die tschechische Musikszene auch heute noch hinterher. Was heißt es für Sie im Rahmen des 12. Tschechisch-Deutschen Kulturtage auftreten zu können? Marek Špelina: Vor allem ist das unser erster Auftritt im Rahmen eines internationales Projektes, das auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gerichtet ist. Die Verbindung zweier Kulturen, die sich historisch sehr nahe stehen, hat in Ihrem Fall auch einen besonderen Aspekt. In der Renaissance- und Barockzeit, mit deren Musik wir uns oft beschäftigen, handelte sich um ein Kulturterritorium. Deutsche Komponisten wirkten oft in Tschechien und umgekehrt. So dass auch gegenwärtige „deutsche“ Traditionen und Millieu sind uns Musikern sehr nah. Interview: Václav Kazda - Seite 2 -