Cantormenge Bei der Konstruktion der Cantormenge C beginnen wir mit dem Intervall C1 0,1 und entnehmen nach Drittelung das mittlere offene Intervall 13 , 23 . Es verbleiben das erste und das dritte abgeschlossene Intervall als Menge C 2 0, 13 23 ,1. Dies führen wir ad infinitum fort und erhalten auf diese Weise eine Folge von Mengen C n nIN mit C1 C2 . Der Durchschnitt all dieser Mengen C C n nIN heißt Cantormenge. Formal gehen wir wie folgt vor: Wir definieren induktiv die verbleibenden Intervalle. 1) I 0,1 0,1 2) Sind im n-ten Schritt die 2 n Intervalle I n ,1 , I n , 2 ,, I n , 2n schon definiert, so erhält man durch Entfernen der 2 n offenen mittleren Drittel die 2 n 1 abgeschlossenen Intervalle I n 1,1 , I n 1, 2 ,, I n 1, 2n 1 . 2n Mit C n I n ,k stellt dann der Durchschnitt C k 1 C n die Cantormenge dar – auch Can- nIN torsches Diskontinuum genannt. Bemerkung 1 (Eigenschaften der Cantormenge) Die Cantormenge ist eine abgeschlossene Menge vom Maß Null und nicht abzählbar. Als Durchschnitt abgeschlossener Mengen ist C offenbar wieder abgeschlossen. Betrachten wir nun die Summe der Länge der entfernten Intervalle beim n-ten Schritt, die ja nach Konstruktion disjunkt sind. 2n 2n k 1 k 1 C n I n ,k 13 23 n n 1 Nach n Schritten sind somit insgesamt aus 0,1 Intervalle mit einer Gesamtlänge von i 2 n 1 2 2 3 i 0 3 i 1 3 n i geometrische Re ihe 2 1 23 2 1 1 3 1 3 3 n n n entfernt worden, so daß die verbleibende Menge 0,1\ C i noch eine Länge von i 1 23 n hat. Mit wachsendem n strebt dieser Wert aber der Null zu. Daß die Menge C nicht abzählbar ist, ergibt sich aus folgender Tatsache: Jedes x C besitzt eine triadische Entwicklung x x nIN n 3 n , wobei die triadischen Ziffern x n 0, 2 sind. Ein Punkt der Cantormenge läßt sich somit als eine Folge von 0 und 2 darstellen. Statt eines Beweises mag folgende Anmerkung zur triadischen Entwicklung der Cantorpunkte genügen, wo wir einige tatsächlich „zu Fuß“ ausrechnen wollen. Anmerkung: Die Randpunkte der Intervalle I n ,k gehören zur Cantormenge und besitzen eine Darstellung mit der Periode 0 oder 2. Betrachten wir dazu beispielsweise die beiden Randpunkte von I 0 ,1 , so ist 1 2 3 k 2 3k und damit 1 0,0222 3 1 2 2 k 3 k 1 3 und damit 2 0,2000 . 3 sowie Jedoch umfaßt die Cantormenge mehr Punkte aus 0,1 als nur die Randpunkte der Intervalle I n ,k . Nehmen wir dazu als Beispiel x 14 . J(3,1) J(2,1) J(3,2) J(1,1) 1 4 2 J(3,3) J(2,2) J(3,4) Bezeichnen wir mit Jn, k die offenen Intervalle – J1,1 13 , 23 , so gibt es kein offenes Intervall, daß 14 „wegwischt“. Vielmehr kann man fest stellen, daß es bei jedem Schritt ein letztes offenes Intervall gibt, für das 14 obere Schranke ist, und ein erstes offenes Intervall, für das 14 untere Schranke ist. Für jede natürliche Zahl k sind dies die offenen Intervalle J 2k 1, 23 2 2 k 3 1 und J 2k , 13 2 2 k 1 1 Für J1,1 , J3,2 , J5,6 , .... ist also 14 untere Schranke und für J2,1 , J4,3 , J6,11 , .... obere Schranke. Für k strebt der rechte Randpunkt von J 2k , 13 2 2 k 1 1 gegen 1 4 , so daß 1 4 92 812 322 k und damit k 1 1 4 0,020202 . Jeder Punkt x 0,1 mit der Darstellung x nIN xn 3n ( x n 0, 2) läßt sich also offenbar nicht von den offenen Intervallen „wegwischen“. Demnach ist x C nn x n 0, 2 . nIN 3 Abschließend wollen wir auf diesem Blatt noch kurz die Dimension der Cantormenge ansprechen, die als Nullmenge kein Intervall ausfüllt, aber überabzählbar ist. Sie ist ein besonders einfaches Beispiel für ein sogenanntes Fraktal. Weitere bekannte Fraktale sind etwa Kochsche Kurve, Sierpinski-Teppich, Sierpinski-Dreieck, Mengerschwamm, Mandelbrotmenge oder Juliamenge. Betrachten wir hierzu die Streckung von geometrischen Figuren (Figuren werden in ähnliche Figuren durch Streckung der Seiten übergeführt) und ihre Auswirkungen auf Länge, Fläche und Volumen. Bezeichnet k den Streckfaktor, so ist uns aus der Geometrie die nachfolgende Tabelle wohl bekannt. DIMENSION Vor der Streckung Nach der Streckung Streckenlänge L kL Quadratfläche F k2 F Würfelvolumen V k3 V 3 Offenbar entsteht dabei die neue Länge (die neue Fläche, das neue Volumen) durch Multiplikation mit einer Potenz des Streckfaktors k, wobei der Exponent die Dimension darstellt. Fraktale – wie die Cantormenge – verhalten sich aber nach Streckung nicht wie die „herkömmlichen“ geometrischen Figuren. Strecken wir etwa das Einheitsintervall 0,1 mit dem Faktor k = 3, so ergibt sich die neue Länge aus dem Dreifachen der Länge des Einheitsintervalls. Strecken wir dagegen die Cantormenge mit dem Faktor k = 3, so sind ihre Punkte nur in den beiden Intervallen 0,1 und 2, 3 . Wir benötigen also zur Darstellung der „gestreckten Cantormenge“ genau zweimal die „alte Cantormenge“. Bezeichnet nun H ein Maß für die Cantormenge, so gilt offenbar: H3 C 2 HC Wir versuchen daher in Anlehnung an die obige Tabelle folgenden nahe liegenden Ansatz: H3 C 3d HC 2 HC 3d HC 2 3d d log 2 log3 0,63 Demnach hat die Cantormenge eine gebrochene Dimension Anmerkung: Die Suche nach der gebrochenen Dimension solcher Fraktale kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Im Falle der Selbstähnlichkeit kann man diese nach der oben beschriebenen Art ermitteln und spricht von Ähnlichkeitsdimension. Es ist d log A , log k wobei A die Anzahl der „alten Figuren“ ist, die bei einer Streckung mit dem Faktor k benötigt werden. Beispiel 1 (Dimension der Kochschen Kurve) Die Dimension der Kochschen Kurve ist log 4 log 3 . Eine Streckung der Kochschen Kurve mit dem Faktor k = 3 hat zur Folge, daß wir 4 alte Figuren benötigen, um die gestreckte Kochsche Kurve wieder zu erhalten. Es ist daher d log 4 log3 1,26 . 4