Preludes 1.B

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Univ.Prof. Eike Straub
Preludes 1.Band
Debussy
1
Debussy Preludes 1.Band
Erster Band : 1910 entstanden
zweiter Band 1913
Nicht ohne Grund sind die Titel den Preludes nachgestellt. Sie stellen eine Art
unverbindlicher Anmerkung dar, keinesfalls sind sie programmatisches Konzept. 24 an der
Zahl wie die Chopin-Preludes oder wie in Bachs Wohltempertiertem Klavier, sind sie doch
kein Zyklus. Jedes Stück ist in Form und Ausdruck einzigartig, ohne Bezug auf die anderen
Preludes( Einige Ausnahmen ) . Debussy hatte aus diesem Grund auch mit zyklischen
Gesamtaufführungen seiner Preludes gar keine Freude.
Mehr und mehr … überzeuge ich mich davon, dass die Musik ihrem Wesen nach keine Sache
ist, die man in eine strenge und überlieferte Form zwängen kann. Sie besteht aus Farbe und
rhythmisierter Zeit.
Danseuses de Delphes
Lent et grave
Tänzerinnen von Delphi
Vorbild des Preludes dürfte ein Foto sein, das Debussy im Louvre entdeckte. Darauf sind drei
Tänzerinnen in einem Apollo-Tempel zu sehen. Debussy selbst spielte das Prelude langsam
und mit fast metronomischer Strenge, das ist durch Aufnahmen auch belegt.
Effekte . Fingerzymbeln T 8+9 und 16+17 müssen strahlend klingen.
Lieblich aber verhalten : Die Tänzerinnen schreiten anmutig. Offene Dur – Moll Kadenzen
kommen bei Debussy oft als Parodie des Alltäglichen vor. Der äußerste Gegenpol zum
Trivialen, das Sakrale findet seine Form im reinen Dreiklang. Auf und niederschwebende
Harfenklänge in einfacher Diatonik deuten das Schreiten der Tänzerinnen an. Zwei
Thementeile, ein diatonischer und ein chromatischer. 5-taktiges Thema im ¾ Takt, im vierten
Takt, wo sich die Melodie zur Quart spannt, ist ein 4/4 Takt eingearbeitet. So wandelt sich das
Gewöhnliche ins geheimnisvolle archaische.
Dualismus diatonisch-chromatisch, Innen – außen, von innen nach außen, -von außen nach
innen, sacral-gewöhnlich..
So wie „Des pass ur la neige“ meinte Debussy auch von den Tänzerinnen von Delphi, das
Stück sollte besser nur unter vier Augen gespielt werden. Es sei dahingestellt, ob deshalb,
weil er es nicht gut genug fürs Konzert fand, oder ob er meinte, es sei zu introvertiert fürs
Konzert.
Univ.Prof. Eike Straub
Preludes 1.Band
Voiles
Debussy
2
Modere
Schleier, Segel
In einem Tempo ( Rhythmus ) aber ohne Strenge und schmeichelnd
Voiles bedeutet Schleier, auch Segel. Nicht zwingend kann man also von dem nostalgischen
Segelschiff ausgehen, das da am Horizont bei Sonnenuntergang… ebenso könnte auch
Schleier in jeder Bedeutung gemeint sein. ( Durchsichtig, schwerelos, verbirgt das
Dahinterliegende ). Vermutlich ist es sogar die Dualität der Deutungen, die Inhalt dieses
Preludes ist.
Das Stück ist in der Struktur auf einer Ganztonleiter aufgebaut, nur unterbrochen durch 4
Takte Pentatonik auf den schwarzen Tasten in Ges-Dur. Die Ganztonleiter bringt das
Sphärische, das Schwerelose, da es sich nicht zwingend auf einen (Grund)Ton bezieht.
Flüchtiges Kreisen der Terzenmotive in der Ganztonreihe, ruhiges Schreiten der Oktaven und
ein schweres immer wiederkehrendes B im Bass als dritte Motivebene. Großer Kontrast zum
Pentatonik Teil mit den Glissando-Effekten.
Das Stück entfaltet seinen hintergründigen Reiz, wenn Tempo und Dynamik große Disziplin
wahren.
Univ.Prof. Eike Straub
Preludes 1.Band
Le Vent dans la plaine
Debussy
3
Anime
suspend son haleine…
Der Wind über der Ebene
hält seinen Atem an…
Debussy greift auf das 1888 entstandene Gedicht von Paul Verlaines zurück, das diesem
Prelude seinen Namen gibt.
leichtester Anschlag, feinste Nuancen. Unterbrochen von einem kontrastreichen Mittelteil.
Schließt in gewisser Weise an das vorige Prelude an. Hat ein zartes inhaltliches Band zum 2.
Prelude. Die ständigen Motive gehen wie oft bei Debussy in die Nähe einer Konzertetüde.
Technisch sehr schwierig auszuführen.
Les sons et les parfums tournent dans l`air du soir
Modere
Klänge und Düfte schweben in der Abendluft
Melancholischer Walzer und träumerischer Taumel
Ein Vers des Gedichtes Harmonie du soir aus Charles Baudelaires Berühmten „Fleurs du
mal“ hat dem Prelude seinen Titel gegeben.
Die Melodie – Linie E-A-B-Cis-Fis bildet den Grundstock, für alle vorkommenden
Harmonien.
T35-36 : Klangwirkung wie Flagolett oder Mixtur. Der Grundschlag ¾ 2/4 ist 5/4 ist als
imaginärer Walzer zu deuten. Daher kommt auch die etwas schnellere Tempoangabe. Sie soll
immer den Walzer bewahren und helfen, dass der Spieler nicht in schwärmerisches
Effektspiel abgleitet.
Univ.Prof. Eike Straub
Preludes 1.Band
Les Collines d`Anacapri
Debussy
4
Tres modere – Vif
Die Hügel von Anacapri
… stehen als Symbol für Italien. An dieser Stelle steht der einzige Bezug Debussys zu Italien.
Vermutlich weil sein Aufenthalt als Rom-Preisträger mehr als traumatisch war.
Möglicherweise hat die monotone Anlage des Stückes ihre Wurzeln in der neapolitanischen
Volksmusik.
Von Seiten der Harmonik ist auffallend, dass Debussy fast ohne Versetzungszeichen
auskommt. Das heißt, dass er die ganze Zeit um H-Dur bleibt. Klangliche Effekte, feine
Nuancierungen des Klanges stehen im Vordergrund. Das Sphärische in den langsamen Teilen,
wird durch fast triviale Einfälle, Melodien und Stimmungen unterbrochen. Sehr extrem und
wichtig. Der helle Ausbruch am Schluss. bis zum H4 und das im fff!
Des pass ur la neige
Triste et lent
Spuren im Schnee
Dieser Rhythmus soll den Klangcharakter einer traurigen und vereisten Landschaft haben.
… wie ein zärtliches und trauriges Bedauern
Zu dieser Zeit erfuhr Debussy von seiner schweren Krankheit, der er dann auch erlag.
Möglicherweise spiegeln sich hier erste Gedanken an das eigene Untergehen wieder,
zumindest aber die große persönliche Trauer bevorstehender Krankheit.
Bei diesem prelude sind die programmatischen Elemente persönlicher und daher für die
Interpretation relevanter. Das d-moll der Stille ( des Todes ) wechselt mit dem Des-Dur des
Lebens. Am Ende haucht dann das Prelude kunstvollst sein Leben aus.
Univ.Prof. Eike Straub
Preludes 1.Band
Ce qu`a vu le vent d`ouest
Debussy
5
Anime et tumultueux
Was der Westwind gesehen hat
Pendant zu Voiles : Die leichte Brise hat sich zum Sturm gewandelt. Geht auf ein Gedicht
zurück.
Die Wut, die Agressivität des Sturmes zeigt sich in den schnellen Noten und wilden
Harmonien, Viele Vortragsanweisungen verdeutlichen den Charakter. Das Kontrastspektrum
ist enorm. Aber nicht einfache Klangmalerei steht im Mittelpunkt. Der extreme Kontrast
zwischen draussen und drinnen. In manchen stellen mit albtraumhafter Schönheit
verwirklicht. Das ganze Stück entfaltet sich großteils auf dem Orgelpunkt Fis :
Die inhaltliche und musikalische Spannung tobt zwischen dem Orgelpunkt Fis und C.
Melismen verbreitern sich eruptiv zu Ganztonakkorden und zersplittern wieder bis zum
Einklang des Orgelpunktes. Der Kontrast von diesem durch Rauheit und Extreme geprägten
Prelude zum nächsten könnte kaum größer sein.
La fille aux cheveux de lin
tres calme et doucement expresseif
Das Mädchen mit den flachsblonden Haaren
Auch dieses Prelude geht auf eine dichterische Vorlage zurück, auf die gleichnamige Chanson
ecossaise aus Leconte. Schon 1882 hatte sich Debussy mit diesem Gedicht beschäftigt und es
als Kunstlied in Musik gesetzt.
Keinesfalls sollte dieses Stück zum Salonstück mutieren. Billige Effekte sind auf jeden Fall
zu vermeiden. Wichtig bleiben der kühle Schleier, die schlichte Eleganz, das Gespräch „unter
vier Augen“, wie Debussy es selbst gern nannte. In pentatonischen Melismen hallen alte
schottische Volkslieder nach.
Univ.Prof. Eike Straub
Preludes 1.Band
Serenade interrompue
Debussy
6
Moderement anime
Das unterbrochen Ständchen
Zeugnis der Liebe von Debussy für Spanien.
Manuel de Falla : Zwei Sänger streiten mit ihren Gitarren um die Gunst eines Mädchens, die
verborgen hinter ihrem Blumengitter bleibt und das galante Turnier aufmerksam verfolgt.
Vom Tempo auf keinen Fall zu schnell, damit jede Saite wirklich ausschwingen kann. ( quasi
guitarra ).
Ein Meisterwerk von andalusischem Anmut. Dreiachtel Rhythmus der spanischen Jota. Als
tonale Basis die Zigeunertonleiter : F-Ges-A-B-C-Des-E. Das ganze Stück spielt ( ganz im
Sinne der Gitarre ) innerhalb drei Oktaven. Ist also in dieser Weise komprimiert auf das
Wesentliche. Kontrastreich durchdringen die ruppigen Motive das zärtliche Werben.
La Cathedrale englooutie
Profondement calme
Die versunkene Kathedrale
geht auf eine bretonische Legende zurück, die Debussy in Ernest Renans Souvenirs d`enfance
et de jeunesse 1883 entdeckte.. Manchmal, so berichtet die Sage, taucht beim ersten Licht des
Tages die versunkenen Kathedrale von Ys aus den Fluten des Meeres von Dournaz wieder
empor und durch den morgendlichen Nebel erklingt das Geläut der Glocken.
Im Gensatz zum vorigen Prelude spielt die Kathedrale über 7 Oktaven. Alles an dem Stück
ist groß, imposant und geheimnisvoll. Dreiteilig die Geschichte und das Prelude. Die
Kathedrale kommt aus dem Nebel, taucht auf und versinkt wieder. Auf dem Glockengrund C
entsteht eine Hymne.
Univ.Prof. Eike Straub
Preludes 1.Band
La Danse Puck
Debussy
7
Capricieux et leger
Pucks Tanz
In William Shakespearse Am Midsummer Nights dream treibt ein lustiger Kobold sein
Unwesen. Seine Sprünge und Eskarpaden zeichnet Pucks Tanz in einem brillanten Scherzo
nach.
Auch hier wieder vom tänzerischen Geist durchsetzt. Aber , wie auch in den anderen
Preludes, durchbrochen von anderen Motiven, Kapriolen. Tonale Achse ist Es. Es Dur wird
aber fast nie erreicht. Es ist ein schemenhaftes Umspielen.. Thema, wie ganz viele Stücke von
Debussy : Prim Sekund Quart – fallendes Intervall. ( Cathedrale ) Einige Orgelpunkte stützen
das bunte Treiben.. Saubere Ausführung der Phrasierungen und Artikulationen verbieten eine
allzu hastige und virtuose Darstellung – keine zu schnellen Tempi.
Minstrels
Modere
Musikanten
knüpft an Galliwogs Cake aus Childrens Corner an. Dieser Tanz war außerordentlich populär
und steht so am Ende des ersten Bandes.
Gruppen verm. schwarzer Musikanten aus den Frühtagen des Jazz fallen langsam in dieses
Prelude ein. Kontraste im Charakter sind essentiell.
Die Groteske hat mit diesem Stück Einzug in die Konzertliteratur gefunden.
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