2. Kammerabend - Staatskapelle Dresden

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2. kammerabend
S aison 2012 20 13
M i t t wo c h 7.11.12 2 0 U h R
I Semperoper Dresden
2. Kammerabend
Mitwirkende Gäste
Annette Jahns
Rezitation
Christina Biwank
Viola
Peter Bruns
Violoncello
Frank-Immo Zichner
Klavier
Jobst Schneiderat
Celesta
Ausführende
Sabine Kittel und Rozália Szabó
Flöte
Kai Vogler
Violine
Astrid von Brück und Vicky Müller
Harfe
Claude Debussy
zum 150. Geburtstag
Claude Debussy
* 22. August 1862 in Saint-Germain-en-Laye
† 25. März 1918 in Paris
Sonate für Violoncello
und Klavier d-Moll
1. Prologue. Lent
2. Sérénade. Modérément animé
3. Finale. Animé
Peter Bruns und Frank-Immo Zichner
Sonate für Flöte, Viola
und Harfe F-Dur
1. Pastorale. Lento, dolce rubato
2. Interlude. Tempo di Minuetto
3. Finale. Allegro moderato ma risoluto
Sabine Kittel, Christina Biwank und
Astrid von Brück
Sonate für Violine
und Klavier g-Moll
1. Allegro vivo
2. Intermède. Fantasque et léger
3. Finale. Très animé
Kai Vogler und Frank-Immo Zichner
Pau s e
»Chansons de Bilitis«
für Erzähler, zwei Flöten,
zwei Harfen und Celesta
Gedichte von Pierre Louÿs
1. Chant pastoral (Hirtenlied)
2. Les comparaisons (Die Vergleiche)
3. Les contes (Die Märchen)
4. Chanson (Lied)
5. L a partie d’osselets
(Das Knöchelspiel)
6. Bilitis
7. Le tombeau sans nom
(Das Grab ohne Namen)
8. Les courtisanes égyptiennes
(Die ägyptischen Kurtisanen)
9. L’eau pure du bassin
(Das klare Wasser des Beckens)
10. L a danseuse aux crotales
(Die Tänzerin mit den
Fingerzimbeln)
11. Le souvenir de Mnasidika
(Die Erinnerung an Mnasidika)
12. L a pluie au matin
(Der Regen am Morgen)
Annette Jahns, Sabine Kittel,
Rozália Szabó, Astrid von Brück,
Vicky Müller und Jobst Schneiderat
Zum Programm
Er war der Gründervater des musikalischen
Impressionismus und Vorreiter der »Farbund Klangkunst«: Claude Debussy, dessen
Geburtstag sich am 22. August 2012 zum
150. Mal jährte. Aus diesem Anlass widmet
sich die Reihe der Kammerabende der
Sächsischen Staatskapelle Dresden im heutigen Konzert einem ausgewählten, in dieser Zusammenstellung selten zu hörenden
Programm mit erlesenen Meisterwerken
des großen französischen Komponisten.
Drei späte Sonaten
Die drei zwischen 1915 und 1917 kom­
ponierten Sonaten für verschiedene
Besetzungen gehören zu Claude Debus­
sys letzten vollendeten Werken. Sie
bilden eine Einheit, allerdings eine un­
vollständige, denn geplant waren sechs
Kompositionen mit dieser Bezeichnung.
Die Idee zu einem solchen Zyklus kam
Debussy im Zuge des durch den Ersten
Weltkrieg geweckten Nationalismus (wie
er in Deutschland nicht minder sich ausbreitete) und führte zur Besinnung auf
die französische Musik besonders des
17. und 18. Jahrhunderts. Das bedeutete
Abkehr von der deutsch-österreichischen
Entwicklung und Rückbezug auf die französische Vorklassik, für die »Sonate« ein
»Klingstück« war, ohne festen formalen
und inhaltlichen Regeln zu unterliegen.
Debussy hatte ein gemeinsames Titelblatt
für die geplante Serie entwerfen und
drucken lassen, dessen grafisches Bild
französische Titel aus der Zeit von etwa
1720 bis 1770 genau imitiert; seinen Autorennamen auf der Titelseite ergänzte
Debussy durch den ausdrücklichen Zusatz: »Musicien Français«.
Enstanden sind ungeachtet dessen drei
Sonaten, die allein der reife Debussy
hervorbringen konnte. Schon eine Be­
setzung wie die der zweiten Sonate mit
Flöte, Viola und Harfe passt nicht in die
Barockzeit, der für eine weitere Sonate
angedachte Einsatz des Englischhorns
schon gar nicht; auch wäre die – nicht
mehr realisierte – Kombination von
Cembalo, Oboe und Horn damals noch
geradezu exotisch gewesen. Selbst die
traditionell besetzten Sonaten für Violoncello und Klavier bzw. für Violine und Klavier gehen eigene Wege, auch wenn alte
Satzbezeichnungen wie »Intermède« oder
»Sérénade« Verwendung finden. Lässt
die Violoncellosonate noch am ehes­ten
Anklänge an Alte Musik erkennen, so die
übrigen beiden kaum noch. Dafür steht
die Kompositionsweise aller Sonaten im
Gefolge von Debussys Oper »Pelléas et
Mélisande« und ist gekennzeichnet durch
eine gleichsam schwebende Harmonik:
Trotz klarer Dreiklänge ist deren Verbindung untereinander sehr frei und oftmals
überraschend, die Tonarten springen
innerhalb der Sätze, überlagern einander
sogar. Desgleichen sind die Sonaten von
einer ebenso schwebenden Rhythmik
geprägt, Taktvorzeichnungen wechseln
in Melodie- und Begleitinstrument mitunter mehrfach innerhalb eines Satzes.
»Thematische Arbeit« nach klassischem
Vorbild begegnet in den Sonaten nicht,
wohl aber die Wiederkehr einzelner Phrasen und Figuren, ja sogar deren »Zitat« in
einem späteren Satz einer Sonate.
Ohne Bravourstücke sein zu wollen,
stellen die drei Sonaten an die Ausführenden höchste Ansprüche, denn um den
schwebenden Charakter der Musik zu er-
zeugen, werden zum Teil halsbrecherische
Läufe und Figuren verlangt. Die Wirkung
dieser Musik auf den Hörer könne sehr
unterschiedliche Gefühle wecken, schrieb
Debussy selbst über die Sonate für Flöte,
Viola und Harfe, sie sei »furchtbar melan­
cholisch, und ich weiß nicht, ob man da­
rüber lachen oder weinen soll, vielleicht
beides zusammen?«
Die letzte Sonate, die Violinsonate, wur­
de beendet, als sich Debussys Gesundheitszustand schon rasant verschlechterte.
Die Uraufführung kam noch mit ihm selbst
am Flügel zustande und errang mehr Beifall als die der beiden anderen Sonaten.
Während der Niederschrift äußerte Debussy in einem Brief, dass die Violinsonate
später vor allem bekunden werde, wie ein
schwer kranker Mensch komponiert. Das
Ergebnis seines Arbeitens ist freilich weit
mehr als ein Zeichen seines Kampfes gegen
die Krankheit, der er schließlich erlag.
»Chansons de Bilitis«
Der hochgebildete Lyriker und Schriftsteller Pierre Louÿs (1870-1925), mit
dem Debussy seit 1893 befreundet war,
veröffentlichte 1894 seine umfangreiche
Gedichtsammlung »Chansons de Bilitis«,
die er als Übersetzung antiker Verse einer
griechischen Dichterin Bilitis ausgab.
Als vermeintlichen Entdecker der Verse
nannte er einen deutschen Archäologen
namens G. Heim (»geheim«). Der Inhalt
der Gedichte reicht von zarter bis glühender Erotik über Naturbeschreibungen bis
hin zu Totenklagen. Debussy, unter dem
Eindruck seiner zwischen »schön« und
»schrecklich« schwankenden Beurteilung
des Sujets von »Pelléas et Mélisande«,
fühlte sich von den als ähnlich eingeschätzten Gedichten so stark angezogen,
dass er sich ihnen mehrfach zuwandte.
1897/1898 schrieb Debussy zunächst
drei »Chansons de Bilitis« für eine Singstimme und Klavier, die 1900 zur Uraufführung gelangten; ein Jahr später vollendete er eine Bühnenmusik mit demselben
Titel. Sie bildete die klangliche Umrahmung für eine Reihe von Gedichten, die
zu einer szenischen, aber stummen Darstellung rezitiert wurden. Debussy beteiligte sich 1901 an der Aufführung der
Musik für zwei Flöten, zwei Harfen und
Celesta, indem er selbst die Celesta spielte. Wegen der teilweise entkleideten Darsteller der lebenden Bilder gab es einen
Skandal; aber tags darauf erschien eine
Rezension mit sehr freundlicher Erwähnung der »anmutigen, geistreich archaisierenden Musik«. Es gab keine weiteren
Vorstellungen, so dass Debussy nach
einigen Jahren seine »Six épigraphes
antiques« für Klavier zu vier Händen als
neue Komposition veröffentlichen konnte,
ohne dass sie jemand als Bearbeitung von
Sätzen der »Bilitis«-Bühnenmusik wiedererkannte. Das Notenmaterial der letzteren
ging in Teilen verloren und erfuhr erst 1954
eine Rekonstruktion durch Pierre Boulez.
Dennoch wird dieses Debussy’sche Opus
bis heute sehr selten aufgeführt, ja ist noch
immer weitgehend unbekannt. Durchzogen
von zarter Melancholie, besitzt der Zyklus,
über seine ungewöhnliche Gestaltung und
Besetzung hinaus, mit seinen lei­sen Anklängen sowohl an das »Prélude à l’aprèsmidi d’un faune« als auch an »Pelléas et
Mélisande« einen besonderen Reiz.
Ortrun La n d ma nn
Mitwirkende gäste
Annette Jahns
re zi tat i o n
wurde 1981 in das Opernstudio der Semperoper aufgenommen und gehörte von 1985
bis 1999 dem Solistenensemble des Hauses an. Operngastpiele, Konzerte und Lieder­
abende führten die Dresdnerin durch Deutschland, Europa und Japan, sie sang in Bayreuth, debütierte 2002 in Salzburg und 2003 an der Scala. Neben ihren solistischen
Aktivitäten tritt sie seit 1998 erfolgreich auch als Regisseurin in Erscheinung, u.a.
inszenierte sie »Madama Butterfly« an der Semperoper und den »Figaro« in Brünn.
Christina Biwank
viola
absolvierte ihr Studium in Trossingen, München und London. Von 1996 bis 1998
war sie Mitglied der Sächsischen Staatskapelle, seit 1998 ist sie Solobratschis­t in
der Dresdner Philharmonie. Sie konzertiert als Solistin und als Kammermusikerin
in verschiedensten Besetzungen, u.a. ist sie Gründungsmitglied des Rudolf Stainer
Streichquartetts Dresden. Seit 2004 hat die gebürtige Württembergerin einen Lehrauftrag an der Hochschule für Musik »Carl Maria von Weber« in Dresden inne.
Peter Bruns
Vio l on ce ll o
erhielt seine Ausbildung in seiner Heimatstadt Berlin. Als Solist gastierte er in den
Musikzentren aller Kontinente: in der New Yorker Carnegie Hall und der Wigmore
Hall in London, in Tokio und Auckland oder auch bei den Festivals in Kuhmo, Lockenhaus, Bergen und Budapest. Der frühere Konzertmeister Violoncello der Sächsischen
Staatskapelle war von 1993 bis 2000 einer der Leiter des Moritzburg Festivals. Von
1998 bis 2005 unterrichtete er als Professor in Dresden, seit 2005 lehrt er in Leipzig.
Frank-Immo Zichner
k l av i er
wurde in Görlitz geboren und studierte in Berlin. Von 1986 bis 1994 war er als Pianist am Berliner Schauspielhaus engagiert. Solistisch trat er mit Klangkörpern wie
dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin und dem Rundfunk-Sinfonieorchester
Berlin auf, u.a. unter Marek Janowski, Michail Jurowski und Michael Sanderling.
Konzerte gab er über Europa hinaus in Südostasien, Mittel- und Südamerika und
Japan sowie bei den bedeutenden Festivals in Schleswig-Holstein oder Moskau.
Jobst Schneiderat
C e l esta
war nach seinem Studium in Dresden am Landestheater Halle engagiert, seit 1986
ist er Solorepetitor an der Semperoper. Von 2004 bis 2012 betreute er überdies als
Studienleiter das Junge Ensemble Semperoper. Er ist ein gefragter Liedbegleiter und
arbeitet als Cembalist und Organist u.a. mit Musikern der Staatskapelle und mit den
Dresdner Kapellsolisten. Seit 2000 ist er regelmäßig als musikalischer Assistent bei
den Bayreuther Festspielen zu Gast, 2002 gab er sein Festspiel-Debüt in Salzburg.
VORSCHAU
d i e n s tag 13.11.12 2 0 U h R
S e m p er o p er D r e s d e n
3. Kammerabend
Mitwirkende
Christian Langer, Dominic Oelze
und Rafael Molina GarcÍa Schlagzeug
Johanna Zmeck Klavier
Johanna Roggan und Maik Hildebrandt Tanz
Gala El Hadidi Rezitation
Hartmut Dorschner
Komponist und visuelle Live-Performance
Matthias Härtig Visuelle Live-Performance
Michael Lauer Dichtung
Kammermusik der Sächsischen
Staatskapelle Dresden
Gegründet 1854 als TonkünstlerVerein zu Dresden
Verantwortlich: Friedwart
Christian Dittmann, Ulrike Scobel
und Christoph Bechstein
I m p r e ssu m
Sächsische Staatskapelle Dresden
Chefdirigent Christian Thielemann
Spielzeit 2012|2013
Herausgegeben von der
Sächsischen Staatsoper Dresden
© November 2012
R e da k t i o n
Dr. Torsten Blaich
Text
John Cage zum 100. Geburtstag
Erwin Schulhoff
In Futurum
John Cage
The Perilous Night
Tossed as It is Untroubled
Nebojša Jovan Živković
Generally Spoken it’s Nothing but Rhythm
Hartmut Dorschner
Jiddu (Uraufführung)
John Cage
And the Earth shall Bear Again
The Unavailable Memory of
Trio
Improvisationen
über drei Gedichte
John Cage
Credo in Us
Der Einführungstext von Dr. Ortrun Landmann ist ein Originalbeitrag für dieses Heft.
G e s ta lt u n g u n d s at z
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