doc-Format - Evangelische Friedrich Oberlin Fachoberschule

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Evangelische Friedrich Oberlin Fachoberschule für
Sozialwesen, Wirtschaft, Verwaltung und Rechtspflege
Vorbereitungskurs 12 / 5. Runde:
Grenzwerte
24. August 2005
Grenzwerte
In einem Forschungsprojekt zur künstlichen Intelligenz machen sich
Wissenschaftler an die Entwicklung eines Programms, welches das einer
endlichen Zahlenfolge zugrunde liegende Muster entdecken, daraus ein
Bildungsgesetz ableiten und auf diese Weise eine Weiterführung der
Folge ins Unendliche ermöglichen soll. Im Anschluss einige Folgen aus
diesem Projekt:
a) 1; 4; 27; 256; 3125; 46656; 823543
b) -1; 1/4; -1/9; 1/16; -1/25; 1/36; -1/49
c) 0; 7; 26; 63; 124; 215; 342
Falls Sie jetzt das Gefühl haben, die Grenze ihrer mathematischen
Fähigkeiten ist erreicht und Sie überlassen das Denken lieber dem Computer, lohnt sich vielleicht doch ein
Blick auf Zahlenfolgen und deren Grenzwerte.
Zuerst: Eine Folge ist eine geordnete Aneinanderreihung von Zahlen. Die einzelnen Zahlen nennt man
Glieder der Folge. Für die Folge < a1, a2, a3, … , an, … > schreibt man zur Abkürzung < an >.
Beispiel:
1; 4; 9; 16; 25; …
Das 1. Glied der Folge ist a1 = 1, das 2. Glied a2 = 4 usw. Das n-te Glied der Folge bezeichnet man mit an.
Jeder natürlichen Zahl n (n = 1; 2; 3; …) wird genau ein Glied der Folge zugeordnet. Die Zuordnung wird
durch ein Bildungsgesetz, d. h. meist durch eine Gleichung ausgedrückt.
Das Bildungsgesetz für das genannte Beispiel ist:
a1 = 1²;
a2 = 2²;
a3 = 3²
usw.
Das n-te Glied an ist die Zahl n², als Gleichung geschrieben: an = n² (explizite Darstellungsform, weitere
Darstellungsformen).
Hat eine Folge eine begrenzte Anzahl von Gliedern, dann ist die Folge endlich, ansonsten ist sie unendlich.
Es lassen sich unendliche Zahlenfolgen angeben, die einen „Grenzwert“ besitzen. Was ist damit gemeint?
Beispiel:
Gegeben ist die Folge <bn> mit dem Bildungsgesetz bn = 1/n. Einige Glieder lauten:
b1 = 1/1 = 1;
b2 = ½ = 0,5;
b3 = 1/3 = 0,333…;
…;
b1999 = 1/1999 = 0,00050025;
b2000 = 1/2000 = 0,0005;
b2001 = 1/2001 = 0,00049975;
…;
b20.000 = 1/20.000 = 0.00005;
…;
b123.456.789 = 1/123.456.789 = 0.0000000081;
…;
Man kann sagen, dass die Glieder bn mit wachsendem Index n der Zahl 0 „beliebig nahe kommen“. Eine
unendliche Folge, deren Glieder gegen einen bestimmten Wert B streben, nennt man konvergent. Der Wert
B ist der Grenzwert.
Man schreibt allgemein:
lim bn  B
n 
1
n n
oder bezogen auf das Beispiel: lim
0.
(Der obige Ausdruck ist zu lesen: „Der Limes (lat.
Grenze) des Bruches 1/n, wenn n gegen  strebt, ist
0“.)
Folgen, die keinen Grenzwert haben, sind divergent.
D. h. die Glieder einer unendlichen Folge überschreiten jeden vorgegebenen Wert. Gut zu sehen ist das an
unserem Eingangsbeispiel. Die Glieder an = n² werden
Graphische Darstellung der Folge <bn>:
x-Werte = Index n; y-Werte = Glieder bn
mit wachsendem Index n immer größer und streben gegen  . Die Folge <an> hat somit keinen bestimmten
Grenzwert A. (Test zu konvergenten und divergenten Folgen)
Folgen, die zum Grenzwert 0 konvergieren, heißen Nullfolgen (hierzu Test). Sie sind sehr wichtig, um
Grenzwerte anderer Folgen zu berechnen.
Sie wissen bereits, dass <1/n> eine Nullfolge ist, d. h. sie hat den Grenzwert 0. Damit ist <1/n²> ebenfalls
eine Nullfolge, denn ihre Werte gehen noch schneller gegen 0 als die von <1/n>. Auch <2/n> ist eine
Nullfolge. Durch den Faktor 2 wird der Wert von 1/n zwar verdoppelt, aber die Werte streben trotzdem
gegen 0. Daraus ergibt sich, dass alle Potenzen und Vielfache von <1/n> Nullfolgen sind, z. B. <5/n>,
<1/n³>, <4/n³>, <7/n4>, ....
Diese Kenntnisse verwendet man, um z. B. lim
n
3n  1
n 2n  1
lim
 lim
n 
n  (3  1n )
n  (2  1n )
1. Schritt:
im Zähler und
Nenner n
ausklammern
3n  1
zu berechnen.
2n  1
(3  1n )
 lim
n 

(2  1n )
2. Schritt:
Bruch mit n
kürzen
3 0
20

3. Schritt:
Grenzwert bestimmen!
1/n ist eine Nullfolge; die 3 im Zähler und die 2 im
Nenner sind von n unabhängig, d. h. ihr Wert bleibt
gleich, auch wenn n gegen  geht
3
2
4. Schritt:
Bruch
zusammenfassen
(zur weiteren Erläuterung: Grenzwertregeln für Summe, Differenz, Produkt und Quotient von Folgen)
Enthält ein Bruch höhere Potenzen (z. B. lim
2n 2  3n  1
n3  2
n 
; Lösung: S. 15), so wird im 1. Schritt immer die
„höchste“ auftretende Potenz von n aus Zähler und Nenner ausgeklammert (hier: n³) und anschließend
gekürzt. Auf diese Weise werden Nullfolgen gebildet und der Grenzwert lässt sich leicht bestimmen.
Grenzwerte von Funktionen
Eine Folge kann als eine Funktion mit den natürlichen Zahlen als Definitionsmenge aufgefasst werden. Die
Gleichung für die Bildung der Folgeglieder ist dann die Funktionsgleichung der Funktion.
Beispiel: f ( x)  1  1x
Die „Kurve“ ist der Graph der Funktion f mit
f ( x)  1  1x , Df = IR\{0},
die „Punkte“ sind der Graph der Folge <cn> mit
c n  1  1n , Dcn = IN\{0}.
Die reelle Funktion f ist eine „Fortsetzung“ der Folge <cn> in
D(f), die Funktion cn ist als Folge eine „Einschränkung“ von f
in D(cn).
Der Grenzwert der Folge für n   ist:
Der Grenzwert der Funktion für x   ist:
 
lim 1  1x   1  0  1;
x
lim 1  1n  1  0  1 .
n


lim 1  1x  1  0  1
x
(positive und negative x-Werte, d. h. die Bewegung auf der x-Achse erfolgt nach rechts und links; y = 1 ist
die horizontale Asymptote von f, x = 0 die vertikale)
Mit Grenzwerten kann man außerdem das Funktionsverhalten
an Definitionslücken untersuchen.
Beispiel: f ( x) 
2x 2  2x
, Df = IR\{1},
x 1
Die Funktion f hat bei x0 = 1 eine Definitionslücke, d. h. ihr
Graph ist an dieser Stelle unterbrochen. Man nähert sich nun
von links (x < 1) und rechts (x > 1) dieser Stelle. Die Funktion
muss daher in der Umgebung der Definitionslücke definiert sein:
Definition:
Unter einer  -Umgebung der Zahl x0
verstehen wir die Menge aller reellen Zahlen x,
die nach Wahl einer Zahl  > 0 die
Ungleichung
x0 -  < x < x0 +   x  x0  x0  x  
erfüllen.


x
x0  
x0
x0  
Anhand des Graphen sieht man leicht, dass sowohl bei einer rechts- als auch linksseitigen Annäherung der xWerte an die Stelle x0 = 1 die Funktionswerte gegen 2 streben. Ein solcher Sachverhalt legt es nahe, auch für
x  x0 den Begriff Grenzwert zu definieren:
Definition:
 Linksseitiger Grenzwert: lim f ( x)  a l (Die  -Streifen enthalten nur x-Werte, die kleiner als x0 sind.)
x  x0
x  x0

Rechtsseitiger Grenzwert: lim f ( x)  a r (Die  -Streifen enthalten nur x-Werte, die größer als x0 sind.)

Liegt x0 im Inneren von D(f), so gilt:
Der Grenzwert lim f ( x) existiert genau dann, wenn sowohl der linksseitige als auch der rechtsseitige
x  x0
x  x0
x x0
Grenzwert existieren und übereinstimmen, wenn also gilt: lim f ( x)  lim f ( x) .
x  x0
x  x0
x  x0
x  x0
Mit Hilfe der h-Methode lassen sich diese Grenzwerte einfach bestimmen. Sie verwendet den Betrag h als
Abweichung von der zu untersuchenden Stelle x0, wobei man x bei der linksseitigen Annäherung
durch x0 – h und bei der rechtsseitigen Annäherung durch x0 + h ersetzt. h ist stets eine
entsprechend kleine reelle Zahl mit h > 0.

Linksseitiger Grenzwert der Funktion f:
2
 2  (1  h) 2  2  (1  h) 


  lim  2  4h  2h  2  2h 
lim f ( x)  lim f (1  h)  lim 




(1  h)  1
h
x1
h0
h0


 h0
x1
 h  (2h  2)
2h 2  2h
 lim
 lim (2h  2)  0  2  2
h
h
h0
h0
h0
lim
(auch hier formt man den Term so um, dass Funktionen mit dem Grenzwert 0 auftreten; da die Variable h
gegen 0 geht und somit der gesamte Nenner, muss sie in diesem Fall gekürzt werden; Grenzwertregeln)

Rechtsseitiger Grenzwert der Funktion f:
2
 2  (1  h) 2  2  (1  h) 


  lim  2  4h  2h  2  2h 
lim f ( x)  lim f (1  h)  lim 




(1  h)  1
h
x1
h0
h0


 h0
x 1
h  (2h  2)
2h 2  2h
 lim
 lim (2h  2)  0  2  2
h
h
h0
h0
h0
lim
Es gilt also: lim f ( x)  lim f ( x)  lim f ( x)  2 , d. h. f hat an der Stelle x0 = 1 einen Grenzwert.
x1
x1
x1
x 1
x1
Der Grenzwert 2 an der Stelle x0 = 1 fügt sich in den Verlauf der benachbarten Funktionswerte nahtlos ein.
Damit kann die Definitionslücke behoben werden: Man definiert für x0 = 1 den Funktionswert f ( x0 ) = 2.
(Der Graph lässt sich nun - ohne abzusetzen – zeichnen: stetig behebbare Definitionslücke)
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