Antrag 6 zur LANDESKONFERENZ vom Landesvorstand des Pensionistenverbandes Vorarlberg Verteilungsgerechtigkeit, Teilhabe, Armut Armut entsteht nicht trotz, sondern durch Reichtum. Bertolt Brecht hat es während des Zweiten Weltkrieges in einem Vierzeiler folgendermaßen ausgedrückt: »Armer Mann und reicher Mann / standen da und sah’n sich an. / Und der Arme sagte bleich: / Wär’ ich nicht arm, wärst du nicht reich. Deshalb kann Armut im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung nicht durch zunehmenden Reichtum beseitigt werden. Beide sind vielmehr systembedingt: konstitutive Bestandteile des Kapitalismus. Mit der Entwicklung des Sozialstaates wurde die Herstellung von sozialer Gerechtigkeit zur vorrangigen politischen Aufgabe erklärt. Ungerechtigkeit wurde damit als gesellschaftlich produziertes Problem, nicht mehr als unabänderliches Schicksal anerkannt. Diese Entwicklung trug der Tatsache Rechnung, dass gesellschaftliche Teilhabe den Ausgleich asymmetrischer Ausgangsbedingungen und das Recht auf existenzielle Absicherung in sozialen Notlagen voraussetzt. Sozialpolitische Rechtsansprüche und professionelle Soziale Arbeit bedeuten einen wesentlichen Schritt gesellschaftlicher Evolution. Diese historische Errungenschaft wird durch den dreißig jährigen neoliberalen Feldzug gegen den Sozialstaat schrittweise demontiert. Verbunden mit der als Globalisierung bezeichneten Entwicklung und der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise erscheint der auf Verteilungsgerechtigkeit basierende Sozialstaat als Modell der Vergangenheit. Schlimmer noch, der Sozialstaat und so genannte überzogene Ansprüche von Berechtigten werden als Ursachen für mangelnde Wettbewerbsfähigkeit und der Krise ausgemacht. Die politische Steuerung und Begrenzung des Marktes und soziale Gerechtigkeit als Steuerungsprinzip werden von Vertretern der marktradikalen Position kategorisch zurückgewiesen. Die Rede von der Gerechtigkeit, so Friedrich von Hajek, insbesondere von Verteilungsgerechtigkeit sei unsinnig. Der gesellschaftliche Zusammenhalt werde durch die Sicherung der Eigentumsrechte ausreichend gewährleistet. Eine Korrektur des Marktergebnisses sei daher nicht gerechtfertigt. Die auf Verteilung – eben den Sozialstaat – zielende makroökonomische Steuerung müsse abgebaut werden, denn der Rechtsanspruch auf soziale Sicherung sei mit dem globalen Wettbewerb nicht vereinbar. Diese Positionen werden nunmehr zusehends auch von Konservativen Parteinen – in Österreich 36 die ÖVP mit der Karikatur der Eisernen Lady Finanzministerin Fekter – und dem BZÖ vertreten. Die aktuelle Krise widerlegt zwar den Neoliberalismus, reaktiviert ihn jedoch gleichzeitig. Die Hoffnung, dass die politischen Akteure dieser Weltanschauung gelernt hätten, dass es eben politischer Rahmenbedingungen und Begrenzungen des Marktes sowie des Schutzes zentraler Lebensbereiche vor dem Marktmechanismus bedürfe, ist Fehl am Platz. Die kostspieligen Versuche der Restrukturierung der Wirtschafts- und Finanzsysteme mit Hilfe staatlicher Gelder treiben die Staatsverschuldungen in horrende Höhen. Privatisierungen zur Finanzierung dieses Irrsinns bedeuten eine weitere Spirale der sozialen Enteignung, die Verschärfung sozialer Ungerechtigkeit und eine Beschleunigung der gesellschaftlichen Spaltung. Dieses Denken demonstriert die Dissoziation des neoliberalen Denkens und Handelns aus allen menschlichen und gesellschaftlichen Bezügen und die Diffamierung zivilisatorischer Normen und Werte des Zusammenlebens – nämlich Solidarität und Gerechtigkeit. Sozialpolitik etablierte sich mit dem Ziel der Beschränkung sozialer Ungerechtigkeit. Dieser Ausgleich sozialer Asymmetrien und die Absicherung sozialer Notlagen durch staatliche Verteilung sind zentrale, jedoch nicht hinreichende Voraussetzungen sozialer Gerechtigkeit. Sie sind aber ein unverzichtbarer Kern der politischen Gestaltung des Zusammenlebens in einem Sozialstaat. Die Europäische Komponente der Bekämpfung von Armut und sozialer Exklusion: 2010 hat die EU-Kommission zum „Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ erklärt. Fungierte der zuletzt genannte Begriff anfänglich als Ersatz für den zuerst genannten und bemühte sich die EU Administration den Terminus „Armut“ aus europäischen Dokumenten fernzuhalten, indem sie lieber von „sozialer Ausgrenzung“ sprach, so wird mittlerweile ein Strukturzusammenhang zwischen beiden Phänomenen hergestellt. Damit verbunden ist die Hoffnung kritischer Mitglieder der EU-Administration – darunter auch Österreich -, das öffentliche Bewusstsein für Armutsrisiken zu stärken, sowie die Wahrnehmung ihrer Ursachen und Auswirkungen schärfen zu können. Vorurteilen und möglichen Diskriminierungen davon betroffener Menschen soll entgegengewirkt und die Entwicklung von Ansätzen zu ihrer Überwindung gefördert werden. Dies wäre auch dringend nötig, denn Armut, in der so genannten Dritten und Vierten Welt eine traurige Alltagsrealität, hält seit geraumer Zeit auch Einzug in europäische Wohlfahrtsstaaten, wo sie zumindest als Massenerscheinung lange weitgehend unbekannt war. Die auf einem EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am 23./24. März 2000 in der portugiesischen Hauptstadt verabredete „LissabonStrategie“ sollte Europa befähigen, seinen Bürger(inne)n dadurch Wohlstand zu sichern, dass die US-Hegemonie auf dem Weltmarkt gebrochen und eine wissenschaftlich-technisch begründete 37 Führungsrolle übernommen würde. Die umfassende „Modernisierung“ und Anpassung der Sozialstaaten an Markterfordernisse bzw. mächtige Wirtschaftsinteressen galt als Verwirklichung des in Lissabon beschlossenen Ziels. Hatte der damaligen Ratspräsidentschaft noch das Ziel vorgeschwebt, die Armut bis 2010 zu „überwinden“, so beschränkte sich der EU-Gipfel vom 7. bis 11 Dezember 2000 in Nizza bereits auf die Forderung, „die Beseitigung der Armut entscheidend voranzubringen.“ Statt bis zum Jahr 2010 wenigstens eine Halbierung der Armut zu erreichen, muss die EU heute eine weitere Steigerung der sozialen Ungleichheit registrieren. Gegenwärtig sind laut Eurostat, dem Statistischen Amt der EU, von den ca. 500 Mio. Unionsbürger/innen immerhin 81 Mio. arm bzw. armutsgefährdet, davon allein 1,02 Mio. in Österreich. Bezogen auf die EU sind es immerhin fast 17% ( 2008 ). Sehr viel weniger ambitioniert fällt denn auch das entsprechende Kernziel im Rahmen der neuen EU-Agenda 2020 aus. In der laufenden Dekade soll die Armut mittels einer „Leitinitiative“ (z.B. „Maßnahmen zur Modernisierung und Intensivierung der Beschäftigungs- und Bildungspolitik sowie der sozialen Sicherung durch vermehrte Beteiligung am Arbeitsleben und den Abbau der strukturellen Arbeitslosigkeit sowie die Stärkung der sozialen Verantwortung der Unternehmen“) nur mehr um ein Viertel, also immerhin noch 20 Mio. Betroffene, verringert werden. Das europäische Umbruch Sozialmodell im Auf der politischen EU-Agenda steht weniger, jedoch auch ein anderer Wohlfahrtsstaat. Zusammen mit dem Abfindet ein Umbau des Sozialstaates statt. Es geht keineswegs um die Liquidation des Wohlfahrtsstaates, vielmehr um seine Reorganisation nach einem Konzept, das neben unzähligen Leistungskürzungen auch strukturelle Veränderungen wie die Reindividualisierung sozialer Risiken bzw. die (Teil-)Privatisierung der staatlichen Altersvorsorge, die Erhöhung des administrativen Kontrolldrucks und die drastische Ausweitung der Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Leistungsempfänger(inne)n be-inhaltet. Armut – die zwangsläufige Folge einer Transformation des europäischen Sozialmodells Armut, die vor allem junge und alte Menschen trifft und in einem reichen Land zwangsläufig mit sozialer Ausgrenzung einhergeht, ist weder ein (un)sozialer Kollateralschaden der Globalisierung noch ein politischer Betriebsunfall, sondern funktional, weil sie nur das Gegenstück dessen bildet, was die Tüchtigeren und daher Erfolgreichen nach neoliberaler Auffassung „verdient“ haben. Armut ist systembedingt, d.h. Strukturmerkmal und Funktionselement einer kapitalistischen Marktgesellschaft. Wenn der Wohlfahrtsstaat nach neoliberalen Rezepten „um-“ bzw. abgebaut wird, spaltet sich die Gesellschaft. Auch sozialräumlich fällt sie deutlicher 38 auseinander, was nicht ohne Konsequenzen für ihren Zusammenhalt bleibt. Durch die gezielte Zerstörung des europäischen Sozialmodells wird Armut erzeugt, anders formuliert: Die von neoliberalen Kräften in der EU vorangetriebene „US-Amerikanisierung“ des hiesigen Sozialstaates führt zu einer „US-Amerikanisierung“ der Sozialstruktur, d.h. zu einer Pauperisierung bzw. Prekarisierung eines größeren Teils der Bevölkerung, einer forcierten, sich auch sozialräumlich verfestigenden Polarisierung zwischen Arm und Reich sowie einer Peripherisierung ökonomisch weniger leistungs-fähiger bzw. demografisch benachteiligter Regionen. Neben der Gesamtbevölkerung, die zunehmend in Arm und Reich zerfällt, spaltet sich die Armutspopulation selbst noch einmal. Dies als kurzer Einstieg in die sicherlich schwierige Materie. Daher bietet sich gerade jetzt aus unserer Sicht eine große Möglichkeit, dieses fortschreitende Probleme einer sich verfestigenden Armut in Europa sowohl auf nationaler, wie auch auf EU Ebene kontrovers zu diskutieren und Modelle zu entwerfen, welche dieser Problematik gerecht wird. Denn eines ist für den Seniorenrat klar: Durch die Schaffung von größerer sozialer Ungleichheit gelangt man immer weniger zu mehr Freiheit (außer für die kleine Minderheit der Kapitaleigentümer) noch zu wahrer Demokratie. Mit dem Um- bzw. Abbau des Sozialstaates geht vielmehr ein Ausbau des staatlichen Macht- und Gewaltapparates einher. Wer die sozialen Grundrechte einschränkt, kommt nicht umhin, auch die demokratischen Grundrechte zu beschneiden. Die ganze Gesellschaft, wie auch ihre einzelnen Mitglieder werden „marktgängig“ gemacht. Sie müssen sich wirtschaftlichen Verwertungsbedürfnissen und Gewinnmaximierungsbemühungen unterordnen, was zum Konformismus der öffentlichen Meinung beiträgt, demokratische und soziale Alternativen der Gesellschaftsentwicklung jedoch verschüttet. Das verbreitete Bewusstsein, auf den internationalen Gütermärkten einer „Welt von Feinden“ gegenüber zu stehen und sich dort durch „österreichischen Erfindungsgeist“, größeren Fleiß und mehr Opferbereitschaft behaupten zu müssen, kann man „Standortnationalismus“ nennen. Standortnationalismus bezieht die traditionelle „Sorge um das Wirtschaftsstandort“ auf den Fetisch einer angeblich sinkenden „Wettbewerbsfähigkeit“ und macht den „eigenen“, im Zuge der Globalisierung als bedroht dargestellten Wirtschaftsstandort zum Fixpunkt des politischen Handelns. Sozialdarwinismus, Standortnationalismus und Wohlstandschauvinismus gehören zu den normalen Begleiterscheinungen eines Denkens, das sich mit dem „eigenen“ Wirtschaftsstandort identifiziert und dessen Schicksal auf den Weltmärkten hypostasiert. Ein „nationaler Wettbewerbsstaat“, der kein herkömmlicher Sozialstaat mit einer umfassenden Verantwortung für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit mehr sein möchte, verschärft durch seine marktradikale 39 Wirtschaftspolitik die soziale Ungleichheit und bereitet damit den Resonanzboden für gesellschaftliche Ausgrenzungs- und Ethnisierungsprozesse. Wo die gezielte Umverteilung von unten nach oben mit dem Hinweis auf die Globalisierung – als zur Sicherung des „Wirtschaftsstandortes“ erforderlich – legitimiert wird, entsteht ein gesellschaftliches Klima, das (ethnische) Ab- und Ausgrenzungsbemühungen stützt. Noch in anderer Hinsicht bereitet die neoliberale Hegemonie, die außer der „sozialen Symmetrie“ des auf soziale Almosen organisierten Kapitalismus auch die Demokratie gefährdet, den Nährboden für Rechtsextremismus und Neofaschismus. Die scheinbare Übermacht der Ökonomie gegenüber der Politik bzw. transnationaler Konzerne gegenüber dem einzelnen Nationalstaat zerstört den Glauben gerade junger und älterer Menschen an die Gestaltbarkeit von Gesellschaft, treibt sie in die Resignation und verhindert so demokratisches Engagement, das im Zeichen der viel beschworenen Globalisierung nötiger denn je wäre. Armut hat viele Gesichter, auch in Österreich. Manche ähneln einander, andere wiederum weichen stark voneinander ab. Dennoch lassen sich gemeinsame Gesichtszüge erkennen: mangelnde Qualifikation, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Behinderung physisch wie psychisch, Kinderreichtum und/oder allein erziehend zu sein, eine fremde Herkunft, alt zu werden. Langzeitarbeitslose sind am stärksten von Armut betroffen. Danach folgen Alleinerziehende, MigrantInnen und kinderreiche Familien und eben auch verstärkt Altersarmut. Je mehr Kinder, umso größer die Armutsgefährdung. Das wirkt sich auch auf die Kinder und Jugendlichen aus, die in solchen Familien aufwachsen. Kinderarmut nimmt zurzeit in den meisten europäischen Ländern zu und bewirkt naturgemäß Armut auch im Alter. Laut Eurostat sind in Österreich immerhin 12,4% armutsgefährdet nach Sozialleistungen. Altersarmut heute Als „alt“ im Sinne der Statistik gilt, wer älter als 65 Jahre ist. Bezogen auf die nationalen Einkommen ist Altersarmut in Europa sehr unterschiedlich verteilt. Spitzenreiter ist Lettland mit einer Quote von 51 % armer Alter. Großbritannien schafft es auf Platz 5 mit 30 %, Portugal, Belgien, Irland, Italien und Slowenien sind mit 21 % knapp über dem Durchschnitt von 19 %, Deutschland und Österreich liegen mit 15 % darunter. Relativ am besten geht es den Alten in Tschechien (7 %), Luxemburg (5 %) und Ungarn (4 %). Armut in Vorarlberg Die Innsbrucker Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung stellt hiezu fest, dass die armutsgefährdeten VorarlbergerInnen im Schnitt nur 650,80 € pro Monat zur Verfügung haben. Der österreichische Durchschnitt liegt aber bei 709,7 €. Man berechnet diesen Wert auf Basis des Nettoäquivalenzeinkommens, 40 mit dem man unterschiedlich große Haushalte vergleichen kann. Berücksichtigt werden so neben dem Einkommen auch Pensionen, Familienbeihilfen, Kinderbetreuungsgeld oder auch Sozialhilfe ( jetzt auch Mindestsicherung). Wenn dieses Einkommen unterhalb der Schwelle der Armutsgefährdung von 994,30 € liegt, ist man statistisch gesehen armutsgefährdet. Betroffene VorarlbergerInnen sind von diesem Wert 293,50 € entfernt, verfügen also nur über etwa zwei Drittel des Einkommens, das andere Menschen haben, die bereits armutsgefährdet sind. Abseits der Zahlen bedeutet dies, keinen auch nur einwöchigen Urlaub machen zu können, Möbel nicht zu ersetzen, die kaputtgegangen sind. Man kann keine Freunde zum Essen einladen, auch neue Kleidung ist unerschwinglich. Jeden zweiten Tag Fleisch oder Geflügel essen mag zwar als nicht notwendig erscheinen (wiewohl es ein Indikator dafür ist, nicht arm zu sein), aber auch Biogemüse hat seinen Preis. Zu einem Bericht bei Vorarlberg Online gibt es die "üblichen" Postings. Da werden urbane Legenden erzählt von dem "Ausländer", der es schaffte, vom Staat 1200 € im Monat zu bekommen ohne zu arbeiten. Und natürlich von den Flüchtlingen, die es sich hier nur gemütlich einrichten und abkassieren. Wie diese Menschen leben, dass sie meist nicht arbeiten dürfen und keineswegs verwöhnt werden, scheint vielen immer noch nicht bewusst zu sein. Manche rechnen vor, wie schwer sie es hatten oder haben und dass ihnen auch keine/r geholfen hat. Dieses Faktum neoliberaler Politik wurde von den Konservativen und dem politischen Anhängsel FPÖ stets in Abrede gestellt und das Ländle als Musterbeispiel bei der Bekämpfung sozialer Risken – wie Armut – öffentlich dargestellt. Die nunmehr veröffentlichte Studie widerspricht diesen „Märchen“ der Konservativen und es stellt sich die Frage, warum diese Entwicklung nicht schon viel eher einen öffentlichen Diskurs über eine verfehlte Politik der Landesregierung in diesem Bereich entfacht hat. Dies dürfte einerseits in der Verfasstheit der Gesellschaft liegen und andrerseits in der Medienlandschaft dieses Landes. Die ausschließliche Wirtschaftgläubigkeit und dem damit verbundenen negieren von sozialen Problemen scheint eben Konservativen in diesem Landes sehr oft ein Lippenbekenntnis zu dieser Thematik wert. Diese unerfreuliche Entwicklung in Vorarlberg wird auch durch dadurch bestätigt, dass der Run auf die Sozialmärkte wie „ Tischlein deck dich „ sich doch explosionsartig ausweitet. Aber auch andere Institutionen, wie z.B. die Caritas und Volkshilfe erleben eine nie da gewesene Nachfrage nach sozialen Leistungen. Die Marschrichtung dieser Politik ist klar erkennbar: Weg vom Wohlfahrtsstaat hin zu einem Almosenstaat, wo sich die „ Neuen Reichen „ sich mittels Spenden und anderen medienwirksamen Maßnahmen ihres schlechten Gewissens – oder auch 41 nicht – entsorgen. Diese Entwicklung kann und will eine Sozialdemokratie nicht zur Kenntnis nehmen. Der Landesvorstand des Pensionistenverbandes fordert daher, nachstehende Grundsätze bei der Bekämpfung von Armut und Verteilungsgerechtigkeit auch im Landes gesetzlich zu verankern: Die Zuteilung von materiellen Ressourcen, welche ein menschenwürdiges Leben ermöglichen ist auszubauen. Der Ausbau der Mindestsicherung ist ein zentraler Bestandteil dieser Forderung Ein gesicherter Zugang zu den Gütern, welche ein eigenständiges Leben sichern (Daseinsvorsorge und Lebensgüter) sind als integrierender Bestandteil in der Verfassung abzusichern. Dies beinhaltet auch eine kritische Haltung gegenüber Privatisierungen der Daseinsvorsorge Starke Bürgerrechte in allen gesellschaftlichen Bereichen, also im sozialen, politischen und wirtschaftlichen Sektor, sowie bezogen auf ökologische Lebensgrundlagen sind Grundlage zukünftiger Politik Dies beinhaltet insbesondere Vorarlberg folgende Maßnahmen: für die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, gesetzlich zu verankern. Von Armut betroffene Menschen haben keine Lobby und sind daher auch vermehrt bei Diskussionen und Beratungen über Verbesserungen ihrer Situation bei zu ziehen. Die Durchsetzung eines Bildungssystems, das soziale Aufstiegschancen unabhängig von sozialer Herkunft gewährleistet. Die ÖVP im Lande ist dabei ständig bezüglich der Einführung der Gesamtschule zu attackieren. Ein progressives Steuersystem mit hoher Steuerquote ist als Voraussetzung für Verteilungsgerechtigkeit auch als Verantwortung des Landtages zu fordern. Die Anzahl einkommensund existenzsichernder Jobs sind als wirksamstes Mittel zur Armutsbekämpfung zu fordern. Die Politik im Lande wird aufgefordert, diese Forderung hinkünftig vermehrt in den Mittelpunkt der politischen Arbeit zu stellen. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass hinkünftig die Schere bei den Einkünften zwischen Männern und Frauen nicht weiter aufgeht, sondern durch geeignete Maßnahmen zu schließen sind. Unser Ziel muss es sein, den Grundsatz: Arme Junge, arme Alte, nachhaltig zu verhindern. Die Mindestsicherung ist als Mittel zur Armutsbekämpfung auszubauen. Die derzeitige Regelung reicht nicht aus, um Armut wirksam zu bekämpfen. Die Höhe der Frauenerwerbsquote und Vereinbarkeit für Eltern von Beruf und Familie ist voranzutreiben. Es sind mehr und umfassende politische Partizipationsmöglichkeiten für Menschen, Die Möglichkeiten der Weiterqualifizierung am Arbeitsmarkt für 42 benachteiligte Personengruppen sind seitens der politischen Entscheidungsträger auch auf Landesebene voranzutreiben. Die Möglichkeit leistbaren Wohnens ist weiterhin als Kernthema der politischen Arbeit nicht zu vernachlässigen. Auch die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderungsmittel ist in Betracht zu ziehen, um Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt sowie leistbares Wohnen aufrechterhalten zu können, Die Evaluierung der bestehenden Maßnahmen im Gesundheitsbereich und ihre Auswirkungen auf arme und ausgegrenzte Personen. Die Erstellung von jährlichen Gesundheitsberichten und die Einbeziehung des Faktors „Armut" Österreich weit. Pflegebedürftigkeit ist neben Krankheit und Arbeitslosigkeit zum großen Lebensrisiko geworden. Zwar ist durch die Einführung eines Pflegefonds eine gewisse Entspannung auf diesem Sektor wahrscheinlich, doch durch die anhaltende Finanzkrise ist es möglicherweise fraglich, ob dieser über das Jahr 2014 auch weiter geführt werden kann. Die Politik in Vorarlberg wird daher aufgefordert, alles zu unternehmen, dass dieses Projekt Pflegfonds auch weiter geführt wird und eventuelle Absichten über Wiedereinführung eines Regresses (Steiermark) auf Landesebene entschieden entgegen getreten wird. 43