E. Technologische Grundlagen E.1. Einordnung Bisher: - Schaltungen auf logischer Ebene, - Implementierung vernachlässigt. „Höhere Informatik“ Nun: - Systemprogrammierung technische Realisierung, Dioden, Transistoren, ICs, typischerweise mit Halbleitern, mit (R, C, L ...)-Bauelementen, Ströme, Spannungen & Felder. I J K Architektur H G Rechnerarithmetik: - Zahlendarstellung, Operatoren, .. Digitaltechnik Digitale Schaltungen: - mit/ohne Zustand, Zähler, ALU, logische Arrays, Optimierung C Digitale Logik: - Gatter, digitale Signale, Signalausbreitung ... Elektronik: - Strom & Spannung, Transistoren, Schaltkreisintegration E-1 F E Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm D E.2. E.2.1 Halbleiterdiode Ladung, Strom, Spannung Elektrische Ladung [Coulomb]: - Eigenschaft von Elementarteilchen, Positive oder negative Ladung möglich, Elektronen tragen eine negative Ladung, Gleiche Ladungen stossen sich ab. Elektrischer Strom [Ampère, Coulomb/sec]: - Transport elektrischer Ladung durch einen Querschnitt => im Vakuum oder durch einen Leiter (Draht), Bewegung positiver Ladungsträger ist positiv, Elektronen bewegen sich entgegen der Stromrichtung. Materialien: - Isolator: keine freien Elektronen, - Leiter: viele freie Elektronen können fließen, - Halbleiter: wenig freie Elektronen (Ge, Si, ...). E-2 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm Batterie und Spannung [Volt]: - Am Minuspol besteht ein negativer Ladungsüberschuss, Am Pluspol besteht ein positiver Ladungsüberschuss, konzeptionell: Strom fließt von „Plus“ nach „Minus“ physikalisch: Elektronen fließen von „Minus“ nach „Plus“ Stromkreis: - Ein Strom fließt nur bei geschlossenem Stromkreis: Spannungsquelle E-3 Lichtquelle, Lastwiderstand Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.2.2 - Diode als Bauteil spezielles Bauteil mit zwei Anschlüssen (Di-ode), Strom kann nur in eine Richtung durch die Diode fließen, Aufbau früher als Röhrendiode: Glaskolben mit Vakuum, Aufbau heute als Halbleiterdiode. Durchlassrichtung: Sperr-Richtung: E-4 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.2.3 Stromleitung in Halbleitern Elektronenanordnung bei Halbleiterkristallen - je vier Elektronen auf äußerster Schale - stabiler Zustand durch Verzahnung der Schalen benachbarter Atome gelegentliche Verunreinigungen: - ein Elektron zuviel oder zuwenig auf der äußeren Bahn - geringer Stromfluss möglich (Halbleiter): E-5 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm Dotieren der Halbleiter mit anderen Materialien - gezieltes Verunreinigen - Beispiel: Antimon (Sb), „Donatoren“. N-Leitfähigkeit des Kristalls (negativ) - ein Elektron mehr auf der äußeren Schale, - Elektronenüberschuss. E-6 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm P-Leitfähigkeit des Kristalls (positiv) - ein Elektron weniger auf der äußeren Schale - Elektronenmangel (dargestellt durch Loch auf der äußeren Schale) - Beispiel: Indium (In), „Akzeptor“ E-7 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.2.4 Aufbau und Funktion einer Halbleiterdiode Zwei Bereiche: n-leitend und p-leitend. Grenzbereich (PN-Übergang). - Gleichgewicht von Diffusions- und Driftstrom, - Raumladungszone. p: Elektronenmangel pn: neutrale Schicht (keine Leitung) n: Elektronenüberschuss E-8 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm Durchlassrichtung - Elektronen der Spannungsquelle diffundieren in den N-Bereich, Spannungsquelle zieht Elektronen aus dem P-Bereich ab, PN-Übergangszone wird kleiner, Strom kann fließen, p Animation: n diode_ani.gif Sperr-Richtung: - Elektronen der Spannungsquelle drücken in P-Bereich und füllen Löcher auf, Spannungsquelle zieht Elektronen aus dem N-Bereich ab, PN-Übergangszone wird größer, Strom kann nicht fließen. p n E-9 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.2.5 Digitale Diodenschaltungen Abbildung der Wahrheitswerte (positive Logik) 1: positive Spannung (z.B. +5 Volt) 0: keine Spannung Einfaches ODER-Gatter: Y=A+B +5 Volt A Y B 0 Volt Einfaches UND-Gatter: +5 Volt Y=A·B A Y B 0 Volt E-10 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.3. Transistor Halbleiterbauteil mit drei Anschlüssen (z.B. bipolare Transistoren): - Vorerst wirkt ein Transistor wie zwei entgegengesetzt gepolte Dioden und sperrt. - durch geringen Basis-Strom wird Transistor zwischen Collector & Emitter leitend. E-11 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.3.1 Transistor als Schalter und Verstärker Diodengatter können nicht beliebig tief geschachtelt werden. Eine Transistorstufe bietet jedoch eine zusätzliche Verstärkung: - Nur das logische „Signal“ wird verstärkt, die Energie kommt aus der Batterie. Invertierung des logischen Signals (NOT) am Lastwiderstand, großer Ausgangsstrom zwischen Collector und Emitter, Verstärkung zwischen Basis- und Collector-Kreis, Kleiner Schaltstrom an der Basis: + Output = ¬ Input C Input E-12 B E _ Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.3.2 Interner Aufbau eines Transistors: drei Schichten, NPN. n p n + Transistorschalter ausgeschaltet: - Kein Basisstrom, kein Collector-Emitterstrom. Transistorschalter eingeschaltet: - Basisstrom z.B. 1 mA, ca. 100-facher Collector-Emitterstrom (100mA), - Stromverstärkung ß zwischen 10 und 1000. E-13 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm Bipolare NPN- und PNP-Transistoren: - prinzipiell gleiche Funktionsweise, - umgekehrte Polung. n p n p n p E-14 + _ Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.3.3 Einfacher Inverter (wichtig!) Transistor aus: - liegt Masse (logisch 0) am Eingang an, so sperrt der Transistor, - am Ausgang liegt fast vollständige Versorgungsspannung VCC (logisch 1). Transistor ein: - liegt Versorgungsspannung (logisch 1) am Eingang schaltet Transistor durch - am Ausgang liegt nur geringe Spannung an (logisch 0) E-15 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.3.4 Multi-Emitter-Transistoren nur eine gemeinsame Basis- und Collector-Zone. mehrere Emitterzonen. E-16 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.3.5 AND-Gatter mit Multi-Emitter-Transistor Logische Pegel: ~ 0 Volt entspreche „Logisch 1“ (Ground / Erde / Masse), ~ 5 Volt entspreche „Logisch 0“ (Vcc). Schaltfunktion: X = A ٠ B ٠ C. Fall 1, X=1, 0 Volt: - Ein Signal aus A, B, C auf Masse, - Transistor schaltet durch bzw. leitet, - X ~ Masse. Fall 2, X=0, Vcc Volt: - E-17 alle A, B, C auf Vcc, Transistor wird invers betrieben, Transistor leitet, X ~ Vcc. Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.4. TTL Transistor-Transistor-Logic (TTL) - Gatteraufbau nur mit bipolaren Transistoren, - Multi-Emittertransistoren ... Eingangspegel: - 0-0,8 Volt logisch 1, - 2,4-5,0 Volt logisch 0, - 0,8 – 2,4 Volt unzulässig. Ausgangspegel: - 0-0,4 Volt logisch 1, - 2,8-5,0 Volt logisch 0, - 0,4 – 2,8 Volt unzulässig. E-18 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.4.1 TTL-Schaltkreise Beispiel: Baustein 7400 - vier NAND-Gatter mit je 2 Eingängen, - Sicht von oben auf Schaltkreis, - 5 Volt Stromversorgung. Blick auf das Siliziumsubstrat: - E-19 planare Transistorstrukturen, Goldkontaktierung, Substratkontakt, Leiterbahnen. Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm Beispiel: Baustein 74LS74 - zwei positiv-flankengetriggerte D-Flip-Flops, - CLR = explizites asynchrones Rücksetzen, - PRE = explizites asynchrones Setzen. Meist als Dual-in-Line-Gehäuse: - Kerbe als Markierung, - hier Tri-State Buffers, - keine Flip Flops. E-20 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.4.2 TTL-Familien TTL Schaltkreise sind normalerweise robust & unempfindlich. Problem: - Erhöhung der Schaltgeschwindigkeit führt zu höherer Leistungsaufnahme. - spezielle „Low-power“ Transistoren und Schaltungen im Einsatz Bezeichnung Spannung Leistung pro Gatter Schaltzeit max. Frequenz E-21 TTL LS-TTL ALS-TTL F-TTL AS-TTL 74xx 74LSxx 74ALSxx 74Fxx 74ASxx 10 mW 2 mW 1 mW 4 mW 22 mW 10 ns 9 ns 4 ns 2,5 ns 1,5 ns 40 MHz 50 MHz 100 MHz 125 MHz 230 MHz 5V Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.5. MOS-Feldeffekttransistor Unterscheiden vom bipolaren Transistor. MOS-FET (Metal-Oxide-Semiconductor, Metall-Oxid-Halbleiter): G - Gate als Steuerelektrode B – Bulk als Substratanschluss, D – Drain, Abfluss für Ladungsträger, S – Source, Quelle von negativen Ladungsträgern P – Halbleitersubstrat meistens mit Source verbunden. gelb - Siliziumoxid als Isolator zw. Gate & Substrat. Funktionsweise: - E-22 wegen isolierter Gate-Elektrode fliesst kein Basisstrom, MOS-Transistor zunächst gesperrt (selbstsperrend), zwischen Drain und Source hoher Widerstand, Positive Gate-Spannung holt Ladungsträger, Dadurch entsteht ein leitender Kanal. Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm Vorteile: - leistungsloser Betrieb, nur das Umschalten kostet Energie, Leistungsaufnahme von Umschaltfrequenz abhängig, elektrisches Feld besteht ohne Stromfluss (nur Spannung), lediglich Umschalten erfordert Wechsel der Ladungszustände. Schaltsymbole für n-Kanal MOS-FET: - selbstsperrend, selbstleitend: Schaltsymbole für p-Kanal MOS-FET: - selbstsperrend, selbstleitend: E-23 Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm E.5.1 CMOS-Schaltung = Complementary Metal Oxide Semiconductor. komplementär symmetrischer MOS-Halbleiter-Schaltkreis. Selbstsperrende n- und p-Kanal MOS-FETs Beispiel: Nicht-Gatter: - E-24 einer der Transistoren ist immer gesperrt, kaum Stromfluss durch beide Transistoren, Umladung parasitärer Kondensatoren, niedrige Leistungsaufnahme. Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm Versorgungsspannung: - kann in weiten Grenzen schwanken, - Niedrigvolt-Betrieb (0,8 Volt ...), - TTL-kompatible Pegel möglich: Unzulässiger Bereich CMOS-Schaltungen sind empfindlich gegen Überspannungen: - E-25 Evtl. Schutzschaltungen an den Eingängen integrierter CMOS-Bausteine, Destruktive Entladungen beim Handhaben der Schaltkreise, Aufladungen durch Reibungselektrizität vermeiden, Erdung und leitende Fussmatte, Antistatische Verpackung ... Technische Informatik 1, Sommer 2006, P. Schulthess & F. Hauck, ©VS Informatik, Ulm