31.01.04 Um 05.30 Uhr geht der Wecker. Es scheinen keine neuen Flohstiche dazugekommen zu sein und so gehen wir nach einer Dusche zum Frühstück. Der Nachtportier war außer sich, da ihm niemand gesagt hatte, dass er hätte Brot kaufen sollen für das Frühstück und so gibt es kein Brot zum Frühstück, aber man kann ja die Marmelade auch pur essen oder über die Cornflakes verteilen. Zumindest gibt es Cornflakes, so dass wir etwas im Magen haben. Wir machen drei Kreuzzeichen, als wir endlich von einem sehr gut aussehenden Taxifahrer abgeholt werden. Er spricht wenig und ihm fallen immer wieder die Augen leicht zu. Vielleicht kennt ihr das, dass man den Fahrer, vor allen Dingen, wenn man ihn nicht kennt, dann nicht direkt darauf anspricht, sondern mit der Modulation und Lautstärke seiner Stimme so variiert, dass er zwangsläufig immer wieder aus seinem Sekundenschlaf gerissen wird. So sitzen wir alle hinten im Taxi und singen den Taxifahrer förmlich zum Flughafen. Vermutlich ist er direkt nach dem wir das Taxi verlassen haben, eingeschlafen. Der Flughafen ist sehr übersichtlich, so dass wir uns schnell zurecht finden. Wir stellen uns in die Schlange, um uns endlich mal wieder durchleuchten zu lassen. Natürlich werden gerade unsere Rucksäcke mit einem Bombenstaubsauger bearbeitet, bei dem Partikel durch einen kleinen Schlauch (wie beim Zahnarzt der Speichelschlauch) angesaugt werden und dann an einem Stofffetzen, der vor der Mündung hängt, kleben bleiben. Der Stoff wird dann in eine Maschine gesteckt und die Partikel überprüft. Selbstverständlich sind wir anstandslos durchgekommen. Der Flug ist dann ganz angenehm, wir haben genug Beinfreiheit, so dass wir die 3 Stunden und 10 Minuten gut überstehen. In Christchurch regnet es bei ca. 22 Grad. Die Luft ist gut und wir atmen richtig auf. Wir unterziehen uns wieder einer langen Befragung, ob wir irgendwelche Pflanzen, Wanderschuhe, Samen, Zelte, Feuerwaffen oder sonstiges dabei haben und bangen etwas, da Almut es wieder nicht lassen konnte und in ihrem großen Rucksack einige Korallen und Muscheln versteckt hat. Es ist auch wohl nur dem Zustand zu verdanken, dass die Kontrolleurin gerade in diesem Moment auf ihre Ablösung wartet, dass der große Rucksack, der nochmals durchleuchtet wird, nicht geöffnet werden muss. Sie muss die Korallen doch gesehen haben, oder sie war so erstaunt darüber, was Almut alles mitschleppt, dass sie es schlichtweg übersehen hat. Mit dem Taxi fahren wir zur Autovermietung, wo wir unseren silberfarbenen Nissan Pulsar entgegen nehmen und in die Verkehrsregeln in Neuseeland eingewiesen werden. Dann auf zu unserem Motel. Es ist endlich mal wieder ein schönes Zimmer mit Dusche und WC, Toaster und Wasserkocher, Fernseher und Fön, den ich ja so dringend für meine neue Frisur brauche. Auf jeden Fall brauchen wir noch etwas zu essen und so machen wir uns auf, Christchurch zu erkunden. Es hat auch aufgehört zu regnen und so kommen wir trockenen Fußes in die Stadt. Obwohl es ziemlich grau ist, gefällt es uns hier super. Die Häuser sind im gotischen Stil gebaut und erinnern an kleine Schlösser und Kastelle. Dicke Steinmauern lösen die australischen Bretterbuden ab. Guido fällt natürlich sofort auf, dass es hier viel ordentlicher ist, als in Australien und dass die Häuser besser in Schuss sind. Die Straßen sind breit und man hat wirklich das Gefühl freier zu sein, durchatmen zu können. Das Klima liegt uns einfach mehr. Es ist tatsächlich ähnlich wie bei uns im Sommer. Wir kaufen ein paar Lebensmittel, das was man fürs Frühstück so benötigt und eine Telefonkarte für Almut, damit sie morgen an ihrem Geburtstag auch erreichbar ist. Angedroht hat sie es ja schon, dass sie in schreckliche Depressionen verfallen wird und alleine am Meer sitzen möchte, mit einer Flasche Rotwein und einer Schachtel Zigaretten. Abends verlängern wir unser Motel noch für eine Nacht, da wir noch einen Tag in Christchurch verbringen wollen. Da die Jugendherbergen alle ausgebucht sind, müssen wir auf die 95 $ Alternative in unserem Motel zurück greifen. Wir essen noch schnell Fish and Chips, die gibt es hier nämlich auch, nur noch viel billiger, nämlich für 3 $, was ungefähr 1,50 Euro sind. Voll gestopft warten wir nicht mehr ab bis es 00.00 Uhr ist, um Almut ihr Geburtstagsständchen zu bringen, sondern schlafen. Der Tag war auch anstrengend genug. 01.02.04 Morgens regnet es und wir sind uns gar nicht mehr sicher, ob wir große Lust haben Christchurch bei Regen zu erleben. Almut hat Geburtstag und hält sich tapfer, nachdem wir ihr herzlich zum 50. gratuliert haben. Wir schaffen erst mal die Sachen in unser neues Zimmer, welches wir wechseln mussten und begeben uns zum Zahlen zur Rezeption. Eine neue nette Frau bedient uns und plötzlich kostet das Zimmer 100,50 $. Was für ein grober Schnitzer, denn nachdem wir uns lautstark beschweren, ziehen wir uns zu einer kurzen Beratung zurück und verlassen wutentbrannt das Hotel. Gut, es sind nur 5 Dollar, aber so kann man mit uns nicht umspringen und außerdem haben wir so die Gelegenheit doch weiter zu fahren, um dem Regen zu entfliehen. Zunächst tingeln wir ein bisschen durch Christchurch, aber der Regen und die schlechte Sicht lassen Christchurch nicht in seinem besten Licht erstrahlen. Ein Quasinachbar und Weltreisender aus Münster hat uns noch eine Telefonnummer von einem seiner Bekannten in Christchurch mitgegeben, den wir anrufen. Wir richten ihm Grüße aus und unterhalten uns nett am Telefon. Er gibt uns den Tipp, bei dem Wetter doch zu den heißen Quellen nach Hanmer Springs zu fahren. Dort gibt es schwefelige Thermalquellen, in denen man es gerade bei diesem Wetter gut aushalten kann. Da Hanmer Springs auch nur 130 Kilometer entfernt ist, fahren wir dorthin, damit wir mit unseren dicken Hintern schön im heißen Wasser sitzen können. Die Landschaft wechselt alle 10 Minuten. Zunächst fahren wir durch Weideland, dann durch eine schöne Hügellandschaft. Die Berge in Hanmer Springs sind noch höher und die Jugendherberge dort ist wirklich schön. Auch hier hängen die Wolken tief, aber in den Bergen wirkt es irgendwie noch besser und es regnet nicht mehr. Erst mal geht es noch kurz in den Supermarkt, da wir heute noch kochen wollen. Wir haben die Nase voll vom Fast Food der letzten Tage und wollen Nudeln essen. Der Laden ist völlig überteuert, aber es ist Sonntag und wir haben nichts anderes erwartet. Der Ort besteht eigentlich nur aus einer Straße, dem Thermal Quellen Resort und ein paar Hotels. Es ist halt ein Kurort. Nachdem wir die Sachen verstaut haben, gehen wir in die Thermal Quelle. Das Wasser ist in den verschiedenen Pools zwischen 30 und 41 Grad warm. Herrlich! Wir entspannen uns und genießen das warme Wasser. Gut, zugegeben, die Schwefelpools stinken ziemlich nach faulen Eiern und man weiß auch nicht wirklich, wo es herkommt, aber es heilt und das spüren wir natürlich sofort. Man könnte sich auch noch eine private Saunasuite für eine Stunde buchen, wo man dann mit Badehose hineingehen kann. Das ist uns aber zu teuer, außerdem finden wir es albern für eine Stunde in die Sauna zu gehen. Zudem kann man sich ja vorstellen, was darin dann passiert, wenn die Paare darin rumsaunieren und da es schon ziemlich spät am Abend ist, ist es glauben wir besser, nicht dort hineinzugehen. Nach zwei Stunden sind wir erschöpft und mit Fischhaut gesegnet. Ziemlich aufgequollen, aber glücklich verlassen wir das Bad. Wir kochen noch und abends merkt Almut, dass 50 zu werden gar nicht weh tut und dass nicht automatisch Depressionen damit verbunden sein müssen, es sei denn, man redet sich welche ein. Die Leute in der Jugendherberge sind ganz anders drauf, viel netter, natürlicher. Nicht nur die Partytypen, sondern Leute mit denen man sich auch richtig unterhalten kann. Wir lernen einen DJ, Rob aus Sydney kennen, der gut deutsch spricht und mit seinem Freund unterwegs ist. Dann noch einen netten Deutschen aus der Nähe von Kaiserslautern, der uns viele gute Tipps geben kann, wo wir Almuts Geburtstagsgeschenk einlösen sollten. Almut will unbedingt einen Tandemsprung machen und so soll es dann auch sein. Wir sind uns noch nicht ganz einig, wo sie in die Tiefe springt, aber wir werden einen geeigneten Ort finden. Nach ein paar Bier und Rotwein gehen wir schlafen. 02.02.04 Es regnet nicht und voller Tatendrang fahren wir nach dem Frühstück los, um eine 5 – 6stündige Wanderung durch den Hanmer Forest zu machen. Der Ausgangspunkt ist schnell erreicht, nachdem wir in einem viel günstigeren Supermarkt, den wir gestern nicht gefunden haben, ein bisschen Obst und Verpflegung für den Fußmarsch gekauft haben. Es geht über ziemlich anstrengende Steigungen durch die Berge und wir sind nassgeschwitzt. Es tut einfach nur gut. Die Vegetation erinnert ein bisschen an zu Hause. Es gibt viele Gehölze, z. B. Notophagus, Taxus, Douglas Tannen, Larix, Betula und was weiß ich noch alles. Allerdings viel größer und mächtiger als bei uns. Wir kommen zu einem kristallklaren 41 Metern hohen Wasserfall, der auf 840 Metern über dem Meeresspiegel liegt. Er ist völlig moosbewachsen und kühlt die Luft. Da wir schnell unterwegs sind, schaffen wir den Weg in etwas über vier Stunden und sind uns einig, dass es ein wunderbarer Einstieg für Neuseeland war. Man kann sich schon hier vorstellen, wie die kleinen Hobbits durch den Wald getigert sind. Die Wälder sind dicht und geheimnisvoll, dabei aber nicht bedrohlich. Nach einer kurzen Mittagsstunde und Waschpause bereiten wir uns auf unseren zweiten Thermalpoolgang vor. Unterdessen ziehen dichte dunkle Wolken auf, welche die Berge zumindest auf der einen Seite komplett einhüllen. In der Ferne hört man den Donner grollen und eine Art Gewitterwürmer ärgern mich. Es fängt an zu regnen, erst nur ein paar Tropfen und dann richtig. Es schüttet wie aus Eimern und jetzt wissen wir, was gemeint ist, wenn Autoren schreiben:“... und dann öffnete der Himmel seine Schleusen...“ Unglaublich, was für ein Regenguss, unser Parkplatz verwandelt sich schnell zu einem See, die Straße wird zu einem reißenden Bach, die Dachrinnen laufen über und man schaut durch das Fenster durch einen Vorhang aus Wasser. Der Regen peitscht über das Land und wir sind froh im Trockenen zu sitzen. Leider fällt dadurch unser Gang zu den Thermalquellen buchstäblich ins Wasser. Macht nichts, wir finden hier bestimmt woanders auch noch warme Quellen. Nach dem Regen gehen Guido und ich noch einmal durch die Stadt und schauen uns die Berge in der untergehenden Sonne an. 03.02.04 Wir verlassen die Quellen und müssen jetzt das ganze Stück bis Christchurch zurück, um dann über die Nationalstraße 73 zum Lake Tekapo zu fahren. Da die Landschaft so wunderschön ist, vergeht die Zeit wie im Fluge. Wir tanken noch schnell in Christchurch und dann geht es wieder in die unvergleichliche Hügellandschaft. Überall, wo man auch schaut gibt es Schafe und Kühe. Hier gibt es keine Milchquote und auch keine Wollquote, oder wie das bei Schafen heißt. Überweidung ist hier angesagt, aber richtig. Jeder deutsche Bauer wäre froh, wenn er so viele Tiere auf so kleinem Gebiet halten könnte. Allerdings sehen die Tiere auch nicht trauriger aus, als bei uns. Ein anderes Stichwort ist Monokultur. Ein Großteil des Waldes besteht aus gepflanzten Nadelhölzern und Almut regt sich ständig über die Ausbeutung des Bodens auf. Aber hier gibt es wenigstens noch Wald. Irgendwann nach fast 400 Kilometern kommen wir über eine Kuppe gefahren und da liegt er vor uns. Der Lake Tekapo in seiner ganzen Schönheit. Wir haben alle noch nie so einen türkis, hellblauen See gesehen und schon gar nicht in dieser Dimension. Über Kilometer erstreckt er sich ins Land, zwischen wunderschönen Bergen und ist einfach nur blau. Überwältigt von diesem Anblick fahren wir erst mal auf einen Parkplatz direkt am See und machen Fotos, solange die Sonne noch scheint. Die Färbung erlangt der Gletschersee dadurch, dass die Kälte des Eises den Felsen porös macht und Partikel mit dem Schmelzwasser in den See gespült werden. Sobald die Sonne scheint leuchtet der See unwirklich blau. Wenn man ein solches Bild malen würde, würde jeder denken, oh mein Gott, wie kitschig. Die Jugendherberge ist gleich um die Ecke und zwar direkt am See. Aus der Küche und der Lounge hat man einen ungehinderten, wie im Jugendherbergsverzeichnis steht, eine Million Dollar Blick auf den See. Man kann dort einfach nur sitzen und denken, boah, ist dat schön! Da macht es dann auch nichts aus, dass ich in ein 6- Bett Dorm muss, während Guido und Almut ein Doppelzimmer bekommen. Wir spazieren noch etwas am See entlang und kochen danach. Nach dem Essen, gehen Guido und ich noch einmal in Richtung Ladenzeile, von Dorf oder Stadt kann man wirklich nicht sprechen. Die Sonne geht langsam unter und wir verweilen noch ein bisschen, um zu sehen, wie sich der Himmel über diesem wunderschönen See rot färbt. Es ist kühl und man muss schon einen Pullover tragen. Ein älteres Ehepaar kommt den Weg entlang, jeder auf dem Rücken eine Tasche. Wir rätseln noch, ob sie gerade vom Golfspielen kommen oder zum Angeln gehen wollen, als sie zusammenbaubare Alphörner auspacken und anfangen den Sonnenuntergang zu bespielen. Der Klang der Hörner wabbert über den See und ich werde richtig sentimental. Bei diesem Anblick kann einem schon das Wasser in die Augen steigen. Wir genießen das Schauspiel und sind glücklich. Almut ist derweil schon ins Bett gegangen, da der Tag wieder mal sehr anstrengend war. Gerne wären wir noch einen Tag geblieben, aber leider ist die Herberge für morgen schon komplett ausgebucht. Abends haben wir schon mal für die nächsten Tage vorgebucht, da uns der Manager sagte, dass am Wochenende New Zealand Day wäre und alle Jugendherbergen dann sehr voll sein würden. Da wir das ja aus Australien schon kennen, haben wir vorsichtshalber jetzt eine Woche im Voraus gebucht, um nicht ein ähnliches Desaster wieder zu erleben. 04.02.04 Schwermütig verlassen wir die Jugendherberge, aber die Sonne scheint und das sind die besten Voraussetzungen für den Aoraki / Mount Cook einen 3754 Meter hohen Berg, den wir natürlich nicht an einem Tag besteigen wollen. Wir wollen ihn, den höchsten Berg Neuseelands, lediglich sehen und das ist schon gar nicht so leicht, da er die meiste Zeit des Jahres in Wolken gehüllt ist. Dafür müssen wir zunächst 57 Kilometer am Lake Pukaki entlang. Man kann den Blick auch hier kaum von der wunderschönen Sicht lösen. Im Dorf Mount Cook angekommen, gehen wir erst mal ins Besucherzentrum, weil dies immer eine gute Anlaufadresse für... Toiletten ist. Den Einstieg zum Kea Point Walk haben wir schon längst gesehen und so schnappen wir uns noch schnell eine Flasche Wasser und marschieren los. Der Sagoma lässt uns wieder mal nicht im Stich und begleitet unseren Weg mit Sonnenstrahlen. Die reine Bergluft füllt die Lungen und der geschlängelte Weg durch subalpines Grassland und Geröllfelder des Gletschers ist die Mühe wert. Die schneebedeckten Berge kommen immer näher. Am Wegesrand pflücken wir Himbeeren und rote Johannisbeeren, die köstlich schmecken, ohne Abgase und ohne gespritzt worden zu sein. Es blühen ganz viele Wildblumen und Almut fragt sich, ob sie uns nicht ein Digitalis (Fingerhut) Süppchen kochen soll. Nach einer Stunde kommen wir dann auf der Aussichtsplattform an. Auf der einen Seite sehen wir dicht vor uns das Blau des Müllergletschers und auf der anderen Seite hinter Geröllfeldern den Mount Cook, wie sich der Gipfel majestätisch in den Himmel bohrt. Ein zweites Mal in zwei Tagen sind wir sehr ergriffen und bestaunen diese Naturgewalt. Der Himmel ist zwar leicht bedeckt, aber die Sicht ist gut und keine Wolke vor dem Gipfel zu sehen. Als wir uns umwenden, um zu gehen, schiebt sich langsam eine dicke Wolke vor den Gipfel und verwehrt den nachkommenden Touristen den schönen Blick. Beschwingt und fröhlich gehen wir den Weg zurück und laben uns erneut an den leckeren Beeren. Dieser Umweg hat sich echt gelohnt und wir danken dem Sagoma für das schöne Wetter. Wir können uns gut vorstellen, dass man bei schlechtem Wetter einen ganz anderen Eindruck vom Aoraki bekommen kann, da Bergfüße halt alle gleich aussehen. Auch die Farben des Gletschers und der Umgebung kommen nur bei Sonne so richtig zur Geltung. Die Fahrt geht an zwei weiteren großen Stauseen in Richtung Ostküste. Eine kurze Verschnaufpause legen wir zwischendurch ein, fahren aber zügig weiter, um in Oamaru zeitig anzukommen. Der Mittag ist schon längst wieder vorbei und so kommen wir gegen 16.00 Uhr in Oamaru in der kleinen, schnuckeligen Jugendherberge „The Red Kettle“ an. Die Managerin ist sehr freundlich und klärt uns darüber auf, was es in der Umgebung alles zu sehen gibt. Unter anderem kann man Pinguine sehen. Zwischen 17.30 und 19.00 Uhr kommen die seltenen Yellow Eyed Pinguine von ihrem täglichen Meerestrip zurück an Land. Allerdings soll alle 20 Minuten mal einer aus dem Wasser kommen, so dass man sehr geduldig sein muss. Man könnte auch morgens um 06.00 Uhr zur gleichen Stelle gehen, um dann die Pinguine dabei zu beobachten, wenn sie alle auf einmal ins Wasser stürmen. Wenn überhaupt wollen wir das machen. Weiterhin kann man abends ab 21.30 Uhr sehen, wie die Blaupinguine an Land gehen. Hiervon soll es viel mehr geben, so dass man bis zu hundert Pinguine sehen kann, allerdings kostet der Spaß gleich wieder 12.50 $ pro Person. Als wir nachfragen, ob man die kleinen Viecher nicht auch irgendwo anders for free sehen könnte, zeigt die Managerin uns einen Punkt auf der Karte. Im Hafen gar nicht weit entfernt von der Hauptparade sollen auch einige Pinguine ihre Nester unter alten Lagerhäusern haben. Es gäbe eine Straßenlaterne, so dass man sie ganz gut sehen könnte, wenn sie über die Straße watscheln. Diese Alternative erscheint uns die Beste zu sein und so verbringen wir die Zeit mit einer unserer Lieblingsbeschäftigungen: Essen! Wir machen einen leckeren Salat mit Rosmarinbrot und vorher essen wir noch ein Reisfertiggericht, weil wir keine Lust haben, es weiter mit uns herumzuschleppen, hatten wir es doch irgendwann in Australien in einem Backpacker gefunden. Diese Herberge ist ganz auf Pinguine eingestellt, es gibt sogar Pinguintoilettenpapier. Es ist ganz gemütlich, höchstens 30 Betten gibt es hier und wir haben ein 5 Bett Dorm für uns alleine. Im Wohnzimmer steht ein altes Radio mit einem Uraltplattenspieler. Almut holt eine Schallplatte heraus und aus dem alten Gerät dröhnt, Roll over Beethoven. Guido legt sich noch ein Stündchen aufs Ohr. Almut und ich schauen uns danach den Public Garden an, der wirklich schön und abwechselungsreich gestaltet ist. Es gibt Teiche, einen chinesischen Garten, eine Schattenhalle mit Baumfarnen, einen Rosengarten und einen Spiegelsee, den die Enten allerdings zu einem Nichtspiegelsee machten. Leider fängt es an zu regnen, so dass wir den Spaziergang abbrechen. Um 21.00 Uhr hört es passend auf zu regnen und wir fahren los. Nicht weit entfernt vom Hafen parken wir unser Auto und suchen im Dunkeln den markierten Punkt auf unserer Karte. Irgendwo dahinten muss es doch sein. Plötzlich watschelt circa 20 Meter vor uns ein Pinguin über die Straße. Sofort wissen wir, dass wir hier richtig sein müssen. Und tatsächlich ein Stück weiter steht schon ein völlig fasziniertes Paar aus der Schweiz, die uns andeuten still zu sein und rüber zu kommen. Wir begeben uns lautlos zu dem zugewiesenen Punkt und sehen drei Pinguine die gerade versuchen die steile, steinige Böschung hochzukommen. Es ist echt drollig, wie die kleinen Kameraden von Stein zu Stein hüpfen, dann oben angekommen erst noch schauen, ob niemand zu dicht dran steht und dann flugs über die Straße zu ihrem Nest watscheln. In den Häusern ist der Teufel los, da die Jungpinguine den ganzen Tag geschmachtet haben und jetzt endlich froh sind, etwas in den Schnabel zu bekommen. Wir sind ganz aus dem Häuschen und freuen uns schon wieder ein Bein ab und wie viel wir wieder gespart haben. Unglaublich! Am Ende sehen wir insgesamt circa 20 Pinguine. Das reicht uns und wir fahren noch einmal durch die toten Straßen von Oamaru. Kein Mensch ist zu sehen, so dass wir uns in Ruhe die schönen alten Häuser anschauen können. Oamaru ist eine der ersten Siedlungen Neuseelands und die alten Häuser sind noch in hervorragendem Zustand. Eine offen Kneipe finden wir dann doch noch und belohnen uns mit einem Guiness, Guido bekommt als Fahrer ein Light Bier. Wir fahren zurück und schlafen tief und fest in unserem schönen Zimmer. An die Wände sind Schafe gemalt und Berge und Wolken, die zu Schafen werden. Wie sollte man da schlecht schlafen. 05.02.04 Natürlich schlafen wir bis 07.30 Uhr und verpassen die Gelbaugenpinguine, ...ihr habt doch nicht wirklich gedacht, dass wir so früh aufstehen. Auf dem Programm stehen heute eigentlich nur die Moeraki Boulders, runde Steinkugeln, die am Strand rumliegen und aussehen sollen, als wenn ein Riese Billard gespielt hätte. Danach die schottische Stadt Dunedin, bei der ich immer noch nicht genau weiß, wie sie ausgesprochen wird. Vorher wollen wir allerdings noch zu einem deutschen Bäcker, der sich hier in der Stadt niedergelassen haben soll. Wir können den neuseeländischen Puffstuten einfach nicht mehr sehen und so fahren wir in die Harbour Street. Die Managerin sagte uns, dass wir ruhig klingeln könnten, da er erst um 10.00 Uhr öffnen würde. Allerdings würde er uns bestimmt etwas verkaufen, wenn er schon was fertig hat. Die Bäckerei ist in einem der schönen, alten Siedlergebäuden untergebracht. Die schwere, rote Holztür ist noch geschlossen, aber innen brennt Licht. Wir klingeln und ein schlanker Mann mit langem, graumelierten Bart öffnet uns. Ich erkläre ihm auf Englisch die Situation und er antwortet direkt auf Deutsch. Leider ist noch kein Brot fertig, wir sollen uns doch noch eine Stunde die Zeit vertreiben, dann würde alles soweit sein. Wir nutzen die Zeit tatsächlich und schauen uns Oamaru noch mal bei Tageslicht an. Es ist wirklich eine schöne Stadt mit vielen kleinen besonderen Antiquitätenläden. Almut fühlt sich gleich um Jahre zurückversetzt, da die Dekorationen der Schaufenster unseren von vor 20 Jahren entsprechen. Um 10.00 Uhr sind wir pünktlich wieder da. Der Bäcker Vinbrüx aus dem Sauerland hat geöffnet. Vor fünf Jahren ist er nach Neuseeland mit seiner Familie ausgewandert und hat sich nach fünf Wochen Puffstuten doch dazu entschlossen, wieder in seinem alten Beruf tätig zu sein. Es duftet köstlich nach frischem Brot. Wir kaufen ein Eifler, ein Berliner Roggenbrot und eine Packung Vollkornbrot. Das Brot ist noch warm und wir legen es hinten auf die Hutablage. Schade, dass wir gerade erst gefrühstückt haben, ansonsten wären wir sofort darüber hergefallen. Die Moeraki Boulders erreichen wir schnell nach ca. 40 Minuten. Vor uns trifft gerade ein Reisebus ein, was wir natürlich nicht gerade gerne sehen. Am Souvenir Shop und Restaurant, dass passend mit einem Kugeldach versehen ist, fängt der Weg zum Strand an. Eigentlich muss man 2 Dollar pro Person zahlen, aber irgendwie können wir unbemerkt zum Strand huschen. Wieder Geld gespart, nach dem Urlaub haben wir wahrscheinlich mehr, als vorher. Die Boulders an sich sind nicht ganz so spektakulär, wie wir sie uns vorgestellt haben. Klar sind sie schon besonders, aber mit den vielen Leuten drum herum wirken sie nicht so toll. Der Strand ist aber schön und wir machen noch eine Wanderung, was den anderen Bustouristen leider verwehrt bleibt, da diese direkt weiter müssen. Froh darüber, frei zu sein, wandern wir den Strand entlang, lassen uns den Wind um die Nase wehen und treffen zwei Frauen, die uns erzählen, dass wir einen Seelöwen fotografieren können, der sich gerade nicht weit von hier auf einem Felsen sonne. Einen Seehund hatten wir bis jetzt nur im Wasser auf Robbin Island in Süd Afrika gesehen und so bewegen wir uns schnell in die gezeigte Richtung. Und tatsächlich, da liegt er fett auf einem auseinandergebrochenen Boulder und sonnt sich. Es scheint ihn nicht sonderlich zu stören und so fotografiere ich wild drauf los. Er ist echt niedlich und wieder haben wir einen Grund zur Freude. Auf dem Rückweg bekommen wir von den gleichen Frauen, die uns nun wieder entgegenkommen, den Tipp, nach Moeraki zum Leuchtturm zu fahren. Dort könne man viele Seelöwen und ....Gelbaugenpinguine sehen. Den Tipp nehmen wir gerne an und fahren die fünf Kilometer Schotterpiste hoch zum Leuchtturm. Der Wind geht scharf, aber die Sonne scheint, so dass wir uns aufmachen zum Besichtigungspunkt. Es ist fantastisch, wir sehen über 80 Seelöwen und vier oder fünf Pinguine. Außer uns sind noch sechs andere Leute da, zufällig auch das Schweizer Paar, dass uns schon von weiten begrüßt. Die Seelöwen tummeln sich am Strand, spielen im Wasser und bekeifen sich ab und zu. Es macht richtig Spaß, dabei zuzuschauen. Einige Kilometer vor Dunedin machen wir noch eine Pause und essen das köstliche Brot mit Butter und Käse. Es zergeht förmlich auf der Zunge und wir fragen uns, wieso die Neuseeländer nicht völlig auf dieses Brot abfahren. Ist uns eigentlich auch egal, sollen sie doch alle ihre Zähne verlieren und weiter auf ihrem Puffstuten rumlutschen. So kann man sich auch über kleine Dinge riesig freuen. Die Sonne scheint warm ins Gesicht und abends merken wir, dass wir schon wieder leicht gerötet sind. Hört das denn nie auf? Dunedin ist eine alte, große Stadt schottischen Ursprungs. Die Jugendherberge ist auch wieder in einem schönen alten Haus und wir freuen uns über unseren Familyroom. 06.02.04 Nach ausgiebigem Frühstück fahren wir heute auf die Otago Peninsula, die sich direkt an Dunedin anschließt. Eine kleine schmale Straße führt uns in die Berge. Leitplanken kennt man hier nicht und so fahren wir ständig am Abgrund entlang. Der Blick ist fantastisch und wir beneiden die Bauern ein wenig, die hier ein Haus haben und zu beiden Seiten den Blick aufs Meer genießen können. Nach Information unserer Managerin sollen wir in die Sandflybay fahren, dort soll es sehr schön sein und mit etwas Glück können wir ein paar Pinguine und Seelöwen sehen. Am Ende einer Schotterpiste führt ein steiler Weg nach unten in die Sandflybay. Der Weg schlängelt sich in Serpentinen nach unten zum Sandstrand. Eine große Sanddüne ist die Belohnung für uns und ein Strand, an dem außer uns vielleicht noch fünf Personen sind und das, obwohl heute Waitangi / New Zealand Day ist. In Australien wären wir hier vermutlich wieder halb tot getreten worden. Wir gehen am Sandstrand entlang. Der Strand geht am Ende in Felsen über, wo wir schon von weiten die großen Seelöwen sehen können. Sie sind in den Felsen so gut getarnt, dass Almut fast auf einen tritt, bevor sie ihn sieht. Der erste ist noch ganz lieb und lässt sich nicht großartig stören, je weiter man aber durch die Felsen klettert, desto scheuer werden sie und man wird schon mal angefaucht. Wir machen schnell ein paar Fotos und gehen wieder auf den sandigen Teil. Insgesamt waren wieder mehr als 15 dicke Seelöwen anwesend. Schon toll, den Tieren zuzusehen, wie sie sich im Wasser aalen oder gegenseitig anfauchen. Am Strand angekommen sehen wir plötzlich einen Pinguin, der wie eine Ente auf dem Wasser schwimmt. Wir setzen uns auf einen angespülten Baumstamm und warten und irgendwann kommt er tatsächlich an Land und hopst den Berg hoch zu seinem Nest. Man glaubt gar nicht, was für steile Strecken die tollpatschig wirkenden Tiere gehen können, ohne sich irgendwo abstützen zu können. Zufrieden gehen wir wieder zurück und sind ziemlich durchgeschwitzt, als wir endlich wieder oben sind. Jetzt geht es zur Albatroskolonie, die an der Spitze der Insel für 25 $ besichtigt werden kann. Der Albatros als größter Seevogel mit einer Flügelspannweite von drei Metern ist einfach ein Muss für uns und so geht es die schmale Straße weiter entlang bis zum Informationszentrum. Wir informieren uns grob über die großen Vögel und beschließen, doch keine geführte Tour zu machen, sondern die 75 $ lieber zu sparen. Als wir rauskommen haben wir wiederum Glück. Von einer Stelle, die den Blick auf ein Stück der Steilküste und den Leuchtturm freigibt, sehen wir diese riesigen Segler. Man kann sich vorstellen, dass die Tiere an Land sehr unbeholfen wirken müssen, in der Luft sind sie aber wahre Künstler. Sie lieben die starken Winde und segeln meisterhaft durch die Lüfte. Es grenzt wirklich an Zauberei, dass wir schon wieder so ein Glück haben. Der Rückweg führt uns direkt am Wasser entlang auf einer ebenfalls landschaftlich sehr reizvollen Strecke. In der Woolworth kaufen wir schnell ein Hähnchen und Salat, damit wir heute keinen Kochstress haben. Almut bleibt im Auto sitzen und Guido schließt gewohnheitsgemäß ab. Als Almut die Gelegenheit nutzen will, eben noch eine zu rauchen, während wir im Laden sind, passiert es. Sie öffnet hinten die Tür des Autos und löst damit die Alarmanlage aus. Anstatt auszusteigen und die Tür schnell wieder zu schließen, bleibt sie drin sitzen und zieht die Tür schnell wieder zu. Peinlich, weil alle Leute natürlich gucken, wie sie versucht die Alarmanlage wieder auszustellen. Ohne Schlüssel ist das natürlich ein auswegloser Versuch. Als die Alarmanlage kurz danach wieder ausgeht, verharrt sie noch einen Augenblick und denkt sich, wenn sie jetzt schon einmal ausgelöst hat, ist die Sache mit dem Alarm sicherlich gegessen. Vorsichtig versucht sie wieder die Tür zu öffnen und wieder geht die Anlage los. Sie würde am liebsten im Autositz versinken und hat kein gutes Wort für uns übrig, als wir kurz darauf zum Auto kommen. Sie sagt, sie wäre fast erstickt, weil wir sie eingeschlossen hätten. Wir müssen alle herzlich lachen. Es geht nach Hause und wir essen und legen uns eine Stunde hin. Was für ein erholsamer Tag und zur Krönung erfahren wir von der Managerin, dass wir doch noch eine Nacht in der gemütlichen Herberge bleiben können, so dass wir auch morgen noch nicht packen müssen und keine Unterkunftsprobleme haben. Gleich gehen wir noch in die Stadt und schauen in einer der Kneipen ein bisschen Rugby. Die ersten Spiele gehen hier gerade wieder los, Vorbereitungsspiele, bevor die Saison losgeht.