Ich habe eine groβe Familie

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Nach welchen Werten leben wir?
Ich habe eine groβe Familie und wohne mit meinen Eltern, vier Schwestern, einer Tante und meiner
Oma zusammen. Obwohl meine Eltern in Thailand geboren sind, kamen ihre Eltern aus China. Deshalb
habe ich die gemischte thailändisch-chinesische Kultur erlebt.
Die Chinesen legen großen Wert auf die Familie. Zum Beispiel: beim Essen warten wir, bis alle da
sind, dann essen wir zusammen. In Bangkok müssen alle sich beeilen, deshalb ist es unmöglich, jeden Tag
zusammen zu essen. Wir müssen großen Respekt vor älteren Leuten haben. Auβerdem müssen wir
aufeinander aufpassen, vor allem auf Oma.
Alle Familienmitglieder müssen sich um Oma kümmern. Meine Oma leidet an Zucker. Die
Enkelkinder müssen ihr morgens und abends vor der Mahlzeit Insulin spritzen. Da die anderen Schwestern
meistens bis spät abends arbeiten, muss ich nach dem Unterricht so schnell wie möglich nach Hause
zurückkommen. Meine Universität liegt sehr weit von meinem Haus entfernt. Mein Vater hat mir nicht
erlaubt, im Studentenwohnheim zu bleiben, darum brauche ich ungefähr zwei Stunden mit öffentlichen
Verkehrsmitteln, um zurück zu kommen. Es ist aber sehr mühsam. Wenn ich ein bisschen spät nach Hause
komme, werde ich ausgeschimpft,obwohl ich nicht daran schuld bin. Ich habe immer das Gefühl, dass ich
nie gut genug bin. In der chinesischen Familie darf man keine Komplimente machen oder so etwas. Ich bitte
um keine Belohnung, aber ein bisschen Lob wäre auch nicht schlecht. Vielleicht möchten sie nicht,dass ich
zu stolz oder zu arrogant bin.
Ich nehme kaum an Aktivitäten an der Uni teil, deshalb habe ich nicht so viele Freunde. Das finde
ich aber nicht fair. Ich darf meine Studienzeit doch wie die anderen genießen. Ich verbringe die meiste Zeit
mit meiner Familie zu Hause. Es ist auch gut, aber gelegentlich muss ich auch etwas anderes machen. Alles
was meine Familie nicht mag, werde ich nicht machen. Ich rauche nicht, trinke keinen Alkohol und gehe
nicht gern in die Kneipe. Sie brauchen sich keinen Sorgen zu machen.
Vor zwei Jahren haben wir erfahren, dass Oma einen kleinen schwarzen Punkt auf der rechten Lunge
hat. Sie musste operieren werden, danach musste sie eine Weile im Krankenhaus bleiben. Ich musste ihr
Gesellschaft leisten, weil die anderen Verwandten arbeiten mussten. Nach der Operation musste sie
besonders gut beobachtet werden, weil ihre Körperverletzung nur ziemlich langsam abheilte.
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In dieser Zeit hatte ich mich eigentlich für den englischen Sommerkurs schon eingeschrieben. Ich
wollte an dem Kurs unbedingt teilnehmen, damit ich mich nicht für so viele Fächer im nächsten Semester
anmelden musste. Ich dachte, meine akademische Bildung sei ja auch wichtig. Auβerdem hat Oma viele
Enkelkinder; warum sollte ich die Einzige sein, die auf ihre Interessen verzichten sollte? Im Krankenhaus
gab es viele Krankenschwestern, die sich um meine Oma gut kümmern konnten und das war eigentlich auch
ihre Pflicht. Aber ich dachte einfach nur so und sagte nichts. Ich weiβ, dass ich manchmal an mich selber
denke, aber ich halte es für normal. Manchmal möchte ich einfach alles tun, was ich will.
Mein Vater ist der Herr im Haus. Was er sagt, ist immer wichtig und alle Familienmitglieder müssen
das befolgen. Mein Vater empfahl mir, dass ich mich um Oma kümmern sollte. Ich fühlte mich schwer und
meine älteste Schwester hat das gemerkt. Sie kam zu mir und sagte, dass ich immer noch eine Chance hätte.
Aber Oma sei schon alt. Falls ein Unfall passieren würde, könnte niemand ihr rechtzeitig helfen. Es wäre
sehr gefährlich und sie habe keine zweite Chance mehr. Danach war mir alles klar. Es hat tatsächlich nichts
mit der Pflicht zu tun, sondern ist eine Nomalität in der Familie. Ich hätte schon längst bemerken sollen,
dass die Familie immer zuerst kommen muss.
Ich verbrachte ungefähr drei Monate mit meiner Oma, sowohl im Krankenhaus als auch zu Hause.
Ich ging kaum aus. Es war auch ziemlich frustrierend, mit alten Menschen umzugehen. Je älter man wird,
desto mehr wird man wieder ein Kind. Ich versuchte es auszuhalten und versuchte auch, sie zu verstehen
(die Sprache und die Gedanken). Es war machmal anstrengend, wenn wir uns nicht verstanden haben. Aber
es war auch erleichternd, wenn sie sich bei mir bedankte. Es freut mich sehr, wenn sie weiβ, dass ich
wohlmeinend bin. Bis jetzt ist die Verletzung von der Operation fast abgeheilt, aber die Zuckerkrankheit hat
sie immer noch.
Nach einiger Zeit fühlte ich, dass ich verantwortlicher und disziplinierter geworden bin. Alles was
ich durchgemacht habe, war nicht so schlimm wie ich gedacht hatte. Gut zu sein ist schwierig. Aber
nachdem ich geschafft hatte, war ich sehr stolz auf mich. Das Gefühl hat mir wirklich wohlgetan.
In der Zukunft möchte ich mich weiterbilden und Karriere machen. Was meine Familie glücklich
macht,das werde ich auch tun. Ich möchte Dolmetscherin werden. Ich möchte den Leuten aus verschiedenen
Kulturen und Sprachen helfen, damit sie sich gut verstehen können. Die Familie ist meine höchste Priorität.
Niemand liebt mich so wie die Familie. Die Freunde kommen und gehen, aber die Familie ist immer da. Ich
liebe meine Familie sehr.
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Thananya Sithanukul (21), weiblich
Faculty of Liberal Arts, German Major
Thammasat University, Bangkok, Thailand
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