B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a ARGUS Antibiotika: Richtiger und Gewissenhafter Umgang Schützt! Redaktion Medizin & PR GmbH – Gesundheitskommunikation Im Klapperhof 33 a 50670 Köln Telefon: 0221/77543-0 Telefax: 0221/77543-21 E-Mail: [email protected] Herausgeber ARGUS – Gemeinnützige Stiftung für den Erhalt und die Entwicklung von Infektionstherapeutika (in Gründung) Postfach 19 11 19 14001 Berlin Website: www.argus-stiftung.de Ansprechpartner: Heike Hallenberg (Tel. 0221 / 77543-12) Dr. Lisa Kempe (Tel. 0221 / 77543-17) Birgit Dickoré (Tel. 0221 / 77543-11) Ansprechpartner: Professor Dr. med. Hartmut Lode Tel. 030/8002-2222 Basispressemappe Antibiotika Seite 1 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Werfen Sie doch ein ARGUS-Auge auf diese Pressemappe! ARGUS ist der vieläugige Riese aus der griechischen Mythologie. Ihm haben wir den Begriff Argusauge zu verdanken, der die sorgfältige Beobachtung einer Person, eines Gegenstands oder eines Sachverhalts zum Ausdruck bringt. Die sorgfältige Beobachtung – und zwar des sinnvollen Einsatzes von Antibiotika – ist das Ziel der Informationsinitiative ARGUS Antibiotika: Richtiger und Gewissenhafter Umgang Schützt! Die Informationsinitiative wurde auf Veranlassung einer neu gegründeten Stiftung ins Leben gerufen: ARGUS – Gemeinnützige Stiftung für den Erhalt und die Entwicklung von Infektionstherapeutika Auf den Folgeseiten haben wir alles Wissenswerte zu Antibiotika und über ihren richtigen Einsatz zusammengestellt. Um Ihnen die Lektüre zu erleichtern, wir auf den Seiten 6 – 9 alle wesentlichen Inhalte dieser Pressemappe in einer Kurzform zusammengefasst. Detaillierte Informationen zu den einzelnen Kapiteln finden Sie ab Seite 10. Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und Argusaugen für diese ebenso spannende wie wichtige Thematik. Basispressemappe Antibiotika Seite 2 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a ARGUS – Die Wirksamkeit von Antibiotika bewahren „Bis Ende 1999 werden alle Infektionskrankheiten besiegt sein.“ Nobelpreisträger Frank McFarlane 1962 Die Entdeckung des Penicillins und die erfolgreiche Behandlung von bakteriellen Infektionen durch Antibiotika zählt zu den großen medizinischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Dennoch: Mehr als vierzig Jahre nach der Prognose von Frank McFarlane stellt sich die Wirklichkeit vollkommen anders dar: Seit den Siebziger Jahren sind 30 neue Infektionserreger hinzugekommen. „Alte Infektionskrankheiten“ wie die Tuberkulose erleben derzeit eine Renaissance. Jährlich sterben etwa 20 Millionen Menschen weltweit an Infektionskrankheiten. In der Medizin stehen jedoch nur wenige neue Antibiotika zur Verfügung. Deshalb muss es Ziel sein, die Wirksamkeit der vorhandenen Antibiotika zu bewahren. Aus diesem Grund wurde ARGUS ins Leben gerufen. ARGUS ist eine Gemeinnützige Stiftung für den Erhalt und die Entwicklung von Infektionstherapeutika. Der Vorstand besteht aus: Professor Dr. med. Hartmut Lode Professor Dr. med. Ralf Stahlmann Professor Dr. med. D. Piorek Die Zielsetzung der ARGUS-Stiftung wird von folgenden Einrichtungen unterstützt: Bundesverband der Pneumologen Deutsche Gesellschaft für Infektiologie Deutsche Gesellschaft für Pneumologie Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie Robert Koch-Institut Basispressemappe Antibiotika Seite 3 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Unterstützt wird die Stiftung von der Pfizer Pharma GmbH, Karlsruhe. Sowohl Ärzte als auch Patienten können einen Beitrag zum Erhalt der Wirksamkeit von Antibiotika leisten. Unterstützung finden sie durch Informationsangebote, die von ARGUS bereit gestellt werden. Unter dem Motto „Antibiotika: Richtiger und Gewissenhafter Umgang Schützt“ ist ARGUS auch gleichzeitig eine Informationsinitiative, die in Zusammenarbeit mit der Pfizer Pharma GmbH verfolgt wird. Diese hat sich zum Ziel gesetzt, durch Aufklärungsmaßnahmen den richtigen Gebrauch von Antibiotika zu unterstützen und somit die Wirksamkeit dieser Medikamente langfristig zu bewahren. Basispressemappe Antibiotika Seite 4 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a ARGUS-Empfehlungen für Patienten Das 1 x 1 der richtigen Antibiotika-Einnahme Sie haben eine bakterielle Infektion. Deshalb hat Ihnen Ihr Arzt ein Antibiotikum verschrieben. Es ist wichtig, dass Sie es mit der Einnahme genau nehmen – denn Bakterien sind clever! Eine falsche oder zu kurze Einnahme ermöglicht den Bakterien, sich gegen das Antibiotikum zu rüsten und widerstandsfähig zu werden. Nur eine ausreichend lange und regelmäßige Einnahme besiegt die Krankheitserreger. Deshalb: Brechen Sie die Antibiotikum-Einnahme nicht vorzeitig ab – auch wenn Sie sich wieder etwas besser fühlen. Setzen Sie das Medikament zu früh ab, könnte dies zu einem Rückfall führen. Die Folge: Sie fühlen sich schon bald wieder krank. Ihre Infektion ist dann aber schwieriger zu behandeln. Nehmen Sie Ihr Antibiotikum regelmäßig ein. Eine sporadische, unregelmäßige Einnahme kann es den Bakterien ermöglichen, sich anzupassen und zu vermehren. Nehmen Sie kein anderes Antibiotikum, als jenes, was Sie von Ihrem Arzt verschrieben bekommen haben. Ihr Arzt hat Ihnen ein Antibiotikum verschrieben, das speziell gegen die Krankheitserreger wirksam ist, unter denen Sie momentan leiden. Bewahren Sie keine „Antibiotika-Reste“ für „das nächste Mal“ auf. Nehmen Sie das Medikament genau wie von Ihrem Arzt verordnet und nehmen Sie bei einer erneuten Infektion keine übriggebliebenen Antibiotika ein ohne Ihren Arzt zu konsultieren. Beenden Sie Ihre Antibiotika-Einnahme nach den Anweisungen Ihres Arztes. Denn nur wenn Antibiotika richtig eingenommen werden, können sie auch richtig wirken. Auch in Zukunft. Basispressemappe Antibiotika Seite 5 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Der Siegeszug der Antibiotika Das erste Antibiotikum, das Penicillin, wurde 1928 von Alexander Fleming in London entdeckt. Eine Schimmelpilzkolonie auf einer seiner Bakterienkulturen hatte in ihrem Umkreis sämtliche Bakterien von der Sorte der Staphylokokken verschwinden lassen. In den darauf folgenden Jahren extrahierten Fleming und andere Wissenschaftler aus diesem Schimmelpilz, genannt Penicillium notatum, den bakterienhemmenden Saft des Pilzes, das Penicillin. Anfang der 1940er Jahre ging die Penicillinherstellung „in Serie“. Später folgten weitere moderne, auch synthetisch gewonnene Antiinfektiva. Millionen von Menschenleben konnten seitdem dank dieser „zufälligen“ Entdeckung gerettet werden. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 10 Antibiotika – Helfer bei Atemwegsinfektionen Mit der Entdeckung der Antibiotika wurde ein wahrer Siegeszug gegen bakterielle Erkrankungen eingeläutet. Der Begriff „Antibiotikum“, der sich aus dem Griechischen ableitet, bedeutet ungefähr „gegen etwas Lebendes gerichtet“. Damit sind Bakterien gemeint. Antibiotika wirken nicht gegen Viren! Mit Hilfe von Antibiotika können bakterielle Infektionen geheilt werden. Damit Antibiotika richtig wirken können, müssen sie regelmäßig, über den empfohlenen Zeitraum und in der empfohlenen Dosierung eingenommen werden. Keinesfalls darf die Antibiotikaeinnahme einfach abgebrochen werden, nur weil sich der Patient wieder besser fühlt. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 11 Lästige Plagegeister: Viren und Bakterien Atemwegsinfektionen können sowohl durch Viren als auch Bakterien ausgelöst werden. Zu den Infektionen, an denen vielfach Bakterien beteiligt sind, zählen Stirnhöhlen- und Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis), Mittelohrentzündung (Otitis media), (Bronchitis) Mandelentzündung und (Tonsillitis), Lungenentzündung Basispressemappe Antibiotika Entzündung (Pneumonie). der Bei Bronchien bakteriellen Seite 6 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Atemwegsinfektionen werden vom Arzt in der Regel Antibiotika verordnet, um den Krankheitsverlauf abzukürzen und um das Entstehen von Komplikationen zu verhindern. Zu den Erkrankungen, die durch Viren ausgelöst werden, zählen beispielsweise die Virus-Grippe (Influenza) und die Erkältung. Antibiotika sind hier nicht wirksam. Sind die natürlichen Abwehrkräfte durch eine virale Infektion, Stress oder Unterkühlung geschwächt, können Bakterien in den Körper eindringen und zusätzlich eine bakterielle Infektion auslösen. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 14 Überlebenskünstler Bakterien Wenn ein Antibiotikum trotz hoher Konzentration und richtiger Einnahme nicht mehr effektiv wirkt, ist es gegen den eingesetzten Erreger möglicherweise unempfindlich, also resistent, geworden. Durch falsche oder überflüssige Einnahme können manche Bakterien die Fähigkeit entwickeln, den antibiotischen Effekt aufzuheben. In solchen Fällen können Ärzte noch auf moderne Antibiotika zurückgreifen. Das Spektrum an neueren Antibiotika ist jedoch begrenzt und sollte auch im Hinblick auf die Behandlungsmöglichkeiten und Gesundheit zukünftiger Generationen geschont werden. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 16 Gemeinsam stärker: Arzt und Patient Nicht nur Wahl und Wirksamkeit eines Antibiotikums machen eine erfolgreiche Antibiotika-Therapie aus. Denn die beste ärztliche Therapie und Beratung ist zum Scheitern verurteilt, wenn der Patient sich sträubt. Therapiedauer, rasche Wirksamkeit, das Vertrauensverhältnis zum Arzt sowie der subjektiv empfundene Informationsgrad des Patienten machen im Zusammenspiel die Zufriedenheit des Patienten und den Erfolg einer Behandlung aus, so die Ergebnisse einer Studie in vier europäischen Ländern (Perceptions of Antibiotic Compliance and Efficacy, kurz Basispressemappe Antibiotika Seite 7 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a „PACE“). Von der kurzen Einnahmedauer eines Medikamentes schließt der Patient auf eine rasche Genesung. Erhält er dazu noch ausführliche Erklärungen von seinem Arzt, ist er bereit, das Medikament wie besprochen einzunehmen. Verstehen sich Arzt und Patient als Team im Kampf gegen die Bakterien, so haben sie gemeinsam eine größere Chance auf Erfolg. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 17 Verpulvert? Den Antibiotikaverbrauch in Grenzen halten Im europäischen Vergleich (25 Länder) ist Deutschland beim Antibiotikaverbrauch im unteren Drittel zu finden. Die höchsten Verbrauchszahlen finden sich in Frankreich, Griechenland, Italien, Belgien und Luxemburg. Auch die deutschen Nachbarstaaten Polen und Tschechien weisen einen hohen Verbrauch auf. Nicht nur der Einsatz, sondern auch der verantwortungsvolle Umgang mit Antibiotika scheint Ländersache zu sein: Die PACE-Studie ergab, dass 75 Prozent der deutschen Patienten es ablehnen, einen Teil der Tabletten aufzubewahren und später nochmals zu verwenden. 53 Prozent der Deutschen lehnen dies sogar völlig ab. Ganz anders dagegen zeigen sich Italiener und Spanier im Umgang mit dem Bakterien-Killer: Etwa zwei Drittel stimmen dieser Vorgehensweise mehr oder weniger zu, nur 13 Prozent (Italien) bzw. 16 Prozent (Spanien) lehnen es völlig ab, Tabletten für die nächste Erkrankung aufzuheben und wieder zu verwenden. Für die Wirksamkeit von Antibiotika ist dieses Verhalten fatal. Eigenmächtige Therapieabbrüche führen dazu, dass die Wirksamkeit dieser Medikamente gefährdet wird. Die Therapietreue des Patienten, also die korrekte Einnahme von Antibiotika, ist daher von äußerster Wichtigkeit, um die Entstehung von Resistenzen zu vermeiden. Die PACE-Studie hat gezeigt, dass die Therapietreue deutlich höher ist, wenn die Patienten ein Antibiotikum erhalten, das nur über drei Tage eingenommen werden muss. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 19 Basispressemappe Antibiotika Seite 8 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Keine Angst vor Antibiotika! Infektionen machen auch vor Kindern nicht Halt. Bei häufig bakteriell bedingten Infektionen der Atemwege wie Mittelohrentzündung, Mandelentzündung, Bronchitis und Lungenentzündung entscheidet sich der Kinderarzt in der Regel für die Behandlung mit einem Antibiotikum, um den Krankheitsverlauf abzukürzen und um das Entstehen von Komplikationen zu vermeiden. Wichtig bei der Antibiotikabehandlung ist, dass die Eltern – und bei älteren Kindern auch die Patienten selbst – mit der Therapie einverstanden sind und das Antibiotikum entsprechend der Verordnung eingenommen wird. Häufig wird in der Kinderarztpraxis das Vorurteil laut, dass Antibiotika das natürlich Immunsystem der jungen Patienten schwächen. Das Gegenteil ist der Fall: Antibiotika unterstützen das Immunsystem in der Abwehr von Infekten. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 21 Wichtige Fragen und richtige Antworten Eigentlich ist es doch so einfach: Antibiotika nur, wenn es sich um eine bakteriell verursachte Infektion handelt, und natürlich nur, wenn der Arzt sie verschrieben hat. Wenn man dann noch den Anweisungen des Arzt oder Apothekers Folge leistet, kann nichts schief gehen. Mit der Antibiotika-Einnahme sollte nicht nur wegen der eigenen Gesundheit verantwortungsvoll umgegangen werden, sondern auch im Hinblick auf die therapeutischen Möglichkeiten in der Zukunft. Die meist gestellten Fragen von Seiten der Patienten haben wir deshalb im folgenden Kapitel gesammelt und ausführlich beantwortet. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 23 Basispressemappe Antibiotika Seite 9 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Der Siegeszug der Antibiotika Sir Alexander Fleming: Wenn Penicillin, dann ausreichend! Das erste Antibiotikum, das Penicillin, verdankt seine Entdeckung einem Zufall. Im Jahr 1928, während Sir Alexander Fleming (1881 – 1955) an der Erforschung des Influenza-Virus arbeitete, hatte sich zufällig Schimmel auf einer StaphylokokkenKultur abgesetzt und an diesen Stellen einen Bakterien-freien Kreis verursacht. Damit hatte Fleming als Erster die zersetzende Kraft dieses Schimmelpilzes gegenüber Mikroorganismen beobachtet. Dieser für den Menschen ungiftigen, antibakteriellen Flüssigkeit, die der Pilz Penicillium notatum absondert, gab er den Namen „Penicillin“. Penicillium notatum ist der gleiche Schimmelpilz, der auch auf altem Brot zu finden ist. Sir Alexander Fleming, Ernst Boris Chain und Sir Howard Walter Florey erhielten 1945 den Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung von Penicillin und seiner heilenden Wirkung bei diversen Infektionskrankheiten. Schon in seiner Vorlesung zur Nobelpreis-Verleihung rief Fleming zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Medikament und warnte vor dem Problem der Unterdosierung des Penicillins („If you use penicillin, use enough“ 1). Im Labor hatten er und seine Forscher festgestellt, dass Bakterien eine zu geringe Dosierung der antibakteriellen Substanz überleben und sich daran anpassen können, d.h. resistent werden. Anfang der 1940er Jahre ging die Penicillinherstellung „in Serie“. Später folgten weitere moderne, auch synthetisch gewonnene Antiinfektiva. Millionen von Menschenleben konnten seitdem dank dieser „zufälligen“ Entdeckung gerettet werden. Die Entdeckung des Bazillen-Killers hatte zur Folge, dass Ärzte nun bakteriell verursachte Krankheiten wie Lungenentzündungen, Cholera, Tuberkulose, Syphilis und Tetanus behandeln konnten. Diese häufig tödlich verlaufenden Infektionen verloren plötzlich an Schrecken. Auch heute gelten Antibiotika noch als höchst 1 Fleming, Alexander. Penicillin. Nobel Lecture, December 11,1945. http://nobelprize.org/medicine/laureates/1945/index.html Basispressemappe Antibiotika Seite 10 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a wirksame Arzneimittel und sind bei der Behandlung von bakteriellen Infektionen nicht aus der Arztpraxis wegzudenken. Seit 1978 wurden 63 neue antibiotische Wirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen entwickelt, derzeit stehen in Deutschland insgesamt 78 Antibiotika zur Verfügung. Antibiotika: Helfer bei Atemwegsinfektionen „Gegen etwas Lebendes gerichtet“ Mit der Entdeckung der Antibiotika wurde ein wahrer Siegeszug gegen bakterielle Erkrankungen eingeläutet. Der Begriff „Antibiotikum“, der sich aus dem Griechischen ableitet und 1945 von dem amerikanischen Nobelpreisträger Selman A. Waksman geprägt wurde, bedeutet ungefähr „gegen etwas Lebendes gerichtet“. Damit sind Bakterien gemeint. Mit Hilfe von Antibiotika können bakterielle Infektionen geheilt bzw. der Gesundungsprozess gefördert werden. Außerdem unterstützen Antibiotika das körpereigene Immunsystem in der Abwehr von Infekten. Antibiotika wirken jedoch nicht gegen Viren! Viren sind im Gegensatz zu Bakterien keine Lebewesen. Viren fehlt beispielsweise die Fähigkeit zur Fortpflanzung und sie verfügen über keinen eigenen Stoffwechsel. Die Bakterie: Freund oder Feind? Bakterien sind kleinste Lebewesen, so genannte Mikroorganismen, die nicht größer als 0,002 mm sind. Sie bestehen aus einer Zelle und entwickeln sich selbstständig durch Zellteilung fort. Eine Bakterie teilt sich in zwei neue Zellen, die eine exakte Kopie der genetischen Informationen der Mutterzelle beinhalten. Typische Formen von Bakterien sind Stäbchen (Bazillen), Kugeln (Kokken) und Schrauben (Spirillen). Bakterien existieren überall in unserer Umgebung, in der Luft, im Wasser, im Boden, auf unserer Haut, in unserem Essen. Sie haben oftmals auch eine positive Wirkung, wie zum Beispiel die Gas-produzierenden Bakterien, die die Löcher in den Schweizer Käse „fressen“ oder die Bakterien in unserer Darmflora, die die Verdauung unterstützen. Haben Bakterien eine negative Wirkung so spricht man von einer Basispressemappe Antibiotika Seite 11 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Infektion, verursacht durch eine Invasion und Multiplikation körperfremder, pathogener, das heißt krankheitserregender Bakterien. Sie verbreiten sich von Mensch zu Mensch sowie über Lebensmittel, infiziertes Wasser, Ungeziefer, unsaubere Sanitäranlagen usw. Schaden verursachen diese Bakterien durch ihre giftig wirkenden Stoffwechselprodukte sowie durch die Antwort des Körpers auf die Erreger in Form einer Entzündung. Die Krankheit, die sie auslösen, kann sich lokal beschränken, wie zum Beispiel bei Zahnkaries, aber auch den ganzen Körper in Mitleidenschaft ziehen. Das Cholera-Toxin beispielsweise stört den Wasser- und Elektrolythaushalt des Menschen und führt schließlich zum Tod durch Dehydration, also Austrocknen. Das Waffenarsenal: Arten von Antibiotika Unterteilt werden Antibiotika nach ihrem Wirkmechanismus, also nach bakterizider oder bakteriostatischer Wirkung. Ein Antibiotikum mit einer bakteriziden Wirkung greift Bakterien selektiv an und tötet sie ab, z.B. indem der Aufbau der Zellwände gestört wird. Die Antibiotika-Familien Penicillin, Cephalosporine und Glykopeptide gehören zu dieser Gruppe. Ist das Immunsystem eines Patienten schon sehr geschwächt, bekommt er meist ein bakterizid wirksames Antibiotikum. Antibiotika mit einer bakteriostatischen Wirkung hingegen verhindern, dass die Mikroorganismen weiter wachsen und sich vermehren. Sie können beispielsweise die Proteinproduktion verhindern und stoppen damit entweder das Wachstum von Teilen der Zellen oder kompletter Zellen. Zu den Antibiotikafamilien mit bakteriostatischer Wirkung zählen Tetracycline, Sulfonamide, Aminoglykoside, Makrolide, Azalide sowie die modernen Chinolone. Unterschiede gibt es auch im Hinblick auf das so genannte Wirkspektrum der Antibiotika: Ein Schmalspektrumantibiotikum wirkt nur gegen einzelne, ganz bestimmte Bakterien. Ein Breitspektrumantibiotikum entfaltet seine Wirkung gegen viele verschiedene Erreger. Die Empfindlichkeit von Bakterien auf die verschiedenen Antibiotika lässt sich in einem Antibiogramm testen. Hierfür testen Mikrobiologen im Labor verschiedene Basispressemappe Antibiotika Seite 12 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Antibiotika mit Hilfe eines Nährbodens, auf den je nach Bakterienherd zum Beispiel Atemwegssekret, Wundabstrich oder Stuhl aufgetragen wurde. Der größte bakterienfreie Umkreis, der so genannte Hemmhof, weist auf das wirksamste Antibiotikum hin. Ein Antibiogramm erleichtert vor allem bei komplizierten Krankheitsfällen die gezielte Anwendung. In der täglichen Praxis entscheidet der Arzt in der Regel aufgrund der Symptome des Patienten und des zu erwartenden Erregerspektrums, ob und wenn ja, welches Antibiotikum einzusetzen ist, um die Erkrankung möglichst wirksam zu behandeln. Das zu erwartende Erregerspektrum spielt eine wichtige Rolle bei der Wahl des Antibiotikums. So treten beispielsweise bei einem Kindergartenkind meist andere Erreger auf als bei einem Schulkind. Bei einem jüngeren Erwachsenen wiederum muss mit anderen Krankheitserregern gerechnet werden, als bei einem älteren Pflegeheimbewohner. Aufgrund dieser Einschätzung wird der Arzt die Entscheidung treffen, welches Antibiotikum am besten gegen den vermuteten Erreger wirkt. Die Durchschlagkraft erhalten: Ganz oder gar nicht Alle Antibiotika müssen am Ort der Infektion eine ausreichend hohe Konzentration erreichen, um den verursachenden Erreger in seiner Vermehrung zu hemmen oder ihn zu beseitigen. Deshalb ist es wichtig, dass sich Patienten genau an die Einnahmevorschriften des Arztes halten. Ein Antibiotikum muss in der verordneten Menge und regelmäßig eingenommen werden. Außerdem muss es über den gesamten empfohlenen Zeitraum eingenommen werden. Das sind je nach Art des verordneten Antibiotikums 3, 5, 7 oder 10 Tage. Manche Patienten neigen dazu, das Antibiotikum abzusetzen, wenn es ihnen nach zwei bis drei Tagen wieder besser geht. Das kann fatale Folgen haben. Durch die falsche Antibiotika-Einnahme werden nur die schwachen Plagegeister ausgerottet. Die überlebenden Bakterien hingegen vermehren sich nach kurzer Zeit schon wieder und können einen Rückfall auslösen, der dann schwer zu behandeln ist, weil das zuvor eingesetzte Antibiotikum nun möglicherweise wirkungslos geworden ist. Ähnliche Konsequenzen sind zu befürchten, wenn das Antibiotikum sehr unregelmäßig oder nicht in der empfohlenen täglichen Dosierung eingenommen wird. Basispressemappe Antibiotika Seite 13 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Lästige Plagegeister: Viren und Bakterien Am richtigen Ort, zur richtigen Zeit Atemwegsinfektionen können sowohl durch Viren als auch Bakterien ausgelöst werden. Zu den Infektionen, an denen vielfach Bakterien beteiligt sind, zählen Stirnhöhlen- und Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis), Mittelohrentzündung (Otitis media), Mandelentzündung (Tonsillitis), Entzündung der Bronchien (Bronchitis) und Lungenentzündung (Pneumonie). Anzeichen für eine bakterielle Infektion sind neben Fieber (> 39° Celcius) vor allem eitrige Beläge, eitriger Auswurf oder zähflüssiger, eitriger Schnupfen. Bei bakteriellen Atemwegsinfektionen werden vom Arzt in der Regel Antibiotika verordnet, um den Krankheitsverlauf abzukürzen und um das Entstehen von Komplikationen zu verhindern. Nicht behandelte bakterielle Infektionen können beispielsweise zu Abszessen an den Mandeln oder am Trommelfell führen oder rheumatisches Fieber auslösen. Zu den Erkrankungen, die durch Viren ausgelöst werden, zählen beispielsweise die Virus-Grippe (Influenza) und die Erkältung. Jeder Erwachsene ist zwei- bis dreimal pro Jahr erkältet, Kinder sogar sechs- bis zwölfmal. Antibiotika können bei virusbedingten Erkrankungen nichts ausrichten. Die meisten Erkältungskrankheiten sind harmlos und mit bewährten Hausmitteln wie Wärme und Ruhe schnell wieder in den Griff zu bekommen. Sind die Schleimhäute durch Viren angegriffen und so die natürlichen Abwehrkräfte geschwächt, können Bakterien in den Körper eindringen und zusätzlich eine bakterielle Infektion auslösen. Das gilt auch, wenn die Abwehrkräfte aus anderen Gründen – wie Stress, Erschöpfung oder Unterkühlung – geschwächt sind. Eine solche zusätzliche Infektion mit Bakterien wird als „bakterielle Superinfektion“ bezeichnet. Patienten mit Erkältung sollten einen Arzt aufsuchen, wenn die Krankheitssymptome nach einer Woche nicht verschwinden oder die Beschwerden sogar schlimmer werden. Weitere Gründe für einen Arztbesuch sind hohes Fieber, auftretende Schmerzen an Kopf, Nacken oder Zähnen oder hartnäckiger Husten. Basispressemappe Antibiotika Seite 14 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Tipps für eine schnellere Gesundung Unabhängig davon ob eine Infektion bakteriell ist und mit Antibiotika behandelt wird oder viral ist. Hier sind einige Regeln zusammen gestellt, die den Genesungsprozess unterstützen. Wenn Sie krank sind ... Gönnen Sie sich so viel Erholung wie möglich. Mit viel Ruhe und Schlaf geben Sie Ihrem Körper die notwendige Kraft, die Infektion zu bekämpfen. Trinken Sie viel Flüssigkeit. Trinken Sie mindestens 6-8 Gläser Flüssigkeit am Tag. Essen Sie gut, wenn Sie hungrig sind. Heiße Suppen und leichte, vitaminreiche Kost werden Ihrem Körper helfen, schnell wieder auf die Beine zu kommen. Bleiben Sie zu Hause. Um zu vermeiden, dass Sie die Infektion verbreiten, bleiben Sie zu Hause, solange es Ihnen Ihr Arzt rät. Waschen Sie sich die Hände – so oft es geht. Reinigen Sie stets gründlich Ihre Hände – vor allem nach dem Niesen, Husten, Nase putzen und bevor Sie Nahrungsmittel anfassen. Basispressemappe Antibiotika Seite 15 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Überlebenskünstler Bakterien Die richtige Einnahme ist entscheidend Damit Antibiotika ihre Wirkung entfalten können, sollten sie regelmäßig und über den empfohlenen Zeitraum in der verordneten Dosierung eingenommen werden. Antibiotika können nur für eine bestimmte Zeitdauer im menschlichen Körper bleiben. Wird die Konzentration des Antibiotikums im Körper zu gering, können sich Bakterien an den Wirkstoff anpassen und sich trotz Behandlung vermehren. Bricht ein Patient die Einnahme vor Ende der Behandlung ab, z.B. weil er sich schon nach zwei Tagen wieder besser fühlt, werden nur die schwachen Plagegeister ausgerottet. Die überlebenden Bakterien hingegen, vermehren sich nach kurzer Zeit wieder und können einen Rückfall auslösen. Ein Rückfall ist meist schwer zu behandeln, weil das zuvor eingesetzte Antibiotikum nun möglicherweise wirkungslos geworden ist. Auch das Auftreten von Durchfall, wie es gelegentlich bei der Einnahme von Antibiotika vorkommen kann, darf keinesfalls dazu führen, dass das Antibiotikum ohne Rücksprache mit dem Arzt einfach abgesetzt wird. Meist ist der Durchfall harmlos und verschwindet nach wenigen Tagen wieder. Manche Patienten nehmen sogar auf „gut Glück“ bei ihrer nächsten Erkrankung die Reste eines Antibiotikums, oder gar die Überbleibsel eines Antibiotikums, das beispielsweise einem Familienmitglied verschrieben wurde, ein. Auch das trägt dazu bei, dass das Antibiotikum bei der nächsten schweren, bakteriellen Erkrankung nicht mehr wirken kann. Ärzte können in diesem Fall noch auf moderne Antibiotika zurückgreifen. Das Spektrum an neueren Antibiotika ist jedoch begrenzt und sollte auch im Hinblick auf die Behandlungsmöglichkeiten und Gesundheit zukünftiger Generationen geschont werden. Basispressemappe Antibiotika Seite 16 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Gemeinsam stärker: Arzt und Patient Länderübergreifend: Faktoren einer erfolgreichen Therapie Die PACE-Studie (PACE = Perceptions of Antibiotic Compliance and Efficacy) hat es gezeigt: Bei einer Antibiotikabehandlung machen die Therapiedauer, rasche Wirksamkeit, das Vertrauensverhältnis zum Arzt sowie der subjektiv empfundene Informationsgrad des Patienten die Zufriedenheit des Patienten und den Erfolg einer Behandlung aus. Die PACE-Studie2 wurde in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien bei insgesamt über 3.000 Patienten, die aufgrund von leichten bis mittelschweren Atemwegsinfektionen zwei Monate zuvor ein Antibiotikum erhalten hatten, durchgeführt. Zusätzlich zu den 600 Erwachsenen im Alter von 18 - 60 Jahren pro teilnehmender Nation waren auch die Eltern bzw. Betreuer von jeweils 200 Kindern zwischen 18 Monaten und 12 Jahren befragt worden. Im Interesse der persönlich geführten Interviews standen vor allem die Erwartungen des Patienten und die komplexen Interaktionen zwischen Arzt und Patient im Rahmen der AntibiotikaBehandlung, zum Beispiel die subjektive Wahrnehmung des Arztes und seiner kommunikativ-informativen Kompetenz. Die Befragten äußerten sich zudem über ihre Einschätzung der Medikamentenwirksamkeit, der Therapieeffizienz und ihr Einnahmeverhalten. Hauptsache schnell gesund? Etwa über die Hälfte bis zwei Drittel der an einer Atemwegsinfektion erkrankten Patienten erwarten, dass ihnen ihr Arzt ein Antibiotikum verschreibt. Bei Eltern erkrankter Kinder ist dieser Anteil sogar noch etwas höher. Selbst eine banale Erkältung möchte immer noch ein Drittel der Patienten schnell und effektiv mit einem Antibiotikum loswerden. Zufrieden mit Medikament, Therapie und Arzt sind diese ungeduldigen Patienten nur, wenn sie sich innerhalb von drei Tagen auf dem Weg der Besserung befinden (81 Prozent) und innerhalb von sechs Tagen schon wieder Müller, Ottmar, Stahlmann, Ralf „Patientenerwartungen und Compliance bei der antibiotischen Therapie von Infektionen der oberen Atemwege“, Chemother J 2003; 12:13-20. 2 Basispressemappe Antibiotika Seite 17 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e topfit sind (74 Prozent). Wirkt ein A n t i b i o t i k a Antibiotikum bei einer bakteriellen Atemwegsinfektion bereits innerhalb von drei Tagen, wird es schon allein aufgrund dessen von den Patienten als gut und wirksam eingeschätzt und entsprechend beständig eingenommen. Länger als drei Tage wollen die meisten Patienten jedoch keine Pillen schlucken. Die Erwartung an ein Antibiotikum sind einfach auf den Punkt zu bringen: In den Augen des Patienten ist das Antibiotikum wirksam, wenn alle Symptome eindeutig (84 Prozent) oder wahrscheinlich (15 Prozent) innerhalb kürzester Zeit beseitigt werden. Bei bakteriellen Atemwegsinfektionen stehen daher Antibiotika mit besonders kurzen Einnahmedauer – z.B. über 3 Tage – in der Gunst der befragten Patienten am höchsten. Gemeinsam stärker Ein wesentlicher Faktor für Patientenzufriedenheit und Therapieerfolg wurde in der Vergangenheit unterschätzt: Je mehr ein Patient weiß und versteht, was in seinem Körper vorgeht, desto höher ist seine Bereitschaft, die Anweisungen des Arztes zu befolgen. Abgesehen von den rein sachlichen Informationen zu Dosis, Dauer, Zeit bis zur Besserung, Nebenwirkungen usw. spielt auch die Zeit, die sich der Arzt für das Gespräch mit seinem Patienten nimmt, eine große Rolle für das Ausmaß der Zufriedenheit des Patienten. Unter den Patienten, die „vollständig zufrieden“ mit der Behandlung ihres Arztes waren, gaben 79 Prozent eine Konsultationsdauer von mehr als 10 Minuten an. Fühlt sich der Patient gut informiert und betreut, hält er sich häufiger an die Anweisungen des Arztes als andere Patienten, die ihren Informationsgrad und ihr Vertrauensverhältnis zum Arzt schlechter einschätzen. Therapieversagen hat weitreichende Konsequenzen Gerade im Hinblick auf die Entwicklung von Resistenzen aufgrund unregelmäßiger oder falscher Einnahme, zu frühem Absetzen der Medikation und anderer Fehler gewinnen diese subjektiven Erfolgsfaktoren an Bedeutung. So lautet die häufigste Begründung der Patienten, die Medikamenten-Einnahme vorzeitig und eigenmächtig abzubrechen, das subjektive Gefühl, dass sich die Symptome verbessern und Basispressemappe Antibiotika Seite 18 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a verschwinden.3 Entscheidend für den Sieg über die bakterielle Infektion ist demnach nicht nur die Auswahl des passenden Antibiotikums, sondern auch dessen Einnahme- und Wirkdauer sowie die Zeit, die sich der Arzt für seinen Patienten nimmt, um ihm zu erklären, wie er sich verhalten sollte und warum es wichtig ist, dass er mitarbeitet. Verpulvert? Den Antibiotikaverbrauch in Grenzen halten Im europäischen Vergleich ist der Antibiotikaverbrauch in Deutschland zwar eher gering, aber im Trend doch beunruhigend. Auch hierzulande werden immer mehr Antibiotika mit einem breiten Wirkspektrum eingesetzt oder gar auf medizinische „Reserven“ zurückgegriffen. Zuverlässige Zahlen zu Deutschland zeigen außerdem, dass im ambulanten Bereich, sprich in den Arztpraxen, erhebliche regionale Unterschiede im Verordnungsverhalten vorliegen. Innerhalb Deutschlands bekommen Pfälzer und Saarländer am häufigsten ein Rezept für Antibiotika, während die Bundesländer Sachsen und Brandenburg die wenigsten Verschreibungen aufweisen, so die Ergebnisse eines Vergleichs der Regionen der Kassenärztlichen Vereinigungen. Grenzüberschreitendes Problem Im Jahre 1999 wurden europaweit 8.500 Tonnen Antibiotika in der Humanmedizin verbraucht – das entspricht immerhin dem Gewicht von circa 7.000 Autos der Mittelklasse!4 Im europäischen Vergleich (25 Länder) ist Deutschland beim Antibiotikaverbrauch im unteren Drittel zu finden.5 Die höchsten Verbrauchszahlen finden sich in Frankreich, Griechenland, Italien, Belgien und Luxemburg. Auch die Deutschland-Nachbarstaaten Polen und Tschechien weisen einen hohen Verbrauch auf. Vor dem Hintergrund „grenzüberschreitender“, wahrscheinlich hoher Branthwaite A, Pechere JC. Pan-European survey of patients’ attitudes to antibiotics and antibiotic use. J Int Med Res 1996; 24:229-38. 4 Euro-Info 2002: Ernährung – Den Antibiotika geht es an den Kragen. Euro-Info Nr. 266, 2-6. 5 K. de With et al. Antibiotikaanwendung in Deutschland im europäischen Vergleich. Dtsch Med Wochenschr 2004; 129:1987-1992. 3 Basispressemappe Antibiotika Seite 19 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Resistenzraten und somit notwendig gewordener Reserve- bzw. Zweitbehandlungen lassen sich auch die relativ hohen Verbrauchszahlen der Regionen Pfalz und Saarland erklären, die zum „Vielverbraucher“ Frankreich benachbart sind. Ländersache? Nicht nur der Einsatz, sondern auch der verantwortungsvolle Umgang mit Antibiotika scheint Ländersache zu sein: Die PACE-Studie ergab, dass 75 Prozent der deutschen Patienten es ablehnen, einen Teil der Tabletten aufzubewahren und später nochmals zu verwenden. 53 Prozent der Deutschen lehnen dies sogar völlig ab, in Frankreich waren es 45 Prozent. Ganz anders dagegen zeigen sich Italiener und Spanier im Umgang mit dem Bakterien-Killer: Etwa zwei Drittel stimmen dieser Vorgehensweise mehr oder weniger zu, nur 13 Prozent (Italien) bzw. 16 Prozent (Spanien) lehnen es völlig ab, Tabletten für die nächste Erkrankung aufzuheben und wieder zu verwenden. verantwortungsbewusste Die hohe Umgang mit Verordnungsrate Antibiotika sowie lassen der vermuten, wenig dass südeuropäische Patienten von höheren Resistenzraten betroffen sind und die Ärzte dort häufiger zu den Reserven unter den modernen Antibiotika greifen müssen. Die Therapietreue des Patienten, also die korrekte Einnahme von Antibiotika, ist daher von äußerster Wichtigkeit, um die Entstehung von Resistenzen zu vermeiden. Die PACE-Studie hat gezeigt, dass die Therapietreue deutlich höher ist, wenn die Patienten ein Antibiotikum erhalten, das nur über drei Tage eingenommen werden muss. Von den Patienten, die eine solche Behandlung bekamen, hielten sich 93 Prozent an das Therapieschema: 92 Prozent der Patienten führten die Behandlung wie vom Arzt verschrieben zu Ende. Unter denjenigen Patienten, die mit anderen Antibiotika (durchschnittliche Einnahmedauer sechs Tage) behandelt worden waren, hielten sich nur 85 Prozent an das Therapieschema und nur 83 Prozent führten die Behandlung verschreibungsgemäß zu Ende. Basispressemappe Antibiotika Seite 20 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Keine Angst vor Antibiotika! Kinder und bakterielle Atemwegserkrankungen „Ich habe Halsschmerzen!“ – „Meine Ohren tun so weh!“ – Infektionen machen auch vor Kindern nicht Halt. Gerade in der kalten Jahreszeit füllen kleine Patienten mit Mittelohrentzündung, Mandelentzündung, Bronchitis, Mittelohrentzündung oder Erkältung die Wartezimmer der Kinderärzte. Bei bakteriell bedingten Infektionen der Atemwege entscheidet sich der Kinderarzt in der Regel für die Behandlung mit einem Antibiotikum, um den Krankheitsverlauf abzukürzen und um das Entstehen von Komplikationen zu vermeiden. Wichtig bei der Antibiotikabehandlung ist, dass die Eltern – und bei älteren Kindern auch die jungen Patienten selbst – mit der Therapie einverstanden sind. Häufig wird in der Kinderarztpraxis das Vorurteil laut, dass Antibiotika das natürliche Immunsystem der jungen Patienten schwächen. Das Gegenteil ist der Fall: Antibiotika unterstützen das Immunsystem in der Abwehr von Infekten. Faktoren wie Dauer und Häufigkeit der Antibiotikaeinnahme, mögliche Nebenwirkungen, aber auch der Geschmack des Arzneimittels spielen bei der Therapietreue eine große Rolle. Der Kinderarzt wird in der Regel versuchen, bei der Antibiotikaverschreibung auf diese Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Ebenso wie bei der Behandlung von Erwachsenen, ist es auch bei Kindern sehr wichtig, dass das Antibiotikum regelmäßig über den empfohlenen Zeitraum und in der empfohlenen Dosierung eingenommen wird. Eine der häufigsten Infektionen im Kindesalter ist die akute Mittelohrentzündung (Otitis media). Besonders in den ersten zwei Lebensjahren stellt diese Erkrankung ein Problem dar, da sie in diesem Alter besonders häufig auftritt und auch oft besonders komplikationsreich verläuft. Ohne eine Behandlung mit Antibiotika kann die akute Otitis media chronisch werden oder immer wieder entstehen. Es können sich Abszesse bilden oder sogar eine Hirnhautentzündung (Meningitis) auftreten. Basispressemappe Antibiotika Seite 21 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Eine weitere häufige Erkrankung im Kindesalter ist die Mandelentzündung (Tonsillitis). Einen Nachweis für diese Erkrankung kann durch einen StreptokokkenSchnelltest erbracht werden. Auch hier gilt es durch die Antibiotikatherapie Komplikationen, wie beispielsweise das Entstehen von rheumatischem Fieber, zu verhindern. Basispressemappe Antibiotika Seite 22 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Wichtige Fragen und richtige Antworten Eigentlich einfach: Antibiotika wirken nur, wenn es sich um eine bakteriell verursachte Infektion handelt, und sollten natürlich nur dann eingenommen werden, wenn der Arzt sie verschrieben hat. Wenn man dann noch den Anweisungen des Arzt oder Apothekers Folge leistet, kann nichts schief gehen. Mit der AntibiotikaEinnahme sollte nicht nur wegen der eigenen Gesundheit verantwortungsvoll umgegangen werden, sondern auch im Hinblick auf die therapeutischen Möglichkeiten in der Zukunft. Die meist gestellten Fragen von Seiten der Patienten haben wir deshalb im folgenden Kapitel gesammelt und beantwortet. Was muss ich bei der Einnahme eines Antibiotikums beachten? Halten Sie sich bitte genau an die Anweisungen Ihres Arztes, vor allem in Bezug auf Dosierung (wie viele Tabletten oder Kapseln täglich?) und Einnahmedauer (wie viele Tage lang?). Warum ist es so wichtig, dass ich eine Packung Antibiotika bis zum Ende einnehme, auch wenn es mir schon wieder besser geht? Um Bakterien auszurotten, wird eine bestimmte Wirkstoffmenge im Körper benötigt. Wenn Sie die Antibiotika-Einnahme einfach abbrechen, überleben Bakterien, die sich nach kurzer Zeit schon wieder vermehren und einen Rückfall auslösen können. Ein Rückfall ist meist schwer zu behandeln, weil das zuvor eingesetzte Antibiotikum möglicherweise wirkungslos geworden ist. Sollten Sie aus einem Grund, beispielsweise weil ihr Arzt die Behandlung umgestellt hat, Reste eines Antibiotikums übrig behalten haben, geben Sie diese bitte in der Apotheke ab. Nehmen Sie die Antibiotikareste auf keinen Fall bei der nächsten Erkrankung ein. Möglicherweise liegt dann keine bakterielle Infektion vor und das Antibiotikum ist wirkungslos. Basispressemappe Antibiotika Seite 23 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Muss ich Antibiotika immer vor einer Mahlzeit einnehmen? Bezüglich des besten Zeitpunktes zur Einnahme eines Antibiotikums, gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Präparaten. Halten Sie sich daher am besten an die Anweisungen Ihres Arztes oder der Packungsbeilage. Viele Präparate sollen vor (eine Stunde) dem Essen eingenommen werden. Andere sind besser verträglich, wenn Sie die Tabletten während oder nach (zwei Stunden) einer Mahlzeit einnehmen. Muss ich ein Antibiotikum immer ganz pünktlich einnehmen? Antibiotika sollten nach Möglichkeit immer zum selben Zeitpunkt eingenommen werden, wenn auch nicht auf die Minute genau. Damit wird gewährleistet, dass sich immer eine ausreichend hohe Menge Wirkstoff im Körper befindet, um die Bakterien abzutöten bzw. deren Vermehrung zu verhindern. Entscheiden Sie sich für einen markanten Zeitpunkt, den Sie bestimmt nicht vergessen, z.B. morgens – ob vor oder nach den Mahlzeiten hängt vom jeweiligen Antibiotikum ab. Ich habe vergessen, mein Antibiotikum einzunehmen. Was mache ich jetzt? Bei einer Verschiebung um wenige Stunden macht es noch Sinn, die Einnahme nachzuholen. Danach machen Sie mit der Einnahme um den ursprünglichen Zeitpunkt weiter. Wenn Sie jedoch völlig vergessen haben, Ihr Antibiotikum pünktlich einzunehmen, dann nehmen Sie auf keinen Fall bei der nächsten Einnahme die doppelte Menge. Was mache ich, wenn ich mein Antibiotikum wie verschrieben einnehme, aber trotzdem auch nach einigen Tagen noch keine Besserung verspüre? Es gibt viele verschiedene Antibiotika, die unterschiedliche Zeit benötigen bis sie wirken. Die meisten Antibiotika wirken jedoch innerhalb von drei Tagen. Wenn Sie nach 3 bis 4 Tagen noch keine Besserung verspüren obwohl Sie die Medikamente richtig eingenommen haben, gehen Sie auf jeden Fall wieder zum Arzt und sagen Sie ihm, dass Sie sich trotz Antibiotikum noch nicht Basispressemappe Antibiotika Seite 24 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a besser fühlen. Nehmen Sie die Medikamente aber bis zu Ihrem Arztbesuch trotzdem weiter ein. Ich nehme die Pille. Haben Antibiotika Einfluss auf die Sicherheit des Verhütungsmittels? Orale Antibiotika können die Wirksamkeit der Pille vermindern, indem sie die Hormonaufnahme beeinträchtigen oder sogar verhindern. Der Verhütungsschutz ist somit nicht mehr 100prozentig gewährleistet. Wer eine Schwangerschaft vermeiden will, muss unter Antibiotika mit nichthormonellen Mitteln verhüten. Frauenärzte empfehlen vom Behandlungsbeginn bis zu sieben Tage danach, sicherer sind 14 Tage, zusätzlich zu verhüten. Ich bin schwanger. Kann ich trotzdem mit Antibiotika behandelt werden? Gundsätzlich sind in der Schwangerschaft Penicilline, Cephalosporine und Makrolide vermeiden. erlaubt. Auf Chinolone jeden Fall oder muss Tetracycline der sollten behandelnde Schwangere Arzt von der Schwangerschaft wissen, um eine gründliche Nutzen-Risiko-Abschätzung anzustellen und ein verträgliches Mittel auszuwählen. Als ich kürzlich ein Antibiotikum einnahm, bekam ich etwas Durchfall. Muss ich das Antibiotikum deswegen absetzen? Unter einer Antibiotikabehandlung kann es gelegentlich zum Auftreten von Durchfall kommen, der aber meist nach einigen Tagen wieder verschwindet. Ohne Rücksprache mit dem Arzt sollte dies nicht zum Abbruch der Behandlung führen. Vorsicht ist geboten, wenn Sie mit der Pille verhüten, weil bei Durchfall der Empfängnisschutz möglicherweise nicht mehr hundertprozentig gewährleistet ist. Stimmt es, dass die Einnahme von Antibiotika die natürliche Darmflora zerstört? Antibiotika zerstören nur einen Teil der Darmflora. Ein gesunder Mensch baut diese jedoch nach wenigen Tagen wieder auf. Basispressemappe Antibiotika Seite 25 von 26 B a s i s - P r e s s e m a p p e A n t i b i o t i k a Ist es richtig, dass die Einnahme von Antibiotika das Immunsystem schädigt? Das Gegenteil ist der Fall. Antibiotika unterstützen das natürliche Immunsystem in der Abwehr von Infekten, insbesondere im Kindesalter. Basispressemappe Antibiotika Seite 26 von 26