Lüdemann_Coleman_2000

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aus: Helge Peters (Hrsg.): Soziale Kontrolle. Zum Problem der Normkonformität in der Gesellschaft, Opladen 2000, S. 87-110
Normen, Sanktionen und soziale Kontrolle in der Theorie rationalen Handelns
von James S. Coleman
Christian Lüdemann
1.
Einige Grundannahmen des Rational-Choice-Ansatzes
Der 1995 verstorbene amerikanische Soziologe James S. Coleman hat sich in seinem "opus magnum", den fast 1000-seitigen "Foundations of Social Theory" aus dem Jahre 1990 (Coleman 1990)
neben vielen anderen Themenbereichen auch mit Normen, Sanktionen und sozialer Kontrolle beschäftigt. Leider sind diese Überlegungen bislang kaum von der Kriminologie oder Rechtssoziologie
perzipiert worden. Daher wird sich der folgende Beitrag dem Colemanschen Begriffsapparat sowie
seinen methodologischen und theoretischen Annahmen widmen, die sich auf Normen, Sanktionen
und soziale Kontrolle beziehen.1 Da Coleman innerhalb der Soziologie zu den Hauptvertretern des
Rational-Choice-Ansatzes zählt (vgl. zu diesem Ansatz z.B. Coleman/Fararo 1992; Kunz 1997; Esser
1999), sollen hier kurz die Grundannahmen dieses Ansatzes genannt werden, die aus drei theoretischen
Kernannahmen
sowie
einer
methodologischen
Annahme
bestehen.
Die
drei
handlungstheoretische Kernannahmen des Rational-Choice-Ansatzes, die auch Coleman teilt, lauten:
Handeln wird durch individuelle Präferenzen, d.h. Ziele, Wünsche oder Bedürfnisse bedingt
(Präferenz-Annahme).
Handlungen werden durch subjektive sowie objektive Restriktionen und Möglichkeiten bedingt (Annahme der Handlungsrestriktionen).
Akteure versuchen, ihre Ziele unter Berücksichtigung von Handlungsrestriktionen in höchstmöglichem Ausmaß zu realisieren (Annahme der Nutzenmaximierung).
Formelle oder informelle Normen sowie angedrohte oder verhängte formelle und informelle Sanktionen zählen dabei zu den Handlungsrestriktionen. Das Verhalten auf der Mikroebene handelnder
Akteure wird von Coleman mit Hilfe einer individualistischen Handlungstheorie, der SEU-Theorie
1
Helge Peters möchte ich an dieser Stelle für seine kritischen Hinweise und Änderungsvorschläge danken. Die relevanten Kapitel über die Entstehung und Durchsetzung von Normen in Coleman 1990 sind die Kapitel 10, 11 und
(für die Formalisierung dieser Überlegungen) 30. Die deutsche Übersetzung der "Foundations of Social Theory" erschien in drei separaten Bänden (Coleman 1991, 1992, 1994); vgl. auch Coleman 1987a, 1990a. Für eine aus führliche Auseinandersetzung mit den "Foundations of Social Theory" vgl. die diesem Werk gewidmeten beiden
Themenhefte der Zeitschrift "Analyse & Kritik" vom Dezember 1992 und September 1993; vgl. auch Sørensen/Spilerman 1993; Clark 1996; Müller/Schmid 1998; zur Kritik von Colemans Kapiteln über Normen vgl.
besonders Baurmann 1993; Berger 1998; Haller 1999: 339-359.
2
("SEU" = "Subjective Expected Utility"), erklärt.2 Die SEU-Theorie stellt also eine Präzisierung der drei
theoretischen Kernannahmen dar. Gemäß der SEU-Theorie wird von einem Akteur, der verschiedene
Handlungsalternativen wahrnimmt, die Handlungsalternative mit dem maximalen SEU-Wert ausgeführt. So kann ein Akteur z.B. vor der Entscheidung stehen, eine bestimmte Norm zu befolgen oder
diese zu verletzen. Sofern Normen (tatsächlich oder nur vermeintlich) verletzt worden sind, kann ein
anderer Akteur wiederum vor der Entscheidung stehen, eine Sanktion zu verhängen oder nicht zu
verhängen. Um nun den SEU-Wert einer Handlungsalternative zu berechnen, werden die subjektiven
Auftrittswahrscheinlichkeiten und die Bewertungen ("Nutzen" bzw. "Kosten") der verschiedenen Handlungsfolgen dieser Handlungsalternative miteinander verrechnet, indem aus der Bewertung und der
subjektiven Wahrscheinlichkeit jeder einzelnen perzipierten Handlungsfolge das Produkt gebildet
wird. Die Summe dieser Produkte entspricht dann dem SEU-Wert dieser Handlungsalternative. Vereinfacht formuliert, besteht der SEU-Wert einer Handlungsalternative also aus den erwarteten Vorteilen ("Gesamtgewinn") abzüglich der erwarteten Nachteile ("Gesamtkosten)" dieser Handlung. Gemäß der SEU-Theorie wird dann diejenige Handlungsalternative ausgeführt, die den maximalen SEUWert besitzt. In formaler Schreibweise lautet die SEU-Theorie:

 (BEW j  ERW ji) für die Handlungskonsequenzen 1...n

SEU-Wert der Handlungsalternative i
BEW j

subjektive Bewertung der Handlungskonsequenz j
ERW ji

subjektive Erwartung der Handlungskonsequenz j bei Ausführung der Handlungsalternative i
SEUi
SEU-Theorie: Es wird die Handlungsalternative mit dem maximalen SEU-Wert ausgeführt
Colemans grundlegende methodologische Annahme ist die des methodologischen Individualismus,
die von allen Rational-Choice-Vertretern geteilt wird und folgendermaßen lautet:
Soziale Phänomene, wie z.B. Rechtsstrukturen, Fremdenfeindlichkeit, Revolutionen, Kriminalitätsraten, Aufklärungsraten oder soziale Kontrolle, lassen sich durch das Handeln
individueller Akteure im sozialen Kontext erklären.
Diese Annahme wird von Coleman im Rahmen seines Mikro-Makro-Modells (1986, 1987, 1990: Kap.
1) weiter präzisiert (vgl. Abbildung). So unterscheidet er in diesem Modell zwischen zwei verschiedenen Ebenen. Ein derartiges Zwei-Ebenen-Modell, wie es die Abbildung zeigt, besitzt im oberen Teil
eine Makro-Ebene, die sich auf Merkmale der sozialen Situation oder des sozialen Systems bezieht
2
Andere Bezeichnungen für die SEU-Theorie sind auch "Erwartungsnutzentheorie", "Wert-Erwartungstheorie",
"Value  Expectancy-Theory" oder einfach "Nutzentheorie". Coleman nennt seine Handlungstheorie "Theory of
Purposive Action"; vgl. zu dieser Theorie Esser 1999: Kap. 7.
3
und im unteren Teil eine Mikro-Ebene, die sich auf kognitive Merkmale (SEU-Werte) und Handlungen
individueller Akteure bezieht.
Abbildung: Das Mikro-Makro-Modell von Coleman
soziale Situation
BR1
Normen
AGG1
BR2
SEU-Wert HandlungSEU-
soziale Situation
AGG2
Handlung
SEU-Wert = Erwartung x Nutzen der Folgen einer
Handlungsalternative
BR = Brückenannahme
AGG =
Dieses Mikro-Makro-Modell läßt sich nun in drei verschiedene Schritte oder "Logiken" zerlegen: Die
Logik der Situation, die der Selektion und die der Aggregation (vgl. hierzu Esser 1993: 94 ff.). In
einem ersten Schritt ("Logik der Situation") geht es dabei zunächst darum, die soziale Situation des
Akteurs zutreffend zu rekonstruieren und zwar so, wie die Situation vom Akteur perzipiert wird. Daß
es dabei zu Fehlperzeptionen (z.B. Über- oder Unterschätzungen der "objektiven" Entdeckungs-, Verfolgungs- oder Sanktionswahrscheinlichkeit) durch den Akteur kommen kann, wird nicht ausgeschlossen. Es wird also nicht unterstellt, daß die Akteure vollständig informiert sind. In diesem ersten
Schritt geht es um die Verknüpfung (BR1, BR2) der Makro-Ebene der sozialen Situation mit der
Mikro-Ebene des Akteurs, wobei diese Mikro-Ebene aus den unabhängigen Variablen (SEU-Wert) der
SEU-Theorie besteht. In diesem ersten Schritt muß herausgearbeitet werden, welche Bedingungen
und objektiven Handlungsrestriktionen in der sozialen Situation vorliegen, welche Handlungsalternativen die Akteure wahrnehmen und welche Erwartungen und Bewertungen von Handlungsfolgen
die Akteure aufgrund dieser Bedingungen und Restriktionen haben. Das Ziel dieser Rekonstruktion
der sozialen Situation des Akteurs besteht darin, zutreffende Brückenannahmen (BR1, BR2) über die
Wirkung der Variablen der Makro-Ebene, d.h. externer "objektiver" Bedingungen auf die Prädiktoren
(SEU-Werte) der Handlungstheorie zu formulieren. Der zweite Schritt ("Logik der Selektion") besteht
in der Erklärung individueller Handlungen aufgrund der SEU-Theorie. Dieser Schritt verbindet also
4
Akteure und Handlungen und damit zwei Bestandteile der Mikro-Ebene. Mit Hilfe der SEU-Theorie
wird dabei die Selektion einer spezifischen Handlungsalternative aufgrund der subjektiven Erwartungen und Bewertungen (SEU-Werte) von Handlungsfolgen durch die Akteure erklärt. Die Logik der Selektion bezieht sich also auf den nomologischen Kern der gesamten Erklärung in Form einer
allgemeinen Handlungstheorie. Der dritte und letzte Schritt ("Logik der Aggregation") bezieht sich auf
den Schritt (AGG1, AGG2) von der Mikro-Ebene individueller Handlungen zur Makro-Ebene
kollektiver "aggregierter" Folgen. Dabei kann die Aggregation aus sehr unterschiedlichen Transformationsregeln bestehen, die von der bloßen Addition von Einzelhandlungen (z.B. Demonstrationen, Unterschriftensammlung) über die Berechnung von Raten (z.B. Kriminalitäts- oder Aufklärungsraten), die
Verwendung institutioneller Aggregationsregeln (z.B. die 5%-Sperrklausel bei Wahlen3) bis zu komplizierten Diffusionsmodellen (z.B. Schwellenwertmodellen) reichen kann.
Formelle oder informelle Normen sind nun für Coleman keine Eigenschaften individueller Akteure,
sondern Eigenschaften des sozialen Systems, die einerseits das Produkt aggregierter individueller
Handlungen sind (AGG1) und andererseits (wenn nämlich Normen bereits entstanden sind) auf individuelle Akteure einen kausalen Effekt ausüben, indem sie deren Entscheidungen und Handlungen als
Restriktionen beeinflussen (BR2). Diese Überlegungen sind nun beileibe nicht neu und gehören
schon lange zum allgemeinen Wissensbestand der Soziologie. Neu ist dagegen die Präzision der Formulierung dieser Annahmen, deren Allgemeinheit, die Verknüpfung von methodologischen und theoretischen Annahmen sowie die systematische Verbindung zwischen einer Mikro- und einer MakroEbene in einem ausformulierten Mikro-Makro-Modell. Alle drei Schritte (oder "Logiken") zusammengenommen werden auch als Makro-Mikro-Makro-Erklärung bezeichnet. So führt das Handeln individueller Akteure in der Abbildung zur Entstehung bestimmter Normen (AGG1), die später wiederum die
SEU-Werte und damit die Handlungen von Akteuren kausal beeinflussen (BR2).
Dieses Mikro-Makro-Modell läßt sich nun sowohl horizontal als auch vertikal erweitern (vgl. Esser
1993: 102 ff.). Eine horizontale Erweiterung liegt vor, wenn man das Modell durch das Hintereinanderschalten mehrerer Mikro-Makro-Modelle dynamisiert, so daß sich die Struktur eines sozialen Prozesses über die Zeit hinweg modellieren läßt. So haben wir in der Abbildung zwei solcher Modelle
"hintereinandergehängt", um die Entstehung ("Emergenz") von Normen durch das Handeln von
Akteuren (AGG1) und den Effekt von Normen auf Akteure (BR2) zu verdeutlichen. Ein derart dynamisiertes Modell besteht also aus einer Aneinanderreihung von Sequenzen der drei beschriebenen
Schritte einer soziologischen Erklärung. Da es nun immer externe und nicht im Modell selbst erklärba-
3
Andere institutionelle Aggregationsregeln, die individuelle Entscheidungen mit Ergebnissen auf einer Makro-Ebene
im politischen Bereich verknüpfen, sind z.B. das Verfahren von Hare-Niemeyer zur Berechnung der Sitzverteilung
bei Wahlen auf Landes- oder Bundesebene, Kriterien wie Einstimmigkeit, relative Mehrheit (Vereinigung der meisten Stimmen auf einen Vorschlag) oder qualifizierte Mehrheit (z.B. eine 2/3-Mehrheit). Zu den unterschiedlichen
Effekten verschiedener Abstimmungsregeln im Hinblick auf das Resultat auf der Systemebene bei identischen
individuellen Präferenzen vgl. Eisenführ/Weber 1994: Kap. 14.
5
re, d.h. exogene Randbedingungen gibt, ist es sinnvoll, derartige Faktoren, wie z.B. singuläre historische Ereignisse, die die jeweilige soziale Situation verändern können, in einem solchen Modell zu
berücksichtigen (vgl. Esser 1993: 105 ff.). Solche Ereignisse4 sind z.B. die Wiedervereinigung, der
Anstieg der Asylbewerberzahlen, der Reaktorunfall in Tschernobyl oder die Parteispendenaffäre. Eine
vertikale Differenzierung erfährt das Makro-Mikro-Modell durch die Einführung zusätzlicher MesoEbenen, die zwischen Makro- und Mikro-Ebene angesiedelt sind und die das Makro-Mikro-Modell zu
einem Mehr-Ebenen-Modell machen. Dyaden, Gruppen, Organisationen, Nachbarschaften, Gemeinden oder Städte können z.B. solche Meso-Ebenen darstellen (vgl. Esser 1993: 112 ff).5
2.
Normen, Zielakteure, Nutznießer und externe Effekte
Obwohl also Normen auf der Makro-Ebene angesiedelt sind, üben sie durchaus einen Effekt auf
Akteure auf der Mikroebene aus, wenn Akteure diese Normen wahrnehmen und sie befolgen oder
aber verletzen. Zu diesen Normen zählt Coleman auch internalisierte Normen, deren Befolgung oder
Verletzung mit intrinsischen Belohnungen (gutes Gewissen, positives Selbstwertgefühl, kognitive Konsonanz) oder mit intrinsischen Bestrafungen (Scham, Schuldgefühl, schlechtes Gewissen, kognitive
Dissonanz) verbunden ist. So erklären intrinsische Belohnungen z.B. das Spenden von Geld, Blut,
Organen oder Knochenmark. Sofern man das "schlechte Gewissen" als subjektiven Kostenfaktor
berücksichtigt, löst sich auch die beliebte und von Kritikern des Rational-Choice-Ansatzes immer
wieder gern bemühte Dichotomie "Nutzen oder Moral" in theoretischem Wohlgefallen auf.6
4
Natürlich lassen sich diese "exogenen" Ereignisse im Prinzip auch mit Hilfe der SEU-Theorie und dem MikroMakro-Modell rekonstruieren und erklären, da es sich bei diesen Ereignissen um Handlungen von Akteuren
und/oder deren Folgen handelt.
5
Mit Hilfe dieses Mikro-Makro-Modells lassen sich auch eine Reihe theoretischer Überlegungen integrieren, die von
Vertretern anderer soziologischer Paradigmen zum Mikro-Makro-Problem angestellt worden sind. So läßt sich nach
Auffassung Essers (1993: Kap. 30) Colemans Zwei-Ebenen-Modell als eine Explikation von Überlegungen Giddens
betrachten, die dieser im Rahmen seiner Theorie der Strukturierung angestellt hat, in der er zwischen Struktur und
Handlung unterscheidet. Esser behauptet sogar, daß sich im Zwei-Ebenen-Modell auch die Unterscheidung zwischen System und Lebenswelt, wie sie Habermas thematisiert, wiederfindet. Auch Postulate des Neofunktionalismus sind seiner Meinung nach mit diesem Modell vereinbar.
6
Wem intrinsische positive oder negative Handlungsfolgen sonderbar, unrealistisch oder unplausibel erscheinen, sei
daran erinnert, daß alle psychologischen Balance-, Konsistenz- und Dissonanztheorien auf der Annahme beruhen,
daß die Konsonanz von kognitiven Elementen (Element 1: "Steuerhinterziehung ist verboten"; Element 2: "ich habe
meine Steuererklärung korrekt ausgefüllt") angenehme Gefühle, d.h. intrinsische Belohnungen, erzeugt. Analog erzeugt die Dissonanz kognitiver Elemente (Element 1: "Steuerhinterziehung ist verboten"; Element 2: "ich habe
meine Steuererklärung 'frisiert'") unangenehme Gefühle, d.h. intrinsische Bestrafungen. Zur Anwendung kognitiver
Gleichgewichtstheorien zur Erklärung abweichenden Verhaltens vgl. Opp 1974: 239 ff. Die bekannten Techniken
der Neutralisierung (z.B. Ablehnung der Verantwortung für die Tat, Ablehnung des Opfers, Verneinung des
Unrechts, Berufung auf höhere Instanzen) von Sykes und Matza (1957) sind nichts anderes, als Strategien zur Dissonanzreduktion, die das Ziel haben, intrinsische Belohnungen zu produzieren. Auch die Psychoanalyse kennt
bereits intrinsische Belohnungen oder Bestrafungen in Form von Reaktionen des Über-Ichs einer Person auf ihr
eigenes Verhalten.
6
Laut Coleman richten sich Normen auf Fokalhandlungen. Proskriptive Normen verbieten bestimmte
Fokalhandlungen (z.B. Rauchen in bestimmten Situationen), präskriptive Normen schreiben dagegen
bestimmte Fokalhandlungen vor (z.B. beim Autofahren den Sicherheitsgurt anzulegen). Demgemäß
besteht die Verletzung einer proskriptiven Norm aus der Ausführung der verbotenen Fokalhandlung
und die Verletzung einer präskriptiven Norm aus der Unterlassung einer geforderten Fokalhandlung.
Weiter unterscheidet Coleman zwischen den Zielakteuren einer Norm, bei denen es sich um Akteure
handelt, deren Handlungen Fokalhandlungen sind (z.B. Kinder) und den Nutznießern einer Norm, die
von der Einhaltung der Norm profitieren (z.B. Eltern). Oft, aber nicht immer, sind nun die Nutznießer
(z.B. die Eltern) auch gleichzeitig Sanktionsträger, die Sanktionen gegenüber Personen verhängen
können, die eine Norm verletzen. Weiter wird unterschieden zwischen disjunkten Normen, bei denen
die Zielakteure und die Nutznießer nicht identisch sind und konjunkten Normen, bei denen Zielakteure
und Nutznießer identisch sind. D.h. jeder Zielakteur ist zugleich auch Nutznießer. Beispiele für
konjunkte Normen sind Verkehrsregeln, das StGB, Gesetze gegen die Überfischung von öffentlichen
Gewässern, Hausordnungen, Regeln in Vereinen, in Religionsgemeinschaften, im Sport oder Diskussionsregeln. Allerdings können in Religionsgemeinschaften die Nutznießer der Normen bisweilen
auch Nichtmitglieder sein. Tabelle 1 enthält eine Reihe von Beispielen für disjunkte Normen.
7
Tabelle 1: Disjunkte informelle und formelle Normen
Nr.
Disjunkte informelle
und formelle Normen
Zielakteure der Norm
Nutznießer der Norm
1
Normen, die das Verhalten von
Kindern regeln
Kinder
Eltern und Erwachsene
2
Normen, die das Verhalten von
Schülern regeln
Schüler
Lehrer
3
Verbot, Handys in Restaurants zu
benutzen
Handybesitzer
Personen ohne Handy
4
Verbot, in öffentlichen Gebäuden zu
rauchen
Raucher
Nichtraucher
5
spezifische Verordnungen für Juden
während der NS-Zeit
Juden
Deutsche
6
Normen, die das Verhalten von
Farbigen in U.S.A. bzw. Südafrika
einschränk(t)en
Farbige
Weiße
7
Gesetze zum
Schwangerschaftsabbruch
Schwangere
Foeten
8
Quotierungsregeln einer "Affirmative
Action" in U.S.A.
ethnische Mehrheiten
ethnische Minderheiten
9
Gesetze zur Regelung von
Organspenden
Organspender und
Hinterbliebene
Organempfänger
10
Gesetze gegen sexuellen Mißbrauch
von Kindern
Erwachsene
Kinder
11
Normen der Vegetarier
Menschen
Tiere
12
Tierschutzgesetze
Menschen
Tiere
Natürlich sind z.B. Eltern oder Lehrer nicht immer und in jedem einzelnen Fall Nutznießer einer disjunkten Norm, aber doch eben sehr oft. Für die Argumentation im Hinblick auf die empirischen Effekte
disjunkter Normen reicht es jedoch völlig aus, wenn die Mehrheit der unter der Rubrik "Nutznießer der
Norm" genannten Personen faktisch von der Existenz dieser Normen profitiert. Welches
sozialwissenschaftliche Gesetz ist schon deterministisch?
Einige der in der Tabelle 1 genannten Beispiele wollen wir im folgenden kurz erläutern. Eine ebenso
informative wie beschämende Liste mit 31 (!) verschiedenen Verboten, die für Juden während der
Nazi-Zeit galten, findet sich in den Tagebüchern von Victor Klemperer (1997: 148 f.). Da sich viele
8
(jedoch nicht alle) dieser Verordnungen für Juden auf die Versorgung mit Lebensmitteln oder die
Zwangsablieferung von Schmuck, Wertsachen, Pelzen, Schreibmaschinen, Wolldecken oder Fahrrädern bezogen, waren die Deutschen eindeutig die Nutznießer dieser spezifischen Normen. Aber auch
Grundstücke, Häuser und Firmen, die im Besitz von Juden waren, mussten an Nichtjuden unter Wert
verkauft oder verschenkt werden. Um die Kosten der externen Kontrolle von Juden zu senken, führten
die Nazis 1941 den "Judenstern" durch eine formelle Norm ein, da Juden äußerlich nicht von Nichtjuden zu unterscheiden waren (im Gegensatz zu Farbigen in Südafrika und den U.S.A.). Disjunkte
Normen und "Separate but Equal"-Gesetze7, die Farbige in den U.S.A. teilweise noch bis in die 50er
und 60er Jahre betrafen, bezogen sich auf den Zugang zu Universitäten, die Segregation in Verkehrsmitteln und Schulen, die Diskriminierung in Mietverträgen, beim Kauf von Immobilien sowie in Hotels,
Restaurants und Theatern (vgl. Heckmann 1992: 231). Normen im Rahmen einer "Affirmative Action"
in den U.S.A. beziehen sich auf die privilegierte Beschäftigung, Universitätszulassung und politische
Vertretung spezifischer ethnischer Minderheiten (Schwarze, Indianer, Asiaten, Hispanier) gemäß ihres
jeweiligen Bevölkerungsanteils.8 Wie Moralunternehmer es geschafft haben, eine Verschärfung des
Strafrechts durchzusetzen, um den sexuellen Mißbrauch von Kindern einzuschränken, beschreibt
Schetsche (1996: 33 ff. u. 144 ff.). So wurden z.B. das Verbot des Besitzes von Kinderpornographie
sowie eine Verlängerung der Verjährungsfrist bei Kindesmißbrauch eingeführt. Interessante
Spezialfälle disjunkter Normen bilden informelle Normen von Vegetariern und Veganern sowie Tierschutzrechte. So machen der Streit um Legebatterien, Tiertransporte, Pelztierfarmen und Tierversuche sowie die Diskussion um die Einführung von Rechten auf Leben, Freiheit sowie körperliche Unversehrtheit für Primaten (vgl. Cavalieri/Singer 1994) die Trennung zwischen Zielakteuren und Nutznießern bei disjunkten Normen besonders deutlich (zur gewaltsamen Durchsetzung derartiger Normen vgl. Friedrichs 1997).
Weiter unterscheidet Coleman konventionelle Normen, bei denen die Wahl der Fokalhandlung willkürlich ist (z.B. auf der rechten Straßenseite fahren oder den Ehering auf dem Ringfinger der rechten
Hand9 tragen), von essentiellen Normen, bei denen die Wahl der Fokalhandlung interessengeleitet ist
7
In den U.S.A. untersagten die "Black Codes" von 1865 Farbigen, zu wählen, gegen Weiße vor Gericht auszusagen
oder Waffen zu besitzen. Die "Jim Crow Laws" verboten ab 1870 Mischehen und führten die Segregation in
Eisenbahnzügen, Hotels, Theatern, Schulen und Restaurants ein.
8
Interessant ist, daß die im US-Erziehungssystem überaus erfolgreichen Asiaten sich zunehmend gegen derartige
Maßnahmen wenden, da deren Quoten-Logik sich gegen sie richtet. So betrug z.B. 1990 der Anteil der Asiaten an
den Studienanfängern in Harvard 19%, am MIT 20% und in Berkeley 25% bei einem asiatischen Bevölkerungsanteil von nur 2.9% (Joppke 1999: 43).
9
In den U.S.A. trägt man jedoch den Ehering auf dem Ringfinger der linken Hand. Im Hinblick auf die Konsequenzen
der Geltung dieser jeweils "selbstverständlichen" sozialen Norm schreibt Watzlawick (1991: 35): "Jedenfalls kann
die Feststellung, daß der 'wirkliche' Ringfinger des transatlantischen Partners unberingt ist, im Europäer wie im
Amerikaner Verwirrung und falsche Hoffnung erwecken".
9
(z.B. in bestimmten Situationen nicht zu rauchen, Sprachnormen der "Political Correctness"10).
Natürlich spielt eine ungleiche Machtverteilung zwischen den Akteuren bei der Einführung von disjunkten Normen eine entscheidende Rolle. So lautet eine Annahme Colemans:
Je mächtiger Personen sind, desto eher können sie (als Nutznießer von Normen) disjunkte Normen
für Personen mit weniger Macht (als Zielakteure) einführen.
So ist die Einführung der disjunkten Normen in den Fällen 1 bis 7 in der Tabelle 1 ganz eindeutig auf
die größere Macht der Nutznießer im Vergleich zu den Zielakteuren dieser Normen zurückzuführen.
Dagegen geht die Einführung der disjunkten Normen in den Fällen 8 bis 13 nicht auf die (größere)
Macht der Nutznießer zurück, sondern läßt sich durch Aktivitäten von Moralunternehmern oder
Advokaten (vgl. Schetsche 1996: Kap 3) erklären, die stellvertretend für die eher machtlosen Nutznießer diese Normen einführen oder den Gesetzgeber dazu motivieren, derartige Normen zu verabschieden. So haben soziale Bewegungen häufig das Ziel, disjunkte Normen zu Gunsten von Gruppen
einzuführen, die dadurch zu Nutznießern werden. Genau dies war und ist z.B. das erklärte Ziel der
Anti-Apartheits-Bewegung in Südafrika, der Bürgerrechtsbewegung in den U.S.A. oder der
feministischen Bewegung. Man denke hier z.B. an die Bemühungen der Frauenbewegung, das
Wahlrecht für Frauen oder das Recht, zu studieren, einzuführen. Aber auch die eher spontanen
Rassenunruhen in den U.S.A. hatten letztlich das Ziel, Diskriminierungen in bezug auf Wohnen,
Arbeit, Erziehung und rechtliche Behandlung zu vermindern.
Eine weitere Annahme Colemans, die sich auf die Wirkungen von Handlungen auf Dritte bezieht, lautet:
Fokalhandlungen haben externe positive oder negative Effekte (Externalitäten) für andere
Personen.
So hat die Ausübung der Fokalhandlung "Rauchen" durch einen Akteur negative externe Effekte für
einen Nichtraucher. Das Rauchen verursacht dem Nichtraucher also Kosten in Form von schlechter
Luft, Husten, Tränen der Augen und "Passivrauchen". Ein anderes Beispiel für das Auftreten
10
Welche Bedeutung soziale Normen der "Political Correctness" (PC) inzwischen auch in Deutschland besitzen, läßt
sich z.B. an den Kontroversen um die Rede des ehemaligen Bundestagspräsidenten Phillip Jenninger zum 50.
Jahrestag der sog. "Reichskristallnacht" oder die Rede des Schriftstellers Martin Walser anläßlich der Verleihung
des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels ablesen. Im Falle Jenningers bestand die Sanktion letztendlich
aus dem Verlust des Amtes des Bundestagspräsidenten. Auch der Wissenschaftsbetrieb ist von PC-Normen nicht
verschont geblieben. So enthalten die "Publication Manuals" der amerikanischen Berufsverbände der Soziologen
(ASA) und Psychologen (APA) seit etlichen Jahren "Guidelines for Nonsexist Language". Dort wird dann aus "mothering" "parenting", aus dem "chairman" wird die "chairperson" und aus dem "mailman" wird der "postal worker".
Watzlawick (1991: 86) berichtet von einer Amerikanerin im Staat New York, die 1977 die behördliche Bewilligung
erwirkte, ihren ursprünglichen Namen Cooperman in Cooperperson zu ändern. Die Frauen-Universität Mills College
in Kalifornien hat bereits die Begriffe "female" und "woman" abgeschafft, weil in ihnen die Begriffe "male" und
"man" enthalten sind. Zur "Sexual Correctness" als Unterform der PC vgl. Möller 1999. Zur Analyse von PC-Normen aus der Perspektive des Rational-Choice-Ansatzes vgl. Loury 1994.
10
negativer Externalitäten nennt Kusenbach (1998) in ihrer Studie zur Kontrolle abweichenden
Verhaltens auf den Straßen Hollywoods. So wird die Straßenprostitution von den Anwohnern eines
bestimmten Wohnviertels in Hollywood als massive Belästigung wahrgenommen. Die Prostitution
führt weiter zur Bedrohung der Sicherheit der Bewohner, da betrunkene Freier in den Straßen herumfahren und Drogenhandel sowie Schlägereien auftreten.
Andererseits können Fokalhandlungen auch zu positive Externalitäten für andere Personen führen.
So profitiert z.B. ein Wohngebiet B vom "Neighborhood-Crime-Watch"-Programm eines angrenzenden Wohngebietes A, in dem diese Form sozialer Kontrolle praktiziert wird. Fokalhandlungen, die
negative externe Effekte für die Anwohner beider Wohngebiete haben, bestehen z.B. aus Einbrüchen
in Häuser, Wohnungen und Garagen, der Beschädigung und dem Diebstahl von Autos und der Zerstörung und Verunreinigung von Vorgärten. Das "Neighborhood-Crime-Watch"-Programm des Wohngebietes A führt also für die Bewohner des angrenzenden Wohngebietes B zu einem Nutzen in Form
von Sicherheit. Analoges gilt, wenn mein Nachbar sich zur Sicherheit seines Hauses und
Grundstückes einen Hund oder eine Alarmanlage anschafft und Hund oder Alarmanlage "anschlagen", wenn sich Fremde auf seinem Grundstück befinden, das an mein eigenes Grundstück grenzt
(vgl. Kusenbach 1998). Auch in diesem Fall bin ich der Nutznießer positiver externer Effekte. Auch
wenn meine Nachbarn in die Renovierung und den Erhalt ihrer Häuser und Gärten investieren und
dadurch die Grundstückspreise in meinem Wohngebiet steigen, treten positive Externalitäten auf, da
dadurch mein eigenes Haus im Wert und damit auch im Preis steigt.11 Weitere Annahmen Colemans,
die sich auf externe Effekte von Handlungen beziehen, lauten:
Eine Handlung mit externen positiven oder negativen Effekten für andere Personen erzeugt in den
Personen, die diese Effekte erfahren, ein Interesse an diesen Handlungen.
Positive Externalitäten (z.B. Sicherheit, Lärmfreiheit, Sauberkeit) erzeugen in den Personen, die
diese positiven Effekte erfahren, ein Interesse an der Aufrechterhaltung und Förderung der Handlungen, die diese positiven Externalitäten erzeugen.
Negative Externalitäten (z.B. Lärm, Hundekot, Raserei auf Autobahnen, britisches Rindfleisch,
geparkte Autos auf Radfahrwegen) erzeugen in den Personen, die diese negativen Effekte erfahren,
ein Interesse an der Verhinderung der Handlungen, die diese negativen Externalitäten erzeugen.
Wenn eine Fokalhandlung ähnliche (positive oder negative) externe Effekte für eine Menge anderer
Personen hat, dann entsteht bei diesen Personen ein Interesse an der Einführung einer Norm
bezüglich der Fokalhandlung.
11
Es gibt natürlich auch Handlungen, die sowohl positive wie negative externe Effekte produzieren. So führt z.B. die
Ansiedelung von Industrie in der Nähe eines Wohngebietes einerseits zu negativen Externalitäten bei den
Anwohnern (Lärm, Umweltverschmutzung). Andererseits führt die Ansiedelung von Industrie auch zu positiven
Externalitäten (Anstieg der Grundstückspreise, Bau öffentlicher Einrichtungen aufgrund steuerlicher
Mehreinnahmen). Dieses Beispiel entnehmen wir Opp 1983: 79.
11
So führt das Auftreten negativer Externalitäten oft (aber nicht immer) zur Einführung von Normen, die
die Handlungen, die zu diesen Externalitäten führen, einschränken oder verbieten. So hat das
Auftreten von abweichendem Verhalten, Umweltverschmutzung oder Lärm zu einer Vielzahl formeller
Normen in Form von Gesetzen (StGB, Umweltstrafrecht, Lärmschutzverordnungen) geführt. Die
Bewohner des oben erwähnten Viertels in Hollywood, in dem Straßenprostitution stattfindet, haben
z.B. eine Gesetzesänderung durchgesetzt, die es Personen untersagt, in ihrem Viertel der Prostitution
nachzugehen. Weiter haben sie eine bessere Straßenbeleuchtung durchgesetzt, ein Abbiegeverbot
bei Nacht erwirkt und eine Regelung durchgesetzt, die nur Anwohnern und deren Gästen das Parken
auf der Straße erlaubt (vgl. Kusenbach 1998). Erwähnt seien in diesem Zusammenhang z.B. auch die
Proteste von Bürgern, die unter dem Kollektivübel Tieffluglärm leiden, wobei militärische Tiefflüge zu
negativen Externalitäten in Form von gesundheitlichen Belastungen für die betroffenen Bürgern führen (vgl. Ohlemacher 1993). Die Idee des Labeling-Ansatzes aufgreifend, könnte man sogar sagen,
daß negative Externalitäten gar nicht objektiv auftreten müssen, sondern daß es reicht, wenn derartige Effekte behauptet werden (zu den verschiedenen Strategien der Thematisierung verschiedenster sozialer Probleme vgl. ausführlich Schetsche 1996). Negative externe Effekte können auch
Ländergrenzen überschreiten, wie wir im Falle des Reaktorunfalles von Tschernobyl erfahren mußten,
in dem der radioaktive "Fall Out" grenzüberschreitend für viele Millionen Menschen Ost- und Mitteleuropas negative Externalititäten durch die Kontaminierung von Tieren und Pflanzen produzierte. Das
gleiche gilt für Verschmutzungen durch Ölkatastrophen auf Weltmeeren mit vielen Anrainerstaaten,
das Ozonloch, Atombombenversuche oder Verschmutzungen des Rheins, der bekanntlich durch
verschiedene Länder fließt. Aber auch die Einführung informeller Normen geht oft auf negative
Externalitäten zurück, die dadurch vermieden oder reduziert werden sollen. Man denke z.B. an
Normen, die das Rauchen oder den Gebrauch von Handys in Restaurants, Krankenhäusern oder
Flugzeugen untersagen.12
Gegenüber dem theoretischen Argument Colemans daß negative Externalitäten zur Entstehung von
Normen führen, führen Berger (1998: 71) und Haller (1999: 353) als Gegenbeispiel an, daß die Einführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen in Deutschland offenbar relativ chancenlos ist, obwohl die Zahl der Verkehrsunfälle und Verkehrstoten dadurch zweifellos reduziert
werden könnte und sich dadurch negative Externalitäten vermindern ließen. Dieser Sachverhalt läßt
12
Ende 1999 gab es in Deutschland bereits 22 Millionen Handybesitzer. Die Verbote, Handys in Krankenhäusern
oder Flugzeugen zu benutzen, unterscheiden sich jedoch darin, daß im Krankenhaus die Zielakteure (Besucher)
und die Nutznießer (Patienten) dieser Normen i.d.R. disjunkt sind. Im Flugzeug dagegen sind die Zielakteure
(Passagiere) immer zugleich auch Nutznießer dieser Normen. Das Handyverbot in Krankenhäusern hat also den
Charakter einer disjunkten Norm, das Handyverbot im Flugzeug dagegen den Charakter einer konjunkten Norm.
Auch im Restaurant kann es natürlich passieren, daß Handybesitzer, die gerade nicht telefonieren, durch das
Klingeln anderer Handys gestört werden. Die große Mehrheit der Nutznießer eines Handyverbots im Restaurant
besteht jedoch aus Personen ohne Handys, so daß man hier durchaus von einer disjunkten Norm sprechen kann.
Inzwischen diskutiert der Gesetzgeber auch Maßnahmen, die es Autofahrern aufgrund der damit verbundenen
Unfallgefahr (negative Externalität) untersagen, während der Fahrt mit Handys (ohne Freisprechanlage) zu
telefonieren.
12
sich jedoch durch die Macht von Organisationen wie dem ADAC erklären, der durch Kampagnen in
der Öffentlichkeit ("freie Fahrt für freie Bürger") den vorhandenen Widerstand der Autofahrer (die ja
auch potentielle Wähler sind) gegen eine derartige Regelung aufgreift und verstärkt. Über den
Lobbyismus der Fahrzeughersteller läßt sich dagegen nur spekulieren. Das explanative Argument
lautet also ganz simpel: Die Regierung als kollektiver Akteur führt keine Geschwindigkeitsbegrenzungen ein, weil sie wiedergewählt werden will und negative Externalitäten der Bevölkerung
(durch Wählen der Oppositionsparteien) im Falle einer Einführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen befürchtet.
Kleider-, Mode-, Sprach- oder Anstandsnormen (Etikette) werden nun laut Coleman nicht deshalb eingeführt, weil sie negative Externalitäten vermindern oder gar eliminieren. Derartige Normen werden
eingeführt, weil ihre Existenz positive Externalitäten produziert, da ihre Befolgung zu "Distinktionsgewinnen" für den einzelnen durch die Abgrenzung von anderen sozialen Gruppen und Personen führt
und ein Zugehörigkeitsgefühl bei denen erzeugt, die diese Normen befolgen. Sprachnormen, die die
Verwendung einer bestimmten Satzstruktur, bestimmter Fremdwörter oder fremdsprachiger Begriffe
implizieren, gehören z.B. zu dieser Klasse sozialer Normen. Die positiven Externalitäten, die durch die
Befolgung dieser Normen entstehen, sind dabei um so größer, je schwerer die Konformität mit diesen
Normen zu erreichen ist, da ihre Befolgung bestimmte Ressourcen, Fähigkeiten oder spezifisches
Wissen in Form kulturellen Kapitals voraussetzt. Redestandards erzeugen damit erstens positive Externalitäten für diejenigen, die sie beherrschen und zweitens negative Externalitäten für diejenigen,
die diese Standards nicht beherrschen.
Eine weitere wichtige Annahme Colemans lautet:
Die Anwendung von Sanktionen verursacht für den Sanktionsträger, d.h. für die Person, die eine
Sanktion gegenüber Abweichlern verhängt, Kosten.
Auch diese Einsicht ist nicht neu, wenn man an die Kontrollkosten denkt, die dem Staat und damit
dem Steuerzahler durch die Anwendung von Vorschriften und Gesetzen entstehen. So fallen z.B.
Überwachungs-, Verwaltungs- sowie Vollzugskosten an. Weiter sind hier die vom Labeling-Ansatz
thematisierten Kosten zu nennen, die durch sekundäre Devianz entstehen, die eine Folge des
stigmatisierenden
und
daher
devianzfördernden
Eingreifens
staatlicher
Kontroll-
und
Sanktionsinstanzen ist. Neu ist dagegen die Übertragung dieser Einsicht auf informelle soziale
Sanktionen
und
damit
soziale
Kontrolle.
Die
dabei
entstehenden
Kosten
können
sehr
unterschiedlicher Art sein. So kann die Anwendung einer informellen Sanktion einfach bedeuten, daß
der Sanktionsträger Zeit investieren muß, die ihm dann für andere Dinge fehlt. Es entstehen also
Opportunitätskosten für den Sanktionsträger. Weiter können Kosten darin bestehen, daß es dem
Sanktionsträger unangenehm ist, eine andere Person zu sanktionieren, daß sich die Beziehung zur
sanktionierten Person durch die Sanktion verschlechtert oder daß der Sanktionsträger selber Sank-
13
tionen in Form von Mißbilligung oder gewalttätigen Reaktionen des Abweichlers und/oder Dritter auf
sich zieht. Für die Zusammenhänge zwischen Macht und Sanktionen formuliert Coleman folgende
Hypothese:
Je mächtiger Personen sind, desto eher können sie sich gegen Normen und Sanktionen wehren,
indem sie die Kosten, die anderen Personen dadurch entstehen, daß diese Personen mächtige
Akteure sanktionieren, prohibitiv erhöhen.
"Prohibitiv" heißt in diesem Zusammenhang, daß die Kosten der Anwendung von Sanktionen auf
mächtige Akteure (z.B. Politiker, Wirtschaftskriminelle) oft so hoch sind, daß es zu keiner Sanktion
gegenüber mächtigen Akteuren kommt. Man denke in diesem Zusammenhang nur daran, wielange
es dauert, bis Politiker wegen Steuerhinterziehung, "schwarzer" Parteispenden oder Korruption
belangt werden, sofern überhaupt gegen sie ermittelt wird. Weitere Annahmen Colemans zu den
Effekten von Macht lauten:
Je mächtiger Personen sind, desto eher können sie andere Personen sanktionieren, da die Kosten
der Verhängung einer Sanktion um so geringer sind, je mächtiger ein Akteur ist.
Je größer die Macht des Sanktionierten und je größer das Interesse des Sanktionsträgers an der
Fortdauer der Beziehung zum Sanktionierten ist, desto höher sind die Kosten der Anwendung einer
Sanktion durch einen Sanktionsträger.
Je mächtiger eine Person ist, desto seltener wird sie sanktioniert und desto seltener befolgt sie
Normen.
3.
Wirksame soziale Kontrolle durch Sanktionen als Kollektivgutproblem
Die Einführung von Normen führt nun nicht automatisch auch zur Befolgung dieser Normen. Die
Befolgung von Normen ist daher immer auch mit einer wirksamen sozialen Kontrolle der Zielakteure
verbunden. In Anlehnung an einen Definitionsvorschlag von Scheerer und Hess (1997: 103 f.) wollen
wir soziale Kontrolle sowohl als reaktive auch als präventive Kontrolle von Verhalten verstehen, wobei
sich der Begriff der "sozialen Kontrolle" sowohl auf soziale als auch technische Mittel und
Maßnahmen der Verhaltensbeeinflussung beziehen soll.
Die Ausübung sozialer Kontrolle durch Anwendung informeller Sanktionen läßt sich nach Coleman als
Problem der Herstellung eines Kollektivgutes rekonstruieren. Kollektivgüter (oder auch öffentliche
Güter) sind Güter wie z.B. eine saubere Umwelt, Preisstabilität oder innere Sicherheit, von denen
auch solche Personen ("Free Rider" oder "Trittbrettfahrer") profitieren können, die keinen eigenen
Beitrag zur Erstellung dieses Kollektivgutes geleistet haben. Ein solches Kollektivgutproblem ergab
14
sich z.B. bei den Aushandlungen der Entschädigungszahlungen für ehemalige NS-Zwangsarbeiter,
da diejenigen Firmen, die zwar während der NS-Zeit Zwangsarbeiter beschäftigten, sich jedoch bis
zuletzt weigerten, in den Entschädigungsfonds für NS-Zwangsarbeiter einzuzahlen, von der nach der
Einigung eintretenden Rechtssicherheit (i.e. Ausschluß gerichtlicher Klagen gegen Firmen) profitierten, obwohl sie keinen Beitrag zur Produktion dieser Rechtssicherheit geleistet hatten. Kollektivgüter
bestehen also aus positiven externen Effekten für eine große Anzahl von Personen, die durch das
Handeln von Akteuren entstehen.
Sobald es zur Entstehung formeller Normen in Form von Gesetzen (z.B. Grundgesetz, BGB, StGB)
gekommen ist, haben diese Normen ebenfalls den Charakter eines Kollektivgutes, das allen Bürgern
in gleicher Weise zur Verfügung steht. Aber auch soziale Kontrolle in Form eines informellen Sanktionssystems hat den Charakter eines solchen Kollektivguts, da Personen von diesem Kollektivgut
profitieren können, ohne selbst einen Beitrag zur Produktion dieses Kollektivgutes "innere Sicherheit"
durch Androhung und Verhängung von Sanktionen geleistet zu haben (vgl. auch Yamagishi 1986).
Aufgrund des Kollektivgutcharakters eines funktionierenden Kontroll- und Sanktionssystems besteht
also ein starker Anreiz für Personen, sich als Trittbrettfahrer zu betätigen, indem sie keinen Beitrag
zur Schaffung und Aufrechterhaltung sozialer Kontrolle durch die Anwendung informeller Sanktionen
auf Normverletzer leisten. Gemäß dem weitverbreiteten Motto "warum eigentlich ich?" beteiligen sie
sich also nicht an der Schaffung und Aufrechterhaltung sozialer Kontrolle durch Sanktionierung von
Abweichlern, profitieren aber davon, wenn andere dies tun. Erklären läßt sich diese "ohne mich"-Einstellung dadurch, daß die Kosten, die einem einzelnen Akteur durch die Anwendung einer Sanktion
auf einen Abweichler entstehen (Opportunitätskosten, Verschlechterung der Beziehung zum Sanktionierten, negative Reaktionen des Abweichlers), größer als der Nutzen sind, den er durch die Sanktionierung erlangt. Die Bereitschaft, Kosten im Interesse der Allgemeinheit auf sich zu nehmen, ist also
oft nur gering oder gar nicht ausgeprägt. Da also der Anreiz, sich als "Free Rider" zu verhalten und
nichts zu tun, relativ groß ist, wird das Kollektivgut "innere Sicherheit" nicht hergestellt und es liegt
das klassische Problem der Nicht-Produktion eines positiv bewerteten Kollektivgutes vor. Zusätzlich
kommt es durch die Nicht-Sanktionierung von Normverletzern dazu, daß ein negativ bewertetes Kollektivgut, also ein kollektives Übel, in Form von Kriminalität auftritt, deren Opfer wiederum jeder werden kann. Dieses negativ bewertete Kollektivgut besteht also aus negativen externen Effekten, die
durch das Handeln von wenigen Akteuren für viele andere entstehen. Solche kollektiven Übel sind
z.B. Schutzgelderpressungen von Gaststätten- und Restaurantbesitzern (vgl. Ohlemacher 1998), die
Mafia, Terroranschläge politischer Gruppen (z.B. ETA, RAF, IRA) oder die Bandenkriminalität innerhalb eines Wohnviertels.
Zur Rekonstruktion und Lösung dieses klassischen Kollektivgutproblems schlägt Coleman vor, zwischen Sanktionen erster und zweiter Ordnung zu unterscheiden. Sanktionen erster Ordnung sind negative Sanktionen, die gegenüber Abweichlern verhängt werden. Dagegen handelt es sich bei
15
Sanktionen zweiter Ordnung um positive Sanktionen für solche Personen, die sich an den Sanktionen
erster Ordnung (d.h. den Bestrafungen von Abweichlern) beteiligen. Laut Coleman ist nun das
Kollektivgutproblem über Sanktionen zweiter Ordnung zu lösen, da die Kosten der Anwendung einer
positiven Sanktion gegenüber Sanktionsträgern kleiner sind als die Kosten der Anwendung einer
negativen Sanktion gegenüber dem Abweichler. Das Problem wird also dadurch gelöst, daß
Sanktionsträger für die Verhängung negativer Sanktionen gegenüber Abweichlern belohnt werden,
z.B. durch soziale Anerkennung, sozialen Status, begehrte Mitgliedschaften oder andere Leistungen.
Es werden also selektive Anreize im Sinne Olsons (1968: 59 ff.) verwendet, d.h. Belohnungen, in
deren Genuß nur diejenigen Personen kommen, die durch ihre negative Sanktionierung eines Abweichlers einen Beitrag zur Erstellung des Kollektivgutes soziale Kontrolle leisten. Allerdings setzt
diese Lösung durch selektive Anreize relativ enge soziale Beziehungen zwischen den von den negativen Externalitäten Betroffenen voraus. Colemans Hypothese postuliert:
Je enger die sozialen Beziehungen zwischen den von einem kollektiven Übel Betroffenen sind,
desto eher werden positive Sanktionen für solche Personen zur Verfügung gestellt, die die Kosten
der Anwendung einer negativen Sanktion auf Normverletzer (die das kollektive Übel produzieren)
auf sich nehmen.
Wir alle kennen derartige Situationen, so z.B. die Situation, in der aus der Wohnung eines Nachbarn
in einem Mehrparteienhaus extrem laute Musik kommt, die alle anderen Parteien im Haus belästigt.
Jeder einzelne vom Lärm Betroffene scheut sich jedoch, beim Lärmverursacher zu klingeln und
dessen Verhalten negativ zu sanktionieren und damit zu ändern, fände es aber sehr angenehm, wenn
einer der anderen belästigten Nachbarn dies täte. Daher ist die Motivation groß, andere Nachbarn
durch gute Worte und Taten zu unterstützen, wenn diese sich zum Sanktionsträger machen. Ein
anderes Beispiel wäre der Nachbar, der durch den Rauch und Gestank des Feuers in seinem Garten
(oder das laute Bellen seines Hundes) die anderen Anwohner beeinträchtigt.
Ähnliche Situationen liegen vor, wenn z.B. eine Person in der voll besetzen Straßenbahn von einem
Jugendlichen, einem Junkie oder einer angetrunkenen Person belästigt wird. Auch die folgenden
Situationen sind Beispiele für das beschriebene Kollektivgutproblem. In einer öffentlichen
Veranstaltung (Kino, Theater, Konzert) stören einige Personen die Aufführung durch lautes Reden,
Kommentare oder Lärmen. Wer von den gestörten Zuschauern oder Zuhörern findet sich dann bereit,
diese Störer negativ zu sanktionieren? Wer sanktioniert einen Hundehalter, dessen Hund die Straße
oder den Park durch Hundekot verunreinigt? Diese Situationen unterscheiden sich jedoch aufgrund
der nicht vorhandenen sozialen Beziehungen der Betroffenen von der Situation der lauten Musik im
Mehrparteienhaus und machen die Ankündigung und Verhängung positiver Sanktionen für Sanktionsträger eher unwahrscheinlich.
16
Unter die genannte Hypothese fällt auch der Fall, in dem die Mitglieder einer für die Normsetzung zuständigen Entscheidungsinstanz (z.B. Gemeinderat, Landtag, Parlament) überhaupt nicht von
negativen externen Effekten betroffen sind. Wenn ein Parlament als kollektiver Akteur z.B. Gesetze
gegen Umweltverschmutzung verabschiedet, dann brauchen die durch die Umweltverschmutzung
entstehenden negativen Externalitäten die Normsetzer, d.h. die Parlamentarier nicht direkt zu betreffen. Trotzdem existieren Anreize für sie, diese Normen, sozusagen stellvertretend für andere, einzuführen. Diese Anreize bestehen nämlich darin, daß die Parlamentarier von den direkt betroffenen
Bürgern positiv sanktioniert d.h. wieder gewählt werden, wenn sie diese Gesetze einführen.
Eine andere Lösung dieses Kollektivgutproblems besteht laut Coleman darin, daß sich die Nutznießer
die Kosten der Anwendung negativer Sanktionen gleichmäßig teilen, indem z.B. ein Sicherheitsdienst
zur Kontrolle eines "gefährdeten" Wohngebietes bezahlt wird oder die Bewohner dieses Viertels ein
"Neighborhood-Crime-Watch"-Programm für ihr Viertel ins Leben rufen, in dem jeder Bewohner in
bestimmten Abständen "Wache schieben" muß.13 Aber auch diese Lösung hängt wieder von der
Enge sozialer Beziehungen zwischen den Betroffenen ab. Coleman formuliert deshalb folgende
Hypothese:
Je enger die sozialen Beziehungen zwischen den von einem kollektiven Übel Betroffenen sind,
desto eher werden sie die Kosten der Anwendung negativer Sanktionen gegenüber den
Verursachern des kollektiven Übels gleichmäßig unter sich aufteilen.
Eine weitere Unterscheidung im Hinblick auf Sanktionen trifft Coleman, indem er zwischen inkrementellen und heroischen Sanktionen differenziert. Eine inkrementelle Sanktion ist eine individuelle
Sanktion, die alleine keinen "ausreichenden" Effekt auf die sanktionierte Person ausübt. Für eine
einzelne inkrementelle Sanktion gilt daher, daß die Kosten ihrer Anwendung höher als ihr Nutzen
sind. Eine heroische Sanktion ist dagegen ebenfalls eine individuelle Sanktion, deren Effekt jedoch
"ausreichend" groß ist, um das Verhalten des Sanktionierten zu ändern. Für einzelne Akteure gilt jedoch, daß soziale Beziehungen zwischen mehreren Sanktionsträgern eine gemeinsame wirksame
Sanktion durch das Zusammenlegen einzelner Sanktionsbeiträge erleichtern. Der additive Effekt
mehrerer inkrementeller Sanktionen kann also insgesamt durchaus "ausreichend" sein, um den
Normverletzer wirksam zu sanktionieren und sein Verhalten zu ändern. So empfiehlt z.B. die Kriminalpolizei in Kursen und in den Medien immer wieder, sich in kritischen öffentlichen Situationen schnell
auf die Anwendung additiver inkrementeller Sanktionen zu einigen und diese gegenüber dem
Normverletzer zu praktizieren. Typische Beispiele für additive inkrementelle Sanktionen sind das gesellschaftliche "Schneiden" von Normverletzern, die Produktion eines "schlechten Rufs" (z.B. durch
13
Auf das Problem nichtbeabsichtigter Effekte in Form von negativen Externalitäten einer derartigen Maßnahme
sozialer Kontrolle wollen wir hier nicht näher eingehen. So wäre es denkbar, daß durch diese Maßnahme lediglich
eine "Verlagerung" illegaler Aktivitäten in andere Wohngebiete oder auf andere Objekte, wie z.B. auf Autos statt auf
Häuser, stattfindet.
17
Klatsch), mit dem Normverletzer nicht mehr zu sprechen, ihn nicht mehr zu grüßen oder nicht mehr
einzuladen, d.h. die sozialen Kontakte zu ihm abzubrechen.
Der Nutzen einer Addition einzelner inkrementeller Sanktionen besteht für den einzelnen Akteur
erstens darin, daß der Normverletzer sein Verhalten eher ändert, zweitens, daß der Normverletzer
aufgrund der großen Zahl der beteiligten Sanktionsträger nicht mit Gegensanktionen (Gewalt, Kritik,
Mißbilligung, Abbruch der sozialen Beziehung) reagiert. Drittens besteht der Nutzen darin, daß die
beteiligten Sanktionsträger sich durch ihr Verhalten gegenseitig be- und verstärken und ihre
moralische Zustimmung signalisieren. Inkrementelle Sanktionen verstärken also die soziale
Integration der beteiligten Sanktionsträger. Allerdings lohnen sich inkrementelle Sanktionen nur dann
für einen individuellen Sanktionsträger, wenn vorher eine verbindliche kollektive Entscheidung
darüber getroffen wird, daß auch alle Beteiligten eine solche Sanktion verhängen.
Ein interessantes Konzept innerhalb Rational-Choice-Ansatzes, das auf der klassischen soziologischen Grundannahme basiert, daß die soziale Umwelt eines Akteurs einen Effekt auf dessen individuelle Handlungen (wie z.B. die Verhängung einer Sanktion) ausübt, ist das Konzept des "Schwellenwertes". Schwellenwerte beziehen sich auf die Anzahl bereits handelnder Personen, die für eine
Person subjektiv erforderlich sind, damit sie sich ebenfalls dafür entscheidet, eine bestimmte
Handlung auszuführen (vgl. Granovetter 1978). "Zögerer" besitzen sehr hohe Schwellenwerte und
verhängen erst dann eine inkrementelle Sanktion, wenn schon sehr viele andere Personen dies getan
haben. "Mitläufer" haben mittlere Schwellenwerte und sanktionieren Normbrecher bereits, wenn
einige andere dies taten. "Initiatoren" besitzen dagegen Schwellenwerte von Null und sind die ersten,
die eine Person sanktionieren. Dieses Konzept ließe sich gut zur Erklärung von eskalierenden Prozessen einzelner inkrementeller Sanktionen verwenden (für Anwendungen von Schwellenwertmodellen vgl. Lüdemann/Erzberger 1994; Lüdemann 1999). Allerdings setzt die Anwendung eines
Schwellenwertmodells voraus, daß die Akteure über die Sanktionen, die andere verhängen oder
bereits verhängt haben, informiert sind. Sofern keine direkte Beobachtbarkeit derartiger Sanktionen in
einer bestimmten Situation vorliegt, kann jedoch eine verbindliche kollektive Entscheidung darüber,
daß alle Beteiligten eine solche Sanktion verhängen, die Grundlage eines solchen Modells darstellen.
Die Tabelle 2 enthält eine Reihe von verschiedenen Beispielen für additive inkrementelle sowie einzelne heroische Sanktionen in bestimmten Situationen.14
14
Interessanterweise ist Coleman 1975 selbst fast ein Opfer einer heroischen Sanktion des Berufsverbandes amerikanischer Soziologen (ASA) geworden. So hatte er im Rahmen seiner empirischen Untersuchungen zu den
Effekten schulischer Segregation auf die Leistungen weißer und farbiger Schüler in den U.S.A. empfohlen, farbige
Schüler aus überfüllten "schwarzen" Schulen per Schulbus in vornehmlich von weißen Schülern besuchte Schulen
zu fahren. Ziel dieser Maßnahme des "busing" war die Anhebung der Leistungen farbiger Schüler durch die
schulische Integration. Coleman stellte jedoch anhand seiner Daten bald fest, daß das "busing" nicht zur
Integration, sondern zur "Weißenflucht" und damit faktisch wieder zur Segregation führte, da die weißen Familien
aufgrund des "busing" in die Vororte der Städte zogen, deren Schulen weiß segregiert waren. Als Coleman diesen
18
Tabelle 2: Beispiele für additive inkrementelle und heroische Sanktionen
Fokalhandlung
Zielakteur
Additive inkrementelle
Sanktion durch
Einzelne heroische
Sanktion durch
Benutzung eines Handy im Lokal
Gast
Gäste in einem Lokal
Geschäftsführer
fremdenfeindliche Äußerung
gegenüber der Kassiererin
Kunde
Kunden im Supermarkt
Geschäftsführer
Laute Musik in Mehrparteienhaus
Nachbar
Nachbarn
Vermieter
Mißhandlung eines Mitschülers
Schüler
Mitschüler
Lehrer
Mobbing einer Kollegin
Kollege
Kolleginnen und Kollegen Chef
Belästigung von Fahrgast im Bus
Jugendliche
Fahrgäste
Busfahrer
Bedrohung von Passanten
Jugendliche
Passanten
Polizist
einem anderen Kind etwas wegnehmen
Kind
peers
Eltern(teil)
Unterdrückung der Bevölkerung
Regierung
Proteste Demonstration
Attentat Tyrannenmord
Auf die Tatsache, daß eine heroische Sanktion in Form eines erfolgreichen Attentats auf einen totalitären Führer, der sein Volk unterdrückt, einen Zustand produziert, der der gesamten Bevölkerung
zugute kommt (Kollektivgut) bei gleichzeitig hohem Risiko für den einzelnen Attentäter, macht der
amerikanische Ökonom Mancur Olson, der "Vater" der Theorie kollektiven Handelns (Olson 1968),
aufmerksam, wenn er sich die Frage stellt, warum die Iraker Saddam Hussein eigentlich nicht
beseitigt haben:
"The gains from removal of a calamitous leader go to the population as a whole, including those who
have done nothing to get rid of him. But the terrible costs of opposing a dictator - which include life
itself - are borne entirely by those who take action against him. Thus everyone could gain if a totalitarian leader were overthrown, yet each individual could at the same time lose from acting to get rid
of him." (Wall Street Journal vom 22.2.1991)
4.
Kosten und Nutzen einer Verhaltenskontrolle durch externe und interne Sanktionen
Verhaltenskontrolle kann einerseits durch die Androhung und Verhängung externer Sanktionen durch
die soziale Umwelt eines Akteurs stattfinden. Zum anderen kann Verhaltenskontrolle durch internaunerwünschten Effekt einer Resegregation durch das "busing" öffentlich thematisierte, warf man ihm Vorurteile,
Rassismus und Verrat an der Bürgerrechtsbewegung vor. Aus diesem Grunde wurde damals sogar erwogen, ihn
aus der ASA auszuschliessen, deren Präsident er viele Jahre später wurde; vgl. hierzu Hunt 1991: Kap. 2.
19
lisierte Normen stattfinden. Besonderes Augenmerk verdient bei diesen beiden Arten der
Verhaltenskontrolle die Kostenseite. So lassen sich die Kosten, die durch externe Kontrolle sowie externe Sanktionen verursacht werden, durch die Internalisierung eines internen Sanktionssystems
erheblich reduzieren. Sofern Normen nämlich internalisiert werden, ist deren Befolgung oder Verletzung mit intrinsischen Belohnungen (gutes Gewissen, positives Selbstwertgefühl, kognitive
Konsonanz) oder Bestrafungen (Scham, Schuldgefühl, schlechtes Gewissen, kognitive Dissonanz)
verbunden. Im Hinblick auf die größere Effizienz interner Verhaltenskontrolle schreiben Scheerer und
Hess zutreffend (1997: 109):
"Evidently, it is much more efficient to make people want to do what they are supposed to do instead
of having to stand behind them wielding the big stick of coercion. To transform an obligation into the
subject's 'own will' often takes a lot of effort, but once achieved it often continues to work for a long
time without any additional outside investment."
Für den Sozialisationsagenten, der aus einem individuellen oder kollektiven Akteur bestehen kann
(Eltern, Lehrer, Chef, peers, Kirche, Staat, Militär, Heime, Gefängnisse), stellt sich damit die Frage,
welche Kosten bei einer ständigen externen sozialen Kontrolle anfallen und welche Kosten die
Produktion einer einmaligen Internalisierung von Normen verursacht (vgl. auch Scheerer/Hess 1997:
109). Da Menschen aufgrund ihrer "Kurzsichtigkeit" jedoch dazu neigen, gegenwärtig anfallende
Kosten höher zu gewichten als Kosten, die erst in der Zukunft anfallen (vgl. Holcomb/Nelson 1992;
Elster 1993; Eisenführ/Weber 1994: Kap. 12), werden die Kosten einer externen Kontrolle oft systematisch unterschätzt und die einmalig anfallenden Kosten der Produktion einer Verhaltenskontrolle
durch eine Internalisierung überschätzt. Je weiter also die Kosten in der Zukunft liegen, umso geringeres Gewicht haben sie subjektiv für die Akteure zum jetzigen Zeitpunkt. Dieser myopische oder Abdiskontierungseffekt gilt jedoch nicht nur für Kosten, sondern auch für nutzenstiftende Ereignisse, die
erst in der Zukunft auftreten.15 Die faktisch anfallenden Kosten einer externen sozialen Kontrolle, die
durch eine ständige Beobachtung, Androhung und Verhängung von Sanktionen anfallen, werden also
unterschätzt. Daher neigen Sozialisationsagenten auch oft dazu, statt der langfristig günstigeren Strategie, Verhaltenskontrolle durch die Internalisierung von Normen herzustellen, auf externe Kontrolle
zurückzugreifen. Verstärkt wird diese Tendenz durch die Berücksichtigung von "Sunk Costs" (vgl. Teger 1980; Arkes/Blumer 1985) in Form von bereits getätigten Investionen in externe Kontrollmaß-
15
Daß der Abdiskontierungseffekt nicht nur für in der Zukunft anfallende Kosten, sondern auch für nutzenstiftende
Ereignisse in der Zukunft gilt, weiß jeder, der versucht hat, seinen Kindern klar zu machen, daß man seine Zähne
jetzt ordentlich putzen muß, damit man später keine dentalen Probleme hat. Analoge Effekte gelten für
Investitionen in die Schulbildung getreu dem bekannten Motto "non scholae sed vitae discimus" oder für den
Zusammenhang zwischen fett- und kalorienreicher Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel einerseits und
späteren Gefäßerkrankungen und deren Folgen (Herzinfarkt, Schlaganfall) andererseits.
20
nahmen, die ja alle verloren und damit umsonst ("versunken") wären, wenn man die Kontrollstrategie
plötzlich wechseln würde.16
Bislang wenig beachtet und kaum thematisiert wurden Kosten, die dadurch entstehen, daß z.B. die
Verschärfung einer externen Überwachung und Kontrolle durch Gesetze die intrinsische Motivation,
ein bestimmtes Verhalten auszuführen (z.B. vorsichtig Auto zu fahren), verdrängen und sogar zerstören kann (vgl. Frey 1991: 80 ff.). So hat in den U.S.A. der gesetzliche Zwang zum Gurtetragen in Autos in den 70er Jahren dazu geführt, daß die Fahrer aufgrund der Risikoreduktion durch den Gurt riskanter fuhren und dadurch mehr Unfälle als vor Einführung der gesetzlichen Gurtpflicht verursachten.
Die Risikoreduktion durch das Tragen von Sicherheitsgurten wurde durch die Autofahrer also überkompensiert und führte zu unerwünschten Effekten in Form von Kosten (Unfälle, Verletzte, Tote,
Sachschäden). Der gleiche Effekt der Verdrängung interner durch externe Kontrolle hat sich z.B. auch
bei der gesetzlichen Einführung von Airbags in PKWs in den U.S.A. gezeigt (vgl. Frey 1991: 80 ff.).
Der Nutzen einer Internalisierung für den Sozialisationsagenten und andere steigt nun mit der Zahl
verschiedener Handlungstypen, die ein Sozialisationsagent durch internalisierte Normen kontrollieren
will. Die entsprechende Hypothese von Coleman lautet:
Je größer die Anzahl verschiedener Handlungstypen ist, die ein Sozialisationsagent durch die
Internalisierung von Normen kontrollieren will, desto höher ist der Nutzen einer derartigen
Internalisierung.
Weiter ist die Produktion von Internalisierung mit sinkenden Grenzkosten verbunden. Das bedeutet,
daß die zusätzlichen Kosten an Zeit und Aufwand, die entstehen, wenn ein Ver- oder Gebot dazu
kommt, stetig abnehmen, d.h. die Zahl der internalisierten Normen kann ohne großen Mehraufwand
vergrößert
werden.
Daher
setzen
Herrschaftssysteme
wie
religiöse
Orden,
Kirchen,
fundamentalistische Religionen, totalitäre Ideologien (Faschismus, Kommunismus) oder Sekten, die
alle oder möglichst viele Verhaltensweisen ihrer Mitglieder kontrollieren wollen, eher auf Internalisierung statt auf externe Kontrolle.17 Die ständigen Kosten einer sozialen Kontrolle wären sonst
prohibitiv hoch. Sportvereine, die dagegen nur einen bestimmten Verhaltensbereich kontrollieren
wollen, setzen dagegen eher auf sozialen Kontrolle. Auch die Art der Merkmale spielt hier natürlich ei-
16
Ein Bereich, in dem "versunkene Kosten" immer wieder als Argument angeführt werden, die einmal eingeschlagene Stratetegie nicht zu wechseln, ist die Energieversorgung durch Kernkraftwerke. So lautet das Argument oft,
man hätte über Jahrzehnte so viel Zeit, Arbeit und Geld in die Planung, den Bau und den Betrieb von Kernkraftwerken investiert, daß es nicht sinnvoll sei, jetzt auf andere Energiegewinnungsmöglichkeiten (z.B. Wind- oder Solarenergie) umzusteigen.
17
Die Argumente des amerikanischen Historikers Goldhagen (1998) zur Wirkung des Antisemitismus im Dritten
Reich und zur Erklärung des Holocaust lassen sich z.B. so explizieren, daß die Deutschen während des Nationalsozialismus nicht mehr aufgrund externer Kontrolle handelten, sondern daß der Antisemitismus der NS-Ideologie,
zumindest ab 1933, so stark von den Deutschen internalisiert worden war, daß es einer externen Kontrolle gar
nicht mehr bedurfte.
21
ne Rolle für die Internalisierung. So sind schlecht beobachtbare und daher extern schwer
kontrollierbare Merkmale wie Ehrlichkeit, Einstellungen, Bewertungen oder Kausalattributionen eher
Kandidaten für eine Internalisierung als Reinlichkeit, Ordnungsliebe, Pünktlichkeit oder eine korrekte
Aussprache, die relativ gut zu beobachten sind.
Im Hinblick auf den Nutzen, der durch eine Internalisierung von Normen produziert wird, ergibt sich jedoch das Problem, daß Sozialisationsagenten nicht in den Genuß aller Gewinne einer Internalisierung
von Normen kommen, obwohl sie oft alle Kosten dafür tragen müssen. Andere profitieren von der Internalisierung z.B. durch reduzierte externe Kontrolle oder aufgrund geringerer negativer externer
Effekte aufgrund des Verhaltens der sozialisierten Person. Der Sozialisationsagent schafft also
dadurch, daß er andere z.B. durch Identifikation mit dem Sozialisationsagenten dazu bringt, Normen
zu internalisieren, auch positive externe Effekte für Dritte. Angesichts dieses Umstandes ist folgendes
zu erwarten:
Je eher das Verhalten von Personen Effekte auf andere Personen als den Sozialisationsagenten
hat, desto weniger wird der Sozialisationsagent in die Internalisierung von Normen investieren.
Aus dieser Annahme leitet Coleman eine Reihe spezifischer Prognosen ab, die mit empirischen Daten
zu konfrontieren wären. Wenn z.B. Eltern die Sozialisationsagenten sind, dann sind solche
Unterinvestitionen in die Internalisierung von Normen durch ihre Kinder in solchen Gesellschaften zu
erwarten, in denen Kinder früh das Elternhaus verlassen. Derartige Unterinvestitionen sind auch in
Haushalten mit nur zwei (statt drei) Generationen zu erwarten oder in Gesellschaften mit hohen
Scheidungsraten, da geschiedene Elternteile weniger Zeit mit dem Kind verbringen. Im Falle von
Scheidungen ist damit nicht gemeint, daß die Eltern, weil sie mit einer Scheidung rechnen, weniger
investieren, sondern es ist gemeint, daß Eltern erst nach erfolgter Scheidung ihre Investitionen
vermindern. Eine Unterinvestition ist auch in Familien mit geringem sozialen Status zu erwarten, da
abweichendes Verhalten von Familienmitgliedern nur wenig Statusverlust für derartige Familien zur
Folge hat, da sie "nichts zu verlieren" haben. Weiter nimmt Coleman an, daß gesellschaftliche
Veränderungen wie das Wohnen in anonymen Städten, eine hohe geographische Mobilität oder
Diskontinuitäten in der Familie (Scheidungen, unvollständige Familien, Alleinerziehende) den Einfluß
späterer Handlungen des Kindes auf den Status der Familie und damit die Internalisierung von
Normen schwächen. Damit stellt sich für ihn letztlich die Frage, ob dieser Verlust an interner Kontrolle
durch stärkere externe Kontrolle kompensiert werden muß und faktisch auch kompensiert werden
kann.
22
5.
Ausblick
In diesem Beitrag haben wir versucht, den Begriffsapparat sowie die methodologischen und theoretischen Annahmen von James S. Coleman darzustellen, die sich auf verschiedene Arten informeller
und formeller Normen sowie auf soziale Sanktionen und damit soziale Kontrolle beziehen. Der
Kriminologie ist zu wünschen, daß sie diesen theoretischen "Steinbruch", den das Werk von Coleman
(1990) darstellt, nutzt und versucht, die von ihm formulierten Annahmen zu operationalisieren und
empirisch zu überprüfen. Noch immer herrscht leider innerhalb der Kriminologie eine "Schrebergarten-Ideologie" (Opp 1974: 264) vor, die den Blick auf theoretische Entwicklungen außerhalb der
Kriminologie versperrt und kaum zu fruchtbaren Weiterentwicklungen führt. So scheinen Kriminologinnen und Kriminologen besonders in Deutschland allgemeine Handlungstheorien aus dem Bereich
der Soziologie, Ökonomie oder Sozialpsychologie nicht zur Kenntnis zu nehmen und sich lieber der
(oft endlosen) Diskussion und Definition von Begriffen wie "soziale Kontrolle", "Exklusion" oder "soziale Ausschließung" zu widmen, ohne in ihrer, mit Verlaub, methodologischen Naivität zu merken, daß
Begriffe alleine natürlich nie etwas in einem wissenschaftlichen Sinn erklären können (vgl. Esser
1993: 56 ff.), sondern lediglich eine Vorstufe für die daran anschließende Formulierung von Hypothesen und Theorien darstellen, mit deren Hilfe allein eine Erklärung möglich ist. So gilt das Gesetz
des abnehmenden Grenzertrags auch für die wissenschaftliche Diskussion von Begrifflichkeiten: Der
zusätzliche Nutzen, der durch eine weitere Diskussion um Begriffe entsteht, wird immer geringer!
Literatur
Arkes, H. R./Blumer, C., 1985: The Psychology of Sunk Cost. Organizational Behavior and Human
Decision Processes 35: 124-144.
Baurmann, M., 1993: Rechte und Normen als soziale Tatsachen. Zu James S. Colemans Grundlegung der Sozialtheorie. Analyse und Kritik 15: 36-61.
Berger, J., 1998: Das Interesse an Normen und die Normierung von Interessen. Eine Auseinandersetzung mit der Theorie der Normentstehung bei James S. Coleman. S. 64-78 in: H.-P.
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