7. Beziehungen zur Europäischen Union

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GENERALDIREKTION EXTERNE POLITIKBEREICHE DER UNION
DIREKTION B
- FACHABTEILUNG -
THEMENPAPIER
ZUR
LAGE IN RUANDA
Zusammenfassung:
Ruanda ist leider als der Ort bekannt, in dem der erste Völkermord Afrikas stattfand. Dreizehn
Jahre später befindet sich das Land jetzt auf dem Wege der wirtschaftlichen Erholung, aber es
trägt noch immer das politische Stigma der Tragödie.
Die in diesem Dokument vertretenen Ansichten sind die des Verfassers und geben nicht
notwendigerweise die offizielle Meinung des Europäischen Parlaments wieder.
NUR FÜR DEN INTERNEN GEBRAUCH DURCH DAS EUROPÄISCHE
PARLAMENT BESTIMMT
DGExPo/B/PolDep/Note/2007_198
DT\692482DE.doc
Externe Übersetzung
DE
Oktober 2007
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DE
Dieses Themenpapier wurde von der Delegation des Europäischen Parlaments in der
Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU in Auftrag gegeben.
Es wird in folgenden Sprachen veröffentlicht:
Englisch
Verfasserin:
Armelle Douaud
Generaldirektion Externe Politikbereiche
Fachabteilung
Redaktionsschluss:
Oktober 2007
Exemplare können unter folgender E-Mail-Adresse bestellt werden:
[email protected]
Brüssel, Europäisches Parlament, 26. Oktober 2007
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Externe Übersetzung
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1. LÄNDERDATEN UND VERFASSUNGSSYSTEM
Die Republik Ruanda
Fläche: 26 338 km²
Bevölkerung: 9,4 Millionen1
Ethnische Zugehörigkeit: Hutu (84 %), Tutsi (15 %) und Twa (offiziell 1 %, aber vermutlich
wesentlich weniger)
Religionszugehörigkeit: Römisch-katholisch (56,5 %), Protestantisch (26 %), Adventistisch
(11,1 %), Islamisch (4,6 %), indigene Religionen und andere (0,1 %), keine (1,7 %)
Sprachen: Kinyarwanda, Französisch und Englisch (alle offizielle Amtssprachen) sowie
Kiswahili
Alphabetisierungsrate bei Erwachsenen: 64,8 %
Lebenserwartung bei der Geburt: 49 Jahre
Staatsform/Regierungsform: Republik
Unabhängigkeit: 1. Juli 1962 (aus UNO-Treuhandschaft unter belgischer Mandatsverwaltung)
Verfassung: angenommen durch Volksentscheid im Mai 2003
Staatsoberhaupt: Präsident Paul Kagame (am 25. August 2003 gewählt)
Regierungschef: Premierminister Bernard Makuza (seit 8. März 2000)
Legislative: Assemblée Nationale (Abgeordnetenkammer) und Sénat (Senat). Der Senat wurde
mit der Verfassung von 2003 eingeführt.
Justizsystem: basierend auf belgischem Recht und der im Juni 2003 eingeführten neuen
Verfassung
Hauptstadt: Kigali
Regionalverwaltung: Die 12 Präfekturen (Butare, Byumba, Cyangugu, Gikongoro, Gisenyi,
Gitarama, Kibungo, Kibuye, Kigali Rurale, Kigali-ville, Umutara und Ruhengeri) wurden 2006
durch vier Provinzen ersetzt (Nord, Ost, West und Süd).
Ruanda ist ein in Zentralostafrika knapp unterhalb des Äquators gelegenes Binnenland. Es
grenzt an die Demokratische Republik Kongo, Uganda, Burundi und Tansania. Sein Klima ist
gemäßigt mit zwei Regenzeiten (Februar bis April und November bis Januar). Es ist eines der
am dichtesten besiedelten Länder Afrikas (341 Menschen pro km²).
Ruanda ist eine Republik mit einem Präsidenten, der als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident
wird in allgemeinen Wahlen für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt und kann nur einmal
wiedergewählt werden. Die nächsten Präsidentschaftswahlen sollen 2010 stattfinden. Der
Premierminister wird vom Präsidenten ernannt.
Die Legislative besteht seit 2003 aus zwei Kammern. Die Nationalversammlung (Assemblée
Nationale) mit 80 Sitzen wurde am 30. September 2003 gewählt. 53 Abgeordnete werden direkt
und 27 Abgeordnete indirekt durch Vertreter von Interessengruppen gewählt. Mit der
Verfassung von 2003 wurde ein Senat eingeführt. Von den 26 Senatoren werden 18 indirekt von
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UNFPA: Weltbevölkerungsbericht 2007, Urbanisierung als Chance: Das Potenzial wachsender Städte nutzen.
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lokalen Gebietskörperschaften, politischen Parteien und Hochschulprofessoren gewählt und acht
vom Präsidenten ernannt.
Wichtigste politische Parteien (in Klammern Anzahl der Sitze in der Nationalversammlung):
RPF oder FPR (Ruandische Patriotische Front/Front Patriotique Rwandais). Regierungspartei –
stellt sich als ethnisch ungebunden dar, ist aber eindeutig eine Tutsi-Partei. (33)
PDC (Demokratisch-Zentristische Partei/Parti démocrate centriste). (3)
PDI (Idealdemokratische Partei/Parti démocratique idéal). (2)
PSR (Sozialistische Partei Ruandas/Parti socialiste rwandais). (1)
UDPR (Union für Demokratie und Fortschritt Ruandas/Union démocratique du peuple
rwandais). (1)
PSD (Sozialdemokratische Partei/Parti social démocrate). (7)
PL (Liberale Partei/Party libéral). (6)
Alle Parteien bis auf die PSD und PL sind mit der RPF von Präsident Kagame verbündet. Die
PSD und die PL haben dennoch die Präsidentschaftskandidatur von Herrn Kagame 2003
unterstützt.
Die MDR (Mouvement Démocratique Républican) war in erster Linie eine Hutu-Partei und die
wichtigste Oppositionspartei. Sie wurde kurz nach den Parlamentswahlen 2003 aufgelöst.
Ruanda ist Vertragsstaat des Abkommens von Lomé und des nachfolgenden Abkommens von
Cotonou mit der Europäischen Union. Schwerpunkt des EU-Programms ist die
makroökonomische Unterstützung und die Entwicklung des ländlichen Sektors.
2. HISTORISCHER HINTERGRUND
Ruanda wurde 1899 zusammen mit seinem Nachbarland Burundi Deutsch-Ostafrika unterstellt.
Doch 1916 wurde es von belgischen Streitkräften besetzt. Ab 1920 verwaltete Belgien das Land
im Rahmen eines Völkerbundmandats und später als UNO-Treuhandgebiet. Im Jahre 1961
wurde die innere Autonomie gewährt, und am 1. Juli 1962 erlangte das Land seine volle
Unabhängigkeit mit Grégoire Kayibanda (Hutu) als Präsident.
Im Dezember 1963 brachen zwischen dem Stamm der Bevölkerungsmehrheit Hutu und deren
früheren Lehnsherren, den Tutsi, schwere Stammeskonflikte aus, bei denen 20 000 Tutsi zu
Tode kamen. Ende 1972 eskalierten die Spannungen zwischen den beiden Volksgruppen erneut.
Im Jahre 1973 wurde Präsident Kayibanda von Generalmajor Juvénal Habyarimana (Hutu) in
einem unblutigen Staatsstreich gestürzt. Habyarimana wurde als Präsident vereidigt und setzte
eine Militärregierung ein. Es wurden Gesetze zur Regelung der Gründung politischer Parteien
verabschiedet. Um ethnische Spannungen zu vermeiden, sollten Parteien unabhängig und nicht
stammesgebunden sein. Angehörigen der Sicherheitskräfte und der Gerichtsbarkeit wurden
politische Aktivitäten untersagt. Aber nicht jeder war mit Habyarimanas Regime zufrieden. Zu
den Kräften, die versuchten, den Präsidenten zu stürzen, gehörte die Front Patriotique Rwandais
(FPR) (siehe Kapitel über die Beziehungen zu Uganda), deren Mitglieder ruandische Tutsi
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waren und die ihr Hauptquartier in Uganda hatte. Doch im August 1993 schlossen die
Regierung und die FPR einen Friedensvertrag (Vertrag von Arusha).
Entsprechend den Bedingungen des Arusha-Friedensvertrags wurde Präsident Juvénal
Habyarimana als Präsident einer Übergangsverwaltung eingesetzt. Die Einsetzung der
Übergangsregierung, die nach dem Vertrag erfolgen sollte, verzögerte sich allerdings, da man
sich bei der Besetzung der Ministerposten nicht einigen konnte. Diese Kontroversen eskalierten
im Februar 1994 mit der Ermordung von zwei bekannten Politikern: Félicien Gatabazi von der
Parti Social-Démocrate (PSD) und Martin Bucyana der Coalition pour le Défence de la
République (CDR). Bei zahlreichen gewalttätigen Auseinandersetzungen starben weitere 30-40
Menschen.
Einige Monate später wurde im April 1994 das Flugzeug des Präsidenten bei seiner Rückkehr
von einem Gipfeltreffen in Tansania beschossen und explodierte. Alle zehn Passagiere kamen
ums Leben, unter ihnen auch Präsident Habyarimana. Die Präsidentengarde begann sofort,
gewaltsam gegen mutmaßliche politische Gegner des Regimes vorzugehen. Ob diese für den
Anschlag verantwortlich waren, war jedoch nicht klar. Aus Angst um ihr Leben flohen Politiker
und Zivilisten (auch UNO-Mitarbeiter) aus Kigali. Es folgte eine Woche extremer Gewalt;
Berichten zufolge wurden Hutu-Zivilisten gezwungen, ihre Tutsi-Nachbarn umzubringen, und
die Medien (wie Radio-Télévision Libre des Milles Collines in Kigali) riefen zu Angriffen auf
Tutsi-Zivilisten und Regierungsgegner auf, zu denen auch einige gemäßigte Hutu gehörten.
Der Sprecher des Conseil National de Développement (CND), der Legislative vor der
Einsetzung der Übergangsnationalversammlung, Dr. Théodore Sindikubwabo, trat am 8. April
1994 das Amt des Übergangspräsidenten an.
Da die Gewalt weiter eskalierte, wurde viele ausländische Staatsangehörige aus dem Land
evakuiert, und auch die UNO-Truppen (UNAMIR) wurden abgezogen. Die Gewalt begann auf
das ganze Land überzugreifen, und bald wurden alle Tutsi als politische Gegner des Staates
angesehen. Dies hatte eine extreme Stammespolarisierung und nie dagewesene Gewalt zur
Folge. In den von der RPF kontrollierten Gebieten des Landes wurden Zivilisten auch Opfer von
Gräueltaten, die von Menschenrechtsaktivisten als Kriegsverbrechen eingestuft werden.
3. DER VÖLKERMORD
Von April bis Juni 1994, in einem Zeitraum von nur 100 Tagen, wurden schätzungsweise
800 000 Ruander getötet. Bei den meisten Toten handelte es sich um Tutsi oder gemäßigte
Hutu. Die Täter hingegen waren extremistische Hutu.
3.1.
Strategien
In den ersten Tagen des Tötens in Kigali suchten und ermordeten die Angreifer zielgerichtet
Einzelpersonen und gingen in bestimmten Wohngegenden systematisch von Haus zu Haus,
töteten alle Tutsi und auch Hutu, die als Staatsgegner galten. Dort wohnenden Menschen wurde
befohlen, Sperren zu errichten, um Tutsi zu fangen, die zu fliehen versuchten, und
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Suchpatrouillen zu organisieren, um diejenigen aufzuspüren, die sich zu verstecken versuchten.
Mitte der ersten Woche des Völkermords gingen die Organisatoren zu einer anderen Taktik über
und begannen, Tutsi zu staatlichen Stellen, Kirchen, Schulen oder anderen öffentlichen Orten zu
fahren, wo sie in Massenaktionen niedergemetzelt wurden.
Gegen Ende April versuchten die Behörden, die Tötungen stärker unter ihre Kontrolle zu
bringen. Als Reaktion auf Kritik aus dem Ausland stellten die Behörden die Massentötungen
größtenteils ein. Verdächtige sollten zu offiziellen Untersuchungen gebracht werden, und im
Anschluss wurden sie getötet. Diese Strategie benutzte man, um Tutsi aus ihren Verstecken zu
locken.
Die Schlussphase der „Säuberung“ bestand im Aufspüren von Personen, die bis dahin verschont
geblieben waren, beispielsweise Frauen und Kinder oder auch Priester und medizinisches
Personal. Auch Überlebende, die zu den Metzeleien hätten aussagen können, wurden eliminiert.
3.2.
Beteiligung der Bevölkerung
Die Behörden nutzten die Ängste und die Gier der Menschen aus, um dafür zu sorgen, dass sie
sich an den Tötungen beteiligten. Durch Falschinformationen über die Aktivitäten der Tutsi
sollten die Hutu davon überzeugt werden, dass ihre Tutsi-Nachbarn gefährlich seien und aus
dem Weg geräumt werden müssten. Auch lokale Anführer und sogar Geistliche bestärkten die
Hutu darin, dass es gerechtfertigt sei, wenn sie gegen die Tutsi vorgingen.
Die Behörden boten alle Arten von materiellen Anreizen für potenzielle Mitwirkende an:
Lebensmittel, Alkohol und andere Rauschmittel, Militäruniformen und kleine Geldbeträge.
Landwirten versprachen sie auch die von Tutsi-Opfern zurückgelassenen Felder. Unternehmern
und Angehörigen der örtlichen Oberschicht boten sie Häuser, Fahrzeuge, die Leitung eines
kleinen Unternehmens oder solche seltenen Güter wie Fernseher oder Computer.
In einigen Gegenden, vor allem dort, wo die Unterstützung für die Regierung am stärksten war,
brauchten die Hutu nur wenig Ansporn, um gegen die Tutsi vorzugehen. In anderen Gebieten
jedoch, beispielsweise Zentral- und Südruanda, wo die Tutsi-Bevölkerung zahlreich und gut
integriert war, weigerten sich viele Hutu anfangs, die Tutsi zu attackieren. Erst als sich die
Behörden auf öffentliche Kritik und Schikanen verlegten, gaben sie ihren Widerstand gegen den
Völkermord auf. Einige Menschen weigerten sich dennoch mitzumachen, sogar unter Gefahr
des eigenen Lebens.
3.3.
Die Rolle der internationalen Gemeinschaft
Die Rolle der internationalen Gemeinschaft vor und während des Völkermords ist immer wieder
beleuchtet worden. Ende 1997 kam der belgische Senat in einem von ihm veröffentlichten
Bericht zu dem Schluss, dass die internationale Gemeinschaft und insbesondere die UNO und
die belgische Regierung direkt oder indirekt für „bestimmte Aspekte der Entwicklungen infolge
der politischen Gewalt im Jahre 1994“ verantwortlich waren. Nach Angaben des UNAMIRKommandeurs, der 1998 vor dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR) aussagte,
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hatte die UNO Anfang 1994 Hinweise auf eine mögliche ethnische Katastrophe in Ruanda.
Seinen Worten zufolge sei die internationale Gemeinschaft nicht bereit gewesen einzugreifen.
Auch die Verwicklung Frankreichs in Ereignisse vor und während des Völkermords ist
überprüft worden. Die französische militärische humanitäre Mission „Opération Turquoise“, die
im Juni 1994 anlief, ist unter heftige Kritik geraten. Ihr wird unter anderem vorgeworfen, Hutu
(die für den Völkermord verantwortlich waren) geschützt – und sogar bewaffnet – zu haben, die
mit ihren Waffen nach Zaïre (die jetzige DR Kongo) flohen, und Soldaten der FAR (Forces
Armées Rwandaises) und Regierungsvertretern die Passage durch Gebiete gestattet zu haben,
die von der Opération Turquoise kontrolliert wurden. Frankreich ist außerdem beschuldigt
worden, die ruandische Regierung im Frühjahr 1994 (nach der Verhängung des UNOWaffenembargos) mit militärischem Gerät versorgt und sie unterstützt zu haben. Die
französische Regierung hat jedoch nachdrücklich Vorwürfe zurückgewiesen, Frankreich habe
Beihilfe zum Völkermord geleistet. Einem Bericht2 zufolge, der vom Verteidigungsausschuss
der französischen Nationalversammlung veröffentlicht wurde, trägt die gesamte internationale
Gemeinschaft Schuld an den Massakern. In dem Bericht wird vor allem die UNO kritisiert, weil
es ihr mit ihrer Mission nicht gelungen sei, den Völkermord zu verhindern, und weil sie
frühzeitige Warnungen ignoriert habe.
In einer Rede am 17. September 2002 im National War College in Abuja, Nigeria, gab der
ruandische Präsident Paul Kagame der internationalen Gemeinschaft auch die Schuld für die
Instabilität in der Region der Großen Seen. Bezug nehmend auf die Zeit noch vor dem
Völkermord griff er die europäischen Kolonialmächte an und erklärte, sie hätten „…nicht nur
künstliche Grenzen errichtet, sondern auch Theorien über die Überlegenheit von Rassen
mitgebracht, die die Völker der Region spalteten“. Er warf den Kolonialherren auch vor, sie
hätten „das soziale Gefüge (in der ruandischen Gesellschaft) geschwächt und soziale
Ungerechtigkeit und Hass erzeugt“.
Der Völkermord wird für gewöhnlich mit Hass aus ethnischen Gründen erklärt. Neuere
Untersuchung des World Watch Magazine zeigen jedoch, dass der Konflikt vermutlich
wesentlich kompliziertere Wurzeln hatte als nur tiefen, ethnisch bedingten Hass. In einem
Artikel von James Gasana im World Watch Magazine3 werden ein rasantes
Bevölkerungswachstum und eine extreme Verschlechterung des Zustands der Umwelt in engen
Zusammenhang mit dem Ausbruch der tödlichen Gewalt im Jahre 1994 in Ruanda gebracht.
Die Rolle der internationalen Gemeinschaft und insbesondere Frankreichs wird auch 13 Jahre
nach dem Völkermord noch untersucht. Tatsächlich blieb das Klima der Beziehungen zu
Frankreich nach 1994 kühl und wurde sogar eisig, als ein französischer Richter, Jean-Louis
Bruguière, im November 2006 Haftbefehle gegen neun hochrangige ruandische Offizielle
wegen mutmaßlicher Mittäterschaft beim Abschuss des Flugzeugs von Habyarimana erließ.
Ruanda brach daraufhin seine diplomatischen Beziehungen zu Frankreich ab. Im April 2007
reichte Ruanda beim Internationalen Gerichtshof eine Beschwerde ein, in der es vortrug, die
Der Bericht mit dem Titel „Mission d’information sur le Rwanda“ wurde im Dezember 1998 nach einer
neunmonatigen Untersuchung zur militärischen Beteiligung Frankreichs in Ruanda im Vorfeld und während des
Völkermords veröffentlicht.
3
World Watch Magazine, September / Oktober 2002 Band 15, Nr. 5.
2
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Haftbefehle verletzten die Souveränität des Landes, weil die Beschuldigten nicht in andere
Länder reisen dürften, nicht einmal zu offiziellen Anlässen.
Im Jahre 2005 setzte Ruanda eine neue Untersuchungskommission unter Leitung des
ehemaligen Justizministers Jean de Dieu Mucyo ein, die sich mit der Rolle Frankreichs im
Völkermord befassen sollte. Frankreich lehnte es ab, der Kommission jegliche Legitimität
zuzuerkennen, weil sie nicht unabhängig und unparteiisch sei, und verweigerte einer
Ermittlungsgruppe der Kommission die Einreise. Doch mehrere Zeugen sagten aus,
insbesondere ein belgischer Offizier der damaligen UNO-Mission in Ruanda, dass französische
Truppen bei der Ausbildung der Interahamwe-Miliz Hilfestellung geleistet hätten. Anfang 2007
veröffentlichte die französische Tageszeitung „Le Monde“ einige diplomatische Telegramme,
aus denen hervorging, dass die französische Regierung von den Vorbereitungen des
Völkermords wusste, aber verhindern wollte, dass die RPF an die Macht kam.
Ein spanischer Richter ermittelte auch zur Aufklärung des Mordes an spanischen
Staatsangehörigen und anderer von 1990 bis 2002 in Ruanda begangener Verbrechen. Die
Ermittlungen konzentrierten sich auf die direkte Tatbeteiligung von 69 Angehörigen der RPF,
von denen einige hohe militärische Positionen bekleidet hatten4.
3.4.
Ruanda nach dem Völkermord
Im Juli 1994 schlugen Tutsi-Rebellen5 das Hutu-Regime nieder und beendeten die Tötungen.
Am 19. Juli wurden Pasteur Augustin Bizimungu (Hutu) in das Amt des Präsidenten und
Faustin Twagiramungu in das Amt des Premierministers eingeführt. Twagiramungu nannte als
Ziele der neuen Regierung die Wiederherstellung von Frieden und Demokratie, die
Wiederbelebung der Wirtschaft und die Rückführung von Flüchtlingen. Er forderte alle
Flüchtlinge auf, nach Ruanda zurückzukehren, und versicherte, dass Hutu-Zivilisten unbehelligt
in ihre Wohnorte zurückkehren könnten. Die Europäische Union erkannte die neue Regierung
Ruandas im September 1994 an.
Doch Ruanda wieder auf die Füße zu bringen war schwierig. Im August erklärte Twagiramungu
das Land für bankrott und beschuldigte die ehemalige Regierung, sie sei mit sämtlichen
Devisenreserven Ruandas nach Zaire geflohen. Um die frühere Währung ungültig zu machen,
mussten neue Banknoten gedruckt werden. Später, im Herbst, setzte sich der Minister für
auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit Berichten zufolge mit Staatsgeldern im Wert
von 187 000 USD ab.
Ethnische Unruhen und Gewalt hielten noch über mehrere Jahre an, besonders als diejenigen,
die während des Völkermords aus Ruanda geflohen waren, nach und nach wieder in ihre
Heimatorte zurückkehrten. Es gab auch Meldungen, wonach Hutu-Rebellen, deren
zahlenmäßige Stärke auf etwa 10 000 bis 15 000 Interahamwe (alte Gruppe von HutuExtremisten6, für die Massaker 1994 verantwortlich) und ehemalige FAR-Soldaten7 geschätzt
4
Amnesty International Jahresbericht 2007.
Einige Tutsi-Rebellen waren bereits im Rahmen des Arusha-Friedensvertrags nach Ruanda gekommen.
6
Gegründet von Anastase Gasana und Desire Murenzi.
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wurde, Gefängnisse angriffen und versuchten, Gefangene zu befreien, die im Zusammenhang
mit dem Völkermord angeklagt waren und auf ihren Prozess warteten. Auf diese Weise konnten
mehrere Häftlinge entkommen. Die Hutu-Rebellen griffen auch Flüchtlingslager an und töteten
Tausende vertriebene Tutsi.
Die neue Regierung ging auch gegen Korruption bei Regierungsbeamten vor. Sie setzte eine
Kommission mit dem Auftrag ein, sämtliche Fälle mutmaßlicher Korruption zu untersuchen. Im
November 1999 veröffentlichte die Kommission einen Bericht, in dem mehrere Beamte des
Betrugs im großen Maßstab für schuldig befunden wurden. Premierminister Pierre-Célestin
Rwigema wurde ebenfalls des Missmanagements von Geldern für schuldig befunden, die die
Weltbank für den Wiederaufbau des Bildungswesens gespendet hatte.
Im Januar 2000 trat Präsident Bizimungu nach Meinungsverschiedenheiten über die
Zusammensetzung der neuen Regierung zurück. Generalmajor Paul Kagame (militärischer
Führer der Front Patriotique Rwandais und treibende Kraft der Bewegung) wurde als
Übergangspräsident eingesetzt und damit das erste Tutsi-Staatsoberhaupt seit den 1950er
Jahren. Am 17. April 2000 wurde er offiziell zum Präsidenten Rwandas gewählt. Die übliche
Amtszeit des Präsidenten beträgt fünf Jahre, und er kann nur einmal wiedergewählt werden.
2001 wählte das Übergangsparlament eine Verfassungskommission, die eine neue Verfassung
ausarbeitete. Am 8. November 2002 wurde im Zuge der Debatte über eine neue Verfassung
unter anderem Parlamentsabgeordneten, Vertretern von Landesparteien, Leitern der
Kommunalverwaltungen und Gruppierungen der Zivilgesellschaft ein Verfassungsentwurf
vorgelegt. Nachdem die Kabinetts- und Parlamentsmitglieder über den Text abgestimmt hatten,
wurde er zur Volksabstimmung gestellt und von 93 % der Abstimmenden gebilligt. Mit den
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im August und September endete die Übergangszeit.
4. BEZIEHUNGEN ZU NACHBARSTAATEN
Die jüngste Geschichte Ruandas ist gekennzeichnet durch eine Abfolge von Bündnissen oder
Konflikten mit den Nachbarländern, die auch die Beziehungen zwischen Paul Kagame und
seinen Amtskollegen, insbesondere Yoweri Museveni und dem inzwischen verstorbene LaurentDésiré Kabila, widerspiegeln.
Ruandas Rolle in der Region wird oft in Bezug auf die DR Kongo und namentlich Nord-Kivu
betrachtet. Positiv zu sehen ist Ruandas Verpflichtung, die notleidenden Bevölkerungsgruppen
im Sudan durch die Entsendung von Truppen nach Darfur zu unterstützen. Etliche Soldaten aus
Ruanda wurden dort getötet.
4.1.
Beziehungen zu Uganda
Die Beziehungen zum benachbarten Uganda sind wegen der Anwesenheit von bis zu 250 000
ruandischen Flüchtlingen im Land häufig angespannt. Die Mehrzahl dieser Flüchtlinge gehört
7
Die Gruppen schlossen sich zusammen, nachdem sie 1994 gezwungen worden waren, von Ruanda in die
Demokratische Republik Kongo (das frühere Zaire) zu gehen. Sie treten jetzt häufig unter dem Namen Armée pour
la Libération du Rwanda (ALIR) in Erscheinung.
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der Tutsi-Minderheit von Ruanda an. Sie waren nach Verfolgungen durch das Hutu-Regime in
den Jahren 1959, 1963 und 1973 aus ihrem Heimatland geflohen. Im Oktober 1990 drangen
ruandische Rebellen (mit Hauptquartier in Uganda) in den Norden Ruandas ein. Bei den
Rebellen, die unter dem Namen Front Patriotique Rwandais (FPR) bekannt sind, handelte es
sich überwiegend um ruandische Tutsi-Flüchtlinge, die das Habyarimana-Regime stürzen
wollten, um die Rückkehr ruandischer Flüchtlinge zu sichern. Die Regierung Ruandas warf
Uganda vor, die FPR zu unterstützen.
Die ruandische Armee konnte die FPR aufhalten, ehe diese Kigali erreichte, und es wurde ein
Waffenstillstand verkündet. Doch die Feindseligkeiten gingen weiter. Auch die Einrichtung
einer neutralen Zone zwischen den ruandischen Streitkräften und der FPR kam nicht zustande.
Verhandlungen scheiterten im Februar 1993 und die Gewalt flammte erneut auf.
Schätzungsweise bis zu eine Million Zivilisten mussten vor den FPR-Angriffen fliehen, viele
davon in die Nachbarländer Uganda und Tansania. Die internationale Gemeinschaft verurteilte
das Vorgehen der FPR, und Ende Februar 1993 schlossen die ruandische Regierung und die
FPR ein erneutes Waffenstillstandsabkommen.
Im Juni 1993 billigte der UNO-Sicherheitsrat die Einsetzung einer UNO-Beobachtermission für
Uganda und Ruanda (UNOMUR). Die UNOMUR sollte die Aufrechterhaltung einer
militärischen Versorgungslinie für die FPR verhindern, indem sie die Grenze zwischen Uganda
und Ruanda überwachte und kontrollierte, dass auf diesem Wege keine Militärhilfe geleistet
würde. Der Mission gehörten 81 Militärbeobachter an, die von internationalen und
einheimischen zivilen Mitarbeitern unterstützt wurden.
Am 4. August 1993 unterzeichneten die ruandische Regierung und die FPR in Arusha einen
Friedensvertrag. Der Vertrag sah die Zusammenführung der beiden Armeen und die Bildung
einer Übergangsregierung der nationalen Einheit vor. Die Einsetzung der Übergangsregierung
sollte bis zum 10. September erfolgen, doch gelang es den Vertragsparteien nicht, diesen Termin
einzuhalten. Deshalb forderten beide Seiten die Intervention der Vereinten Nationen, um bei der
Umsetzung des Vertrages zu helfen. Mit der Resolution 872 des UNO-Sicherheitsrates wurde
die UN-Mission für Ruanda (UNAMIR) eingesetzt. Entsprechend der Resolution wurden rund
5500 Militärangehörige, darunter 5200 Soldaten, Personal zur Unterstützung der Streitkräfte,
320 Militärbeobachter und 120 zivile Polizisten nach Ruanda entsandt. Abgesehen von der Hilfe
für die Umsetzung des Arusha-Friedensabkommens wurden in das UNAMIR-Mandat auch die
Gewährleistung der Sicherheit in der Hauptstadt Kigali, die Überwachung des
Waffenstillstandsabkommens, einschließlich der Einrichtung einer erweiterten entmilitarisierten
Zone und Demobilisierungsverfahren, die Überwachung der Sicherheitslage in der Endphase
des Mandats der Übergangsregierung bis zu den Wahlen sowie Hilfe bei der Minenräumung und
Koordinierung humanitärer Hilfsaktionen aufgenommen.
Sowohl Ruanda als Uganda waren am Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo
beteiligt. Vonseiten Ruandas geschah dies aus Sicherheitsgründen, da die Anwesenheit in der
DR Kongo als Möglichkeit gesehen wurde, das eigene Hoheitsgebiet gegen Hutu-Rebellen und
ehemalige Soldaten der FAR (Forces Armées Rwandaises) zu schützen, die von der DR Kongo
aus operierten. Uganda hingegen wurde in dem Konflikt aktiv, um sein Territorium vor
Rebellenkräfte zu schützen, die die DR Kongo als günstigen Ausgangspunkt für Angriffe
nutzten. Seit Beginn des Bürgerkriegs in der DR Kongo haben Ruanda und Uganda
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kongolesische Rebellengruppen unterstützt, die gegeneinander und gegen die kongolesische
Regierung kämpften.
Auch jetzt sind die Beziehungen zwischen Uganda und Ruanda nach wie vor problematisch,
auch wenn Uganda der wichtigste Handelspartner Ruandas ist. Trotz Bemühungen, zwischen
den Parteien zu vermitteln (im Rahmen einer Gemischten Ständigen Kommission), halten
Streitigkeiten und Drohungen an. Vor kurzem haben beide Länder Vereinbarungen zu
verschiedenen Bereichen der Zusammenarbeit geschlossen: Polizei, Umweltfragen usw.
Außerdem hat es den Anschein, dass das Verhältnis zwischen Paul Kagame und Yoweri
Museveni besser wurde, bis es im Frühjahr 2007 zu einigen letzten kleineren Zwischenfällen
zwischen den beiden Ländern kam.
4.2.
Beziehungen zur Demokratischen Republik Kongo
Ruanda wurde in der DR Kongo aktiv, um sein Hoheitsgebiet vor Hutu-Rebellen (Interahamwe)
und der ehemaligen FAR (Forces Armées Rwandaises) zu schützen. Zur Gewährleistung der
Sicherheit unterstützte die ruandische Regierung zudem kongolesische Rebellen im Osten der
DR Kongo (RCD-Goma), die das Kabila-Regime stürzen wollten.
Die Beziehungen zwischen Ruanda und der DR Kongo verschlechterten sich Ende Juli 1998, als
der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Laurent-Désiré Kabila, das Ende der
militärischen Kooperation sowohl mit Ruanda als auch mit Uganda verkündete. Er forderte alle
ausländischen Streitkräfte auf, die DR Kongo zu verlassen. Kabila beschuldigte Ruanda der
Unterstützung kongolesischer Rebellen im Osten der DR Kongo, die das Kabila-Regime stürzen
wollten. Ruanda wiederum warf der Demokratischen Republik Kongo vor, ruandische HutuRebellen zu unterstützen, die innerhalb der DR Kongo aktiv seien, und die Naturschätze des
Landes auszubeuten.
Als Folge wurde Ruanda in den vier Jahre dauernden kongolesischen Bürgerkrieg verwickelt,
bei dem Teile der Streitkräfte von Burundi, Ruanda und Uganda innerhalb der Demokratischen
Repulik Kongo operierten, um die Rebellen zu unterstützen, und Teile der Streitkräfte Angolas,
des Tschad, Namibias und Simbabwes auf der Seite der Regierung der DR Kongo agierten.
Es gab mehrere Versuche zur Wiederherstellung des Friedens. Am 10. Juli 1999 schlossen
Angola,
die
DR Kongo,
Namibia,
Ruanda,
Uganda
und
Simbabwe
das
Waffenstillstandsabkommen von Lusaka, dem später auch die Rebellen beitraten. Aber die
Umsetzung des Abkommens verzögerte sich, und die einzelnen Parteien beschuldigten sich
immer wieder gegenseitig, gegen das Abkommen zu verstoßen. Über zwei Jahre nach der
Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens von Lusaka kam es am 26. Februar 2002 zu
einem erneuten Versuch, Frieden herzustellen, als im südafrikanischen Erholungsgebiet
Sun City der innerkongolesische Dialog fortgesetzt wurde. Nach sieben Wochen schwieriger
Verhandlungen wurde am 19. April 2002 eine teilweise Einigung zwischen den Rebellen der
MLC (Mouvement pour la Libération du Congo) und der Regierung von Joseph Kabila erreicht.
Die Regierung der DR Kongo stimmte einer Übereinkunft zur Teilung der Macht mit von
Uganda unterstützten Rebellen zu. Die ruandische Regierung und die von Ruanda unterstützten
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Rebellen der RCD-Goma (Rassemblement Congolais pour la Démocratie) weigerten sich
jedoch, die Vereinbarung zu unterzeichnen.
Am 30. Juli 2002 schlossen Ruanda und die DR Kongo den so genannten Vertrag von Pretoria
und gaben damit Anlass zu neuen Hoffnungen für eine Normalisierung der Beziehungen
zwischen den beiden Ländern. Gemäß diesem Vertrag sollte Ruanda seine Truppen, die rund
30 000 bis 40 000 Mann stark waren, innerhalb von 90 Tagen abziehen. Die DR Kongo
verpflichtete sich ihrerseits, die Hauptsorge Ruandas in Bezug auf seine Sicherheit
auszuräumen, indem sie mit der UNO bei der Entwaffnung der ehemaligen FAR (Forces
Armées Rwandaises) und der ruandischen Hutu-Rebellen, den Interahamwe, die für die
Massaker 1994 verantwortlich waren, zusammenarbeitete.
Bei der Entwaffnung der Interahamwe und der ehemaligen FAR traten jedoch Hindernisse auf.
Außerdem befürchteten viele, dass Ruanda behaupten würde, es bräuchte seine Truppen erst aus
der DR Kongo abzuziehen, wenn die Interahamwe entwaffnet wären. Noch komplizierter
gestaltete sich die Lage dadurch, dass die Rebellen Gefahr liefen, wegen Völkermords vor
Gericht gestellt zu werden, falls sie nach Ruanda zurückkehren, und deshalb kaum motiviert
sind, dies zu tun. Aber Ruanda hat seine Truppen aus der DR Kongo abgezogen. Nach Angaben
von MONUC (der Mission der Vereinten Nationen in der DR Kongo) hat Ruanda seinen
Truppenabzug aus der Demokratischen Republik Kongo am 5. Oktober 2002 mit der letzten
Gruppe von 1152 Soldaten aus Goma abgeschlossen.
Es gibt allerdings nach wie vor Gerüchte, dass eine kleine Anzahl ruandischer Streitkräfte in der
DR Kongo gestern an der Seite der RCD-Goma und heute an der Seite von General Laurent
Nkunda operiere. Dies wurde stets geleugnet. In der Tat blieb die Lage in Ost-Kongo (vor allem
in Nord-Kivu) in den letzten Jahren sehr instabil und gewalttätig.
Laurent Nkunda gehörte früher der kongolesischen Armee an und lehnte die „brassage“ ab. Im
Jahre 2004 führte er seine Truppen an der Seite von Tutsi-Aufrührern im Kampf gegen die
nationale Armee in Butare (Süd-Kivu) an. Während des gesamten Wahlprozesses 2006 hielt er
sich bedeckt, ist aber einer der Akteure in den Unruhen in Nord-Kivu seit Anfang 2007. Man
vermutet, dass er von Ruanda unterstützt wird, weil seine Truppen die FDLR (Demokratische
Kräfte für die Befreiung von Ruanda/Forces démocratiques de libération du Rwanda)
bekämpfen, eine gegen Ruanda gerichtete Miliz früherer Interahamwe, ehemaliger Angehöriger
der ruandischen Armee (FAR) und junger Kongolesen, die die Sicherheit Ruandas bedrohen.
Die FDLR sollen auch die Unterstützung der nationalen Armee der DR Kongo genießen.
Obwohl Ruanda umfangreiche kommerzielle und politische Interessen im Osten der DR Kongo
hat, unterhalten beide Länder keine diplomatischen Beziehungen.
Bericht von Human Rights Watch zu Nord-Kivu8.
Auszug, in dem es um die Rolle Ruandas in der Krise geht:
8
Renewed crisis in North Kivu, Human Rights Watch, Band 19, Nr. 17, 24. Oktober 2007.
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„Die Regierungen Ruandas und Südafrikas gehörten zu denen, die in der Krise in Ost-Kongo
besonders aktiv waren.
Die ruandische Regierung spielte dem Anschein eine positive Rolle bei der Beendigung des
Konflikts, indem sie Ende 2006 Gespräche zwischen Nkunda und kongolesischen Offizieren
vermittelte, ist aber seither in der Frage der Rekrutierung von Kindersoldaten für Nkunda in
Ruanda weniger hilfreich. Als die Problematik erstmals vom UNHCR diskret zur Sprache
gebracht wurde, unternahmen die ruandischen Behörden nichts. Als es im April 2007 öffentlich
gemacht wurde, wiesen die Behörden die Anschuldigungen zurück, obwohl sie letztlich einem
Plan mit dem UNHCR zustimmten, die Rekrutierung zu stoppen. Wie bereits erwähnt, rief der
UNO-Generalsekretär in einem Bericht an den Sicherheitsrat im Juni Ruanda auf, diese
Rekrutierung unverzüglich zu beenden.
Wie bereits erwähnt, sind hunderte Ruander in die Einheiten von Nkunda eingetreten und dann
Soldaten in der kongolesischen Armee geworden. Nach Auskunft von kongolesischen und
MONUC-Offizieren wurden außerdem mehrere Soldaten, die derzeit in den ruandischen
Streitkräften aktiv sind, im Kongo gefangen genommen, als sie gemeinsam mit den Truppen
Nkundas kämpften.
Nach Angaben von ruandischen Offizieren und Nkunda beobachteten Vertreter der
südafrikanischen Regierung die von Ruanda vermittelten Gespräche, die zu dem Kompromiss
führten. Einige dieser Personen erklärten, Südafrika habe zugestimmt, Nkunda für ein Jahr zum
Studium in Südafrika aufzunehmen (doch wie bereits angemerkt, bestreiten andere dieses Detail
aus dem Abkommen). Es ist unklar, ob die südafrikanische Regierung damit rechnete, dass der
Haftbefehl gegen Nkunda aufgehoben würde, damit es einfacher wäre, ihn in Südafrika
aufzunehmen.
Im Gespräch mit Diplomaten Ende September in New York behauptete Präsident Kabila, dass
Südafrika weiterhin im Dialog zwischen Nkunda und seiner Regierung vermittele, um die Krise
zu beenden, doch weder Nkunda noch südafrikanische Regierungsvertreter, die von Human
Rights Watch befragt wurden, konnten diese Unterstützung bestätigen. Einige Diplomaten, die
an der Formulierung des Fahrplans beteiligt waren, äußerten den Wunsch nach Einsetzung eines
Südafrikaners als hochrangigem Vermittler.“
Empfehlungen an die Regierung von Ruanda:
„Einstellung sämtlicher militärischer Rekrutierungen von Kindern und Erwachsenen in
kongolesischen Flüchtlingslagern in Ruanda und uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem
UNHCR bei diesem Vorhaben. Festnahme und Anklage der für solche Aktivitäten
Verantwortlichen.“
5. AKTUELLE POLITISCHE LAGE
5.1.
Die Wahlen 2003
Die Regierung hatte freie und faire Mehrparteienwahlen versprochen, wenngleich die
herrschende Partei FPR den Ablauf genau kontrollierte und einige Informanten seinerzeit
äußerten, die Partei würde wahrscheinlich ihren Einfluss nutzen, um sich Vorteile gegenüber
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ihren Rivalen zu verschaffen. Angehörige der ruandischen Diaspora waren ebenfalls
wahlberechtigt. Deutschland, Schweden, die Schweiz, Kanada, das Vereinigte Königreich,
USAid, die EU und das UNDP erklärten sich bereit, die Wahlen zu finanzieren, so dass die
Kosten in Höhe von schätzungsweise 14 Mio. USD für die Volksabstimmung im Mai und die
Wahlen zum Ende des Sommers gedeckt waren.
Die Europäische Union entsandte für das Referendum über die Verfassung, die
Präsidentschaftswahlen und die Parlamentswahlen eine Wahlbeobachtermission, die unter der
Leitung von Colette Flesch (MdEP) stand. Zu den Präsidentschaftswahlen entsandte auch das
Europäische Parlament eine Delegation, der Glenys Kinnock, John Corrie, Johan Van Hecke
und Nelly Maes angehörten.
Die Wahlen verliefen friedlich und ohne gewalttätige Zwischenfälle, was schon als Erfolg
betrachtet wurde. Die EU-Wahlbeobachtermission betonte, dass die Wahlen den Weg für
tragfähige demokratische Institutionen freimachten. Gleichwohl stellten die EU-Mission wie
auch die EP-Delegation fest, dass es an Pluralismus gemangelt habe und für die Kandidaten vor
den Wahlen keine Chancengleichheit bestanden habe. Tatsächlich wurden keine Kandidaten
einer Partei gewählt, die nicht mit der Partei des Präsidenten verbunden ist.
Am Wahltag wurden Fälle von Betrug und Unregelmäßigkeiten festgestellt. Oft bestand kein
eindeutiger Unterschied zwischen FPR-Parteivertretern und Mitarbeitern des Wahlbüros.
Die EU-Beobachtermission wies darauf hin, dass es keine Definitionen für die Begriffe
„divisionism“
(Divisionismus),
„discrimination“
(Diskriminierung),
„separatism“
(Separatismus) usw. gebe. Sie sind nach der Verfassung verboten und wurden im Wahlkampf
gegen einen Kandidaten, Herrn Twagiramungu, eingesetzt.
Das Endergebnis lautete wie folgt:
- Paul Kagame: 95,05 %
- Faustin Twagiramungu: 3,62 %
- Jean Nepomuscene Nayinzira: 1,33 %
Bei den Wahlen im Februar/März 2006 zu den lokalen Gebietskörperschaften wurden viele
Unregelmäßigkeiten gemeldet, die Zulassung von politischen Parteien auf örtlicher Ebene
jedoch könnte ein Zeichen für eine Erneuerung in der Politik sein.
5.2.
Gerechtigkeit nach dem Völkermord: ICTR oder Gacaca?
Nach dem Völkermord drängte die internationale Gemeinschaft auf die Einsetzung eines
internationalen Gerichtshofs für Ermittlungen in Fällen von Völkermord. Im Februar 1995
verabschiedete der UNO-Sicherheitsrat die Resolution 977 zur Einsetzung des Internationalen
Strafgerichtshofs für Ruanda (International Criminal Tribunal for Rwanda, ICTR) mit Sitz in
Arusha, Tansania. Der Gerichtshof nahm im Juni desselben Jahres unter dem Vorsitz des
senegalesischen Richters Laïty Kama seine Arbeit auf.
Die ersten förmlichen Verfahren begannen im November 1995. Im Juli 1997 wurden sieben
Verdächtige in Kenia festgenommen und nach Arusha überstellt. Zu diesen Personen gehörten
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der ehemalige Premierminister Jean Kambanda, zwei hochrangige Armeeoffiziere und eine
ehemalige Ministerin, Pauline Nyramasuhuko (die erste Frau, die vom ICTR angeklagt wurde).
Später wurde ein belgischer Journalist, der während der Massaker für den extremistischen
Sender Radio-Télévision Libre des Milles Collines gearbeitet hatte, verhaftet und als erster
Nicht-Ruander, der vom ICTR angeklagt wurde, nach Arusha gebracht, damit er sich dort vor
Gericht verantwortet. Ende 2006 befanden sich 56 Häftlinge im Gewahrsam des ICTR.
Die Festnahmen gingen mit einer Quote von 1000 Verdächtigen pro Monat weiter, was eine
erhebliche Überbelegung der Gefängnisse zur Folge hatte. Deshalb wurden gegen Ende 1997
ältere, gebrechliche oder jugendliche Häftlinge freigelassen. Sowohl die internationale
Gemeinschaft als auch die Bevölkerung vor Ort protestierten gegen die Freilassung von
Verdächtigen, und es gab Berichte über Angriffe auf freigelassene, des Völkermords
Verdächtige. Seither werden wegen Mangels an Beweisen immer wieder Verdächtige
freigelassen: von 10 000 Freigelassenen im Oktober 1998 bis zu den 9000 Anfang 2007. Der
„Höhepunkt“ der Freilassungen war im Januar 2003 erreicht, als 40 000 Personen
vorübergehend freigelassen wurden. Die Regierung verkündete, dass Personen, die ihre
Verbrechen während des Völkermords 1994 gestanden hatten (jedoch nicht die Anstifter),
Minderjährige im Alter von 14 bis 18 Jahren zur Zeit ihrer mutmaßlichen Straftaten, ältere
Häftlinge, kranke Häftlinge und Personen, die gewöhnlicher Straftaten beschuldigt wurden, auf
freien Fuß kämen. Die Entscheidung wurde von der Organisation African Rights kritisiert, die
behauptete, dies könnte eine „mögliche Gefährdung“ der Rechtsprechung in Fällen von
Völkermord heraufbeschwören, das Vertrauen der Bevölkerung in den Prozess untergraben
sowie Zeugen und Richter dem Risiko von Einschüchterungsversuchen aussetzen.
Die Überlebenden des Völkermords sind in der Tat beunruhigt wegen dieser Entscheidungen.
Angesichts von Meldungen und ausführlichen Veröffentlichungen über Tötungen von
Völkermordüberlebenden müssen sie sogar mit der Gefahr für ihr Leben fertig werden. Die
Regierung ihrerseits ruft zur nationalen Versöhnung auf.
Außer dem ICTR gibt es noch andere (regionale) Gerichte, die mit der Rechtsprechung über des
Völkermords von 1994 Angeklagte befasst sind. Bis zur Abschaffung der Todesstrafe am
16. März 2007 zogen viele Angeklagte die Verhandlung ihrer Fälle vor dem ICTR vor, wo keine
Todesstrafe gefordert werden konnte. Jetzt ist ein wichtiges Hindernis für die Verweisung
einiger Fälle des ICTR an die ruandische Justiz ausgeräumt, wenn dessen Mandat Ende 2008
ausläuft. So ersuchten die ICTR-Ankläger im Juni 2007 um die Verweisung eines Falls an
Ruanda.
Im Jahre 2000 wurden Bemühungen unternommen, die rechtlichen Verfahren zu beschleunigen.
Es wurden Rechtsvorschriften zur Einführung eines traditionellen Rechtssystems verabschiedet,
das als die (partizipatorischen) Gacaca-Gerichte bekannt ist und bei dem die Ältesten der
Gemeinde einem Gericht vorsitzen, das die weniger schweren Verbrechen im Zusammenhang
mit dem Völkermord behandelt. Man hoffte, dass das Gacaca-System zum Abbau der großen
Zahl anhängiger Gerichtsverfahren beitragen und zur Versöhnung in Ruanda führen würde.
Einige Beobachter äußerten allerdings Bedenken wegen einer möglichen Parteilichkeit oder
Anwendung uneinheitlicher oder willkürlicher Normen aufgrund der mangelnden Kompetenz
der Gacaca-Richter. Die künftigen Richter (etwa 255 000) wurden nur einige Tage lang in den
grundlegenden Rechtsprinzipien (insbesondere in Bezug auf das Gacaca-Gesetz vom Januar
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2001), Gruppenmanagement, Konfliktlösung, ethischen Fragen des Justizwesens, Trauma,
Humanressourcen sowie Ausstattung und Finanzmanagement geschult, bevor sie ihre Arbeit
aufnahmen.
Die Gacaca-Gerichte traten 2002 umfassend in Funktion, und man erwartete, dass sie ihrer Rolle
gerecht werden und über die innerhalb von fünf Jahren 700 000 angeklagten Personen richten
würden. Aber wegen eines erheblichen Rückstaus steht zu vermuten, dass sich der Prozess bis in
das Jahr 2008 hinein hinziehen wird. Obwohl das Gacaca-System als wichtiger Schritt auf dem
Wege zur nationalen Versöhnung und zur Lösung der Gefängniskrise in Ruanda gilt9, herrscht
die Sorge, dass Gacaca-Gerichtsverfahren möglicherweise nicht den grundlegenden
internationalen Mindeststandards für ein faires Gerichtsverfahren entsprechen10. Kritisiert wird
unter anderem das Berufungsverfahren, da sich die Einrichtung von Berufungsgerichten
verzögerte und auf diese Weise allen Personen, die sich zu Unrecht verurteilt fühlten, die
Chance auf ein neues Urteil genommen war. Einige Personen gestanden ihre Verbrechen in der
Hoffnung auf Strafminderung, aber viele erlebten, dass ihre Geständnisse zurückgewiesen und
ihre Strafen (mit einem Höchstmaß von 30 Jahren) nicht gemindert wurden. Am Ende schien die
Gefängnisbelegung eher noch zu- als abzunehmen, wie eigentlich beabsichtigt war, als die
Gacaca-Gerichte eingesetzt wurden. Zudem äußern alle Menschenrechtsorganisationen
Bedenken hinsichtlich der Fairness des Prozesses, weil es ihrer Ansicht nach an Unparteilichkeit
mangelt11.
Die Gacaca-Gerichte verhandeln keine Anklagen wegen Verbrechen, die von Soldaten der jetzt
herrschenden Patriotischen Front von Ruanda begangen wurden, und erwecken so den Anschein
einer einseitigen Rechtsprechung12. Auch der ICTR hat nicht gegen die FPR-Hierarchie wegen
mutmaßlicher 1994 begangener Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
ermittelt.
5.3.
Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten
Trotz einiger Verbesserungen sieht die Menschenrechtsbilanz in Ruanda nach wie vor schlecht
aus. Human Rights Watch stellt in seinem Bericht 2007 fest, dass Ruanda von einem PeerReview-Team der NEPAD in einigen Punkten positiv beurteilt, aber für die Beschränkung des
politischen Freiraums und die Nichtanerkennung der Vielfalt kritisiert wurde. Der größte Erfolg
für die Menschenrechte ist natürlich die Abschaffung der Todesstrafe am 16. März 2007 mit
einem einstimmigen Votum der Nationalversammlung.
9
Zu der Zeit, als die Gacaca-Gerichte ihre Tätigkeit aufnahmen, saßen mehr als 110 000 Ruander wegen einer
Anklage im Zusammenhang mit dem Völkermord im Gefängnis, und die meisten von ihnen warten noch immer auf
den Beginn des Gerichtsverfahrens. Viele wurden willkürlich festgenommen und werden seit Jahren unrechtmäßig
gefangen gehalten, während den gegen sie erhobenen Anschuldigungen kaum oder gar nicht nachgegangen wird.
Die Überbelegung und die unhygienischen Bedingungen in den Haftanstalten kommen grausamer, unmenschlicher
und entwürdigender Behandlung gleich, und es kommt infolge vermeidbarer Krankheiten, Mangelernährung und
der Auswirkungen der Überbelegung zu Todesfällen. „Rwanda: Gacaca-Gerichte müssen internationale
Rechtsstandards für faire Gerichtsverfahren einhalten“, Amnesty International.
10
Ebenda.
11
Amnesty International Jahresbericht 2007: Ruanda.
12
Human Rights Watch, World Report 2007: Africa: Rwanda.
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Die schlechte Lage bei den Menschenrechten in Ruanda ist mit politischen Rechten und
bürgerlichen Freiheiten verknüpft. Die Hauptkritik, die bereits im Abschlussbericht der EUWahlbeobachtermission 2003 geäußert wurde, betrifft die feindselige Haltung der ruandischen
Regierung gegenüber politisch Andersdenkenden, der Pressefreiheit und einer unabhängigen
Zivilgesellschaft.
Politische Parteien auf der Grundlage der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe oder
Glaubensrichtung sind nach der Verfassung von 2003 verboten. Ohne Weiteres werden
Anschuldigungen gegen Gegner erhoben, von denen man sagt, sie forderten eine Teilung des
Landes. Deshalb fühlen sich einige Hutu nicht hinreichend vertreten. Doch auf lokaler Ebene
gibt es nun seit Kurzem politischen Freiraum. Zuvor durften sich keine Kandidaten von
Parteien, sondern nur unabhängige Kandidaten zur Wahl stellen.
Viele Menschenrechtsbedenken stehen mit den Völkermordprozessen in Verbindung. Die
riesige Zahl von Angeklagten und das schwache Rechtssystem führen vor allem zu einer extrem
langen Untersuchungshaft (bis zu über zwölf Jahren) und schlechten Haftbedingungen. Im
letzten Jahr warteten rund 48 000 der 69 000 Inhaftierten auf ihren Gerichtsprozess wegen
mutmaßlicher Beteiligung am Völkermord13.
Die Unabhängigkeit der Medien ist ebenfalls eingeschränkt. Im Index von „Reporter ohne
Grenzen“ für 2007 rangiert das Land nur auf Platz 147 von 169. Journalisten sehen sich oft
Schikanen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Die Behörden bestreiten eine
Einschränkung des Rechts der freien Meinungsäußerung und beschuldigen unabhängige
Journalisten der „Unprofessionalität“. Wenn Journalisten beispielsweise die Integrität eines
Politikers anzweifeln, werden sie wegen „öffentlicher Beleidigung“ ins Gefängnis geworfen 14.
Der Staat kontrolliert die Rundfunkmedien, und die wenigen unabhängigen Zeitungen, die in
Kigali erscheinen, üben Berichten zufolge in erheblichem Umfang Selbstzensur.
Das Pressegesetz garantiert die Pressefreiheit, gestattet jedoch schwere Strafen gegen
Journalisten, Verleger und sogar Straßenverkäufer von Veröffentlichungen, wenn diese weit
gefasster Rechtsverstöße wie der Gefährdung von Recht und Ordnung, Beleidigung von
Amtspersonen oder Untergrabung der Moral der Armee für schuldig befunden werden. Das
Gesetz erlaubt die Lizenzierung von privaten Hörfunk- und Fernsehsendern und legt die
Einsetzung eines nationalen Presserats fest, der unter der Aufsicht des Präsidenten
Veröffentlichungen zulassen oder verbieten und die Schließung von Hörfunk- oder
Fernsehsendern anordnen kann. Im März 2007 erklärte Präsident Kagame, die Zeit der Toleranz
sei vorbei, und warnte Journalisten vor einer negativen Berichterstattung über das Land.
Das Fehlen einer Definition von „divisionism“ verursacht immer noch einige Probleme. Man
befürchtet, dass dieses Konzept auch benutzt wird, um Gegner in Misskredit zu bringen und zu
verurteilen. Der berühmteste Fall ist der des ehemaligen Präsidenten von Ruanda Pasteur
Bizimungu (während der Übergangszeit) und des ehemaligen Transportministers Charles
Ntakirutinka, die im Jahre 2004 wegen „Anstiftung zu zivilem Ungehorsam, der Verbindung zu
kriminellen Elementen und der Veruntreuung staatlicher Gelder“ zu 15 bzw. 10 Jahren
13
14
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Amnesty International Jahresbericht 2007.
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Gefängnis verurteilt wurden. Amnesty International wies darauf hin, dass beide Männer vor
ihrer Verhaftung eine neue politische Partei mit dem Namen Demokratische Partei für
Erneuerung (Parti Démocratique du Renouveau, PDR-Ubuyanja) gegründet hatten. Viele
Menschenrechtsaktivisten waren der Auffassung, dass mit der strafrechtlichen Verfolgung der
beiden Männer eine politische Opposition aus dem Weg geräumt werden sollte15. Im Januar
bestätigte das Oberste Gericht diese Urteile, hob aber die Verurteilung der sechs Mitangeklagten
auf. Für Human Rights Watch waren die Vorgehensweise und der Ausgang bei diesem
Gerichtsverfahren unter dem Aspekt der Fairness problematisch. Pasteur Bizimungu wurde am
Vorabend des 13. Jahrestages des Völkermords freigelassen, aber Charles Ntakirutinka blieb
weiter im Gefängnis. Die Freilassung erfolgte ohne Angabe von Gründen.
Einheimische NRO operieren recht offen, aber unter strenger Kontrolle der Behörden, und
einige üben Selbstzensur. Internationale Menschenrechtsgruppen und Hilfsorganisationen sind
ebenfalls aktiv. Die Religionsfreiheit wird im Allgemeinen geachtet.
Der Peer-Review-Mechanismus der NEPAD kritisierte außerdem „das Bestreben (der
ruandischen Behörden), ausgeprägte Identitäten auszulöschen“, etwa die der Minderheit der
Batwa. Sie bilden die kleinste Gruppe in Ruanda und sind Opfer vieler
Menschenrechtsverletzungen. Man vermutet, dass von Oktober 1993 bis Juni 1995 während der
Zeit des Völkermordkonflikts bis zu 30 % ihrer Angehörigen starben oder getötet wurden, und
heute beträgt ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nicht mehr als 0,2 oder 0,3 % (von
schätzungsweise 1 % im Jahre 1958). Das Batwa-Volk wird wirtschaftlich und sozial
diskriminiert16.
6. SOZIALE UND WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG
HDI-Rang:
HDI-Wert:
Pro-Kopf-BIP:
Pro-Kopf-BIP (KKS USD):
Rang auf der
Korruptionsliste
158/177 (2006)
0,450; (Durchschnitt für Afrika südlich der Sahara:
0,472)
250 USD
1,263; (Durchschnitt für Afrika südlich der Sahara:
1,946 USD)
111/179 (Transparency International 2007)
15
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Der EP-Unterausschuss für Menschenrechte organisierte am 3. Oktober 2007 in Zusammenarbeit mit dem in
Genf ansässigen Indigenous Peoples' Centre for Documentation, Research and Information (Zentrum indigener
Völker für Dokumentation, Forschung und Information) ein Treffen, an dem die ruandischen Twa teilnahmen.
16
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6.1.
Wirtschaftliche Lage
Ruanda ist eines der ärmsten Länder der Welt. Schätzungsweise 56 % der Menschen leben
unterhalb der Armutsgrenze. Den größten Beitrag zum BIP leisten die Landwirtschaft (34 %),
der Dienstleistungssektor (45 %) und die Industrie (14 %). Größter Arbeitgeber im Land (91 %)
und Exporteur (72 %) ist jedoch die Landwirtschaft.
Ruanda weist die höchste Bevölkerungsdichte in Afrika auf. Die Belastung durch den
Landbedarf und die Siedlungen ist hoch, und – untypisch für Afrika – es steht gegenwärtig kein
unbearbeitetes Land zur Kultivierung mehr zur Verfügung. Fast 98 % der Ruander verwenden
Holzkohle zum Kochen, und die verbliebenen Waldgebiete gehen wegen des Bodenbedarfs und
des Verbrauchs an Holzbrennstoff immer weiter zurück.
Eine Hinterlassenschaft des Völkermords von 1994 besteht darin, dass ein Drittel der Haushalte
von Frauen und 20 % von Witwen geführt werden. Der größte Teil der vier Millionen
Erwerbstätigen sind Subsistenzbauern. Die wichtigsten Kulturen sind Kochbananen,
Süßkartoffeln, Maniok, Sorghum und Trockenbohnen. Bei den für den Verkauf bestimmten
Anbaufrüchten stehen Kaffee, Tee, Pyrethrum (ein aus Chrysanthemen gewonnenes Insektizid)
und Chinin an der Spitze. In den Jahren 2000/2001 hat Tee Kaffee als führendes Exportgut
Ruandas abgelöst, aber aufgrund der höheren Weltmarktpreise für Kaffee ist dieser in den
letzten Jahren wieder zum wichtigsten Exportartikel aufgestiegen. Kaffee und Tee sind die
primären Exportgüter Ruandas. Darüber hinaus hat Ruanda seine Erzeugung von hochwertigem
Kaffee (Fully Washed Arabica) gesteigert, der einen Spitzenpreis erzielt.
Rinder, Ziegen und Schafe werden in großer Zahl gehalten. Der größte Teil der Rinder gehört
den Tutsi. Lebensmittel müssen importiert werden, da die Inlandsproduktion für die
Selbstversorgung nicht mehr ausreicht. Lebensmittelknappheiten haben sich durch die Unruhen
und die ernsten Flüchtlingsprobleme Anfang der 1990er Jahre drastisch verschärft, was auch
verheerende Auswirkungen auf den Export hatte.
Die Industrie Ruandas erwirtschaftet etwa 20 % des BIP, ist aber recht klein und muss darum
kämpfen, angesichts der Konkurrenz in der Region seinen Marktanteil zu halten, zumal Ruanda
jetzt der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC)17 beigetreten ist. Das verarbeitende Gewerbe
besteht größtenteils in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, doch Ruanda
produziert auch eine kleine Palette allgemeiner Konsumgüter. Im Tertiärsektor überwiegt der
Handel, doch wächst der Stellenwert von Telekommunikation, Banken und Versicherungen. Der
Fremdenverkehr hat weitgehend wieder das Niveau der Zeit vor dem Völkermord erreicht, auch
wenn viele potenzielle Besucher das Land immer noch als Sicherheitsrisiko ansehen.
Der Bauboom, zuerst in Kigali und später in den größeren Städten, hält seit 1994 an. Kigali ist
jetzt Gastgeber großer Konferenzen.
Verglichen mit vielen seiner Nachbarn verfügt Ruanda nur über wenige Naturressourcen.
Wichtigster Bodenschatz des Landes ist Kassiterit (ein zinnhaltiges Erz). Die Inlandsgewinnung
von Kassiterit wurde durch den Preisanstieg angekurbelt, und 2006 war ein reales Wachstum
17
Juli 2007.
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beim Bergbau-BIP von ca. 34,1 % zu verzeichnen. Der Anteil des Bergbaus am Gesamt-BIP
bleibt mit nur 0,9 % dennoch niedrig. Außerdem gibt es Vorkommen von Coltan and Wolframit.
Beide werden in bedeutenden Mengen abgebaut. Dessen ungeachtet wird befürchtet, dass ein
erheblicher Teil des bei der Ausfuhr als ruandisch ausgegebenen Kassiterits und Coltans
eigentlich aus dem Osten der DR Kongo stammt, von wo es geschmuggelt wird. Das Land
verfügt auch über Erdgasvorkommen unter dem See Kivu.
Die wirtschaftliche Entwicklung Ruandas wird durch den Bedarf seiner großen Bevölkerung
und das Fehlen eines leichten Zugangs zum Meer (und damit zu ausländischen Märkten)
behindert. Der Völkermord von 1994 hat die ohnehin anfällige Wirtschaftsbasis von Ruanda
weiter geschwächt, was zur Verarmung der Bevölkerung, insbesondere der Frauen, führte.
Derzeit leben 56 % (gegenüber 40 % Anfang der 1990er Jahre) der Bevölkerung unterhalb der
Armutsgrenze. Auch die Möglichkeiten des Landes, die Attraktivität des Landes für private und
ausländische Investitionen zu erhöhen, sind infolge des Völkermords stark beeinträchtigt.
Dennoch hat Ruanda bei der Stabilisierung und Wiederbelebung seiner Wirtschaft spürbare
Fortschritte erzielt.
Im Jahre 2005 beschloss die Regierung ein Gesetz über den Grund und Boden, mit dem die
Zusammenlegung von Grundbesitz gefördert und der Staat eine starke Stellung bezüglich der
Landnutzung erhält, zu der er private Eigentümer zwingen kann. Im Gesetz sind Verfahren für
die Aufteilung und Verpachtung des Bodens und für den Erwerb von uneingeschränkten
Eigentumstiteln festgelegt. Nach all den Bewegungen von Bevölkerungsgruppen (Flucht von
Tutsi nach Uganda) und nach dem Völkermord kann Landbesitz eine besonders
konfliktträchtige Angelegenheit sein.
6.2.
Die HIV/Aids-Problematik
HIV/Aids stellt in Ruanda ein großes Gesundheitsproblem dar, denn es führt zu einer geringeren
Lebenserwartung, einer höheren Säuglingssterblichkeit und höheren Sterblichkeitsraten, als
andernfalls zu erwarten wären. Aids hat auch erhebliche Auswirkungen auf das
Bevölkerungswachstum und das Wachstum generell sowie auf die Verteilung der Bevölkerung
nach Alter und Geschlecht.
Die Prävalenzrate von HIV/Aids in Ruanda ist auf 3,1 % gesunken, wobei eine erhebliche
Differenz zwischen Kigali (7 %) und den ländlichen Gebieten (2,2 %) besteht. In Kigali betrug
die HIV-Prävalenz 1998 bei Frauen, die Kliniken zur Schwangerenvorsorge aufsuchen, sogar
32 %. Sie liegt jetzt bei rund 13%.
Nach Angaben von UNICEF lebten 2005 im Land schätzungsweise 210 000 Waisenkinder, bei
denen mindestens ein Elternteil an Aids gestorben war. Als Folge hat die Zahl der Straßenkinder
in den Städten Ruandas zugenommen.
Im April 2007 schloss der Globale Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und
Tuberkulose mit der Regierung eine Vereinbarung über Fördermittel in Höhe von
31,5 Mio. USD für den Ausbau der nationalen Politik mit Schwerpunkt auf der Vorbeugung ab.
Der Globale Fonds wird teilweise von der Gemeinschaft über ihr thematisches Programm „In
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die Menschen investieren“ finanziert (62 Mio. EUR jährlich). Auch die Weltbank trägt mit
Zuschüssen (40,5 Mio. USD in zwei Jahren) zum Kampf gegen die Krankheit bei.
Neue Entwicklungsinitiativen: „Vision 2020“18
6.3.
Vor sechs Jahren formulierte Ruanda sein Konzept für die nationale Entwicklung, das
Programm „Vision 2020“, in dem internationale Entwicklungsverpflichtungen, wie etwa die
Millenniums-Entwicklungsziele (MDG), in einem umfassenden nationalen Entwicklungsplan
umgesetzt werden.
Entsprechend der langfristigen Entwicklungsstrategie des Plans „Vision 2020“ von Ruanda
lauten die wichtigsten Prioritäten wie folgt:







Verantwortungsbewusste politische und wirtschaftliche Führung;
Wirtschaftliche Umgestaltung des ländlichen Raums;
Entwicklung des Dienstleistungssektors und des verarbeitenden Gewerbes;
Entwicklung der Humanressourcen;
Entwicklung und Förderung der privaten Wirtschaft;
Integration in die regionale und internationale Wirtschaft;
Armutsbekämpfung.
Um sich selbst tragende kommunale Verwaltungen zu schaffen und die Kapazitäten auf lokaler
Ebene zu erhöhen und gleichzeitig grundlegende Dienstleistungen näher bei den Bürgern
anzubieten, führt Ruanda tiefgreifende Reformen seiner Gebietsverwaltung durch und
vermindert dabei die Zahl der Provinzen von zehn auf vier, der Distrikte von 106 auf 30 und der
Sektoren von 1500 auf rund 450.
Die Regierung hat ihre auf den MDG basierende Strategie für wirtschaftliche Entwicklung und
Armutsbekämpfung (EDPRS) 2008-2012 formuliert. Das UNDP ist an der Leitung von drei
Sektorarbeitsgruppen beteiligt.
Wichtigste Herausforderungen
 Stärkung des institutionellen Rahmens: Ruandas Verwaltungskapazitäten im öffentlichen
Sektor sind schwach. Qualifiziertes Personal steht nur begrenzt zur Verfügung, und damit
einher geht ein hohe Mitarbeiterfluktuation. Angesichts der laufenden Reform zur
Dezentralisierung stellt der Ausbau der nationalen Kapazitäten für das effektive
Management der Ressourcen und der Entwicklungsagenda des Landes eine der
Hauptaufgaben für die Regierung dar.
 Hilfen müssen besser auf die nationalen Prioritäten abgestimmt und besser vorhersehbar,
koordinierter und straffer organisiert sein.
 Die Entschuldungsinitiative für hochverschuldete arme Länder (HIPC) hat der Wirtschaft
Ruandas neue Beschränkungen auferlegt und damit ihre Möglichkeit, neue Schulden
Quelle: UNDP Brüssel auf der Grundlage von „Turning Vision 2020 into reality: from recovery to sustainable
human development“, National Human Development Report (Nationaler Bericht zur menschlichen Entwicklung)
2007.
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aufzunehmen,
begrenzt.
Beim
derzeitigen
Exportumfang
sind
die
Finanzierungsmöglichkeiten Ruandas durch Neuverschuldung auf 205 Mio. USD begrenzt.
Stärkung der demokratischen Regierungsführung und der staatlichen Aufsichtsbehörden,
einschließlich Organisationen der Zivilgesellschaft und Medien.

Wichtigste Stärken und Chancen
 Frieden und politische Stabilität
 Sehr geringes Maß an Korruption
 Engagement von Regierung und Investoren für die Marktwirtschaft
 Ökotourismus
 Präferenzzugang zu verschiedenen Industrieländern
 Schneller Aufbau einer IKT-Infrastruktur und die Bereitschaft, in Ruanda eine IKT-basierte
Volkswirtschaft zu entwickeln
 Beteiligung an der regionalen Integration im Rahmen der Ostafrikanischen Gemeinschaft
(EAC)
Wichtigste Schwächen
 Lage als Binnenland mit hohen Energie- und Transportkosten
 Niedriges Qualifikationsniveau der Menschen, verschlimmert durch die Folgen des Krieges
und des Völkermords
 Unzureichende Infrastruktur
 Regionale Instabilität
6.4.
6.4.1.
MDG-Profil
Fortschritte im Hinblick auf die Millenium-Entwicklungsziele (MDG)19:
MillenniumsZiel
Entwicklungsziel
1. Beseitigung
extremer Armut und
des Hungers
Wird das Ziel Grad der nationalen
erreicht?
Unterstützung
1. Halbierung des Anteils der Menschen, die in Unwahrscheinlich
extremer Armut leben, von 1990 bis 2015
Ausreichend
2. Halbierung des Anteils der Menschen, die Unwahrscheinlich
Hunger leiden, bis 2015
Schwach
2. Sicherstellung
allgemeiner
Primarschulbildung
3. Sicherstellung, dass bis 2015 alle Jungen und Wahrscheinlich
Mädchen eine Primarschulbildung vollständig
abschließen können
Stark
3. Förderung der
Gleichberechtigung
der Geschlechter und
Stärkung der Rolle der
Frau in allen
Bereichen
4. Beseitigung des Geschlechtergefälles in der Wahrscheinlich
Primar- und Sekundarschulbildung bis 2005 und auf
allen Bildungsebenen bis 2015
Stark
4. Senkung der
Kindersterblichkeit
5. Reduzierung der Sterblichkeitsrate von Kindern Unwahrscheinlich
unter 5 Jahren von 1990 bis 2015 um zwei Drittel
Schwach
19
Quelle: MDG Progress Report, 2003.
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5. Verbesserung der
Gesundheit von
Müttern
6. Senkung der Müttersterblichkeitsrate von 1990 Unwahrscheinlich
bis 2015 um drei Viertel
Schwach
6. Bekämpfung von
HIV/Aids, Malaria und
anderen Krankheiten
7. Ausbreitung von HIV/Aids bis 2015 zum Eventuell
Stillstand bringen und allmähliche Umkehrung
Stark
8. Ausbreitung von Malaria und anderen schweren Eventuell
Krankheiten bis 2015 zum Stillstand bringen
Ausreichend
9. Einbeziehung der Grundsätze der nachhaltigen Unwahrscheinlich
Entwicklung in die Politik und Programme des
Landes und Beseitigung des Verlustes von
Umweltressourcen
Schwach, aber ansteigend
10a. Halbierung des Anteils der Menschen bis Wahrscheinlich
2015, die keinen nachhaltigen Zugang zu sauberem
Trinkwasser haben
Schwach, aber ansteigend
10b. Halbierung des Anteils der Menschen bis Unwahrscheinlich
2015, die keinen nachhaltigen Zugang zu
grundlegender sanitärer Versorgung haben
Schwach, aber ansteigend
11. Erhebliche Verbesserung bis 2020 bei der Eventuell
Wohnungssituation für alle Ruander
Schwach, aber ansteigend
7. Sicherung
ökologischer
Nachhaltigkeit
Zusammenfassung: Erfüllung der Millenniums-Entwicklungsziele
Basierend auf aktuellen Tendenzen:

Ruanda wird vermutlich nur die MDG der allgemeinen Primarschulbildung und der
Gleichberechtigung der Geschlechter erfüllen, und dies auch nur bei anhaltenden Bemühungen.
 Ruanda könnte die MDG bei HIV/Aids und Malaria eventuell erfüllen, aber es bedarf weitaus
größerer Anstrengungen, vor allem zur Bekämpfung der Malaria und anderer schwerer Krankheiten.
 Ruanda wird die anderen MDG bei Armut und Hunger sowie bei der Mütter- und Kindersterblichkeit
wahrscheinlich nicht erfüllen.
6.4.2.
MDG-Bericht 200720
Ruanda erarbeitet gegenwärtig gemeinsam mit dem UNDP und seinem nationalen Amt für
Statistik (NISR) seinen zweiten MDG-Bericht. Den bis jetzt vorliegenden Erkenntnissen zufolge
dürfte Ruanda bei einer Reihe von MDG-Zielen spürbar vorankommen, bei anderen hingegen
hinterherhinken. Bei der Vertretung der Frauen im Parlament, der allgemeinen
Primarschulbildung, Malaria und der Erwachsenenalphabetisierung liegt das Land im Zeitplan.
Seine Bemühungen verstärken muss es jedoch bei der Lösung der Problemen in den Bereichen
der Säuglingssterblichkeit und der Armut.
Der MDG-Bericht 2007 wird mit der nationalen Entwicklungsstrategie Ruandas „Vision 2020“
und dem Strategiepapier für wirtschaftliche Entwicklung und Armutsbekämpfung verknüpft
werden, der nationalen Strategie für die Bekämpfung der Armut, die im Verlauf der nächsten
fünf Jahre umgesetzt werden wird.
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Quelle: UNDP, Büro Brüssel.
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7. BEZIEHUNGEN ZUR EUROPÄISCHEN UNION
Die Zusammenarbeit der Gemeinschaft mit Ruanda begann mit dem ersten Europäischen
Entwicklungsfonds und dem Abkommen von Yaoundé I. Anfangs standen die Entwicklung des
ländlichen Raums (Lebensmittelstrategie, Entwicklung hochwertiger Exportkulturen, soziale
Infrastrukturen) und das Transportwesen im Mittelpunkt. Besondere Aufmerksamkeit wurde
Netzen gewidmet, die isolierte Provinzen mit den beiden großen Straßen des Landes, dem Nordund dem Zentralkorridor, verbinden.
Im Rahmen von Lomé IV (Teil I und II) erhielt Ruanda Zuschüsse in Höhe von 118 Mio. EUR
als programmierbare Mittel. Darüber hinaus wurden durch eine Intervention der Europäischen
Investitionsbank 14 Mio. EUR in Form von Risikokapital bereitgestellt. Andere Bereiche, die
vom Nationalen Richtprogramm von Lomé IV erfasst wurden, waren der Kampf gegen Aids,
die Unterstützung für die Dezentralisierung, die Förderung von KMU, Mikroprojekte und der
Umweltschutz.
Nach der Aussetzung der Zusammenarbeit mit Ruanda im Jahre 1994 nahm die EU die
wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ruanda im Jahre 2000 in vollem Umfang wieder auf.
Nach den Ereignissen von 1994 wurden ausstehende Summen aus dem NRP und dem
STABEX-Fonds sowie Gegenwertmittel (insgesamt 67 Mio. EUR) für die erste Etappe der
Wiederaufbauprogramme verwendet. Daran schloss sich ein zweites Wiederaufbauprogramm
(56 Mio. EUR) an. Die Konflikte und die daraus erwachsenden Probleme erklären den Umfang
der humanitären Hilfe, die für die 2,2 Millionen Flüchtlinge und 400 000 Vertriebenen in
Ruanda vorgesehen ist (512 Mio. EUR im Zeitraum 1993-1996 und 101,5 Mio. EUR an
Lebensmittelhilfe). Weitere Mittel wurden auch für internationale Organisationen und NRO
bereitgestellt, die Menschenrechtsprojekte, den Wiederaufbau und die Versorgungssicherheit bei
Lebensmitteln unterstützen.
Beim 6. bis 8. EEF (mit einem Wert von etwa 338 Mio. EUR) standen Projekte in den
Bereichen Infrastruktur, administrative Unterstützung, verantwortungsbewusstes Regieren und
Stärkung des Justizsystems im Vordergrund. Die Programmplanung für den 9. EEF war im
November 2002 abgeschlossen. Mit dem 9. EEF werden 166 Mio. EUR für die Entwicklung des
ländlichen Sektors, makroökonomische Hilfe, Aufbau von Kapazitäten, regionale Integration,
Unterstützung für die Zivilgesellschaft sowie für die Wiedereingliederung und Demobilisierung
ehemaliger Soldaten zur Verfügung gestellt. Das Nationale Richtprogramm des 9. EEF wurde
am 18. März 2003 vom Leiter der Delegation der Europäischen Kommission in Ruanda und
dem ruandischen Finanzminister unterzeichnet.
Der 10. EEF befindet sich in Vorbereitung.
Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
Ruanda verhandelt über das WPA mit den Ländern des östlichen und südlichen Afrikas, wobei
der Zeitplan offenbar nicht eingehalten wird. Auf dem Ministertreffen im Februar 2007
erinnerten die Parteien daran, dass der 10. EEF und zusätzliche Mittel von den EUMitgliedstaaten und möglicherweise weiteren Gebern für „WPA-Erfordernisse“ bereitstünden.
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Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten haben sich bereits verpflichtet, bis 2010 für alle
Entwicklungsländer 2 Mrd. EUR pro Jahr als Handelshilfe zur Verfügung zu stellen. Die
Minister betonten, dass der Zugang zum Gemeinschaftsmarkt einen uneingeschränkten
zollfreien Zugang für Waren aus der Region des östlichen und südlichen Afrikas ermöglichen
müsse. Sie wiesen darauf hin, dass Flexibilität und Asymmetrie integriert sein müssten.
7.1.
Die Zusammenarbeit von EU und UNO in Ruanda21
Im Jahre 2006 unterstützten die Kommission und die UNO gemeinsam und in Partnerschaft mit
der Nationalen Universität von Ruanda den Aufbau des ersten Hochschul-Radiosenders (Radio
Salus). Nach nicht einmal einem Jahr Betrieb lag Radio Salus schon auf Platz drei der
beliebtesten Radiosender des Landes mit einer Reichweite von 70 % sowohl der Bevölkerung
als auch des Territoriums von Ruanda.
Mit Unterstützung der Gemeinschaft fördert die UNO auch das Ministerium für Finanzen und
Wirtschaftsplanung Ruandas mittels technischer Hilfe bei der Reformierung von dessen
Haushalt, der Konzipierung einer nationalen Schuldenpolitik und einer Strategie für
wirtschaftliche Entwicklung und Armutsbekämpfung und unterstützte auch das
makroökonomische, vier Sektoren umfassende Modell. Außerdem wurde eine Prüfung der
Staatsausgaben durchgeführt.
21
Quelle: UNDP, Brüssel.
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Karte von Ruanda
Wichtigste Quellen
UNDP – Büro Brüssel
Economist Intelligence Unit - Länderberichte und –profile
IRIN-Nachrichtenportal: www.irinnews.org
BBC: www.news.bbc.co.uk
All Africa: www.allafrica.com
Human Rights Watch World Report 2007, Rwanda: www.hr.org
Amnesty International Länderbericht 2007, Ruanda: www.amnesty.org
Regierung der Republik Ruanda: www.acp-eu.gov.rw
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