Ruanda EINLEITUNG Ruanda (Rwanda), Republik im Osten Zentralafrikas, grenzt im Norden an Uganda, im Osten an Tansania, im Süden an Burundi sowie im Westen an den Kivusee und an die Demokratische Republik Kongo. Die Landesfläche beträgt 26 338 Quadratkilometer. PHYSISCHE GEOGRAPHIE Die Zentralregion Ruandas wird von einer hügeligen Hochebene mit einer durchschnittlichen Höhe von 1 700 Metern dominiert. Gegen Osten, in Richtung Tansania, flacht das Land zum höheren Kagera River hin ab; dort befindet sich eine Kette von versumpften Seen. Auf der westlichen Seite der Hochebene liegt ein Gebirgszug, der sich bis auf circa 2 740 Meter erhebt und die Wasserscheide zwischen dem Nil und dem Kongo bildet. Die nördlichen Ausläufer dieses Gebirges enthalten die Virungavulkane mit dem höchsten Berg des Landes, dem Karisimbi (4 507 Meter). Im Westen fallen diese Erhebungen zum Kivusee hin auf 1 460 Meter ab. Klima Im Januar herrscht eine kurze Trockenperiode. Die Hauptregenzeit dauert von Februar bis Ende Mai. Die Zeit von Mai bis Ende September ist wieder von einer Trockenheit geprägt. Die durchschnittlichen Tagestemperaturen liegen bei 22,8 °C. Das Land hat mit der Bodenerosion und gelegentlichen Dürreperioden zu kämpfen. Daraus resultierende Hungersnöte haben zu einer weitgehenden Abhängigkeit von Entwicklungshilfegeldern, vor allem aus Belgien, geführt. Flora und Fauna Tropische Regenwälder, die einmal große Flächen Ruandas bedeckten, konzentrieren sich heute auf die westlichen Gebirgslandschaften und die Landschaft um den Kivusee. Insgesamt sind 12,5 Prozent (2000) der Staatsfläche bewaldet. Die ebenfalls im Westen verbreiteten Feuchtsavannen gehen im Osten in Trockensavanne über. In höheren Lagen wächst Bambus. Die Vegetation im Bereich der Feuchtgebiete des Kagera River wird von Papyrus dominiert. In Ruanda sind 13,8 Prozent (2000) der Gesamtfläche als Naturschutzgebiete ausgewiesen. In Ruanda wurden 750 Vogelarten nachgewiesen, u. a. Schuhschnabel, Heiliger Ibis, Marabu, Frankolinhühner, Honiganzeiger, Nektarvögel, Spinte (Verwandte des Bienenfressers), Nachtschwalben, Segler, Kuckucke, Papageien (u. a. Graupapagei, Kongopapagei), Eulen (u. a. Fleckenuhu, Bindenfischeule) und Greifvögel (u. a. Gaukler, Fledermausaar, Schlangenadler, Palmgeier). Hier leben noch wenige Hundert der akut bedrohten Berggorillas. Zu den weiteren größeren Säugetieren gehören Meerkatzen, Löwen, Leoparden, Servale, Hyänen, Zebras, Büffel, Elefanten, Flusspferde und Impalas. BEVÖLKERUNG 94 Prozent der Ruander leben auf dem Land (2002). Die Bevölkerung setzt sich aus drei ethnischen Gruppen zusammen: den Hutu (ca. 90 Prozent, eine Bantu sprechende Gruppe), den Tutsi (meist Rinderzüchter, 9 Prozent) und den Twa-Pygmäen (1 Prozent, wahrscheinlich die Ureinwohner des Landes). Die Amtssprachen sind Kinyarwanda, eine Bantusprache, Französisch und Englisch. Als Verkehrssprache dient Swahili. Etwa 65 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum römischkatholischen und ungefähr 9 Prozent zum protestantischen Glauben. Rund 17 Prozent der Einwohner sind Anhänger traditioneller afrikanischer, meist animistischer, religiöser Vorstellungen. Weitere 9 Prozent bekennen sich zum Islam. Ruanda hat etwa 7,95 Millionen Einwohner (2004); es ist mit 319 Einwohnern pro Quadratkilometer eines der am dichtesten besiedelten Länder Afrikas. Die beiden wichtigsten Städte sind die Hauptstadt Kigali mit 369 000 Einwohnern und Butare mit 43 000 Einwohnern. Die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer beträgt 38,4 Jahre, für Frauen liegt sie bei 40 Jahren (2004). Der Alphabetisierungsgrad liegt bei 71,5 Prozent (Frauen 66,1 Prozent, Männer 77,1 Prozent). Das Schulsystem ist zweistufig in Primar- und Sekundarschule gegliedert. Die Einschulungsquote liegt offiziell bei 80 Prozent, die Sekundarschule wird jedoch nur noch von 15 Prozent der Jugendlichen besucht. GESCHICHTE Die Twa gelten als die ersten Einwohner Ruandas. Die Tutsi kamen im 15. Jahrhundert aus dem Norden und eroberten das Gebiet, in dem sich die Hutu, die vermutlich aus dem Kongobecken stammten, inzwischen fest niedergelassen hatten. Unter der von den aristokratischen Tutsi errichteten Lehnsherrschaft gehörten die Hutu der Kaste der Leibeigenen an und gerieten in wirtschaftliche Abhängigkeit. Das Kastensystem wurde streng aufrechterhalten, es gab kaum Mischehen. 1899 wurden Ruanda und Burundi (das damalige Urundi) an Deutsch-Ostafrika angegliedert. Die einheimischen Herrscher unterhielten gute Beziehungen zu den Deutschen und später zu den Belgiern, die das Land während des 1. Weltkrieges (1914-1918) besetzten. Nach dem 2. Weltkrieg (1939-1945) wurde das Land zum Treuhandgebiet der UN (United Nations: Vereinte Nationen). Zu dieser Zeit verstärkten sich die Proteste der Hutu gegen ihre politische und soziale Unterdrückung in Ruanda. 1959 kam es zwischen den Tutsi und den Hutu zu gewalttätigen Ausschreitungen, im folgenden Jahr musste der Tutsi-König außer Landes fliehen. Daraufhin emigrierten 200 000 Tutsi. Im Januar 1961 kam es zur Gründung einer Republik. Auf Drängen der UN akzeptierte Belgien 1962 die Unabhängigkeit Ruandas. 1963 drang eine Tutsi-Rebellenarmee aus dem Exil nach Ruanda ein. Der Versuch der Machtübernahme scheiterte, die Hutu richteten ein Massaker unter den Tutsi an. Es folgte eine Periode mit zahlreichen Unruhen. Zur gleichen Zeit flüchteten Tausende von unterdrückten Hutu aus Burundi nach Ruanda. 1990 entsandten Belgien und einige Staaten Zentralafrikas Truppen nach Ruanda, die einen Aufstand der Tutsi, die von Uganda aus in das Land einfielen, niederwerfen sollten. Im April 1994, kurz nach der Beendigung der Friedensgespräche mit der von den Tutsi unterstützten Patriotischen Front Ruandas (RPF), kam Präsident Habyarimana zusammen mit dem Präsidenten von Burundi bei einem Flugzeugabsturz, dessen Ursache ungeklärt ist, ums Leben. Binnen weniger Wochen töteten daraudhin in einer beispiellosen Welle der Gewalt Angehörige der regierenden Bevölkerungsgruppe der Hutu schätzungsweise 800 000 Tutsi und gemäßigte Hutu. Frankreich entsandte im Juni Truppen nach Ruanda, die im südwestlichen Teil des Landes eine Schutzzone schufen. Doch die Versuche, einen Waffenstillstand herbeizuführen, scheiterten, und die Truppen der RPF begannen, das Land unter ihre Kontrolle zu bringen. Nachdem die Truppen der RPF die Hauptstadt Kigali eingenommen hatten, begannen sie mit der Vertreibung der Armee Ruandas und der Hutu-Zivilisten. Bis Mitte Juli flüchteten schätzungsweise 1,2 Millionen Ruander vor den vorrückenden Truppen der RPF über die Grenze nach Zaire und schufen riesige Flüchtlingslager um die Stadt Goma. Vor dem Bürgerkrieg hatte Ruanda über 8,1 Millionen Einwohner; Schätzungen zufolge war bis Anfang August 1994 ein Viertel der Bevölkerung im Krieg ums Leben gekommen oder aus dem Land geflohen. Im Juni 1996 verließen die letzten UN-Soldaten das Land. 1996/97 kehrten rund 900 000 Flüchtlinge aus der Demokratischen Republik Kongo und aus Tansania nach Ruanda zurück. Microsoft ® Encarta ® Enzyklopädie Professional 2005. © 1993-2004 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten. BÜRGERKRIEGE MORDEN OHNE REGELN Ein „echter” Krieg wird zwischen den Streitkräften von zwei oder mehr Staaten ausgefochten und unterliegt bestimmten Regeln und Gesetzen. Ein Bürgerkrieg dagegen ist eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Gruppen von Menschen innerhalb eines Staates oder eines gemeinsamen Gebietes. Bürgerkriege gehorchen keinen Regeln und keinem Kriegsrecht. Sie werden deshalb meist mit äußerster Brutalität und Heimtücke geführt. Mehr noch als bei Kriegen zwischen verschiedenen Staaten sind die Hauptleidtragenden in Bürgerkriegen unschuldige Zivilisten – all jene also, die an den Kämpfen gar nicht beteiligt sind. UNRUHEHERD DRITTE WELT Auf der Erde gibt es mindestens 50 Gebiete, in denen regelmäßig Bürgerkriege oder bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen. Die Mehrzahl dieser Gebiete liegt in der so genannten Dritten Welt, also in Entwicklungsländern Afrikas, Asiens und Südamerikas. Allein im Jahr 2002 gab es in der Dritten Welt 27 Kriege, in denen eine oder mehrere Rebellengruppen gegen ihre jeweiligen Regierungen kämpften. Meistens ging es dabei um den Sturz der bestehenden Regierung. KINDER IM BÜRGERKRIEG So kommt es, dass heute ungefähr 30 Millionen Kinder in Kriegsgebieten leben. Schätzungsweise zwei Millionen Kinder kamen in den letzten zehn Jahren in Bürgerkriegen zu Tode. Und mindestens sechs Millionen erlitten schwerste Verletzungen. Unbekannt ist die Zahl derer, die ihr Leben lang unter den schlimmen Erlebnissen und der Angst leiden, die sie im Krieg erfahren mussten. So wie die kleine Marie-Grace aus dem afrikanischen Land Ruanda. Ihr Pech war, dass sie zu den Tutsi gehörte, als Soldaten der Hutu ihr Dorf überfielen. Seit ihr Land 1962 unabhängig wurde, ringen diese beiden Stämme, die Tutsi und die Hutu, in einem grausamen Bürgerkrieg um die Vorherrschaft. Marie-Grace erinnert sich: „Sie befahlen, uns draußen vor die Tür zu legen. Dann haben sie geschossen. Ich lag neben meiner Mutter, und durch Zufall hat mich keine Kugel getroffen. Aber meine Mutter starb sofort. Und auch meine Schwester wurde getroffen. Ich bat sie, ruhig zu sein, damit die Soldaten nicht auf uns aufmerksam wurden. Dann ist sie gestorben. Ein Bruder von mir sprang auf und wollte davonlaufen. Er wurde ein paar Meter entfernt getötet. Einige unserer Hutu-Nachbarn aus dem Dorf verhalfen uns Überlebenden später zu Flucht. Nach drei Tagen habe ich erfahren, wie mein Vater und einer meiner Brüder in einer Kapelle gefoltert und getötet worden sind. Ich war so traurig, dass ich nicht mehr leben wollte …” Flüchtlingslager in Ruanda In dem afrikanischen Staat Ruanda streiten sich die Volksgruppen der Hutu und der Tutsi seit nunmehr über vier Jahrzehnten um die Macht. 1994 schlugen die Auseinandersetzungen in ein grausames Morden um: Innerhalb weniger Wochen wurden schätzungsweise 800 000 Menschen getötet. Dieses Massaker löste eine Massenflucht aus, eine der größten, die Afrika je erlebt hat. Hier siehst du eines der vielen Lager, in denen die Flüchtlinge notdürftig Schutz und Unterkunft fanden. Microsoft ® Encarta ® Enzyklopädie Professional 2005. http://www.kindernetz.de/thema/afrika/index.html Unterwegs in Afrika - Der bunte Kontinent Web-Reporter Ludger Schadomsky ist in zwei Monate durch Afrika gereist. Seine Erlebnisse hat er in seinem Reise-Tagebuch festgehalten. Eines ist Ludger dabei besonders aufgefallen - Afrika ist ein Kontinent der Gegensätze: Afrika hat wunderschöne Nationalparks mit vielen Tieren, aber auch große Wüstengebiete, in denen es kaum Leben gibt. In den Städten gibt es große Universitäten und teure Geschäfte. In den Armenvierteln leben die Kinder oft auf der Straße. Jedes der 52 Länder in Afrika hat eine faszinierende Kultur. Aber einige Länder sind durch Bürgerkriege zerstört. In Ruanda besucht Ludger ein Waisenhaus. Dort erzählt ihm Denise vom Bürgerkrieg 1994 und vom Leben heute: Beobachtet man die Kinder bei ihrem ausgelassenen Spiel - die Sieger schlagen Purzelbäume, dass einem Angst und Bange wird dann kann man sich kaum vorstellen, was hier im April 1994 passierte: Damals wurden in diesem Viertel von Ruandas Hauptstadt Kigali Menschen getötetet, nur weil die einer bestimmten ethnischen Gruppe angehörten. In Ruanda gibt es zwei große solcher Gruppen - Hutu und Tutsi. Die einen sind eher klein gewachsen, die anderen groß und schlank. Früher einmal hatten die Hutu das Sagen in Ruanda. Doch die Europäer, die Ruanda besiedelten, bevorzugten die groß gewachsenen Tutsi. Die Hutu wollten die Macht zurück und heckten einen gemeinen Plan aus: Alle Tutsi sollten getötet werden! Anfang April 1994 begannen sie den Plan in die Tat umzusetzten und töteten 800.000 Tutsi und solche Hutu, die beim Völkermord nicht mitmachen wollten. Denise war damals 6 Jahre alt: Noch klein, aber nicht zu klein, um sich nicht an die Angst ihrer Mutter und Großmutter zu erinnern, immer wenn es an die Tür klopfte. Ganz in der Nähe gab es einen Brunnen und die kleine Denise musste mit ansehen, wie Menschen getötet und in den Schacht geworfen wurden – nur weil sie Tutsi waren. „Aber der liebe Gott hat mich beschützt, und deshalb habe ich überlebt“, sagt Denise mit leiser Stimme. Heute lebt sie mit 170 anderen Kindern im Waisenhaus. Wie leben die Kinder von Ruanda heute, fast 10 Jahre nach den schrecklichen Ereignissen von 1994, will ich von Denise wissen. Unterscheiden Sie beim Spielen nach Hutu und Tutsi? "Nein", sagt Denise bestimmt, und schüttelt den Kopf. "Wenn wir hier spielen, dann gibt es keine Hutu oder Tutsi. Dann sind wir einfach Kinder, die spielen". Und sie fügt hinzu: "Wir wollen nicht länger die Unterschiede betonen. Wir wissen doch, was das 1994 angerichtet hat".