PRESSEBERICHT / Coesfeld, 29. April 2013 Netzwerk Culinaria: Cook & Chill als sinnvolle Ergänzung GESUNDER MIX DER SYSTEME Cook & Chill oder Cook & Serve? Das ist für viele Küchenmanager heute die falsche Frage. Denn auch in Großgastronomien setzt sich immer öfter die Überzeugung durch: Jedes System hat seine Vorteile, und sie können gleichzeitig genutzt werden. Auch einige Studentenwerke erproben diesen Weg, zeigte eine Adhoc-Umfrage bei Teilnehmern des jüngsten Praxisworkshops Cook & Chill von Netzwerk Culinaria. Cook & Chill nur für die grüne Wiese? „Das ist ein hartnäckiges Fehlurteil und verkennt völlig die Vorzüge und Einsatzmöglichkeiten des Systems,“ betont Thomas B. Hertach, Leiter Netzwerk Culinaria. „Natürlich sprechen manche harten Fakten für eine große Küche, die nahezu ausschließlich nach dem Cook & Chill-System funktioniert,“ so der Anwendungsberater von Hupfer weiter. „Durch eine verbesserte Technikausnutzung lassen sich bis zu 50 % beim thermischen Gerätepark einsparen. Und die Produktion lässt sich bei gleichem Personalbestand in etwa verdoppeln.“ Zwei grobe Faustwerte, bei denen Kostenverantwortliche von Profiküchen leuchtende Augen bekommen. „Aber wir plädieren nicht für eine Vollumstellung, sondern ein Mischsystem, so wie es schon heute viele gut geführte Restaurants oder innovativ-moderne Betriebsgastronomien umsetzen. Denn das ermöglicht eine TopSpeisenqualität auf den Punkt und sorgt für viel Flexibilität, mehr Frische und mehr Ruhe in den Küchen.“ Seite 1 / 9 PRESSEBERICHT / Coesfeld, 29. April 2013 Das bestätigt auch Peter Gemüth, Casinochef der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe und erneuter Gastgeber des Netzwerk Culinaria-Seminars: „Eine Mischküche mit mehreren Produktionssystemen nebeneinander ist zwar eine Herausforderung für jeden Küchenchef und das gesamte Personal.“ Aber richtig eingesetzt führe es zu mehr Genuss und mehr Wirtschaftlichkeit. Der Küchenmeister setzt in seiner Betriebsgastronomie alle Verfahren ein: Cook & Serve, Cook & Chill, Sous Vide und Cook & Freeze. „Für die Einführung von Cook & Chill neben Cook & Serve benötigt man rund 1,5 bis 2 Jahre,“ so seine Einschätzung. Pluspunkt: Hygienesicherheit und Wirtschaftlichkeit Sind Prozessstandards wie eine lückenlose Kühlkette (s. Checkliste) umgesetzt, ist die hygienische Qualität von Cook & Chill-Gerichten ungleich höher als die bei Cook & Hold. Ein Beispiel: „Durch das schnelle Herabkühlen der Speisen liegt der Keimgehalt auch nach Tagen im nicht-kritischen Bereich von unter 500.000 Keimen je Gramm Lebensmittel,“ erläutert Hertach. Zum Vergleich: Wird Essen warmgehalten, kann diese kritische Keimzahlgrenze schon nach zwei Stunden überschritten sein. Zulässig sind aber nach DIN gar drei Stunden Warmhaltezeit für nahezu alle Speisen – eine Zeitspanne, die längst nicht alle packen, wie Studien aus der Schulverpflegung belegen. Die systembedingten Vorteile einer zeitverschobenen Produktion wie bei Cook & Chill lassen sich hervorragend durch zwei Garverfahren unterstützen: Delta-T-Garen und Nachtgaren. Noch zählen beide Anwendungen zum eher selteneren Küchenrepertoire. Dazu Netzwerk-Experte Dirk Hanisch von MKN: „Traditionell arbeitende Seite 2 / 9 PRESSEBERICHT / Coesfeld, 29. April 2013 Küchen nutzen die Gargeräte wie Braisieren oder Combidämpfer oft maximal drei bis vier Stunden. Das ist nicht profitabel und lässt sich durch eine höhere Geräteauslastung von im Schnitt deutlich unter 40 Prozent auf über 70 % optimieren.“ Zudem führen die reduzierten Gartemperaturen bei beiden Verfahren zu sensorisch deutlich besseren Ergebnissen und verringern die Garverluste um bis zu 20 % (s. a. Interview). Black Box „Schnellkühlen“ Vor dem Einstieg in Cook & Chill fehlt es in den meisten Küchen an zwei Dingen: an Know-How – und an einem Schnellkühler. Dieses Gerät verlangt daher zunächst die meiste technische Übung. „Für den Start sind vor allem zwei Dinge wichtig: Speisen müssen garheiß, also sofort nach dem Kochen in den Schnellkühler,“ erläutert Carsten Hülsmann, bei Netzwerk Culinaria als Gastreferent von Irinox dabei. „Ansonsten verdampft zu viel Feuchtigkeit, was zu einem spürbaren Qualitätsverlust führt.“ Außerdem kommt es auf korrekte Abkühlzeiten an, die ein Anfrieren sowie ein Austrocknen der Speisen verhindern. Zumindest für den Anfang empfiehlt Hülsmann wie beim Heißluftdämpfer auch mit dem Kerntemperaturfühler zu arbeiten. „Optimale Abkühlergebnisse erzielen wir mit GN-Schalen mit 65 mm Höhe und eine maximale Füllhöhe, bei der sich die Speisen gut transportieren lassen.“ Prinzipiell eignen sich Geräte, die eine Mischbeschickung ermöglichen, besser. „Das spiegelt ja auch die Produktionsweise einer Küche besser wider, die selten in großen Mono-Chargen produziert,“ ergänzt Peter Gemüth. Seite 3 / 9 PRESSEBERICHT / Coesfeld, 29. April 2013 Studentenwerke: Cook & Chill für Satellitenküchen und Veranstaltungen Seminargast bei Netzwerk Culinaria war auch Michael Thess, Küchenleiter beim Studentenwerk Aachen: „In unserer neuen Mensa in Aachen, die im Herbst eröffnet, planen wir Teilproduktionen mit Cook & Chill. Neben der Qualitätssteigerung versprechen wir uns dabei mehr Planungssicherheit. Das, was morgen auf dem Speisenplan steht, ist frisch und fertig, und plötzliche Lieferantenausfälle belasten uns nicht.“ Mit seinem Team testet er seit gut einem Jahr Rezepturen auf Cook & Chill. Gestartet wird mit Komponenten wie Gulasch, das in die Satellitenküchen geliefert wird, wo die Küchen ihre Beilagen nach Bedarf selbst produzieren. „Zur Eröffnung der Mensa rechnen wir mit 5.000 Essen, später dann bis zu 10.000 pro Tag.“ Der doppelte Abiturjahrgang in NRW, aber auch das Erschließen neuer Kundengruppen stecken hinter den Erwartungen. „Das System bietet eine super Chance für uns, den üblichen Stress aus dem Küchenalltag herauszubekommen. Wir planen zwar in etwa das doppelte an Essen, aber das Personal steigern wir nicht um 100 Prozent, vielleicht um 25 Prozent.“ Und das, obwohl weitere Services zusätzlich zum bisherigen Free Flow und der Cafeteria künftig geboten werden, etwa eine Burgerbar und einen großen Marktplatz. Das Seminar in Kürze Im jüngsten Praxisworkshop Cook & Chill von Netzwerk Culinaria informierten sich 15 Köche, Küchenleiter und Geschäftsführer aus Studentenwerken, Kliniken und Catering-Unternehmen zum State of the Art bei Cook & Chill und Sous Vide. Die Teilnehmer kochten, Seite 4 / 9 PRESSEBERICHT / Coesfeld, 29. April 2013 kühlten und regenerierten unterschiedliche Komponenten für das Mittagessen, Snacks für die Aktionstheke, dazu Canapées. Zum Zuge kamen dabei folgende Verfahren: Delta-T-Garen, Nachtgaren im Heißluftdämpfer und in der Braisiere, Vakuumieren, Garen unter Vakuum im Wasserbad, Grillen und Garen mit Kochpergament, Schnellkühlen, Schockfrosten, dazu: Nachtgaren im Schockfroster (!) mit anschließendem Abkühlen in demselben Gerät. Die Referenten stammen aus den Netzwerk-Unternehmen MKN, Meiko, Hupfer und Awenko, außerdem von Irinox. Dozent und Gastgeber wie immer bei Cook & Chill: Peter Gemüth, Casinochef der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Als Gastreferent informierte Küchenplaner Heiko Uelze über Planungsherausforderungen und wirtschaftliche Aspekte. Interview: „Cook Chill antesten“ Am Netzwerk Culinaria-Seminar nahm vom Studentenwerk EssenDuisburg auch Georg Hugenbusch teil. Er ist stellvertretender Küchenleiter der Hauptmensa in Duisburg. Wir sprachen mit ihm über seine Erfahrungen mit neuen Produktionsmethoden. Redaktion: Herr Hugenbusch, setzen Sie schon Cook & Chill ein? Georg Hugenbusch: Für das Gros unserer Speisen, insgesamt bis zu 2.200 Essen täglich, produzieren wir derzeit im Cook & Hold. Cook & Chill probieren wir noch auf kleinem Level aus, und zwar für vier Gerichte an unserer neuen rein veganen Bar. Hier verkaufen wir derzeit rund 100 Essen pro Tag. Das erste Feedback ist positiv. Heute gab es Couscous mit Gemüse und Meerrettich, gratinierten Blumenkohl mit Sauce Bechamel, Kartoffelspeisen Tex-Mex und eine Grünkern-Bolognese. Die Nudeln haben wir am Vortag im Cook & Seite 5 / 9 PRESSEBERICHT / Coesfeld, 29. April 2013 Chill-Verfahren produziert und heute nur noch durch die Pfanne gezogen. Das spart Kochzeiten an der Bar, die ja nahezu à la minute arbeiten muss. Den Blumenkohl haben wir gestern gekocht, abgeschmeckt, heruntergekühlt, kalt in eine schöne Form gepresst und heute nur noch gratiniert. Redaktion: Eine Prognose - wohin geht die Reise in Ihrer Küche mit zusätzlichen Produktionsverfahren? Georg Hugenbusch: Viele pfiffige Dinge aus dem Netzwerk Culinaria Seminar haben uns wirklich überzeugt, und das testen wir nun bei uns vor Ort aus. Arbeitsweisen, die funktionieren und bessere Ergebnisse als zuvor abliefern, werden wir über kurz oder lang umsetzen. Beispiele: Im Heißluftdämpfer haben wir gerade erstmals Schweinenackenbraten und Rinderbraten über Nacht gegart. Wir sind wirklich positiv überrascht: Die Garverluste waren deutlich verringert, das Produkt als solches top. Das Fleisch schmeckte nach Fleisch und nicht ausgelutscht. Auch an das Schockfrosten sind wir erstmals herangegangen, und zwar wie im Seminar demonstriert an die Canapées. Das klappte hervorragend und war wirklich lecker. Das können wir nun für unsere Außenveranstaltungen außerhalb der Kernzeiten vorproduzieren. Absolut innovativ fand ich das Nachtgaren im Schnellkühler mit anschließendem Abkühlen. Das Fleisch lässt sich viel besser aufschneiden als heißes Fleisch, hält den Bratensaft besser im Produkt und ist insgesamt schnittfester und stabiler. Aber dafür fehlt uns im Moment noch das passende Gerät. Herr Hugenbusch, vielen Dank für das Gespräch. Seite 6 / 9 PRESSEBERICHT / Coesfeld, 29. April 2013 Checkliste: Temperaturcheck für Cook & Chill - Welche Temperatur bei welchem Arbeitsschritt?1 Höchsttemperaturen für Lagerung von empfindlichen Lebensmitteln/Rohwaren (Beispiele) Tiefkühlkost (außer Speiseeis) -18 °C Milch verpackt 8 °C Butter, Käse: 10 °C frisches Fleisch 7 °C Hackfleisch 2 °C Kochen Durchgaren (Kerntemperatur bei Fleisch und Fisch: 70 °C für mind. 2 Min) Kommissioniertemperatur Kaltspeisen max. 7 °C Warmspeisen mind. 70 °C Schnellkühlen Innerhalb von 90 Min auf 3 °C abkühlen. Um ein Anfrieren zu vermeiden, darf in Ausnahmefällen die Gesamtrückkühlzeit auf 120 Min verlängert werden (Temperaturbereich zwischen 10 °C und 3 °C kann so langsamer durchschritten werden). Kritischer Temperaturbereich zwischen 65 °C und 10 °C ist stets innerhalb von 90 Min zu durchschreiten. Abweichend davon: Reste aus dem Cook & ServeVerfahren sind, sofern sie noch nicht an der Ausgabe Seite 7 / 9 PRESSEBERICHT / Coesfeld, 29. April 2013 waren, so abzukühlen, dass innerhalb von 120 Min der kritische Temperaturbereich durchschritten ist. Portionierung Produkttemperatur² darf 7 °C nicht überschreiten Lagerung der gekühlten Speisen maximal 3 °C bis maximal 72 h Transport zu den Ausgabestellen Produkttemperatur² bis maximal 7°C Regeneration Produkttemperatur² von mindestens 72 °C für 2 Min Ausgabetemperatur mind. 65 °C für max. 3 h _______________________________________________________ 1Quelle: Auszug aus Netzwerk Culinaria-Seminarunterlagen vom Praxisworkshop Cook & Chill 2013; Basis: DIN 10506 und DIN 10508 sowie Leitlinie „Wenn in sozialen Einrichtungen gekocht wird“ (Hrsg.: Deutscher Caritasverband e. V. und Diakonisches Werk der ev. Kirche Deutschlands). ² Produkttemperatur ist im Sinne von Kerntemperatur zu verstehen. Netzwerk Culinaria – die Adresse für erstklassige Culinaristen verbindet Köche, Ausbilder, Hersteller und Betreiber von Profiküchen und steht mit seinen Aktivitäten allen offen, die sich für mehr Qualität und Abwechslung in der Küche einsetzen möchten. Netzwerk Culinaria ist ein Zusammenschluss von Unternehmen, Verbänden und Institutionen, die gemeinsam praxisnahe, hochwertige und neutrale Fortbildungen bieten. Dazu gehören: Meiko, Hupfer, MKN, Melitta, AMT Gastroguss, Awenko, Bankettprofi, Bauscher, Carlisle FoodService, Dick, Duni, Ecolab, L. Stroetmann, ISI, Kwintet profashion, Viessmann, Deutsches Studentenwerk, Verband der Küchenleiter/innen in Krankenhäusern Seite 8 / 9 PRESSEBERICHT / Coesfeld, 29. April 2013 und Pflegeeinrichtungen e. V. (VKK) sowie WIHOGA Wirtschaftsschulen für Hotellerie und Gastronomie, Dortmund. Presse-Kontakt Netzwerk Culinaria c/o Pressebüro Dirschauer Auf der Burgstädt 10 32312 Lübbecke fon 05741 – 37 00 02 fax 05741 – 37 00 03 [email protected] Seite 9 / 9