3.2.4 Alkohol- Gebrauch, Mißbrauch und Sucht Bei der legalen Droge Alkohol ist diese Unterscheidung sehr wichtig. Schließlich konsumiert der weitaus größte Teil der Bevölkerung Alkohol, ohne Probleme mit seinem Suchtpotential zu bekommen. Alkoholgebrauch spielt sich demzufolge im Rahmen anerkannter Trinksitten ab. Dabei ist die Menge nicht ausschlaggebend. Wenn ein Arbeitnehmer auf einer Betriebsfeier zehn Bier, einige Gläser Sekt und einen Weinbrand konsumiert und dabei einen Blutalkoholspiegel von etwa 1,8 Promille erreicht, kann man hier noch von Alkoholgebrauch im Rahmen normaler Trinksitten sprechen. Dazu gehört allerdings, daß diese Person im alkoholisierten Zustand nicht mit dem Auto fährt, seinen Rausch ausschläft und niemals außerhalb der gesellschaftlich anerkannten Trinksitten die Droge Alkohol konsumiert. Im Betrieb wird dann in den nächsten Tagen möglicher Weise über ihn gelästert, er fällt aber nie mit Alkohol am Arbeitsplatz auf. Dies wird ebensowenig zum Alkolmißbrauch gerechnet, wie der Familienvater, der beim Sonntagsbraten gemeinsam mit der Ehefrau eine Flasche Wein trinkt, der junge Mann der in der Disco drei bis fünf Whisky-Cola trinkt und dann mit dem Taxi nach Hause fährt oder die Freundinnen, die sich einmal im Monat zum sonntäglichen Sektfrühstück treffen. Aus diesem Alkoholgebrauch wird dann ein Mißbrauch, wenn die genannten Personen außerhalb dieser Normen weiter trinken. Alkoholmißbrauch muß dann festgestellt werden, wenn der Alkohol außerhalb gesellschaftlicher Normen konsumiert wird, oder wenn der Gebrauch mit gesellschaftlichen Normen zusammenstößt. Ganz allgemein versteht man unter Mißbrauch den Gebrauch einer Sache in einer Weise, die vom üblichen Gebrauch oder vom ursprünglich dafür vorgesehene Zweck abweicht. Beim Alkohol orientiert man sich am „üblichen Gebrauch“. Der übliche Gebrauch beim oben erwähnten Arbeitnehmer ist, bei einer Betriebsfeier „einen über den Durst zu trinken“, mit dem Taxi nach Hause zu fahren und dort den Rausch auszuschlafen. Dann wird für einige Zeit der Alkohol gemieden. Mißbrauch tritt dann ein, wenn der Arbeitnehmer vom üblichen Gebrauch abweicht und beispielsweise während der Arbeit im Betrieb trinkt und dann mit dem Auto nach Hause fährt. Bei den Medikamenten orientieren wir uns am vorgesehenen Zweck. Wenn Drogen nicht zum vorgesehenen Zweck eingenommen werden spricht man von Medikamentenmißbrauch. Die Weltgesundheitsorganisation versteht unter Mißbrauch von Alkohol, wenn ein Mensch durch zu häufiges oder übermäßiges Alkoholtrinken eine konkret und akut nachweisbare Gesundheitsschädigung erleidet. Diese Schädigungen können körperlicher oder seelischer Art sein. Ein Rauschzustand oder ein Kater allein reichen jedoch noch nicht aus, um die Diagnose Alkoholmißbrauch zu rechtfertigen. Man kann von Alkoholmißbrauch sprechen, wenn innerhalb eines Jahres zumindest eines der folgenden Merkmale auftritt: 1. Wiederholter Alkoholkonsum führt zu einem Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen bei der Arbeit, in der Schule oder im Haushalt. Dazu gehören gehäufte Fehlzeiten im Beruf, alkoholbedingtes Schulschwänzen und Vernachlässigungen des Haushalts. 2. Durch den Alkoholkonsum entstehen wiederholt Situationen durch die sich der Trinker selbst oder seine Mitmenschen gefährdet. Dies ist bei Alkohol am Steuer oder der Bedienung von Maschinen unter Alkoholeinfluß der Fall. 3. Durch den Alkoholkonsum sind wiederholt rechtliche Probleme entstanden. Diese können durch randalieren, Diebstähle, Betrügereien und Verkehrsdelikte aufkommen. 4. Der Alkoholkonsum wird fortgesetzt obwohl sich ständig soziale und zwischenmenschliche Probleme ergeben, die durch das Trinken entstanden sind. Häufige Ehestreitigkeiten, Gewalttätigkeiten und Kindesmißhandlungen sind hierfür die äußeren Anzeichen. Wenn auch die Mißbrauchsfolgen oft dramatisch sind, so kann hier noch nicht von einer Sucht im engeren Sinne gesprochen werden. Umgangssprachlich werden aber Alkoholmißbraucher oft auch als Alkoholiker bezeichnet. Der Übergang von einem deutlichen Alkoholmißbrauch zu einer Alkoholkrankheit ist nämlich fließend. Der Mißbraucher kann aber prinzipiell noch eine Abhängigkeit vermeiden. Oftmals ist hierzu aber Hilfe von außen nötig. Hier sind in erster Linie die Beratungsstellen gefragt, die heute durch die Beratung von Verkehrteilnehmern, denen alkoholbedingt der Führerschein entzogen worden ist, vermehrt mit noch nicht süchtigen Alkoholmißbrauchern konfrontiert sind. Alkoholabhängigkeit nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation bedeutet, daß der oben beschriebene Gewohnheitstrinker seine Alkoholaufnahme willentlich nicht mehr steuern kann. Obwohl die körperlichen Folgeschäden beim Alkoholmißbraucher denen des süchtigen Alkoholikers entsprechen können, oder sie sogar manchmal noch übertreffen, ist der Mißbraucher noch in der Lage den Alkoholkonsum willensmäßig zu steuern, oder zum mäßigen Konsum zurückzukehren. Der süchtige Alkoholiker hingegen ist zu einer Rückkehr zum kontrollierten Trinken nicht mehr in der Lage. Er hat das Selbststeuerungsvermögen verloren und unterliegt dem sogenannten Kontrollverlust. Dieser Kontrollverlust macht es ihm unmöglich nach dem Konsum einer geringen Menge Alkohols mit dem Trinken aufzuhören. Er muß gleichsam bis zum Vollrauch weiter trinken. Ein anderer Typ des süchtigen Alkoholikers ist derjenige, der ständig kleine Mengen Alkohols, über den Tag verteilt, zu sich nehmen muß. Weil er dadurch immer einen bestimmten Blutalkoholspiegel einhält, den er nicht unterschreiten darf, wenn er Entzugserscheinungen vermeiden will, spricht man hier vom Spiegeltrinker. Beide Abhängigkeitstypen weisen die charakteristischen Merkmale einer Sucht auf. Beim ersten Typ, dem sogenannten Gamma-Trinker, steht der Kontrollverlust im Mittelpunkt des Geschehens. Beim zweiten Typ, dem sogenannten Delta-Trinker, sind die Entzugserscheinungen ausschlaggebend. Um von einer Alkoholabhängigkeit im engeren Sinne sprechen zu können, muß also eine dieser Symptomatiken auftreten: Kontrollverlust nach geringem Konsum der Droge und Entzugserscheinungen nach Absetzen der Droge Alkohol. Außerdem kommt der Zwang zur Dosissteigerung hinzu. Der süchtige Alkoholiker muß immer mehr trinken um den erwünschten Effekt zu erzielen.