Vortrag Rotary Club Oberer Zürichsee – Montag, 27. Oktober 2008 Seite 1 von 7 LifeDesigning: August – Oktober Vortrag von Peter Kessler, lic.oec.HSG am 27. Oktober 2008 beim Rotary Club Oberer Zürichsee Ich begrüsse Sie alle an diesem farbigen Herbsttag Die Welt ist am Beben und wir wissen nicht, was noch einstürzen wird. Hoffentlich einiges, hoffentlich nicht gerade alles. Auch GigaKrisen wie die jetzigen haben wie immer zwei Aspekte: Gefahren und Chancen. Eine Chance mag darin bestehen, dass das Schlagwort unserer Tage: VERTRAUEN – wieder in unsere Lebenswörterbücher in Fettschrift aufgenommen wird. Wobei das Wort alleine einen guten Anfang macht, Taten aber wie das berühmt Fleisch am Knochen wirken müssen. So hoffe ich Ihr Vertrauen zu haben, wenn ich mich nicht ins AlibiSpiel der Ärgernisse und Schuldzuweisung über den Finanztango begebe, sondern in meinem Thema bleibe, welches nicht im Makrosondern im Mikrolebensbereich angesiedelt ist. Also surfe ich nun nicht im gesellschaftspolitischen Bereich sondern mehr auf der Basis des Individuellen. Ganz im Sinne der Annahme, dass etwas Wahres an der berühmten Aussage von Margaret Mead ist, die besagt: "Never doubt that a small group of committed people can change the world. Indeed, it's the only thing that ever has". (Zu Deutsch: Zweifle niemals daran, dass eine kleine Gruppe von engagierten Leuten die Welt verändern kann. In der Tat, es ist der einzige Weg, auf welchem dies je erwirkt wurde). Und wenn wir's noch von einem Hiesigen hören wollen, dann zitiere ich Felix E. Müller aus der NZZ am Sonntag vom 12. Oktober 2008. "…..Nur die Initiative des Einzelnen, nur die individuelle Leistungsbereitschaft, nur individuelle Tugenden der Bescheidendheit und der Mässigung werden die Wirtschaft wieder voranbringen und aus der jetzigen Krise führen…." Man könnte wohl sagen: …die Wirtschaft und die Gesellschaf voranbringen, nicht wahr! Erwähnen tut Müller also: - Initiative des Einzelnen Individuelle Leistungsbereitschaft Individuelle Tugenden !!! Vortrag Rotary Club Oberer Zürichsee – Montag, 27. Oktober 2008 Seite 2 von 7 Wunderbar: ganz alte Begriffe kommen neu auf den Markt. Tugenden. Werte. Es bahnt sich vielleicht doch auch Erfreuliches an. Und um diesem zum Durchbruch zu verhelfen, kann eben nur auf individueller Ebene eine gesunde Basis zur Verfügung gestellt werden. Mit positivem LifeDesigning. Was uns zur Lebensgestaltung – zum LifeDesigning - irgendwo im 3. Lebensquartal, eben August – Oktober bringt. Das wird für die noch am Rotieren Seienden unter Ihnen etwas anders aussehen, als für diejenigen, welche – nicht nach kalendarischem, sondern nach gefühltem Alter - nicht mehr so am Rotieren sind. Die Augustler sind möglicherweise konfrontiert mit Jobverlust-Angst, vielleicht sind sie sogar im aufregenden und verunsichernden Jobhunting. Oder erfahren sonstwie Konsequenzen der gegenwärtig tobenden Welt-Krisen. Die im mittleren Segment (Septembler) unter Ihnen - nicht mehr so oder ev. anders am Rotieren - sind neben allen noch bestehenden Lebensfreuden dennoch mit Lebensereignissen konfrontiert, die alle ebenfalls unter den Oberbegriff Wandel fallen: empty nest – wenn die Jungen ausgeflogen sind und einen nicht mehr brauchen; Verluste erleben wie das Wegsterben von Nahestehenden; durch die Weltbeben zu Fragen nach dem Sinn animiert werden, als Beispiele. Und die eigentlichen Herbstler stehen vielleicht nach der Pensionierung vor Fragen wie "Ist das schon alles gewesen?"; "Wozu werde ich noch gebraucht?"; "Das ewige Reisen und das Profi-Golfen füllen mich auch nicht wirklich aus". Für alle drei Monate also herausfordernde Geschichten - neben vielen angenehmen natürlich, die es voll zu geniessen gilt – Geschichten wie sie eben das Leben schreibt. Und wie damit umgehen? Ein guter Kollege von mir hat sieben Identitäten (oder Selbstbilder) beschrieben, nach welchen wir je nach Situation und eigener Wahl die täglichen Herausforderungen angehen. Angefügt sei, dass wir Identität als eine Art Zusammenfassung unserer grundsätzlichen Lebensfragen verstehen können, die da sind: "Wer bin ich? – Woher komme ich? – Wohin gehe ich?" Fragen welche die Tendenz haben, im Lebensherbst vermehrt in den Vordergrund zu treten. Dies wohl im Angesicht des Todes. Die erahnte oder erfühlte Endlichkeit kann ihre Aufweckfunktion haben. Die erwähnten Identitäten, mit welchen wir durchs Leben gehen, können wir so benennen: Vortrag Rotary Club Oberer Zürichsee – Montag, 27. Oktober 2008 - Seite 3 von 7 Spielball sein (fremden Mächten ausgesetzt sein). Einzelspieler (ich spiele, also bin ich) Mannschaftsspieler (ich bin Teil einer Mannschaft) Zuschauer (ich schau einfach zu) Zuschauer-Kollektiv (Fan Club) Beobachter der Welt (ich beobachte ohne zu werten) Bürger des Alls Interessanterweise können wir feststellen, dass die Evolution uns dazu gebracht hat – und dies als Fortschritt - dass wir selbst unsere Identitäten wählen und nicht mehr so sehr nach den Pfeifen von andern tanzen. Und diese Selbstverantwortung gilt nicht nur für die Wahl unseres jeweiligen Selbstbildes (Identität), sondern auch für die Erarbeitung der damit folgenden Sinnerfahrung durch unsere Gefühle. Wobei wir vier Arten unterscheiden können, der Welt zu begegnen: 1234- Konsumieren Die Welt verstehen wollen Sich mit der Welt austauschen Die Welt gestalten wollen Die Welt und unser Verhältnis zu ihr ist also immer auch Teil unserer Identität. Als Konsument bis zum Mitgestalter. Und im Zusammenhang mit der zentralen Frage nach SINN (von vielen spätestens im Lebensherbst zugelassen) können wir aus der eigenen Erfahrung ableiten: dass wenn wir ganz in eine der IdentitätsSphären eingetaucht sind, sich die Sinnfrage gar nicht stellt. Wir vergessen die Zeit und uns selbst. Woraus wir ein Sinn-Mantra formulieren können: Do what you do! Und sag voll und ganz JA zu dem, was ansteht. Oder wie es Br.David Steindl-Rast, ein geachteter Mönch und Lebensphilosoph sagt: Sinn ist einfach das, worin wir Ruhe finden. Ob in der Identität des Spielers, Zuschauers, Beobachters, Weltbürgers. Es kann auch gleich angefügt werden was im Unterschied dazu Zweck bedeutet, nämlich: "Zweck ohne Sinn ist nichts als Schinderei". Und damit sind wir mitten im LifeDesigning, wahrscheinlich sogar beim Kern. Gefragt, was wir eigentlich hier auf Erden wollen, oder wozu wir überhaupt hier sind, kann: Glücklich sein, ein schönes Leben führen, als Generalantwort gelten. Und Sinn erleben heisst eben auch glücklich sein, schönes Leben haben. Und hier darf ich kurz eine Zusammenfassung von "Schönem Leben" anführen, wie Edmond Tondeur den Kern des hervorragenden Buches von Wilhelm Schmid darstellt: Vortrag Rotary Club Oberer Zürichsee – Montag, 27. Oktober 2008 Seite 4 von 7 Schönes Leben Wilhelm Schmid Der Lebensstil des ökologischen Selbst 1. Das erweiterte Selbstverständnis. Die eigene Existenz in übergreifenden Zusammenhängen sehen. 2. Vor diesem erweiterten Horizont ein besonnenes Leben führen. 3. Die Asketik als Selbstgestaltung ermöglicht Selbstmächtigkeit. 4. Reflexion der eigenen Gewohnheiten, Einüben veränderter Gewohnheiten. 5. Vom Konsumverhalten zum bewusst gewählten Lebensstil. 6. Neue Aufmerksamkeit für das Zyklische im Leben, das Bewusstsein der Kreisläufe. 7. Lebensstil der Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit, der Bewahrung. 8. Ökologie des Körpers, der selbst ein Ökosystem ist. 9. Genuss des Lebens, volle Entfaltung der Sinne. 10. Gelassenheit, erst recht angesichts all der Krisen, die uns bedrohen. Zusammengefasst von Edmond Tondeur Herrlich herausfordernde Zielsetzungen, nicht wahr? Da wir jedoch in fragmentierten Identitäten leben – einmal da, einmal dort - vielleicht auch leben müssen – stellt sich die Frage nach der ultimativen Antwort im Leben immer und immer wieder. Wohin also die Lebensreise gehen soll, dieser Frage, solchen Fragen kann wirklich nicht ausgewichen werden. Ausser man wolle mit dem ständig nagenden Gefühl des Unerfülltseins triste durch die Tage gehen. Vortrag Rotary Club Oberer Zürichsee – Montag, 27. Oktober 2008 Seite 5 von 7 Lebenspraktisch gesehen stellen sich ja – neben Sinnfragen - auch sehr hautnahe Fragen nach dem Umgang mit dem Geld, mit der Arbeit, der Gesundheit, in den Beziehungen etc. jeden Tag. Wenn wir anstreben, in einer Hauptidentität alle LebensAnforderungen anzugehen, dann stellt sich wohl als zentrale Aufgabe im Leben das Herannähern an unseren eigenen Kern. Was heissen will, dass wir – weitergehend als manchmal als möglich angenommen – unser Business in die eigenen Hände nehmen. Was so viel bedeutet, weg vom Alibi-Leben, welches sich hauptsächlich mit dem beschäftigt, was uns gar nicht beschäftigen soll (u. a. die Schlagzeilen der Medien) und ran an das, was uns selbst beschäftigen muss. Was ja immer auch mit der Welt um uns herum zu tun hat – also keine Eigenbrötlerei bedeutet. Wir sprechen also von Lebenskunst – LifeDesigning als eines der Tools dazu. Und um bei den zentralsten Aspekten von LifeDesigning zu bleiben neben dem Sinn - sollen neben allen Plänen und Absichten und guten Vorsätzen drei Dinge in grossen Lettern am individuellen Action-PlanTableau vorgeschlagen sein: - Einsamkeit und Stille - Weises Gestalten - "Designen" - aller Lebensbereiche (Leben, Arbeiten, Lernen, Beziehungen, Gesundheit, Spiritualität und nicht zuletzt des Alterns) sowie - Ständiges und geduldiges Üben – Praktizieren – unseres positiven Verhaltensreservoirs. Nehmen wir als erstes Beispiel– um für die Augustler hier zu sprechen - das Job Hunting (also den Bereich Arbeit), meine ehemalige Identifikations-Sphäre: Es gehören dazu – im Sinne einer Ausrichtung auf erfüllendes Tun (und nicht einfach Broterwerb): Standortbestimmung (wer bin ich, was kann ich, was will ich): dann Klarheit schaffen über meine Werte (Schönheit, Berühmt werden, Gerechtigkeit, Dienen, Neues schaffen etc, etc.) und Mission in Life (Lebens-Philosophie) formulieren. Umgebungsbedingungen klären. Daraus und mit Hilfe anderer ein Bild des idealen Jobs zeichnen und dann selbst auf die Suche gehen. Nicht auf gebratene Tauben warten, was heisst: Ich bin kein Job Bettler, sondern ein Lieferant von Lösungen. Networking als zentrales Tool Vortrag Rotary Club Oberer Zürichsee – Montag, 27. Oktober 2008 Seite 6 von 7 einsetzen. Es gibt feine Systeme dazu: im Parachute-Buch von Richard N. Bolles zu finden. Als zweites Designing-Beispiel das gute Altern: Im Vordergrund steht die Revision unserer Bilder über das Altern und das Alter in unseren Köpfen. Längst sollten Klischees wie "nicht mehr können, wollen, dürfen" ausradiert sein. Die Lebensverlängerung als Geschenk sehen und den Umgang mit Ups-and-Downs lernen und üben. Gewaltige Lernpotentiale sind in den Herausforderungen des gesamten Lebens versteckt – insbesondere im Altern. Zu üben sind vielleicht das Verdauen von Widerwärtigkeiten mit Hilfe von Fragen wie: was hat es zu bedeuten, dass ich hier nicht reüssiert habe, nicht durchgekommen bin, verletzt worden bin? Ein Rabbi – Zalman Schachter-Shalomi - hat ein wunderbares Werk mit dem Titel "From Aging to Saging" – vom Altern zum Weiser werden - geschrieben. Mit vielen kostbaren Anleitungen zu solchem Lernen: wie Vergeben, mit sich selbst ins Reine kommen, die Ernte der Erfahrung einbringen, etwas Hinterlassen, etc. Sehr empfohlen. Zwei Beispiele für Lebensbereiche zum LifeDesigning haben wir damit angesprochen: Arbeit und Altern. Da wären dann noch die andern: wie Beziehungen: zu sich selbst (mir selbst treu sein und nicht dem Main Stream nachrennen, z.B.) oder die Beziehung zur Umgebung: kleine Beiträge gegen die Mentale Verschmutzung durch übertriebene Kritik an andern, als Beispiel. Auch meine Beziehung zum Letztendlichen kann hier eingeschlossen sein. Jeder findet seine Entwicklungsnischen, wenn er dem Leben etwas zuhört. Was soviel heissen will, als sich klar werden, welches meine mir eigensten Leit-Werte sind. Das was mir am meisten Wert ist in meinem Leben. Einfach mal auflisten – wie Weisheit und Wissen – Mut – Transzendenz – Mässigung – Dienen etc., etc. - und dann auswählen. Und immer und immer wieder überdenken und ausformen. Und zum Abschluss noch ein Antippen eines LifeDesigning-Bereiches, welcher in alle Lebensphasen und Lebensbewältigungs-Szenarien hineinpasst: unser Verhalten. Haltung, gestützt auf unsere Wertvorstellungen, spielt hinein in unsere Beziehungen (zu uns selbst, zu andern, zur Welt, zum Kosmos, zum Letztendlichen) eine permanente und ausschlaggebende Rolle. Und nicht nur dort sondern auch im Umgang mit Geld, Macht, Umwelt, Armut, Leiden – alles Beziehungsfelder – sowie im LERNEN – dem LLL, life long learning werden unsere wertebasierten Einstellungen Antreiber oder eben Saboteure sein. Je nach unserer Haltung. Vortrag Rotary Club Oberer Zürichsee – Montag, 27. Oktober 2008 Seite 7 von 7 Als stellvertretende Haltung möchte ich diejenige der Dankbarkeit – Gratefulness – great fulness – erwähnen. Aus der Einsicht, dass alles mit allem verbunden ist (mehr und mehr auch von der Wissenschaft anerkannt) und mit dem Grundverständnis, dass uns alles gegeben ist (wie unser Leben, welches nicht gekauft, verdient oder geleased ist) kann nur die Haltung der Dankbarkeit folgen. Danke für den neuen Tag, für die Kinder, die fallenden farbigen Blätter, die Warnzeichen im Körper, die Verluste und Niederlagen, die Sonne und den Schatten. Und wie kann die Dankbarkeit geübt werden: achtsam gehe ich im Jetzt durch die Welt und nehme in grosser Überraschung durch alle Sinne auf, was es da um mich herum gibt. Mit dem Willen anerkenne ich alles Wahrgenommene als Geschenk (schwierig, die Meriten für Gelungenes abzugeben). Mit dem Ausdruck des Gefühls der Dankbarkeit bezeuge ich das Gegebene. Dankbar kann ich sogar bezüglich der Bauchschmerzen sein, welche mir die Zusage zu diesem Vortrag bereitet haben. Ich habe selbst wieder einiges dazu gelernt: Wieder einmal Hemmungen zu überwinden und nach vorne zu treten, um meinen Zuhörern und mir selbst hoffentlich etwas mitzugeben. Vielen Dank also Ihnen allen. Und gute Lebensreise. Auch im Herbst und im kommenden Winter. Peter Kessler 8645 Jona-Kempraten www.LifeDesigning.ch